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#Weltmeisterkäse
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Das Käsebergwerk
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Der Weltmeisterkäser
Stollenkäse aus dem Almenland, Arzberg 32, 8162 Passail
„Die Kuh frisst wie a Sau.“ Ein erstaunlicher Satz. Herr Möstl Franz blickt mich an. Jandl hätte gesagt: „Kuh Sau frisst wie und.“ H.C.Artmann: „Die kuhende Fresssau.“ Oder Handke: „Die Almkuhherde steht im verzehrenden Geruch ausdunstiger Schweine.“ Und Jelinek: „saugleichekuhsinnverwandtesfresslügenkonstrukt.“ Und Thomas Bernhardt: „Die Sauseiende käut ihre verlogen lügende heimatverbundenheit als endnahes kuhfutterwerk wieder.“
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Die Kuh frisst wie a Sau
Herr Möstl, Molkereianlagenbauer, weiß wie’s geht. Für seine Tiere ist nur das allerfeinste Futter gut genug. Bei ihm werden Wiederkäuer zu Gourmets. Unerlässlich für sein Produkt. Auf der ganzen Welt baut und berät er Sennermänner. Er wird geholt, wo immer Milch aus dem Euter fließt. Mit seinem Know-how hat er sich ganz schön hochgearbeitet. Als Techniker, als Unternehmer, als Nebenerwerbskäser und, zum Drüberstreuen, als innovativer Bergstollenpächter mit Hintergedanken.
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Das Käsebergwerk
Und das ging so: Jahrhundertelang wurde am Arzberg im schönen Almenland, Silber abgebaut. Stollen um Stollen höhlten die Bergleute die Berge aus, trieben endlose Gänge in den Fels, erhitzten die Steinwände. Durch die Wärme wurde das Gestein porös. Sie schlugen so lange gegen die Wand, bis sich silbereinschlüssige Felsbrocken lösten. Der Berg wurde buchstäblich ausgeräuchert - so kam der ‚Rauchenberg‘ zu seinem Namen. Lange lebten die Knappenfamilien vom Abbau des kostbaren Rohmaterials, bis, ja bis, der Berg weitgehend ‚ausgebandlt‘ war. Ab den Neunzigern des letzten Jahrhunderts verwaisten die Arzberger Stollen zum Schaubergwerk. Eine Idee reifte in den Köpfen der Gemeindeväter. Die reine Luft des Silberbergwerks sollte für Asthmatiker und Lungenleidende genutzt werden. Ein paar Liegestühle in den Berg hinein und gut wär’s gewesen. Soweit der Plan. Die Praxis sah anders aus. Die Kranken blieben aus. Wieder lag das Stollengeflecht brach. Bis der g‘scheite Herr Möstl Franz eine Idee hatte. Käselaib um Käselaib rollte er in die Stollen. Die Wirkung war enorm. Wegen des Silbervorkommens waren die Wände immer schon weitgehend schimmelbefreit, dazu noch hielt der Stein ein konstantes, antibakterielles Klima. Hier und nur hier vermutete Herr Möstl ideale Bedingungen für Lagerung und Reifung seiner Laiber. Gesagt, getan. Die Käseräder wurden in den Stollen befördert, gebadet und gebürstet und nach einiger Zeit war der Käs der Käs. Und was für einer! Herr Möstl wusste, was Sache war. Gemeinsam mit dem Herrn Knappen-Obmannstellvertreter Dr. Weber, ließ er zusätzliche Stollenarme in den Berg fräsen. Feinste Technik kam hinzu und fertig war der Lack. Sein inzwischen eigen fabrizierter Hartkäse hatte eine neue Heimat. Nach einigen Monaten lag bestens gereifter Stollen-Käse am Brett.
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Im Labyrinth des Käsers
„Du musst dich ins Tier hineinversetzen“, sagt er. „Eigentlich frisst sie ja wie a Sau.“ Damit wären wir wieder beim Thema. Die Tiere des Möstl’schen Universums weiden auf bestem Wiesengrund, fressen die fettesten Gräser und fühlen sich pudelwohl. Das Ergebnis: Pralle Euter, beste Verarbeitung, optimaler Reifeprozess und zahllose Supergold-, Gold-, Silber- und Bronzemedaillen bei den Käse-Weltmeisterschaften. Möstl macht den Unterschied.
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Die Badeanstalt
Der Meister geht voraus, ich tappe hinterdrein. Kopfschutz, Plastikschuhe, Chirurgenmantel. Dann erst darf ich das unterirdische Hightech-Reich betreten. Schleuse um Schleuse öffnet sich, der Geruch wird strenger, die Luft reiner. Je mehr ich staune, desto mehr kommt Herr Möstl in Fahrt. Er schnuppert, streichelt und tätschelt über die Laibe als wäre es seine Kinder. Sind sie ja auch. Die Kesseln, in den sie im Salzwasser baden, die Temperaturregler, die Zeitschaltuhren, die hunderte Meter langen, bis auf den letzten Platz gefüllten Regale – das alles sieht nicht nur bestens aus, es riecht auch abartig gut. Hier drinnen verbirgt sich Denke und Technik vom Feinsten. Bestens ausgebildete Käse-Sommeliers wenden, befeuchten und bürsten. Die Natur reift. Nach Monaten erlesener Kinderstube erblicken die schweren Kerle das Tageslicht wieder. Dann sind sie fertig, bereit zur Prämierung und, noch wichtiger, zum Verzehr.
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Die Lagerstollen
Ich stehe vor dem Stollen. Der Heilige Theodul, Schutzpatron der Käser und Reifer, hat mich aus seinem unterirdischen Reich entlassen. Herr Möstl, selbst ein Berg von einem Mann, posiert vor seinem Lebenswerk: Berg und Käse. Eine Idee, viel Wagemut und noch mehr Fleiß. Seine Vision ist ein einzigartig nachhaltiges Landwirtschaftsprodukt. Nächste Station: ‚Käsothek‘. Dann Käsestube. Ich verkoste die Weltmeister und bin im Himmel. Draußen macht sich eine Gruppe Interessierter zur Führung durch’s Käsereich bereit. Es ist ordentlich was los. Herr Möstl überlässt wenig dem Zufall. Gut so. Und im nächsten Jahr wird er wieder nach Madison, Wisconsin, USA fahren, zur nächsten Weltmeisterschaft und wieder wird er abräumen. Nur eine Kleinigkeit plagt ihn, denn dafür hat er – noch – keine Idee: Wo um aller Herrgottskäseradln Willen stellt er bloß die nächsten ‚Goldenen‘ hin…
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Das Arzbergparadies
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