Kapitel 7
Die ersten zwei Wochen in Aneva waren wie im Flug vergangen und Marie war überrascht, wie schnell sie sich an ihren neuen Alltag gewöhnt hatte. Ihr neues Zimmer, begann sich allmählich mit Leben zu füllen. Bücher, verstreute Notizen und kleine persönliche Gegenstände fanden nach und nach ihren Platz und verliehen dem Raum eine Atmosphäre von Zuhause.
Gerade als sie sich in ihre Kursvorbereitungen für die kommende Woche vertiefte, riss ein unerwartetes Klopfen an der Tür sie aus ihren Gedanken. Ein wenig überrascht fand sie Ella vor, die sich lässig an den Türrahmen lehnte. Ellas Gesichtsausdruck war wie immer schwer zu deuten und auch ihre Stimme klang wie immer monoton, als sie fragte: „Hi. Kann ich dir einen Tee bringen?“
„Oh.. ich habe schon einen, danke,“ erwiderte Marie verblüfft. Ella war die Mitbewohnerin, mit der sie am wenigsten zu tun hatte. Dass sie plötzlich in ihrem Zimmer stand und noch dazu eine freundliche Geste anbot, war mehr als unerwartet.
„Okay.“ Ella zuckte mit den Schultern, als ob ihr das Gespräch bereits zu viel wäre, und drehte sich schon fast wieder um. Doch dann hielt sie plötzlich inne. „Ich wollte nur, dass du weißt, dass ich Scott wirklich mag,“ fügte sie zögerlich hinzu, wobei ihre Stimme uncharakteristisch nervös klang. Es war offensichtlich, dass ihr diese Worte schwer über die Lippen kamen.
Marie runzelte verwirrt die Stirn. Was sollte das bedeuten? Scott war ihr kaum in den Sinn gekommen, geschweige denn in Verbindung mit Ella. Sie dachte kurz nach, bevor sie vorsichtig antwortete: „Falls du Angst hast, dass ich etwas Schlechtes über dich zu Scott sage: Das brauchst du nicht.“
„Cool,“ erwiderte Ella scheinbar lässig, doch Marie bemerkte, wie sich ihre Haltung entspannte. Zum ersten Mal schenkte Ella Marie ein kleines, fast schüchternes Lächeln. „Dann viel Spaß beim Lernen,“ sagte sie, bevor sie den Raum verließ.
Marie blieb perplex zurück. Sie lehnte sich in ihrem Schreibtischsessel zurück und ließ die unerwartete Begegnung auf sich wirken. Überraschungen gibt es, dachte sie bei sich und schüttelte leicht den Kopf. Plötzlich fiel ihr Blick auf die Uhr.
„Mist,“ flüsterte sie, als ihr der Gedanke wie ein Blitz durch den Kopf schoss. Hastig begann sie, ihre Unterlagen zusammenzupacken. Sie hatte beinahe vergessen, dass sie heute ihr erstes Treffen mit Max für ihr gemeinsames Projekt hatte. Seit ihrem Streitgespräch letzte Woche hatten die beiden kaum miteinander geredet, und Marie hatte den Termin unbewusst die ganze Woche lang aus ihrem Gedächtnis verdrängt.
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Als Marie schließlich in der Bibliothek ankam, sah sie Max bereits an einem der hinteren Tische sitzen, umgeben von Büchern und Notizen. Er blickte auf, als sie näher kam.
„Sorry für die Verspätung,“ sagte Marie atemlos, während sie ihr Zeug auf den Tisch legte und sich auf einen Stuhl fallen ließ.
„Kein Problem,“ antwortete Max, aber seine Stimme klang zurückhaltend, fast formell. Eine kurze, unbehagliche Stille legte sich über den Raum, als beide versuchten, ihre Unsicherheit zu überspielen. Das Gespräch von letzter Woche hing noch immer in der Luft, und sie wussten beide nicht recht, wie sie miteinander umgehen sollten.
Nach einem Moment der Stille räusperte sich Max und fragte: „Sollen wir beginnen?“ Marie nickte schnell, froh, sich auf die Arbeit konzentrieren zu können.
