This is for the purpose of archiving my fanfiction. None of what is written is true. Everything is fictive. I don't own any of the mentioned characters but my OCs and I don't get any money for this. Feel free to read & comment. Since I only ever write 薫 & Die, you'll find nothing but them here. So let's ANDURA SOMEHOW!
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Take The Long Way Home - Kapitel 13
Kapitel 13: Living on a Prayer Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 13/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 13: Living on a Prayer
Nachdem Die die Tür aufgeschlossen und sich ins Haus gelassen hatte, dachte er zunächst, dass Kaoru gar nicht wach sein würde. Eigentlich war es bis auf ein paar Geräusche wirklich still, abgesehen von dem Gemurmel, das es fast gruselig machte. Nur war da ein Lichtschimmer aus dem Wohnzimmer und vielleicht hatte sich der Bandleader mal wieder in seiner Arbeit verloren.
Obwohl Die ziemlich kaputt war, denn die Geschehnisse und Gespräche zehrten an ihm seelisch wie auch körperlich, humpelte er langsam auf seinen Krücken zu dem Lichtschein, der aus einer Ecke des Zimmers kam, die selten genutzt wurde. Nicht während er hier wohnte. Dass ihn dort wahrlich ganz neue Einblicke ins Privatleben des Älteren erwarteten, hatte Die allerdings nicht geahnt. Er stockte zuerst und dachte, er würde wahrscheinlich träumen, doch dann trat er noch etwas näher.
Kaoru schien so vertieft ins Malen, dass er wohl nicht einmal merkte, dass Die hier war. Er grummelte jedoch während seiner künstlerischen Performance und war ungewohnt freizügig unterwegs. Für Die war das wahrlich kein unschöner Anblick, doch es passte einfach kaum zu Kaoru und Moment, hatte der da seinen Disney-Bademantel an? Unweigerlich musste der andere sogar schmunzeln und beinahe lachen, je näher er kam. Es war ein Bild für die Götter, was dieser alte verkappte Hippie hier doch veranstaltete.
Als sich auf einmal Kaoru umdrehte und Die wie ein Reh im Scheinwerferlicht ansah, grinste der große Mann verlegen, aber runzelte die Stirn. „Ist das eine Privatparty oder erwartest du noch Gäste?“
Dass jemand im Haus war, hatte Kaoru schon allein nicht gemerkt, weil er besoffen war. Es waren eben doch zu viele Schlucke aus der Flasche gewesen, ohne viel zu essen. Das förderte zwar seine Kreativität, aber hemmte leider andere Sinne. Wobei er wenigstens zu dem dreisten jungen Mann aus längst vergangener Zeit mutierte und deswegen nicht von Dies Anwesenheit errötete. „Wenn du da bist, reicht mir das vollkommen. Schau, ich hab ein Bild gemalt, das uns beschreibt.“
Grazil wendete sich Kaoru dem Bild zu, doch Die konnte wieder nur die Stirn runzeln. Er war ein Mann der Muskeln und Zahlen. „Es ist schwarz und rot. Der Klecks ist jedenfalls rot. Bin ich der rote Klecks?“
Dass Die nicht dumm war, zeigte sich zum Glück beim Herstellen von Zusammenhängen und Kaoru nickte. „Ja, mein roter Klecks in der schwarzen Einsamkeit.“ Damit drehte er sich um und blickte fragend auf seinen Freund. „Ich dachte halt, du kommst eh nicht wieder. Deswegen bin ich nackt.“
„Und betrunken.“, erkannte Die am Lallen des anderen, der manchmal nicht leicht zu verstehen war, weil er ewig einen Dialekt beibehalten würde, den keiner von ihnen außer ihm noch sprach. Trotzdem lächelte der Größere müde und kam noch näher, denn an sich machte es ihn nicht unglücklich zu sehen, dass hier wohl etwas Frustsaufen im Spiel war. Dann war er Kaoru doch nicht egal und das zu wissen tat gut.
Eigentlich hatte dieser jede Menge Fragen, doch bevor er wieder etwas zu hören bekam, das ihm vielleicht gar nicht gefiel, wollte er einem anderen Drang nachgeben. Nämlich spürte er dank dem Alkohol, wie all seine Hemmungen weg waren und er endlich einfach nur etwas kundtun wollte. Was hatte er noch zu verlieren? Stolz? Ach was. Er war nackt am Malen von Bildern, die er sowieso mit Die assoziierte. Scheiß drauf, er könnte seinen Zustand morgen bereuen und legte lieber den Pinsel nieder, um in seinen Clogs zu dem anderen Mann zu watscheln.
„Ja, weil ich einfach unglücklich war,“ begann Kaoru und merkte selbst, dass er lallte, obwohl er wirklich klarsah, was seine Gefühle anging. „Hab dir nicht gesagt, dass ich denke, du solltest auf Arisu scheißen und einfach hierbleiben. Echt wahr, bleib einfach bei mir. Das geht schon irgendwie und wir schaffen das alles zusammen. Das hätte ich noch sagen sollen, bevor du gegangen bist. Aber ich war zu feige. Jetzt siehste mich an,“ wobei er die Arme hob und wieder senkte, „und ich vermiss dich hier schon jetzt, wenn du wieder zu ihr gehst. Kannste nun auch wissen, denn so ist es eben. Aber nur falls du noch unsicher bist oder so, dann… bleib doch? Echt jetzt. Bleib hier.“
Es war zu hoffen, dass Die ihn überhaupt in seinem Zustand ernstnahm, der sich während dieses verbalen Gefühlsausbruchs auf die Lippe beißen musste. Er hatte diese betrunkene Beichte nicht kommen sehen, die morgen allerdings vielleicht nichts mehr wert wäre, doch heute leider fürchterlich süß war, wenngleich auch befremdlich. Also entschied sich Die zunächst bei den Fakten zu bleiben. „Ich geh nicht zurück zu Alice.“
Das überraschte Kaoru und für einige Sekunden blinzelte er Die wirklich dumm an. „Nicht?“
Die schüttelte langsam den Kopf. „Nein. Ich kann nicht.“ Eigentlich wollte er das Nächste einem nüchternen Mann erzählen, doch egal, denn es musste aus ihm raus. „Hab ständig gedacht, was, wenn sie mich wieder betrügt? Oder verarscht? Sie will doch gar keine Kinder und die ganze Sache kann man nicht wieder kitten. Das habe ich ihr so gesagt und naja, gehofft, sie versteht es.“
Kaoru verstand es und das besoffen. Wobei er vielleicht auch träumte, aber dann war es ein guter Traum voller Vernunft und Einsicht. Das mochte er. „Und hat sie?“
Beinahe bitter klang das kurze Lachen das anderen, bevor er die Schultern zuckte. „Natürlich nicht. Aber das hat mir auch gezeigt, dass ich das nicht länger will. Zumal sie dann sofort wieder bissig wurde und es wohl nun endgültig auf den Rechtsstreit hinausläuft. Aber scheiß drauf.“
So wirklich konnte es der Bandleader noch nicht fassen und fragte sich, ob er sich in einen Traum gesoffen hatte. Gerade wünschte er sich wirklich, dass er nüchtern wäre, denn so wirklich glücklich sah Die nicht aus. „Scheiß drauf? Macht’s dir nicht Angst? Wegen Schulden und so.“
Dass Kaoru sehr direkt sein konnte, wenn er getrunken hatte, fand Die sogar meistens angenehm. Er seufzte, doch setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Dann muss ich eben vor Gericht gewinnen. Und du hast mich hier weiter an der Backe.“
Nun musste der Bandleader hier mal seinen Standpunkt festmachen, denn die Wortwahl seines Freundes erschien ihm nicht, als hatte er ihn tatsächlich verstanden. „Dann bleib. Bleib für immer, wenn du magst.“
Der Größere schwankte zwischen Souveränität und Skepsis, da er mit runden Kulleraugen direkt angestarrt wurde, die allerdings auch etwas rot leuchteten. „Bleiben? Und in Ryus Zimmer leben?“
„Ja oder in meinem Zimmer,“ schoss es aus dem anderen heraus, bevor er groß nachdachte. „Wo du magst.“
„Dein Zimmer?“ Die musste hier sichergehen, dass er nichts missverstand.
„Ja mein Schlafzimmer.“ Der andere bestätigte ihm dies gerne und nickte. Er war so voll von Alkohol und Gefühlen, dass er nicht mehr lügen oder etwas verbergen könnte.
Verdammt hatte Die eine Schwäche für Kaoru in diesem Zustand! Vielleicht auch weil er nackt war und drollig und sexy zugleich. Das konnte womöglich alles zutreffen, als er einfach die Krücke zur Seite kippen ließ und den Arm hob, um ihn dem Kleineren umzulegen. Dann zog er ihn nah an sich heran und umarmte diesen süßen betrunkenen Vollhorst. „Na ob das Angebot auch morgen noch steht…“
Dass Die nach wie vor zweifelte, sah Kaoru sogar ein. Nur gerade käme er aus seinem Zustand nicht heraus, weshalb er einfach in die Umarmung sackte und sich am anderen festhielt, als umklammerte ein Affe einen Baum.
„Steht morgen noch,“ nuschelte er und steckte die Nase in Dies Schulter.
Noch immer waren viel Wehmut und Angst in Die, sodass es ihm trotz des nackten Kaoru in seinen Armen nur bedingt leicht fiel zu lächeln. Doch das Gesagte gab ihm bereits Rückhalt und das war, was er sich hier erhofft hatte. Sollte er den anderen Mann in Gänze dazubekommen, würde er sich später darüber freuen, wenn er ihn auch komplett für zurechenbar hielt. Er drückte einfach einen sachten Kuss in die Stoppeln an Kaorus Kopf und löste sich dann leicht. „Sollen wir Schlafengehen? Bin ehrlich ziemlich kaputt von allem und du, naja, bist dicht.“
Auch Kaoru löste seinen Affengriff um Die und zeigte das angebrachte Verständnis. „Ja, wäre ich nicht besoffen, würde ich dich hochtragen.“
„Du mich?“ Der andere musste lachen. „Ich glaube eher, ich dich, wenn ich nicht gerade behindert wäre.“
„Ja schade, ich würde mich tragen lassen,“ grinste der Ältere kackfrech und knipste das Licht in seiner Malecke aus. „Bringst du mich wenigstens ins Bett?“
Offensichtlich hatte Kaoru entschieden, morgen sein hinterlassenes Farb-Chaos zu beseitigen und Die schmunzelte nun aus vielerlei Gründen. „Na gut. Lass mal schauen, wo ich einziehe.“
Beide sahen sicherlich lustig aus, einer hinkend, der andere schwankend, wie sie die Treppe erklommen, als wären sie dem Altersheim entkommen. Doch letztlich sackte Kaoru heil auf sein Bett und blickte den anderen erwartungsvoll an. „Bleibst du hier?“
„Wenn du mich nett bittest,“ scherzte Die, denn eigentlich hatte er heute nicht auf dem Schirm, im Bett eines anderen zu schlafen. Nur war Kaoru nicht irgendwer und wieso sollte er sich die Gelegenheit der Zweisamkeit entgehen lassen?
„Hab ich doch schon.“ Der Ältere machte es sich im Bett bequem und suchte eine Position, von wo aus er zusehen konnte, wie Die zunächst die Krücken beiseitestellte und anschließend relativ umständlich seine Hose auszog.
In Unterwäsche warf er sich schließlich neben Kaoru, der noch immer im offenen Bademantel dalag. „Lässt das an, ja?“
„Mhm, der ist kuschelig,“ murmelte der andere und kroch näher an Die heran, bevor er die Augen zumachte.
Es lag also an Die, die Bettdeckte über sie zu ziehen, und er lachte innerlich ein wenig darüber, wie ihm der Ältere hier quasi sofort wegpennte. Er brauchte selbst etwas länger um einzuschlafen, aber es gelang ihm hier bei Kaoru besser, als wenn er nun allein gewesen wäre. Das alles erschien so verrückt und doch gab es ihm ein Gefühl, das er in seiner Wohnung mit Alice nicht gehabt hatte. Er fühlte sich seltsam Zuhause.
***
Als Kaoru am nächsten Tag wachwurde, war er alleine. Doch trotzdem war er sich ziemlich sicher, dass er nicht nur geträumt hatte, dass Die letzte Nacht bei ihm geschlafen hatte. Hier war eindeutig mehr als ein Platz im Bett abgenutzt, auch wenn auf Dies Seite nun sein eingerollter Kater lag. Kaoru drehte sich um und stellte fest, dass er nur einen mäßigen Hirnschaden vom Suff erlitten hatte, aber noch immer nichts außer einem blauen Bademantel trug. Seine Hand landete auf Boo und er kraulte das Fellbündel ein wenig, sodass er mit einem Schnurren belohnt wurde, von dem das Bett vibrierte. Schade, dass er das nicht bei Die machen konnte.
Wo war der überhaupt? Kaoru hoffte auf kein Déjà-vu, wo er nach nebenan ging und wieder einen viel zu betrübten Mann mit Kopfkino vorfand. Auszuschließen war es allerdings nicht und er musste den Tatsachen ins Auge sehen, egal was ihn heute erwartete. Zuerst schlurfte er aber ins Badezimmer, wonach er wieder auf einen wartenden Kater traf. Gemeinsam checkten die beiden nun Ryus Zimmer, wo kein Die zu finden war, bevor sich Kaoru anschließend dazu entschied, doch etwas mehr anzuziehen. Unterwäsche, T-Shirt und die Komforthosen sollten reichen. Dann schnappte er sich Boo, der ihm sowieso auf Schritt und Tritt folgte, bevor er die Treppe nach unten ging.
Die schaute von seinem Platz in der Küche auf, als sein Freund mit Katze auf dem Arm zu ihm kam. „Haben die Herren ausreichend geruht?“
Er grinste und trank offensichtlich einen Kaffee, während bereits ein paar Reiswickel auf Kaoru warteten. „Ja, aber der Ersatz-Die ist mir dann doch auf Dauer zu haarig.“ Er händigte den Kater an Die aus und streckte sich ausgiebig, bevor er sich daran machte, auch einen Kaffee zu bekommen. „Hab auch nur mäßig Kopf. Geht noch.“
Tatsächlich unterdrückte Die nun das eher fiese Schmunzeln und fütterte lieber den Kater. „Hast ja auch anscheinend gut getankt.“
„Mhh ja,“ gab der Ältere kleinlaut zu und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Anrichte. „Tut mir leid, wenn das unangenehm für dich war.“
Das Gewissen biss ihn ein wenig, denn sicherlich hätte sich Die etwas anderes gewünscht, als er nach Hause gekommen war. Dieser jedoch winkte einfach ab. „Schon gut.“ Er stellte sich gegenüber Kaoru und lehnte sich seinerseits gegen die andere Seite der Küche. „Solange du noch weißt, was ich gestern erzählt habe.“
Ein wenig unbehaglich war es Kaoru trotzdem, dass er das überhaupt gefragt werden musste. „Weiß ich noch. Dass du nicht zu Alice zurückgehst.“
„Richtig,“ bestätigte Die, denn das war immerhin ein Anfang. Er hätte es ungern wiederholen wollen. „Und was du alles gesagt hast? Weißt das auch noch?“
Zwar musste der andere ein klitzekleines bisschen grinsen, doch voller Verlegenheit konnte er dem Blick seines Freundes nicht standhalten. „Denke schon,“ fiepte er dumpf. „Bilde ich mir zumindest ein.“
„Sollen wir abgleichen oder wird’s ohne gehen?“ Die war sogar recht ernst, denn die Sache war es nicht nur wegen seiner Situation mit Alice.
Kaoru merkte das auch sofort und schaute dem anderen direkt in die Augen. „Hab dich gebeten hierzubleiben. Und ich hab angeboten, dass du in mein Schlafzimmer ziehst. Das dürfte der essentielle Teil gewesen sein.“
Es half Die sehr zu wissen, dass sie nun auch ein ernstes Gespräch führen könnten, wo keiner von ihnen lallte. Überrascht war er dennoch, dass der Bandleader das von ihm Gesagte so kurz und prägnant bestätigte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Das war schmeichelhaft, doch sie waren eben keine Knaben mehr. „Dir ist schon klar, dass das nicht einfach wird?“
„Was genau?“ Kaoru wusste nicht, an was konkret Die dachte, und schaute recht erwartungsvoll der Antwort entgegen.
Nur musste der andere erst überlegen, wie er es sagen sollte, ohne wie ein Schwarzmaler zu klingen. „Naja, was willste denn sagen, wieso ich ständig bei dir bin? Oder was genau möchtest du überhaupt?“
Eigentlich schlug Kaoru das Herz bis zum Hals, denn so etwas hatte er noch nie in dieser Form getan. Berieten sie gerade über ihre mögliche gemeinsame Zukunft? Eine Zukunft in einer Beziehung mit einem anderen Mann. Nur nicht irgendeinem. War das die Wirklichkeit? Wenn, dann gab es für ihn nur eine Option und die war den Tatsachen ehrlich ins Auge zu blicken. „Na dich will ich. Dachte, das sei klar.“
Fast musste Die wieder grinsen, denn es schmeichelte ihm so sehr, dass er glucksen wollte. Allerdings sollten sie kurz mal ernstbleiben. „Gut, ich will dich auch. Wie weiter? Es muss ja auch funktionieren.“
Zwar war es seltsam eine Beziehung zu planen, aber was eine Schritt-für-Schritt-Planung anging, war Kaoru im Allgemeinen der richtige Mann. „Ich schätze, zuerst würde ich vielleicht mal Ryu die Wahrheit sagen und auch Junko. Wegen Kiku müsste ich überlegen. Ihr wird es egal sein, nur ihrer Mutter wahrscheinlich nicht. Das könnte heikel werden.“
„Eben das mein ich. Du musst dir im Klaren sein, dass dann auch auf dich was zukäme.“ Das wollte Die einfach nur klarstellen und zwar besser bevor sie wirklich etwas begannen, was sich auch als Fehler herausstellen könnte.
„Mir ist das klar,“ sagte Kaoru und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ist auch gut möglich, Saiyuri kotzt wieder ab und will mir dann Kiku wegnehmen. Aber dann muss ich eben auch kämpfen. Letztlich hat sie auch kein sortiertes Leben und ich biete den Wohlstand. Muss man dann sehen. Wir spekulieren doch. Findest du das nicht etwas zu weit vorgeplant?“
Dass Kaoru etwas in die Defensive ging, merkte Die und ihm tat leid, dass er so nachbohrte. Doch allein seine eigene Misere ließ ihn keinen anderen Weg sehen und er seufzte. „Ja, womöglich. Ich will doch nur, dass du dir sicher bist. Ich mein, wir hängen ja auch mit der Band drin. Findet Tommy das raus…“
„Was dann? Was will er denn machen?“ Kaoru unterbrach eher unwirsch nun und stemmte sich von der Anrichte ab. „Will er uns verklagen? Ich hab nichts unterschrieben, dass ich nicht mit einem Bandkollegen was anfangen darf. Soll er uns entlassen? Wir bringen doch die Kohle rein. Außerdem könnte uns vielleicht auch nichts Besseres passieren, denn Vertragsbruch wäre es ja wohl kaum. Dann sind wir frei. Andere gründen auch ihre eigenen Labels. Wir sind kein unbeschriebenes Blatt. Dann geht das Geld direkt an uns ohne Zuhälter.“
Fast musste Die grinsen, denn wenn sein Bandleader mal so richtig im Businessmodus hochfuhr, konnte ihn nichts bremsen. Dann war er der souveräne Mann mit dem Plan und man folgte ihm ohne nachzudenken. Allerdings gab es noch einen Haken. „Sag ihm das bitte erst, wenn ich aus dem Streit mit Alice raus bin.“
„Ich sag ihm gar nichts. Aber ich lass mir dich doch nicht verbieten.“ Denn zum einen wollte Kaoru nichts mehr als Die und zum anderen wollte er das hier unbedingt klarstellen. „Ich hab mein halbes Leben damit verbracht, nicht ich selbst zu sein. Ich möchte leben und das am liebsten mit dir. Außerdem…“
„Außerdem?“ Der Jüngere kam sich fast dumm vor zu fragen, wo doch gerade sein Herz ein paar Hüpfer machte und er sicherlich blöde lächelte.
„Naja, eigentlich müsste ich dich fragen, ob du dir sicher bist,“ brachte Kaoru es mal auf den Punkt. „Du bist frisch getrennt, hast Kummer und ein gebrochenes Herz. Da komm ich und schütte mein Herz aus, weil ich einen sitzen hatte. Nur hey…“
Diesmal war es Die, der seinen Freund einfach unterbrach. „Du bist kein Trostpflaster.“
Dass er von sich aus kombiniert hatte, was Kaoru sagen wollte, ließ beide zunächst stocken. Der Ältere musste seine Gedanken nicht weiter ausführen, während Die erkannte, dass auch er eine gewisse Rückversicherung zeigen musste. „Gehört aber vielleicht dazu, dass es wegen mir nicht nur leicht für dich wird. Alice hat mich so ein bisschen kaputt zurückgelassen. Ich wünschte, das wäre anders. Damit ich dir ein besserer Freund sein könnte. Aber Fakt ist, dass ich dich gern hab. Ziemlich lange schon. Hab mich immer gefragt, warum du damals vor all den Jahren mit mir geschlafen hast. Immerhin warst mein Erster und dann war ich ziemlich verknallt für ‘ne Weile. Dachte immer, du willst mich nicht.“
Wo sie schon einmal bei Geständnissen waren, die tiefer gingen als nur an der Oberfläche zu kratzen, konnte Die sich auch gleich mal vollends offenbaren. Heute fühlte er sich zwar wie beschädigte Ware, doch hätte Kaoru ihm zu jeder anderen Zeit auch Angebote machen können, die der andere mit größtem Vergnügen angenommen hätte.
Da standen sie also, zwei Herren reiferen Alters und beide hatten Angst, obwohl ihr Mut endlich mal überwiegen sollte. Kaoru machte einen Schritt vorwärts, direkt vor Die. „Du bist genau gut so, wie du bist. Und ich hab dich auch schon ziemlich lange ziemlich gern. Deswegen hab ich damals mit dir geschlafen und kürzlich übrigens wieder. Klar kann es schiefgehen. Vielleicht verlieren wir alles. Nur besteht auch die Chance, dass wir glücklich werden?“
Jedes einzelne Wort machte Die sentimental und zugleich wirklich froh. Seine Arme schlangen sich unweigerlich um den anderen. „Bin schon glücklich, wenn ich bei dir bin. Lass es uns versuchen. So richtig, ja?“
Am liebsten würde Kaoru bei den Worten schnurren wie Dies Kater. Doch stattdessen konnte er nur im Kreis lächeln und dem anderen einen liebevollen Kuss auf die Lippen setzen. „Willkommen Zuhause.“
Das Strahlen spiegelnd, küsste Die den anderen gleich noch einmal. Zuhause gefiel ihm gut. Zuhause fühlte man sich wohl und das fühlte er sich in der Tat bei Kaoru.
***
„Papa!“ Das kleine Mädchen schnappte sich Kaorus Arm mit beiden kleinen Händen, damit er ihr seine volle Aufmerksamkeit schenkte, während er am Schreibtisch saß und noch ein paar Mails beantwortete. „Papa, du kannst mitkommen ins Kino! Es ist schon fast soweit!“
Er drehte sich zu ihr um und grinste ein bisschen, denn dieses Kind hatte auf jeden Fall die Kernkraft ihrer Mutter als Antrieb im Körper. „Ah so, darf ich mit?“
„Jaha!“ Sie verdrehte ein bisschen die Augen und hüpfte voller Energie vor ihm herum. „Du kannst mit und dann können wir Popcorn essen. Gleich geht es los!“
Er schmunzelte, denn sie hatte so ihre echt eigene Ausdrucksweise. „Aber umziehen musst du dich noch. Du hast noch die alten Sachen mit Kleckerflecken an.“
Sie beäugte kurz die Flecken auf ihrem Shirt, bevor sie sich umdrehte und dabei war, davon zu flitzen. „Die sucht mir ein Kleid aus! Ich schau mal, ob er endlich fertig ist!“
Tatsächlich rannte sie den armen Kerl beinahe um, der gerade zur Treppe herunterkam und ihr mitteilte, dass er ihr ein Kleid aufs Bett gelegt hatte. Sie verkündete nur lautstark, dass ihr Papa auch mitkäme, und dampfte ab um sich umzuziehen. Die kicherte fast, als er auf Kaoru zukam, der wie immer wie ein wandelndes Valium dastand und gechillt blieb.
„Was schauen wir eigentlich?“ Möglich, dass er es vergessen hatte.
Künstlich empört stemmte Die die Hände in die Hüften. „Kaoru! Ich bin enttäuscht. Wir werden uns heute Lilo & Stitch anschauen. Ein Klassiker in 3D.“
Der Kleinere musste etwas kichern, doch setzte einen Kuss auf die streng schmollenden Lippen des anderen. „Du bist so süß, wenn mein Kind auf dich abfärbt.“ Die verzog bei den Worten zwar etwas das Gesicht, doch umso amüsierter war Kaoru. Jedoch hatte er weitere elterliche Infos. „Wir müssen spätestens 18 Uhr zurück sein und Pizza mitbringen.“
„Dann hat sich Ryu gemeldet?“ Das konnte Die leicht erraten, weil sie ihn eingeladen hatten zu kommen.
Kaoru nickte. „Er will unbedingt Pizza essen. Naja, Kiku wird sich freuen.“
Der Größere lachte. „Du nicht so?“
Der Bandleader verzog ein wenig den Rüssel, doch zuckte die Schultern. „Geht schon mal klar, wenn’s die Bälger wollen.“
Nun musste sich Die bremsen nicht laut loszulachen, denn manchmal konnte Kaoru echt fies klingen, obwohl er beinahe alles tat, was seine Kinder sich von ihm wünschten. Die nutzte den Moment, solange Kiku noch beschäftigt war, und küsste seinen Freund nochmal. „Du bist unmöglich. Aber ich lieb dich trotzdem.“
Einen Moment lang blieb Kaorus Herz stehen, denn die berühmten drei Worte hatte er von Die bisher noch nie gehört. Es war hier so banal und nebensächlich gefallen, doch machte unweigerlich, dass ein breites Lächeln auf den Lippen des Bandleaders entstand. Er konnte das nicht zurückhalten. „Ist das so?“
Es war im Affekt aus Die herausgeschossen, doch klar war, dass er nicht gelogen hatte. Verlegen begann er zu grinsen, obwohl ihm die Hitze ins Gesicht gestiegen war.
„Isso,“ war seine knappe und direkt Antwort.
Als Belohnung gab es noch einen Kuss für ihn, bevor Kaoru ihn strahlend anhimmelte. „Ich dich auch. Jeden Tag ein bisschen mehr.“
„Aww, du Softie,“ neckte Die, doch umarmte seinen Freund herzlich. Es tat immer gut, nur allein seine Nähe zu spüren.
Kaoru erwiderte die Umarmung und genoss sie einfach. Als dann auf einmal eine dritte Präsenz anwesend war und sie beide von einem weiteren kleinen Menschen umarmt wurden, schaute er nach unten ins strahlende Gesicht von Kiku. Sie war offensichtlich fertig angezogen und wollte an der Umarmung teilhaben.
Liebevoll strich Kaoru ihr über den Kopf und l��ste sich. „Fertig? Sollen wir?“
„Ja, ich muss noch Schuhe!“ Sie ließ los und sprang wieder davon.
Manchmal sah der Bandleader mit dem Energiebündel überfordert aus, doch Die sah es amüsiert und gelassen. Er liebte jedes von Kaorus Papa-Wochenenden. Doch bevor sie nun das Haus verließen, hielt er den anderen noch kurz zurück.
„Also eigentlich,“ begann Die und suchte die Aufmerksamkeit des anderen. „Wenn Kiku morgen wieder bei ihrer Mutter ist, sollten wir mal ausgehen und feiern. Ich hab Post vom Gericht bekommen und das wollte ich dir noch sagen.“
Kaoru blickte überrascht und neugierig auf seinen Freund, der es offensichtlich spannend machte. Zum Glück hatte dieser bereits feiern erwähnt und sah nicht unglücklich aus. „Hast du gewonnen?“
Die nickte breit strahlend und umarmte Kaoru wieder. „Ja, ich hab tatsächlich meine Wohnung wieder. Alice hat nicht gewonnen. Gott, ich bin so froh!“
„Das glaub ich dir,“ sagte Kaoru und strich seinem Freund über den Rücken. Als er sich löste, musste er jedoch fragen. „Und nun? Willst du… ziehst du…“
Ihm wollte die Frage gar nicht über die Lippen kommen, denn natürlich sollte Die bei ihm wohnen bleiben. Der jedoch lächelte sanft und schüttelte den Kopf. „Also entweder bleibt sie in der Wohnung und muss sie bezahlen, was sie wohl eher nicht kann. Oder sie zieht aus und dann werde ich sie verkaufen oder vielleicht auch vermieten. Ist eine schöne Eigentumswohnung. Sie würde mir Geld einbringen.“
Außerdem gäbe es tatsächlich eine Möglichkeit des Rückzugs für Die, denn schlauer war er allemal geworden. Er sah das Nicken des Bandleaders und da war sogar etwas Stolz darin. Denn obwohl Kaoru ihn für immer für sich haben wollte, war er stolz darauf, dass sein Freund seine Entscheidungen nun gut überdachte. Ein gutes Verhältnis zueinander sollte das hergeben.
„Klingt nach einem guten Plan.“ Kaoru lächelte.
Die lächelte ebenso. „Solange du mich erträgst, bleibe ich.“
„Immer,“ gab der andere ganz schnulzig von sich, was jedoch zum Glück einmal mehr von Kiku unterbrochen wurde.
„Kommt ihr nun? Ich warte schon!“ Sie betonte das Warten, weil sie bereits an der Tür stand, und ungeduldig mit dem Fuß wippte.
Die beiden Männer seufzten und rollten innerlich ein bisschen die Augen, doch alles in allem machten sie sich glücklich auf den Weg.
Kaoru stand noch in der Tür und ließ zunächst sein kleines Mädchen und dann auch seinen Freund hinaus, bevor er hinter ihnen die Haustür verschloss. Es war komisch, denn wie lange hatte er dieses Haus schon? Mindestes seit Ryus Geburt. Allerhand erlebt hatte er hier auch. Doch dass es für ihn selbst ein richtig mit Leben gefülltes Zuhause darstellte, konnte erst Die bezwecken. Er machte, dass Kiku hier glücklich war. Er machte, dass Ryu gerne zu ihnen kam. Er machte sogar, dass Junko manchmal mit Masato vorbeischaute. Vor allem aber machte Die, dass Kaoru glücklich war.
Es war ein langer Weg nach Hause gewesen, doch endlich war er angekommen.
ENDE.
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Take The Long Way Home - Kapitel 12
Kapitel 12: The Winner Takes It All Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 12/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 12: The Winner Takes It All
Zwischendurch dachte Kaoru kurz, dass diesen Tag nichts mehr zerstören könnte. Er war weggenickt, ebenso wie Die, so schön benebelt vom Sex, dass sie nicht einmal darüber nachdachten, als sie sich wieder küssten. So schnell wurden eben diese Küsse wieder heiß und verlangend, die Euphorie der Tatsache, dass sie endlich gemeinsam wieder im Bett gelandet waren, ein Trigger für sexuelle Begierde. Dass sie es noch einmal taten, kam vollkommen natürlich, allein durch die explodierende Lust nach all den Jahren. Ihre Vereinigung war beim zweiten Mal wesentlich zärtlicher, denn keiner von ihnen hatte noch starkes Verlangen, etwas beweisen zu müssen. Dass Die in Kaoru sein durfte, war alles, was zählte und dass sie es genießen konnten. Worin kein Zweifel bestand, denn zeitweise fühlte sich der Bandleader beinahe wieder wie 25 und als wäre es tatsächlich normal, wenn man mit seinem Liebsten den ganzen Tag faul oder fickend im Bett verbrachte und einzig mal aufstand, um sich etwas Nahrung zu besorgen.
Wahrscheinlich war es auch nur, weil sie sich nicht anziehen wollten, dass mal der eine oder der andere kurz nach unten ging, um etwas zu essen und zu trinken zu holen, nur um sich dann wieder im Kinderzimmer eines Jugendlichen einzuschließen. Ernste Themen wurden gemieden. Scherze, meistens zweideutig, brachten sie zum Schmunzeln und zum Kichern. Kaoru wusste, dass sie gerade der Realität entflohen, doch leider wurde eben dies von Dies vibrierendem Handy jäh unterbrochen. Noch bevor er darauf schaute, war eigentlich klar, dass es nur jemand sein konnte, der ihre Stimmung verdarb, irgendwelche Anwälte noch die beste Option.
Doch so viel Glück sollten sie nicht haben, wie Die feststellte, als er aufs Telefon starrte und Alices Nummer sah. Sie war noch immer unter ‚Honey‘ gespeichert und die Bezeichnung kam ihm plötzlich albern vor. Sein Blick wanderte zu Kaoru, der das Display ebenfalls sah und kurz die Schultern zuckte, als gäbe er widerwillig sein Einverständnis. Kurz durchatmend nahm sich Die zusammen und beantwortete den Anruf. Dabei kroch er aus dem Bett in eine sitzende Position, seine Muskeln auf einmal wieder angespannt und steif. Kaoru konnte das von seiner Position aus sehen, auch wenn ihm der Rücken zugewandt war.
„Uhm njaaa, ich mein, ja. Ja, klar.“ Mehr war nicht von Die zu hören und es war auch vom anderen nicht einzuschätzen. Etwas in Kaoru war alarmiert und er setzte sich ebenso aufrecht, am besten gleich seine Unterhose suchend. Der Tonfall von Dies Stimme konnte so ziemlich alles bedeuten, aber ihre sexy Zeit im Bett war definitiv vorbei. Kaoru stand auf und schaute den anderen an, der in diesem Moment sein Telefonat beendet hatte.
Die musste auch nicht gefragt werden, denn er war schon wieder so konfus, dass er einfach vor sich hin stammelte. „Sie will sich treffen. Sie hat ein Angebot.“
„Was für ein Angebot?“ Kaoru klang fast ruppig, während er sein Shirt vom Boden aufhob und es sich überzog.
„Weiß nicht. Sie sagt, sie will es mir persönlich erklären und dass wir mal reden sollten wie vernünftige Leute. Ist vielleicht was Gutes?“ Hoffnung schwang in Dies Worten mit.
Doch für Kaoru klang eben diese furchtbar widerlich und er grunzte seine Ablehnung, wenngleich er dies nicht verbal ausdrückte. „Wann?“
„Errr jetzt. Also heute noch. Sie hat vorgeschlagen, wir sollten uns im Restaurant treffen. Essen und reden. So damit die Atmosphäre gelockert ist. Ohne Anwälte.“ Die wollte insbesondere das Letzte unterstreichen, denn das war ihm wichtig.
„Aha.“ Knapp erwidernd, zuckte Kaoru die Schultern. Was sollte er auch sagen? Etwas in ihm wurde bereits jetzt wütend, dass diese Frau rief und Die sprang. Nur welches Recht dazu hatte Kaoru? Keines. Also blieb er still und versuchte, nicht noch zickiger zu klingen.
Die stand auf. „Ich muss das wahrnehmen. Da hab ich keine Wahl.“
„Mhm, schon klar.“ Der Ältere tat, als wäre es ihm egal, doch nur allein seine Körpersprache verriet etwas anderes.
Konnte Die sich leisten, auf die Tuerei des anderen einzugehen? Nein. Das Gehabe von Kaoru tangierte nämlich nicht seine bloße Existenz, während es der Rechtsstreit mit Alice leider tat. Also hatte er nun kein Verständnis für ein angekratztes Ego beim Bandleader. Stattdessen suchte er sich frische Kleidung und ignorierte den anderen, ohne noch etwas zu sagen, während der andere letztlich den Raum schweigend verließ.
Das war es also und Kaoru wusste nicht einmal was genau. Es war nicht zu benennen, was er fühlte, als er in die Umstände der Realität einer kaputten Beziehung zurückgerissen wurde, die nicht einmal seine eigene war. Hatte er Die Trost spenden wollen? Ja, und das hatte er auch erfolgreich getan. Was wollte er also eigentlich noch? Er war schließlich nicht so blöd zu denken, dass er Alice durch Sex mit Die einfach ausradieren konnte.
Also versuchte Kaoru sich zusammenzureißen, denn die Welt ging auch nicht unter. Er holte sich ebenso frische Kleidung und entschied ein Bad zu nehmen, nachdem Die sich verabschiedet hatte. Nein, natürlich würde er diesmal Kaoru nicht bitten mitzukommen. Plötzlich ging es ihn nichts an und Die brauchte keinen Schutz oder Taschenträger. Ein wenig gekränkt mochte der Ältere also sein, obwohl er selbstverständlich kapierte, dass es notwendig war, wenn sein Freund sich mit seiner Exfreundin alleine traf. Nur so würde er etwas erreichen können, wo sie ihm nun schon vermeintlich die Hand reichte.
Was sie wohl für ein Angebot hatte? Wohnung gegen Auto? Dann durfte Die ihr aber ein sehr schickes Teil kaufen mit etlichen Pferdestärken. Vielleicht einen Tesla, denn wie man hörte, brannte der gleich zweimal. Kaorus Gedanken drifteten immer wieder in leichte Gehässigkeit ab, das war ihm klar. Das war vielleicht nur so, weil er Die nicht in seine Angelegenheiten reinreden durfte, obwohl er das vielleicht einfach dürften sollte. Immerhin kannte er ihn seit 30 Jahren, hatte Tage und Nächte mit ihm auch auf engstem Raum verbracht, über Wochen und Monate hinweg, als könnten sie genauso gut verheiratet gewesen sein.
Kaoru erinnerte sich an den Abend, als ihn der großgewachsene dünne Mann mit dem langen Haar zum ersten Mal angesprochen hatte. Es war komplett banal gewesen und Kaoru hatte kaum darauf reagiert, da er seine Technik an der Seite einer Bühne aufbauen wollte, wo Die seine Sachen gerade abbaute. Sie kannten sich nicht und hatten sich kaum wahrgenommen. Erst als Kisaki so unbedingt wollte, dass Kaoru in seine Band kam, nahm er sich die Zeit diese fünf Verrückten noch einmal anzuschauen. Jeder von ihnen hatte ohne Zweifel Ausstrahlung und alle waren gutaussehend. Doch nur einer lächelte nach dem Auftritt, als wäre er ein zusätzlicher Scheinwerfer und steckte damit den zuschauenden Gitarristen an, ohne dass er es überhaupt gemerkt hatte. Da stand Kaoru, am Rand, die Menge tobte, es war laut, und er lächelte dämlich vor sich hin.
Impulsive Dinge zu tun, würde man ihm nicht nachsagen. Doch ein oder zweimal im Leben – vielleicht auch ein paarmal mehr – war es dazu aus den verschiedensten Gründen gekommen. So ging er an diesem Abend vor vielen Jahren zu Kisaki und sagte ihm, dass er in ihre Band käme. Was hatte er auch zu verlieren?
Ob sich Kaoru die Frage wirklich manchmal im Leben gestellt hatte, bevor er etwas Kluges oder auch Dummes getan hatte, wusste er gar nicht. Wahrscheinlich nicht. Man wusste manchmal auch nicht, wie klug oder dumm etwas war, bevor man es nicht getan hatte. Heute wusste Kaoru nur, dass er in keiner anderen Band je hätte sein wollen und dass er auch den Sex mit Die nicht bereute. Höchstens wenn er gerade sitzen wollte.
Was also sollte Kaoru jetzt tun? Auf Dies Rückkehr warten? Nein, das wäre dumm. Lieber sollte der Ältere etwas Sinnvolles tun, wie zum Beispiel arbeiten oder einkaufen. Letzteres fiel aus, weil er nicht wusste, ob sein Die nicht bald wieder abhauen würde. Blöder Gedanke, aber gerade blockierte eben dieser Kaorus Willen zum Einkaufen. Arbeiten könnte er auch, aber dazu müsste er im besten Fall auch sitzen können. Am Ende entschied er sich eine einfache Runde zu drehen, indem er sich etwas überzog, seine Mütze aufsetzte und das Haus verließ. So wie wenn er sonst zur Arbeit ging, tat er das oft genug zu Fuß, und lief den Weg entlang in Richtung Studio. Bock auf andere Leute hatte er eigentlich nicht, aber er könnte wenigstens mal checken, ob irgendwas für ihn eingetroffen war. Manchmal bekam er immerhin Geschenke ans Studio geschickt oder einfach nur neues Material. Am frühen Abend war es schon dunkel und das war für ihn angenehm. Im Gebäude des Studios war auch niemand mehr am Eingang, sodass er nur mit dem Aufzug nach oben musste, um dann eine Art Bandraum zu betreten, wo einfach allerhand Zeug von ihnen war. Sie hatten kein Büro, wozu auch? Sie waren Musiker und besaßen jede Menge Krempel, den keiner brauchte, denn sie waren Künstler. Die Bürokraten saßen bei Tomioka.
Zum Glück fand Kaoru ein paar kleine Fangeschenke, die ihn erheiterten, indem er sie anschaute und sich einfach freute, dass Menschen ihn mochten. Er würde auch mal in Dies Fangeschenke lugen, doch der Anstand verbot es ihm. Sie taten so etwas nämlich nicht und das war manchmal irre in Anbetracht dessen, wie gut sie sich kannten und welche Nähe sie im Grunde ein Leben lang hatten. Also fischte sich Kaoru ein paar Kaubonbon aus seinen eigenen Geschenken und naschte sie, während er sich eines nach dem anderen anschaute. Wie ein Kind konnte er werden, da seine Fans ihm immer wieder Spielzeuge und Sammlerstücke von Gundam schickten. Daran konnte er sich ewig ergötzen und so verging auch die Zeit recht schnell und durchaus viel davon, denn nur Kaorus knurrender Magen erinnerte ihn daran, dass er auch wieder nach Hause sollte. Auf den Rückweg gönnte er sich ein paar Onigiri vom Konbini, da es schon so spät war, aber er musste unweigerlich an Dies Reiswickel denken. Wenn man träumen durfte, dann würde sich der Bandleader vorstellen, wie Die das öfter tat, er bei ihm lebte und sie auch gemeinsam alle Papa-Wochenenden verbrachten, denn mit Die machten sie eindeutig mehr Spaß. Kaoru dachte immer, er wäre ein eher schlechter Entertainer für seine Kinder, doch mit dem anderen ging das echt gut. Nur war diese Vorstellung weit ab von dem, was Die sicherlich eigentlich wollte.
Verdammt, er dürfte das Junko nicht erzählen. Wahrscheinlich hatte sie genau das gemeint, als sie sagte, Kaoru solle auf sich aufpassen und keine Dummheiten machen. Stattdessen ging er mit Die ins Bett und verliebte sich Hals über Kopf neu in den Idioten. Es war aber auch zum Verzweifeln mit ihm, dachte Kaoru über sich selbst und verfluchte sich ein wenig. Trotzdem checkte er mal sein Handy, ob nicht vielleicht eine Nachricht von Die darauf war.
Leider nicht. War klar. Wieso auch? Der musste gerade wichtige Dinge mit seiner Ex besprechen. Es nervte, dass sich Kaoru den Kopf so sehr zermürbte. Mit einem kleinen Seufzen entschied er, nun wieder nach Hause zu gehen, denn vielleicht wartete der andere auf ihn.
Leider war Kaorus Haus dunkel und leer. Es fühlte sich betäubend an und nie zuvor hatte er so ein Gefühl in sich gekannt. Zulassen durfte er so etwas aber auch nicht. Dafür war er zu alt und hatte zu viel Verantwortung. Die war Die und hatte Freiheiten, fertig aus. Egal ob es Kaorus Haus war, worin sie beide zurzeit lebten. Worin der Bandleader machen konnte, was er wollte. Doch was wollte er? Fernsehen? Nein. Er wollte in sein Bett und sich verkriechen. Das im eigenen Haus! Er war bescheuert.
Nur letztlich tat er eben genau das, legte sich ins Bett und versuchte zu schlafen. Im Grunde hatte sein Körper Ruhe nötig. Nur sein Verstand ließ ihn noch nicht ruhen. Es blitzten Bilder in seinem Geist auf von Die, den er nicht kannte, aber der auf der Bühne lächelte. Der benebelt war, nachdem ihn Kaoru nur ein einziges Mal im Club geküsst hatte. Der stets lustig und offen gewesen war. Der beim Lachen gluckste. Der sehr rücksichtsvoll und einsichtig war. Den Kaoru aus den Augen verloren hatte, obwohl er immer direkt neben ihm war. Der wegen einer Frau geweint hatte und so unglücklich gewesen war, dass er sich mitsamt einem Auto zu Schrott fahren wollte. Der nicht mehr kämpfen wollte. Der aber auch Kaoru brauchte. Oder nicht?
Wie und wann genau der Bandleader letztlich eingeschlafen war, wusste er auch nicht. Immerhin wusste er, dass er geschlafen hatte, als er morgens wach wurde und es wie meistens recht spät war. Es war nun einmal nicht so, dass Tageslicht ihn störte. Er wäre am liebsten auch gar nicht aufgestanden, denn er war alleine. Wie immer war sein Bett leer und auch sein Handy zeigte ihm nichts von Die an. Wieso auch sollte der zu ihm ins Bett kommen? Sie waren kein Paar. Nur Kaoru war leider bescheuert.
Bescheuert genug, Angst davor zu haben, aufzustehen und vielleicht zu sehen, dass Die die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen war. Kaoru ohrfeigte sich innerlich und grunzte, bevor er die Beine aus dem Bett schwang und sich aufstellte. Er sollte sich mal zusammenreißen, denn die Dinge waren, wie sie eben waren. Das Leben ging so oder so immer weiter. Er jedenfalls ging nun ins Bad und machte sich frisch, bevor er mit all seinem Mut vor Dies Zimmertür stand. Er würde nun einfach hineinsehen, komme, was da wolle. Dass seine Gemütslage weiterhin komplett verworren blieb, hatte Kaoru nicht geahnt, als er Die auf seinem Bett sitzend vorfand.
„Du bist hier.“ Kaoru äußerte das Offensichtliche, doch nur weil es seltsam war, dass er nicht einmal etwas von Dies Anwesenheit gewusst hatte. Dann war er nicht die ganze Nacht bei Alice gewesen? Gut. Aber auch nicht bei Kaoru. War das trotzdem gut?
Es war dem Jüngeren anzusehen, dass er mit etwas zu kämpfen hatte, wahrscheinlich ohne viel geschlafen zu haben. Dennoch wirkte er ruhig und nachdenklich, während er einen kleinen Gegenstand in seiner Hand drehte. „Ich kam spät zurück und wollte dich nicht wecken, falls du schon pennst. Außerdem…“ Kaum hörbar seufzte er. „Ach ich wollte einfach nachdenken.“
„Hmm,“ kam ein Laut von Kaoru, ohne dass er ihn absichtlich gemacht hätte, und er trat ein kleines Stückchen näher. Wieder konnte er nicht sagen, ob es gut oder schlecht war, dass Die hatte nachdenken wollen, und für wen von ihnen etwas gut oder schlecht war. Fakt war, dass das Gespräch mit Alice den anderen nicht erheitert hatte, er aber auch nicht traurig oder verärgert schien. Schlussendlich musste man es sachlich betrachten und nach den Tatsachen fragen. „Über ihr Angebot?“
Die war vollkommen planlos, wie er hier saß und eigentlich dem anderen erklären müsste, wie der neue Sachstand war. Das Problem war, dass er selbst unsicher war über das, was er nun wollte und welche Schritte er als nächstes gehen würde. Hätte er nicht mit Kaoru geschlafen, wäre es jetzt einfach, ihm das zu sagen. Allerdings stand da nun der Bandleader vor ihm, den er am Vortag noch durchs Laken gejagt hatte und Die wusste einfach auch so gar nicht, ob das dem anderen etwas bedeutet hatte. Für Die machte es das nämlich sehr schwierig, da er sich mehr als sicher war, dass es ihm etwas bedeutete. Es änderte nur nichts an den Tatsachen, in die er sich selbst durch seinen Unfall verstrickt hatte, der nun quasi belegte, dass er Alice ein schlechter Partner in seiner Beziehung gewesen war. Dieses Chaos machte ihn tiefbetrübt und durcheinander zugleich, sodass er erst einmal nur nickte.
Er versuchte jedoch sich zu ordnen. „Sie würde auf Kompensation verzichten, aber sie stellt eine Bedingung, von der ich noch nicht weiß, ob ich sie erfüllen will.“
Fast war Kaoru genervt, denn das klang sofort nach etwas, was er nicht mögen würde, und zudem war es auch so schwammig ausgedrückt, dass er grunzte. „Was für ‘ne Bedingung?“
Irgendwelche Worte musste Die nun finden, aber in die Augen sehen konnte er Kaoru dabei nicht. Also starrte er auf den kleinen Gegenstand in seiner Hand, während er sprach: „Sie will, dass wir wieder zusammen sind.“
Das kippte Kaoru tatsächlich ein wenig aus den Latschen, als hätte er gerade gehört, jemand sei gestorben. Realisieren konnte er das irgendwie noch nicht, es schien ungreifbar und absurd für ihn. Doch überfahren fühlte er sich allemal, sodass er im Raum wie ein verlorener Junge stand und Die anstarrte, der ihn nicht einmal ansah.
