Tumgik
tagtraeumerei · 6 years
Text
n。1
Erster Eintrag und ich weiß nicht worüber ich schreiben soll.
Ich sitze auf meinem Sofa, mit winterlichen Wollsocken, Jasmintee in meiner jasminfarbenen Tasse und schaue aus dem Fenster.
Draußen ist es ungemütlich, kalt, grau und noch grauer. Die kargen Äste eines Ahornbaums, darauf depressive Tauben, die wie ich auf den Sommer warten.
Die ersten Tropfen trommeln gegen die Fensterscheibe, werden lauter, versammeln sich in Rinnsalen und fließen herab. Die Tauben verstecken sich in ihrem Gefieder. Immer lauter und stärker und undurchdringlicher wird der Regen. Zusätzlich verdichtet sich Nebel in den Baumwipfeln, dunkle Wolken verhängen im Himmel.
Ein Ruck geht durch die Welt, ein Blitz zischt durch das Grau, die Tauben flattern erschrocken von ihrem Ast, fliegen davon. Das Wetter wird keine Sekunde lang besser.
Eine Taube fliegt in Verzweiflung und Flucht
Ich stehe auf, der Jasmintee kippt vom Sofa, ergießt sich, färbt dunkle Flecken in Stoff und Holz. Ich steige auf die Fensterbank, die flache Hand gegen das kalte Fensterglas gedrückt und starre hinaus.
Und plötzlich ist da kein Fensterglas mehr.
Erschrocken gerate ich ins Straucheln, verliere das Gleichgewicht, rutsche ab.
Schreiend schnell rase ich auf den Boden zu, kalter Wind rauscht mir in den Ohren, Regen peitscht auf mich ein. Der Boden kommt immer näher, mein Ende auch. Warum?
Verkrampft verkrampfe ich meine Augen und Presse sie zusammen.
Gleich. Gleich ist es soweit. Gleich...
Verwirrt blinzele ich. Es ist immer noch kalt, aber ich falle nicht mehr.
Ich schwebe in der Luft und der Regen durchnässt mich. Bin ich jetzt tot?
Nein, eigentlich fühle ich mich nicht so...
Langsam dämmert es, ein verblasster Mond ist erkennbar, der Regen wird weniger, der Nebel verstärkt sich.
Ich fliege, fliege über die Dächer. Mondscheingang. Hinter mir 5 Tauben, vor mir die Unendlichkeit.
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