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Bald waren sie tief in die Materie ihres Projektes vertieft. Die Diskussionen forderten ihre Aufmerksamkeit, sodass sie ihren Zwist fast vollständig vergaßen. Nach Stunden konzentrierter Arbeit saßen sie da und diskutierten die letzten offenen Punkte für ihrer Zwischenabgabe.
„Okay, uns fehlt noch, wie wir das Thema Militär und Klimawandel angehen sollen,“ begann Max und blätterte durch seine Notizen. „Ich schlage vor, dass wir als China in eine starke Armee investieren und das Thema Klimaschutz außen vor lassen.“
Marie runzelte die Stirn und dachte einen Moment nach, bevor sie antwortete: „Nein, ich glaube, wir sollten einen anderen Ansatz wählen. China profitiert viel stärker von einer robusten Wirtschaft. Wir sind weltweit führend in der Herstellung von Photovoltaik-Anlagen, Windkraftanlagen, Batterien und Elektroautos. Unser Fokus sollte darauf liegen, diesen Marktanteil zu halten und weiter auszubauen. Eine minimale Investition ins Militär reicht aus, um uns im Ernstfall zu verteidigen, aber wirtschaftlich sind wir stärker als wie eine Kriegsmacht.“
Max schaute sie beeindruckt an, und ein anerkennendes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Du bist wirklich gut in diesem Kram,“ sagte er und klang aufrichtig beeindruckt, während er an seinem Laptop tippte.
Marie lächelte. „Danke. Für jemanden, der behauptet, kein Interesse an Politik zu haben, bist du aber auch ziemlich gut informiert. Bist du sicher, dass du ins Familienbusiness einsteigen willst? Als Prinz stehen dir viele Wege offen.“
Max lehnte sich zurück und seufzte.
„Nope,“ antwortete er und lächelte, bevor er kurz zögerte. „Darf ich dich was fragen… Nervt es dich manchmal, dass du die Thronfolgerin bist?“
Marie war überrascht von dieser plötzlichen Wendung des Gesprächs. Es war ein Thema, mit dem sie sich selten bewusst auseinandergesetzt hatte. „Manchmal,“ gab sie ehrlich zu.
Sie überlegte kurz, ehe sie Max eine Gegenfrage stellte: „Und du, denkst du nie darüber nach, was du machen würdest, wenn du Thronfolger wärst?“
Max atmete tief durch. „Niemals. Ich habe vier ältere Geschwister, also ist das sowieso nicht realistisch. Und meine Eltern wollen jetzt schon mein ganzes Leben bestimmen. Keine Ahnung, wie viel schlimmer das wäre, wenn ich König werden würde.“
Marie nickte langsam, während sie darüber nachdachte. Das Gefühl eines vorbestimmten Lebens war ihr nur allzu vertraut, doch sie war überrascht zu erfahren, dass auch Max unter diesem Druck stand. Verwundert blickte sie ihn an. „Ich dachte, du kannst machen was du willst.“
Max lachte bitter. „Ja, der Vorteil, der Letztgeborene zu sein, ist, dass meine Eltern mich im Alltag weitgehendst ignorieren - oder sich einfach nicht für mich interessieren, ich bin mir nicht ganz sicher. Aber wenn es um große Lebensentscheidungen geht – Ausbildung, Beruf, Heirat – haben sie ziemlich strikte Vorstellungen davon, wie mein Leben verlaufen soll, und lassen auch keine Diskussion zu. Sonst wäre ich bestimmt nicht auf dieser Schule.“
Marie zog entsetzt die Augenbrauen hoch. „Heirat?“ Wiederholte sie, die Überraschung in ihrer Stimme deutlich spürbar. Auch sie wusste, dass ihre Eltern in ihrer Rolle als Monarchen gewisse Vorstellungen über ihren zukünftigen Ehepartner hatten, doch es war immer klar gewesen, dass die Entscheidung rein bei ihr lag. „Deine Eltern wollen bestimmen, wen du heiratest?“
Max zuckte mit den Schultern. „Sie versuchen es zumindest.“
„Was wirst du tun? Kannst du deinen Eltern nicht sagen, dass das keine Option ist?“ bohrte Marie nach.