Für den Jüngeren war es zunächst gut, dass sein Freund nichts sagte, denn nur so fand er den Mut, die Geschehnisse weiter auszuführen. „Sie hat eingesehen, dass wir an unserer Beziehung arbeiten müssten und ich nur deshalb ihr Auto zu Schrott gefahren habe, weil sie mich so tief verletzt hat.“ Er seufzte, doch fuhr fort: „Und dass sie sich unwohl dabei fühlt, mir nun anzudichten, ich sei ein Alkoholiker. Das wäre nur Verteidigung und eigentlich sinnlos, ebenso wie meine Klage und all das. Sie könnte zwar nicht viel dran ändern, welche Konsequenzen mein Unfall hat, aber alles andere könnten wir einfach vergessen und neu beginnen. Sogar Kinder hat sie wieder in Aussicht gestellt.“
Es war das Totschlagargument und beide wussten es.
Für Kaoru kam Alice natürlich absolut nicht ehrlich rüber, doch was sollte er schon sagen? Wenn sie so etwas in den Raum stellte, musste nicht er, sondern Die eine Entscheidung treffen. Es war ganz gleich, ob Kaoru ihn am liebsten geschüttelt und geohrfeigt hätte, nicht wieder auf sie hereinzufallen. So etwas erschien ihm albern und unangemessen. Was genau aber für seine konkrete Situation adäquat zu sagen wäre, wusste er auch nicht. Denn letztlich spürte er den Kontrollverlust über seine Gefühle, die unmittelbar verletzt wurden.
„Du sagst gar nichts,“ bemerkte Die und sah nun auf, als würde er Kaoru fast einen Vorwurf machen.
„Was soll ich denn sagen?“ Kaoru brummte und stand sowieso schon verloren genug hier rum, fand er. „Musst du wissen. Vielleicht geht ihr der Arsch auf Grundeis wegen der Klage, dass sie plötzlich ankommt und mit dir spielt. Weiß ich nicht.“
Klar wollte Die die Gedanken das anderen wissen, aber sie zu hören, war trotzdem nicht einfach. Ihm war vorher bewusst gewesen, dass er nichts Positives hören würde. Doch manchmal kam er sich dann zu verdummt vor, wenn der andere sagte, jemand würde mit Die spielen. Er war schließlich nicht blöd. „Ist mir schon klar. Genau deshalb muss ich nachdenken. Schließlich scheißt sie auf die Wohnung und meint, wir sollten sie verkaufen und in ein Haus ziehen, das nur mir gehört. Siehst du darin, dass sie mich austricksten will? Was hat sie davon?“
Instinktiv zuckte Kaoru mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihn erschlug das gerade und er hasste jede Sekunde davon. Alice gab also etwas auf für Die? Wieso? Liebte sie ihn tatsächlich? Das war doch kaum zu glauben nach all ihrem Gehabe die Tage zuvor. Kaoru verkniff sich ein Seufzen, denn eigentlich kam er sich schon ziemlich geschlagen vor. Er konnte wohl kaum sagen, dass sie dann Die als Sparschwein festgenagelt hätte, während sie in Ruhe fremdgehen konnte. Dann käme Kaoru nicht nur zickig rüber, sondern auch heuchlerisch. Außerdem gingen genau jetzt alle seine Selbstschutzmechanismen in Alarmstellung, da alles, was er sagen könnte, ihn nach gestern verletzlich machen würde.
Dass Die fast gar keinen dienlichen Input bekam, war für ihn nicht minder enttäuschend. Kaorus manchmal so typische Gleichgültigkeit war toll, wenn man jemanden brauchte, der in akuten Situationen gelassen blieb. Doch toll war es nicht, wenn man eine Gefühlsregung erwarten würde oder zumindest ein paar klare Gedanken zu den Fakten. Ein paar hilfreiche Gedankenspiele wären nun echt brauchbar. Oder aber Kaoru würde wenigstens so richtig auf die Kacke hauen und ihn bitten, für immer bei ihm zu bleiben. Vielleicht könnte er mal etwas dazu sagen, wie er sich mit all dem fühlte. Doch da kam nichts und es trug dazu bei, wie verloren sich Die vorkam. Er wusste einfach nicht weiter.
Am liebsten würde er wieder weinen können, doch er fühlte sich leider nur leer und kaputt, als er sich ein letztes Mal verzweifelt erklären wollte: „Ich traue der Sache auch nicht. Aber ich bin echt am Arsch, sollte sie den Rechtsstreit gewinnen. Dann bin ich blank und ich will kein Geld von dir. Schon gar nicht nach gestern. Bei Tommy Schulden zu machen, weißte auch, was das bedeutet. Und hier ist Alice und bietet mir alles, was ich je wollte. Alle meine Sorgen wären weg, obwohl mir klar ist, dass das vielleicht alles nur Bullshit ist. Aber meine verkackte Existenz hängt dran.“
Es war nicht so, dass man Kaoru das erklären musste. Es war nur so, dass er nicht wusste, was Die von ihm wollte. Er versuchte ihm immerzu ein guter Freund zu sein und vergaß dabei oft genug seinen Selbstschutz. Zumal es sich an dieser Stelle anfühlte, als habe Kaoru den Krieg schon verloren. Alles, was Die nach wie vor durch seinen Kopf zu ballern schien, war für den Bandleader bereits, als stünde die Zukunft schon fest. Denn das, was der andere gesagt hatte, war nun einmal nicht von der Hand zu weisen. Ob es dem gestandenen Kerl weh tat, der sich um Die sorgte, war nicht von Bedeutung. Nicht wahr?
„Ich versteh dich.“ Er sah Die an und nickte so sachte, dass es kaum wahrzunehmen war.
Blöd war allerdings, dass es nicht das war, was der andere hören wollte. Was genau er aber erwartet hatte, wusste er auch nicht. So ließ er den Kopf wieder hängen und erklärte auch noch den Rest seines Abkommens mit Alice. „Wir treffen uns heute Abend nochmal und dann will sie wissen, wie ich mich entscheide.“
Dass er mit dem kleinen Ding in seiner Hand spielte, bemerkte Die schon gar nicht mehr. Kaoru fiel es jedoch mehr denn je auf, denn alles andere schien auf einmal zu verblassen. Für ihn war klar, dass sein Freund am Abend zu Alice gehen würde, um wieder mit ihr zusammen zu sein. Er sagte also nichts mehr zu dem Thema und kam noch einen Schritt näher, um Die das kleine Plektrum aus seiner Hand zu nehmen. Dass es eines war, sah der Bandleader erst, als er es in der eigenen Hand betrachtete.
„Ist das meins?“ Er klang erstaunt, denn er war sich beinahe unsicher, ob er sein altes weißes Gitarren-Pick richtig erkannt hatte. Es sah aus wie eines aus lang vergangener Zeit.
„Mhhm,“ stimmte Die zu und nickte. „Haste damals verloren, als du bei mir warst.“
Diesmal kombinierte Kaoru recht schnell, denn dieser Pick war eindeutig sehr alt und er konnte es nur verloren haben, nachdem er zum ersten Mal mit Die geschlafen hatte. Verwirrt jedoch musste er nachhaken: „Du hast das noch?“
Fast verlegen lächelte der Jüngere kurz und nickte. „Hab’s damals aufm Fußboden gefunden und in meine Schachtel mit all meinen Picks getan. Da war’s noch drin.“
„Okay,“ sagte Kaoru fast gedankenverloren und gab dem anderen das Pick zurück, wobei sich kurz ihre Finger berührten. Die Erklärung klang logisch und banal, aber etwas war daran eben nicht ganz so oberflächlich. Es war gut möglich, Die hatte es heute durch Zufall wiedergefunden. Sollte er es als Souvenir behalten haben, könnte er dies ebenso gut nun weiterhin tun. Immerhin wäre die Zeit bei Kaoru bald vorbei. Oder?
Ganz sicher sein konnte und wollte sich der Ältere nicht und so nickte er kurz mehr zu sich selbst als Die, bevor er sich umdrehte. Was auch immer passierte, würde er schon überleben. Doch für den Fall, dass die Chance bestand, dass Die es sich nochmal durch den Kopf gehen ließe und am Ende nicht zurück zu Alice ginge, wollte Kaoru ihm den Freiraum zum Nachdenken lassen. Und das Pick als Unterstützung.
„Ich werde heute von zuhause aus was arbeiten,“ informierte er beinahe stoisch, wenn auch gezwungen. „Nur falls du mich suchst.“
Damit verließ er einfach so den Raum und ließ Die sitzen.
Ob das nun gut oder schlecht war, konnte an dieser Stelle, keiner von ihnen noch sagen.
Tatsächlich musste Kaoru jetzt einfach weg von Die, auch wenn er lediglich zur Küche ging und sich einen Kaffee holte. Hunger hatte er heute keinen. Er war so voller Gefühle, als wären Ameisen in ihm drin und sie irrten völlig ziellos herum. Er war unruhig und wusste gar nicht, was er tun sollte, was er selbst wollte oder wohin er sich verkrümeln könnte. Letztlich fand er sich in einer Ecke seines Hauses wieder, wo er lange nicht war. Ganz vernachlässigt hatte er die Arbeit und seinen Schreibtisch mit dem Laptop, an dem er saß und heute mal nur so tat, als würde er arbeiten.
Durchaus wusste Kaoru, dass ihn Dies Offenbarung oder vielmehr Alices unmoralisches Angebot tief verletzte. Sie musste, egal welche Beziehung der Bandleader zu seinem Lieblingsgitarristen hatte, nur mit dem Finger schnippen und Die käme zu ihr. Das erschien nicht fair und tat nun einmal weh. Doch wollte Kaoru den Schmerz nicht zulassen, denn noch bestand Hoffnung. Ein letzter Schimmer war in ihm, dass Die käme und sagen würde, er ginge nicht zu Alice! Scheiß auf sie!
Soviel Glück hatte Kaoru jedoch nicht. Denn als es Abend wurde und Die ihm sagte, er würde nun gehen, wusste er seit dieser Minute, dass er am Tag zuvor einen schweren Fehler begangen hatte. Ob sich Die vor 24 Jahren auch so gefühlt hatte? Warum auch immer schien der Jüngere auf eine Reaktion zu warten, doch Kaoru schaffte nicht mehr als ein knappes Nicken, ohne ihn noch einmal anzusehen. Etwas in ihm wollte zwar, dass Die all seinen Schmerz sah, doch sein Selbstschutz hielt ihn zurück. Um noch ein letztes bisschen an Stolz zu bewahren, würde sich der Ältere nicht die Blöße geben. Stattdessen würde er im Inneren leiden, als sich Die nach endlosen Sekunden umdrehte und das Haus verließ.
Nun war Kaoru allein. Allein mit sich und ohne seinen Die. Wie tief er auch wieder gefallen war, nur weil dieser Honk mal zwei Wochen bei ihm lebte. Es war krank. Positiv betrachtet würde man das Schicksal nennen, wenn man immerwährend gleichmäßig blöd nur einen Einzigen mochte. Doch eigentlich war es Selbstgeißelung, oder nicht? Kaoru fragte sich das, nachdem er aus dem Kühlschrank einen Highball getrunken hatte und feststellte, dass er heute alle Mahlzeiten ausgelassen hatte. Sicherlich war die Welt traurig, doch wenn man ohne etwas zu essen eine kleine Prise mit Schuss genoss, ging es auf jeden Fall besser.
Früher war er auch allein gewesen und das stellte nie ein Problem für ihn dar. Heute war er einsam und warum? Wegen einem schlaksigen Gitarristen mit langen Haaren, mittlerweile ziemlich vielen Muskeln und den sinnlichsten Lippen der Welt, der ihn zwar majestätisch gut durchmopsen konnte, aber auch eine blöde Frau auf Anabolika bevorzugte.
Ja, guten Tag, manchmal merkte auch Kaoru, dass er schwul war.
Nur wie auch immer war er hier wieder ohne Die und was genau war eigentlich schlimm daran? Er konnte wieder machen, was auch immer er wollte! Er musste nicht mehr achtgeben darauf, dass sie etwas zu essen hatten, dass Die sich wohlfühlte, oder seine Treppen überhaupt hinaufkam. Er durfte tun, was auch immer er wollte, ohne Rücksicht zu nehmen. So zum Beispiel durfte er sich ausziehen, was er hier und jetzt gleich bis auf das letzte Kleidungsstück tat. Splitterfasernackt durfte er sich am Kühlschrank bedienen und sich noch ein Getränk kredenzen ebenso wie einen selbstkreierten Reisbotzen. Anders konnte man das Onigiri nicht nennen, das Kaoru versucht hatte zu wickeln. War optisch nicht so gut wie Dies, aber schmeckte trotzdem. Ein paar davon halfen dem nackten Mann, nicht gleich von zwei Getränken blau zu werden, sodass es ihm wenigstens noch ein Drittes erlaubte.
Dass ihm dabei mittlerweile Boo zuschaute, bemerkte er erst, als der ihn anstupste und einen Laut von sich gab. Also war ihm vorerst Dies Katze geblieben, na immerhin etwas.
„Hat er dich auch allein gelassen? Oder hast du einfach nur Hunger?“ Kaoru wusste nicht, warum sonst der Kater so schauen würde. Immerhin sollte ihn nicht scheren, dass der Mann hier nackt war. Andererseits fühlte man sich schon leicht beobachtet. Also würde Kaoru etwas Vernunft an den Tag legen und sich, nachdem er Boo etwas Thunfisch dargereicht hatte, einen Bademantel im vorne offenen Lebowski-Stil drüberziehen. Dass er dabei Dies tollen Lilo & Stitch-Bademantel erwischte, würde Kaoru später leugnen, falls jemand fragte. Wer auch? Er war schließlich allein.
Dann kam ihm eine Idee und er steckte sich den Kollegen Hibiki in die Manteltasche. Denn was hatte er eigentlich vor Die so getan mit sich und seinem Dasein? Richtig, er hatte gemalt! Das würde er nämlich endlich mal wieder tun! Immerhin hatte er den kreativen Level eines Betrunkenen, der nahe dran war zu denken, dass er auch singen konnte. Scheiß doch drauf. Talent war Talent und dass Kaoru welches beim Zeichnen hatte, war wohlbekannt. Das funktionierte sicherlich unter Einfluss von Alkohol und nackt.
Chaotisch baute er eine Leinwand auf, die erst nach einigen Versuchen letztlich stand. Dann mischte er Farben. Dies tat er meistens nach Gefühlslage. Wenn das Leben scheiße war, nahm er eben viel braun. Heute allerdings würde das nicht ganz der Stimmung Rechnung tragen. So entschied er sich für Schwarz und davon gab es immerhin auch genug Töne, auch wenn die Kunstlehrerin der Grundschule etwas anderes behauptet hatte. Dass er beim Farbenmischen kleckerte, störte nicht, denn er war ja nackt und konnte das super einfach abwaschen. Tatsächlich sollte er von nun an immer nackt malen, damit er nicht hinterher Farbkleckse auf der Kleidung hatte.
Achtsam sollte er jedoch mit der kleinen Lilo und dem frechen Stitch umgehen. Er war schließlich kein Arschloch. Anders als vielleicht Alice, diese Schlampe, Hure, Fotze, die ihm Die aus den Fingern riss! Kaoru hasste sie und nahm noch einen großen Schluck aus der Flasche des Hibiki, bevor er sich entscheid, dass es Zeit war, Rot in sein Bild einzubringen.
Rot stand für die Liebe.
Rot stand für Die.
Verkackter Mist aber auch immer wieder.
Ende Kapitel 12.
#dir en grey#andura#direngrey fanfiction#rating: nc-17#bandfic#multi-chaptered#take the long way home
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Text
Take The Long Way Home - Kapitel 11
Kapitel 11: It's a Sin Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 11/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 11: It's a Sin
Dass Die am nächsten Morgen bereits telefonierte, konnte Kaoru nicht nur bis ins Schlafzimmer hören, sondern auch fast noch unter der Dusche. Offensichtlich waren es einige Gespräche und nichts davon schien besonders freudiger Natur zu sein. Er seufzte und holte dem anderen Mann einen Kaffee, während dieser weiterhin sorgenvoll am Telefon festhing. Noch bevor Kaoru die Chance hatte, sich bemerkbar zu machen, bekam er schon Einiges von diesem Gespräch mit.
„Glaubst du mich zu beleidigen macht’s besser?“, hörte er Die sagen, wobei sein anschließendes Seufzen nah am Wasser klang. „Ja. Ja, ist gut. Du machst alles kaputt. Mich vor allem, aber ist dir ja egal.“
Kaoru musste nicht raten, wer am anderen Ende der Leitung war. Da stand er nun, Kaffee für Die in der Hand, doch sollte er sich nicht eigentlich verbummeln? Er sollte jedenfalls nicht lauschen.
„Ach, lass gut sein.“ Ein frustriertes Stöhnen kam von Die, bevor Stille einkehrte.
Man konnte gut davon ausgehen, dass das Gespräch beendet war, und so traute sich auch Kaoru endlich ins Zimmer. Er reichte mit einem leisen, vorsichtigen Guten Morgen den Kaffee an seinen Freund, der auf dem Bett saß und nach nichts anderem als Verzweiflung ausschaute. Er nahm den Kaffee beinahe widerwillig, so frustriert war er.
Ohne eine andere Wahl musste Kaoru einfach fragen: „Was ist denn los?“
„Ach,“ stieß der andere frustriert aus und winkte mit der freien Hand ab, als sei alles sinnlos. „Sie ist angepisst wegen der Anwaltssache. Hat sie bis gestern offensichtlich nicht gewusst und jetzt verbreitet sie Lügen.“
„Lügen?“ Kaoru wusste nicht genau, wie er reagieren sollte, denn lange nicht mehr erschien Die ihm so extrem verärgert zu sein.
„Nach unserem Besuch gestern, bei dem du ja unbedingt was von einem Anwalt hast erwähnen müssen, hat sie sich offensichtlich schlau gemacht und erfahren, dass ich den nicht nur wegen dem Unfall brauche. Da rief also schon mal der eine Anwalt heute Morgen an und erzählte mir die Neuigkeiten, dass sie eine Stellungnahme zu meiner Klage eingereicht hat. Dabei ließ sie nun Lügen vom Stapel und ich war so zornig, dass ich sie angerufen habe.“ Die machte sich Luft. Die Reihenfolge der Geschehnisse war ihm im Grunde egal, ebenso wie dass er sicher vorwurfsvoll gegenüber einfach jedem klang.
Kaoru konnte kaum folgen und so fiel ihm der Vorwurf gegen ihn selbst nicht einmal unmittelbar auf. „Was denn für Lügen?“
Noch immer war ihm unklar, was Alice erzählt haben konnte. Doch Die sollte ihn gleich darauf aufklären: „Meine Klage begründet sich auf emotionalen Missbrauch von ihr. Musste jetzt nicht lachen, klar? Das resultiert aus dem, was mir der Anwalt geraten hat. Dass sie mir was vorgespielt hat bezüglich der Möglichkeit gemeinsamer Kinder und ich eben drunter leide. Hinzu kam noch, dass sie mich dadurch zum Kauf der Wohnung bewegt hat, sodass sie nun Eigentümerin ist. Um eine Familie zu gründen und so. Es baut aufeinander auf. Wenn du es lesen willst, irgendwo hier habe ich die Klageschrift…“
Er fing an zu kramen, sichtlich aufbracht, doch auch durcheinander und Kaoru stand da, noch immer nicht im Ansatz wissend, welche Lügen sie erzählt hat. „Ich lach nicht. Es ist ja eigentlich die Wahrheit.“
„Genau,“ meinte Die und stoppte so auch seine Sucherei, weil einige Papiere neben ihm auf dem Bett lagen und das stapelweise. Ob er überhaupt noch den Durchblick hatte, war fraglich. „Jedenfalls hat sie nun darauf reagiert und behauptet, ich sei ein Trinker. Also so richtig ein Alkoholiker und dass es deshalb und wegen meines Berufs als Musiker nicht verantwortlich wäre, eine Familie mit mir zu gründen. Kaoru, so bin ich nicht! Das ist Bullshit! Als wäre ich so ein Assi, dem man keine Kinder anvertrauen könnte. Das ist einfach nur fies, weil ich alles andere als das bin.“
Nun war es also soweit und bei diesen Worten änderte sich Dies Gemüt von verärgert auf traurig und verzweifelt. Er kam den Tränen nahe und es war sogar für Kaoru mittlerweile vollkommen nachvollziehbar, denn ausgerechnet dieser Vorwurf ging an Dies Substanz. Trotz allem Musikerlebens war er ganz besonders in der Lage, sich um soziale Gebilde wie eine Familie zu kümmern, ohne dem Suff zu verfallen. Sie hatten ihre Zeiten gehabt, wo sie nicht mehr wussten, in welche Toilette sie zuerst kotzen sollten, doch das war lange vorbei. Anders als Kaoru, der eben mehr zufällig als etwas anderes seine Kinder in die Welt gestoßen hatte, war hier nun Die, der viel vernünftiger mit allem umgegangen war und sich eine Zukunft hatte aufbauen wollen.
Diese vermeintliche Zukunft trat Alice jedoch gerade mit Füßen und sie zerstörte nicht nur diese, sondern eben auch ihren Exfreund, der kaum mehr am Boden hätte sein können als jetzt. Verzweifelt steckte er das Gesicht in seine Handflächen und versuchte wenigstens dieses eine Mal die Tränen zu verstecken.
Was genau Kaoru sagen könnte um zu helfen, wusste er nicht, doch er musste es wenigstens versuchen. „Aber wenn sie das nun so in den Raum stellt, muss es doch nicht wahr sein. Es wird ja von den Anwälten geklärt und es können doch alle möglichen Leute bezeugen, dass du kein Trinker bist. Ich könnte sofort bestätigen, dass du ausgezeichnet mit Kindern umgehen kannst.“
Die zog die Stirn in tiefe Falten und sah den anderen an, als habe er den Kern der ganzen Angelegenheit überhaupt nicht erfasst. „Ah ja? Was willst du denn bezeugen? Dass ich mich benehme in der kurzen Zeit, die ich deine Kinder überhaupt kenne? Während du auch kein Sorgerecht hast und wahrscheinlich gleich mit übern selben Kamm geschoren wirst wie ich.“
Das saß zwar irgendwie bei Kaoru, aber er konnte auch nicht gerade leugnen, dass Die Recht hatte. Letztlich würde seine Aussage vermutlich gar nichts bewirken, da er derselben Leidenschaft frönte. „Dann eben andere als ich?“
„Wer denn, Kaoru?“, fragte der andere und seine Stimme wurde fast ungewohnt hoch. Den Kaffee hatte er schon längst zur Seite gestellt, denn durstig war er wahrlich nicht. „Mit den Menschen, mit denen wir uns privat treffen, machen wir was genau? Ja, richtig, trinken! Und bei mir Zuhause war doch nie jemand. Da kam kein Besuch zu mir und Alice, der bezeugen konnte, dass ich nie besoffen war. Bist ja nicht der Einzige, der darauf keine Lust gehabt hätte.“
Natürlich merkte der Bandleader, dass Die etwas angriffslustig ihm gegenüber war, doch noch einmal schrieb er es dessen Aufgebrachtheit zu. Gerne hätte er das Letzte dementiert, doch nun darauf einzugehen, dass nicht viele Menschen die beiden als Partner gemocht hatten, wäre nicht hilfreich. Einen Moment lang starrte Kaoru also vor sich hin, bevor er wieder etwas sagte: „Dann wurde eben das Trinken ausgelöst davon, dass sie dich an der Nase herumgeführt hat?“
Beinahe genervt schüttelte Die nun den Kopf und winkte ab, bevor er sein Gesicht in die Hände legte. „Du verstehst es nicht. Gebe ich Trinkerei zu, lüge ich! Aber sie werden es alle glauben, weil ich diese Karre besoffen geschrottet hab. Das passt doch zusammen!!“ Er hob den Kopf wieder und das Wasser glänzte nur so in seinen Augen. „Ich bin aber kein Alki.“
Was Kaoru nun verstand, war, dass es nicht mehr um Strategie ging, sondern einfach ums Prinzip. Es ging um Dies Ehre und dass ihn ausgerechnet diese Behauptung kränkte wie kaum eine andere. Diese eine Sache würde er nie von sich selbst behaupten, nicht einmal ginge es um sein Leben.
„Wir lassen uns was einfallen. Irgendwelche Tipps werden die Anwälte doch wohl noch haben?“ Mehr als einen Strohhalm von Zuversicht konnte der Ältere nicht anbieten mit diesen Worten, denn jetzt sofort fiel ihm keine Lösung ein.
Plötzlich schüttelte Die den Kopf, bevor er ihn wieder in seine Hände legte und kläglich seufzte. „Ich mag nicht kämpfen. Das tut alles nur weh. Dann kriegt sie eben die scheiß Wohnung und das Geld werde ich schon auftreiben. Ich kann nicht mehr.“
Ob er wirklich weinte, konnte Kaoru gar nicht sagen. Da stand er nun und wusste selbst auch nicht weiter. Fakt war, dass er sicher war, dass Die noch nicht am Ende seiner Kräfte war, doch nur hier und heute mal am Boden. Nur selbst das zu sehen brach Kaoru schon das eigene Herz. Wie sein Freund da saß mit seinem gebrochenen Bein inmitten einer Wüste von Papieren, verzweifelt und mit gebrochenem Herzen, ließ Kaoru daran denken, dass von ihm aus der andere gerne für immer hierbleiben konnte. Aber ob das wirklich ein Trost wäre? Es war zu langfristig gedacht für die Sorge des Moments, denn um die zu lindern, fanden sich andere Impulse.
Kaoru trat einen Schritt näher und legte zunächst einfach nur seine Hand auf Dies Kopf, als könnte er ihn so bereits beruhigen. Nur nachdem keine Gegenwehr kam, streichelte der ältere Mann sanft darüber und drückte ihn locker an sich. Es war etwas merkwürdig, denn der sitzende Kerl vor ihm hatte sein Gesicht nun mehr oder weniger auf Bauchhöhe im T-Shirt des anderen, der nun beide Hände auf seinen Kopf legte und wirklich sachte und beruhigend darüber streichelte. Vielleicht lag es tatsächlich an Dies schwachem Zustand, dass er sich sofort geborgen fühlte, während seine Nase den Geruch des anderen intensiviert aufnahm. Was angenehm war, denn Kaoru war eine seltsam herbe Mischung mit einem Hauch von Vanille. Es tat gut umarmt zu werden, die Berührungen an seinem Kopf so wohltuend, als wäre da wirklich jemand, der ihn auf dieser Welt liebte.
Die konnte nicht anders, als seine Wange an den anderen zu schmiegen und die Arme um ihn zu schließen, um damit zu zeigen, dass Kaoru alles richtig machte und gebraucht wurde. Er sollte wissen, dass seine Gesten der Zuneigung wie Medizin auf Die wirkten, und so griff dieser beherzt am Rücken ins T-Shirt des anderen Mannes, um ihn in dieser Position zu halten.
Mehr Bestätigung brauchte Kaoru nicht um weiterzumachen, egal wie trunken ihn diese Nähe selbst werden ließ. Dass Die ihn brauchte und das auch physisch, war wie ein unerwarteter Rausch. Er spürte den heißen Atem des anderen an seinem Körper durch den Stoff des Shirts und wie warm er war, obwohl seine Hände beinahe kalt zu sein schienen. Das beste Gefühl war jedoch, gebraucht und gewollt zu sein, etwas zu bewirken und tatsächlich mittels Zuneigung helfen zu können. Kaorus Finger strichen entlang des langen Haars zu Dies Schultern, die sich nur zaghaft unter der Berührung entspannten. Warum auch immer fand eine Hand den Weg über Dies Hals zu seiner Wange, bis Kaorus Daumen sie sanft streicheln konnte, als wäre es die natürlichste Sache der Welt.
Vielleicht war es in geringem Maße seltsam, doch Die wusste, im Grunde dürfte Kaoru alles mit ihm machen, denn alles, was auch immer er tat, tat Die ausschließlich gut. Es war ein wenig, als lösten sich Fesseln in ihm und alle schlechten Gedanken wurden ihm ausgetrieben durch die Haut des rauen Daumens, der plötzlich sogar seine Unterlippe streifte. Impulsiv schaute Die nach oben, sofort im Blick des anderen gefangen. Dies Hand krallte sich noch mehr ins T-Shirt von Kaoru, die Faust gepresst an seinem Rücken, als könnte sie die Bitte äußern, dass er nicht loslassen sollte. Kaoru war nicht klar, warum ihn die Geste so triggerte, doch es war auch schon zu spät. Sein Kopf neigte sich nach unten und seine Lippen legten sich mit dem Hauch einer Berührung auf Dies.
Es war kein Kuss. Es waren Kaorus Lippen auf Dies. Doch seine Augenlieder fielen zu. Diese leichte Berührung ließ ihn an nichts anderes mehr denken. Seine Hände schoben sich an Dies Schultern und auf einmal presste er die Lippen fester auf die des anderen, beinahe verzweifelt, denn verdammt noch einmal wollte er machen, dass es dem anderen wieder gut ging. Als sich die anderen Lippen öffneten und damit eine Einladung hinausging, war da Erleichterung sowohl auch Aufregung. Kaorus Herz pochte gegen seine Rippen, als könnte es sie sprengen. Doch sein Kuss war langsam und zärtlich, ebenso wie seine Hände, die wieder begannen den anderen zu streicheln.
Wie dem Jüngeren geschah, wusste er nicht so recht, nur dass er es brauchte und mochte, was ihm hier widerfuhr. Kaoru konnte machen, dass er sich gut fühlte. Also nahm Die, was er anfänglich so zaghaft bekam, nach und nach etwas gieriger und verlangend auf. Womöglich merkte er selbst auch gar nicht, wie sehr er den anderen zu sich zog, bis Kaoru letztlich tatsächlich in einer fließenden Bewegung auf seinem Schoß platziert war. Ihr Kuss löste sich jedoch nicht, auch wenn es keine stürmischen Zungenspiele waren, sondern vielmehr liebevolle von Zuneigung geprägte Küsse ihrer Lippen.
Er hatte ihm gefehlt, schoss es in Dies Kopf, und wie es ihm klar wurde, umschlossen seine Arme Kaoru noch fester. Sie wanderten seinem Rücken hinauf und umschlossen den festen, doch kleineren Körper. Wie in Zeitlupe strichen sie wieder nach unten und beim nächsten Mal schoben sich die noch immer etwas kalten Handflächen unter dem Stoff des T-Shirts über die nackte Haut des anderen nach oben. Es ging nicht anders. Viel zu lange hatte Die diese Seite an Kaoru nicht mehr bekommen, wie eine Droge, die ihn nach so vielen Jahren einholte.
Was nicht minder beim Bandleader zu vollkommener Begierde führe, sowohl körperlich als auch seelisch. Alle Ängste und Sorgen, die Verantwortung und der Selbstschutz, all das war über Bord gegangen, nicht nur damit sich Die besser fühlte. Nun war es auch Kaoru, der allein von der Erwiderung seiner Handlungen süchtig wurde. Seine Küsse wurden fester, gieriger und leidenschaftlicher, während seine Berührungen all das spiegelten.
Letztlich war es Die, der ihn auf einmal am Shirt packte und ihm dieses über den Kopf hinweg auszog und es zur Seite warf. Kurz darauf waren die Lippen des größeren Mannes in der Halsbeuge des anderen beschäftigt und seine Hände nicht minder verlangend die nackte Haut erforschend. Jetzt war der Punkt, wo man sich schon nicht mehr freiwillig bremsen würde. Einzig eine Störung anderer Natur könnte sie nun noch bremsen und ausgerechnet diese würde Kaoru nicht zulassen wollen. Er zog Die das T-Shirt nach oben über den Kopf und so wie er dabei helfen musste, verließ Kaoru gezielt dessen Schoß.
Etwas verwirrte blickte Die mit seinem Shirt in der Hand ihm nach, doch sah den Bandleader einfach nur die Tür abschließen. Das war ein deutliches Zeichen und Die stieß final das Shirt von seinem Bett, ebenso wie die Papiere, die hier noch herum lagen. Das alles war gerade nur noch egal, während Kaoru auf ihn zukam und sich die Hose öffnete. Dann war es auf einmal da, Dies Grinsen, lang vermisst, doch in Anbetracht seiner Vorfreude nicht zu verstecken. Er bebte regelrecht vor Aufregung und fühlte sich beinahe wie bei ihrem allerersten Mal, wenn nicht die Erfahrenheit ihn heute deutlich selbstsicherer sein ließ. So hatte er schnell selbst die Hände an Kaorus Hose, sobald dieser nah genug an ihn herantrat, und schob sie ihm herunter.
Dass es um ihn geschehen war, wusste der Ältere über sich bereits, aber es wurde noch einmal deutlich, wenn er in dieses vor Vorfreude grinsende Gesicht vor ihm sah. Er musste selbst etwas grinsen und langte auch nach Dies Hosenbund, doch da der Jüngere nach wie vor auf dem Bett saß, fand sich Kaoru schnell auf seinen Knien wieder. Brav hob Die die Hüfte an, damit Kaoru ihn aus seiner Hose und auch den Shorts rausholen konnte. Blöd war nur sein Gipsbein, mit dem der Bandleader etwas länger hantierte. Er fluchte kaum hörbar und Die musste kichern, sodass Kaoru etwas brummte, bevor er mit seiner Hand Die zum Schweigen brachte.
Nach all den Jahren diese beflissenen Finger um seinen Penis zu spüren, ließ Die erschaudern und seine Hände klammerten sich bereits jetzt ins Laken. Sobald er auch noch diese lang vermisste Zunge spürte, konnte er gar nicht anders, als zu stöhnen. Fast war es peinlich, denn offenbar konnte er noch genauso rallig sein wie vor über 20 Jahren. Es war aber kein Wunder, denn dieser feuchte Mund hatte wahrscheinlich noch mehr Übung und Die genoss einfach, der Empfänger dieser trainierten Fähigkeiten zu sein. Er strich sachte über die zusammengebundenen Haare des anderen und erfreute sich der wendigen Zunge, die ihn nach wie vor beinahe kaltstellte.
Nichts desto trotz war Die keine 25 Jahre alt mehr und er würde heute nicht mehr vor seiner Zeit kommen. Stattdessen packte er irgendwann Kaoru im Nacken und ließ ihn alle Handlungen stoppen. Ihr Blicke trafen sich und Die sah ihn so fordernd an, wie er sich fühlte.
„Komm her.“ Nur zwei Worte verließen seine Lippen und Kaoru befolgte den Wunsch sogleich, indem er aufstand.
Zwei große Hände erwarteten ihn bereits, um die Unterhose von seinen Hüften zu streifen, bevor Die ihn direkt am Gesäß packte und daran zu sich zog. Unmittelbar landete Kaoru wieder auf dem Schoß des anderen, deine Knie links und rechts von seinen Oberschenkeln. Noch bevor er näher rutschten konnte, spürte er wieder Dies kraftvolle Hände ihn näher ziehen, bis ihre nackten Körper fast komplett zusammentrafen. Keine Sekunde später fanden sie sich in erneuten heißen Küssen wieder, Kaorus Arme den anderen ebenso fest umschlingend. Er fühlte die warme Haut von Dies Rücken unter den Händen und nichts im Leben hatte er bislang so vermisst wie dieses Gefühl, das ihn endlich wieder durchdringen und vereinnahmen durfte. Kaoru stöhnte ihn den Kuss hinein, als seine harte Erregung die des anderen traf, die Körpermitten aneinanderreibend. Es war dennoch nur beinahe wie damals, als sie jung waren, denn schon bald merkte er deutlich, dass Die kein unbeschriebenes Blatt mehr war.
Zunächst waren es Dies forsche Finger, die nicht nur selbstbewusst und kräftig Kaorus Pobacken kneteten und sich kurz darauf auch wagten, einen Ausflug ins Tal dazwischen zu unternehmen. Dann recht plötzlich war es der komplette Die, der sich allzu leicht erhob, um sie weiter nach hinten aufs Bett zu bringen. Kurz mal dachte Kaoru, dass er wohl nicht gecheckt hatte, welches Fliegengewicht er für den anderen nun darstellte. Andererseits hatte er das vielleicht, doch durfte es nur nie zuvor spüren. Anders als jetzt, als Die ihn und sich selbst auf einmal umdrehte und in eine liegende Position aufs Bett brachte.
Das war eben die Sache mit dem Jüngeren, denn er hatte durchaus nicht nur Erfahrungen, sondern auch Fähigkeiten gesammelt, sodass er diesmal nicht einfach geritten werden wollte wie ein junges unerfahrenes Bürschchen. Nun, da dies hier offensichtlich tatsächlich passierte, wollte er schließlich auch zeigen, was er draufhatte und machen, dass Kaoru am besten für die nächsten 24 Jahre an nichts anderes mehr denken konnte. Fast wie ein Prädator lauerte er einen Moment lang über dem anderen, bevor er noch einmal seine Zunge im Mund des anderen versenkte. Erst als allein davon ein gedämpftes Stöhnen von Kaoru zu hören war, ließ Die ab und machte sich daran, den Rest des tätowierten Körpers zu küssen und selbstverständlich auch zu lecken. So zum Beispiel liebte er, dass Kaoru es mit der bemalten Haut nie übertrieben hatte und seine dunklen Brustwarzen noch immer in Kontrast zur hellen Haut standen. Sie sollten viel physische Zuneigung seiner Zunge erfahren, bevor er mit dem flachen Waschbärbauch weitermachte. Die brauchte ehrlicherweise kein Sixpack an seinen Sexualpartnern, denn den brachte er selbst mit und für gewöhnlich standen seine sexuellen Vorlieben in Kontrast zu sich selbst. Dass Alice so trainiert war, hatte für ihn nie einen sexuellen Anreiz gehabt. Er liebte daher die minimale Wölbung von Kaorus Bauch, die sich nichts desto trotz unter der aktuellen Behandlung anspannte. Dies Finger hatten außerdem den einzig wichtigen festen Muskel bereits umschlossen und genossen es, wie hart Kaoru dank ihm geworden war. Er streichelte dieser Länge entlang, doch küsste sich eine Bahn darum herum.
Auch wenn es für den Älteren unklar war und er sowieso nur versuchen konnte, den Verstand halbwegs zu behalten, wusste er so viel, dass er Die vollkommen erlegen war. Was auch immer er tun würde und wie auch immer er es tun würde, so hätte Kaoru keine Einwände, viel zu beschäftig damit, nicht verrückt zu werden. Er biss sich hart auf die Unterlippe, um nicht jetzt schon zu stöhnen wie ein naives Mädchen, doch so wie er Dies Zunge spürte, ahnte er, dass er bald nichts mehr zurückhalten könnte.
Es war leider zu verlockend für Die, nun nicht zu tun, wonach ihm gelüstete. Er musste jeden Zentimeter schmecken und kosten, wofür er sich schlichtweg den benötigten Platz schaffte. Nachdem er also mit Kaorus Hoden fertig war, drückte er ihm schlichtweg die Schenkel nach oben und erkundete den Bereich zwischen den straffen Pobacken mit seiner Zunge. Wenn er nämlich eines wusste, dann wie man einen homosexuellen Bottom um den Verstand lecken konnte. Vielleicht war es verrückt, das auch bei Kaoru zu testen, doch wer wusste, ob das nicht seine einzige Chance jemals sein würde? Die Resonanz war jedenfalls ein Stöhnen der Stimmlage, die beinahe nicht mehr nach seinem Bandleader klang.
Wahrscheinlich befand sich Kaoru auch schon in einer anderen Welt als dieser, denn an sich war ihm nichts dergleichen fremd, was Die tat. Nur nicht, dass es Die mit ihm tat. Es war in jeglicher Form peinlich und dennoch das Erregendste, das Kaoru je erlebt hatte. Nie im Leben hätte er jemals geahnt, dass so eine Situation je zustande kommen könnte. Doch hier war er nun, ein klägliches Häufchen, das vor Lust und Empfindungen wimmerte und der Gnade seines Bandkollegen vollkommen ausgeliefert war. Schlimm war, dass seine Hände die eigenen Pobacken griffen, um sich noch mehr der Zunge des anderen Mannes zu öffnen. So verdammt erlegen war er ihm und dennoch gab es wohl kein besseres Gefühl auf Erden als das jene genau jetzt.
Als Die stoppte, wussten beide, was als nächstes folgen würde. Kaoru versuchte, kurz mal durchzuatmen, doch das war sinnlos. Er schaffte es noch nicht einmal, die Hände von seinem Hintern zu nehmen, da sein gesamtes Ich seinen Körper nur noch mehr Die anbiedern wollte. Es war aber ein Angebot, das der Jüngere sehr gerne annahm, als er sich erhob und in Position brachte. Ihm schmerzte fast die eigene Latte, so sehr wollte er sich in den anderen Körper versenken. Weshalb er nicht länger ausharrte und sie beide mit sanfter Gewalt vereinte. Schließlich lud nichts mehr ein als Kaorus Anblick und sobald sich Die in ihm befand, gab es kein Zügeln mehr. Er presste die Hüfte nach vorne und ergötzte sich an jedem Zentimeter, der im anderen verschwand. Dabei das überraschte Ächzen des anderen zu hören, war wahrscheinlich die schönste Musik, die man komponieren konnte. Doch um dem anderen noch näher zu sein, senkte sich Die hinab, bis er seine Lippen an den freigelegten Hals legen konnte.
In diesem Moment war Kaoru nicht in der Lage gewesen, den anderen anzuschauen, sein Gesicht fast ins Kissen gewendet, als er versuchte nicht zu fluchen. Natürlich hatte sein Körper alle Mühen, mit dem Eindringling klarzukommen, doch womöglich hatte er auch schon viel zu lange nichts dergleichen mehr zu spüren bekommen. Schon gar nicht von Die, dessen Körper er fest umschloss, sobald sich nur die Möglichkeit ergab. Arme und Beine würde Kaoru um ihn schlingen, während er dabei versuchte sich Dies Bewegungen etwas anzupassen, da der andere sogleich ein paar feste Stöße vollzog. Keiner davon würde sein Ziel verfehlen und jeden davon würde der Bandleader mit einem lusterfüllten Grunzen willkommen heißen.
Das hier war aber anders als all die Jahre zuvor. Dies hier war nicht Kaoru, der dem anderen eine neue Welt zeigte und es ihnen beiden in der Weise besorgte, wie er vermutete, dass es ihnen gefallen würde. Diesmal war es Die, der sich den anderen nahm, wie er beliebte und dabei sicherstellte, dass Kaorus Hirn komplett lahmgelegt wurde. Das war gut so, denn er hätte keinesfalls darüber nachdenken wollen, welche Konsequenzen ihr Tun haben könnte. Es war egal, denn er hatte keine andere Wahl, als sich geben zu lassen, wonach ihm seit Ewigkeiten dürstete. Ihre Körper wurden klamm, ihr heißer Atem immer zügiger, die Bewegungen jedoch konstant kraftvoll, denn jeder Stoß erzeugte ein inneres Beben.
Vielleicht übertrieb es Die ein wenig, doch weil er eben nicht wusste, ob das hier je noch einmal passieren könnte, fickte er Kaoru, als gäbe es kein Morgen. Nicht jedoch im Traum hätte er gedacht, dass allein das den anderen zum Kommen bringen könnte. Die spürte das dickflüssige Sekret inmitten der heißen Feuchtigkeit ihrer Körper erst gar nicht, wenn da nicht die Hüften unter ihm verrücktgespielt hätten. Auch Kaorus Stöhnen war ziemlich eindeutig und ein letztes Mal zog Die das Tempo an, um dem anderen sogleich zu folgen. Dass er sich in ihm leerte, kümmerte ihn zu diesem Zeitpunkt nicht.
Nach einer Weile kam Die zur Ruhe und senkte sich zunächst auf den anderen Körper, das Gesicht tief in Kaorus Halsbeuge vergraben. Außer Atem merkte er jedoch, wie sie beide vermutlich kochten, die Temperatur zwischen ihnen deutlich gestiegen und sein heißes Keuchen machte es nicht besser. Mit Mühe hob Die das Becken und verließ den Körper des anderen, um sich auf die Seite zu rollen. Er fühlte sich ausgelaugt, doch glücklich und es blieb zu hoffen, dass es Kaoru ebenso erging.
Zwischendurch wäre der Bandleader fast gänzlich ausgeknipst worden, dachte dieser so bei sich und lag da, als wäre er high. Sein Körper war träge, doch noch pumpten Hochgefühle sogar unter seiner Haut. Er war erschöpft, aber sein Herz schlug wild gegen die Rippen. Er wand den Kopf um Die anzusehen, als müsste er sicherstellen, dass das hier gerade wirklich passiert war. Sein Bandkollege lag mit geöffneten Lippen neben ihm und drehte den Kopf, um Kaoru mit einem debilen Lächeln anzuschauen. Mehr brauchte der Ältere auch gar nicht, um den Moment fest in seinen Gedanken zu speichern, bevor er sich erlaubte, träge die Augen zu schließen.
Erst als Dies Arm auf ihn landete, öffnete Kaoru sie wieder und wusste das kleine amüsierte Grinsen des anderen nicht einzuschätzen. Er hob fragend die Augenbrauen, doch wusste nicht, ob überhaupt noch ein Muskel seines Körpers funktionieren würde.
„Weißt du was?“, fragte Die auf einmal mit rauer Stimme. „Du kannst mir diesmal gar nicht weglaufen. Wir sind ja in deinem Haus.“
Vielleicht hätte er kaum etwas Blöderes sagen können, doch obwohl es banal und albern klang, lag vielleicht etwas mehr Hoffnung darin, als Kaoru zunächst merkte. Er legte einfach seine Hand auf den Arm, der quer über seiner Brust verweilte und schmunzelte etwas. „Ich will nicht weglaufen.“
Die grinste sehr knapp und rückte noch etwas näher, fast als wolle er kuscheln. „Gut so.“
Das war schön. Das war bestimmend. Das war kein trauriger Die mehr, sondern einer, der wollte, dass Kaoru bei ihm blieb. Für den Moment, vielleicht sogar den Tag, fühlte sich das gut an.
Der Ältere erlaubte sich wieder die Augen zu schließen, doch murmelte: „Ich könnt nicht mal mehr laufen.“
So trocken daher gesagt brachte es Die aber zum Lachen und auch das war ein schöner Klang im Ohr des anderen. Er zwackte ein Auge auf und grinste Die an, der ihm vollkommen träge und unbewusst entlang der Seite streichelte, wobei er kichernd mitspielte: „Sei still, sonst mach ich es nochmal.“
„Hmmm,“ brummte Kaoru, doch musste mal wieder kurz die Augen zumachen. Sein Körper verlangte es abzuruhen, ob er wollte oder nicht. „Gib mir paar Minuten. Bin nicht im Training.“
Dümmlich grinsend setzte Die einen Kuss an Kaorus Schulter und beschloss nun eben dies zu tun. Statt weiteren Kommentaren war er still und genoss die unverhofft gefundene Nähe zu dem anderen. Seine Gedanken waren weit ab von allen Problemen, die er eigentlich hatte und egal, ob es nun die recht eigenwillige Therapie des Bandleaders war oder einfach Mitleid, so würde Die dieses unerwartete Glück bis zum letzten Moment genießen. Vielleicht würde er feststellen, dass er es nie wieder loslassen müsste. Wäre das nicht schön?
Ende Kapitel 11.
#dir en grey#andura#direngrey fanfiction#rating: nc-17#bandfic#multi-chaptered#take the long way home
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Take The Long Way Home - Kapitel 10
Kapitel 10: Substitute Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 10/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 10: Substitute
Da Die von Ryus zeitnahem Verlassen der Niikura-Residenz nichts wusste, hatte er sich nicht noch einmal nach unten bequemt und sich gedacht, lieber den beiden etwas Freiraum zu geben. Zumal er eigentlich mit ganz anderen Sorgen zurückgekommen war, die er selbst erst einmal verdauen musste. Kurz entschlossen hatte er sich fertig fürs Bett gemacht und hineingelegt, das Handy in der Hand, um noch ein paar Dinge zu googlen, die ihm heute von verschiedenen Anwälten gesagt wurden.
Ihm war klar, dass er noch einmal den Weg in seine frühere Behausung gehen müsste, da dort noch immer Papiere und Unterlagen waren, auf die er keinesfalls verzichten konnte. Zudem lagen sie dort frei zugänglich für Alice, die er nun verklagen würde, auch wenn der Gedanke ihm Bauchschmerzen bereitete. Er hatte schlicht und ergreifend Schiss, sich ihr zu stellen. Konnte er denn von Kaoru verlangen, noch einmal mitzukommen? Sollte Die das nicht eigentlich alleine können? Doch ihm fiel schon schwer, eine Nachricht an sie zu schreiben. Immerhin hatte er sich noch nicht einmal mehr um irgendetwas gekümmert, was seinen Auszug aus der gemeinsamen Wohnung anging.
Ihm war ganz übel, wenn er daran dachte. Und eines war ganz klar: er brauchte Kaorus Unterstützung. Egal ob mental oder organisatorisch. Der Leader konnte das, denn er war beherrscht und umsichtig, konnte strukturieren und einen Schritt nach dem anderen planen. Die hingegen war gut darin zu tun, was er sollte, und auf sozialer Ebene zu vermitteln. Wirklich gut konnte er offensichtlich mit Kindern, besonders Kaorus. Wieso hatte er das zuvor nie bemerkt? Er war immer in seiner eigenen Welt gewesen. Schade eigentlich, denn wenn er sich umsah und seine ersten und direkten Freunde mal genauer betrachtete, so gab es viele Gelegenheiten zur Interaktion mit eben anderen Kindern. Wie Kaorus. Die mochte sie und zwar alle beide. Immerhin war dies einer der wenigen angenehmen Gedanken gerade in seinem Hirn, mit denen er zumindest irgendwann Ruhe und Schlaf fand.
