Das hier ist eine Zusammenfassung von meinen Gefühlen und Erlebnissen, während ich eine Krebspatientin war. Nicht chronologisch, dafür aber ehrlich, so schwer es mir auch fällt, einiges nieder zu schreiben.
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Böse Oder So
Tatsächlich war das mehr ein Prozess als ein Moment. Schmerzen hatte ich schon im Sommer, ab September begannen dann die Untersuchungen. Am Anfang wollte mir niemand glauben, zumindest kein Erwachsener. Meine Mutter meinte damals, ich würde das nur als Ausrede benutzen. Das tat weh zu hören. Aber ich bin beharrlich geblieben und das hat mir eventuell mein Leben gerettet.
Ich wollte damals immer besonders sein. Oft hab ich mir Situationen ausgedacht, in denen ich plötzlich besonders war. Auf so etwas wär ich aber nie gekommen.
Am Anfang war das ganze ein langsamer Prozess. Aber ein Abend waren wir bei meinem Chirurgen und da war das erste Mal klar, dass etwas nicht stimmte. Er meinte, er könne nicht ausschließen, dass es was bösartiges sei. Was er damit meinte, wusste ich nicht. Ich weiß aber noch, dass ich damals dachte, dass es schon nicht so schlimm sein kann. Am Abend hab ich dann meinen Freunden ein Bild von meinem Arztbrief geschickt. Deren Reaktionen haben mich vermuten lassen, dass es wohl doch ziemlich schlimm ist. Meine beste Freundin hat von Prothese gesprochen und ich war verwirrt.
Dann ging es zu einem Physiotherapeuten, bei dem ich nicht offiziell war sondern nur, weil der Chef meines Vaters den kannte. Der hat sich mein Knie angeschaut und mich zu Spezialisten in Münster weiter geleitet.
An den Tag in Münster erinnere ich mich noch ziemlich genau. Meine Eltern meinten, dass ich eventuell da bleiben muss, weshalb wir schon Sachen mitgenommen haben. Das hab ich damals nicht verstanden. Als wir da waren, mussten wir ziemlich lange warten. In dem Warteraum, war ich nur ein paar Mal, aber ich erinnere mich sehr gut daran. Es gab zwei Anteile und dort hingen einige Bilder. Unter anderem eins mit Mohn, das fand ich schön. Außerdem gab es eine Tür aus Metall, die in einen merkwürdigen Raum führte (mit Fenster). Was für ein Raum das ist, weiß ich bis heute nicht.
Jedenfalls kamen wir dann ins Sprechzimmer und der Arzt beginnt, ziemlich viel zu reden. Er erklärt Sachen an meinen Röntgenbildern und ich verstehe gar nichts. Also, ich hatte wirklich keine Ahnung. Er hat das Wort Krebs nie benutzt, nur bösartig und eventuell Tumor. Aber es war ein sehr netter Arzt. Er meinte, dass der kommende Weg zwar sehr schwer und hart werden wird, er aber überzeugt ist, dass wir das schaffen.
Als wir raus gegangen sind, ist meine Mutter weg von mir gegangen. Das fand ich merkwürdig. Ich weiß nicht mehr, wie ich reagiert habe, aber ich hab meine Tante, die auch da war, gefragt, was los ist. Sie meinte nur, dass meine Mutter Zeit zum Verarbeiten braucht, was ich merkwürdig fand. Der Arzt hatte doch gesagt, dass alles gut wird? Ich weiß, dass meine Mutter geweint hat und ich weiß, dass meine Tante unglücklich war und ich weiß, dass ich nicht geweint habe. Vielleicht schon, aber nicht in dem Moment. Ich bin an dem Tag wieder nach Hause gefahren.
An die Zeit direkt danach erinnere ich mich nicht mehr. Genauso kann ich auch nicht mehr sagen, was wann war. Ich glaube, nach dem Besuch kam relativ schnell die Biopsie und einen halben Monat danach meine erste Chemo. Irgendwann war ich auch noch mit meinen Freunden im Kino, aber wann das war, weiß ich auch nicht mehr. Irgendwie ist alles manchmal ein wenig verdreht und verschwommen.
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