Max lachte trocken, als ob er sich schon lange an diese Realität gewöhnt hätte. „Du kennst meine Eltern nicht. Sie haben immer die Kontrolle über alles: meine Finanzen, meine Wohnung, meine Sicherheit. Es ist fast unmöglich, sich gegen sie durchzusetzen. Mein Vater hätte mich mit 16 beinahe mal auf die Straße gesetzt. Aber ich schwöre dir- ,“ Max hob entschlossen die Hand, „- sobald ich mein eigenes Geld verdiene, wird mein Vater mich nie wiedersehen. Bis dahin halte ich einfach durch und verschiebe alles so lange wie möglich. Der Weg des geringsten Widerstandes.“
Marie beobachtete ihn mit wachsender Anteilnahme. Zum ersten Mal seit langer Zeit verspürte sie eine Dankbarkeit für ihre eigene Familie. Ihre Eltern hatten zwar hohe Erwartungen an sie, aber sie schienen weit weniger strikt zu sein als die von Max.
„Das tut mir leid,“ sagte sie mitfühlend. „Ich wusste nicht, dass dein Vater so kontrollierend ist.“
Max blickte Marie an und schüttelte amüsiert den Kopf, als er ihren Gesichtsausdruck beobachtete. „Oh nein, kein Mitleid bitte. Damit kann ich nichts anfangen,“ sagte er und begann, seine Sachen zusammenzupacken. „Komm, wir haben genug gearbeitet. Lass uns was unternehmen. Du solltest mal die Gegend rund um Aneva kennenlernen.“
Verdutzt blickte Marie ihn an. „Was willst du machen? Es ist schon fast sechs Uhr.“
Max lächelte geheimnisvoll. „Ich zeig dir etwas Cooles. Komm einfach.“
„Wohin gehen wir?“ fragte Marie, die langsam neugierig wurde, auch wenn sie versuchte, unbeeindruckt zu wirken.
„Lass dich überraschen,“ entgegnete Max mit seinem breiten Lächeln und versuchte Marie zu einem schnellen Aufbruch zu bewegen. "Komm, je früher wir gehen, desto länger können wir bleiben."
Marie verdrehte die Augen. "Nein!", protestierte sie.
Max setzte einen charmanten Hundeblick auf, der ihn beinahe unschuldig wirken ließ. „Bitte, bitte. Denk daran, ich habe ein sehr schwieriges Verhältnis zu meinen Eltern.“
Marie konnte sich trozt eines inneren Widerstandes ein Lachen nicht verkneifen. „Ich dachte, du willst kein Mitleid?“, erwiderte sie amüsiert.
„Ich habe gerade meine Meinung geändert.“ Max zuckte mit den Achseln.
Marie seufzte, aber ihr Lächeln blieb. „Na gut. Aber wehe, wir kommen in Schwierigkeiten.“ Etwas widerwillig, aber mit einem breiten Grinsen, packte Marie ihre Sachen zusammen und folgte einem energiegeladenen Max aus der Bibliothek.
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Marie stieg von ihrem Fahrrad und folgte Max, der sie über einen versteckten Waldweg zu einer kleinen Lichtung geführt hatte. Ihr Herz machte einen Sprung, als sie einen kleinen Teich entdeckte, in den ein sanft plätschernder Bach mündete.
„Oh mein Gott!“ Maries Stimme war voller Begeisterung, während sie die unberührte Natur in sich aufnahm. "Es ist traumhaft hier!" Sie liebte es, draußen zu sein, und dieser Ort schien wie ein kleines Paradies . Es war das erste Mal, dass sie die sichere Umgebung der Schule verlassen hatte, und sie konnte die neu gewonnene Freiheit fast schmecken.
Max nickte zufrieden und atmete die frische Waldluft tief ein. „Ich wusste, dass es dir gefallen würde. Aber versprich mir, keinem von diesem Ort zu verraten.“
„Machst du Witze? Ich verstehe schon kaum, warum du mir davon erzählt hast. Ich hätte diesen Ort mit ins Grab genommen.“ Marie lehnte ihr Fahrrad an einen alten Baum und betrachtete den idyllischen Teich. „Wie hast du das hier überhaupt gefunden?“
Max zuckte mit den Schultern und stellte sein Fahrrad neben ihres. „Ich bin eben neugierig. Ich habe die Gegend erkundet und bin zufällig hier gelandet. Seitdem ist das hier mein absoluter Lieblingsort. Ich habe hier noch nie jemanden getroffen.“
„Oh, wow. Was für eine Ehre.“ Marie grinste ihn an, und Max erwiderte ihr Lächeln.