***
Schon in den frühen Morgenstunden hatte Die ausgeschlafen und kraulte ein wenig seinen Kater, bevor er mit ihm gemeinsam durch das ruhige Haus nach unten schlurfte, um ihn zu füttern. Ihr Gastgeber schlief meistens bis in die Puppen und das war an sich gar nicht so schlecht, denn eigentlich gefiel es dem Asylanten ganz gut, wenn er morgens viel Zeit im Badezimmer verbringen durfte. Nach einem Kaffee hatte er sich ein paar Klamotten herausgesucht und wollte damit ins Bad, als er Boo vor Kaorus Schlafzimmertür sitzen sah. Der Kater sah Die an und der wiederum Boo. Das war so eine Sache mit Katzen, wenn sie einem zeigten, wohin sie wollten und man als Dosenöffner einfach nicht in der Lage war abzulehnen. Also lief Die auf leisen Sohlen zu seinem Fellbündel und fragte sich, warum dieses so unbedingt in Kaorus Zimmer wollte, dass er schon seinen Kopf gegen den Spalt drückte, den er zu öffnen begehrte. Die biss sich kurz auf die Lippe und schob ganz vorsichtig und leise die Tür etwas auf, nur um dann so schnell wie möglich abzuhauen. Er sah Boo im Schlafzimmer verschwinden, kurz bevor Die im Badezimmer verschwand. Er würde alles auf die Katze schieben, soviel stand schon fest, dachte er sich, bevor er seine ausgedehnte Pflegeroutine startete.
Für Kaoru hatte der vergangene Abend anders geendet als erwartet, denn er hatte durchaus gehofft, Die würde sich noch einmal blicken lassen. Letztlich aber blieb er allein und schlurfte irgendwann nur noch in sein Bett, nachdem ihn der Film, den er begonnen hatte, nur noch langweilte.
Dass er am nächsten Morgen einen Gast im Bett finden würde, hatte er jedoch nicht geahnt und zugegebenermaßen auch gar nicht sofort gemerkt. Erst als beim Wachwerden seine Hand vibrierte, merkte er, dass ein schnurrender Kater seinen Kopf dort hineinpresste. Ganz automatisch begann Kaoru ihn zu kraulen und Boo schmiegte sich noch viel mehr an ihn.
„Du bist wohl im falschen Bett gelandet,“ brummte Kaoru ihm zu und lächelte etwas. Er hörte nebenan, wie offensichtlich jemand im Badezimmer herumwerkelte, der später durchs Haus lief. Nicht einmal das machte jedoch, dass der Kater aufhörte, den Bandleader als Schmusekissen zu missbrauchen.
Kurzerhand stand Kaoru auf und ging nun selbst ins Badezimmer, nur um danach Boo wieder vor seiner Tür zu finden. „Dich wird man nicht los, was?“
Er nahm ihn hoch und machte sich auf den Weg nach unten. Dabei streichelte er weiter das graue Fell des blauen Russen mit den bernsteinfarbenen Augen, bis er in die Küche gelangte, wo er Die fand, der mit einer Packung Eier in der Hand ganz verloren vor dem Kühlschrank stand.
„Deine Katze war in meinem Schlafzimmer,“ erklärte Kaoru sogleich, ohne erst einen guten Morgen zu wünschen, und Die schaute zu ihm herüber.
„Oh nanu. Wie kam das denn?“ Der große Gitarrist stellte sich in jedem Fall dumm.
„Hmm,“ brummte der Ältere nachdenklich und trat etwas näher. „Hab wohl die Tür nicht richtig zugemacht.“
Zufrieden lächelte Die dank Kaorus Unwissenheit und ging gar nicht weiter darauf ein, sondern wanderte mit den Eiern auf die beiden zu. „Tauschen wir?“
Nun begriff der Bandleader endlich, was eigentlich Dies Problem vor dem Kühlschrank war, und händigte ihm die schnurrende Katze im Gegenzug für die Packung Eier aus. „Was willst du? Rührei?“
Ein breites Grinsen erschien auf dem Gesicht des anderen Mannes, während er nun selbst den Kater weiter kraulte. So begann Kaoru also mit der Suche nach einer Pfanne und einer Schüssel, um seinem Gast das Lieblingsfrühstück zuzubereiten.
Dabei schoss ihm ein Gedanke in den Kopf, den er schon seit gestern nicht mehr los wurde. „Was hast du gestern eigentlich mit Ryu gemacht?“
„Gemacht?“, fragte Die sofort skeptisch und runzelte die Stirn. „Wieso? Wir haben geredet.“
„Ja, naja, über was?“ Etwas verwirrt, dass er nicht sofort verstanden wurde, war Kaoru jedoch damit beschäftigt die Eier aufzuschlagen. „Er will heute vielleicht wiederkommen. Das ist… ungewöhnlich.“
„Ist es das?“ Da musste Die wirklich extra unschuldig tun, denn es konnte wohl kaum sein, dass Ryu schon gequatscht hatte. Wieso war Kaoru so misstrauisch?
„Die letzten Wochen war er überhaupt gar nicht hier,“ erklärte der Vater nun und gab die Eier in die heiße Pfanne. „Und es war ja nun auch schwierig gestern. Junko hat ihm ziemlich die Leviten gelesen, damit er sich bei dir entschuldigt und bei mir auch. Dann geht er zu dir und plötzlich will er wiederkommen. Schon suspekt.“
Wie Kaoru dastand mit den Stäbchen in der Hand vor seiner Pfanne, noch immer im Schlafanzug, fand Die außerordentlich putzig. Dass er aber bereits eine Verschwörung witterte, sah ihm gar nicht so ähnlich. Die zuckte nur die Schultern und ließ den Kater runter, um den Wasserkocher anzustellen. „Hab nur kurz mit ihm gequatscht und mich auch entschuldigt.“
Brummend seufzte Kaoru, während er die Eier vermengte und würzte. Er nahm das mal so hin und würde nicht weiter bohren. Wenn sein Kind mit Die gut klarkam, sodass es am Ende auch mit dem Vater gut klarkam, dann sollte es ihm nur recht sein. „Und bei dir alles klar? Konnte gar nicht mehr fragen gestern.“
Auf den Boden blickend musste sich der Jüngere erst etwas sortieren, denn wie konnte man die Frage am einfachsten beantworten? Wahrscheinlich gar nicht und so seufzte er. „Mehr oder weniger. Tommys Anwalt hat das Ding ganz gut im Griff mit meinem Unfall, aber ich muss natürlich trotzdem ‘ne ordentliche Stange Geld blechen. Schadenersatz wegen der Karre, beschädigtes Eigentum der Stadt und auch noch als Strafe an sich. Ob ich so flüssig bin, weiß ich nicht. Er findet es aber gut, dass ich gegen sie klage und will sich mit dem anderen Anwalt in Verbindung setzen. Es ist ziemlich verwirrend. Fakt ist aber auch…“
Dass Die eine längere Pause einlegte, verwirrte Kaoru und er sah ihn an. „Fakt ist?“
Wieder seufzte der andere, aber goss dabei den Kaffee auf, um wenigstens nicht Kaoru direkt anschauen zu müssen, wenn er gleich beichtete, was für ein Lappen er war. „Ich muss nochmal zu ihr. Da sind noch Unterlagen in der Wohnung. Aber irgendwie…“
Wieder eine Pause und diesmal sagte der Ältere einfach nichts, sondern gab einfach das begehrte Rührei auf die Teller. Er stellte sie parat und suchte noch nach etwas Brot, bevor auch Die zwei Kaffee dazu platzierte.
„Es fühlt sich immer noch Scheiße an,“ begann er dann. „Jetzt wo ich klage, ist es noch komischer. Außerdem komm ich mir blöd vor, weil ich eigentlich fast untätig war die letzten Tage. Sie wird mir wieder Zeug vorwerfen und ich hab null Bock drauf.“
Still aß Kaoru ein paar Eier und dachte nach. Er ließ sich etwas Zeit, bevor er seine eigenen Gedanken verlauten ließ: „Wie soll es denn weitergehen? Also, wenn ich du wäre, würde ich nun tatsächlich die Umzugsfirma beauftragen und mir ein Lager mieten. Dann wäre mein ganzer Krempel erstmal sicher. Dann kann sie einem erstmal nichts und alles andere klärt sich später. Wo du wohnst und was wird. Hauptsache, du hast alle deine Sachen.“
Beinahe würde Die lächeln, denn genau so etwas hatte er eben vom Leader erwartet und sich auch erhofft. „Das, was du gesagt hast, klingt gut.“ Ihm schlug zwar das Herz hart in der Brust, doch er würde sich trauen zu bitten. „Hilfst du mir?“
Nicht ganz sicher, mit was genau, nickte Kaoru jedoch bereits. „Wir schauen uns das nachher an, suchen ein Lager, das du mietest, und auch eine Firma. Was ist mit Alice? Wann willst du dahin?“
Gerade noch stocherte Die relativ zaghaft durch seine Leibspeise, besonders wenn dieser Name fiel. Es klang allerdings fast so, als würde Kaoru ihn begleiten (wollen). Hoffnungsvoll blickte Die auf, doch verzog auch das Gesicht nur vom Gedanken an den bevorstehenden Besuch bei ihr. „Weiß nicht. Muss ja erst wieder fragen.“
Der Bandleader verstand schon und nickte. Trotzdem wusste er, dass nun die Zeit gekommen war, wo er Die etwas antreiben musste. „Kannst ja mal fragen, ob es morgen passt.“
„Kann ich machen. Kommst du mit?“ Nun war es raus und er traute sich gar nicht den anderen Mann anzuschauen.
Dieser jedoch brummte letztlich sein Einverständnis. „Na klar. Nun iss mal dein Rührei, sonst wird es kalt. Ich mach das nicht für jeden.“
Es war gespielt tadelnd, doch der Jüngere musste einseitig lächeln. Immerhin hatte Kaoru mit allem Recht. Er war für ihn da und diese sorgfältig extra für ihn zubereitete Speise sollte er wirklich nicht kaltwerden lassen. Er schaufelte sich gleich eine Ladung auf den Löffel, doch lächelte vorher mit fast einer kleinen Verbeugung seines Kopfes. „Danke. Bedeutet mir viel. Nicht nur die Eier.“
Kurz lächelte Kaoru, bevor er schnell abwinkte. „Nicht der Rede wert.“
Allerdings kam ihm durchaus Junkos Warnung in den Sinn und auch seine eigenen Vorsätze, denn mit Selbstschutz hatten seine Versprechungen hier wirklich nichts zu tun.
***
Wie auch immer gingen sie es wie von Kaoru vorgeschlagen an, denn gleich nachdem er sich angezogen hatte, begann er für Die entsprechende Lagerräume zu suchen. Dies Auftrag war es, an Alice eine Nachricht zu schreiben und außerdem eine Umzugsfirma zu finden, die vielleicht auch Einpackhilfen anbot. Zudem war letztlich auch alles eine Frage des Preises, wenn der Bandleader den anderen richtig verstanden hatte.
Zwischendurch fragte er schließlich beiläufig: „Du hast aber schon Reserven? Also wenn du Geld brauchst…“
Sofort wiegelte Die ab und hielt die Hand hoch, sodass Kaoru stoppte. „Bitte, ich regle das schon irgendwie. Weißt du, alles hängt im Grunde von der Wohnung ab. Das ist eine Eigentumswohnung und ich hätte sie einfach nie abbezahlen dürfen. Gehörte sie der Bank, wäre es nicht mal schlecht, denn Alice könnte das sowieso nicht bezahlen. Und gehörte sie wenigstens noch in Teilen mir, wäre mein Vermögen sicher. Immerhin kriegt man dann auch Kredit. Deswegen muss ich am Ende klagen, ob ich will oder nicht. Also schauen wir mal, ja? Sollte es echt schief gehen, dann… kannst du mich neu fragen. Bis dahin kann ich so einen Umzug schon noch stemmen.“
Ein wenig lächelte Kaoru sogar und nickte sofort, denn das verstand er. Finanzen waren eine Sache des Stolzes ähnlich wie ihre Männlichkeit. „Alles klar, denn das billigste Lager ist echt weit weg und wahrscheinlich zu klein. Am Hafen ist was, das wäre perfekt und ja, mach das klar, wenn du kannst.“
Der Leader händigte damit einfach seine Notizen aus, damit Die selbst dort anrufen konnte. Im Moment, als er das tun wollte, bekam er auch das Go von Alice und er seufzte mal wieder. „Wir dürfen morgen kommen. Wie nett.“
Zwar klang Die irgendwie zynisch, doch es gefiel Kaoru besser als die Traurigkeit am Anfang, wo er ständig nahe den Tränen war. „Cool wäre, wenn wir gleich mit Kartons dort aufschlagen, die wir ihr dort lassen.“
Ein wenig fies war der Gedanke, doch selbst Die musste kurz mal grinsen. Trotzdem würde er das lieber nicht so machen wollen. „Ich hab eine Umzugsfirma gefunden, die mir alles einpacken würde. Wenn also ich oder wegen mir auch Alice danebenstehen und denen sagen würde, was alles in Kartons muss, machen die das. Man kann es auch labeln, denn eigentlich will ich meine Möbel auch haben.“
„Ah der Herr greift an,“ kommentierte Kaoru, doch setzte sich neben Die, damit er eben dessen Notizen mal abchecken konnte.
Der Größere brummte nur ein wenig und ließ das mal so stehen, auch wenn er es nicht als Angriff betrachtete. Er wollte nur nicht als mittelloser Bettelknabe aus der Nummer rausgehen, wenn ihm schon das Herz gebrochen wurde. „Selbst meine Couch war sauteuer.“
Der Ältere musste schmunzeln, denn er war eben viel knausriger als sein Freund. Aber das war auch egal. „Mach es eben fest.“ Er checkte kurz mal die Uhrzeit. „Hast du eigentlich Hunger? Wenn ich genau wüsste, ob Ryu kommt, dann könnt ich echt besser planen.“
Nun schmunzelte Die wieder, denn sein Freund hier war wirklich eine Glucke, wenn er mal sein Vaterdasein auslebte. „Dann plan halt so, wie wenn er kommt. Zur Not haste Essen übrig. Was soll’s? Wir teilen es dann auf uns zwei auf.“
„Seit wann bist du so pragmatisch?“ Kaoru musste lachen, doch ihm gefielen Dies einfache Lösungen. Das war er gar nicht immer gewohnt von anderen Leuten. „Kein Wunder, wenn Ryu meint, ich kann dich behalten.“
„Eh? Hat er das gesagt?“ Das verblüffte Die, denn wieso sollte ein Jugendlicher überhaupt so etwas denken? Eine Antwort bekam er von Kaoru nur in Form eines Lachens, als er ging, um sich etwas zu trinken zu holen. Als er zurückkam mit zwei Grüntee und sich wieder hinsetzte, war Die einfach mal neugierig. „Hast du schon mal überlegt, ihm auch etwas mehr von dir zu erzählen? Ist ja keine Schande heutzutage, wenn man nicht nur Frauen mag.“
Sofort stand etwas Horror in Kaorus Gesicht geschrieben und er schüttelte den Kopf, während er sich die Flasche öffnete. „Ich will ihm das aber nicht zumuten. Ist sowieso schon nicht immer leicht, wenn man mich zum Vater hat.“
Die hatte die andere Flasche genommen und trank ebenfalls, bevor er noch seine letzten Gedanken dazu äußerte. „Also ich denke, Ryu ist ziemlich cool mit dir als Vater und schlimm wäre eher, wenn er das mal anders erfährt. Womöglich riecht er sowieso Lunte, denn er hat immerhin eine schlaue Mutter. Da könnte der Apfel nicht weit vom Stamm fallen…“
Kurz wippte Die mit den Augenbrauen, denn er wollte Kaoru sachte dissen, auch wenn er seinen Ratschlag durchweg gut meinte. Der Vater des Jungen musste sogar etwas lächeln, denn er verstand schon und nahm sich vor, darüber nachzudenken. „Mal schauen. Aber nicht gleich heute. Sag erstmal, was du essen magst. Soll ich Thai holen?“
Zum Themenwechsel nickte Die nur. „Für mich okay.“
Es war nicht schwer für ihn zu sehen, dass sein Freund hier trotz aller Ausgeglichenheit und auch Abgebrühtheit, die man ihm nachsagen konnte, vor lauter Hoffnung auf den anstehenden Besuch ein wenig aufgeregt war. Warum auch immer das der Fall war, aber Die schätzte eben, so war das mit der Elternschaft und das beneidete er nach wie vor sehr.
Einmal mehr nutzte er deshalb auch die Zeit bei Kaoru mit dessen Kind, denn immerhin schlug Ryu tatsächlich noch einmal auf und erzählte ermutigt von Die sogar seinem Vater davon, welche Schwierigkeiten er in der Schule hatte. Es tat gut, irgendwie vermitteln zu können, zu helfen oder was auch immer, denn Die war gerne Bestandteil eines sozialen Gefüges wie einer Familie. Er genoss dieses gemeinsame Essen vielleicht mehr, als er überhaupt sollte. Zum Glück hatte er nie den Eindruck, dass er störte.
Kaoru seinerseits würde dies auch nie behaupten, denn ihm gefiel der Input, den Die gab, sehr gut. Anscheinend ließ das neue Themen zu, andere Perspektiven und Denkanstöße, wegen denen sein Junge sich wieder mehr öffnete. Es war erstaunlich und es war das erste Mal, dass er wirklich ernsthaft über Dies Rat nachdachte, Ryu endlich mal die Wahrheit zu sagen. Auch wenn es nicht mehr heute passieren würde, denn sie hatten genug andere Sorgen und er musste darauf achten, dass sein Sohn rechtzeitig nach Hause ging, weil er morgen wieder Schule hatte.
***
Die beiden Gitarristen hatten diesen Abend mal so auf sich wirken lassen, ohne noch große Worte miteinander zu verlieren. Sie gingen zu Bett, wohlwissend, dass sie am nächsten Tag mal wieder das Grauen der Alice-Show erwartete. So war es an diesem Morgen still zwischen ihnen. Jeder ging seinem eigenen Task nach, das Frühstück schweigend zu sich nehmend, bis sie sich endlich auf den Weg machten.
Die war nervös, das wusste Kaoru. Er selbst war eher genervt, denn eigentlich war ihm jeder Moment mit Alice zu viel. Doch für Die wollte er eben eine Stütze sein, auch wenn man ihm deutlich ansah, dass ihm vor der Begegnung graute.
Zurecht, wie Kaoru fand, denn als die Tür des Apartments sich öffnete, schaute die besagte Frau mal wieder, als müsste sie Ungeziefer hereinlassen. „Ach, du hast es wieder nicht alleine geschafft? Wie viele Kilo an Unterlagen hast du denn wegzubringen und wäre es nicht sinnvoller, wenn du dir einen mitbringst, der ordentlich was tragen kann?“
„Hmm,“ brummte Kaoru und schätzte, dass er das noch einfangen durfte wegen seiner Frechheiten vom letzten Mal. Er verkniff sich zunächst einen Kommentar und trat ein, damit auch Die ihm folgte. Offensichtlich durften nicht sie kommen, sondern er allein, und Die hatte gekniffen, vorher auch seine Begleitung zu erwähnen, aber schon gut.
„Ich hab eben schon paar Sachen mehr,“ entgegnete der große Japaner diesmal nicht ganz so unterwürfig wie üblich und stakste herein, direkt zum Schrank, worin er seine Unterlagen aufbewahrte.
„Ja, mach halt und hol deine Papiere.“ Sie verschränkte die Arme und harrte aus, als wäre sie ein General der Volksarmee.
Was kotzte es Kaoru an, alleine diese Attitude von ihr ewig zu ertragen, die so dämlich in seinen Augen war. Er konnte sich keinen weiteren Kommentar verkneifen. „Wenigstens hat er Papiere.“
Dass sie ihn nun bissig anstarrte, konnte er ab. Er ging einfach zu Die und brachte ihm die extra mitgebrachte Tasche, um alles hineinzustecken. Der Rhythmusgitarrist schwieg und steckte alle möglichen Ordner und Papiere in diesen Sack, ohne sich viel mehr mit Alice zu beschäftigen. Ihm ging ehrlicherweise ziemlich die Muffe, denn würde sie bereits von der Klage wissen, dürfte er dies hier gewiss nicht tun. Er empfand sich deshalb selbst als ein wenig mies, doch es ging nun einmal nicht anders.
„Warst du mit deinem Gips im Kindergarten?“, fragte sie auf einmal und beide Männer blickten wohl erstmal nach unten, denn sie hatten das bemalte Bein schon ganz vergessen.
„Das war Kaorus Tochter,“ informierte Die knapp und musste fast lächeln. „Sie ist süß und wollte malen, also warum nicht?“
Alice machte ein geringschätziges Gesicht. „Bisschen albern an dir, aber okay.“
Allein das machte Kaoru so stinksauer auf sie, denn wie konnte man denn ein Kind für sein unschuldiges Verhalten bitte verurteilen? Oder ihren Exfreund, der mit seiner Geste einfach nur Freundlichkeit gezeigt hat. Das tat einem doch in der Seele weh und zwar doppelt.
Zum Glück war Die gerade fertig und nickte Kaoru kurz zu, bevor er sich Alice zuwendete. „Ich hab nur genommen, was meins ist. Kontosachen und so weiter. Musst mir mal sagen, wann es dir passt, dass der Rest raus kann. Ich hab eine Firma, die alles packt, aber entweder du stellst alles schon bereit oder ich muss dabei anwesend sein. Ich gebe denen dann auch eine Liste mit Möbeln, die mir sind.“
Nun fiel ihr schließlich doch noch das Gesicht auseinander. „Bitte wie? Du crashed mein Auto und dann willst du noch deine Möbel? Sag mal, wie stellst du dir eigentlich die Kompensation vor? Kannst du nicht mal irgendwie Schadenersatz leisten?“
Obwohl Kaoru sie nicht mochte, fand er doch, dass sie sogar verzweifelt klang. Das war nicht gut. Vor allem war das nicht gut für Die. Er schaute zu ihm rüber und sah schon, wie er strauchelte.
„Du bekommst schon deinen Schadenersatz für das Auto,“ sagte er jedoch gezielt, egal wie sehr man sehen konnte, dass er sich mühevoll konzentrierte. „Aber Auto ist Auto und Möbel sind Möbel.“
„Dass ich nicht lache.“ Offensichtlich glaubte sie ihm nicht und fing bereits an, ein wenig zu hyperventilieren.
Es war besser, wenn Kaoru einschritt. „Du kannst doch ein Angebot machen? Sagen wir, du verzichtest auf den Schadenersatz fürs Auto im Austausch für bestimmte Möbel. Musst nur eine Liste machen und dem Anwalt geben.“ Bevor sie überhaupt etwas sagen konnte, fuhr er hoffentlich sachlich fort. „Deswegen geht die Sache trotzdem erstmal seinen Gang. Die Möbel gehen in ein Lager und wenn Die dein Angebot dann annimmt, kriegst sie eben zurück. Ist ja wohl nicht so schwer.“
Womöglich hätte er den letzten Satz nicht noch sagen sollen, denn man konnte sehen, dass sie das triggerte. „Tu bloß nicht so, als sei ich blöd! Ewig kommt ihr hier zu zweit an, während ich alleine meine Frau stehe. Ich hab eine Beziehung beendet und der da,“ womit sie auf Die zeigte, „kriegte das nicht auf die Reihe. Ich steh nun auch mit allem allein da und Kaoru, dich brauch ich da nicht als Herrn Oberklug.“
Es war das erste und einzige Mal, das dem Bandleader in den Sinn kam, dass sein Kollege nicht immer nur ein Opfer gewesen sein könnte und wenn doch, nun ein eher feiges. Nichts desto trotz wusste Kaoru genau, auf welcher Seite er stand. Erst recht, nachdem sie die Kunst seiner Tochter abfällig bewertet hatte. „Na vielleicht doch, sonst kämst du ja alleine drauf.“
Alice holte tief Luft und blies sie wieder aus. „Wenn du nun alles hast, Die? Sag Bescheid, wann die Umzugsfirma kommt. Ich werde es einrichten.“
Die selbst war recht still, sein Gewissen unschlüssig und er fühlte sie alarmiert. Nie wusste er genau dieser Tage, was er richtig machte oder falsch. Er sagte einfach nichts, nickte und ging wieder hinaus, dem Bandleader mit der vollen Tasche folgend. Kaoru war ihm vorausgeeilt und man spürte förmlich, wie dem der Kragen platzte. Es war verständlich nach dem Kommentar wegen der Kinderkritzelei, doch er sollte sich erinnern, dass sie gerade auf rohen Eiern tanzten.
Die drehte sich noch einmal um in der Hoffnung, wenigstens ein wenig Sinn und Verstand in alles hineinbringen zu können. „Wenn wir mal vernünftig reden und eine Lösung finden sollen, melde dich. Dann reden wir allein.“
Doch Alice schloss die Tür. Und Kaoru empfand gerade das als ganz kleine Ohrfeige. Doch was sollte er schon tun? Er verließ einfach das Gebäude und hoffte, dass er das letzte Mal diese Frau hatte sehen müssen. Er steckte inmitten einer Sache, in die er nicht so recht gehörte. Soviel stand fest.
Dass Die im Aufzug seine Krücke beiseitestellte, merkte er nicht, bevor ein Arm um seine Schultern gelegt wurde. „Bist ja angespannter als ich, hm?“
„Naja.“, murrte der Kleinere nur streng, denn er war tatsächlich mehr als ein kleines bisschen verärgert. Doch langsam ließ er in der Umarmung locker.
„Ich weiß,“ seufzte Die und drückte die schmale Schulter nebenan. „Tut mir leid, dass ich dir das antue. Kann ich es irgendwie gutmachen und dich zum Essen einladen?“
Wie nett es wirklich für Kaoru klang, wenn ihn Die zum Essen einlud, würde der große Gitarrist wohl wirklich nie im Leben je verstehen. Es war unmöglich Nein zu sagen, denn die Knie wurden weicher, das Herz schlug höher und alles nur wegen einer kleinen Berührung in Kombination mit einer Einladung – von dem richtigen Menschen kommend.
Kaoru lugte hinüber zu seinem Freund und schürzte leicht die Lippen. „Shabu Shabu?“
„Absolut!“ Sofort strahlte Die und das war besonders, denn dieser Tage war es selten, und ausgelöst von Kaoru bedeutete es für diesen mal wieder die Welt.
***
Manchmal wusste der Bandleader nicht, ob er sich einreden sollte, dass es ein ganz normales Essen zwischen zwei Kollegen war, unterhaltsam, lustig und auch manchmal nicht frei von Themen wie der Arbeit. Oder ob Kaoru einfach seinem Wunschdenken einmal im Leben nachgeben sollte und es genießen, als sei es ein Treffen romantischer Natur, wo zwei sich sehr mögende Menschen die gemeinsame Zeit genossen, indem sie ihre Speisen quasi miteinander teilten. Es würde schließlich nie jemand wissen, denn es war für dieses eine Mal nur in seinem Kopf, während er von Die automatisch sein Lieblingsgemüse vom Buffet gebracht bekam. Nur einmal könnte es der Bandleader doch heimlich genießen, seinen Freund zu verwöhnen, indem er ihm zwischendurch schon Süßspeisen besorgte, weil er genau wusste, worauf er stand.
Immerhin wäre es im Inneren ziemlich dumm zu leugnen, dass Kaoru fast alles dafür geben würde, an Alice Stelle zu sein. Dann gäbe es keine Trennung, keine Tränen, keine Anwälte oder Klagen, aber gemeinsame Interessen, Kinder sogar, viel Liebe und selbstverständlich auch den langvermissten Sex, der in seiner Erinnerung nie wirklich verblasst war. Für ihn würde Die alles abrunden und die ganze Welt bedeuten.
Doch andersherum gab es noch immer viel zu viel Alice.
Ende Kapitel 10.
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Take The Long Way Home - Kapitel 9
Kapitel 9: Kyokushin Goju-Ryu Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 8/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 9: Kyokushin Goju-Ryu
Unklar, wann Kaoru letztlich in den Schlaf gefunden hatte, denn er hatte so Einiges im Kopf aufzuarbeiten gehabt. Alleine das, was er nun schlussendlich Die anvertraut hatte, geisterte ihm durch die Gedanken in der Hoffnung, es nicht zu bereuen. Hinzu kam, dass er sich mürbe gemacht hatte wegen dem, was Die bezüglich Kaorus Verhalten gesagt hatte. Er war ein Arschloch gewesen, wenn man es genau nahm. Er hatte Sex mit seinem Bandkollegen gehabt und dabei seine Freundin betrogen, ohne jemals noch einmal darüber gesprochen zu haben. Zumindest nie mit Die, von dem er einfach erwartete hatte, dass es ihm nichts ausmachte. Wieso würde je wer davon ausgehen? Das war doch dumm. Gerade weil Kaoru volles Ballett danach aufs Ganze gegangen war mit seiner Familiengründung, als würde es bestimmte Dinge aus der Welt schaffen. Er fragte sich jedoch bezüglich Dies Chronik, wenn er sagte, dass Alice ihn sprichwörtlich optimiert hätte. Gut, er hatte ziemlich die Sau rausgelassen über ein paar Jahre, bevor er sich gefangen hatte, Sport und Fitness begann, ebenso wie Beauty oder was auch immer er da mit seinen Haaren trieb. Für Kaoru blieb er eben der Mann, den er schon immer kannte, nur mit neuen Hobbys, und die hatte er schließlich vor Alice auch schon gehabt. Begonnen hatte das vielleicht damals, als seine Freundschaft zu Yakan wuchs. Das war kurz vor Kaorus Scheidung von Junko. Möglich, dass er da gerade keinen Nerv hatte für Bodybuilding. Oder vielleicht war es auch möglich, dass Die keinen Nerv hatte für einen schwulen Fremdgeher in Scheidung.
Wie auch immer, sie hatten nicht zueinander gefunden und Kaoru ärgerte sich zumindest über den Teil, den er selbst hätte besser machen können. Es stimmte schon, dass er diesen Fitnesskram nie verstanden hat. Stattdessen war er überfordert gewesen mit seiner neugewonnenen Freiheit, die ihn erdrückte. Hätte er dann mit Die in die Mucki-Bude gewollt? Eher nicht. Das war eben nicht seine Baustelle. Aber sie hätten bestimmt andere gemeinsame Interessen gefunden, wenn sie sich nur an einander gewandt hätten. Ob Die sich das gewünscht hätte? Es kam bei Kaoru so an, auch wenn er weiterhin unsicher war. Immerhin blieben sie beide letztlich zu ihrer eigenen Sicherheit vage. Selbstschutz war also nicht nur bei Kaoru angesagt und wirklich zu sehr wünschte er sich, er dürfte zu all diesen Dingen noch mehr fragen. Doch eigentlich war es Tabu. Denn Die kam gerade aus einer frisch gescheiterten Beziehung und hatte nicht mal ein Dach über dem Kopf, während der Bandleader auch nicht einfach so mir nichts dir nichts illustre Affären verfolgen konnte. Theoretisch war alles viel zu verzwickt und er wünschte, er hätte sich noch ein Bier mit ins Bett genommen, wo er doch sowieso nicht einschlafen konnte.
Dass das letztlich doch passiert sein musste, wusste er erst, als er morgens von einem Geräusch geweckt wurde, dass wie seine ins Schloss fallende Haustür klang. Ob Die nun das Weite suchte? Allein vom Gedanken überkam Kaoru schon das Gefühl von Sehnsucht und Missfallen, als würde man ihn verlassen. Das war nicht gut.
Allerdings meinte er, auch Schritte auf seiner Treppe zu hören und das war seltsam. Sollte er nachschauen?
***
Ähnlich wie der Bandleader hatte sich Die noch ein bisschen mit eigenen Gedanken gequält, bevor er schlafen konnte. Ihn beschlich ein ungutes Gefühl, denn insofern sich mit Kaoru etwas Verzwicktes auftat, war Die beklommen und hatte Verlustängste. Alice hatte ihm in den vergangenen Tagen den Boden unter den Füßen weggerissen, sodass er als Rettungsanker nichts mehr brauchte als treue Freuende. Würde er Mist bauen bei Kaoru, wo sollte er dann hin?
Klar waren sie erwachsene, fast schon ältere Männer, die ein ehrliches Gespräch führen können sollten auch ohne, dass es eine Freundschaft beeinflusste. Doch war das auch so, wenn man mal einen kleinen Crush gehabt hatte, weil man einmal im Leben diesen Schritt zu weit gegangen war? Änderte Sex nicht immer alles? Auch heute noch konnte Die das nicht ausschließen. Nicht einmal wenn es sich um Sex von vor 24 Jahren handelte. Denn offensichtlich gab es durchaus gewisse Altlasten, die sie noch bis heute in sich trugen.
Das war die eine Seite. Die andere Seite war, dass da ein kleiner Teil in Die war, der sich über Kaorus Neigung freute. Immerhin war seine Abneigung gegen Alice so groß, dass der jüngere Gitarrist sicher war, so etwas kam nicht nur davon, dass man keinen Draht zum Reden mit einem Freund fand. Wenn Die sogar genauer darüber nachdachte, erschien ihm der andere Mann schon früher manchmal etwas mürrisch, wenn es um andere Bekannte von Die ging. Konnte es wirklich Eifersucht sein?
Eben genau dieser Gedanke machte Die wirklich flatterig und aufgeregt und seine todtraurigen Gefühle wegen Alice spürte er dann kaum noch. Ein bisschen machte das, dass sie ihm egal war. Denn hätte er früher von all dem gewusst, was Kaoru verborgen hatte…
Wer weiß. Andererseits hatte der Jüngere auch immer eigene Kinder gewollt. Vielleicht wäre so oder so alles gekommen, wie es gekommen war. Heute hier blieb ihm nur der Schlaf und den hatte er bitter nötig.
Dass sich am Morgen auf einmal seine Tür öffnete und jemand das Zimmer betrat, merkte er anfangs gar nicht. Erst als er sich wunderte, wieso Schubladen geöffnet und geschlossen wurden, ebenso wie eine deutlich hörbare Wühlerei stattfand, fuhr er erschrocken hoch um zu schauen, was hier los war. Was er sah, war der Rücken eines Mannes im Baseballshirt und mit einer Kappe auf dem Kopf, aber der war nicht Kaoru, denn die Arme waren gar nicht tätowiert. Erst als sich die Gestalt umdrehte, erkannte Die einen jungen Mann, der jedoch seinem Freund sehr ähnlichsah.
„Ryu?“, fragte der alte Mann im fremden Bett, der sicher lächerlich aussah in seinem Mickey Mouse Schlafanzug. „Suchst du was? Hast du nicht Schule?“
Noch war der alte Mann mit dem langen Haar ziemlich durcheinander, während der andere eher wenig verständnisvoll zischend den Kopf schüttelte. „Du pennst doch in meinem Bett. Aber passt schon, dann verzieh ich mich gleich wieder.“
Anscheinend war der Junge echt zynisch und verärgert. „Sorry, Kaoru meinte, das ginge klar. Wenn es dich stört, hau ich ab. Das tut mir leid.“
Der Teenager wühlte weiter durch seine Schränke, bis er etwas fand, was er gleich in seine Tasche steckte. Erst dann zuckte er die Schultern und drehte sich um, das Gesicht stets mehr oder weniger unter dem Basecap versteckt. Er war im Begriff zu gehen, ohne dem anderen überhaupt zu antworten, als die Tür abermals aufging und Kaoru darinstand. Der sah allerdings nicht aus, als würde er sich besonders über den unerwarteten Besuch freuen.
„Ryu? Wieso bist du denn hier?“ Dank dem Vater kam der Junge auch nicht weit.
Entnervt stöhnte der junge Mann und schaute auf den Boden. „Darf ich nun nicht mal mehr herkommen in mein Zimmer? Vergeben hast du es ja schon.“
Er war mürrisch und vielleicht auch zu Recht? Die war das sehr unangenehm, doch er traute sich nichts zu sagen. Außerdem führte nun Kaoru das Gespräch und er klang ebenso mürrisch: „Natürlich kannst du herkommen. Bist nur eher selten da und sonst meldest du dich immer. Ist außerdem nicht Schule? Da wird man ja wohl noch mal fragen dürfen.“
„Jaja, Hauptsache, fragst nicht, ob dein Homie mit seinem Haustier in mein Zimmer kann.“ Ryu versuchte sich an Kaoru vorbei zu quetschen, der im Grunde auch nur dastand und blöd aus seinem Pyjama schaute.
„Stell dich nicht so an,“ meinte sein Vater nun verärgert. „Noch ist es mein Haus und Die ist mein Gast. Also benimm dich gefälligst und zick nicht so komisch vor ihm rum. Wie siehst du überhaupt aus?“ Denn genau in dem Moment, wo der Junge vorbei wollte, bemerkte Kaoru auch, warum er sein Gesicht nicht zeigte. Also nahm er ihm blitzschnell die Kappe vom Kopf und entblößte das strahlendblaue Veilchen rund um sein Auge.
„Lass das, Mann!“, zischte Ryu und schnappte sich aufbrausend die Kappe zurück, um sie wieder aufzusetzen. Vorbeigepresst an seinem Vater lief er schnurstracks wieder zur Treppe.
Kaoru war sich unmittelbar bewusst, dass er defensiv mit diesem jungen Mann umgehen musste, denn das Temperament eines Teenagers war nun einmal nicht immer leicht zu bändigen. Er folgte ihm einfach. „Und sagst du mir nun, wieso du ein Veilchen hast? Gab’s ‘ne Prügelei?“ Immerhin musste es Gründe haben, wieso Ryu ausgerechnet zu ihm kam und nicht zu seiner Mutter. „Hey, ich rede mit dir.“
Es dauerte, bevor sich Ryu umdrehte, kurz davor das Haus wieder zu verlassen. „Offensichtlich gab’s ‘ne Prügelei und irgendwie dachte ich wohl, ich kann zu dir kommen. Statt mir von Mama und Masato ewig anzuhören, dass ich alles verbocke. Aber wahrscheinlich haste wie immer keine Zeit. Kümmere dich um Die oder deine Band oder was auch immer. Ich komm schon klar.“
Diese harten Worte trafen Kaoru allerdings mehr, als man ihm ansah. Er hatte nicht mit so vielen unterschwelligen Vorwürfen gerechnet und verstand gerade die Welt nicht mehr. „Ich hab doch Zeit! Und du kannst herkommen. Aber logisch, dass ich auch frage, was los war und warum du dich prügelst.“
Doch Ryu grunzte nur, ganz ähnlich seinem Vater, wenn der verstimmt war, nur mit vielmehr jugendlichem Frust, bevor er zu Tür lief.
Eigentlich wusste Kaoru, dass er bereits auf verlorenem Posten kämpfte und nicht mehr zu seinem Sohn durchdringen würde, doch er rief ihm dennoch nach: „Jetzt wart doch mal und hau nicht ab. Ryu!“
Sinnlos. Teenager waren einfach zu stur für einen armen alten Leader. Er konnte dem Sprössling nur nachschauen und seufzen. Als er sich umdrehte, stand da auch Die auf der Treppe und schaute recht sorgenvoll drein.
„Was war das?“, traute er sich fragen, schon allein um Kaoru beizustehen. „Ist er echt sauer wegen mir in seinem Zimmer? Das tut mir voll leid.“
„Ach was,“ winkte der andere ab und stapfte in die Küche, denn er brauchte jetzt unbedingt Kaffee. „Das da eben hatte nichts mit dem Zimmer zu tun. Aber was genau los ist, muss ich erst rausfinden. Ist jedenfalls normalerweise nicht so, dass er sich prügelt oder so aussieht. Eigentlich ist Ryu total mein Lieblingskind. Den musste ich nie schimpfen. Aber neuerdings…“
Dass sich Kaoru auf der Unterlippe herumbiss, ließ Die erkennen, dass er wirklich grübelte und sich Sorgen machte. Das mit dem Lieblingskind fand er jedoch seltsam, aber von so etwas hatte er schon öfter gehört. Er fragte mal lieber nicht, während er humpelnd versuchte, dem Bandleader in die Küche zu folgen. Stattdessen kam ihm ein anderer Gedanke um zu helfen. „Geht’s vielleicht um ein Mädchen?“
Der Bandleader stockte und fast lachte er humorlos. „Tja, wer weiß. Ich krieg nicht mehr so den Draht zu ihm. Er tut, als würde ich die Band über ihn stellen. Hast ja gehört. Dabei kann er normalerweise immer kommen, wann er will und ich sehe zu, dass ich Zeit für ihn finde. Jetzt aber kommt er kaum noch und ich dachte, das sei normal? Sind echt schwer zu verstehen, so Jugendliche. Blickt man kaum durch.“
Kaoru murmelte seine Gedanken vor sich hin und werkelte dabei am Wasserkocher und den Tassen, damit sie bald Kaffee zur Stärkung hatten. Die seinerseits fragte sich, wie er dem anderen am besten helfen konnte. Schließlich hatte er ebenso wenig Erfahrung mit Heranwachsenden wie sein Freund, wahrscheinlich sehr viel weniger.
„Ruf doch mal Junko an?“, schlug er also vor. „Ich kann solange versuchen, ob ich uns ein Frühstück zurechtmachen kann. Vielleicht schaffe ich es, uns Onigiri zu machen.“
Kurz schaute Kaoru den anderen an, überrascht davon, dass Dies Angebot bereits eine gewisse Last von ihm nahm. „Wenn das okay ist? Dann geh ich hoch zum Telefonieren. Da kann ich mich bei anziehen.“
„Klar, mach. Mickey und ich kochen uns was Schönes.“ Die grinste mit einem Trademark-Lächeln, das Zuversicht vermittelte, und sah zu, wie der andere den Weg nach oben antrat. Vielleicht war es Glück, dass Kaoru wie meistens noch kalten Reis im Kühlschrank hatte, der schon tags zuvor gekocht wurde. Er roch zumindest noch gut und so parkte sich Die auf einen Stuhl, zusammen mit den Utensilien und Zutaten, die er verwenden wollte, um Onigiri zu machen. Die ersten wurden auch gar nicht so schlecht, aber waren noch ausbaufähig.
Dass Kaoru dann recht schnell zurückkam, hatte Die nicht erwartet, und schaute fragend von seinen Meisterwerken auf.
„Hab sie nicht erreicht,“ grunzte der Ältere etwas gefrustet, aber war immerhin nun angezogen, als würde er so auch das Haus verlassen wollen. „Sie ruft bestimmt zurück.“
Wortlos schob der andere ihm den Teller mit den Onigiri zu und nickte. Sobald Kaoru eins nahm, krallte sich auch Die eins davon und biss herzhaft zu.
„Gar nicht so übel,“ meinte er sich selbst lobend und zuckte die Schultern. Es gab sicherlich Bessere, doch seine waren essbar.
„Sind doch gut,“ schmatzte der andere und nickte dabei mehrfach. „Hab eins mit Thunfisch.“
Typisch Kaoru schmeckte es ihm offensichtlich gut und es machte Die ziemlich glücklich und zufrieden, musste er sich selbst gestehen. Man brauchte nicht so viele Worte vom Bandleader, insofern er genüsslich etwas aß und nicht meckerte. Immerhin gab es Dinge, da würde der Herr Feinschmecker nicht rangehen.
„Gibt welche mit Thunfisch oder mit Ei, jeweils mit Mayo. War nichts anderes da,“ erläuterte Die nebenbei und kaute erstmal fertig. „Ich muss nachher zu Tommy. Er hat mir geschrieben und gesagt, ich soll kommen. Bisschen Schiss hab ich ja schon.“
Kaoru war überrascht und ebenso aufgeregt, doch das wollte er sich nicht anmerken lassen und winkte ab, als wäre er die Ruhe in Person. „Er hat kein Band-Meeting gewollt, also stehen die Chancen gut für dich. Wahrscheinlich haben sie schon einen Vergleich ausgehandelt. Da sind die fix.“
Womit Kaoru Anwälte meinte und Die war das klar. Also nickte er. „Kann sein. Wollte erst fragen, ob du mitkommst, aber…“ Nun winkte er mal ab. „Schau mal lieber, ob dein Ryu keinen Unsinn macht. Immerhin hast noch frei. Klär lieber family business.“
Dass Die dabei lächelte, sagte Kaoru, dass er es gut meinte. Denn immerhin hatte er Recht, auch wenn der Bandleader ihn begleitet hätte. Der Selbstschutz und der Abstand waren gerade sowas von vergessen. Nur war die Realität eben eine Komponente, die sich in Form eines rebellischen Teenagers ausprägte, womit er vorrangig fertigwerden sollte. Er nahm sich noch ein Onigiri und nickte wieder. „Mhm, besser ist das.“
***
Nach dem gemeinsamen Frühstück ging auch Die sich frischmachen und anziehen, bevor er anschließend das Haus verließ. Kaoru blieb gespannt Zuhause und wartete auf den Rückruf seiner Exfrau, während er darüber nachdachte, ob er Ryu eine Nachricht schreiben sollte. Er tat sich da schwer, denn immerhin war auch er mal 17 gewesen und hatte meistens das Gegenteil von dem getan, was seine Eltern von ihm wollten. Ließ er ihn also in Ruhe, bestünde die größte Chance, dass er einfach wieder zurückkommen würde.
Bis dahin beschäftigte sich Kaoru einfach damit aufzuräumen. Seine Küche sah ziemlich schlimm aus und seit Tagen hätte er schon die Wäsche machen sollen. Ob er Die auch etwas waschen sollte? Das war eine gute Frage. Ging er damit zu weit? Es war anzunehmen. Das Leben war nicht einfach.
Als es irgendwann an seiner Haustür klingelte, war sein erster Gedanke, dass es Ryu sein konnte, der warum auch immer seinen Schlüssel nicht benutzte. Sein zweiter Gedanke war, dass es Die sein würde, weil er seinen Schlüssel vergessen hatte. Zu einem dritten Gedanken kam Kaoru nicht, als er die Tür öffnete und seine Exfrau Junko davorstand, allein.
„Tut mir leid, dass ich dich überfalle anstatt zurückzurufen,“ sagte sie und umarmte Kaoru kurz, bevor sie direkt in die Küche ging um sich etwas Wasser zu nehmen. „Ich musste mal Zuhause raus und Ryu sagte, du wärst zumindest hier.“
„Dann hast du mit ihm gesprochen?“, schlussfolgerte ihr Exmann und lief ihr nach.
„Ja, er ist jetzt Zuhause und schmollt. Als du angerufen hast, war ich in einem Meeting, und als ich wiederkam, waren da zwei Anrufe. Einer davon war seine Schule und die habe ich zuerst zurückgerufen. Wir dürfen dort übrigens antanzen demnächst.“ Sie klang so begeistert wie Kaoru es auch war, denn er hasste seine Elternrolle, wenn es um so etwas ging, und sie wusste es ganz genau. „Ich saß im Auto und hab sofort versucht ihn anzurufen. Irgendwann ging er auch mal ran und konnte was erleben. Das ist bestimmt alles wegen diesem Mädchen!“
„Mädchen?“ Kaoru konnte kaum folgen, doch diese Theorie kam ihm bekannt vor.
Junko nickte. „Es gibt ein Mädchen, wegen dem er sich anscheinend mit einem anderen Jungen prügelt. Ich kenne sie nicht, hab sie nur einmal gesehen, aber das hat mir fast schon gereicht. Wir sind früher so nicht rumgelaufen.“
Fast würde Kaoru lachen, doch verkniff es sich und schob sich auf einen Stuhl. „Tja, naja, er ist siebzehn. Da macht man dummes Zeug.“
„Nimm ihn bloß nicht in Schutz. Schule zu schwänzen ist mehr als dummes Zeug. Er soll sich nicht das Abschlussjahr versauen. Du weißt, wie wichtig das ist.“ Sie war eine gute, doch manchmal strenge Mutter. Eindringlich schaute sie ihren Exmann an und forderte ohne Worte die notwendige Unterstützung.
„Ja, ich weiß.“ Er würde ihr sicherlich nicht widersprechen. „Ich war halt auch mal siebzehn. Da hab ich meinen Eltern gesagt, ich geh weg und spiel für immer Gitarre. Er hatte heute hoffentlich nur einen Ausrutscher, weil er hormongesteuert ist. Das kenn ich auch. Ich würde ja mit ihm reden, aber er ist einfach abgehauen heute Morgen. Ich bin nur wach geworden, weil ich was gehört habe und dann… Naja, Die hat in seinem Zimmer gepennt. Das hat Ryu total pampig gemacht und ich kam nicht an ihn ran.“
Junko legte auf einmal die Stirn in Falten. „Die?“
Ihr Exmann nickte. „Ja, seine Freundin hat ihn rausgeschmissen und blöd wie er ist, hat er ihr die Wohnung quasi geschenkt und fuhr auch noch ihr Auto zu Schrott. Dabei hat er sich den Fuß gebrochen und wir können sowieso nicht auftreten. Also wohnt er vorübergehend hier und ich dachte, er kann in Ryus Zimmer. Denn normalerweise sagt er Bescheid, wenn er hier übernachten will, wenn denn überhaupt mal. Er war vor Monaten zuletzt hier zum Pennen.“
Auf Kaorus kurze Zusammenfassung hin runzelte Junko noch viel mehr die Stirn und machte plötzlich ein verstörtes Geräusch, als wollte sie fiepsen. „Na du traust dich was. Ausgerechnet Die? Du bist mutig. Und sonst hast du nichts weiter mit ihm angestellt?“
Mit jedem Wort von ihr schaute er ein wenig empörter und verwirrter als zuvor, denn er konnte sich zwar zusammenreimen, was sie andeutete, doch er war in jedem Fall unschuldig. So hob er die Hände. „Hab ich nicht! Was denkst du?“
„Ich weiß doch nicht! Es ist Die!“, sagte sie, als erklärte das alles, und schaute noch immer skeptisch trotz der Beteuerung.