Plötzlich wurde Max Blick lebhaft. „Komm, wir gehen ins Wasser!“ Ohne eine weitere Erklärung begann er, sich die Schuhe auszuziehen.
Marie starrte ihn entgeistert an. „Bist du verrückt?“
„Vielleicht ?“ erwiderte Max während er sich bis auf die Unterhose auszog. Mit einem eleganten Sprung tauchte er ins Wasser ein und verschwand für einen Moment unter der spiegelglatten Oberfläche.
Mit verschränkten Armen stand Marie am Ufer und beobachtete ihn skeptisch. „Also, du weißt, dass ich ziemlich Angst habe, jemand könnte ein Foto von uns machen und es an die Presse verkaufen. Und dann nimmst du mich ausgerechnet zum Wildbaden mit?“ Ihre Stimme war eine Mischung aus Ernst und Spott.
Max tauchte wieder auf und seufzte. „Hierher würde nur ein Paparazzi finden, der zufällig ein begeisterter Pilzesammler ist,“ antwortete er gelassen. „Aber wenn du dich unbedingt in deiner Paranoia suhlen willst, werde ich dich nicht davon abhalten.“ Er tauchte wieder ab, diesmal tiefer, und genoss offensichtlich die Kühle des Wassers.
Marie rümpfte die Nase. Sie konnte seine Anspielung nicht auf sich sitzen lassen. Sie wusste, dass sie oft übervorsichtig war und ungern Risiken einging, doch diesmal siegte ihre impulsive Seite. Entschlossen zog sie sich bis auf die Unterwäsche aus und sprang in den Teich.
Das eiskalte Wasser umschloss ihren Körper wie ein elektrisierender Schauer, und sie fühlte sich schlagartig hellwach. Max, der inzwischen wieder aufgetaucht war, blickte überrascht und lachte laut, als er sie entdeckte. „Mit dir hätte ich heute nicht mehr gerechnet.“, kommentierte er die Situation.
Marie streckte ihm die Zunge heraus. „Du kennst mich eben doch nicht so gut, wie du denkst.“
Für einen Augenblick genossen beide die Stille des Teichs, die nur vom sanften Rauschen des Bachs unterbrochen wurde. Nach einer Weile räusperte sich Max und sah Marie mit einem ernsteren Ausdruck an.
„Übrigens, es tut mir leid… Also, dass ich dir nicht gleich gesagt habe, wer mein Vater ist.“
Marie lächelte. Sie war froh, dass Max dieses Thema ansprach.
„Mir tut es auch leid." Sie stockte kurz. " Du hattest schon einen guten Grund mir nicht gleich zu sagen, wer du bist. Und ich weiß, ich kann schon ein bisschen urteilend sein, auch wenn ich es nicht möchte. Aber Isabel hat mir geholfen, die Sache mal aus deiner Sicht zu sehen.“
Max grinste erleichtert. „Na, dann sollten wir Isabel danken, dass sie dich endlich zur Vernunft gebracht hat.“, erwiderte er scherzhaft.
Marie riss empört den Mund auf und schwamm zu ihm hinüber, um ihm zur Strafe eine Ladung Wasser ins Gesicht zu spritzen.
„Hey, hey, das war doch nur ein Witz!“ rief Max lachend, während er sich versuchte, das Wasser aus dem Gesicht zu wischen. Einen Moment hielten die beiden Blickkontakt.
„Ich bin froh, dass wir das geklärt haben.“ Max's Stimme klang etwas ernster und zitterte, und obwohl das kalte Wasser sicherlich seinen Teil dazu beitrug, glaubte Marie zu bemerken, dass es nicht nur daran lag. Er war nervös. Sie machte ihn nervös.
Max räusperte sich erneut. „Ich würde ja gerne noch länger bleiben, aber ab 8 Uhr werden die Namen aller Schüler, die das Schulgelände verlassen haben, an die Security weitergegeben. Und ich nehme mal an, du bist nicht scharf darauf, dass deine Eltern von deinem Bodyguard erfahren, wo und mit wem du unterwegs bist.“
Marie erstarrte kurz. „Du hast recht. Lass uns zurückfahren.“
Sie schwamm zum Ufer und drehte sich, leicht verlegen, zu Max um. „Würdest du kurz wegschauen?“
Max schloss demonstrativ die Augen. „Was denkst du denn, ich bin ein Gentleman.“ Geduldig und mit zusammengekniffenen Augen wartete er, bis Marie sich wieder angezogen hatte.
Marie beobachtete ihn grinsend. Sie fühlte sich glücklich.
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Eris (altgriechisch Ἔρις Éris, auf einer Vase mit der Beischrift Ἴρις Íris bezeichnet; Personifikation von ἔρις éris, deutsch ‚Streit, Zank‘) ist in der griechischen Mythologie die Göttin der Zwietracht und des Streites. Sie ist Tochter der Nyx, gilt auch als Schwester des Ares. Eris wurde aus der griechischen in die römische Mythologie als Discordia („Zwietracht“) übernommen.
Sie ist bekannt durch den goldenen „Apfel der Zwietracht“ (den sprichwörtlichen „Zankapfel“ oder „Erisapfel“), den sie auf der Hochzeit des Peleus und der Thetis, zu der sie nicht eingeladen war, unter die Gäste warf. Auf diesem Apfel war die Widmung τῇ καλλίστῃ tḗ kallístē eingraviert, das bedeutet „der Schönsten“. Aphrodite, Athene und Hera begannen, um den Apfel zu streiten. Auf Anweisung des Zeus führte Hermes die drei zu Paris; dieser solle ihn der schönsten der drei Göttinnen geben. Paris entschied sich für Aphrodite, die ihm die schönste Frau der Welt versprochen hatte. Es erwies sich aber, dass sie bereits verheiratet war: Helena, die Frau des Königs von Sparta Menelaos. Ihre Entführung durch Paris löste dann den Trojanischen Krieg aus.
Eris erscheint oft als hinkende, zusammengeschrumpelte, kleine Frau. Erst wenn sie es schafft, den Neid und den Hass der Menschen zu wecken, erblüht sie zu ihrer wahren Gestalt. Homer schreibt über sie in der Ilias: „... die rastlos lechzende Eris ..., die erst klein von Gestalt einherschleicht; aber in kurzem trägt sie hoch an den Himmel ihr Haupt, und geht auf der Erde. Diese nun streuete Zank zu gemeinsamem Weh in die Mitte, wandelnd von Schar zu Schar, das Geseufz’ der Männer vermehrend.“
In Werke und Tage des Hesiod ist neben der zänkischen Eris auch noch eine „gute“ angeführt, die den Menschen zur Arbeit anspornt.
In Hesiods Theogonie werden als Nachkommen der Eris genannt:
Ponos (Πόνος Pónos, deutsch ‚die Mühsal‘)
Lethe (Λήθη Lḗthē, deutsch ‚die Vergessenheit‘)
Limos (Λιμός Limós, deutsch ‚der Hunger‘)
Algea (Ἄλγεα Álgea, deutsch ‚der Schmerz‘)
Hysminai (Ὑσμίναι Hysmínai, deutsch ‚die Schlachten‘)
Makhai (Μάχαι Máchai, deutsch ‚die Kämpfe‘)
Phonoi (Φόνος Phónos, deutsch ‚der Mord‘)
Androktasiai (Ἀνδροκτασίας Androktasías, deutsch ‚das Gemetzel‘)
Neikea (Νείκεα Neíkea, deutsch ‚der Hader‘)
Pseudea (Ψεύδεα Pseúdea, deutsch ‚die Lüge‘)
Amphilogiai (Ἀμφιλογίαι Amphilogíai, deutsch ‚der Wortstreit‘)
Dysnomia (Δυσνομία Dysnomía, deutsch ‚die Gesetzlosigkeit‘)
Ate (Ἄτη Átē, deutsch ‚die Verblendung‘)
Horkos (Ὅρκος Hórkos, deutsch ‚der Eid‘)
Eine postmoderne Rezeption des von Eris vertretenen Prinzips findet sich in der Religion des Diskordianismus, der vor allem durch die Romantrilogie Illuminatus! von Robert Shea und Robert Anton Wilson bekannt wurde.