Kaoru seufzte. „Er pennt nur hier. Bin ja nicht bescheuert.“
„Schon gut,“ lächelte sie sogar etwas. „Ist ja dein Bier. Mach mir nur Sorgen um dich.“
Ihr Zwinkern verriet ihm final, dass sie genau wusste, welchen Fable ihr Ex für den anderen Mann hatte. Doch Kaoru verzog das Gesicht und stieß einen Luftzug aus, als könnte er damit ihren Gedanken komplett verwerfen. „Musst du nicht. Er ist nur hier, weil ich hier jede Menge Zimmer habe, die ewig leer sind. Mein Sohn kommt fast nie und meine Tochter nur jedes zweite Wochenende. Also hab ich Die gesagt, er kann solange in Ryus Zimmer. Das muss Ryu akzeptieren und braucht auch nicht unhöflich reagieren. Solche Sachen hab ich mir früher zumindest nicht erlaubt.“
„Gut, dann schick ich ihn her, um sich zu entschuldigen. Er braucht nicht denken, dass er machen kann, was er will. Neuerdings reagiert er auch patzig auf Masato.“ Sie wusste zwar nicht warum, aber brauchte sich auch nicht weiter zu erklären. In all den Jahren seit ihrer Ehe mit Kaoru hatten sie ihre Freundschaft offen und ehrlich gestaltet, sodass eben auch der neue Partner darin Platz fand, ohne dass es seltsam wäre. Masato war zwar ganz anders als Kaoru, aber er war nett und ein lustiger Mann, der um seine Kinder besorgt war. Gemeinsam mit Junko hatte er noch einen zehnjährigen Sohn, den er nie anders behandelte als Ryu. Sie hatte einen guten Griff getan, wenn man Kaoru fragte.
„Vielleicht redet er ja mit dir,“ seufzte sie und machte sich schon wieder auf den Weg. „Ich muss los. Hab noch einen Termin nachher, aber Ryu schick ich her. Und du, pass auf dich auf.“
Kaoru war ihr gefolgt und sie umarmte irgendwie herzlicher als üblich. Fast war es ihm unangenehm, dass sie ihn so durchschauen konnte und sich sorgte, nur weil der Kerl mal eine Weile hier lebte, wegen dem er so Vieles im Leben immer wieder in Frage gestellt hatte. Er genoss für einen Moment aber die Umarmung und löste sich fast widerwillig aus ihr. „Grüß Masato und sag Ryu, dass ich Die jederzeit in Kikus rosa Bettchen stecken kann, wenn er sein Zimmer braucht.“
„Spinner,“ lachte sie winkend und verließ das Haus.
***
Es war schon am Abend, als Die zurück zu Kaoru kam, doch ihn gemeinsam mit seinem Sohn auf der Couch zu finden, hatte er nicht auf dem Schirm gehabt. Er grüßte sie beide und auch Ryu war diesmal höflich. Sein Basecap trug er nicht und so sah man direkt den dunklen Ring um sein linkes Auge. Im Fernsehen lief ein Baseball-Spiel und Die wusste zwar nicht, ob sie beide das überhaupt verfolgten, aber er wollte nicht stören.
„Ich würde nach oben gehen, wenn es okay ist, dass ich in deinem Zimmer bin?“ Denn gerade wusste Die nicht, ob er da noch hingehen dürfte.
Zum Glück war Ryu wie ausgewechselt. „Klar, kein Problem. Bitte.“
Es war zwar auch komisch, dass nichts mehr von dem rebellischen Jungspund übrig war, der heute Morgen vor Die gestanden hatte, aber er würde nicht fragen. Stattdessen drehte er sich um und ging mit einem einfachen Danke nach oben. Dass Kaoru seinen Sohn mit dem Ellbogen anstieß, bekam er gar nicht mit.
Der große Gitarrist war bereits im Zimmer des Teenagers angekommen und schmiss seine Jacke aufs Bett, nachdem er die Krücken zur Seite gestellt hatte. Kurz darauf folgte er der Jacke und setzte sich erstmal. Da bemerkte er bereits die andere Präsenz, obwohl Ryu noch gar nicht an seine Tür geklopft hatte. Der junge Mann trat langsam und vorsichtig ein, um sich ein klein wenig zu verbeugen.
„Ich möchte mich entschuldigen wegen heute Morgen. Weil ich unhöflich war.“
Die war verdutzt. „Musst du nicht. Tut mir leid, dass ich… naja hier bin. Versteh schon, dass es dein Zimmer ist. Muss komisch sein, wenn ich dann plötzlich hier rumliege und dann auch noch mit Katze.“
Ryu lächelte fast ein wenig und zuckte die Schultern, die Erleichterung auf seinem Gesicht geschrieben, als wäre seine Entschuldigung sowieso nur pro forma gewesen und Dies viel wichtiger für ihn zu hören. „Bisschen schon, ja. Aber eigentlich nicht schlimm. Ging nicht gegen dich heute.“
Auch Die musste ein wenig lächeln, denn ihm war Ehrlichkeit sehr sympathisch. „Gegen deinen Vater?“
Nun zuckte Ryu wieder etwas die Achseln. „Auch nicht so richtig. Er ist nur immer auf der Seite meiner Mutter.“
„Warst du auf sie sauer?“ Die riet einfach ins Blaue, während er unruhig seinen bunt bemalten Gipsfuß bewegte.
Nun grinste der Junge fast ertappt und ging zu seinem Schreitisch, um ein langes Lineal zu holen. „Juckt wohl?“ Er reichte es Die und wartete, bis der es nahm. „Eigentlich wollte ich nach Hause, aber meine Mutter hätte mir wegen der Prügelei sicher den Kopf abgerissen. Also bin ich hier her, denn entweder wäre mein Vater sowieso nicht da, oder vielleicht ist er da und versteht er mich sogar. Naja weit gefehlt.“
Mit dem Lineal scharrte Die sofort unter dem Gips los. Er schnallte schon, dass dann einen Kerl in seinem Zimmer zu finden, keine der gewünschten Optionen bediente. „Aber jetzt versteht er es?“
Fast war es für Ryu, als wäre der ältere Mann der Naive von ihnen beiden und so grinste er etwas, als er die Schultern zuckte. „Weiß nicht. Er sagt, was meine Mutter ihm gesagt hat. Dass ich mein Abschlussjahr nicht vergeigen darf. Alles andere ist beiden sowieso egal.“
Das klang viel zu traurig für Die, als wäre der junge Mann deprimiert. Das durfte man so nicht stehenlassen. Ob er nun zu weit gehen würde oder nicht, war ihm kurz mal egal. „Warum hast du dich denn überhaupt geprügelt?“
„Ist bescheuert,“ druckste Ryu herum, doch etwas in ihm wollte es lieber diesem eigentlich doch fast fremden Kerl erzählen, der wenigstens ohne Vorurteile fragte. „Ich bin ins Baseballteam, weil ich eigentlich gar nicht so gut bin in der Schule. Aber Baseball kann ich gut und dann kam ich auf die Position von einem, der das uncool fand. Nur hat das der Trainer so gesagt. Ausgerechnet der Typ, von dem ich die Position eingenommen habe, war früher mal mit einem Mädchen zusammen, mit dem ich mich gut verstehe. Sie ist in meinem Japanisch-Kurs und hatte zuvor schon angeboten mir zu helfen, weil ich Kanji verkacke. Jedenfalls war der Typ, Nagi heißt der, angepisst und hat mich mit seinen Freunden angepöbelt. Irgendwann ist halt mal gut und ich bin ausgetickt, als er mich gestoßen hat. War ‘ne Scheiß-Idee, schon klar, aber…“ Er zuckte wieder etwas die Schultern und versuchte nicht zu schmollen. „Wer will sich schon alles gefallen lassen?“
„War das Mädchen dabei?“ Für Die klang es so schon schlimm genug, aber er musste einfach fragen.
Ryu nickte leicht. „Hab vor ihr ziemlich abgeschissen sozusagen.“
��Ouch.“, bemerkte Die und verzog das Gesicht, denn für einen Mann waren Prügel einzustecken die eine Sache und die andere das vor einem Mädchen zu tun. Er verstand schon. „Ich schätze, dein Vater muss sagen, was Eltern eben sagen müssen. Aber ich glaube schon, dass er dich auch versteht.“
Skeptisch blickte der junge Mann den anderen an, aber zuckte wieder die Schultern. „Er hört ja nicht mal richtig zu.“
„Das tut er nie,“ lachte Die leise und stand langsam auf. „Also wenn du es ihm nicht verrätst, zeig ich dir was. Da wo ich trainieren gehe, ist einer, der macht MMA-Kämpfe. Der Typ ist richtig krass. Aber er hat mir einen Trick gezeigt, wie du einfach jeden mit drei Griffen auf den Rücken legst. Wenn du das machst, trauen sich auch die anderen nichts mehr. Außerdem gibt’s dann keine Veilchen.“
Zwar schaute der Junge interessiert, doch ebenso etwas zweiflerisch. „Und du kannst das?“
„Klar kann ich das!“, empörte sich Die und ging auf Ryu zu. „Musst nur Nachsicht mit mir haben wegen dem behinderten Bein. Ich kann nicht wie sonst. Aber komm her.“ Er schnappte sich den doch zierlicheren Teenager und legte dessen Hände und Arme so, wie er es bei seinem Gegner tun sollte. „Hier übst du Druck aus und drehst dich dann leicht, aber musst schon feste zupacken. Ich zeig es dir mal andersrum.“
Ohne viel nachzudenken, legte Die den 17jährigen beinahe auf den Rücken, zog ihn aber rechtzeitig wieder hoch. „Hast du einen guten Freund? Üb mal an dem. Ich kann halt nicht gut wegen dem Bein.“
Doch einmal noch durfte Ryu es versuchen und merkte sich die Handgriffe ziemlich genau. Er grinste ein bisschen, voller Eifer, sich nun auf andere Art wehren zu können. „Cool, das mach ich mit Nagi und dann kann Himari staunen!“
Ein bisschen musste Die lachen, wenn er auch besser den Eifer des anderen bremste. „Aber nur zum Verteidigen, okay? Ich will keinen Ärger mit deinem Vater. Oder deiner Mutter. Kriegst du das hin?“
„Ja,“ murrte der Junge, doch nickte zuversichtlich. „Ist echt cool von dir.“
„Kein Ding,“ strahlte Die seinerseits, denn er war auf seine erzieherische Tätigkeit im Hause Niikura sehr stolz. „Wenn ich mal keinen Gips mehr habe, zeig ich dir noch ein oder zwei Sachen mehr, wenn du Bock hast.“
„Klar, warum nicht?“ Ein wenig Verlegen war Ryu auch, denn eigentlich hatte er nie viel mit den Freunden seines Vaters am Hut. Er wusste nur, dass er zumindest den einen hier gar nicht so übel fand. „Ich geh aber mal wieder runter, sonst kommt er gleich an und fragt, was wir so lange reden.“
Wieder musste der Ältere etwas lachen. „Ja, mach das. Und sei nicht so streng mit ihm. Er ist wirklich keiner, der wüsste, wie man Jungs verprügelt.“
Den kleinen Scherz erlaubte sich Die und zwinkerte, nur um Ryu zum Lachen zu bringen, bevor er wieder das Zimmer verließ.
***
Unten angekommen blieb Ryu vor der Couch stehen, wo Kaoru beim Baseballschauen schon fast am Einschlafen war. Er blickte fragend auf, als sein Sohn vor ihm stand und aussah, als wollte er aufbrechen.
„Ich geh jetzt, okay? Mama hat schon geschrieben, ob ich tatsächlich noch hier bin,“ sagte er, beiläufig sein Handy checkend.
„Mhm, alles cool mit Die?“ Denn Kaoru hatte darauf bestanden, dass sich Ryu bei ihm entschuldigte. Wenn auch nur aus Höflichkeit.
„Ja, er ist eigentlich ganz nice. Kannst behalten!“ Ryu grinste kurz und schnappte sich seinen Rucksack.
Überrascht folgte Kaoru seinem Spross, doch blieb alles in allem gechillt. Teenager waren in der Tat sehr sprunghaft, fand er. Doch wenn sein Sohn nun Die leiden konnte, war das nichts Schlechtes. „Danke, mal sehen, wie er sich führt.“
Er unterdrückte stark weitere väterliche Weisungen, denn selbstverständlich wusste er um die Bürde, wenn man ein junger Mann war, der sich behaupten wollte. Für heute hatte Ryu Buße getan und das musste reichen. Kaoru verzichtete auf weitere Predigten und schlaue Ansagen. Lieber brachte er Ryu zur Tür.
„Vielleicht kann ich morgen nach der Schule nochmal vorbeikommen? Mal schauen,“ kam so unerwartet von ihm, dass sich Kaorus Augen weiteten.
Cool bleiben, sagte er sich, obwohl er sich freute, wenn es wirklich so kommen würde. „Jederzeit. Bin eigentlich hier, solange wir wegen Die noch pausieren. Komm einfach vorbei.“
„Mach ich!“ Noch unerwarteter als seine Worte kam seine Umarmung, die zwar kurz war, doch seinem Vater gerade die Welt bedeutete. „Bis dann.“
„Bis morgen. Schreib mal, wenn du angekommen bist.“ Soviel Zeit musste sein.
Kaoru war verwundert, als er die Tür schloss. Was zur Hölle hatte Die mit seinem Kind angestellt, dass der ihn auf einmal wieder mochte? Das war doch irre. Aber auch irre cool. Und es tat gut. Davon könnte Kaoru mehr brauchen. Wahrscheinlich müsste Die wirklich einfach hier bei ihm bleiben.
Ende Kapitel Neun.
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Take The Long Way Home - Kapitel 8
Kapitel 8: Leave a Light On Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 8/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 8: Leave a Light On
Es hatte lange gedauert, bevor Kaoru einschlafen konnte. Es war schon ulkig, wie jemand durchaus auch schneller kombinieren und denken konnte, wenn bestimmte Hemmnisse aus dem Kopf verschwunden waren, nur weil man gesoffen hatte. So musste es jedenfalls dazu gekommen sein, dass Die endlich richtig geschaltet hatte, als er seine Frage an Kaoru stellte. Ein bisschen war der Bandleader darüber froh, aber befürchtete auch, dass Die morgen nichts mehr wusste oder gar kombinierte. Und würden sie echt reden wollen? Es würde sicherlich wie immer sein und sie würden kneifen.
Selbst wenn sich Die an ihren Kuss erinnerte – wenn es denn einer war? Hätte Kaoru darauf eingehen sollen? Hätte er sich eine betrunkene Nacht mit Sex schenken sollen? Sex mit Die wohlbemerkt und den gab es schließlich nicht ständig im Angebot. Nein, er war vernünftig geblieben und langweilig wie immer seit… ewig mittlerweile. Es würde alles verkomplizieren, solange wie der andere hier bei ihm wohnte. Außerdem hatte nun auch noch seine kleine Kiku einen Narren an Die gefressen und wenn das nur wegen Sex blöd ausging, hätte er ein verwirrtes kleines Mädchen an der Backe, das es nicht verstand, wenn etwas komisch wäre zwischen ihnen. Das war eben nun sein Leben und egal wie verführerisch die Situation, der Kuss oder der Mann selbst, musste Kaoru seine Verantwortung anerkennen. Immer und immer wieder.
Manchmal war eben genau das zum Kotzen. Doch seine Resignation senkte wenigstens seinen Puls, der ihm gestiegen war seit Dies Offerte. Junge hatte der sein Blut in Wallung gebracht und sein Herz gegen die Rippen pochen lassen, als flögen irgendwann nur noch Einzelteile von Kaoru herum. Doch dazu kam es nicht und er war einmal mehr in seiner gescheiterten Welt Zuhause, wo das einzig Schöne eben sein Bett war. Und er war müde, sodass er letztlich doch noch einschlief.
***
Als Kaoru am nächsten Morgen wach wurde, war es natürlich schon spät, doch das Haus war komplett still. Da waren keine Schritte, kein Wasserrauschen, nichts. Also wuchtete er sich aus dem Bett und watschelte langsam nach unten, um dort die Lage zu checken. Da er dort niemand vorfand, kochte er Kaffee und nutzte das untere Badezimmer, um sich frisch zu machen. Dann nahm er den Kaffee mit nach oben und traute sich nach seinem Freund zu schauen, nicht dass der ihm im Delirium flöten gegangen war. Der Gedanke mochte dumm sein, doch blieb es hoffentlich auch, denn etwas Sorge hatte man eben manchmal schon. Vorsichtig nach einem Klopfen betrat Kaoru das Zimmer mit dem noch immer schlafenden Die, dessen eingegipster Fuß aus dem Bett ragte, während er bäuchlings im Kissen vergraben war. Eigentlich sah man nicht viel außer dem Bündel von Haaren und dem Kater, der offensichtlich neben Die lag, als hätte er ebenfalls gezecht. Kaoru stellte eine Tasse Kaffee auf dem Nachttisch ab und setzte sich an den Bettrand, um sich über Die zu beugen und nebenbei den Kater zu kraulen, der wach geworden war und Streicheleinheiten einforderte.
„Pssst Die, lebst du noch?“ Als Antwort erhielt der Ältere ein Murren, sodass er aufatmete und fortfuhr: „Ich hab dir Kaffee hingestellt. So langsam musst du wieder ins Leben zurückkommen. Hab festgestellt, dass ihr Maden mir alles weggefressen habt übers Wochenende. Also muss ich einkaufen.“
Wieder murrte Die, doch diesmal drehte er sich etwas mehr auf die Seite und legte eine Hand auf die Stirn, um das grelle Tageslicht abzuschirmen. So blinzelte er den anderen aus kleinen Augen an. „Soll ich mit?“
„Nee, eigentlich Quatsch. Lass mich mal alleine gehen heute und sieh du zu, dass du ein Mensch wirst. Wolltest doch Tomioka anrufen.“ Falls die Sache noch stand für Die, würde Kaoru ihm dafür gerne die entsprechende Privatsphäre geben.
Sein Kater hopste weg von Kaoru näher an sein Herrchen, der ihn ebenfalls kraulen sollte. Das war normal und Die befriedigte ihn automatisiert. „Auch gut. Dann mach ich das und du kaufst ein. Bringst du mir neue Kaki no Tane mit? Und diese kleinen Cheese-Tartes bitte. Du weißt schon welche.“
Der großgewachsene Mann rappelte sich etwas hoch und sortierte sich die Haare erst einmal aus dem Gesicht und von sonst woher. Das brachte Kaoru zum Schmunzeln und er stand auf. „Jaja, ich weiß welche. Also, bis dann.“
Er wollte schon gehen, als Die ihm nachrief: „Und wenn du zurückkommst, reden wir?“
Denn manchmal, aber nur manchmal, hatte eben dieser Die eine Klappe, die größer war und selbstbewusster als seine Bescheidenheit. In genau diesen Momenten wusste Kaoru, dass ihm keine Wahl gelassen werden würde. Also nickte er brav und lächelte sogar etwas schief und forciert. „Machen wir dann.“
So schaute Die nur zu, wie der andere den Raum verließ und nahm sich seinen Kaffee. Denn egal in welchem Delirium auch immer er letzte Nacht gewesen war, für ihn war nun der Moment der Wahrheit gekommen und er wollte, dass Kaoru ihm einige Fragen beantwortete. Immerhin hatte er eigentlich nur eine Ja- oder Nein-Frage gestellt und nicht einmal die hatte bisher Gehör gefunden. So ging das nicht weiter. Er hatte jedenfalls mit seiner Alice schon genug zu tun, da brauchte er keinen Geheimniskrämer als Asylanbieter.
Wobei der Gedanke an Alice Die nun wieder schlucken ließ. Er wollte sich nicht mit ihr anlegen oder streiten oder überhaupt irgendeinen Krieg, denn jegliche Konfrontation war mit Schmerz verbunden und es tat höllisch weh. Natürlich war auch deshalb Die klar, dass es richtig gewesen war von Kaoru, ihn abzuweisen. Doch wenn man nun weglief und sich sagte, die Zeit heilt alle Wunden, dann würde man noch ewig keine Zukunft haben. Allerdings – und der Gedanke war plötzlich neu – wenn man nun kämpfte und als Sieger aus der Beziehung herausging, könnte es vielleicht auch Kaoru ein wenig imponieren?
Was für ein kindischer und beknackter Gedanke, dachte Die jedoch sofort. Das alles sollte unabhängig von irgendwem als ihm selbst passieren, denn er sollte es sich wert sein. Das stimmte tatsächlich. Für eine Zukunft egal wie und mit wem musste er sich schließlich selbst noch mögen können und als Waschlappen würde das eher nicht funktionieren.
„Na dann Boo, lass uns dein Frauchen mal ein wenig ärgern,“ sprach er zur Katze und machte sich auf den Weg nach unten. Für Gespräche mit ihrem allmächtigen Plattenboss brauchte er immerhin mehr Kaffee als nur eine Tasse.
***
Im Supermarkt ließ sich Kaoru Zeit, denn er musste Vieles Revue passieren lassen, was die letzten Tage geschehen war, und dabei nichts vergessen einzukaufen. Er brauchte Obst und Gemüse, Eier und Fleisch, Gewürze und ein paar Fertigmischungen schadeten auch nicht. Schließlich kam er zum Gebäck und es dauerte, bis er endlich Dies Sorte von Käsekuchen fand. Echt zu schnell hatte sich Kaoru alle Vorlieben des anderen gemerkt und sei es nur die Marke einer bestimmten Reissorte. Theoretisch war kaum eine Woche vergangen seit Dies Unfall und es war schon so viel passiert, doch zeitgleich auch gar nichts. Vielleicht dürfte Kaoru das alles gar nicht pessimistisch sehen, denn wenn Die bei ihm lebte, war es womöglich wirklich seine Chance, um mit jemandem ins Reine über sich selbst zu kommen. Sich zu öffnen würde sicherlich befreiend sein.
Andererseits graute ihm schon jetzt davor, wieder nach Hause zu kommen, denn blöd war Kaoru nun einmal nicht. Keinesfalls wäre Die in so kurzer Zeit über Alice hinweg und wenn er sich nun für einen Kampf wappnete, bedeutet es auch wieder Drama. Wie denn auch nicht?
Fakt war nun einmal, dass, je mehr Kaoru die Zeit mit Die bei sich genoss, umso mehr tat es weh, wann immer man spürte, dass er Alice nach wie vor liebte. Er musste das nicht erst ausloten wie ein Teenager. Er war alt genug zu wissen, warum ihm missfiel, dass die Gefühle für diese Frau noch lange in Die verweilen würden. Woraus Kaoru schlussfolgerte, dass es ihm selbst am besten erginge, wenn er sich distanzierte. Selbstschutz durfte man auch im mittleren Alter anwenden. Nur wie, wenn man sich das Problem als Gast ins Haus geholt hatte? Er war vielleicht doch blöd.
Als er zurückkam, fand er Die vor, wie er relativ adäquat für einen Ausflug angezogen war und er steckte gerade noch sein Handy in die Jacke. „Hey, ehm, ich muss dann mal zur Bank, paar Unterlagen besorgen und so.“
„Okay.“ Kaoru runzelte die Stirn fragend, denn das kam in keinem Kontext für ihn. „Hast also was erreicht oder wie?“
„Ja,“ nickte der Große und versuchte dem anderen ein paar Einkäufe abzunehmen, was nach wie vor vielmehr scheiterte als half dank der Krücke. „Hab ‘ne Nummer von einem Anwalt bekommen und den gleich angerufen. Da konnte ich einen Termin machen, aber sie meinten gleich, ich soll mich um ein paar Unterlagen kümmern.“
Das war verständlich für den Älteren und er nickte. Normalerweise würde er auch anbieten mitzukommen, aber sein neuer Vorsatz war immerhin etwas mehr Freiraum. Irgendwie käme er sich auch komisch vor, ginge er mit zu geschäftlichen Terminen von Die persönlich. Trotzdem wollte man nicht unhöflich sein. „Du kommst klar? Dann pack ich hier aus und arbeite dann ein wenig. Muss ja trotzdem mal was machen.“
„Alles klar, bis später.“ Mehr sagte Die nicht, bevor er sich seine Jacke nahm und das Haus mit dem Zweitschlüssel verließ. So schnell konnte es gehen, dass er wusste, wo alles war. Kaoru zuckte die Schultern und verrichtete also sein Tagwerk.
***
Als der Bandleader dann nach verrichteter Arbeit herumsaß und merkte, wie er auf den anderen wartete, ärgerte er sich schließlich nicht nur über Die, sondern vielmehr sich selbst. Er sollte das hier nicht tun – nicht warten. Das war idiotisch. Also zog er sich seine Jacke über und beschloss zum ersten Mal seit Langem auszugehen. Wohin auch immer. Er dachte dann spontan an Shopping, denn die Ladenbesitzer, wo er shoppte, kannten ihn gut und mit etwas Glück dürfte er dort ein wenig abhängen. Vielleicht gab es etwas zu plaudern. Schließlich war das manchmal nett und etwas anderes Aufregendes wüsste er momentan auch nicht. Ohne die Band war es eben doch ziemlich langweilig.
Wenigstens hatte er Glück und durfte sich letztendlich bei seinem Kumpel Koji ein wenig die Zeit vertreiben, sodass er erst wieder am Abend den Weg nach Hause antrat. Von Die hatte er zwischenzeitlich nichts gehört und er fragte sich, ob er nun sauer auf ihn war oder er ihm einfach nur egal war. Beides fühlte sich schlecht an, mitunter sogar dumm, denn wann würde man wohl alt genug sein, sich mit solchen Gefühlen nicht mehr plagen zu müssen? Auf die Frage hatte er keine Antwort und so blieb einzig ein mulmiges Gefühl, als er Zuhause die Tür aufschloss und eintrat. Es war nicht schwer zu merken, dass der Fernseher lief und das konnte wirklich nur Die sein. Sobald Kaoru nähergetreten war, begrüßte ihn ein Anblick, den er zunächst nicht einordnen konnten.
Die saß auf der Couch, mit angezogenen Beinen eingemummelt in einer Decke, und wahrscheinlich hatte er wohl doch wieder eine Träne vergossen, denn ein Taschentuch war noch immer in seiner Hand. Er blickte den anderen erschöpft an, doch rang sich fast ein Lächeln ab. „Hey. Sorry, dass ich hierhocke und nicht auf meinem Zimmer.“
Kaorus Blick war verdutzt. „Passt schon. Du kannst gern hierhocken. Lief es nicht gut?“
„Doch, doch. Eigentlich schon,“ begann Die, aber seufzte gleich ein wenig. „Es ist nur alles so bescheuert. Der Anwalt sagte mir, meine Chancen stehen gut. Er kümmert sich um eine Klage. Aber es fühlt sich halt einfach nicht gut an, weißt du wie?“
Das Nicken von Kaoru war selbstverständlich, denn das konnte er nachempfinden. Er holte zwei Bier aus der Küche, bevor er sich neben Die setzte und ihm eins davon reichte.
„Sie sollte sich nicht so arschig verhalten und ich sollte mich auch nicht so verhalten müssen,“ fuhr Die fort und öffnete sich das Dosenbier. „Das hat mich wohl wieder runtergezogen. Naja.“ Er zuckte die Schultern und nahm einen Schluck. „Tut mir leid, will dich nicht schon wieder volljammern damit. Warst du unterwegs?“
„Mhh ja, bei Koji,“ antwortete der andere wahrheitsgemäß. „Ist schon okay, wenn du jammerst. Hast ja schließlich recht und sie ist unfair.“
Der Jüngere nickte betreten und fasste sich dennoch auf einmal ein Herz. „Also das letzte Nacht… tut mir auch leid. Ich hätte dich nicht küssen sollen und ich check auch, was du gemeint hast. Ist nicht fair, wenn ich frisch getrennt bei dir was versuche.“
Also gut, das war es also, dachte sich Kaoru. Er wusste, dass nun hier Stunde Null gekommen wäre. Die Frage, ob es der einzige Grund gewesen war Die abzuweisen, stand zwischen den Zeilen bereits im Raum. Kaoru schluckte trotzdem schwer. „Ja, ist blöd. Leider.“
Hatte er gerade leider gesagt? Das war ihm so rausgerutscht, doch nicht zum Missfallen von Die, der beinahe lächelte. „Aber meine Frage hast du letzte Nacht nicht beantwortet.“
„Hm?“ Kaoru wusste welche und schaute erst unschuldig, denn den Blick hatte er lange genug geübt im Leben. Doch dann nickte er einfach.
„Also Männer, mit denen du untreu warst,“ brachte es der andere auf den Punkt und trank wieder von seinem Bier. Er wusste noch nicht genau, wie er das fand. Denn generell hatte er Kaorus Untreue als ein schlechtes Attribut an ihm gesehen und das blieb wohl auch so trotz seiner verborgenen Gründe. Das Verheimlichen war ein Aspekt, der sich komisch anfühlte, denn an sich hatte er zuvor schon von der Untreue gewusst. „Weiß Junko davon?“
Wieder kam nur ein sachtes Nicken des Bandleaders, bis ihm etwas bewusstwurde. „Von dir auch, tut mir leid. Du warst der erste und dann…“
Betretenes Schweigen und Die war verwirrt. Er kniff die Augen ein wenig zusammen und blickte seinen Couchnachbarn eindringlich ein. „Warum hast du sie denn geheiratet? Wenn du davor schon gar nicht treu warst?“
Nun musste Kaoru unbedingt von seinem Bier trinken und zwar ein paar geräuschvolle Schlucke, bevor er antworten konnte. „Gute Frage. Ich hab sie geliebt? Die Frau war alles für mich und ich wusste, dass ich viel Glück hatte mit ihr. Sie hat mich immer unterstützt, war schlau, hübsch und rücksichtsvoll. Sie war schon immer meine beste Freundin. Dass das so aber nicht funktionierten konnte, habe ich auch erst rausfinden müssen. Aber nach dir war ich eben so weit noch lange nicht und ich hab sie geheiratet, weil ich dachte, wir würden eine Zukunft haben. Und weil alles andere keine Option war.“
„Verstehe,“ sagte Die leise, aber nachdenklich. „Und Ryu?“
Sofort schüttelte Kaoru den Kopf. „Er weiß davon nichts. Das war…“ Er schnaubte etwas, verzweifelt fast, dass es so schwierig war, all das zu erklären. Vielleicht müsste er tatsächlich von vorne beginnen. „Hör zu, vor dir gab es mal jemanden, aber das war nie etwas Ernstes. Dann kam Junko und ich war wirklich verliebt. In diesem Club damals war ich vor dir zwar schon ein paarmal gewesen, aber ich habe mich nie auf jemanden eingelassen. Keine Ahnung, warum das anders war mit dir. Vielleicht weil ich dich nach Hause gebracht hatte? Ich weiß nicht…“ Ihm wurde nur unendlich warm und er schwitzte, doch noch war er sicher nicht fertig, während Die weiter lauschte. „Aber es war passiert und ja, danach hatte ich ein sehr schlechtes Gewissen gegenüber Junko. Doch erzählt habe ich nichts. Stattdessen aber unsere Heirat klargemacht, so als mein inneres Versprechen ihr gegenüber, dass ich nie wieder fremdgehe. Immerhin liebte ich sie und wir hatten auch Sex, nur anderen Sex. Logisch.“
„Okay, logisch.“ Die versuchte nicht gegen Kaoru zu argumentieren, denn das hier war seine Story und Fragen konnte er später noch stellen. „Immerhin habt ihr ein Kind.“
Wieder schnaubte Kaoru und er grunzte dabei regelrecht. „Hat aber auch gedauert. Denn eigentlich, so während der Jahre mit ihr, hab ich durchaus gemerkt, dass ich sie zwar liebe, aber sexuell das Interesse verliere und ja, ich hab sie ein- oder zweimal betrogen. Nur One-Night-Stands, aber… tja. Offensichtlich kann man nicht gegen seine Natur ankommen. Währenddessen hatten wir aber eigentlich auch gesagt, wir wollten ein Kind, also sie auf jeden Fall und ich… warum nicht? Gehörte dazu. Aber es hatte nicht sofort geklappt und ich war frustriert und sie auch. Führte dazu, dass ich Mist gebaut habe und letztlich, dass sich Junko eigentlich von mir trennen wollte. Einfach weil unsere Ehe nicht mehr klappte und sie sagte auch direkt zu mir, dass ihr klar wäre, dass ich was ganz anderes suche.“
„Whoa, sie hat’s gecheckt?“ Die war verblüfft, dass sie es zum einen bemerkt hatte und zum anderen dann aber wohl dennoch bei Kaoru geblieben ist. Er merkte aber auch, dass hier etwas sehr Kompliziertes vor ihm verborgen wurde, was ihn vielleicht wirklich nichts angegangen war. Er sollte nichts verurteilen.
Beinahe lachte Kaoru und legte den Kopf etwas schief. „Ja, hat sie. Ich sag doch, sie ist meine beste Freundin. Sie merkt alles und sie trifft dann kluge Entscheidungen. Sie verstand es und wir wollten uns trennen. Doch ausgerechnet nachdem wir das entschieden hatten, kam heraus, sie ist schwanger. Da musste wohl doch eines der vielen getimten Male was gebracht haben, wo wir Sex nach Zeitplan hatten. Also haben wir uns besonnen und sagten uns, das geht schon, wenn das Kind erstmal da ist. War auch so. Als Ryu kam, war alles toll. Wir hatten ihn, ich war glücklich, Junko und ich mussten auch eigentlich keinen Sex mehr haben. Wunderbar.“
Schon als Die die Augenbraue hob, wusste Kaoru, dass er ihm das nicht abkaufte. So erzählte er gleich weiter: „Klar war nichts wunderbar. Das funktionierte eine Zeit lang, bis ich eben doch wieder mal der Versuchung nicht widerstehen konnte. Was gar nicht mal so schlimm war, doch Junko kam irgendwann und beichtete, dass sie jemanden kennengelernt hatte und mit ihm zusammen sein wollte. Denn sie mochte mich, aber wir waren einfach keine Eheleute mehr, wie es sein sollte. Außerdem hat sie mir unter Tränen gestanden, dass sie sich ein Leben wünschte, wo sie eine erfüllende Beziehung haben könnte. Was sollte ich denn machen? Sie hatte Recht. Ich war einverstanden, dass wir uns trennen, und wir haben uns versprochen, dass wir Freunde bleiben für Ryu. Da hab ich ihr alles gestanden, alle Affären zuvor, das Fremdgehen mit jedem einzelnen. Auch mit dir.“ Er schaute kurz auf mit kullerrunden Augen und hoffte auf Verständnis, aber konnte Dies Blick nicht lange standhalten gerade. Dafür machte er sich zu diesem Zeitpunkt emotional zu nackt. „Und wegen all dem war das Anständigste, was ich tun konnte, wenigstens bei der Wahrheit zu bleiben und meine Untreue als Scheidungsgrund anzugeben. Nicht ihre.“
„Hm,“ machte Die nur und streckte mal die Beine aus, die ihm bereits eingeschlafen waren. Er hatte das Gefühl, als hatte er die ganze Zeit die Luft angehalten, während er zugehört hatte. Nun musste er kurz darüber nachdenken. Kaorus Geheimnis war groß, doch war es wirklich auch für Die so groß? Die Vorliebe für Männer kam eben doch nicht allzu überraschend, wenngleich er es gut versteckt hatte. „Waren es denn viele? Also Männer während deiner Ehe.“
Kaoru stützte sein Kinn auf die Hand, den Arm aufs Knie gelegt, und fast wäre er defensiv geworden. Er schaute entsprechend verdutzt in Abwehrhaltung, denn es fühlte sich ein wenig an, als ob er hier wieder seiner Frau etwas beichtete. Nur kam das vielleicht davon, wie er Die sah und nicht andersherum. Also grunzte er kurz. „Vier, vielleicht fünf. In zwölf Jahren Ehe. Dich eingerechnet.“
Für den anderen war es gar nicht so schwer zu merken, dass seinem Freund die Frage etwas missfallen hatte. Nützte aber nichts, denn Dies Neugier brannte plötzlich. „Und wieso heiratest du dann überhaupt nochmal wieder? Also ich versteh alles irgendwie, was du getan hast, zumindest mehr oder weniger, und bei den meisten Dingen würde ich mir nicht anmaßen zu urteilen. Aber nochmal heiraten war echt bescheuert, oder?“
Es war zwar etwas hart, wie Die nun an die Sache heranging, doch Kaoru wollte es mal hinnehmen und versuchte es wegzustecken wie ein Mann. „Ja und warum hab ich dir schon erzählt. Ist nicht so, als hab ich nicht gleich danach gemerkt, dass es dumm war. Wie gesagt, du hattest auf einmal Alice und ich… naja, egal.“
Kaoru stand auf und ging mehr Bier holen. Falls er dieses Gespräch noch länger führen wollte, dann bestimmt nur mit mehr Alkohol. Er würde sich hier unbeholfen in Rage reden und Dinge preisgeben, die zu weit gingen für seinen Geschmack. Er musste sich zügeln.
Die jedoch hatte schon angebissen. „Ich hatte Alice und du? Was du?“
Ständig hatten sie auch Partnerinnen gehabt, jeder von den Mitgliedern der Band. Was würde das für einen Unterschied machen bei dem, was Kaoru im eigenen Leben gelernt hatte? Wieso würde Alice dabei eine Rolle spielen? Denn ausgerechnet auf Die neidisch zu sein, würde dem anderen nicht ähnlichsehen. Eifersucht?
Kaoru kam zurück und seufzte. „Manchmal dachte ich, wenn ich je irgendwem in der Band was erzähle, dann dir. Wahrscheinlich wegen dem einen Mal Sex, den wir hatten. Ich hab halt nur gehadert und fand den Mut nicht. Dann war’s irgendwie zu spät, weil du so total verschossen warst in sie. Kamst mit ihr an und… tja, ich dachte eben, wahrscheinlich verstehst mich doch nicht. Und hast auch gar keine Zeit dafür. Warum auch? In der Band reden wir nicht über solche Dinge. Andererseits war es auch so, dass ich gerne mal ich selbst gewesen wäre vor euch.“
„Gibt auch noch mehr Leute in der Band,“ schoss es trocken aus Die und es kam wohl doch etwas harscher rüber, als es sollte. Den Eindruck der Abneigung wollte er gar nicht vermitteln, aber es war wohl zu spät.
„Sag bloß,“ murrte Kaoru und trank vom nächsten Bier.
„Sorry, das kam blöd rüber.“ Nun war es der andere, der mal seufzte. „Also mit mir wolltest du reden, weil wir mal was hatten. Wäre einfacher gewesen? Richtig?“
„Richtig,“ murmelte der Bandleader in sein Bier und versuchte nun, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie sich nicht bei der vollen Wahrheit befanden.
„Dass du deswegen gleich ‘ne Frau heiratest, kauf ich dir nicht ab, aber okay.“ Denn endlich sagte etwas in Die ihm, dass da noch mehr war und es war gut zu wissen. Seine Beziehung zu Alice musste Kaoru mehr gestört haben, als er hier zugab, doch das würde Die nun nicht pushen wollen. Er würde nicht weiter nachgrasen an dieser Stelle, doch seine Neugier war noch lange nicht befriedigt, was Kaorus verborgene Sexualität anginge. „Kenn ich Männer, mit denen du geschlafen hast?“
Nun war der andere merklich empört über die Frage, sein Puls schoss hoch und er war leicht verärgert. Blöd nur, dass etwas in ihm all jenes rauslassen wollte, wonach der andere fragte. Es war verrückt. Kaoru nahm noch einen Schluck. „Kann sein. Willst du jetzt wissen wen oder magst du lieber raten?“
Kurz grinste Die, denn eigentlich müsste sich sein Freund nicht so angegriffen fühlen. Er wollte wirklich nur mehr erfahren, ganz ohne Wertung. Deshalb konnte er auch die Richtung gerne wieder wechseln. „Spielt keine Rolle. Was ist jetzt mit dir? Hast du jemanden?“
„Jetzt?“ Der Bandleader wunderte sich, denn anscheinend traute man ihm auch gleich eine heimliche Beziehung zu. Oder suchte Die noch einen anderen Grund dafür abgewiesen worden zu sein? Hatte er Interesse? Dieses Gespräch war seltsam. „Gibt niemanden. Ich hab nun Kinder und keine Zeit. Ich wüsste nicht mal, wo ich jemanden finden sollte.“
„Zum Sex geht’s doch auch?“ Offenbar, sonst hätte Kaoru seine Frau nicht betrügen können. Die war jedenfalls nicht in Laune, verascht zu werden.
„Das ist was anderes.“ Kurz und knapp urteilte der Ältere hier und schaute, als ob Die das ganz automatisch verstehen müsste.
Tat er letztlich auch, denn die Partnersuche war wirklich nicht leicht bei ihrem Job, der wenigen Zeit und allem Druck. Wenn er sich vorstellte, dann auch noch nach einem schwulen Artgenossen für eine dauerhafte Beziehung suchen zu müssen, war Kaoru wahrscheinlich wirklich zu bedauern.
Für eine Weile waren die beiden Männer still und hingen ihren Gedanken nach, so langsam die Bierdosen leerend. Obwohl sich Kaoru ein wenig auf der Anklagebank gefühlt hatte, fiel ihm erst jetzt etwas ein, das er bei dieser Gelegenheit selbst mal erfragen sollte. „Was ist überhaupt mit dir? Letzte Nacht hast du mich geküsst, nicht umgekehrt.“
Das war wohl wahr, stellte auch Die fest. Nur hatte er nie das Ansinnen gehabt, irgendetwas zu verbergen. Deshalb zuckte er die Schultern. „Ja? Ich hab auch mit dir geschlafen, nur nicht letzte Nacht. Also was soll mit mir sein? Ich hab nichts versteckt. Oder was meinst du?“
Das verwirrte Kaoru allerdings und er musste es zunächst sortieren. „Okay, dann… gab es nichts zu verstecken? Nur ich?“
Verwirrend war es auch für Die, aber er verstand schon irgendwie. „Nein, nicht nur du. Gab nach dir genau zwei Typen. Ein Amerikaner – das war nichts. Das fand ich nicht mal gut. Dann noch ein Japaner, aber das lief nicht lange. Eigentlich hab ich es abgetan als Sünden von Sturm und Drang, aber scheinbar wirkst du unter Umständen noch auf mich.“ Wieder grinste Die, doch das konnte auch am zweiten Bier liegen, das nun leer war. Immerhin hatte er zwischendurch nichts gegessen. „Ich hab nur nichts versteckt.“
„Oh bitte!“ Kaoru lachte fast vor Zweifel, obwohl er gerade noch fast verschämt rot geworden wäre nach Dies Geständnis. „Vor ein paar Tagen meintest du, dass Alice nichts von mir weiß.“
„Ja, Alice…“, begann Die, doch stockte nun, weil ihm auch klar wurde, dass er gerade heuchelte.
Kaorus Gesichtsausdruck unterstrich dies mit einem verkniffenen Lächeln. „Genau. Alice. Kannst ja sagen, was du willst, aber in der Zeit mit ihr warst du so… unauthentisch.“
„Unauthentisch? Was soll das denn heißen?“ Nun war es Die, der einfach aufstand und mehr Dosenbier holte.
Leider wusste er nicht, dass Kaoru abgesehen von einem Curry unterwegs auch schon zwei Bier mit Koji gehabt hatte. „Dass du eben anders warst als sonst. Manchmal zumindest. Als hat sie dich neu erfunden und den Die vorher mochte ich lieber.“
Eigentlich war der Große erschrocken über diese Beichte, doch er reichte dem anderen trotzdem ein Bier und setzte sich zögernd wieder hin. „Ganz langsam. Der Die vorher war auch ziemlich kaputt manchmal. Das ist dir klar, oder?“
„Mhrrm,“ brummte der Bandleader und spürte, wie heiß seine Ohren waren. Das kam nicht nur vom Alkohol. „Ich glaube aber, dass du dich auch ohne sie hättest verbessert, so oder so, und außerdem…“ Manchmal musste man spontan etwas rauslassen, wenn die Stimmung sowieso schon hitzig war. „Ich hätte dir auch geholfen.“
Obwohl das Die eigentlich unterstützen und gefallen sollte, fühlte es sich nicht so an, und er war eigentlich sogar etwas beleidigt. Immerhin sah Kaoru sich selbst echt einseitig. „Ja? Schon mal drüber nachgedacht, dass ich auch dachte, du hast sicher keinen Nerv für mich? Denn du hast Kinder und nie Zeit. Immerhin hast du jahrelang das Gefühl vermittelt, deine Familie zählt für dich mehr als jemand, mit dem du mal geschlafen hast. Immerhin könnte es auch sein, dass ich den Kaoru mehr mochte, der noch nicht verheiratet war. Du siehst dich halt einfach auch nicht durch meine Augen.“
Der andere Mann stockte auf jeden Fall bei den Worten und war so verwirrt wie lange nicht mehr, obwohl Die gerade Aufschluss über Einiges gegeben hatte. Es musste nur erst sickern, sodass er es verinnerlichen konnte. Was sein Freund ihm sagte, stimmte alles, wenn man es nur von seiner Warte aus betrachtete. Plötzlich hatte Kaoru keinen Durst mehr, denn es tat ihm einfach nur leid, dass er diesen Eindruck beim anderen hinterlassen hatte. Noch mehr aber brannte ihm eine einzige Frage unter den Nägeln: „Und wie siehst du mich?“
Dass er fragen musste, konnte Die nicht fassen. Immerhin hatte er nun so Vieles von sich preisgegeben. Er seufzte mitleidig und schaute den anderen direkt an. „Du bist ein Idiot, wenn du das nicht schnallst.“
Als Dies Blick von Kaoru sank und zum Boden ging, wusste der Bandleader nicht, was er sagen sollte. Er dachte, dass er es schnallte, doch war sich unglaublich unsicher. Außerdem würde es nichts ändern? Oder doch? Sollte sich überhaupt etwas ändern? Wollte er das? Würde Die das wollen? Langsam senkte also auch Kaoru den Blick und seufzte leise. „Tut mir leid, dass ich ein Idiot bin.“
„Bist du nicht.“ Mit einem einseitigen Lächeln wendete sich der Jüngere ihm wieder zu. „Warst du vielleicht mal, aber wer nicht? Ich mag den, der du heute bist ziemlich gerne. Also…“ Wäre einiges damit gesagt und Die legte seine Hände jeweils an seine eigenen Knie, bevor er mit einem Ruck aufstand. „Ich hau mich lieber hin, sonst mach ich nur wieder dummes Zeug.“
Kaoru schaute nach oben zum anderen und es war, als wäre Die viel zu schnell für ihn. Vielleicht war es deshalb, dass er ihn am Handgelenk griff, bevor er abhauen und nach oben gehen konnte. Die stoppte und schaute fragend, doch der andere wusste überhaupt gar nicht, was er wollte. Ihm war nur klar, dass sein Freund gerade alles gesagt hatte, was Kaoru jemals in seinem Leben hatte hören wollen. Nur war für Geständnisse der Zuneigung wirklich aktuell die schlechteste Zeit und so ließ er das Handgelenk einfach wieder los, obwohl ihm lange nichts so schwergefallen war. „Gute Nacht.“
Der Größere wusste nicht, was er nach dieser impulsiven Berührung hätte erwarten sollen, aber eigentlich reichte ihm das schon als Reaktion. Sie waren, wer sie nun waren, und sie hatten sich einander genug gebeichtet für heute. Vernünftig und alt zu sein war manchmal das Nervigste am Leben. Deshalb lächelte Die und nickte. „Schlaf gut, Kaoru.“
Dann ging er nach oben und hoffte, seine Gedanken würden ihn heute überhaupt schlafen lassen.
Ende Kapitel Acht.
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Take The Long Way Home - Kapitel 7
Kapitel 7: Who the F*** is Alice? Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 7/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 7: Who the F*** is Alice?
Die streckte sich ausgiebig, als er tags darauf wach wurde, und schmiss dabei versehentlich den Kater vom Bett. Manchmal vergaß er bereits, wo er eigentlich war. Was an sich kein schlechtes Zeichen war, denn viel hatte er seit gestern nicht mehr an seine Verflossene gedacht und auch endlich wieder guten Schlaf gefunden. Auch wenn ihm zeitweise viel von Kaorus Geschichten durch den Kopf wirrten, warum auch immer.
Nach einem kurzen Besuch im Badezimmer bewaffnete sich Die mit seiner Haarbürste und schlurfte im Bademantel nach unten, diesmal nur eine einzige Krücke benutzend. Diese zwei Teile nervten ihn so langsam brutal an und immerhin bekam er Routine im Treppensteigen, sodass er nicht mehr ganz so idiotisch lange für alles brauchte. Da Stimmen aus dem Wohnzimmer kamen, fragte er sich einen Moment lang, ob Kaoru vielleicht die Nacht hier verbracht hatte, nachdem Die gestern nach ihrem Film schlapp gemacht hatte. Doch als er näherkam, war schon klar, dass hier ein Anime für Kinder lief.