Die Zwietracht (franz. La Discorde) ist eine Fabel von Jean de La Fontaine.
Nach der Göttin der Zwietracht ist auch der Zwergplanet Eris benannt, dessen Entdeckung zu einem Streit um die Neudefinition des Begriffs „Planet“ und der kontrovers diskutierten Aberkennung des Planetenstatus von Pluto geführt hatte. Der Zwergplanet wurde so metaphorisch zum Zankapfel der Astronomen.
Eristik (abgeleitet von altgriechisch ἐριστικὴ (τέχνη) eristiké (téchne) zu ἐριστικός eristikós „streitsüchtig“ und τέχνη téchne „Kunst“) wird heute als eine Lehre vom Streitgespräch und die Kunst der Widerlegung in einer Diskussion oder Debatte verstanden. Der Begriff findet sich in der Neuzeit erstmals bei Arthur Schopenhauer in seinem postum veröffentlichten Werk „Eristische Dialektik“. Schopenhauer stellt sie in einen Zusammenhang mit Dialektik und Rhetorik einerseits sowie Analytik (Logik) und Philosophie andererseits und führt diesen insgesamt auf Aristoteles zurück.
In der griechischen Mythologie war Eris die Göttin der Zwietracht und des Streites. In der Philosophie der Antike verwendeten Platon und Aristoteles Eristik als Begriff für den wissenschaftlichen Meinungsstreit, insbesondere aber auch für das Streiten um des Rechthabens willen. Sie meinten damit die von den Sophisten entwickelte Dialogtechnik, mit der – beispielsweise in gerichtlichen Auseinandersetzungen – alles bewiesen oder auch alles widerlegt werden konnte. Platon favorisierte stattdessen als gerechtfertigtes Argumentationsverfahren die von Zenon von Elea entwickelte Dialektik. Aristoteles bewertete die Eristik ebenfalls negativ und zählte den eristischen Syllogismus zu den Sophismen (Trugschlüssen).
Die Megariker, die Anhänger des Sokrates-Schülers Euklid von Megara, wurden auch als Eristiker bezeichnet. Von ihnen stammen die frühesten Untersuchungen zur formalen Logik, insofern ist der Begriff Eristik im Zusammenhang mit der antiken Philosophie keinesfalls nur negativ besetzt. Er bezieht sich auch auf eine Struktur des gültigen Beweises und seine Widerlegung.
Diskordianismus (von lateinisch: discordia „Zwietracht“) und davon abgeleitete Varianten wie die Church of the SubGenius sind seit den 1980er Jahren verbreitete Parodiereligionen. Angeblich wurde der Diskordianismus 1957 erfunden. Der maßgebliche Text wurde vermutlich ab 1979 anonym erstellt und als sogenannte Principia Discordia veröffentlicht, unter Berufung auf den amerikanischen Autor Robert Anton Wilson und dessen Romantrilogie Illuminatus! (1975). Diskordianer sind dort Leute, die gegen die Vorherrschaft der Illuminaten kämpfen. Zunächst als Fankultur gepflegt, hat sich der Diskordianismus als Religion verselbstständigt. Manche sehen solche Spassreligionen als Folge neuheidnischer Strömungen.
Es gibt keine festgefügten Inhalte des Diskordianismus. Die auf Webseiten und in Büchern veröffentlichten Angaben zu Jahren, Personen, Gruppierungen sind frei erfunden. Ein relativ konstantes Merkmal ist die Missachtung von Autoritäten und Zwang. So ernannte Wilson alle Zuhörer seiner Vorträge zu „diskordianischen Päpsten“. Diskordier bestreiten objektive Wahrheiten. Sie lieben die Widersprüche, denn diese zeigen Grenzen der Logik auf. Um mit Widersprüchen umzugehen, muss man das übliche logische Denken überwinden und dem Geist neue Freiheiten geben. Jemand, der gegen die Unordnung wettert und dabei unterschlägt, dass in der Unordnung auch Kreativität steckt, wird gern als Graugesicht oder als aneristisch bezeichnet.
Das Sacred Chao (heiliges Chao) ist ein Symbol des Diskordianismus. Das Wort Chao soll für die Singularform von Chaos stehen; die Aussprache sei gleichlautend mit dem englischen Wort cow (Kuh), ein spielerischer Bezug auf die Redewendung „Holy Cow“, Heilige Kuh. Das Pentagon repräsentiert das Gesetz der Fünf und steht für Autorität und Ordnung; der golden dargestellte Zankapfel der Eris, mit dem sie den Trojanischen Krieg auslöste, steht für Kreativität, Chaos und Zwietracht.
Gesetz der Fünf
Das diskordianische Gesetz der Fünf besagt, dass alles, was im Universum geschieht, in irgendeiner Art und Weise bzw. Form mit der Zahl Fünf oder einem Vielfachen von Fünf zusammenhängt. So sei zum Beispiel auch die oft erwähnte Dreiundzwanzig ein Teil des Fünfer-Gesetzes, denn 2 + 3 = 5. Wie bei der 23 ist es möglich, dass Menschen, die sich mit dem Fünfer-Gesetz beschäftigen, auf die Wahrnehmung der Zahl Fünf konditioniert werden und somit meinen, diese Zahl öfter als zuvor zu sehen.
Der Pentabarf (die fünf Gebote)
Der Pentabarf (Penta gr. „fünf“, barf engl. „kotzen“) wurde laut der Principia Discordia „vom Apostel Zarathud in einen goldenen Stein gemeißelt aufgefunden“ und verdeutlicht die Vorliebe der Diskordier für das Paradoxe:
Es gibt keine Göttin außer der Göttin, und sie ist deine Göttin. Es gibt keine Erisische Bewegung außer der Erisischen Bewegung, und sie ist die Erisische Bewegung. Und jeder goldene Apfel ist das geliebte Heim eines Goldenen Wurmes.
Ein Diskordier soll immer das offizielle diskordische Dokumentennummerierungssystem benutzen.
Ein Diskordier ist zu Beginn seiner Illumination dazu verpflichtet, an einem Freitag allein nach draußen zu gehen, um fröhlich einen Hot Dog zu genießen; diese Zeremonie ist dazu da, um gegen die beliebten Heidentümer dieser Tage zu demonstrieren: gegen die katholische Christenheit (freitags kein Fleisch), das Judentum und den Islam (kein Fleisch vom Schwein), den Hinduismus (kein Fleisch von der Kuh), den Buddhismus (kein Fleisch von Tieren) und den Diskordianismus (keine Hot-Dog-Brötchen).
Ein Diskordier soll keine Hot-Dog-Brötchen essen, denn diese waren der Trost der Göttin, als sie mit der ursprünglichen Zurückweisung konfrontiert war.
Einem Diskordier ist es verboten, zu glauben, was er liest.
Kalender
Im Diskordianischen Kalender besteht das Jahr aus fünf Jahreszeiten (Chaos, Zwietracht, Verwirrung, Bürokratie und die Nachwirkung), die Woche aus fünf Wochentagen (Sweetmorn, Boomtime, Pungenday, Prickle-Prickle und Setting Orange), und es gibt 2 × 5 Feiertage (Holydays). In Schaltjahren wird am Schalttag der Tag des „Sankt Tib“ eingefügt, der außerhalb aller Zählungen (Wochentage, Jahreszeiten) steht. Das aktuelle diskordianische Datum kann man sich bei vielen Linux-Distributionen mit der Eingabe von „ddate“ anzeigen lassen.
Tarot
Es gibt auch Entwürfe für ein aus 73 Karten (23 Trümpfe und je 5 Zahl- und 5 Themenkarten für jedes der 5 diskordischen Elemente) bestehendes „freies“ Tarot-Set, das die diskordische Dada-Mystik aufnimmt. Eine gedruckte Version gibt es davon bislang nicht.
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