Tatsächlich fand er Kiku im Schlafanzug auf der Couch sitzend vor und wunderte sich nicht einmal, dass sie anscheinend bisher die einzige wache Person im Haus war. Gleich nachdem er dem Kater etwas gegeben hatte, watschelte er also zu dem Mädchen vor dem Fernseher. „Guten Morgen, was schaust du denn? Ist das Doraemon?“
Er setzte sich neben sie, die ihn ansah und einen Finger an ihre Lippen legte, als sie grinsend nickte. „Shhh, nicht Papa wecken.“
„Verstehe,“ flüsterte Die und nahm es mal so bin, ohne dass sie ihm den Grund ihrer Bitte nannte. Er begann einfach ein wenig mitzuschauen und kramte dann seine Haarbürste hervor, mit der er eigentlich sein elendig langes und demzufolge verknotetes Haar entwirren wollte. Mit Blick auf das Kind rechts neben ihm stellte er jedoch fest, dass sie es mindestens ebenso nötig hatte, denn ohne Zöpfe hatte sie wirklich langes und störrisches Haar. Er begann dann einfach mal ganz sachte und bedacht ihre Haare von unten nach oben eine Strähne nach der anderen zu kämmen. Immerhin dürfte klar sein, dass er das damit Kaoru ersparen würde. Die hatte genug Nichten und Neffen, um das zu wissen.
Als er fertig war, strich er ihr noch einmal übers Haar und wollte eigentlich nun mit seinem eigenen Haar kämpften, als sie plötzlich ihre Hände ausstreckte. „Darf ich das machen?“
„Bei mir?“ Zwar graute ihm ein wenig, aber er gab nach und nickte. Solange sie ihm nicht die Haare vom Stamm zerrte, würde er schon damit klarkommen. Also übergab er seine teure Haarbürste an das Mädchen, die vorsichtig versuchte, überhaupt die erste Strähne seines Haars zu finden.
Das würde wohl länger dauern können. Doch Die würde tapfer sein. So war das eben mit Kindern.
***
Kaoru selbst war erschrocken, als er auf die Uhr sah und es schon später als gedacht war. Normalerweise, wenn Kiku bei ihm war, weckte sie ihn zumeist recht zeitig. Es sei denn, sie würde heimlich fernsehen und das konnte er leider nicht ausschließen. Also stand er auf und zog sich etwas über, um schnurstracks nach unten zu schlappen. Das Bild, was sich ihm dort bot, war jedoch nichts, was ihn verärgert hätte. Einfach weil es zu süß aussah, wie Kiku diese langen Zotteln auf Dies Schädel versuchte zu kämmen, aber sie wahrlich kaum bändigen konnte. Weshalb Die ein Gesicht machte, das in seiner Qual vermutlich versuchte zu lächeln.
„Guten Morgen Papa!“ Sie grüßte ausdrucksstark und hatte den Fernseher sowieso schon vergessen. „Ich muss Die bürsten!“
Kaoru kicherte amüsiert. „Seh ich. Gut machst du das.“
Dies Ausdruck nach zu urteilen, unterdrückte er nun einen Kommentar und ließ dem anderen das Entertainment. Nur eine Sache wäre da: „Machst du uns Frühstück?“
Gut, das hatte der andere verdient, Kaoru sah es ein und nickte. „Wollt ihr Reis oder Würstchen?“
„Ich mag Reis!“ Kiku war leider ein Fan.
Und Die sowieso. „Ich auch.“
„Gut, schon wieder Reis,“ murmelte Kaoru und zog ab in die Küche, wo er dann wohl nach den Reisformen suchen würde. Immerhin würde er seiner Kleinen ein schönes Essen anrichten und vielleicht auch Die, wenn er sich gut benahm. Dazu entschied er sich zu gekochtem Ei und etwas Gurke, bevor er mit allem und Kaffee schließlich zu Tisch rief.
Dass Die mittlerweile Schleifen im Haar hatte, ließ ihn allerdings laut loslachen. So sehr, dass sich Kaoru den Bauch hielt, während Kiku überhaupt nicht verstand, warum dem so war.
Eher peinlich berührt klopfte sie ihm an den Arm. „Papa, wieso lachst du?“
„Genau, gibt nichts zu lachen, wenn wir Prinzessin spielen.“ Die ließ sich einfach nicht auslachen und versuchte cool zu sein, während er sich an den Tisch setzte.
„Hast du Prinzessin Die aus ihm gemacht?“ Kaoru wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und setzte sich ebenfalls, damit auch Kiku endlich Platz nahm.
Sie nickte stolz und sorgenfrei, denn sie hatte schließlich ihr Papa-Wochenende gerade erst begonnen. „Was machen wir heute?“
Kaum war die Frage raus, trafen sich Dies und Kaorus Blicke, und obwohl sie beide sich selbst dieselbe Frage stellten, war eigentlich schon die Antwort klar.
***
Die Antwort war gewesen, dass Die sie beim gemeinsamen Wochenende begleiten würde und zwar einfach, weil er es gerne tat. Kaoru hätte nie darum gebeten, doch so oder so darauf gehofft. Es war schließlich viel zu leicht zu merken, dass Die ein Händchen für Kinder hatte und vielleicht gab es ihm auch Ablenkung von seiner gescheiterten Beziehung. In jedem Fall würden sie das Wochenende gemeinsam angehen, schon weil Kiku es sich wünschte.
Was den Inhalt anging, gab es einige mögliche Variationen, doch da Kaoru keinerlei wie sonst anderweitige Verpflichtungen hatte, konnte er recht ausschweifend denken. Nur etwas Rücksicht auf Dies Gipsbein musste genommen werden. Also begannen sie mit einem ausgiebigen Ausflug ins Meeresaquarium mit anschließendem Eisessen, bevor sie sich noch einen Film im Kino ansahen und danach am Abend Burger aßen. Nach so einem Tag war es nicht schwer, Kiku ins Bett zu kriegen, sodass sie gleich einschlief und auch die beiden Herren schafften es kaum, nicht schon auf der Couch wegzuratzen.
Am Tag darauf beschlossen sie, es nicht ganz so ausgedehnt angehen zu lassen, und fuhren nach dem Frühstück einfach in den Park. Dort hatte Die mal die Gelegenheit sich auch zu entspannen, während Kaoru seine Tochter meist sorgsam beim Spielen mit anderen Kindern beobachtete. Sie verstand es, schnell Anklang zu finden, und hopste nur dann und wann zu ihren Begleitern, um ihnen etwas meist Belangloses mitzuteilen. Zwischendurch war Kaoru so nett gewesen und hatte ihnen Taiyaki und Getränke geholt, selbst Die, dem es als Begleitung an sich wirklich nicht übel ging.
Am Abend war es Zeit, Kiku wieder bei ihrer Mutter abzusetzen, denn anders als diese brachte Kaoru sein Kind nach Hause und würde sie nicht mit dem Bus losschicken. Er hatte bereits ihre Schulsachen mitgeschleppt und würde sie auf dem Weg zurück bei Saiyuri absetzen, wohin Die sie auch diesmal begleitete. Wo er schon mal da war.
Ihre Mutter wartete bereits an der Eingangstür des Apartmenthauses, als Kiku spontan entschied, noch einmal zurückzulaufen um Die zu umarmen. Obwohl ihn das echt frohsinnig machte, kam er nicht umhin zu merken, dass ihre Mutter das seltsam finden könnte. Nur deshalb war es ihm etwas unangenehm gewesen, doch er versprach der Kleinen ein Wiedersehen, bevor er sie ganz sachte von sich schob. Es war Kaoru, der die Situation beherzt verstand und nach Kikus Hand griff, um sie noch einmal zur Tür zu begleiten.
„Bis dann Kleines. Sei schön brav. Ich hab dich lieb.“ Er küsste ihr den dunklen Schopf und übergab sie ihrer eher genervt aussehenden Mutter.
„Komm, Kiku. Ist spät geworden,“ bemerkte diese nur und schob das winkende Kind hinein, um hinter ihnen die Tür zu schließen.
Kaorus Seufzen war leise, doch für Die hörbar. „Ist nicht leicht, oder?“
Mehr als ein kleines Brummen bekam er nicht als Antwort von seinem Bandleader, während sie beide zurück zur Bahnstation liefen. Erst kurz davor stoppte Kaoru und schaute den anderen an. „Wieso gehen wir nicht was Trinken?“
Lustig, dass Die nicht selbst daran gedacht hatte. „Und was Essen?“
„Izakaya?“, war spontan des Leaders erste Idee. „Ich kenn was Schönes am Meguro River.“
„Bin dabei,“ grinste der Große, denn wie könnte seine Resonanz auch anders sein?
***
Mit dem Zug waren es nur zwei Stationen bis zu dem Ort, an den Kaoru seinen Freund entführen wollte. Es hatte etwas von einem Déjà-vu für Die, wenn er dem anderen so vertrauensvoll folgte. Allerdings hielt das nur, bis sie ankamen und sich dort wirklich ein schönes modernes Izakaya befand. Zwar war es Sonntagabend, aber sie hatten Glück und ein kleines Séparée in der oberen Etage war noch frei für sie.
Schnell bestellt waren die ersten Getränke und Die erhob sofort sein Glas. „Ich lade dich ein heute!“
„Was? Wieso?“ Nur aus lauter Höflichkeit winkte Kaoru ab, denn so etwas machte ihn mittlerweile verlegen. „Das musst du nicht.“
„Doch, doch. Vielleicht kann ich mich so wenigstens ein kleines bisschen revanchieren für deine Gastfreundschaft.“ Noch immer sein Bierglas in der Hand wartete er, dass der andere mit ihm anstieß, denn alles andere wäre nun unhöflich.
Also gab Kaoru nach und stieß an, bevor er einen Schluck nahm. „Wir haben dich doch ziemlich beansprucht von wegen Gastfreundschaft.“
„Und mich liebevoll umsorgt,“ lachte Die und trank noch einen weiteren Schluck. „Ehrlich. Mir hat das spaßgemacht mit Kiku und es hat mich auch sehr abgelenkt von Alice. Hab kaum an sie gedacht.“
Etwas beeindruckt vom Geständnis nickte Kaoru knapp. „Bin ja nur froh, dass wir dir nicht aufn Sack gegangen sind, und wenn es auch noch was Positives gebracht hat… wunderbar.“
Er konnte schlecht sagen, dass er Kiku gerne für immer zu sich holen würde, solange sich Die um sie kümmerte und damit auch gleich nie wieder an Alice dachte. Doch fair klang das nicht mal in Kaorus Hirn, auch wenn der Gedanke etwas hatte. Er wusste auch nicht, dass sein Gegenüber zwar kaum an seine Exfreundin gedacht hatte, aber wenn doch, dann eher wehmütig, weil sie kein Kind hatten. Aber zum Glück war das auch nicht Dies einziges Resümee aus diesem Wochenende, denn es hatte ihm Hoffnung und Zuversicht gebracht, auch wenn er nicht sagen konnte, ob das an Kaoru oder seiner kleinen Tochter lag – oder beiden. Sie schwiegen eine Weile und tranken immer mal einen Schluck, während sie sich eine Bandbreite von Yakitori aussuchten.
„Ich habe mir was überlegt,“ sagte Die auf einmal und ließ Kaoru aufschauen. „Wegen meiner Wohnung. Ich glaube, ich will darum kämpfen.“
Klang komisch, war aber so. Doch Kaoru hatte Fragen. „Glaubst du?“
„Ja.“ Bestimmt und selbstsicher antwortete der andere nun. „Ich mein, ja, ich habe es verkackt. Übel verkackt. Doch ihre blöde Karre war ja wohl keine ganze Penthouse-Wohnung wert? Also selbst wenn ich verknackt werden würde – was ich nicht hoffe,“ sagte er bei Letzterem eher peinlich berührt, „dann bin ich trotzdem der mit allen finanziellen Mitteln und dazu noch japanischer Staatsbürger. Vielleicht muss ich das mal ausnutzen?“
Was Kaoru anging, würde er Die sicher nicht aufhalten, und war definitiv an einer Ausführung dieses Gesprächs interessiert. „Was schwebt dir vor?“
„Weiß nicht genau. Ich ruf am besten morgen mal Tomioka an. Der kennt auch Anwälte für sowas.“ Das war Schritt Eins. „Und dann versuch ich eine Gegenklage? Emotionale Misshandlung oder seelische Grausamkeit, keine Ahnung.“
Nun versuchte Kaoru, das nicht als Scherz aufzufassen, denn das klang für ihn doch recht weit hergeholt. Andererseits musste Die alles ausloten um Alice beizukommen. „Das sagt dir der Rechtsverdreher dann schon. Ich bin nur erstaunt, dass du das echt willst.“
Irgendwie glaubte der Ältere nicht so ganz an seinen Kollegen, wenn es um diese Frau ging, auch wenn er begrüßte, dass sich Die endlich wehren wollte. Dieser zuckte die Schultern und trank wieder von seinem Bier. „Ja Scheiße, vielleicht sehe ich das so wegen der Zeit bei dir.“
„Mir?“ Kaoru wusste nicht, ob das auf ein Kompliment hinauslaufen würde oder eher das Gegenteil.
„Ja, du hast Saiyuri überstanden und ein süßes Kind mit ihr. Außerdem sagst du auch, es gibt eben Höhen und Tiefen und man schafft das. Ich finde eben, ich sollte mich nicht einfach sang- und klanglos ergeben. Auch wenn es wehtut.“ Er zuckte die Schultern, denn es war komisch, als Mann so zu reden. Er wollte kein Waschlappen sein, schon gar nicht vor dem anderen. Der hatte Etliches bewältigt und jammerte nicht rum. Er meckerte höchstens mal über die Ex, von der er sich hatte freikaufen müssen. Das war auch Ironie.
Nun musste Kaoru zumindest mal schmunzeln. „Na gut, wenn ich dich dazu motivieren kann, dann gerne. Und ja, Die, du solltest dir mehr wert sein als aufzugeben. Scheiß auf Alice!“
Wegen seines ungeplanten Ausbruchs am Ende senkte Kaoru schnell den Blick und bestellte nun endlich die Fleischspieße und mehr Getränke. Immerhin wurde er heute ausgehalten und das passierte ihm auch immer seltener. Er hoffte nur, dass das Angebot noch galt, nachdem er seinen Gefühlen freien Lauf gelassen hatte.
Ein Glück lachte Die, auch wenn er im ersten Moment über die Worte erstaunt war. Stattdessen hob er wieder sein Glas. „Ja, scheiß auf sie. Wer zum Fick ist eigentlich Alice?!“
Lachend kippte er das Bier runter, wenngleich ein mulmiges Gefühl blieb. Doch Kaorus Unterstützung gewiss, hatte Die viel Mut und Elan, endlich mal zu kämpfen. Er würde das schon irgendwie schaffen. Heute allerdings wollte er nur noch essen und trinken, bis er platzte. Er ließ es einfach mal in vollen Zügen krachen, bis sie beide ziemlich betrunken wurden. Die konnte schon kaum noch die Schrift auf der Getränkekarte lesen, als ihn etwas Hartes am Kopf traf. Als er aufschaute, sah er Kaoru grinsend, wie er ihn gleich wieder mit einer Erdnuss bewarf. Offensichtlich war nun auch der Bandleader blau und schließlich und letztendlich hatte Die vollends sein Déjà-vu.
„Lass das,“ lachte er und hielt die Hand hoch, um sich vor den fliegenden Nüssen zu schützen. „Du bist so ein Kleinkind!“
„Mund auf, Daisuke!“, rief Kaoru und bestätigte die Theorie des anderen, indem er ermahnt noch übermütiger wurde und die Nuss nun direkt in Dies Mund steckte.
Kichernd setzte sich der Ältere wieder und gönnte sich selbst auch die Knabberei, während Die nun seinerseits versuchte, mit einer Nuss über den Tisch zu schnippen. „Na, warte.“
Leider war er nicht ganz so treffsicher, sodass sie unspektakulär in Kaorus Schoß kullerte. Dieser lachte einfach. „Wah, wo zielsten hin?“
„Ich kann nicht schnippen wie du!“ Die blies die Backen auf, doch sein Kichern ließ das nicht lange zu. „Wie machst du das mit deinen kleinen Händen überhaupt?“
„Tjaaaaa, die können ganz viele kleine böse Dinge tun!“ Wenn hier schon mehr oder weniger seine Hände beleidigt wurden, musste Kaoru sie wohl einfach in Schutz nehmen und damit austeilen. Seine Hand schoss hinüber zu Die und zwickte ihn kurz in die Seite, sodass der erschrocken zusammenzuckte.
„Boah na warte!“, drohte der gebeutelte Rhythmusgitarrist, doch war eigentlich viel zu betrunken, um sich wehren zu können. Er lachte einfach und genoss es, mit dem anderen Spaß zu haben. Manchmal vermischten sich seine Erinnerungen mit denen von damals im Club, als würde ihn anstatt des Mannes mit den grauen Stoppeln am Kinn, nun ein frecher junger Kaoru mit lila Haaren angrinsen. Doch Die wusste, das war nur der Alkohol.
Irgendwann piekte ihn dieser an. „Sollen wir dann los? Ich kann dich nicht tragen mit deinem behinderten Bein. Kannst noch laufen?“
„Keine Ahnung,“ kicherte der andere seine Antwort und suchte schon mal seine Kreditkarte raus. „Früher konntest einen noch tragen. Heute biste ziemlich schwach auf der Brust, eh?“
Kaoru erhob sich, aber lachte. „Du warst früher dafür nicht so frech.“
„Korrekt,“ hickste Die und folgte. „Hätte ich kein gebrochenes Bein, würde ich dich nach Hause tragen, Kao-chan.“
Oh wie es schmeichelte und sich der Ältere dennoch nichts anmerken lassen wollte! Er duckte sich etwas und senkte den Blick, als er nach Dies Gehhilfe griff und sie ihm reichte. „Dein Bein heilt ja zum Glück wieder.“
Es war so banal und brachte den Jüngeren doch zum Strahlen. Er dachte, dass er Kaoru tragen würde, wohin er wollte und wann er wollte. Im Grunde war es so. Doch nie im Leben hätte er das jemals gedurft und wären sie nicht betrunken, würde er auch heute daran zweifeln. Doch während er so gut einen im Tee hatte, gönnte er es sich zu kichern und daran zu denken, wie sehr ihm Flirtereien mit dem anderen gefielen. Dagegen konnte man nichts sagen. Die waren nett. Da blubberte einem der Bauch. Es flatterte überhaupt ein wenig alles. Lag halt am Alkohol, richtig?
***
Für den Heimweg gönnten sie sich ein Taxi, denn immerhin würde es wahrscheinlich wirklich auf eine Katastrophe hinauslaufen, sollte Die den Weg mit einem gebrochenen Bein gehen wollen. Also fielen die betrunkenen, alten Säcke wie eben solche auf die Rückbank einer Taxe, Die etwas schräg wegen seinem Gips und einfach weil er besoffen war, und Kaoru war sowieso kaum noch in der Lage seine Gliedmaßen zu kontrollieren. Wieso auch immer landete ein Arm um Dies breite Schultern, bei denen mittlerweile nicht mehr nur die Knochen zu spüren waren. Normalerweise war so etwas gar nicht von Bedeutung für Kaoru, denn wieso auch? Er hatte in der Regel andere Sorgen und Gedanken als Dies muskulöse Schultern.
„Alter, trainierst du stabil.“ Er betatschte regelrecht den Oberarm des anderen, jedoch mit entsprechender Anerkennung.
„Ja, ne?“, strahlte Die, denn eigentlich war die Anerkennung dafür etwas, wofür sich ein Training unter anderem auch lohnte. Abgesehen vom allgemeinen Selbstwertgefühl und der körperlichen Gesundheit. „Willste mal Bizeps fühlen? Oder hier so Triceps? Den mach ich immer von hinten.“
Obwohl Die es ernst meinte, konnte er nicht mehr ohne zu grinsen reden, und brachte auch Kaoru wieder zum Lachen. Seine Wangen strahlten in leuchtendem Rot, als er mit der Hand ohne Scham über alle Stellen an Dies Arm strich. „Von hinten? Aha.“
In passendem Rotschimmer kicherte Dies Grinsegesicht ebenso und er könnte die Sache etwas mehr erklären, wollte aber nicht. War gut so, wenn manchmal etwas zweideutig blieb und er mochte, dass ihn jemand berührte. Insofern er den jemand gut leiden konnte und er attraktiv war. Dies traf auf Kaoru zu. Also war das super.
Es war echt schade, dass die Hand von seiner Schulter wich, als sie nach schon kurzer Fahrt an Kaorus Haus ankamen. Dort bezahlte der Bandleader die Taxifahrt, während Die sich Mühe gab, ohne anzuecken auszusteigen. Er würde so gerne den Gentleman geben und Kaoru die Hand reichen, doch leider brauchte er diese verdammten Krücken zum Stehen, Gehen, Existieren. Es nervte.
Gemeinsam mussten sie nun die Treppe zu Kaorus Eingangstür hinauf und auch das konnte man als Kurzzeitbehinderter nicht sehr elegant schaffen. Es nahm einem fast die Freude am Betrunkensein. Allerdings ahnte Kaoru nichts von diesen Gedanken seines Kumpels und machte sich auf nette Art ständig über Die lustig, ohne auch nur einen Augenblick von seiner Seite zu weichen, während sie nach oben kletterten.
„Wer mit dir lebt, muss barrierefrei kaufen,“ disste er ihn liebevoll, aber blieb stets in Dies Nähe, manchmal als ob er jederzeit bereit wäre, den anderen abzufangen, sollte er doch drohen zu fallen.
„Wer mit mir lebt, ist am besten Pflegefachkraft,“ scherzte der andere weiter auf eigene Kosten, denn irgendwie fand er gerade nicht den Willen in sich, zu kontern und gegen Kaoru zu schießen. Auch wenn er könnte.
„Wer mit dir lebt, muss sich aber auch keine Gedanken machen, dass du weglaufen könntest.“, bemerkte der Bandleader und deutete böse kichernd auf Dies Bein.
Dennoch fand der Größere viel Wahrheit in diesen Worten. „Steht eh außer Frage. Bin kein Wegläufer.“
Wegen des Alkohols dauerte es etwas, bis Kaoru wirklich verstand, was Die damit meinte und deswegen schwieg er nun. Er mochte es an dem anderen, dass, obwohl er sicherlich auch wilde Jahre hatte, er eine treue Seele war, im Grunde beständig und bescheiden. Wenn er ausbrach, so wie er es getan hatte mit seiner Auto-Crash-Aktion, denn musste man ihn sehr verletzt haben.
Schweigend schloss Kaoru die Tür auf und ließ zunächst Die hinein, der nichts desto trotz nun doch am Türrahmen mit einer Krücke hängenblieb und deswegen stolperte. Er knickte so blöd um, dass er mehr oder weniger gegen die Wand stieß, auch wenn es fast nur mit dem Rücken war. Zeitgleich reagierte Kaoru, sobald er das Straucheln bemerkte, und griff nach dem anderen Mann in der Hoffnung, er würde helfen, dass niemand zu Fall kam. Letztlich landeten sie beide an der Wand, die Gliedmaßen verirrt, doch lachend.
„Bist du in Ordnung?“, fragte Kaoru und schaute nach oben, wo sich Die den Kopf rieb.
Mit der anderen Hand hielt er anstelle seiner Krücke Kaorus Arm. „Glaub schon. Hab nur die Birne angewummst.“
„Och nicht gut.“ Der ältere tätschelte Dies Haupt, als wäre er ein kleiner Junge, der Trost brauchte. Dass sein Körper ansonsten die Nähe des anderen gerade echt toll fand, hatte allerdings nichts von kindlichem Verhalten. Nie jemals waren sie sich wirklich so nah. Nicht seit damals.
Was auch Die spürte. Unbeholfen presste das Gewicht des anderen gegen seines, der andere Körper warm und keinesfalls fremd, nur unbedarft selten an seinem. Dies Herz schlug laut in seiner Brust und er wusste nicht einmal genau warum. Vor ihm stand nicht Kaoru mit dem verführerischen Blick, der ihn gekonnt hinter Strähnen von lila Haar anschaute, sondern ein Mann über 50 mit einer hässlichen Mütze, die seinen halbrasierten Schädel verdeckte. Trotzdem kam eben dieser ihm gerade sehr verlockend vor, insbesondere die Nähe und der Ausblick von Zuwendung.
Warum auch immer spürte Die die eigenen Lippen gegen Kaorus sinken, als hätte sich sein Kopf schon immer nur einfach neigen und nehmen müssen, wonach ihm dürstete. Ein letzter Zweifel blieb, doch wurde vom Alkohol verdrängt. Das hier war doch nicht neu, nur ungewohnt geworden und viel zu lange vermisst. Oder?
Kaorus Lippen schienen sich impulsiv zu öffnen und den Kuss zu erwidern. Doch nicht lange genug, um überhaupt ansatzweise zu spüren, woran sich Die zu erinnern vermochte. Er hatte so unbedingt die feuchten Lippen und diese agile Zunge nur einmal wieder begrüßen wollen. Stattdessen blieb ihm beides verwehrt, denn sogar Kaorus Lippen waren viel rauer gewesen als in seiner Erinnerung.
Der Kuss endete, bevor er richtig begann, als der Ältere mehr Distanz zwischen sie brachte. „Das ist keine gute Idee.“
So betrunken wie er war, konnte Die sein enttäuschtes Stöhnen nicht unterdrücken, denn er hasste es, wenn er zurückgewiesen wurde. Warum hatte denn nie jemand Mitleid mit ihm? Nicht mal Kaoru, den er nun ansah und sich wunderte, warum er leicht lächelte. Er sah ihn gar nicht an wie jemand, der ihn zum Teufel jagen würde, sondern vielmehr wie jemand, der ihn gernhatte. Zumal Die nun auch bemerkte, dass er eine Hand an der Wange spürte, die eindeutig Kaoru gehören musste, denn sie ließ sein Gesicht noch mehr glühen, als es sowieso schon tat. „Och, wieso nicht?“
Etwas amüsiert war der Ältere schon, doch dann wurde er ernst. „Na weil wir besoffen sind und wenn ich je wieder solche Dinge mit dir anstelle, dann bestimmt nicht rotzvoll.“
„Nh?“ Das war jetzt nicht leicht zu begreifen, denn das klang teils gut und teils nicht so gut. Die versuchte das mal zu kapieren. „Willste erst wieder nüchtern werden?“
Zweimal kurz nickte Kaoru und wand sich so, dass er sich den anderen quasi um die Schultern legen konnte. Ziel war es, ihn nach oben zu schleppen, doch das war mit einem gesunden betrunkenen Die schon schwer. Level up. „Komm, arbeite mal mit hier.“
„Jaja,“ murrte der Große, doch gab nach. Er war ein bisschen träge vor Suff, das stand außer Frage. Er setzte auch einen Fuß vor den anderen bzw. schleifte er den Fuß im Gips etwas nach, doch gestützt auf Kaoru ging das schon irgendwie. Nur gingen ihm dessen Worte nicht aus dem Kopf. „Wären wir nicht betrunken, würdest du mich doch aber bestimmt erst recht nicht wollen? Das glaub ich nicht.“
Leicht war es nicht, den großen Kerl nach oben zu karren, wenn man selbst einen im Tee hatte. Das stand für Kaoru fest. Trotzdem musste er etwas schmunzeln, denn er hatte so einen soften Spot für den anderen, wenn der blau war. Das war nicht normal. Die war sowieso schon ein heißer Kerl, doch betrunken auch noch niedlich und lustig. Beim Gedanken daran verdrehte Kaoru die Augen zu sich selbst, auch wenn er seine Gefühle nicht ändern konnte. „Ich oder du?“
Die gab alles, die Treppen nach oben zu gelangen und schnaubte nun. „Lenk nicht ab.“
Erwischt, dachte sich Kaoru und schleppte den anderen weiter bis zu seinem Zimmer, wo er das Licht darin einschaltete. „Weiß nicht, Die. Ist schwierig. Bist ja gerade erst frisch getrennt und auf die Trostnummer hab ich nicht so Lust. Dafür sind wir beide auch zu alt, oder?“
Zwar zog Die einen Schmollmund, aber nur, weil er erst über so ernste Worte nachdenken musste. Mit Hilfe von Kaoru schaffte er es zum Bett und fiel direkt darauf um. Er streifte sich noch den anderen Schuh vom Fuß, aber gab bei der Hose gleich auf. Irgendwo tief in den Gefilden seines betrunkenen Hirns verstand er schon, dass sie beide auf gar keinen Fall eine Nummer schieben durften wie vor 24 Jahren. Allein schon weil Kaoru Kinder hatte und Verantwortung und sie nun in dieser Band seit fast 30 Jahre überlebten. Da war eine Trostnummer nicht drin. Aber wäre sie denn wirklich eine? Dieser Frage könnte sich nur Die allein widmen, doch dafür war er zu müde. Er merkte außerdem, wie ihm eine Decke übergelegt wurde.
„Gute Nacht, Die. Schlaf gut,“ hörte er den Bandleader sagen und dabei leise kichern.
Doch bevor er gehen konnte, griff Die nach Kaorus dünnem Handgelenk, um ihn daran festzuhalten. „Als du untreu warst… war das mit Männern?“
Krass, wie schnell man sich nüchtern vorkommen konnte, dachte Kaoru, während ihm der Puls stieg, nur weil ihm endlich jemand auf die Schliche gekommen war. Andererseits war es eben nur Die, dem er es sowieso von jeher am liebsten alles gesagt hätte. Allerdings war genau jetzt, hier und heute, auch nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Kaoru zog seinen Arm weg und ging zur Tür. „Schlaf jetzt. Wir reden morgen.“
„Mhhmm,“ murmelte der andere und gab nach, denn er war schließlich schrecklich müde gerade. „Nacht, Kaoru.“
Ende Kapitel 7.
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Take The Long Way Home - Kapitel 6
Kapitel 6: Daddy Cool Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 6/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 6: Daddy Cool
Als Die am Morgen nach ihrem Besuch bei Alice wach wurde, war der bei ihm liegende schnurrende Kater das beste Gefühl seit Langem. Es tat gut, sein warmes Fell kraulen zu können, während einen die eigenen Gedanken innerlich auffraßen. Erst hatte ihm seine Exfreundin zugesetzt und dann verwirrte ihn auch noch Kaoru, weshalb er nur sehr spät hatte schlafen können, nachdem sich ihre Wege gestern getrennt hatten.
Mit Mühe hatte Die dem Kater einen Platz für seinen Kratzbaum gesucht und ihn trotz seiner Behinderung sogar aufgestellt. Auch die Katzentoilette fand ein Fleckchen, von dem er hoffte, dass es der Hauseigentümer in Ordnung fand. Schließlich wollte Die nicht das Zimmer von Kaorus Sohn damit verpesten. Er hatte letztlich den Kater noch gefüttert und sobald der Bandleader vom Duschen zurückkam, startete Die durch es ihm gleichzutun. In jeder Minute, die er alleine war, dachte er meistens sogar daran, was Kaoru meinte, das Die als seine Gründe für Untreue checken müsste. Komischerweise lenkte es sogar ein bisschen ab von Alice, an die Die auch dachte und es tat ihm noch immer weh, wie sie ihn nun behandelte. Wie Liebe sich doch wandeln konnte, war kaum zu begreifen für ihn.
Als auch er vom Duschen zurückkam, fand der tatsächlich eine Portion Cup Nudeln für sich vor, während Kaoru seine vor dem Fernseher verspeiste. Die bedankte sich nur und ging mit seinen Nudeln nach oben, um dem anderen heute lieber nicht mehr auf den Wecker zu gehen. Zumal er erschöpft wirkte und Die war es nicht minder. Allerdings hatte er nach dem Essen noch Einiges wegzuräumen von seinen paar Sachen, die er nun zumindest erst einmal in seinem Besitz hatte und so nicht ständig Kaorus missbrauchen musste. Dabei dachte er zurück an eine Zeit lange vor Kindern oder Ehefrauen. Eine Zeit, wo Kaoru mit eben genau diesem Die untreu gewesen war. Es war nur ein einziges Mal gewesen und für den jüngeren Gitarristen auch kein Indiz dafür, dass es sich bei seinem Kollegen um einen Wiederholungstäter handeln müsste. Aber vielleicht schon? Genau hätte es Die nie sagen können.
Wenn er aber zuließ, sich an diese eine Nacht zu erinnern, so kam in ihm niemals Reue auf. Warum auch? Klar war er ein Idiot gewesen und hatte sich für kurze Zeit auch mal benutzt gefühlt, doch letztlich wurde er schließlich nicht vergewaltigt. Ihm wurde nichts versprochen und es hatte keine Liebesschwüre gegeben, weswegen er hätte sauer sein können. Nein, eigentlich hatte Kaoru nur eine Neugier in ihm erweckt, die es sich auszuforschen gelohnt hatte.
Mittlerweile aber hatten sie sich sehr verändert. Aus dem neugierigen, wohlgleich manchmal noch schüchternen, lustigen Kerl mit rotem Haar wurde ein erfahrender, alles andere als schüchterner, doch ausgeglichener Mann, der sich sehen lassen konnte. Heute war Die die dominante Präsenz, die die Aufmerksamkeit auf sich zog. Und aus dem forschen, aufsässigen bis provokanten Jungspund mit lila Haar wurde ein extrem entspannter, doch abgeklärter und verantwortungsvoller Vater von zwei Kindern. Sie hatten sich mehr als nur stark verändert, wurde Die bewusst, und er fragte sich, ob ihm Kaoru dennoch nur wieder eins voraus wäre.
Vor 24 Jahren hatte er mehr Erfahrung gehabt auf anderem Gebiet und vielleicht war es heute auch noch so – nur anders?
Seine Gedanken jedenfalls kreisten mehr um Kaoru als um Alice. War das nicht auch verrückt? Oder vielleicht gut so? Egal wie, führten die rastlosen Gedanken dazu, dass er erst sehr spät schlief. Es war also auch gar nicht so verwunderlich, als er tatsächlich erst in den späten Morgenstunden wach wurde.
Irgendwann signalisierte ihm sein schnurrender Kater, dass er gefüttert werden wollte, und nachdem Die kurz im Badezimmer war, stakste er nach unten. Dort war noch immer alles still, kein Kaoru weit und breit, sodass Die davon ausging, dass sein Kumpel wohl selbst noch schlief. Es wäre also nett, wenn sich heute der große Blonde mal um Kaffee und etwas zu essen kümmerte. Das mit dem Kaffee war auch ziemlich einfach, aber beim Inspizieren des Kühlschranks sah er im Grunde nichts, worin er ein Händchen hatte es zuzubereiten. Es war echt zum Verzweifeln. Was konnte er eigentlich, außer Protein Joghurts zu öffnen und zu verspeisen?
Als plötzlich ein Klingeln an der Eingangstür war, erschreckte sich Die fast. Er blickte in den Flur und merkte, wie da ein Kratzen am Schloss war, als wollte jemand einen Schlüssel benutzen. Kaoru? Der würde aber sicher nicht klingeln. Zumal kurz darauf die Klingel erneut betätigt wurde. Also was tun? Ganz klar, Die musste nachsehen, wer das war, denn hier dumm stehen und glotzen konnte nichts sein, was ein erwachsener Mensch tun sollte, egal ob er nur Gast war oder nicht.
Es dauerte etwas, bis er zur Tür hinkte, doch dann konnte er sie endlich öffnen. Dass er dann ein kleines Mädchen in Schuluniform sehen würde, hatte er nicht erahnt. Sie trug ihre Schultasche auf dem Rücken und ihren Kopf zierten zwei Zöpfe rechts und links, weshalb sie echt niedlich aussah. Nur ihr Gesichtsausdruck leider nicht, denn der war vielmehr verwirrt bis leicht verstört.
Die versuchte es mit einem Lächeln. „Kiku, hey.“
Immerhin musste das Mädchen Kaorus Tochter sein, soviel wusste Die auch. Sie allerdings konnte sich wohl eher nicht an ihn erinnern und holte tief Luft um wichtig zu verkünden: „Ich muss zu meinem Papa!“
„Jaja klar, komm rein. Der ist bestimmt oben.“ Die hielt ihr die Tür auf und obwohl sie ganz kurz mal zögerte, stapfte sie auf einmal los ins Innere des Hauses. „Weißt du noch, wer ich bin?“
Nach Dies Frage, die er stellte, während er die Tür hinter ihr wieder schloss, drehte sie sich um und streifte sich die Tasche von den Schultern. „Jaaaaa von Papas Arbeit.“
Es war nicht schwer zu erkennen, dass sie keine Ahnung von Dies Namen hatte, doch es war extrem amüsant, wie zuckersüß sie versuchte, das zu vertuschen. Sie grinste ein bisschen und erinnerte mit ihrem schiefgelegten Kopf an Kaoru. „Das ist korrekt,“ lachte Die jedenfalls und wollte nett sein. „Ich bin Die von der Arbeit deines Papas. Kommst du gerade aus der Schule?“
„Ja!“ Sie hockte sich einfach in den Flur und zog dabei ihre Schuhe aus, bevor sie aus einer Kommode ganz selbstverständlich ein Paar Kinderhausschuhe hervorholte und überstreifte. „Was ist mit deinem Bein?“
Ein wenig musste Die schmunzeln. „Tja, da hab ich nicht aufgepasst und jetzt ist es gebrochen und ich muss mit Krücken gehen.“
„Malen dir deine Freunde auf den Verband?“ Womit sie den Gips meinte, das war klar. Doch die Gedanken einer Siebenjährigen waren wirklich zu putzig, als dass Die nicht leichtherzig darüber schmunzeln musste. Kinder waren eben so unbeschwert und dachten an das Gute, was so ein eingegipstes Bein mit sich bringen konnte: Freunde, die es bemalten.
Der Gedanke daran verflüchtigte sich allerdings, als die Stimme des verdutzten Vaters von der Treppe aus erklang. „Kiku, was machst du denn schon hier? Du bist doch viel zu früh. Du hast doch eigentlich noch Unterricht.“
Wie ein begossener Pudel stand das Mädchen da und schaute zu, wie ihr Papa fast tadelnd zu ihr runterkam. „Aber der Unterricht war schon aus und ich musste Mama anrufen und Bescheid sagen.“
Kaoru kam vor ihr an und streichelte ihr trotzdem kurz über den Kopf. „Und deine Mama hat gesagt, du sollst gleich herkommen?“
Seine Stimme klang, als wäre er nicht überrascht, doch leicht verärgert. Das kleine Mädchen nickte sachte und blickte zu Kaoru nach oben. „Ja, Linie eins zwei drei nach Minatô, an der Nummer Sieben raus zu dir. Weil doch Papa-Wochenende ist!“
„Na das weiß ich doch,“ sagte er schon liebevoller und umarmte sie kurz. „Hab dich nur noch nicht so früh erwartet. Hast du dich nun auch nicht vor Die erschreckt?“ Er lachte mit einem Wink zum anderen Mann, doch schob die Kleine ins Wohnzimmer. „Gegessen hast du auch nicht in der Schule. Da muss ich mir was einfallen lassen.“
Natürlich kam Kiku dann von ganz alleine in die Gänge und kicherte verschämt. „Kann ich malen gehen?“
„Hrrmm,“ brummte ihr Vater zunächst, doch nickte dann. „Aber nur mit deinen Sachen. Was ich dir in deine Box getan habe. Nicht wieder alles von mir nehmen.“
Sie hüpfte schon davon ans Ende des Zimmers zu den großen Fenstern, wo sie eine große Box heranzog und begann, daraus Malsachen zu holen, die sie auf einem Tisch drapierte. Ganz offensichtlich war dies ihre Ecke des Raumes und Die musste unweigerlich lächeln, wenn er ihre Unbeschwertheit beobachten konnte. Dann fiel sein Blick auf Kaoru, weil der ungeachtet dessen schnaubte und in die Küche lief.
Noch bevor Die etwas sagen konnte, murmelte Kaoru drauflos. „Das macht Kikus Mutter immer. Sagt mir halt einfach nicht Bescheid und lässt sie alleine Bus fahren. Ist zwar nur eine Linie, aber 15 Stationen und wenn sie nicht ankommen würde, ginge das komplett unter. Würde ich dann am späten Nachmittag merken. Da kann alles zu spät sein. Ich könnte diese Frau dafür… Ich sag lieber nicht was.“
Die schloss daraus, dass Kaoru verärgert war, doch zum Glück schon mal nicht wegen ihm. Er kannte solche Probleme auch gar nicht, aber versuchte sie nachzuvollziehen. Plötzlich war manches nur noch unwichtig, wenn die Sorge um ein Kind aufkam.
„Kommt das denn oft vor?“, fragte Die, der Kaoru gefolgt war, und nachhaken wollte, weil der andere davon sprach, dass es immer so war mit seiner zweiten Exfrau.
„Und ob.“ Der Bandleader durchforstete nun selbst den Kühlschrank und vergaß, dass auch er eigentlich erstmal Kaffee brauchte. „Zum Glück fällt aber selten Schule aus. Eigentlich fast nie. Nur zurzeit gibt es zu wenig Lehrer an ihrer Schule, da ist es fast abzusehen. Würde auch reichen, wenn Saiyuri mich mal anriefe, wenn sie Kiku losschickt. Doch nö. Macht sie nicht. Schreibt auch nicht. Ist ja sowieso der Tag, an dem sie käme, also meint sie wohl, die Uhrzeit sei egal. Ich könnt da aber kotzen.“
Kaoru schmiss den Kühlschrank zu und blickte auf eine Tasse Kaffee, die Die ihm mittlerweile eingegossen hatte und er dankbar annahm.
„Scheint mir eine schwierige Frau zu sein.“ Um es milde auszudrücken, denn scheinbar war Kaoru bei der Wahl seiner Partnerinnen ebenso dämlich wie Die. Er wollte nur diplomatischer sein, wenn er seine Meinung kundtat.
Der Ältere hatte zwischenzeitlich vom Kaffee getrunken und atmete mal durch. „Kann man so sagen. Ich hatte mal eine andere Schule vorgeschlagen, aber da war was los. Das wurde sofort bombardiert, nur weil ich es gesagt hatte. Irgendwie checkt die Frau es so gar nicht, dass es um Kiku geht. Da könnt sie ihren Hass gegen mich auch mal runterschlucken.“ Er zuckte die Schultern. „Naja, wie auch immer. Sorry, dass ich dich damit zulabere.“
„Ist schon okay.“ Der Größere lächelte sachte. „Ich höre mir auch mal die Sorgen anderer mit ihren Exfrauen an. Dann fühl ich mich nicht alleine mit meinen.“
Obwohl darin Ironie lag, musste Kaoru etwas grinsen. „Haha.“
„Also wenn ich dir irgendwie helfen kann? Immerhin ist Kiku ‘ne echt süße Maus.“ Die wusste zwar nicht, wozu er wirklich nutze sein konnte, aber nur zu gerne würde er Kaoru unterstützen.
Dem das Angebot tatsächlich viel bedeutete. „Wenn du mal ein Auge auf sie hast, würde es schon helfen. Dann braue ich hier irgendwas zusammen aus Reis und Eiern. Wird’s schon tun für heute.“
„Wenn es mehr nicht ist,“ griente der Große kurz und zuckte mit den Achseln. Er wäre gerne bereit, den Babysitter zu machen. Zur Abwechslung würde er gerne mal den netten Onkel geben wollen. Wenn er schon selbst nicht Vater sein durfte, würde er vielleicht auf diese Weise auch mal mitspielen dürfen.
Nachdem er seinen Kaffee getrunken hatte, ließ er Kaoru alleine und wagte sich ins Wohnzimmer, wo er sich einfach dem malenden Mädchen näherte. Anders als ihr Vater hatte sie einen kleinen Maltisch mit all ihren Sachen und darauf lag ein großes Blatt Papier, auf dem sie offensichtlich eine Barbie oder so etwas in der Art zeichnete.
Etwas jedoch machte Die an dem Gemälde stutzig. „Was malst du denn da?“
Sie blickte mit großen Augen nach oben zu Die, der da mit seinen Krücken stand und wie ein Berg auf sie herabschaute. Doch ihr Blick sagte bereits, dass nun eine sehr einfache Erklärung folgen würde. „Das bist du.“
„Oh.“ Jetzt machten die langen Haare endlich Sinn, auch wenn er dachte, dass er eine schönere Figur habe als die Gestalt auf dem Bild. Doch er lächelte. „Ich verstehe.“
Sie schaute zufrieden zurück auf ihr Meisterwerk und schlug sich dann eine Hand vor den Mund. „Oh nein! Ich habe dein Bein vergessen!“
„Eh?“ Onkel Die konnte nicht folgen, denn eigentlich hatte die Person auf dem Bild zwei Stöcke am Körper, die wohl Beine waren. Einen davon malte Kiku nun allerdings sehr dick und etwas kantig und Die verstand nun auch, dass sie wohl Wert auf Details legte, indem sie ihm einen Gips zeichnete.
„Du hast einen leeren Verband,“ fuhr sie fort, doch erneut stand ihr neuer Freund hier auf dem Schlauch. „Kai-chan aus meiner Schule ist mal vom Klettergerüst gefallen und dann war sein Arm gebrochen. Da haben ihn ganz viele angemalt.“
„Ach so.“ Nun musste Die etwas grinsen, denn auch wenn er länger brauchte, raffte er schließlich doch immer, was sie sagen wollte. Er machte sich nun etwas mehr Platz und setzte sich auf einen Schemel, den Kaoru warum auch immer hier stehen hatte. Dabei streckte er sein Gipsbein von sich und verschränkte die Arme. „Du kannst meinen Gips anmalen, wenn du möchtest?“
Sofort strahlten die Augen der Kleinen und sie bewaffnete sich grinsend mit einem grünen Wachsmalstift. „Ich finde, da muss eine Blume drauf!“
Währenddessen regte sich Kaoru so langsam ab und ihm fiel auf, dass auch seine Gedanken nun nicht mehr an der Vergangenheit hingen. Ihm war klar, dass Alice ihn nicht mochte, doch vor gestern hatte er nie die Gründe dafür versucht zu erfragen. Er bereute vielleicht ein wenig, Die gefragt haben, ob er ihr von damals erzählt hatte. Warum Kaoru es überhaupt in den Sinn gekommen war nach all den Jahren, wusste er auch nicht. Wahrscheinlich brachte diese seltsame Situation nun einfach mit sich, dass er impulsiver war als sonst und das war eigentlich nicht gut.
Nun aber durfte er sich stattdessen über seine Exfrau aufregen und unerwartet irgendwas Essbares machen, zu dem er eigentlich nicht fähig war. Geplant hatte er, für den Abend Essen zu bestellen. Mittagessen war nicht auf dem Programm gewesen. Deswegen war er ein wenig hektisch am Werkeln und erschreckte sich auch ein bisschen, als ihm Dies Kater auf einmal auf die Anrichte hopste.
„Na wo kommst du denn auf einmal her?“ Er streckte die Hand aus und kraulte dem Fellbündel den Kopf, der dabei das kleine Maul weit aufriss und gähnte. „Ach wie müde.“
Kaoru schlussfolgerte, dass Boo ein wenig länger oben verweilt hatte, doch nun bereit war, sich unters Fußvolk zu mischen. Katzen waren sonderbar, aber Dies schaute so schön treudoof und das erinnerte Kaoru an jemanden. Weswegen er beschloss, dem Kater heimlich etwas Thunfisch aus der Dose zu holen, bevor er weiter ein Mittagessen zusammenbraute. Erst als Kaoru fertig war, fand er, dass er durchaus nach seinem Kind und dem Hausgast schauen sollte, denn es war verdächtig still.
Als er in die Malecke seiner Tochter kam, blickte ihn Die bereits vom Schemel aus an und grinste breit. Kiku war noch immer dabei, ihm die letzten Stellen seines Gipses mit einem gelben Wachsstift zu füllen, und schnaufte ganz abgearbeitet dabei.
Amüsiert doch auch stirnrunzelnd verschränkte Kaoru die Arme. „Ach wie schön du Die machst! Wenn du ihm dann dein Finish gegeben hast, können wir essen.“
Das Mädchen prustete gekünstelt und legte den Stift weg, während Die weiter grinste und sich fast nicht entscheiden konnte, was er süßer fand. Kiku, die ihn verschönerte, oder Kaoru, der das sofort sah und ihm schmeichelte, ganz als Hausfrau und Gluckenmutter zum Essen rufend. „Sie muss noch unterschreiben! Weißt schon, Ki-chan, du musst dein Bild signieren. Das ist wichtig. Stimmt doch, Papa?“
„Jaja, so ist das.“ Der Bandleader war einfach nur amüsiert über seine zwei Kinder hier und sah zu, wie seine Kleine dem anderen Gitarristen noch ein 菊 ans Bein kritzelte.
Dass mittendrin der Kater erschien, ließ das Autogramm leider etwas hässlich werden, denn Kiku warf plötzlich alles von sich. „Oh mein Gott, eine Katze! Wir haben eine Katze? Wie schön!“
Boo konnte gar nicht so schnell in Deckung gehen, da hatte Kiku ihn schon auf dem Arm und streichelte den pelzigen Freund. Er nahm dabei zwar fast das ganze Kind ein und haarte es zudem auch ein, aber sie schien es nicht zu stören.
„Das ist Dies Kater,“ klärte Kaoru auf.
Die seinerseits wusste, dass sein Kater zu einem nassen Handtuch mutierte, das einfach leblos herabhing, wenn man ihn auf den Arm nahm und deshalb keinesfalls kratzte oder ähnliches. Er konnte es ab, wenn ein Kind ihn tätschelte.
„Er heißt Boo,“ fügte er hinzu und stand so langsam auf, denn essen konnte er tatsächlich mal was. Ein Model zu sein konnte anstrengend sein.
„Oh, er ist so schön und so weich! Ich wollte immer eine Katze haben!“ Sie war hin und weg zu Kaorus Leid, der das irgendwie schon befürchtet hatte. „Können wir ihn behalten?“
Das war nun wieder witzig, fand er und musste fast grinsen, denn offenbar störte sie sich nicht daran, dass die Katze Die gehörte. Kaoru machte eine Kopfbewegung, die ansagte, dass sie sich nun zum Essen bewegen sollten, aber beantwortete die Frage noch schnell mit einem kleinen Zwinkern. „Ich schätze, dafür müssten wir auch Die behalten.“
Kiku versuchte, die schwerwerdende Katze davon zu tragen und nickte dabei. „Okay, wegen mir!“
Nur Die hob eine Augenbraue, denn offensichtlich wurde er hier gar nicht mehr gefragt. Kiku dampfte mit Kater ab und Kaoru grinste ihn leicht an, doch irgendwie störte es Die nicht, denn er war doch gut aufgehoben hier. Kinder waren kein Problem und wenn der Bandleader ihn auch so schön versorgte, warum nicht bleiben? Also grinste er ebenfalls und zuckte lediglich die Schultern, denn nicht alles musste kommentiert werden. Nicht wenn man zustimmte.
***
So verging ein Tag, den zumindest Die so nie auf dem Schirm gehabt hätte. Nach dem Essen musste Kiku ihre Hausaufgaben erledigen und weil er schon mal hier war, machte er sich nützlich und half ihr. Anschließend erklärte sie ihm ihr Zimmer, inklusive aller Spielsachen darin. Zwischendurch schimpfte auch Kaoru, weil sie die Malsachen nicht wieder aufgeräumt hatten, aber ansonsten konnte sich der Herr Vater nicht beschweren, da er so gut wie einen freien Nachmittag hatte dank Die. Der wurde nämlich so richtig von Kiku in Anspruch genommen, bevor sie am Abend wieder alle gemeinsam am Tisch saßen. Alles in allem hätte sich der jüngere Gitarrist ein solches Leben immer gewünscht, egal ob mit nur einem Kind oder vielleicht auch mehr, und darum genoss er es tatsächlich, wenigstens heute mal so etwas Ähnliches zu erfahren.
Dass ihm der lächerliche Gedanke kam, an so etwas nie im Leben gedacht zu haben, als er vor 24 Jahren mal kurz mit Kaoru im Bett war, sagte er natürlich nicht. Aber wie irre war das eigentlich? Damals hätte er sich keinen Wunsch nach Kindern mit einem Mann erfüllen können und dennoch saß er hier mit eben diesem und einem Kind. Das war Ironie des Schicksals. Aber auch nur weil sie beide offenbar gerne ins Klo griffen mit ihrer Damenwahl.
Wie auch immer, die kleine Kiku wünschte sich, dass explizit Die sie zum Prinzessinnenbett begleitete, um gute Nacht zu sagen. Kein Problem für ihn und er zwinkerte ihr zu, bevor er das Zimmer verließ, damit auch Kaoru seine väterliche Pflicht erfüllen konnte. Als endlich das Licht aus war, machte sich der Bandleader auf den Weg nach unten zur Couch, wo Die bereits saß, und plumpste wie ein Stein daneben.
Da saß er nun und schnaubte kurz mal, erschöpft vom Tagwerk eines Vaters. „So ist das im stinknormalen Leben mit Kind. Kriegst nun ganz schön was ab davon, was? Tut mir leid, dass sie dich so in Beschlag nimmt.“
„Spinnst du?“ Die konnte sich leider nicht zusammenreißen und schaute, als ob der andere verrückt wäre. „Gibt ja wohl nichts, was dir leidtun müsste. Erstens bin ich hier der, der euer Leben infiltriert und zweitens hatte ich Spaß heute. Ich denke dann zwar oft an Alice und wie ich mit ihr Zeit vergeudet habe ohne Kinder, aber naja.“
„Hrm,“ brummte Kaoru kurz und lächelte einseitig. „Ersatzweise darfst du dich gerne mit meinem beschäftigen. Sie mag dich.“
„Ich sie auch,“ grinste Die ein bisschen, denn er fühlte sich seltsam verlegen, das zuzugeben. Weshalb er wohl auch verzweifelt versuchte noch zu scherzen: „Solange ich nicht die Mutter dazu nehmen muss.“
Das konnte ihm Kaoru auch nicht verübeln, als er direkt genervt stöhnte. „Was mich da geritten hat, kann ich mir auch nicht erklären.“
An dieser Stelle fand Die allerdings, dass es hätte interessant werden können. Er blickte den anderen mit einem Stirnrunzeln an und wagte sich einfach zu fragen. „Wirklich nicht? Irgendwas musst du an ihr gemocht haben. Wenn auch nur kurz.“
Vor lauter Ironie musste der Ältere schon lachen und strich sich über die Augen, bevor er etwas seufzte. „Das war nur der Reiz des Abenteuers und ja, klingt schlimm, aber…“ Wieder brummte er etwas und suchte offensichtlich nach Worten. „Während ich mit Junko verheiratet war, hab ich mir echt viel Mühe gegeben, ordentlich zu sein und nichts Dummes anzustellen. Obwohl ich vorher eher nicht so war.“ Kurz mal blickte Kaoru den anderen an, als müsste er das am besten wissen. Dann fuhr er fort: „Ich wurde regelrecht langweilig und dann, nach der Scheidung, hätte ich theoretisch wieder viel Blödsinn anstellen können, aber ich war älter geworden und wusste gar nicht mehr, wie geht das eigentlich. Mit fast 40 rennt man nicht los in Club um alles unsicher zu machen, denn ich war ja ziemlich langweilig geworden. Alle Türen standen offen, aber von alleine kriegt man irgendwie den Arsch nicht hoch. Freunde von früher sind weg und neue zu finden, ist gar nicht so einfach. So verging die Zeit und mit Blick auch auf euch und die Leute, die ich sonst so kannte, hatte ich manchmal das Gefühl, es vielleicht falsch angegangen zu sein. Man fühlt sich ein bisschen verloren.“
Zum ersten Mal schaute Kaoru fragend hinüber zu Die in der Hoffnung, dieser würde verstehen, was er meinte. Doch im Grunde stand der Jüngere hier ziemlich auf der Leitung und wollte nur nicht, dass der andere aufhörte zu erzählen. Wenigstens zum Teil konnte er aber schon das Puzzle zusammensetzen. „Und dann kam Saiyuri?“
„So ungefähr. Ich glaube, du hattest gerade Alice kennengelernt und kurz darauf hab ich Saiyuri getroffen, die so anders war mit ihrem bunt gefärbten Haar und diesem eher krassen Auftreten für eine Japanerin. Als käme sie direkt aus einer Biker-Gang,“ lachte Kaoru sogar, denn heute konnte er rückblickend wenigstens das, wenn er ihren Look beschrieb.
„Sie sah gefährlich aus,“ stimmte Die schulterzuckend zu, wenn auch mit Respekt gegenüber Kaoru, dem das wohl gerade recht gewesen war.
„War sie ja auch,“ meinte dieser nun lachend, obwohl es wahrlich Galgenhumor war. „Ich schätze, etwas in mir wollte rebellieren und cool sein. Wie früher mal, nur doch irgendwie anders. Also sagte ich zu ihr, lass uns heiraten. Einfach so, ohne Familie. Und sie war begeistert, denn das klang doch wie im Film. Aber kaum hatten wir geheiratet, war mir auch schon klar, wie dumm das gewesen war. Die meiste Zeit nervten wir uns gegenseitig, hatten nie dieselbe Meinung und tendierten zu komplett unterschiedlichen Dingen. Also dachte ich, es sei vernünftig, sich gleich wieder zu trennen und diese Heirat nach den ersten paar Wochen rückgängig zu machen. Aber da brach der Krieg aus und sie hieß mich wild, kannste dir nicht vorstellen. Dabei kann ich mir echt nicht denken, dass sie je was anderes an mir mochte, als dass ich in einer Band bin und Tattoos habe. Alles andere war ihr viel zu spießig.“ Nun sprudelte es wirklich aus ihm heraus und dabei wurde Die erst klar, dass er nie zuvor danach gefragt hatte.
„Ich glaube, von eurer Trennung hab ich nie viel mitbekommen,“ murmelte er nachdenklich.
Doch Kaoru winkte ab. „Warst eben selbst frisch verliebt und hey, du hast ja nichts verpasst außer ein wenig Rosenkrieg. Sie hat mich dann zum Glück so sehr gehasst, dass sie die Scheidungspapiere ohne Weiteres unterschrieben hat, auch wegen der nicht allzu geringen Summe, die sie von mir bekommen hat. Tja und dann, als ich schon dachte, ich bin sie für immer los, stand sie knapp vier Wochen später bei mir auf der Matte mit der frohen Kunde von ihrer Schwangerschaft.“
„Krass.“ Die kratzte sich nachdenklich die Wange und überlegte, warum er das halbe Drama verpasst hatte. War er echt so blind gewesen, nachdem er Alice getroffen hatte? „Aber heute bist du doch bestimmt trotzdem froh, dass du Kiku hast?“
Das war für Kaoru tatsächlich eine Fangfrage, wenn er es genau nahm. Also ließ er sich mit der Antwort Zeit, aber lächelte. „Sicher. Sie ist ja schon mein kleiner Engel. Aber ob es nicht dumm war, ausgerechnet mit Saiyuri ein Kind zu haben, kann ich jetzt auch nicht verneinen. Man wächst zumindest zum einen an solchen Eskapaden und zum anderen auch an der Verantwortung, die damit einher geht. Zack ist man wieder langweilig. Weil’s besser ist für alle. Sag ich mal.“
Natürlich sprach die Reife aus Kaoru, doch irgendwo darin hörte Die auch etwas Wehmut. Oder täuschte er sich? War alle Vernunft in ihrem bodenständigen Bandleader doch einfach nur ein geringeres Übel? Plötzlich war da doch ein kleines ‚Was wäre wenn?!‘ in Dies Kopf. Könnte es sein, dass Kaoru manchmal ein Leben ohne Kinder gewollt hätte, während Die genau dieses verwehrt geblieben war?
„Vermisst du etwas?“ Die Frage plauzte intuitiv aus ihm heraus.
Erstaunt blicke der Ältere ihn also an, denn gefasst war er darauf nun auch nicht gewesen. Doch er seufzte nur kurz, bevor er seine Antwort parat hatte. „Nur manchmal, wenn ich zu weit in Erinnerungen schwelge.“
Etwa so wie Die es letzte Nacht getan hatte, fragte er sich, und verharrte mit dem Blick auf seinem Gegenüber. „Bereust du auch was?“
Etwas in Kaoru sagte ihm, dass Die ihm jetzt in dieser Sekunde gedanklich ziemlich genau folgen konnte, ohne dass er Dinge explizit beim Namen nannte. Also schüttelte er leicht den Kopf. „Unterm Strich nichts von dem, was ich getan habe. Höchstens vielleicht etwas, das ich nicht getan habe. Aber ich lebe ja vielleicht auch noch eine Weile.“
Langsam entwickelte sich Kaorus Mund zu einem Lächeln und dann zu einem Grinsen, welches Die ganz automatisch spiegelte. Plötzlich waren da so viel Zuversicht und eine Zukunft, die Die nach Alice nicht mehr hatte sehen können, die aber von Kaoru auf ihn abstrahlte. Das war unglaublich. Da saß der Bandleader neben ihm, der so einiges gelebt hatte – nicht nur erlebt, er hatte es gelebt – in jeglicher Hinsicht. Höhen und Tiefen, Gewinne und Verluste, alle Aspekte des Lebens in allen Richtungen mitgenommen und doch schien er nicht zu verzagen. Stattdessen kam es Die vor, als wäre nicht einmal unmöglich, dass dieser junge Kaoru mit dem lila Haar noch immer in ihm steckte. Vielleicht war es das, was so viel Hoffnung und Zuversicht ausstrahlte, als stünde alles Leben noch bevor. Die konnte es nicht genau ausmachen, doch wusste, dass er sich am liebsten nun noch stundenlang mit seinem Freund hätte unterhalten wollen.
Dieser fand allerdings, dass er nun genug geredet hatte, auch wenn ihm die Gesellschaft des anderen Recht war. „Was meinst du? Schauen wir heute den Film?“
Diesmal verstand Die sofort. Immerhin war es auch nicht so, dass er nerven wollte. Zumal er den Film nun schuldig geblieben war. „Klar, gerne.“
Mit einem Strahlen legte Die sein bunt bemaltes Bein nach oben und machte es sich bequem, irgendwie ahnend, dass er den anderen mit einem Filmabend gerade sehr glücklich machte.
Ende Kapitel 6.
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Take The Long Way Home - Kapitel 5
Kapitel 5: What If…?! Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 5/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 5: What If…?!
2001
Noch immer war für Die jeder Tag der aufregendste seines Lebens, obwohl sie nun schon eine ganze Weile lang in Tokio waren und dort sogar lebten. Schon einige Jahre hatte er mit seinen Bandkollegen verbracht und so einige Eskapaden hinter sich, denn sie waren bereits berühmt und berüchtigt. Ihr Label wollte sie für viele Jahre und es war ihnen gewiss, dass sie von nun an und für immer Rockstars wären.
Trotzdem spürte gerade Die immer wieder den Jungen in sich, der statt Gitarre in einer Band zu spielen, zur Universität hätte gehen sollen, wo er Betriebswirt oder so etwas geworden wäre. Dass er klug war, ging im Leben mit der Band eigentlich unter. Sogar, dass er im Grunde manchmal schüchtern sein konnte und erst aus seinem Schneckenhaus gelockt werden musste, damit er vollends loslassen konnte. Er wusste, wie man Spaß hatte, doch blieb so oft so bescheiden und steckte lieber zurück, als sich in den Vordergrund zu drängen.
Für genau diese Dinge hatten sie Kaoru oder Kyo, obwohl letzterer eine gewisse Attitude mitbrachte, die sich so krass zwischen Aufmerksamkeit und Rückzug bewegte, dass man nicht immer genau sagen konnte, woran man bei ihm gerade war. Anders als bei Kaoru, der einfach immer und überall einfach voran ging, sodass er unweigerlich aufgrund seiner dominanten und auch prominenten Art in den Vordergrund geriet. Er war keinesfalls schüchtern, sondern von Anfang an die starke Präsenz, die es einem auch erlaubte, ihm einfach nachzulaufen.
Die jedenfalls kam gut damit klar, denn er liebte das Rampenlicht, aber auch, wenn er es teilen konnte. Um eben dies sein Leben lang tun zu können, saß er nachts noch im Studio und schraubte an seiner neuen roten Gitarre herum, in die er sich zweifellos verliebt hatte. Sein rotes Haar war aktuell nicht mehr lang und fiel ihm kaum noch bis auf die mageren Schultern, die aus seinem Achselhemd herausragten.
Auch die anderen hatten noch zu tun, aber sie verteilten sich auf andere Räume, abgesehen von Kyo und Shinya, die schon nach Hause gegangen waren. Wahrscheinlich quälte also nur noch Toshiya ihren gewählten Leader mit seinen Ideen für den Bass, aber weil Kaoru gerne wichtig war, hörte der ihm meistens auch ewig zu. Dass er stattdessen auf einmal bei Die im Türrahmen erschien, ließ den jüngeren Gitarristen aufblicken. Er grinste sofort beim Anblick des in der Tür lehnenden Mannes mit dem langen violett gefärbten Haar, der sich davon eine Strähne gekonnt aus dem Gesicht blies.
„Hmm Die,“ begann er und verschränkte die Arme vor der eher schmalen Brust, gekleidet in einem schwarzen glitzernden T-Shirt. „Du würdest doch bestimmt nicht Nein sagen, wenn ich dich frage, ob wir ausgehen um was zu trinken?“
Wieder grinste Die, nur diesmal etwas verwirrt bis verlegen. Die Fragestellung war komisch, denn war sie hypothetisch oder wollte Kaoru mit Die trinken gehen? Er zuckte die Schultern. „Ich würde nicht Nein sagen.“
„Cool,“ grinste Kaoru nun und stieß sich vom Rahmen ab. „Wenigstens auf einen hier kann ich mich verlassen. Wann bist du fertig?“
Also meinte er tatsächlich jetzt sofort und ausgehen. Die war dabei! Er stand einfach auf und stellte die Gitarre zur Seite. „Kann wegen mir losgehen.“
Der andere Mann feierte das mit Siegerfäusten wie ein kleiner Junge und lief dann weg, vermutlich um seine Sachen zu holen. Einen Moment lang fragte sich Die, wer denn überhaupt imstande wäre zu Kaoru Nein zu sagen? Schon gar nicht, wenn er so überschwänglich war und man sein Auserwählter wurde.
***
Nur kurze Zeit später zogen sie gemeinsam durch die Stadt und einmal mehr folgte Die dem anderen einfach. Kaoru hatte erwähnt, dass er einen Ort kennen würde, wohin sie gehen könnten, weil es dort lustig war. Was unter lustig zu verstehen war, wusste Die nicht ganz, denn das konnte in Kabukicho alles bedeuten. Vorrangig wollte er feiern und trinken, ob nun in einem Club oder einer Kneipe war ihm egal. Gerne überließ er das dem anderen, der kurz darauf die Treppen zum Untergeschoss eines Hauses hinab ging, worin sich offenbar ein Club befand.
Als sie ihn betraten, war es dunkel und roch nach Rauch, aber es war auch voll und da waren sehr viele grelle Lichter inmitten der tosenden Töne von Kylie Minogues „Can’t Get You Out Of My Head“. Kaoru ging voran, wie üblich, zwischen den anderen Menschen hindurch zur Bar, wo er stoppte und sich nach Die umdrehte, der ihm gefolgt war.
„Ich bestell uns was?“, fragte der Bandleader und sein Gefährte nickte.
Viele Eindrücke prasselten auf Die ein, denn die Bar erschien ihm ebenfalls greller als normal, die Herren überall nur leicht bekleidet und alles in allem war hier in diesem Club definitiv ein zahlenmäßiger Überhang des männlichen Geschlechts. Manche von ihnen hatten ihre Köpfe zu dicht aneinander, um hier noch lange zu rätseln, wohin Kaoru den anderen verschleppt hatte.
Der jedoch drückte nach einer Weile ein Glas in Dies Hand und nickte. „Das ist ein Cosmopolitan. Mal sehen, ob dir das schmeckt.“
„Ich bin gespannt,“ entgegnete Die nur lächelnd und nahm einen Schluck, bevor er sich unweigerlich wieder umsah.
„Bist du geschockt?“, fragte Kaoru, dem das tatsächlich ein klein wenig gefallen würde. Aber er war natürlich kein Arsch, der fies sein wollte. „Wir müssen nicht bleiben.“
Doch Die grinste nur und schüttelte den Kopf. „Nee, lass bleiben. Ist cool. Ich war nur noch nie in so einem Club. Woher kennst du den?“
Überrascht war Die nicht, dass Kaoru mal wieder versuchte zu schockieren, doch stellte auch fest, dass er den Ort an sich tatsächlich nicht schlimm fand. Es war stellenweise befremdlich, weil er es nicht gewohnt war, Männer miteinander tanzen zu sehen, aber es hatte absolut nichts Abstoßendes oder Unangenehmes. Vielmehr machte es ihn neugierig nach Kaorus Motiven, denn soweit bekannt war, hatte der Bandleader eine feste Freundin und eine sehr hübsche noch dazu.
Kaoru aber zuckte die Schultern. „Hab ich entdeckt und war schon öfter hier.“ Er grinste ein kleines bisschen um den Rand seines Glases herum, bevor er davon trank. „Man kann sich gut amüsieren.“
Das ließ nicht wirklich Fragen offen, aber es war auch in Ordnung für Die. Er war niemand, der einen Stock im Arsch hatte. Eigentlich war er jemand, der sich schnell für Neues interessierte und sei es eben ein Club mit lauter Schwulen. Für ihn war es auch nicht wichtig, ob Kaoru nun an diesem oder jenem Ufer schwamm, solange sie gemeinsam Spaß hatten. Zumal Die zugeben konnte, dass aus seiner Sicht der andere ohne jeden Zweifel ein ziemlich heißes Eisen war. Man würde verstehen, wenn ihn trotz seiner festen Beziehung Männlein wie Weiblein begehrten.
Also grinste er ebenso. „Okay! Sollen wir an der Bar bleiben?“
Denn sie wollten schließlich trinken und Kaoru nickte ebenso grinsend. „Ja, aber ich muss mal wohin. Lass dich nicht anbaggern!“
Er streifte sogar gekünstelt schwul Dies Schulter, bevor er loszog um die Toilette aufzusuchen. Die lachte nur und trank seinen Cocktail, während er sich bereits einen neuen aussuchte. Vielleicht würde er auch mal dieses Smirnoff Zeug testen. Wodka ging immer.
Als Kaoru wiederkam, schob er sich neben Die und ergriff sein Glas. „Bist ja noch allein.“
„Haha, ja. So schnell kam jetzt keiner und wollt meinen Hintern.“, scherzte Die grinsend.
„Das Glück hatte ich nicht. Ich musste schon das erste Mal fliehen und hab behauptet, du bist mein Freund und wartest.“ Eiskalt sagte ihr Bandleader das und zwinkerte sogar.
Wehe, wenn er losgelassen, dachte sich Die, doch fand es ausgesprochen aufregend. „Muss ich jetzt auf dich aufpassen, oder was?“
„Wäre möglich,“ lachte Kaoru. „Was trinken wir nun?“
Es war einfach, mit Kaoru Spaß zu haben. Er wurde unterhaltsam und lustig, wenn er sich betrank und er wurde auch ziemlich flirtend, aber Die machte es nichts aus. Er lachte meistens und genoss es, das Zentrum von Kaorus Aufmerksamkeit zu sein. Zumal der sich für niemanden außer ihm zu interessieren schien und das war toll. Immerhin hätte die Sache hier auch ausgehen können, indem Kaoru trotz seiner Freundin andere Männer anschmachtete und Die sich deshalb überflüssig vorkam und dann nach Hause trollte. Stattdessen bewarf Kaoru ihn irgendwann mit Erdnüssen und steckte ihm sogar die ein oder andere so in den Mund, während Die fast ständig nur am Kichern war. Betrunken wurde er zudem anhänglich und hatte manchmal Probleme noch Worte zu finden, aber lustig war es allemal.
Irgendwann auf dem Weg von der Toilette zurück zu Kaoru schien es allerdings, als steckte Die auf einmal inmitten der Männermassen fest und obwohl er flüchten wollen würde, so konnte er betrunken nichts anderes tun, als zu kichern, während er Orientierung suchte. Er war noch etwas durch den Wind, weil ihm jemand im Sanitärbereich angeboten hatte, ihm einen zu blasen, doch er hatte mit hochrotem Gesicht abgelehnt. Wenngleich das Rot vom Alkohol kam. Nun stieß er wiederum versehentlich gegen einen älteren Herrn in Leder.
„Verzeihung!“, brachte Die hervor und merkte aber, wie der Mann in auscheckte. Direkt neben ihm stand ein Ausländer, der grinste und bemerkte, dass er den jungen Japaner echt heiß fand. Das war alles auch noch schmeichelhaft, bis Die sich umdrehte und ausgerechnet in den Typen stieß, der ihm vorhin noch den Blowjob angeboten hatte.
„Wohin des Weges, Süßer? Sollen wir lieber ins Hotel?“ Der Kerl war an sich nicht unattraktiv, doch solche Angebote fand Die echt zu aufdringlich von fremden Männern.
Er winkte ab und drehte sich erneut um, wo jedoch wieder jemand stand, der ihn diesmal sogar an beiden Unterarmen festhielt. Die musste die Augen fokussieren, um den Mann mit den lila Haaren zu erkennen und war so unsagbar froh, dass ihn Kaoru gefunden hatte, dass er ihm die Hände um die Hüften schob, als wäre er sein Retter in der Not. Was dann geschah, hatte Die nicht geahnt. Denn Kaoru zog ihn einfach an sich heran und legte seine Lippen auf die des anderen. Ohne Vorwarnung küsste er Die vor allen anderen und öffnete dabei einladend die Lippen, denn es war nicht schwer, einen Betrunkenen zu einem Kuss zu animieren, bei dem sich ihre Zungen berührten. Nicht dass Die wusste, wie ihm geschah. Er wusste nur, dass es nicht schlecht war, sondern eigentlich ziemlich cool. Kaoru schmeckte nach Zigarette und das hatte er mit Die vermutlich gemeinsam.
So schnell wie es begonnen hatte, hörte es auch wieder auf und Kaoru löste sich, um Dies Hand zu nehmen und ihn daran zurück zur Bar zu bringen. Es war verblüffend, wie sich die anderen Männer quasi in Luft aufgelöst hatten und der Weg komplett frei war. Die blinzelte, während Kaoru ihn nun ansah und die Schultern zuckte. „Bist gerettet. Was sollte ich machen?“
Der Große grinste, klar besoffen, aber doch auch mit leichtem Hochgefühl vom Kuss. „Du hattest keine Wahl, würde ich sagen, und bist mir auch viel lieber als andere Typen.“
Nun lachte Kaoru und erst jetzt bemerkte Die, dass er noch immer seine Hand hielt. „Komm, ich bring dich nach Hause. Bist ziemlich straff, mein Großer.“
***
Aus Kaorus Sicht war der Abend ein Erfolg gewesen, denn er hatte ihn betrunken mit Die verbringen können an einem Ort, an den der Bandleader höchstens alleine ging. Es war nett, wenn man für einen kurzen Moment mal etwas von sich preisgab, was sonst keiner wusste. Noch netter war es, dass sein Kumpel das alles so locker aufgenommen hatte, sogar den Kuss, der wirklich nicht geplant gewesen war.
Sie beide waren betrunken, wahrscheinlich Die etwas mehr, und das machte so einen Abend eben zum Erfolg. Kaoru passte auf, während sie in Richtung des Bahnhofs liefen und weiter, da erstens aktuell keine Bahn fahren würde und zweitens Dies kleine Wohnung fast in Toshima lag. Doch es schadete nicht zu gehen, denn sie waren jung und gut zu Fuß, und die frische Luft nüchterte sie immerhin ein bisschen aus. Dennoch gab der Ältere acht, dass sein schwankender Freund nicht unter irgendwelche Räder geriet. Dann und wann streckte er den Arm aus und zog Die etwas an sich, wenn der drohte, ihm wie ein Segel im Wind davon zu wanken. Dieser kicherte dann meistens nur, bis er sich auf einmal dazu entschloss, Kaorus Hand zu nehmen.
Vollkommen in Ordnung war das und für einen kurzen Moment hatte der Bandleader das Gefühl, es war um ihn geschehen. Nur weil dieser betrunkene Lulatsch ihn mit einem Grinsen anstrahlte, das den nächtlichen Himmel erleuchten ließ. Es war dumm, aber auch unbeschwerlich, und Kaoru lachte von Herzen, jung und glücklich.
An Dies Wohnblock angekommen, schloss der Bewohner einfach auf und schlappte hinein bis zu seiner Eingangstür, die er ebenso aufschloss und sich dann zum anderen umdrehte. Ihn hatte im Leben auch noch kein Kerl nach Hause gebracht. Oder jemals zuvor geküsst. Aber es hatte Spaß gemacht und noch immer war Die diesem Hochgefühl so unterlegen, dass er sich ständig fragte, ob er mehr davon wollen würde. Er haderte zwar ein bisschen, aber war auch blau genug, um Kaoru an seinem Glitzershirt zu packen. Die dunklen Augen des anderen schauten ihn an, doch etwas anderes als tiefes Schwarz und Wärme konnte Die darin nicht erkennen, bevor er den anderen noch einmal küsste. Vielleicht war es ein Abschiedskuss, vielleicht auch nicht. Die wusste nur, dass er diesen Kuss wollte und er ihm schmeckte wie kaum Küsse vorher.
Es war nicht so, dass Kaoru erwartet hätte, dass der andere mehr wollte, doch wie in drei Teufels Namen könnte er jemals Nein sagen? Diese Zunge beherrschte viel zu schnell seinen Mund und diese vollen Lippen waren so weich und trotzdem fordernd, dass Kaorus Knie weich wurden und sein Körper willig zu tun, was auch immer der andere wollte. Es war aus vielen Gründen nicht richtig, denn keinesfalls sollte man so etwas mit einem Bandkollegen tun und am besten auch nicht, während man tatsächlich eine feste Freundin hatte. Doch wie sehr es unter diesen Umständen schwerfiel, sein tiefstes Verlangen zu unterdrücken, könnte wohl weder der eine noch die andere je verstehen. Es ging nicht anders. Kaoru musste erwidern und dabei genießen. Er spürte die Hand des Größeren am Shirt und auf einmal auch in seinem Nacken, warm und rau, die Fingerkuppen eines Gitarristen. Er war wie Wachs in diesen Händen.
Dass er schon bald gegen die Wand gelehnt in Dies Wohnung stand und ihm seine Jacke und von den Schultern gestreift wurde, passierte fast ohne Bewusstsein für alles andere als ihren Kuss und die kleinen noch zaghaften Berührungen. Während Dies großer Körper sich gegen den das anderen drängte und er den anderen Mann noch gieriger küsste, war Kaoru schnell dabei Dies Gürtel zu öffnen und dieses Achselhemd zu entfernen.
Der Kuss löste sich, doch beide grinsten außer Atem. Die lachte sogar verlegen und war so nervös wie erregt, das konnte Kaoru sehen und legte den Kopf etwas schief. „Alles okay?“
Wie sehr er ihn gerade begehrte, war verrückt. Doch keinesfalls würde er etwas tun wollen, was Die gar nicht wirklich wollte. Der aber nickte. „Ja. Ist nur mein erster Exkurs in diese Richtung. Deiner nicht, oder?“
Die Ausdrucksweise brachte Kaoru zum Lachen, doch seine Hände berührten bereits wieder Dies nackten Oberkörper, einfach weil er nicht anders konnte. Die Versuchung war zu groß. Dann schüttelte er leicht den Kopf wegen Dies Frage, bevor er nun dessen Hose ganz öffnete und eine Hand hineinschob. „Fühlt sich für mich gut an, und für dich?“
Natürlich nickte Die, denn er war erregt und die Finger an seinem Glied machten ihn sofort härter. Ihm war es im Grunde auch recht, wenn Kaoru mehr Erfahrung hatte, denn einer von ihnen musste nun einmal die Zügel in die Hand nehmen. Die brachte lediglich seine Lippen wieder auf die das anderen und genoss einen weiteren leidenschaftlichen Kuss.
Es war nicht verwunderlich, dass sie schon bald nackt auf Dies Bett lagen, sich streichelten und küssten, manchmal stöhnten und einfach einander Berührungen genossen. Noch nie im Leben hatte sich Die je zuvor so erregt gefühlt und als Kaoru dann auch noch seinen harten Penis in den Mund nahm, war er schon so gut wie erledigt. Wie ein Teenager kam er viel zu früh und es war ihm so peinlich, dass er ein wenig winselte und die Hände vors Gesicht legte.
Kaoru aber zog ihm eine Hand aus der Sicht und lächelte amüsiert. „Hey, verstecken gilt nicht.“
Verlegen nahm Die die andere Hand weg und grinste. „Ja naja, was soll’s, eh? Soll ich… soll ich bei dir auch?“
Was er nur so stammelte!? Gerade fand der Jüngere sich selbst so schrecklich wie einen Teeny. Er war doch gar nicht so! Das war alles wegen Kaoru. Der ihn aber noch immer so amüsiert anlächelte und anschließend wieder küsste, bevor er etwas erwiderte: „Ist schon okay. Ich wüsste gerne, ob du sowas wie Kondome hast und am besten auch ein bisschen Gleitgel, sonst wird’s… anstrengend sag ich mal.“
Gerade wusste Die nicht echt, ob ihm das Angst machte, oder ob er lachen würde. „Sowas wie Kondome? Ich hab Kondome.“
„Na perfekt.“ Kaoru legte den Kopf schief und streichelte mit den Fingern über Dies Brust, damit der sich nun endlich wieder entspannte.
„Gleitgel auch, aber nicht viel.“ Die holte tief Luft und kam auch so langsam wieder runter, denn das Streicheln zusammen mit Kaorus ruhiger Art war wirklich schön.
„Ich werde nicht viel davon brauchen.“ Nun zwinkerte der Ältere kurz und wartete ab, während sein Freund sich kurz wegdrehte, um im Nachtschrank zu wühlen. Er präsentierte danach eine wirklich kleine Tube Gleitgeld und ein paar Kondome. Wieder schmunzelte Kaoru etwas, doch küsste Die erneut.
Der Kuss vertiefte sich und irgendwann waren Kaorus Lippen schon wieder überall an Dies nacktem Körper. Er war etwas geerdeter nun, doch kam trotzdem wieder in Fahrt. Spätestens als er die Hand des Bandleaders an seiner Erektion spürte, war auch diese wieder bereit für mehr Schandtaten. Überrascht war Die jedoch, als Kaoru auf einmal ein Kondom mit den Zähnen aufriss und es dem anderen mit einer Hand überrollte. Das hatte der Jüngere nicht kommen sehen. Auch nicht, dass er es war, auf dessen hartem Glied das Gleitmittel verteilt wurde, bevor der andere über ihm kniete. Sie küssten sich und wieder konnte Die die Hand des anderen spüren, wie er ihn quasi in den eigenen Körper führte. Er war eng und heiß, doch stetig wurde es noch enger und noch heißer. Die stöhnte und spürte auch Kaorus heißen Atem auf seiner nackten Haut. Dennoch riss er die Augen auf, denn er wollte keinen Moment verpassen davon, wie sein hübscher Gefährte nun auf ihm saß und zunächst nur die intime Verbindung genoss.
Niemals im ganzen Leben nicht würde Die es jemals vergessen, wie Kaorus nackter Körper vor Erregung bebte und seine leicht geöffneten Lippen ein Stöhnen von sich gaben, das beinahe zerbrechlich inmitten der Lust klang. Die legte seine Hand an Kaorus Wange und strich mit dem Daumen über die Unterlippe, während sich der Kopf des anderen in seine Hand schmiegte und ihre Körper sachte Bewegungen aufnahmen. Langsam und mit Bedacht begannen sie einen Rhythmus zu finden, der sich nach einiger Zeit steigerte und sie an die Grenzen ihres Verlangens brachte. Die stemmte seine Hüften immer wieder nach oben, um in den Körper des anderen zu stoßen, während Kaoru sein Becken so gekonnt auf und ab senkte, dass es sie beide heiß schaudern ließ. Ihr Stöhnen war laut geworden, doch es scherte sie nicht.
Instinktiv legte Die seine Finger um Kaorus harten Penis, während er ihn ritt und im nächsten Moment brachte Kaoru seine Hand auf die des anderen und legte noch etwas zu. Der Druck reichte nun, dass es kaum Sekunden dauerte, bevor er ohne Warnung kam. Sein Körper war unkontrollierter und bebte, seine Kraft vom Orgasmus etwas nachlassend, doch es war für Die ein so unsagbar geiler Anblick, dass er nun von unten in ihn stieß, als gäbe es kein Morgen. Er folgte Kaoru mit einem tiefen Stöhnen und genoss einfach nur noch, wie heftig er im Körper eines anderen Mannes gekommen war.
Es war so verrückt wie auch geil. Da lagen sie nun, beide außer Atem, Kaoru wie ein körperliches Häufchen auf Die, die Wange auf seiner Brust ruhend. Sobald er jedoch dazu imstande war, nahm er das bisschen letzte Kraft und rollte sich vorsichtig zur Seite, sein Körper nun wieder leer, geschunden doch glücklich und befriedigt. Er verharrte auf der Seite liegend und schaute Die mit schweren Augen an, erschöpft, doch lächelnd. Der Größere wendete sich ihm zu und legte die Hand an Kaorus Hüfte, damit er sie ihm an den unteren Rücken schieben konnte. Er lächelte debil dabei, viel seliger als jemals zuvor nach Sex.
Der Ältere hatte die Augen geschlossen, doch öffnete sie wieder und war doch leicht verlegen beim Anblick seines Gegenübers. „Alles gut?“
„Ja, sehr gut.“ Die war tatsächlich von Glück erfüllt im Bett mit seinem heißen, sexy Bandleader, dem das lila Haar teilweise im klammen Gesicht klebte. Er wünschte, er könnte die Augen noch länger offenhalten, doch die Lider wurden immer schwerer. Bevor er jedoch nachgab, strengte er sich noch einmal an, um das Bild vor seinen Augen im Inneren abzuspeichern. Wie Kaoru nun sanft lächelte und sich an ihn schmiegte.
Dann war es Zeit sich auszuruhen. Denn sich zu betrinken und anschließend Sex zu haben, konnte wirklich kaputt machen. Erschöpft und überaus glückselig.
***
Dass Die alleine vom Klang der ins Schloss fallenden Tür wach werden würde, hatte er allerdings nicht kommen sehen. Noch schlaftrunken aber krabbelte er fix aus dem Bett und ging zum Fenster, nur um von dort aus kurz darauf Kaoru davonlaufen zu sehen. Es war schade, so ohne Abschied, doch vielleicht würde es das leichter machen. Immerhin wusste Die, dass er Bestandteil eines Abenteuers gewesen war, das man am besten nicht wiederholte. Alles andere wäre bescheuert. Sie hatten eine Nacht voller Spaß gehabt, mit Drinks und Sex. Was wollte man als junger Mensch denn mehr?
Als sich Die umdrehte, bemerkte er, dass Kaoru wahrscheinlich etwas aus seiner Hosentasche verloren haben musste. Dass es ein Gitarrenpick war, sah er sofort, doch es war keines von seinen eigenen Plektren. Als er es von Boden aufhob und betrachtete, war klar, dass es eines von Kaoru war. Grinsend stellte Die es sicher in einer seiner eigenen Schachteln, denn vielleicht würde er es einfach als kleines Souvenir behalten.
Noch konnte er schließlich nicht ahnen, dass Kaoru kaum sechs Wochen nach ihrem spontanen Ausflug in Dies Bett seine Verlobung mit Junko bekanntgeben würde. In diesen sechs Wochen gab es vielleicht das eine oder andere Mal, wo Die innerlich ein kleines bisschen hoffte, sie würden sich noch einmal so lieben wie in dieser einen Nacht. Egal wie absurd es war und wie heikel, wenn man in derselben Band spielte. Es waren sechs Wochen zwischen Hoffnung und Vernunft. Und erst nach den sechs Wochen würden sechs Monate folgen, in denen Die still und starr war, bevor Kaoru final unter der Haube war.
Damit war es besiegelt und nicht ein einziges Mal mehr fragte sich der Jüngere jemals wieder, was wäre wenn…?!
Ende Kapitel 5.
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Take The Long Way Home - Kapitel 4
Kapitel 4: The Hardest Part of Breakung Up... Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 4/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 4: The Hardest Part of Breaking Up...
Es hatte lange bis spät in die Nacht hinein gedauert, bevor Kaoru und Die zu Bett gegangen waren. Es war nicht viel, was Die schaffte zu erzählen und dennoch hatte er wenigstens versucht, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, während Kaoru dafür sorgte, dass sie sich freundschaftlich gemeinsam betranken. Das war seine Medizin, der Sanitäter in der Not. Bis zu einem gewissen Grad funktionierte es auch bei Die, obwohl dieser viel zu intensiv in diesem dunklen Loch aus Traurigkeit und Verzweiflung gefangen war, als dass ihn ein paar Highballs herausholen konnten. Kaoru allerdings hatte den Eindruck und so hoffte er es, dass es Die guttun würde, schon allein zu wissen, dass jemand da war, der ihn nicht verurteilte für was auch immer ihn bedrückte.
Irgendwann war der Bandleader allerdings so müde gewesen, dass er dem anderen einfach vorschlagen musste, ins Bett zu gehen. Immerhin hatte er mehr als erschöpft ausgesehen und so, als ob er jeden Moment zusammenbrechen würde. Aus diesem Grund war Die wohl auch einverstanden gewesen, obwohl er das Alleinsein aktuell nicht gut vertrug. Im besten Fall war er emotional erschlagen genug, um in Kombination mit den Drinks einfach wegzuratzen.
Das Verrückte war, dass Kaoru zwar todmüde gewesen war, doch im Bett liegend dann nicht schlafen konnte, weil er einfach extrem wütend auf Alice war und Dies Kummer ihn nicht losließ. Kaoru wusste auch genau, warum das so war und etwas in ihm warnte ihn mit lauter Stimme zur Vorsicht, doch natürlich bildete er sich ein, stark genug zu sein. Er war alt und sein einziges jemals gefährliches Abenteuer mit Die war zwei Dutzend Jahre her, ohne Kind, ohne Kegel, ohne eine Alice. Die ein Miststück war. Während Die wenigstens nur ein Vollhorst gewesen war. Er hatte sich aber auch so in die Scheiße geritten, dass ihm irgendwer doch einfach helfen musste. Kaoru war dieser jemand, offensichtlich, und er würde sich schon um ihn kümmern. Morgen dann bei Alice würde er der Held in strahlender Rüstung sein müssen. Irgendwie sowas. Gut, dass er dann doch einschlief und diese Gedanken erloschen.
***
Als Kaoru am Morgen wach wurde, war ihm wie immer die Uhrzeit recht egal. Was er hörte, war nebenan das Rauschen der Dusche und er konnte vermuten, dass es Die sein musste. Was gut war, denn das bedeutete, dass Kaoru ihn nicht erst von den Toten erwecken müsste. Es war auch nicht schwer einzuschätzen, dass der Jüngere keinesfalls sorglos und leichtherzig heute zu seiner Exfreundin gehen würde. Sie mussten es angehen, nicht mehr und nicht weniger.
Kaoru schob sich aus dem Bett und schaute schon einmal kurz, was er sich nachher anziehen würde, bevor er nach unten ging und den Wasserkocher anstellte. Dann öffnete er den Kühlschrank und fragte sich, was er denn dem anderen als Frühstück kredenzen könnte. Es war nicht so, dass Kaoru Glucke spielen wollte, aber die außergewöhnliche Situation erforderte einfach, Die etwas Gutes zu tun. Dazu brauchte Kaoru? Eier! Natürlich! Die gaben Kraft und der andere Mann liebte Rührei zum Frühstück. Nicht einmal die Fertigeier aus dem Tetra-Pack im Hotel waren sicher vor Die, wenn sie irgendwo übernachteten. Wenn er wollte, konnte er wahrlich gut essen.
Also machte sich Kaoru daran, ein paar Eier in die Pfanne zu hauen und zu brutzeln. Er schmunzelte sogar, während er ihnen ein paar Kräuter hinzufügte. Außerdem holte er den Reis vom Vorvortag, der noch immer übrig war und befand, dass der noch essbar war. Dass Die mittlerweile fast neben ihm stand, bemerkte Kaoru erst, als sein Schatten den Herd verdunkelte. Er blickte auf und sah den anderen an, gekleidet im geborgten Jogging-Outfit, mit noch leicht feuchtem Haar, doch trotz seiner müde wirkenden Augen mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Dabei rieb sich Die den Bauch und kam ganz nah an Kaoru heran, bis der abgesehen von gebratenem Ei auch den Duft von Shampoo ausmachen konnte.
„Geil! Rührei!“ Mehr sagte Die nicht und seine müden Augen strahlten kurz.
Unweigerlich musste der Bandleader lächeln und er neigte den Kopf leicht, weil er plötzlich doch etwas verlegen war. Immerhin hatte er für den anderen schon wieder gekocht. War das normal? Denn es schmeichelte Kaoru, wenn seine Taten dem anderen gefielen. Also sollten sie vielleicht keine große Sache daraus machen. „Gut geschlafen?“
Einen kleinen Schritt zurück machte Die dann und seufzte. „Nicht so gut, aber naja.“ Er zuckte die Schultern. „War mehr wach als etwas anderes. Bin dann aufgestanden und hab versucht, einen Menschen aus mir zu machen.“
„Na ist doch gut.“ Kaoru fand das sehr vernünftig und nickte entsprechend. „Ich hab Kaffee gemacht. Sollte noch heiß sein. Wenn du willst, kannst ja schon essen und ich geh auch schnell duschen.“
Er drängte sich am anderen vorbei und ließ ihn mit den Eiern zurück, ohne eine Resonanz abzuwarten. Nicht dass sie es heute eilig hatten. Nur musste auch Kaoru die Erfrischung einer Dusche nutzen, um zu einem Menschen zu werden, den nicht bereits das Braten von Eiern aus der Bahn warf.
Die zuckte seinerseits wieder die Schultern und gönnte sich erst einmal einen Kaffee. Dann begann er, die Rühreier auf zwei Teller aufzuteilen und stellte beide hin, damit sie nachher gemeinsam essen konnten. Soviel Zeit musste sein. Er fand auch den Reis und stellte ihn am besten mal zu Kaorus Platz, der anscheinend viel Hunger hatte. Dann setzte sich Die an den Tisch und fand, dass sich die netten Gesten des anderen doch ziemlich einbrannten, sodass er in den vergangenen Minuten nicht an die bevorstehende Begegnung mit Alice gedacht hatte. Das war nett. Wenn auch zu kurz. Allein deshalb würde er mit dem Essen auf Kaoru warten und die guten Eier nicht einsam und alleine an schlechte Gedanken verschwenden. Gesellschaft konnte guttun, besonders die des Bandleaders. Wer hätte es erahnt?
Zum Glück brauchte dieser wirklich nicht lange und kam schon kurz darauf gekleidet in simplen Jeans und den obligatorischen zwei Hemden wieder zurück, um sich mit Die gemeinsam einen Berg von Eiern reinzuschrauben. Währenddessen gab es eine kurze Lagebesprechung, bei der sie feststellten, dass sie Hilfe in Form eines Gefährts erfragen sollten. Denn egal wie sehr Kaoru helfen wollte, aber er rechnete bei Die mit mindestens zwei Koffern plus Boo dem Kater und dessen Equipment. So rief Kaoru bei einem Taxi-Unternehmen an, von dem er wusste, dass es auch Flughafen-Transfers anbot, sodass schweres Gepäck kein Problem sein sollte.
Als er anschließend verkündete, dass ein Taxi zu ihnen geschickt werden konnte, sobald sie sich von Dies Wohnung aus zur Abholung meldeten, schluckte dieser einen schweren, trockenen, nicht vorhandenen Kloß seiner Kehle hinunter. Nun war also der Tag der Abrechnung gekommen oder so ähnlich. Tief Luft holend, ohne zu hyperventilieren, entschloss er sich, noch einmal nach oben zu gehen und sein Antlitz ein wenig mehr herzurichten. Alice sollte nicht denken, er würde sich vernachlässigen.
Für Kaoru war dieser Teil einfacher, denn was er tat, war sich einfach für eine Kopfbedeckung zu entscheiden und schon war er startklar. Als Die zu ihm stieß, war ihm das Unwohlsein anzusehen, doch das nützte gerade alles nichts. Ohne große Reden machten sie sich auf den Weg nach Shinjuku, wohin sie wiederum mit einer einfachen Taxifahrt gelangten, denn immerhin war Die gehandikapt und die Bahn schied aus. So standen sie kaum eine halbe Stunde nach Verlassen des Hauses vor Dies Wohnkomplex, zu dem er Gott sei Dank noch den Schlüssel besaß. Sie scherten sich also nicht um Formalitäten und fuhren mit dem Aufzug nach oben, wo Die dann doch die Türklingel betätigte. Er hatte sich angemeldet und theoretisch dürfte er auch die Wohnung betreten, doch er scheute auf jeden Fall davor zurück. Keinesfalls wollte er Alice schon verärgern, bevor sie überhaupt richtig ankamen.
Doch bevor sich die Tür öffnete, nutzte Kaoru die Chance für ein letztes Briefing und schaute Die ernst an. „Es geht um deine Sachen und nicht die Beziehung heute. Lass dich nicht fertigmachen. Wir holen nur deine Sachen. Du schaffst das.“
Obwohl Die verdutzt war über die Ansprache, hatte er nicht echt Zeit, noch darüber nachzudenken, da sich die Tür öffnete und Alice sie anblickte. Sie trug ihre übliche figurbetonte Sportkleidung und hatte sich die Haare zu einem Zopf gebunden, als wäre sie eine ganz ungezwungene Frau, doch ihr Make-Up und die perfekt aufgesetzten, künstlichen Wimpern sagten etwas anderes. Ihr Blick fiel verachtungsvoll auf Die, vor allem seine Krücken, und dann gleich auf Kaoru, der sie immerhin die Augenbraue heben ließ. Der Bandleader selbst war fast so weit, seinen Kollegen anzustupsen, damit der endlich mal etwas sagte, doch das war ihm dann doch zu blöd.
„Guten Morgen,“ sagte Kaoru also förmlich. „Bist du bereit, dass wir Sachen von Die holen können?“
Sie sagte nichts, doch öffnete die Tür weiter, damit sie beide und vor allem Die mit seinen Krücken hineinstaksen konnte. Er murmelte auch ein Guten Morgen, was aber nicht von ihr erwidert wurde. Sie schloss die Tür hinter ihnen und musterte beide Männer eine Weile, bevor sie etwas sagte. „Du bringst nur ihn mit? Wie willst du deinen ganzen Krempel packen mit ihm allein? Ich muss nachher weg. Ich kann nicht helfen.“
Kuh, dachte Kaoru, aber wollte Die wenigstens die Chance geben, selbst etwas zu sagen. Dieser nahm einen zitternden Atemzug und seufzte leise. „Das geht ja auch gar nicht. Ich kann keinen Umzug von einem Tag auf den anderen organisieren. Wir holen heute nur das Nötigste.“
„Ach so? Und wann wolltest du mir das sagen?“ Schnippisch reagierte sie trotz ihres verblüfften Lächelns.
Die haderte mit einer Antwort, denn jede würde doch nur wieder zum Streit führen. „Das Wichtigste ist erstmal Boo und dass ich was zum Anziehen habe. Alles andere muss warten, es geht nicht anders.“
„Ich hätte auch kein Problem damit, aber du musstest ja so eine Kamikaze Nummer hinlegen und jetzt ist mir das einfach zu dumm. Da musst du nun verstehen, dass ich die Sachen hier so früh wie möglich weghaben will.“ Sie redete, als hätte sie einen im Lotto gewonnenen Doktortitel, den sie in strotzdummer Manier zur Schau stellen wollte.
Kaoru konnte es kaum mit ansehen und obwohl er ziemlich abgelenkt wurde, weil bereits eine graue Katze um seine Beine schnurrte, ergriff er doch mal das Wort. „Sehr gut, denn wenn du dann Kartons packst, geht’s auf jeden Fall schneller. Wir beauftragen eine Firma, die alles abholt. Immerhin willst du ihn ja raushaben. Dann passt das doch.“
Er war frech, doch angemessen, fand er. Dazu nahm er nun Boo auf den Arm und kraulte dem das dicke Fell. Von seiner Dreistigkeit war Alice zu baff, sodass sie zunächst nichts sagte. Was auch? Sollte sie nun nach den Kartons fragen?
„Ihr müsst euch aber nicht einbilden, dass ich das dann alles alleine einpacke.“ Stur stellte sie sich trotzdem.
„Wir helfen dir auch, aber wir müssen auch arbeiten und Die hat ein gebrochenes Schienbein, also kann der nicht so gut packen. Vielleicht hilft auch dein neuer Freund?“ Ach, es war herrlich, wenn sich Kaoru mal warmlaufen durfte. Viel zu selten durfte er Leuten die Meinung geigen, denn normalerweise würde auch Die das hier nicht zulassen, aber heute blieb er still. Zwar zitterte er innerlich aus Angst, dass sich Kaoru und Alice gleich die Köpfe einschlugen und er am Ende auch selbst noch mehr zu Schaden kam, doch es war auch toll zu sehen, wie sich jemand für ihn einsetzte. Die Freude darüber war nur recht kurz, weil daraufhin Alice schnaubte und statt des Bandleaders nun ihren Exfreund anstierte, als wollte sie ihn steinigen.
„War auch klar, dass du den da mit anschleppst. Kannst dich gut bei ihm verkriechen, was?“ Offensichtlich pickte sie sich den leichteren Gegner heraus, denn Die ging sofort in die Defensive.
„Wo soll ich denn sonst hin?“ Er klang verzweifelter, als er es gewollte hatte. Seine Stimme war fast weinerlich und das war ärgerlich.
Deswegen unterbrach Kaoru diese Szene nun genervt. „Können wir jetzt mal deinen Krempel zusammensuchen?“
„Fein,“ rief ausgerechnet Alice. „Such deinen Krempel. Weißt ja, wo alles ist.“
Die stöhnte leicht genervt und humpelte los, an Kaoru vorbei, um ihm noch etwas mitzuteilen. „Ich hole mal zwei Koffer und fang dann im Schlafzimmer an. Kannst du Boos Sachen irgendwie zusammensuchen?“
Der Bandleader nickte, obwohl er von Katzensachen keine Ahnung hatte. Aber er würde die Katze schon schaukeln. Es konnte ja nicht so schwer sein. Er sah dem anderen nach, wie er davon hinkte und ließ anschließend den Kater runter. Als er wieder aufschaute, stand Alice direkt vor ihm und sah beinahe bedrohlich aus.
„Dass du gleich zur Stelle bist, wundert mich so gar nicht. Auf diesen Tag hast du bestimmt immer gewartet.“ Mit Verachtung sagte sie diese Worte und blickte Kaoru direkt in die Augen.
Doch dieser beherrschte das ähnlich gut und starrte einfach zurück, bevor er ohne die Miene zu verziehen, entgegnete: „Ich hab keine Ahnung, von was du sprichst.“
Und erst als sie letztlich doch seinem Blick auswich, drehte er sich weg und machte sich daran, die Sachen der Katze zu suchen. Zwar fühlte er noch eine Weile ihren Blick wieder auf sich, doch sie entschied dann, schnaubend lieber ihren Ex zu drangsalieren. Armer Die, dachte sich Kaoru, doch stand nun direkt vor der Katzentoilette und wusste nicht, ob er die erst leeren musste, bevor sie damit die Biege machen konnten. Wahrscheinlich? Verdammte Axt, er war so ahnungslos und unbefleckt bei Haustieren. Hätten sie nicht Kinder haben können? Wobei er persönlich froh war, dass Die mit dieser Person keine Nachkommen gezeugt hatte. Das durfte nur Die nicht wissen, denn der Gedanke war vielleicht etwas gemein, doch berechtigt, wie Kaoru fand. Immerhin wusste er auch, wie es war, wenn man mit der falschen Dame ein Kind zeugte. Kiku war süß und lieb, doch ihre Mutter eine Katastrophe. Kaoru würde nicht wollen, dass es Die ähnlich erging. Andererseits war das nicht seine Entscheidung und er dachte darüber nach, ob nicht am Ende einfach das Produkt der Lendenfrucht zählte, während er das Katzenstreu einfach in Alices Müll kippte. Dann stellte er die Toilette zur Tür und ging auf den Oschi von Kratzbaum zu. Der war nur knapp kleiner als Kaoru, doch erwies sich als wesentlich schwerer. Scheiße, den zu tragen war nicht gut für die Leiste! Kein Wunder, wenn Die trainierte wie verrückt. Wobei das bestimmt nicht für die Katze war, sondern eine endlich erfolgreiche Alternative zu Dies manchmal leicht gestörten Essgewohnheiten. Von einer Gewichtskontrollsucht auf Proteinsucht und Muskeltraining umzuschwenken, war für den Jüngeren die ultimative Erleuchtung gewesen, das war Kaoru definitiv klar, auch wenn sie nicht darüber redeten. Dass er dabei eine Frau kennenlernte, die das Ganze von gesund wieder zu einem leicht ungesunden Hang brachte, war nun einmal nicht abzusehen gewesen. Kaoru fragte sich, ob sich Die dessen überhaupt klar war, während er die Futterreserven von Boo mit seinen Näpfen zusammenpackte. Fehlte eigentlich nur noch die Katze und der Bandleader machte sich auf die Suche nach einer Transportbox oder ähnlichem, wobei er letztlich sicherlich Die oder Alice danach fragen müsste.
Gerade war ihm auch egal, ob er stören würde, als er sich dem Schlafzimmer näherte, von wo Stimmen und Worte in seine Ohren drangen, die er gar nicht hören wollte. Fakt war doch, dass er gebeten war zu helfen und um das zu tun, musste er eben fragen, auch wenn er in eines der vielen Streitgespräche platzte. Es war nicht laut, aber er konnte Die hören, wie er sich einmal mehr verteidigte. Komisch war nur, dass er ausgerechnet etwas über Kaoru sagte, als dieser plötzlich in der Tür stand.
„Ist das nicht jetzt egal, ob ihr euch jemals leiden konntet? Ich kann nicht erst ein Casting machen um mir jemand auszusuchen, bei dem ich wohnen darf. Kaoru hat es zuerst angeboten und mehr ist nicht wichtig?“
Dass Kaoru nun dastand und sie ansah, ließ Die verstummen, doch Alice verschränkte nur die Arme vor ihrer Brust. Der Bandleader musste sich daran erinnern, dass das hier eigentlich nicht seine Baustelle war. „Ich brauch ‘ne Box für die Katze oder was auch immer. Der Rest ist fertig,“ informierte er knapp, obwohl es doch ganz leicht an seiner Ehre kratzte, dass er nicht mehr war als der Erstbeste, der Die ein Angebot gemacht hatte. Was stimmte, doch war es wirklich nicht mehr als das? Man könnte auch ein klein wenig froh darüber sein, dass es ausgerechnet Kaoru gewesen war und kein anderer. Aber schon okay. Das war Kinderkram. „Wenn ihr mir einfach sagt, wo ich sowas finde…“
Dann wäre er schon weg und sie könnten alleine weiterzicken.
Diesmal schnaubte Alice, denn offenbar war sie extrem genervt. „Ich hol sie dir. Kannst Die solange helfen, seinen Krempel einzupacken. Er kommt ja kaum voran.“
Sie presste sich an Kaoru vorbei und dampfte ab, bevor er langsam näher zu Die trat, der gerade stöhnte. „Boah man fuck. Tut mir leid, Kaoru.“ Der große Mann mit den langen Haaren sah den anderen an, der gerade versuchte ein unwissendes, nichtsahnendes Gesicht zu machen. Die seufzte leise. „Naja muss komisch geklungen haben. Undankbar vielleicht? Ist aber nicht so. Sie ist nur so…“ Er verzog das Gesicht, denn er fand zwar Worte, doch wollte sie nicht aussprechen.
Es reichte schon, dass Kaoru abwinkte, denn es wurde ihm auch mehr und mehr unangenehm in dieser Situation. „Schon gut. Sag mir, wie ich dir noch helfen kann. Brauchst du Schuhe? Soll ich was suchen?“
Dankbar lächelte Die kurz, denn er wusste zu schätzen, dass sie nun nicht ausschweifend oder dramatisch wurden. „Ja, meine Gucci Sneaker würde ich mitnehmen, die gehen zu allem. Findest du sie im Schrank? Eigentlich reicht das. Hab ja noch meine Boots. Vielleicht meine Adiletten noch?“
Witzig war ja, dass Kaoru sofort wusste, welche Schuhe gemeint waren und sie sich aus dem unteren Fach im Schrank krallte, um sie in Dies Koffer zu legen. „Noch was? Sonnenbrillen?“
Die grinste leicht. „Das wäre fantastisch! Sie liegen alle in der Schublade meiner Kommode.“
Nickend ging Kaoru und suchte sorgfältig eine Auswahl an Brillen zusammen, um sie mit in Dies Koffer zu stecken. Kurz darauf erschien Alice mit der Katzentragetasche, die tatsächlich ein Rucksack war und händigte ihn direkt Kaoru aus. Damit verschwand er dann wieder ins Wohnzimmer. Er hörte zwar noch, wie sie Die fragte, ob er endlich mal zu Potte käme, aber leider durfte Kaoru den anderen hier nicht komplett entmündigen und Alice einfach runderneuern, wie er es gerne tun würde. Stattdessen ging er auf die Suche nach Boo und fand den Kater vollkommen irritiert bei seinen Sachen vor der Haustür. Der Bandleader musste sich nun nach unten hocken, damit Boo überhaupt wieder auf ihn zukam, weil er wohl witterte, dass etwas ganz und gar faul war.
Kaoru streckte seine Hand aus. „Komm mal her, Dicker. Merkst, dass was faul ist, hm? Aber bei mir wird’s auch schön. Vielleicht besser als hier? Wer weiß? Musst jedenfalls keine Angst haben. Dein Herrchen nehmen wir auch mit.“
Noch nie hatte er jemals zuvor mit einer Katze gesprochen. Das war ein bisschen verrückt, aber weil er das tat, kam Boo wieder zu ihm und schmiegte sich an seine Hand. Dabei fing er an zu schnurren und es brachte sogar ein kleines Lächeln auf Kaorus Lippen. Letztlich schnappte er sich jedoch den Kater und steckte ihn in den Rucksack, damit sie bald die Biege machen konnten. Fehlte nämlich eigentlich nur Die.
Als der endlich ankam, rief Kaoru sofort das Taxi und begann die Sachen zum Aufzug zu karren. Dass Die sich schwertat, nun zu gehen und nicht wieder viel zu lange an seiner Alice zu hängen, blockte der andere aus und konzentrierte sich auf den Task in seinen Händen. Verdammt sei Die, dass er seinen scheiß Katzenbaum nicht selbst tragen konnte.
Zum Schluss ging Kaoru aber einfach zu ihm und hängte ihm wenigstens die Katze auf den Rücken. „Jetzt ist Abflug, na los.“
Alice schien zum ersten Mal dankbar, dass Kaoru sie von Die erlöste, während der definitiv wieder im Wunderland war. Seufzend sah er den Bandleader an und hätte beinahe gezickt, doch wusste er auch, dass Kaoru recht hatte. Sie sollten gehen. Wenigstens erdete einen der Blick des Leaders immer wieder und Die nickte. „Ich komm schon.“
Er sagte nichts zu seiner Exfreundin, kein Auf Wiedersehen und kein Abschiedsgruß, denn es würde ihm zu weh tun. Nur Kaoru sah sie ein letztes Mal an mit den Worten: „Weißt ja Bescheid. Wir melden uns, wenn ein Termin für den restlichen Umzug fest ist.“
Damit nahm er sich Dies Koffer und rollte ihn zum Aufzug, wohin der andere schon geflüchtet war. Man hörte die Tür hinter ihnen zuknallen und es war offensichtlich, dass sich Die einmal mehr zusammenreißen musste. Er schlug sich tapfer auf dem Weg nach unten, auch wenn in ihm manchmal nichts als Schmerz zu fühlen war, doch nun schon wieder zu heulen, wollte er keinesfalls. Er kämpfte! Egal wie sehr man ihn betrogen hatte. Er wollte stark sein.
Als würde es Kaoru neben ihm fühlen, spürte Die plötzlich die kleine Hand des Bandleaders an seiner, wie er sie drückte und nur dann hob Die den Blick, um Kaoru anzusehen. Er nickte nur kurz, drückte die Hand nochmals und ließ sie dann wieder los. Der Aufzug stoppte unten und der Ältere machte sich daran, sämtliches Gepäck nun nach draußen zu schleppen.
Als er endlich minutenspäter im Taxi saß, welches vollgepackt mit ihnen zu Kaorus Adresse rauschte, schwitzte er leicht vor sich hin und schnaubte. „Fühlt sich fast an wie vor ‘ner Ewigkeit, als wir nach Tokyo gezogen sind. Nur mit mehr Rückenschmerzen.“
Er lachte etwas und es ließ Die kurz mal lächeln. „Und mehr Katze.“
Dabei hob er leicht den Rucksack an, der auf seinem Schoß stand und man hörte Boo darin mauzen. Dann blicke Die wieder zu Kaoru. „Danke. Mein ich so. Bin froh, dass ich zu dir kann und nicht zu wem anders muss. Alice ist nur so komisch, wenn es um dich geht. Keine Ahnung warum.“
Da würde Kaoru tatsächlich etwas einfallen, aber die Frage war, ob sie davon überhaupt wusste. Kurz haderte er, bevor er sich Mut nahm und einfach fragte: „Hast du ihr jemals davon erzählt? Weißt schon, dieser einen Sache.“
Nachdem er es ausgesprochen hatte, weiteten sich Dies Augen und Kaoru blickte lieber zur Seite aus dem Fenster hinaus. Diese eine Sache hatten sie immerhin tatsächlich 24 Jahre lang nicht erwähnt und vor lauter Schock tat es Die ihm gleich, indem er ebenfalls zur anderen Seite aus dem Fenster schaute. „Nee, hab ich nie erwähnt.“
„Dann keine Ahnung.“ Kaoru atmete durch und sagte sich selbst, sie waren doch keine Kinder hier. Es war nur eine Frage, egal wie heikel das Thema war. „Vielleicht beruht die Abneigung einfach auf Gegenseitigkeit.“
„Hmm,“ brummte Die, denn bei allem, was ihm heilig war, aber während ‚die Sache‘ für Alice eigentlich kein Grund sein konnte, weil sie nichts davon wusste, was war mit Kaoru? Woher kam seine Abneigung? Sollte sich Die überhaupt die Frage stellen? Es war ein komisches Gefühl, was sich in ihm ausbreitete. Da war viel Verwirrung, doch Kaoru unterbrach auch diese wieder.
„Ich finde sie größtenteils echt schnippisch und fies. Aber bestimmt hat sie auch gute Seiten? Ich nehme es an?“ Denn verstehen konnte er Dies Liebe für diese Person nicht.
Zum Glück nahm der andere es Kaoru nicht übel und wusste zu schätzen, wenn sie offen redeten und er zuckte die Schultern. „Schon, ja. Sie kann ziemlich aufbauend sein und hat mich immer unterstützt bei allem. Sie hat Power und ich mag das, weil es viele positive Vibes geben kann. Ihr Problem ist eben die Treue, schätz ich.“
Nur damit sie sich verstanden. Denn er wollte schon auch mal ein gutes Haar an ihr lassen. Immerhin war er nicht labil oder dumm. Er hätte sich nie auf eine Beziehung mit emotionalem Missbrauch eingelassen. Das wollte er Kaoru durchaus wissen lassen.
Der jedoch schaute nachdenklich und kaute auf einem ganz bestimmten Gedanken herum. „Klingt ehrlich gesagt, als wär’s nicht das erste Mal gewesen…“
Dies Mine verfinsterte sich tatsächlich ein wenig, denn die Wahrheit tat nicht nur weh, sondern auch, wenn man sich ertappt vorkam. Aber da er sowieso am Boden war, konnte er auch ehrlich sein. „Das zweite Mal. Soweit mir bekannt. Aber beim ersten Mal waren wir noch nicht lange zusammen und ich war ewig weg auf Tour. Ist menschlich, oder?“
Zwar klang Die so eindringlich, dass man meinen könnte, Kaoru dürfte gar nicht anders denken, aber der wüsste nicht warum. Er zuckte die Schultern leicht. „Trotzdem scheiße von ihr.“
Nun verließ den Jüngeren ein leicht verachtendes Schnarchen, denn von Kaoru fand er diese Aussage eher heuchlerisch. „Du musst es ja wissen.“
Was Kaoru aber als Beleidigung empfand. „Na was? Ist wohl nicht Scheiße?“
Er war nun pampig, denn dass Die seine Ex noch in Schutz nahm, hasste er einfach. Zumal er sich aufopferte, dem anderen zu helfen. Da musste man nicht frech werden und auch nicht bei Gelegenheit Alices Seite ergreifen. Auch wenn es möglich war, dass Kaoru als betroffener Hund gerade bellte.
„Ja Kaoru, ist Scheiße sowas. Ist nur komisch, wenn ausgerechnet du sie verurteilst. Warst da ja auch nicht immer korrekt unterwegs, oder?“ Die konnte zwar nur einem einzigen Mal als Zeitzeuge beiwohnen, aber wusste immerhin, dass Kaoru die Scheidung von seiner ersten Frau ebenfalls der Untreue zu verdanken hatte. Zugegeben hatte er das vor langer Zeit mal.
Ob es Sinn machen würde, sich zu verteidigen, fragte sich der Bandleader und dachte daran, aus welchen Gründen er damals die Untreue zugegeben hatte. Es war einesteils wahr und dann auch wieder nicht so wirklich. Er hasste die ewige Lügerei und das ausgerechnet vor Die. Also blickte er wieder genervt aus dem Fenster und nuschelte: „Hatte trotzdem andere Gründe gehabt und wenn du die nicht checkst, weiß ich nicht, wer es je könnte.“
Die Aussage verwirrte Die. Andere Gründe, die nur er verstehen würde? Ihm dämmerte etwas, doch das würde er keinesfalls in einem Taxi aussprechen dürfen. Er sah, wie es draußen zu regnen begann und die Tropfen gegen die Scheiben prasselten. Das hatte ihnen noch gefehlt. Es lenkte ihn aber ab von allem anderen, da sowieso das Taxi nun hielt und Kaoru ausstieg. Die bezahlte und kroch dem anderen hinterher, stets langsam und umständlich, als wäre er behindert. Er mochte das nicht.
„Wo sind die Schlüssel?“, fragte er, während Kaoru schon gemeinsam mit dem Fahrer Gepäck aus dem Wagen wuchtete.
„In der Jackentasche,“ murrte der Ältere zurück und Die griff einfach beherzt in die Seite von Kaorus Jacke, um sich die Schlüssel zu krallen und damit abzudampfen. Einer musste schon mal die Tür öffnen und vor allem Boo ins Trockene bringen. Dann machte er los, um wenigstens mit ein oder zwei Koffern zu helfen.
Als sie es endlich geschafft hatten, standen sie im Flur des Hauses und Die griff Kaoru einfach am Ärmel, bevor er ihn direkt ansah. „Kannst du mir dann also helfen, das zu checken, was sowieso nur ich könnte?“
Obwohl der Blick des anderen auf Dies Hand an seinem Ärmel verharrte, wusste er genau, wie eindringlich der Große ihn ansah. Kaoru konnte das spüren. Sein Herz schlug etwas lauter als sonst, denn hätte er sich so eine Frage nicht manchmal gewünscht? Er sollte kein Chicken sein, das wusste er. Schwer war es dennoch, als er nickte, aber leise um Aufschub bat. „Nur nicht mehr heute? Ich bin nass und kaputt. Hunger hab ich auch und sollte duschen. Du vielleicht auch?“
Denn wenn Kaoru den Blick hob, sah er einen klatschnassen Die vor sich, der ihn nun losließ und auch nickte. „Klar. Ich muss sowieso zuerst Boo rauslassen und eingewöhnen. Vielleicht reden wir einfach mal morgen?“
Langsam aber sicher nickte Kaoru und versuchte, ein klein wenig zu lächeln, denn die Perspektive für dieses Gespräch machte ihn mehr als nur wenig nervös. Doch er wusste auch, dass es Zeit dafür war. Allein schon, weil er nicht wollte, dass Geheimnisse zwischen ihm und Die standen, wo sie nun einmal vorübergehend zusammenwohnten.
„Wir reden morgen.“ Damit ging der Bandleader, schnappte sich einen von Dies Koffern und schleppte ihn nach oben, während der andere ihm nachschaute.
Irgendetwas in Die ahnte natürlich, welches Geheimnis er morgen erfahren würde.
Doch musste er es von Kaoru selbst hören.
Ende Kapitel 4.
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Take The Long Way Home - Kapitel 3
Kapitel 3: You're My Mate Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 3/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 3: You’re My Mate
Als Die am nächsten Morgen wach wurde, war ihm zwar sofort klar, dass er weder im eigenen Zimmer noch im eigenen Bett lag, doch fühlte er sich gar nicht so miserabel wie noch am Tag zuvor. Zumindest körperlich war er ausgeruhter als erwartet und der Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er für seine persönlichen Verhältnisse lange geschlafen hatte. Anscheinend hatte er das gebraucht.
Natürlich füllte sich sein Bauch sofort wieder mit dem unangenehmen Gefühl seiner Schwierigkeiten in Anbetracht seiner Situation und dem schmerzenden Verlust seiner Beziehung. Das schien nun ein ständiger Begleiter, doch trotz dessen checkte er tapfer sein Handy, um zum einen erneut festzustellen, dass Alice ihm nicht geschrieben hatte. Zum anderen hatte sich seine Mailbox mit Nachrichten vom Management und der Plattenfirma gefüllt, allen voran deren CEO. Tomioka war unterm Strich ziemlich cool, obwohl Die so verkackt hatte, aber wer wusste auch, wie man mit Schwierigkeiten umging, wenn nicht Dynamite Tommy höchstpersönlich? Er forderte Die nur auf sich zu melden und dass er bei Kaoru unterkam, hatte sich wohl schon unter den anderen herumgesprochen. Dort sollte er am besten auch bleiben und keinen Ärger machen, solange wie man sich seiner Sache verkehrsrechtlich annahm. Auch seine Bandkollegen hatten ihm getextet und fragten nach ihm, wünschten gute Besserung und alles Gute. Es war okay für die Umstände und machte fast, dass Die sich nicht so furchtbar fühlte.
Nur leider fehlte eben diese eine Nachricht von einer einzigen Person, wegen der alles so gekommen war. Doch bevor Die wieder zusammenbrechen und weinen würde, raffte er sich tatsächlich auf und holte tief Luft. Er hatte früher auch schon Trennungen erlebt, so war das nicht. Nur meistens hatte er sich getrennt oder wenn mal nicht, dann waren es nur kurze Beziehungen gewesen. Gerade eben ist er noch 50 geworden und kurz darauf war er ein einsamer alter Mann. Wie Kaoru. Wo dessen Liebe hinfiel, wuchs auch kein Gras mehr.
Ein wenig schmunzelte Die bei dem Gedanken und er fragte sich, ob der Bandleader vielleicht wirklich einsam war oder ob er es nur nicht mehr mit den Beziehungen versuchte, weil seine Ehen gescheitert waren. Nie sah man ihn mit einer neuen Partnerin. Was heute Die zugutekam, denn nur so konnte er bei ihm unterkommen und ihm sogar die Shirts enteignen. Nach dem Duschen hatte sich Die gestern eines von Kaorus angezogen und stellte tatsächlich fest, dass sie angenehm körperbetont saßen. Auch die Jogginghose war in Ordnung und obwohl der großgewachsene Japaner relativ lange im Badezimmer gebraucht hatte, war sein Aufenthalt von Erfolg gekrönt gewesen. Sogar seine langen Haare hatte er sich gewaschen und anschließend ein paar der herumstehenden Cremes ausgetestet. Der Vanille-Geruch war ihm selbst nicht besonders angenehm, doch er nahm, was er kriegen konnte. Mit den frisch geputzten Zähnen hatte er sich dann nur noch ins Bett begeben, denn sein Körper machte einfach schlapp.
Anfangs war es komisch, im Bett eines Teenagers zu liegen, in dessen Zimmer, unter Kaorus Dach, doch zum Glück war der alte Mann darin so müde gewesen, dass er einfach eingeschlafen war. Nun, am Morgen, nahm sich Die die Zeit, etwas sorgfältiger durch die verschiedenen Shirts zu schauen und fand abgesehen von eigenen alten Bandshirts, auch eines seiner Lieblingsband D’erlanger. War das Absicht von Kaoru, es ihm zu geben? Vielleicht. Vermutlich? Die wusste es nicht, aber zog es sich lächelnd über. Alles andere musste von gestern nochmal herhalten, das nützte alles nichts. Dann humpelte er vorsichtig nach gegenüber zur Morgentoilette, bevor er sich nach unten begab.
Noch war alles still im Haus und anscheinend war auch Kaoru noch gar nicht wach, was Die nicht besonders überraschen sollte. Er würde einfach mal versuchen, ob er imstande wäre, sich in der Küche einen Kaffee zu machen. Offensichtlich war der Hausherr eher spartanisch eingestellt bei diesen Dingen, denn abgesehen von Instantfilterkaffee fand man hier nichts. Aber das war in Ordnung und immerhin war der Wasserkocher modern und man musste nicht mit dem Tauchsieder arbeiten.
„Morgen Die,“ gähnte ihn auf einmal eine Stimme an und Kaoru watschelte noch halb verschlafen in seine Küche, sein Schlafanzug offensichtlich bestehend aus einem Shirt in Größe eines Zeltes und karierten Schlabberhosen. „Hast du… oh, du hast.“ Er räusperte sich, weil auch seine Stimme noch kratzte. „Ich hab leider keinen anderen Kaffee da. Meistens trink ich auswärts. Aber nimm nur.“
„Hab ich gemacht, danke.“ Wieder musste Die lächeln, allein schon, weil der andere recht drollig rüberkam. „Willste auch? Ohne Kaffee am Morgen bin ich kein Mensch.“
„Mmh klar.“ Kaoru nickte und strich sich das Haar hinter um es zu einem Zopf zu binden. „Also ich weiß ja nicht, wie dein Plan aussieht, aber wir wollten doch nach Daiso und ich müsste auch was einkaufen. Falls wir das machen wollen, könnten wir unterwegs was essen gehen?“ Kaoru hatte nämlich auch gar nichts da, nicht einmal Eier, höchstens Reis von gestern, aber auch Onigirazu brauchten ein gewisses Innenleben um zu schmecken.
Nachdem Die auch für seinen Freund eine Tasse mit Filterkaffee bereit gemacht hatte, übergoss er das Ganze mit dem gekochten Wasser und nickte. „Klingt gut. Das dürfte auch im Rahmen meiner Ausgangssperre sein.“
„Eh? Ausgangssperre?“ Kaoru runzelte die Stirn.
Die zuckte die Schultern. „Tommy sagt, ich soll hierbleiben und nichts anstellen.“
Nun zuckte auch Kaoru die Schultern und zog seine Kaffeetasse zu sich heran. „Na wenn der das sagt.“ Er schmunzelte etwas, denn die Anweisung war schon etwas anmaßend, aber was sollten sie schon tun? „Ich geh dann jedenfalls mal was anziehen. Den Kaffee nehm ich mal mit.“
Er grinste leicht und latschte in aller Ruhe wieder nach oben. Die war manchmal verblüfft, was für eine wohldurchdachte Chill-Pill ihr Bandleader sein konnte. Genau das aber würde ihm sicherlich guttun dieser Tage. Er würde sich an Kaoru halten. Das wäre sicher gut für ihn.
***
Eine knappe Stunde später waren beide Männer auch schon unterwegs um ihren täglichen Bedarf einzukaufen, angefangen in einer großen Drogerie, an der Die keinesfalls vorbeikam ohne hineinzugehen. Er fand, dass er ziemlich viele eigene Cremes und Hygieneartikel brauchte, die er eben nicht von Kaoru benutzen wollte. Der schlappte ihm brav nach und sammelte mit einem Korb ein, was auch immer der durch die Gänge staksende Gehbehinderte benötigte. Das fing ganz allgemein bei Augentropfen an und hörte auch noch lange nicht bei den Zahnreinigungsprodukten auf, denn wie der Bandleader lernte, gab es auch noch so einige Nahrungsergänzungsmittel, die man zum Überleben brauchte. Jedenfalls was Die betraf. Bei den Haarprodukten war er wiederum zu wählerisch, als dass er diese in einer einfachen Drogerie kaufen würde, und sobald Kaoru es sich auch nur wagte, sein übliches Head & Shoulders in den Korb zu legen, bekam er eine Lektion in Haarpflege erteilt.
„Das müssen wir entweder bei mir Zuhause holen oder im ReFa Shop. Dann benutzt du das auch, das ist gut für dich,“ gab Die bekannt und damit war die Sache auch schon beschlossen, denn Kaoru war bei diesen Dingen nicht der Typ zum Diskutieren.
Zwar waren sie immer sehr ähnlich gewesen und auch Die noch nicht immer ein Haar-Buddha, aber wenigstens hatte er diese Marotte von seinem jüngeren Bruder und nicht von seiner Ische übernommen. Kaoru erinnerte sich jedoch sehr gut daran, wie Die mal erzählt hatte, dass er sich die Haare nicht mehr abschneiden lassen dürfte, weil sie fand, dass sie zu schön dafür wären. Was sein mochte, nur wer ließ sich bitte so etwas vorschreiben? Gesagt hatte der Bandleader dazu nichts, denn das war nicht seine Sache. Doch gedacht hatte er sich Vieles.
Heute schlenderte er seinem Kollegen nach und befolgte lieber dessen Wünsche, denn immerhin war Die quasi krank und brauchte das. So kamen sie schließlich auch irgendwann zum Ende und wenigstens besaß der Patient noch seine Kreditkarte zum Bezahlen. Danach ging es gleich weiter in einen größeren Daiso. Während Kaoru bei den nützlichen Dingen für Heim & Hof verloren ging, arbeitete sich Die schnell zu den Accessoires durch. Eigentlich war er nicht der Typ für Billigprodukte, aber er würde eine Ausnahme machen, denn auf die Schnelle bekam er hier sogar Socken und Unterhosen. Viele andere brauchbare Dinge raffte er auch gleich mit ein und seien es nur Behältnisse für seine neu gekauften Hygieneartikel. Außerdem fand er noch lustige Utensilien von Sanrio und das ging schließlich immer. Blöd war nur, dass er mit den Krücken und dem Einkaufskorb wirklich schlecht vorankam, sodass er nach kurzer Zeit Ausschau nach Kaoru halten musste.
Der kam langsam angetrottet und fiel trotzdem fast über den am Boden geparkten Einkaufskorb. „Na hoppla. Kannst du wohl nicht mehr tragen?“
„Bisschen schwer mit Krücken,“ erklärte sich Die und würde die Achseln zucken, wenn eben nicht diese Gehhilfen wären.
„Bisschen voll ist er auch,“ ächzte Kaoru, während er den Korb anhob.
„Ja und wir müssen noch in die Regale, wo ich Badzimmersachen bekomme. Früher hatten sie immer Bademäntel und sowas…“ Er humpelte jedenfalls schon mal los.
„Kannst doch meinen anziehen?“ Kaoru folgte, locker wie er das sah.
Doch Die grunzte. „Und du latscht dann nackt rum?“
„Nee,“ grunzte Kaoru nun ebenfalls und kicherte fast. „Mit Handtuch vielleicht?“
„Vielleicht?“, lachte der andere, denn das klang alles etwas seltsam gerade. „Also entscheidest du dann spontan, ob nicht doch nackt?“
„Muah,“ stöhnte der Bandleader. „Du nimmst mich auf den Arm jetzt.“
„Ein kleines bisschen. Aber tu dir keinen Zwang an, wenn du nackt sein willst. Ist ja deine Butze und ich bin nur Gast!“ Die scherzte und stoppte dabei beim Regal mit der Frottierware. „Einen eigenen Bademantel will ich trotzdem.“
„Hmmm naja.“ Wieder zuckte Kaoru die Schultern und spitzte nachdenklich die Lippen. „Vielleicht mach ich das.“ Er lächelte knapp und nahm noch ein paar Schlappen aus dem Regal. „Wenn schon, denn schon. Haben wir nun alles?“
Amüsant war es jedenfalls mit Kaoru einzukaufen, fand Die. Es lenkte ihn gut ab und er war zufrieden. „Ja, gehen wir an die Kasse.“
Nur kam er nicht weit, da ihn etwas abrupt stoppen ließ. Fast dachte Kaoru, es sei etwas Schlimmes passiert, bevor er den anderen zum Knabber-Regal hüpfen sah. So schnell war es bisher mit den Krücken noch nie gewesen!
„Uhhh yeah Kaki no Tane! Die mag ich super gerne!“ Obwohl er anfangs noch zaghaft die kleinen Tüten vom Ständer zog, konnte man bereits an seinen leuchtenden Augen sehen, dass es bald mehr werden würden. Wortlos hielt Kaoru den Korb nahe genug an Die heran, dass er seine Snacks nun tütenweise fallen lassen konnte. Kurz stoppte er dann und überlegte, bevor er noch drei weitere vom Stapel ließ. „Scheiß drauf.“
Die grinste so unbefangen, wie Kaoru ihn zumindest in den letzten Tagen noch nicht wieder erlebt hatte. Oder in den letzten Jahren? Sicher konnte sich Kaoru nicht sein, denn wenn es in ihrer Band um Snacks ging, hatte er eigentlich das Sagen. Von Die kam da selten etwas, auch wenn es dem Bandleader erst jetzt wieder ins Gedächtnis kam. Vielleicht war das auch so etwas, was seine Freundin Die quasi verboten hatte. Schon allein deswegen lächelte Kaoru ihn nun an und nahm noch ein Tütchen extra. „Ich mag die auch. Also immer rein in den Sack. Nasche ich immer beim Fernsehen.“
„Beim Filmgucken?“, fragte sich Die und sprach es laut aus, denn soweit er wusste, war sein Kollege jemand, der dann und wann gerne Filme sah. „Oder binged du auch was?“
„Hä?“ Dass es der Ältere nicht mit englischen Ausdrücken hatte, musste man eigentlich wissen. Doch obwohl Kaoru kurz auf der Leitung stand, ereilte ihn die Weisheit doch noch. „Serien? Ja, auch, aber nicht so oft. Ich kann was anfangen und dann nicht fertigschauen, weil wir keine Zeit haben. Das ist dann schade. Also such ich mir lieber einen Film. Den schaff ich wenigstens.“
Während er so plauderte, machten sie sich schon auf den Weg zur Kasse, wo der Jüngere von ihnen einmal mehr bezahlte. Dann ging es leider plötzlich los mit dem leidigen Thema, was sich an Die festgesogen hatte wie ein Pömpel. „Ich hab mit Alice immer Serien geschaut. Jeden Tag eine Folge, manchmal zwei.“
Er seufzte kurz, denn er wusste, dass es ein klägliches Thema war. Ersatzweise könnte er mit Kaoru schauen, doch das wäre wirklich zu viel Ersatz des Guten und irgendwie schräg. Andererseits könnten sie sich schon die Zeit vertreiben, oder? Dass Kaoru aber so still war, bedeutete vielleicht auch, dass er keine Lust darauf haben könnte.
Stattdessen aber suchte dieser nach etwas, was er sagen könnte, um wieder von dieser dummen Frau wegzukommen. Viel konnte sein Hirn aber nicht aufbringen. „Ich will als nächstes Alien Romulus schauen.“
Was Die aber nicht ahnen konnte und so Anschluss fand. „Kann ich mitschauen?“
Die Frage kam überraschend für Kaoru, doch er lachte auch, denn an sich musste der andere auch gar nicht fragen. „Klar kannst du. Heute Abend oder wann?“
Wieder lächelte Die und egal wie tief er in der Tinte saß, aber diese Kauleiste erhellte nun einmal die dunkelste Gasse. Er nickte dabei und freute sich tatsächlich. „Cool, dann ist das abgemacht. Wir haben ja nun Knabberkram. Fehlt uns nur noch was zu trinken.“
Beinahe hätte dies ein Affront für Kaoru sein können und gespielt tat er auch so. „Hallo? Ich bin ausgestattet!“
„Scusi!“, lachte Die sorglos für diesen Moment.
„Aber sicherheitshalber können wir in den Yamaya, der aufm Weg liegt. Folge mir!“ Zwar hatte Kaoru beide Hände voller Einkaufssäcke, aber einmal ein Leader, immer ein Leader. Nur ein eher langsamer heute. „Zum Glück ist der Supermarkt gleich bei mir um die Ecke.“
Dann dank dem gehbehinderten Gast musste Kaoru wohl einfach zweimal laufen, auch wenn Die versuchte eine Lösung zu finden. „Soll ich so einen Trolley kaufen? Oder einen Bollerwagen?“
„Lass gut sein,“ schnaufte Kaoru mittlerweile. „Ich schaff das schon!“
Denn immerhin war er hochmotiviert und freute sich auf seinen Filmabend mit Die. Endlich mal nicht alleine fernsehen! Und dann auch noch mit Die. Dem einen welchen.
***
Letztlich hatten sie es auch wieder nach Hause geschafft, von wo aus Kaoru noch einmal Angriff auf den Supermarkt nahm. Da Die sonst nichts weiter zutun hatte, kam er ebenfalls mit, wenn auch nur als behinderte Begleitung. Sie schlurften durch die Gänge und sammelten allerhand Kram ein, angefangen bei Orangen bis zu Gebäck, da der Hausgast ein recht Süßer war. Auch vergaßen sie nicht die Eier, denn da trafen zwei Feinschmecker aufeinander. Ein paar Bierchen für den Abend durften ebenfalls nicht fehlen, bevor sie an der Kasse doch wieder mit zwei vollen Einkaufssäcken standen, die diesmal von Kaoru bezahlt wurden. Tragen durfte er sie auch nochmals ganz alleine, aber das ging nun einmal nicht anders. Und so erklommen sie noch einmal die Straße hinauf zum Haus des Bandleaders, der, nachdem sie es endlich geschafft hatten, erst einmal auf seine Couch fiel. Er konnte die Einkäufe auch später noch wegräumen. Erstmal brauchte er eine Pause und ein Bier aus einem der Tüten.
„Du auch?“, fragte er aber nett und öffnete ein Zweites für Die, weil der nickte.
Sie saßen kurz und tranken in Stille, bevor Die das Wort ergriff: „Kann ich nun irgendwas helfen? Muss ja auch mal lernen, trotz Gipsbein was zu tun.“
Diesmal vergaß Kaoru die Höflichkeit, denn Hilfe wäre nicht verkehrt. „Kannst ja den Kram für nachher aus den Säcken nehmen und uns schon was hinstellen? Ich pack den Rest weg. Willste auch noch was Essen oder bist noch satt?“
Irgendwann zwischendurch hatten sie beim Thailänder ein paar Bratnudeln verputzt, nachdem sie vor der Einkaufsorgie auch Frühstück bei Starbucks hatten. Nur ob das genug für Die war, konnte Kaoru nicht wirklich einschätzen. Er würde sich selbst etwas Reis vom Vortag nehmen, wenn ihn der Hunger übermannte. Ob man das aber einem Gast antun könnte? Damit kannte er sich nun nicht aus.
„Ich bin noch satt. Hab auch Gebäck, falls ich naschen will. Und Kaki no Tane!“ Die war also glücklich und machte sich nun daran, eine Tasche auszupacken. Er brauchte natürlich länger, aber er wollte nicht nur bedient werden. Während Kaoru sich um alles andere kümmerte, stellte Die ihnen Bier hin und kippte die Snacks in eine Schale, um diese auf den Couchtisch zu stellen.
Dann kam auch schon der Bandleader und staunte nicht schlecht, als er sich auf die Couch setzte und schon mal eine Erdnuss in seinem Mund verschwinden ließ. „Ich schau mal kurz, wo der Film läuft. Hab ihn irgendwo zum Stream entdeckt.“
Die wollte sich gerade zu ihm setzen, als sein Handy vibrierte und er fast schon genervt das Teil aus seiner Hosentasche fischen musste. Nichts war einfach mit Krücken. Doch wessen Name auf seinem Display zu sehen war, ließ ihn ganz still werden und sein Herz laut pochen.
„Fuck.“ Seine Stimme war leise und zitterte, ebenso wie seine Finger, bevor er plötzlich wie beflügelt lauter wurde und beinahe hektisch. „Es ist Alice! Ich muss da rangehen!“
Wie eine Verkündung schallte seine Stimme durch das Haus und Kaoru sah nur, wie Die sich das Handy ans Ohr presste, während er bereits zur Seite humpelte.
„Ja, warte mal kurz!“
Offenbar bat er sie um einen Moment, damit er sich in Ruhe verkrümeln konnte, denn der große Mann krüppelte sich schnurstracks nach oben, um allein mit ihr telefonieren zu können. Dass ihm der Anruf wichtig war, musste man Kaoru nicht erklären. Es war nun einmal, wie es war, und Die sollte sich die Zeit nehmen, die er eben brauchte. Ebenso die Privatsphäre, denn Gespräche während einer Trennung waren in der Regel intim. Trotzdem fragte sich Kaoru, was sie nun wollen könnte. Ging es ihr um Dies Wohlergehen oder um die kaputte Karre? Informierte sie ihn über ein Kontaktverbot oder würde sie ihn wie ein Frauchen ihren Hund zu sich rufen? Nichts von alledem würde jedoch Kaoru tangieren, theoretisch und auch praktisch, obwohl er dem anderen Obdach gab. Nein, er würde warten müssen auf die Dinge, die da kamen.
***
Das tat er dann auch schon geschlagene zwei Stunden, ohne dass Die zurückkam. Anfangs harrte Kaoru noch aus und spielte auf seinem Handy herum, weil er dachte, vielleicht kämen sie noch zu ihrem gemeinsamen Filmabend. Doch nachdem sein erstes Bier dabei draufging und die Schale mit der Knabberei leer war, startete er einfach irgendeinen anderen Film. Blöd wie er nun einmal war, brachte er es nicht fertig, den „gemeinsamen“ Film alleine zu schauen. Er war eben doch ein Volltrottel, wenngleich es zum Glück niemand wusste. Dass er enttäuscht war, musste er zwar einsehen, aber würde es niemals vor einem anderen zugeben. Stand ihm das überhaupt zu? Nein. Hatte er sich auf einen Film mit Die gefreut? Ja. Durfte er sich verhalten wie ein Kleinkind? Nein. Stellte er sich dumme Fragen? Ja.
Grummelnd wusste Kaoru natürlich, dass er als gestandener Kerl sich nichts daraus zu machen hatte, wenn er für Dies Liebe seines Lebens versetzt wurde. Wenn sie das denn war. Auch das konnte er nicht beantworten, aber es gebot sich nun einmal, dass man zurücksteckte in solch einem Fall. Obwohl diese Frau eine Schande war und gar nicht gut für Die, so hatten sie ihre Vergangenheit, Zweisamkeit, Geheimnisse, Gefühle und ihr geteiltes Leben, das immerhin sieben Jahre bestanden hatte. Dass Die sprang, wenn sie anrief, war nur logisch. Dafür konnte man ihn auch nicht hassen. Es war nur einfach…
„Kompliziert,“ nuschelte Kaoru vor sich hin und hatte nun auch ein zweites Bier intus, das es ihm nicht leicht machte wach zu bleiben, während ein Film über Motorradfahrer lief. Da er aber bis heute nur Fahrradfahren beherrschte, interessierte ihn die Geschichte nicht besonders und er war so gut wie am Einschlafen.
Erst als neben ihm ein Gewicht ins Sofa krachte und das Schniefen einer Nase zu hören war, schreckte der Bandleader hoch und nahm Die wahr.
„Tut mir leid,“ sagte dieser mit kratziger Stimme und versuchte zu verbergen, wie offensichtlich peinlich berührt er war. Es war nicht schwer zu bemerken, welche Mühe er hatte zu verstecken, dass er einmal mehr wie so oft geweint hatte und nahe daran war, wieder zusammenzubrechen. Man musste sich sogar fragen, wieso er überhaupt noch hergekommen war, wenn es ihm doch so mies ging. Andererseits war es vielleicht einfach, weil er nicht alleine sein wollte mit dem Kampf gegen diese schrecklich schmerzhaften Gefühle. Womöglich brauchte er einfach einen Freund. Es war offenkundig, wie er versuchte sich zusammenzureißen, doch auch, wie absolut down er wieder nach dem Gespräch mit Alice war.
Kaoru konnte das kaum mit ansehen und versuchte wirklich einfühlsam zu sein, als er den Kopf neigte und Dies Blick einfing. „Lief nicht so gut?“
„Nein,“ schüttelte Die den Kopf und schnappte sich das Bier vom Tisch, um es mit großen Schlucken hinter zu trinken. Dann setzte er ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und Wangen. „Ich kann aber meine Sachen holen.“
Etwas mehr Kontext wünschte sich Kaoru hier schon, doch er wollte keinen Druck machen. Lieber stand er auf und ging zum Kühlschrank, um zwei eiskalte Dosen seiner Lieblingshighballs zu holen. Eine davon gab er Die. „Kleine mentale Stütze.“
Dankbar nahm der andere das an und öffnete sie auch. „Tut mir jedenfalls leid, dass ich dich hier hab sitzenlassen. Es war nur so… naja, endlich redete sie mal mit mir. Es waren am Ende zwar wieder nur Vorwürfe wegen allem, aber so weiß ich immerhin auch, woran ich bin.“
Schon am Ende des Satzes zitterte Dies Unterlippe so verdächtig, dass Kaoru nun wusste, was folgen würde. Noch nie zuvor hatte er so oft gesehen, wie Tränen dem Gesicht des anderen hinabliefen. Es war zwar unheimlich befremdlich, aber es machte ihn auch so unsagbar wütend auf diese Kuh von Alice. Außerdem machte es noch etwas anderes mit ihm, aber das Verlangen zum Trostspenden sollte nun einmal auf Alkohol und Worte begrenzt sein. Nicht?
„Das tut mir leid für dich,“ sagte der Ältere nun in, wie er hoffte, einer einfühlsamen Art und legte sogar seine Hand an Dies Schulter.
Was danach geschah, hatte Kaoru keinesfalls auf seiner Agenda. In einer fließenden Bewegung hatte sich Die gedreht und drückte ihm nun die Nase an den Hals, damit seine schmale Schulter ein Schwamm für Dies Tränen sein konnte. Was sonst hätte Kaoru tun können, als ihm über den Rücken zu streichen, obgleich es doch ziemlich ungewohnt war.
„Ich bin so unglücklich!“, weinte der Jüngere und schluchzte dabei, als gäbe es keinen Morgen.
„Na na,“ war alles, was Kaoru zunächst hervorbrachte, denn mit so etwas konfrontiert zu werden, hatte er wirklich nie auf dem Schirm gehabt. Doch es nützte alles nichts. Hier waren sie nun und er strich Die das Haar zur Seite und tätschelte ihm den Rücken. „Das wird schon wieder. Ich helfe dir doch. Bist nicht allein.“
Was sollte er auch sagen?
Anscheinend half es aber tatsächlich, als Die seinen Kopf hob und sich aufrichtete in einer Manier, um seine Selbstachtung wiederzufinden. „Ja, du hilfst mir. Nur du, aber das ist gut. Kommst du auch mit, wenn ich meine Sachen holen muss?“
Wie ein kleiner Junge klang Die, doch seine Bitte würde Kaoru nicht ausschlagen können. „Wofür hat man denn Freunde?“
Nun schmunzelte Die fast. „Naja aber du bist der Einzige, der mir hilft.“
„Ach was,“ winkte der Ältere ab, obwohl ihm die Aussage auch so ein bisschen gefiel, warum auch immer. „Ich war nur der Schnellste.“
Nun lächelte Die trotz seines verheulten Gesichts und trank von seinem Highball in großen Zügen, bevor er sogar versucht zu scherzen. „Da bist du schon mal der Schnellste irgendwo und gewinnst nur mich. Hätte besser für dich laufen können.“
Dies Galgenhumor war nicht der Lustigste, doch Kaoru grunzte trotzdem mit einem kleinen Grinsen. „Hätte mich auch schlimmer treffen können. Bist nicht der Übelste auf der Welt.“
Was Die echt mal hören musste, auch wenn es kein überschwängliches Kompliment war. Es bedeutete viel, wenn es von Kaoru kam, und es hieß, dass man ihn noch mochte. Gemocht zu werden war wichtig dieser Tage, wo es diese eine besondere Frau in seinem Leben nun nicht mehr tat.
„Sollen wir eigentlich noch den Film schauen?“ Nicht dass Die besonders erpicht darauf war, aber er wollte eben einfach noch mit dem anderen Mann abhängen.
Dem der Film an sich nicht komplett egal war, weshalb er lieber den Kopf schüttelte. „Scheiß auf den Film heute. Lass uns was trinken und sag mir, wann du nun deine Sachen holen kannst. Vielleicht brauchen wir nun doch den Bollerwagen…“
Auf den kleinen Scherz hin lächelte Die träge, doch dankbar. „Morgen soll ich kommen. Weiß gar nicht, wie ich das schaffen soll.“
„Naja du wirst ja nicht alles auf einmal holen sollen?!“ Da war Kaoru verständnislos.
Doch Die zuckte mit den Schultern. „Sie klang halt so. Deswegen gab’s ja wieder Drama und am Ende sag ich schon nichts mehr, weil’s mich zu fertig macht.“
„Okay, okay.“ Bevor der Mann hier nun wieder aus lauter Verzweiflung anfing zu heulen, würde Kaoru wohl einschreiten müssen um die Dinge zu regeln. Offensichtlich war es so, dass Die das nötig hatte, egal welche Grenze der Bandleader vielleicht übertreten würde. „Dass du morgen mal eben alles holst, kann sie nicht von dir verlangen. Sollst du jetzt mit deinem Gips im Umzugswagen kommen und Kisten packen? Also nein, so nicht. Wir gehen morgen und holen das Wichtigste. Du hast ja Koffer und Reisetaschen und alles andere organisieren wir später. Ich sag ihr das schon, wenn sie dir nicht zuhören will.“
Die trank noch einen Schluck und nickte. „Und Boo müssen wir holen.“
Kaoru hätte mit Einwänden gerechnet, darüber, dass er nicht so mit Alice reden sollte oder dergleichen, doch nicht mit zwei treudoofen Augen, die ihn vor Tatsachen stellten, die er überhaupt nicht verstand. „Boo?“
„Meine Katze.“ Natürlich, Dies Katze. Gut, dass er das aufklärte. „Sie will sich nicht um ihn kümmern. Obwohl wir ihn gemeinsam geholt haben und ich dachte, er kann dortbleiben, bis ich was Eigenes habe. Aber sie will ihn nicht. Sie hat gesagt, sie gibt ihn weg, wenn ich ihn nicht hole.“
Wie gemein! Kaorus Mund stand sogar offen. Er war kein Freund von Haustieren, so etwas brauchte er nicht. Ganz besonders fand er Hunde eher nervend als süß. Doch wenn man sich dafür entschied, hatte man Verantwortung – so auch diese Frau. Stattdessen drohte sie dem armen Die nun an, sein Haustier wegzugeben, wenn er es nicht abholte. Das war mehr als mies. Ehrlich gesagt, fragte sich Kaoru, warum es den anderen nicht mehr mitnahm, denn das war wirklich eine Hausnummer. Aber wahrscheinlich wusste Die gar nicht mehr, wohin mit seinen vielen Sorgen, eine schlimmer als die andere.
„Sie ist ein fieses Stück. Ja, ich muss das mal sagen. Ein fieses Miststück.“ Nun war es raus und Kaoru fühlte sich befreiter.
Während Die verstand, dass sein Gegenüber das rauslassen musste. „Ich finde es auch mies, aber… ach ich weiß überhaupt gar nichts mehr. Als steht meine Welt Kopf. Nichts ist mehr normal. Nur wenn wir Boo holen könnten, wäre ich dir echt dankbar. Er fehlt mir.“
Klang kindisch, aber war so. Zum Glück verstand Kaoru auch das, denn Die musste sich nach etwas Beständigem sehnen und wenn es eben sein Haustier war. So etwas gab Kraft. Der Ältere wusste das aus eigener Erfahrung, auch wenn es bei ihm seine Kinder gewesen waren. „Wir holen dir deinen Boo. Keine Sorge.“
Es waren so wenige Worte, kaum bedeutsam eigentlich, doch gaben sie so viel Zuversicht und Kraft in jenem Moment, dass Die sich nicht beherrschen konnte. Wieder umarmte er Kaoru, diesmal nicht schluchzend, sondern dankbar und entsprechend fest. Er sollte wissen, dass er gerade ein Fels in nicht nur der Brandung, doch einem tosenden Sturm war, der unumstößlich ebenso zur Beständigkeit in Dies Leben beitrug. Er war eine Konstante.
Zwar war Kaoru wieder überrascht, doch diesmal nicht befremdet. Er mochte Umarmungen von Die. Schon immer. Manchmal zu sehr. Aber man musste sie auch mögen, denn sie strahlten Herzlichkeit und Vertrauen aus. Etwas, das auch Kaoru gut brauchen konnte. Er lächelte in der Umarmung und genoss sie einfach. Das konnte man ja mal zulassen.
Ende Kapitel Drei.
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Take The Long Way Home - Kapitel 2
Kapitel 2: Mi Casa Es Su Casa Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 2/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 2: Mi Casa Es Su Casa
Es war umständlich, wie Die das Haus betrat, denn er war mit den Krücken noch vollkommen unbeholfen. Stets bleib er irgendwo hängen und entschuldigte sich viel zu oft, doch Kaoru konnte ihm kaum helfen, außer immer wieder zu sagen, dass es schon okay sei. Es hatte etwas Klägliches, wie dieser großgewachsene, wahrlich attraktive Mann mit dem langen Haar, nun so halb zerstört und ungeübt versuchte vorwärts zu kommen. Doch hatte er es alleine hierhergeschafft und bedankte sich sofort erneut für die Gastfreundschaft des Bandleaders.
Dieser schloss hinter Die die Tür und verzog die Mundwinkel nach oben, um zuversichtlich zu schauen. „Nichts zu danken. Ich habe Gäste-Latschen für dich, aber wahrscheinlich kannst eh nur einen anziehen, hm? Soll ich helfen?“ Kaoru bückte sich sogleich, doch eigentlich wusste keiner von ihnen, wie Die den Schuh an seinem Standfuß nun stehend wechseln sollte. „Hier, setz dich.“
Egal wie unangenehm es Die gerade war, kam er um die Hilfe nicht herum und setzte sich auf die Bank im Eingangsbereich. Ohne weitere Worte zog Kaoru ihm bereits den Sneaker aus und steckte ihm leicht grinsend einen Hausschuh an den Fuß. „Na bitte. Das haben wir schon. Magste was ausziehen? Jacke oder so?“
Denn der Große trug immerhin einen Hoodie, wenn auch keine dicke Jacke in diesem Sinne. Die schüttelte den Kopf und stand wackelig wieder auf. „Ich hoffe echt, ich mach dir nichts kaputt hier. Hast es immerhin sehr schön. Ich war noch gar nicht oft hier…“
Es fiel Die wie Schuppen von den Augen, dass er das Heim das Bandleaders wirklich selten gesehen hatte. Einmal, vielleicht zweimal höchstens, als tatsächlich auch Kaoru mal Hilfe nötig gehabt hatte, was meistens beruflicher Natur war. Die humpelte auf seinen Krücken ins große Wohnzimmer, in dem eine riesige Couch vor einer Art Raumteiler stand, in dem jede Menge Zeug stand, angefangen vom Fernseher über die Playstation bis hin zu Comic-Figuren und uralten Schallplatten. Dahinter befand sie noch mehr des kreativen Reiches von Kaoru, sogar ein, zwei Gitarren, ein paar eher witzige Einzelstücke von Designermöbeln, eine Staffelei und ein Bereich mit Spielzeug und Puppenhaus. Besonders dieser Bereich wurde lichtdurchflutet wegen der großen Front aus Fensterglas, die sich zur Südseite des Hauses befand. Angrenzend an das große Wohnzimmer war die Küche, nicht so groß, eher pragmatisch und angemessen für japanische Verhältnisse. Sie war im Grunde offen, doch die Arbeitsfläche trennte sie ab vom Wohnzimmer, ebenso wie der Tisch davor.
„Danke,“ lächelte Kaoru sogar, denn gerade weil er selten Besuch hatte, bekam er ebenso selten gesagt, dass er es schön hatte. Ihm fiel es außerdem auch gar nicht mehr auf. „Da hinten pass lieber auf, Kikus Spielzeug übersehe ich manchmal. Ansonsten fühl dich wie Zuhause. Küche ist dort drüben, bedien‘ dich einfach, oder frag mich, wenn ich dir was helfen oder geben soll.“
Denn zwar wollte Kaoru gastfreundlich sein, doch sollte Die hier mehr oder weniger leben, müsste er sich wohl oder übel auch selbst bedienen können. Der große Mann nickte nur dankbar und lauschte weiter, als der Bandleader fortfuhr: „Hab mir gedacht, du nimmst einfach Ryus Zimmer. Er ist sowieso kaum da. Manchmal kommt er vorbei, aber mittlerweile eher ungeplant und da kann er ebenso gut auf der Couch pennen. In seinem Zimmer ist auch so gut wie nichts drin, ehrlich gesagt, weil er das meiste bei seiner Mutter hat. Da passt das, fand ich, und hab dir da mal das Bett bezogen und ein paar Sachen hingelegt, Handtücher und so. Ich wollte erst auch noch Klamotten von mir hinlegen, aber wusste nicht, ob dir das dann recht wäre. Also wegen mir find ich noch ‘ne Jogginghose und paar Shirts, die du erstmal nehmen kannst. Aber nur wenn du willst…“
Immerhin wollte Kaoru es für keinen hier unangenehm machen, obwohl er bei seinem Angebot schon etwas verlegen wurde. Immerhin war es nichts Alltägliches seine Sachen wie Spenden anzubieten, auch wenn er das für Die einfach aus Freundschaft tat. Er ließ ihn nun auch gar nicht erst zu Wort kommen, sondern palaverte direkt weiter: „Eine Hürde musst du nehmen, denn dein Zimmer ist oben. Die Treppe musst du irgendwie schaffen. Wenn du magst, zeig ich es dir gleich?“
Nun blickte er fragend zu dem anderen Mann, der etwas erschossen dastand und nur wieder sehr leise sein Danke murmelte. Was sollte er auch anderes machen? Das hier war wirklich peinlich, denn allein schon die japanische Höflichkeit verbot ihm, hier einfach einzuziehen und von seinem Kollegen etwas anzunehmen. Doch wohin sonst sollte er auch? Im Hotel hatte er nichts! Rein gar nichts. Wenn Die ehrlich war, wollte er hier sein, nicht allein. Er nickte nur und humpelte dann los in Richtung der Treppe.
Kaoru verstand und ging voraus, während er für sich entschied, dass, wenn er einfach weiterlaberte, vielleicht ein Punkt kommen würde, der die Peinlichkeit überschritt und damit alle Verlegenheit wegblies. Einen Versuch war es wert.
„Also hier ist mal mein Schlafzimmer,“ sagte er und deutete nach rechts, nachdem auch Die die Treppe irgendwie gemeistert hatte. „Dahinter ist gleich das Badezimmer. Da fällt mir ein, dass wir ja noch nach Daiso müssen, oder warst du schon?“
Die schüttelte den Kopf und schluckte schwer, denn er fühlte sich schon echt wie ein Asylant. Zum Glück kam er nicht zum Reden, als sein etwas kleinerer Freund nach gegenüber deutete. „Da ist Kikus Zimmer.“ Er öffnete sogar die Tür etwas, um diesen Traum aus Rosa auf Die wirken zu lassen. „Das Prinzessinnen-Bett wollte ich dir nicht antun. Obwohl… vielleicht hätte es dir auch gefallen? Aber dann wäre Kiku sauer, das können wir nicht riskieren. Kleine Mädchen willste nicht zum Feind, das sag ich dir.“, lachte Kaoru und öffnete nun final das hintere Zimmer auf der linken Seite. „Das ist also nun erstmal dein Reich. Wie gesagt, gib mir Bescheid, wenn du was brauchst. Ich hab auch echt viel Kram und im Überfluss, also… ich sehe kein Problem darin zu teilen.“
Wieder nickte Die und man sah ihm an, wie er seine Emotionen versuchte herunterzuschlucken. Er setzte sich aufs Bett und krächzte einmal mehr ein Danke, bevor er Kaoru wie ein kleiner Welpe anblickte. Für den Älteren war das kaum zu ertragen, denn was hatte diese Frau denn nur aus dem schönen lustigen Daisuke gemacht? Konnte doch wohl nicht wahr sein!
„Du hast sogar einen eigenen Fernseher hier drin. Musst ich Ryu extra besorgen, als er 14 war, damit er seine Zockerspiele alleine spielen konnte. Da ist man als Vater plötzlich nicht mehr cool genug.“ Auch das zeigte Kaoru dem anderen noch, allein schon um diese schwermütige Stimmung zu durchkreuzen. Dann schaute er ihn an und nickte kurz. „Okay, ich geh mal runter und such uns was zu essen, oder hast du schon? Danach können wir ja mal überlegen, ob wir heute noch nach Daiso wollen. Komm erstmal an und ruf, wenn du mich brauchst oder so. Ansonsten ruf ich dich, wenn ich was Essbares gefunden habe, ja?“
Nun musste Die sogar etwas lachen, wenn auch tonlos. Wenngleich seine Situation peinlich und unangenehm war, so benahm sich Kaoru gerade schon fast wie Dies Mutter und das sollte etwas heißen. Es war zwar ein wenig creepy aber auch putzig von ihm. Liebenswert wenn man so wollte und Die tat es gut, selbst wenn er davon irgendwie ergriffen war. „Danke, Kaoru. Hab ich schon oft gesagt jetzt, aber ernsthaft. Danke.“
Noch nie im Leben war das Die so ernst gewesen wie jetzt und er konnte kaum noch zurückhalten, dass seine Gefühle ihn gerade zu überrennen schienen. Was in seinem Gesicht leicht zu lesen war und Kaoru deshalb nur nickte. „Kein Ding.“
Womit er den Raum verließ um Die die Zeit zu geben, die er offenbar nun brauchte, konnte man ihn immerhin noch im Weggehen schniefen hören.
***
Dass Die bitterlich hatte weinen müssen, kam ihm selbst absurd vor, als endlich seine Tränen versiegt waren. Wie ein kleiner Junge hatte er auf dem Bett eines fremden Kindes gelegen und geweint, weil ihn seine Emotionen vollkommen übermannt hatten. Er kam sich so schwach und dumm vor, weil er es hatte soweit kommen lassen. Alles nur wegen Alice, die ihn nun verschmähte und nicht einmal ein kleines bisschen Mitleid für ihn übrighatte. Egal wie groß ihr Streit gewesen war, irgendetwas musste doch noch in ihr vorhanden sein, dass es sie wenigstens interessierte, ob Die noch lebte. Anscheinend aber musste er sich damit abfinden, dass ihr egal war, wie es ihm ging.
Immerhin war es Kaoru nicht egal, der ihn in aller Selbstverständlichkeit aufnahm und bereits jetzt umsorgte, dass Die vor lauter Ergriffenheit nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Wahrscheinlich sollte er in jedem Fall nicht Ryus Bett vollheulen. Soweit er sich erinnern konnte, war Kaorus Ältester fast schon 18 und würde bald die Schule beenden. Aber es war lange her, dass Die ihn mal gesehen hatte. Damals war er ein eher mürrischer Teenager gewesen, wenngleich optisch ähnlich mondän wie sein alter Herr früher mal. Selbstredend sollte Die in seinem Zimmer sorgsam sein und sich gut benehmen. Er war doch Gast.
Also riss er sich zusammen und wackelte ins Badezimmer, denn zum einen hatte er die Toilette nötig und zum anderen wollte er sich unbedingt frisch machen. Kaorus Badezimmer war auch recht typisch für ihn, denn es standen zwar überall Produkte aus der Drogerie herum, aber besonders stylisch angeordnet war es nicht. Wenigstens fand Die hier ein Deo, das er mal benutzte, weil er einfach fand, dass er noch immer nach Krankenhaus roch.
Dann machte er sich auf nach unten. In Kikus Zimmer schaute er nicht noch einmal hinein, aber schmunzelte im Vorbeigehen, denn bisher war ihm komplett entgangen, dass natürlich Kaoru als Vater eines kleinen Mädchens auch Dinge für kleine Mädchen besaß. Eigentlich ziemlich abgefahren, denn in ihrer Band waren Kinder der Mitglieder doch irgendwie Nebensache. Zumindest wenn sie wie bei Kaoru nicht dauerhaft Bestandteil seines täglichen Lebens waren. Dann ging das meistens komplett unter.
Noch eine Weile hing Die seinen Gedanken nach, während er die Treppe nach unten meisterte und schließlich Kaoru in der Küche vorfand. Offensichtlich hatte er Reis im Kocher und brutzelte noch Curry zusammen, was, egal wie man es drehte und wendete, auch kein gewöhnlicher Anblick war für Die. Er musste sogar leicht lächeln.
Bemerkt hatte ihn der andere auch und rührte noch einmal kräftig durch das Essen, bevor er das Lächeln erwiderte. „Kommst genau richtig. Das wird uns stärken!“
Die trat vorsichtig näher, um nicht wieder anzuecken, und reckte die Nase um zu schnuppern. „Riecht gut. Wie hast du das so schnell hingezaubert?“
Kauzig lachte Kaoru und griff sich zwei Schalen aus seinem Schrank. „Mit CoCo Ichibanya geht alles.“
Er grinste weiter leicht vor sich hin, während er das Curry aufteilte und die vollen Schalen auf den Tisch stellte. Auch wenn Kaoru nun eine Fertigmischung benutzt hatte, war Die dennoch beeindruckt. Immerhin war es das erste Mal seit Langem, dass ihn überhaupt jemand bekocht hatte. Das war schon sehr nett. Würde er sich nur nicht so nutzlos vorkommen, während er auf den Krücken stakste wie ein Klapperstorch.
Der Bandleader war so flott, bereits nun auch den Reis so zu drapieren, dass sie sich jeweils einfach nehmen konnten. „Na setz dich hin. Muss nicht kalt werden.“
Auch wenn es ihm wohl einfach peinlich bleiben würde, fand sich Die damit ab, aktuell eben irgendwie behindert zu sein, und setzte sich an den Tisch. Kaoru hatte noch extra Teller, Löffel und zwei Dosen Asahi geholt, bevor er sich dem anderen gegenübersetzte und bereits jede Menge Reis aufschaufelte. „Du bist so still. Kommst du zurecht? Also oben mein ich. Mit dem Zimmer und so…“
„Oh ja, ja, klar!“, antwortete Die schnell und nahm sich nun auch etwas Reis. „Es ist alles bestens. Ich hab mir von dir etwas Deo genommen, wenn das okay war? Ich muss mal dringend unter die Dusche.“
„Tu‘ dir keinen Zwang an,“ nickte Kaoru kurz und vollendete seine Ladung Reis mit dem Curry, bevor er mit dem Löffel schwungvoll hineinfuhr. „Ich hab hier bestimmt auch noch irgendwo so eine Hotel-Zahnbürste rumfliegen. Die eine Nacht wird es schon gehen, meinst nicht?“
Denn wenn er den anderen so ansah, würde Kaoru meinen, dass Die sich heute eher dringend mal gut ausruhen musste. Widerworte hatte der Jüngere jedenfalls nicht. „Ja, bestimmt. Aber wieso hast du ‘ne Hotel-Zahnbürste?“
„Wieso nicht?“, lachte Kaoru nun.
„Geklaut?“ Die kam nicht umhin mitzulachen.
„Vielleicht?“, redete der andere mit vollem Mund, da das Curry nicht länger warten konnte. Genüsslich mampfe er darauf los und war eigentlich recht selig.
Die beneidete ihn. Doch das würde er nicht aussprechen. „Vielleicht findest du ja doch ein T-Shirt für mich, das ich nachts anziehen kann. Dann mach ich Daiso und alles andere morgen.“
„Was steht noch an?“ Es war reine Neugierde, warum Kaoru fragte, denn er selbst hatte sich noch nicht viele Gedanken gemacht.
„Ach naja, Tommy. Ich muss einige Telefonate erledigen morgen. Heute nicht mehr.“ Wieder klang Die niedergeschlagen, aber er aß brav seinen Reis, denn auch wenn er sich lustlos fühlte, so brauchte sein Körper einfach Nährstoffe.
„Da fällt mir ein, schöne Grüße von Toshiya und gute Besserung. Mit ihm habe ich heute Mittag nochmal geredet. Er lässt dich auch von den anderen grüßen,“ ergänzte der Bandleader, doch fügte kurz darauf noch hinzu: „Was Tommy angeht, hat er unsere restlichen Termine die Woche gestrichen und zwar komplett alle. Ich weiß selbst noch nicht genau wieso und was er vorhat, aber…“ Da konnte Kaoru nur die Schultern zucken, denn so war es eben mit der Plattenfirma und dem Management. Sie sagten an und Dir en grey führte aus – leider nicht umgekehrt. Was also genau die Folgen von Dies Unfall für die Band waren, konnte noch niemand aus der Band im Detail abschätzen.
„Hn.“, brummte Die nur leise und aß einfach sein Abendbrot. Ihm wurde zwar vom Gedanken an die Konsequenzen seines Unfalls ganz schlecht und der Appetit verabschiedete sich, doch er wollte nicht unhöflich sein. Allein deshalb aß er brav auf, aber wurde auch wieder sehr still.
Kaoru beäugte den anderen beim Essen genau und musste sich nicht viel zusammenreimen. „Mach dir mal keine Sorgen, die regeln das schon. Für dich ist es einfach nur wichtig, dass du wieder fit wirst. Und das mit deiner Bude… naja, also irgendwann muss sie dein Zeug ja noch rausrücken? Find ich.“
Er hasste es, ihren Namen zu sagen. Erstens klang er über Kaorus Lippen nicht mehr sehr Englisch und zweitens hatte er dabei den jugendlichen Drang des Augenrollens. Was ihm als Mann über 50 nicht besonders gutstand. Deswegen mied er einfach ihren Namen.
Die hingegen seufzte tief, denn ihm wurde es nicht leicht gemacht, wenn es um seinen weiteren Appetit ging. Er stocherte bereits im Reis, aber rief sich zur Raison! „Wenigstens mal ‘ne Tasche packen sollte drin sein. Alles andere wäre eh zu viel und ich wüsste nicht wohin damit. Zu dir wohl kaum?“
Da musste der Bandleader zustimmen. „Gibst du echt die Wohnung einfach so auf?“
Nun stockte Die tatsächlich komplett. „Was soll ich denn machen? Sie gehört ihr und nachdem, was ich nun gerissen habe…“
„Okay, okay.“, zeigte sich Kaoru einsichtig und zuckte die Schultern. „Wollte nicht drängen. Dann eben erstmal nur das Wichtigste, denn kannst dir ja nicht alles neu kaufen müssen. Allein deine Sonnenbrillen wären ein Vermögen.“
Als interessierten Die gerade noch diese Dinger, aber er schätzte es, dass sein Kollege die Stimmung durch das Erwähnen seiner Lieblingsaccessoires aufheitern wollte. „Irgendwann werde ich sie schon noch erreichen und dann… mal sehen.“
Kaoru nickte lediglich. Eigentlich mochte er die Tatsache recht wenig, dass Die klang, als wäre diese Trennung noch immer nicht in Sack und Tüten. Nur andererseits konnte man durchaus mitfühlender sein, wenn ein Teil von Dies Leben quasi weggebrochen war und die menschliche Natur nun einmal länger als fünf Minuten brauchte, um damit klarzukommen. Selbst das konnte Kaoru immerhin verstehen. „Wie lange wart ihr eigentlich zusammen?“
Kaum Bedenkzeit brauchte Die für seine Antwort: „Sieben Jahre.“
Obwohl Kaoru nichts sagte, hatte sein Gegenüber das Gefühl, als könnte er mal wieder nicht mit der hohen Erfahrungsstufe des Leaders mithalten. Also führte er weiter aus: „Ist nicht so lange, wie du mit Junko zusammen warst. Aber immerhin doch auch irgendwie recht lange…“
Mit dem Zischen vom Öffnen der Bierdose unterbrach Kaoru zwar unschön, aber unweigerlich runzelte er auch die Stirn, weil er nicht einmal verstand, wieso Die das Bedürfnis hatte, sie miteinander zu vergleichen. „Joa, ich bin schon länger geschieden von Junko, als du mit Arisu zusammen warst. Aber was tut das zur Sache? Kann doch niemand steuern, wann im Leben man wen trifft und ob man sich vielleicht verliebt. Oder wie lange es hält. Ist nämlich nicht so, als wären Junko und ich nicht schon viel früher gescheitert, auch wenn wir uns nicht gleich haben scheiden lassen. Dass wir letztlich 12 Jahre zusammen waren, hatte andere Gründe.“
Damit gönnte sich Kaoru nun endlich sein Asahi, denn die Welt sah nun einmal so aus und es gab im Grunde nichts zu vergleichen. Dass jeder Mensch unweigerlich immer wieder verglich, weil es in seiner Natur lag, daran dachte er nicht. Und auch Die nicht, während er eben genau so ein Mensch war. „Ryu? Nehme ich mal an…“ Sein Blick war leicht fragend auf Kaoru gerichtet, während selbst Die nun zu dem kühlen Bier griff. „Das macht’s aber vielleicht aus. Ich wollte auch Kinder, wenigstens eins, aber naja. Du hast es echt gut mit deinen.“
Sicherlich würde Kaoru nun die Sinnhaftigkeit dieser Aussage gerne einmal in Frage stellen, aber im Moment klang Die einfach zu traurig und niedergeschlagen. Man würde ihm Vieles durchgehen lassen. Ein wenig träge lächelte also sein Gegenüber am Tisch und nahm noch einen Schluck von seinem Bier. „Wollte sie keine oder hat es nicht geklappt? Also Junko wollte immer eins und es funktionierte nicht. Erst als wir eigentlich aufgegeben hatten, war sie auf einmal schwanger.“
Warum auch immer wusste Die kaum Details aus Kaorus Ehe bzw. Familienplanung, aber es war durchaus interessant für ihn, auch wenn er erstmal eine Antwort auf die gestellte Frage suchen musste. „Alice ist jetzt 39 und will keine mehr. Als wir zusammenkamen, war sie halt erst 32 und stellte Kinder durchaus in Aussicht. Nur wollte ich ja nicht drängeln? Nach ein paar Jahren dann musste ich aber schon irgendwie mal Druck machen und wir hatten uns geeinigt, es zu versuchen, aber dann… ganz plötzlich kam sie und sagte, das ist doch doof und sie ist nun schon zu alt und will nicht. Allein schon wegen ihrem Sport und so…“
Was ein ganz heikles Thema für Kaoru war, denn er war nun einmal eher der entspannte Typ mit dem Waschbärbauch. Auch wenn er nicht dick war, ganz und gar nicht. Er hielt sich auch fit und ging viele Wege zu Fuß, wo andere schon in der Bahn saßen. Nur so richtig Hardcore-Sport war eben nicht sein Ding; anders als bei Alice und wohl auch Die. Sie gingen beide regelmäßig trainieren und kaum kannten sie sich, dann auch gemeinsam, wobei Kaorus Eindruck immer gewesen war, dass diese Frau schon eine dieser Süchtigen war. Ihr Bauch sah aus wie das absolute Waschbrett, aber leider hatte sie vor lauter Muskeln kaum eine Oberweite. Zum Glück war sie zierlich gebaut, sonst hätte sie so manches Mal wie ein Kerl auf Kaoru gewirkt. Zumindest was ihren Körper anging. Beim Rest konnte man nicht meckern. Sie war hübsch, blond, hatte blaue Augen – was wollte ein Japaner mehr? Dennoch hatte ihr sportlicher Ehrgeiz in Kaoru immer eine Art Abneigung erweckt, denn seiner Meinung nach tat sie nichts anderes als Trainieren und oftmals fragte er sich, für was eigentlich? Professionelle Sportlerin war sie höchstens sporadisch, wenn sie sich dreimal im Jahr ablichten ließ, um einen kleinen unbedeutenden Preis einer Fitnesszeitschrift zu gewinnen. Auch lief sie bei so verrückten Sachen wie dem Tokio Marathon mit und das bei den heißesten Temperaturen. Ihr Herz musste eine Maschine sein und ihr Kardio-Level das des Terminators.
„Dass du das alles so mitgemacht hast…“ Kaoru wäre wahnsinnig geworden.
Das hätte er nur vielleicht nicht sagen sollen, denn Die erschien ihm, als fühlte er sich angegriffen. „Hast du nicht gerade gesagt, man weiß quasi nie, wo die Liebe hinfällt? Ich konnte das nicht ahnen und ich lieb sie halt. Es ist ihr Körper. Da kann ich schlecht pampig werden und ‘ne andere anbumsen?!“
Beinahe würde Kaoru sagen, dass Die das schon gekonnt hätte, nur wäre das ein vollkommen überflüssiger Kommentar. Er versuchte lieber sich zu zügeln und ein guter Freund zu sein. „Schon klar. Hätte ich auch nicht gemacht. Ist nicht so, als versteh ich dich nicht. Vielleicht…“ Kurz wurde er unsicher, ob er das wirklich sagen durfte. Doch Kaoru riskierte es. „Vielleicht ist es ja Schicksal, dass es auseinander ging. Du kannst immer noch Kinder haben. Möglicherweise kommt die Chance erst noch.“
Er entnahm Dies Grunzen, dass er es bezweifelte, aber immerhin hatte er darauf keine Widerworte. Also konnte man von einem Funken Hoffnung ausgehen, den der große Mann gerade zwar selbst noch nicht erkannte, aber mit der Zeit würde das schon werden.
Eine Weile lang schwiegen nun beide, bis Die auf einmal seufzte und das Bier in seiner Hand gedankenverloren drehte. „Vielleicht will sie ja auch nur kein Kind von mir. Wenn sie sich immerhin nun einen Jüngeren gesucht hat, liegt es doch nahe?“
„Hm?“ Dem konnte der Ältere nicht folgen. „Wieso?“
„Weiß nicht, aber Männer können sich doch mehr Zeit lassen und der ist jetzt noch jung… Vielleicht ist sie ja auch schon schwanger und muss sich deshalb von mir trennen? Vielleicht war es nur eine Affäre?“ Nun spielte die Vorstellung mit Die verrückt und beide Männer am Tisch waren sich dessen bewusst.
„Jetzt spekulierst du aber, oder?“ Kaoru sprach diese Ahnung direkt aus.
„Könnt halt sein,“ seufzte Die wieder, denn ihm war schon klar, wie kläglich er hier rüberkam, indem er seine ausgedachten Erklärungen für die verlorene Liebe festumklammerte.
„Selbst wenn, macht es auch nichts besser. Wer ist der Typ überhaupt? Du hast doch gesagt, er ist mit ihr aufgetaucht an dem Abend da.“ So neugierig war Kaoru bisher nicht gewesen, aber nun war er doch etwas angefüttert. Kaum vorstellbar war, wie man überhaupt Die für einen anderen verlassen konnte, das stimmte schon. Nur war sie schließlich nicht die hellste Kerze auf der Torte, wenn man den Bandleader fragte.
„Ach, der ist Amerikaner wie sie. Den hat sie von so einer Militärbasis.“ Beim Erklären rollte Die die Augen, denn an sich hatte er nichts gegen Amerikaner, aber was hatte er einem Soldaten aus den USA denn entgegenzusetzen? Allein schon kulturell und vielleicht auch körperlich kam er da nicht mit. Wahrscheinlich. Er nahm es mal an.
Wieder einmal war es für Kaoru ein Beleg dafür, dass Alice keine Frau, mit der man überhaupt eine Zukunft aufbauen konnte. Allerdings vergaß er auch manchmal, dass sie mit Die viel gemeinsam hatte. Sie waren wie die Beckhams von Tokio manchmal; tagsüber sportlich; nachts glamourös. Oder so ähnlich. Da war es eigentlich verwunderlich, wenn sie nun mit einem Soldaten abzog. Unterm Strich konnte also auch Kaoru Dies Theorien nicht einfach alle verwerfen. „Tja, vielleicht hat sie Heimweh, ich weiß es auch nicht. Vielleicht verrät sie es dir noch, vielleicht auch nicht. Ich denke jedenfalls, dass es wahrscheinlich eine eher oberflächliche Entscheidung von ihr ist, die du nicht verdient hast.“
Die Aussage schmeichelte Die mehr, als er es geahnt hätte und fast wäre er vor Überraschung schon rot geworden. Stattdessen starrte er Kaoru gerade nur an und wusste nicht, was er nun sagen sollte.
Der Ältere hatte diesen Blick eingefangen und zuckte nur die Schultern. „Ist doch so.“
Er hatte Die nun nicht schmeicheln wollen und wahrscheinlich war es einfach nur selten, dass er über so etwas Privates urteilte. Das erlaubte er sich eigentlich nicht. Nun aber saß hier ein Mann, mit dem er mehr als nur 30 Jahre seiner Karriere geteilt hatte, und der wurde quasi von dieser Frau und seiner Impulsivität wegen ihr ruiniert. Da durfte man auch mal zeigen, dass man diesen Kerl eben wichtiger fand als seine Ex. Dabei trank er nun seine Dose aus, bevor er aufstand und begann, den Tisch wieder abzuräumen.
Wieder wusste Die nichts mehr zu sagen, während er sich nutzlos vorkam, die Peinlichkeit seiner Situation immer wieder allgegenwärtig. Mühevoll raffte er sich auf, nachdem auch er sein Getränk leer hatte, und stakste mit den Krücken hinter dem anderen her. Dieser lugte gerade noch einmal in den Kühlschrank und wägte ab, ob er wegen dem Gast morgen nicht noch einkaufen gehen musste.
„Willst du noch was trinken? Ich habe auch härtere Sachen…“ Kaoru wollte es nur anbieten.
Doch Die schüttelte den Kopf. „Heute lieber nicht schon wieder. Hast zwar kein Auto, das ich crashen kann, aber wer weiß.“ Er nahm es mit Galgenhumor und schmunzelte entsprechend träge. „Wenn es echt okay für dich ist, würde ich mich mal in dein Badezimmer verkrümeln und versuchen zu duschen. Weiß noch nicht, wie es klappt mit dem Gipsbein, aber… naja, vielleicht brauche ich nur länger.“
„Mhh jaja klar.“ Kaoru verstand schon. „Handtücher hatte ich dir hingelegt, aber brauchst sicher noch mehr? Kannst ruhig benutzen, was du im Bad findest.“ Vom Rasierer bis zum Kamm über Duschgel und Deo war alles teilbar, wenn man ihn fragte. „Diese Hotelzahnbürste ist irgendwo im Spiegelschrank. Soll ich dir mal ein Shirt von mir suchen? Für später?“
„Das,“ Die seufzte kurz, denn er hatte es schon fast wieder vergessen, „wäre nett.“
Er folgte Kaoru dann einfach nach oben, auch wenn er dafür länger brauchte, sodass er den Bandleader bereits in dessen Schlafzimmer vorfand, wie er den Einbauschrank durchwühlte. „Ich werde das hier nie wiedergutmachen können. Nur dass du es weißt.“
Man hörte ein gedämpftes Lachen aus dem Schrank heraus, bevor der Kopf des anderen wieder auftauchte und er Die ein paar T-Shirts in die Hand drückte. „Laber keinen Mist. Ich such dir mal noch paar Jogginghosen und vielleicht einen Hoodie? Gut, dass ich nicht so eng trage, sonst würden mir deine Muckis alle Klamotten sprengen.“
„Naja trotzdem danke.“ So langsam füllte sich der Stapel in Dies Hand, was aber auch hieß, dass er eine seiner Krücken nicht mehr gut halten konnte. Er schwankte leicht und musste sich unweigerlich auf die Bettkante setzen, was ihm wiederum unangenehm war. Egal wie lange sie sich kannten, aber so nah waren sie sich normalerweise sonst nicht.
Kaoru störte sich nicht daran und stapelte nun ein paar Sachen mehr auf Dies Schoß, bis er dachte, dass es erstmal reichen müsste. „Wenn du noch mehr brauchst, sag was. Oder guck selbst rein, was dir gefällt. Macht mir nichts aus.“
Dann schnappte er sich den Stapel und trug ihn wortlos in das Zimmer, das Die von heute an vorübergehend bewohnte. Wieder dauerte es etwas, bis der humpelnde Mann ihm folgen konnte. Sie trafen sich genau in der Tür, wo sie fast ineinander rannten. Kaoru grinste nur etwas und schaute nach oben zum anderen. „Kommst klar?“
Die nickte. Am liebsten hätte er den anderen nun umarmt. Das wäre allerdings wirklich unangemessen und seltsam zwischen ihnen. Er sparte sich allerdings nun auch den hundertsten Dank, während sich Kaoru an ihm vorbeiwand und langsam nach unten ging. Dass Die ihm nachschaute, schien er nicht zu bemerken.
Nun denn, sagte sich der Jüngere, und machte sich auf, endlich mal wieder frisch und sauber zu werden. Im Prinzip war es immerhin ganz nett hier bei Kaoru. Speziell er selbst war sehr nett zu ihm. Hatte Die wohl über die Jahre irgendwie ein bisschen vergessen.
Ende Kapitel Zwei.
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Take The Long Way Home - Kapitel 1
Kapitel 1: Under the Influence Rating: M Genre: bandfic, drama, friendship, romance, adult life, having kids, 50plus Länge: 1/13 Kapitel Inhalt: Als Dies Freundin mit ihm schlussmacht, droht er durch eine einzige von Verzweiflung geprägte Tat alles zu verlieren, inklusive seiner Freiheit. Es ist purer Zufall, dass ihr Bandleader zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ist, um ihm auf die Beine zu helfen. Einfach weil er es kann und Die es braucht. Denn Taten sind in einem gewissen Alter nicht mehr motiviert von Leidenschaft. Richtig? Hier sind Die und Kaoru in dem Alter, wo man bereits gelebt hat. Wo man schon viel erlebt hat. Wo man Dinge bei Weitem nicht mehr heiß kocht. Wo man elterliche Sorgen hat. Wo man Sachen erledigt, weil sie getan werden müssen. Wo man sich selbst vergisst. Wo man manchmal aber auch von Erinnerung geweckt werden kann. Wo man plötzlich doch noch überrascht wird. Wo es noch immer tiefe Geheimnisse zu lüften gilt. Besonders bei Kaoru. Status: Beendet.
Kapitel 1: Under the Influence
Als Kaorus Handy morgens kurz nach Sieben wiederholt und abermals so oft vibrierte, dass er es am liebsten zum Fenster hinausgeworfen hätte, wusste er allerdings auch, dass es wichtig sein musste. Er, bekennender Langschläfer, hasste es, wenn man ihn um diese Uhrzeit belästigte und wer bitte rief heutzutage überhaupt noch an? Man hatte sich gefälligst Nachrichten zu schreiben oder aufzunehmen oder was auch immer, aber man rief doch nicht auf einem Telefon an, wenn man nicht gerade…
Seine Augenlider zuckten und er war blitzschnell hellwach, als er das Handy schnappte und aufs Display schaute, denn es musste etwas Schlimmes passiert sein. Für einen kurzen Moment wunderte er sich noch, während er Toshiyas Namen las, doch letztlich antwortete er einfach. „Ja, hallo?“
„Kaoru, entschuldige, wenn ich dich wecke, aber Die hatte einen Unfall,“ ertönte es am anderen Ende und der Bandleader saß plötzlich aufrecht im Bett. Unfall klang sofort sehr schlimm und sein Puls erhöhte sich rapide, während er sich innerlich sagte, dass er erst einmal Genaueres wissen müsste.
„Unfall?“, krächzte er etwas, denn seine Kehle war morgens besonders trocken, wenn er abends zuvor getrunken hatte.
„Es geht ihm gut, aber ich fand halt, du solltest es wissen. Ich meine, du bist der Bandleader, nach wie vor, und auch wenn ich weiß, du schläfst gerne lang, muss ich es dir doch wohl sagen.“ Toshiya fand das jedenfalls.
„Jaja, schon gut, aber was ist denn nun eigentlich passiert?“ Kaoru fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht und versuchte seine Gedanken zu sortieren. Wenn der Bassist so weit ausholte, dürfte es wenigstens nicht um Leben oder Tod gehen.
„Also ich weiß jetzt keine Details, nur was ich mitbekommen habe, während Tomioka hier vollkommen in Rage durch die Gegend rennt,“ informierte der andere weiter, der anscheinend bereits morgens um Sieben zum Dienst erschienen war – warum auch immer. „Die muss angeblich besoffen gefahren sein. Also er selbst mit irgendeiner Karre, frag mich nicht welcher. Jedenfalls hatte er einen Unfall und kam ins Krankenhaus. Er lebt und so… irgendwas ist gebrochen, aber was weiß ich nicht. Nur kannst dir vorstellen, was jetzt los ist,“ beendete Toshiya seine Rede bedeutungsschwanger und klar verstand Kaoru.
Es war nämlich nicht nur so, dass sie keine Lust mehr hatten, selbst von A nach B mit einem Auto zu fahren, sondern vielmehr, dass sie es auch gar nicht durften. Kaoru war das egal, er hatte nie einen Führerschein gemacht, doch Die eben schon und trotz der Vereinbarung nicht zu fahren, hatte er es offenbar getan. Betrunken auch noch. Natürlich würde Tommy sauer sein. Nicht zuletzt, weil ein Unfall diese Tat auch noch mit strafrechtlichen Konsequenzen abrunden würde.
„Scheiße.“ Was anderes konnte Kaoru da nicht sagen, aber schwang nun doch die Beine aus dem Bett. In diesem Fall hatte man ihn tatsächlich wecken dürfen.
„Ja, Scheiße. Ich weiß jetzt auch nicht, aber ich denk mal, ich muss hier heute meinen Teil arbeiten und wenn ich was höre, sag ich dir Bescheid?“ Mittlerweile war es selten, dass ihr Bassist so unsicher klang, als wären sie noch junge Männer in ihrer ersten Band. Doch immerhin waren sie zum ersten Mal mit so einer Situation konfrontiert.
„Mmh, ist gut, mach das so. Ruf am besten auch die anderen beiden an und sag ihnen Bescheid. Ich mach los zum Krankenhaus. Weißt du welches?“ Denn Kaoru, egal wie alt sie nun waren und wie weit sich ihre Privatleben oftmals trennten, war im Notfall eben dieser Bandleader, der für jeden bis weit über die Band hinaus da sein würde, käme es darauf an. Heute, so hatte er soeben entschieden, kam es darauf an. Er stand nun auf und lief zunächst ins Badezimmer, das Handy auf Lautsprecher gestellt.
„Shinjuku Medical, glaub ich. Aber ich kann auch nochmal vorsichtig bei Tommy fragen und schreib dir dann.“ Das war das in diesem Moment Sinnvollste, das Toshiya tun konnte. Er würde seinen Pflichten nicht einfach entkommen können, obwohl es um Die als Bestandteil seiner Band ging. Doch er konnte sich nützlich machen und Kaoru helfen, der zum Glück heute einen freien Morgen hatte.
„Gut, okay. Ich melde mich dann später, wenn ich Die gefunden habe. Dann schauen wir weiter.“ Nun beendete Kaoru erst einmal den Anruf, denn die Morgentoilette rief und er musste sich anziehen, bevor er mit einem Taxi das Shinjuku Medical aufsuchen würde. Hoffentlich würde man ihn zu Die lassen, der im besten Fall nicht auf einer Intensivstation lag. Der Gedanke war schon etwas gruselig, aber nicht so sehr wie die Frage, was den anderen wohl zum Fahren unter Alkohol getrieben hatte. Kaoru hatte zwar eine Vermutung, aber er wollte es von Die hören. Je schneller, desto besser.
***
Fast zwei Stunden später stand Kaoru am Tresen des Krankenhauses um nach seinem Bandkollegen zu fragen. Er hatte sich beeilt, aber brauchte auch etwas Kaffee um klar denken zu können, sodass er letztlich die Bahn genommen hatte, die zu dieser Zeit brechend voll gewesen war. Trotzdem lag er gut in der Zeit und ignorierte sogar sein Magenknurren, als er im Krankenhaus ankam und am Empfang nach Daisuke Andou fragte. Toshiya hatte ihm zwischenzeitlich die Adresse bestätigt.
Wie zu erwarten war, gab es abgesehen von sowieso schon strengen Besucherregelungen auch bereits Anweisungen, die wahrscheinlich vom Management gemacht wurden. Niemand sollte zu Die gelassen werden. Verständlich, doch Kaoru war auch nicht irgendjemand. Also hatte er die Dame am Empfang überzeugt nachzusehen, von wem die Anweisung kam und falls von Daisuke selbst, ob sie bei ihm nachfragen könnte, damit er Kaoru Niikura vielleicht gestattete, zu ihm zu kommen.
Da stand Kaoru also und harrte aus, denn die Dame ließ auf sich warten. Er blickte sich um, aber es war eben einfach nur ein Krankenhaus, Leute kamen und gingen, meistens Personal, doch auch viele Patienten und Besucher. Er trommelte ein wenig nervös mit den Fingerkuppen auf dem Tresen herum, als die Dame endlich kam und sich verbeugte.
„Sie dürfen ihn gerne sehen. Mit dem Fahrstuhl in Etage C.3 und dann Zimmer 115.“ Sie zeigte Kaoru die Richtung, in die er gehen musste, und verbeugte sich wieder.
Kaoru bedankte sich seinerseits knapp und marschierte los. Mit dem Fahlstuhl auf Ebene Drei und dann diese Abteilung C, den Gang runter, linke Seite mit den ungeraden Zahlen und kurz darauf stand er vor Zimmer 115. Er klopfte kurz und betrat dann das Zimmer. Da saß Die in seinem Bett, das Gesicht leicht geschwollen, und sein Fuß hing in einer Schlinge. Nach kurzer Musterung sah Kaoru auch den Gips darum, aber der Rest schien erst einmal in Ordnung, da Die gerade dabei war, sich einen Pudding reinzuschrauben.
„Gut, dass du es bist,“ lächelte der großgewachsene Gitarrist mit dem langen Haar leicht verlegen. „Magst dich setzen?“
Stirnrunzelnd kam Kaoru näher, doch blieb stehen. „Du machst Sachen.“
Mehr musste er nicht sagen, damit Die gequält schaute und fast, als würde er gleich beginnen zu weinen. Er senkte den Blick und schniefte kurz. „Weiß ich.“
„Geht’s dir wenigstens gut?“ Kaoru war immerhin nicht unbedingt hier um zu tadeln.
Nun hob der andere den Kopf und nickte leicht. „Naja das Schienbein ist gebrochen und auch der Mittelfuß, aber sonst ist alles heil geblieben. Hab Glück gehabt, meinte der Arzt. Der Airbag hat mein Gesicht abgefangen, deswegen ist es etwas blau, aber auch der Brustkorb war dadurch geschützt. Meine Hände haben ein paar blaue Flecken, aber mehr nicht. Nur eigentlich…“
Fragend schaute der andere ihn an, denn sicherlich würde Die seinen Satz noch beenden wollen. „Eigentlich?“
Kaoru wich nicht aus und starrte, bis dass Die seufzte und endlich mit der Sprache herausrückte: „Eigentlich wär’s besser gewesen, ich wäre gestorben.“
Und genau mit diesen Worten begann der Jüngere von ihnen tatsächlich zu weinen. Nicht laut schluchzend, aber die Tränen liefen ihm einfach das Gesicht hinunter und er zog die Nase hoch, während er den Kopf tieftraurig hängenließ.
Obwohl Kaoru zunächst befremdet davon war und nicht wusste, wie er reagieren sollte, da niemand in diesem Alter jemals vor ihm geweint hatte, gab er sich einen Ruck. Denn helfen wollte er auf jeden Fall, so war das nicht. „Warum sagst du sowas?“
Schniefend wischte sich Die mit dem Handrücken das Gesicht ab und wirkte so jämmerlich wie noch nie. „Weil sie sich von mir getrennt hat,“ schluchzte er nun. „Weil sie jemand anderen gefunden hat und mich nicht mehr will. Alles ist vorbei und ich möchte am liebsten nicht mehr hier sein.“
So etwas hatte der Bandleader noch nie erlebt, nicht bei einem anderen Bandmitglied. Er hatte vom Freund eines Freundes gehört, dass dessen Freund mal wegen einer Frau geweint hatte, aber niemals war das in Kaorus unmittelbarer Nähe geschehen. Nicht den Teil mit dem Weinen und diesen Quatsch vom Sterben hatte auch noch keiner vor ihm herausgelassen. Er holte tief Luft, denn er war einfühlsam und wollte für Die da sein, doch vielleicht konnte die Nummer auch zu groß für einen einfachen Bandleader sein. Er wartete einfach noch etwas ab, bevor er sich für eine vernünftige Frage entschied: „Also haste ihr Auto geschrottet letzte Nacht?“
Die Frage traf Die wohl unerwartet und er blickte auf, verdutzt, doch nickend. „Ja, ihren blöden blauen Toyota.“
Eigentlich wollte Kaoru sich verkneifen zu grinsen, doch es kam leicht durch. Er hatte nicht besonders viel übrig für Autos, doch ihres war so ein richtiges Tussi-Auto mit Anhängerchen am Spiegel und kleinen Stofftieren auf dem Armaturenbrett. Es war so kindisch, dass er es schon immer lächerlich gefunden hatte. „Ist es wenigstens Totalschaden?“
„Ich nehm’s mal an.“, sagte Die trocken und die Tränen versiegten etwas.
Kaoru ging zum Fenster und lehnte sich rückwärts gegen die schmale Fensterbank. „Und vorher haste dich ordentlich besoffen oder wie kam das?“
Offenbar musste Die nun weiter ausholen, denn er starrte etwas leer vor sich hin, die Gedanken anscheinend zusammenraffend, nur um seinem Kollegen hier wenigstens die ganze Geschichte zu erzählen. „Kann man so sagen. Nur hat’s schon eine Weile gekriselt und dann vorletzte Nacht kam sie nicht nach Hause. Sie antwortete auch nicht auf Nachrichten und ich dachte nur, sie will mich provozieren. Aber dann kam sie morgens und meinte, sie will sich trennen und ich soll ausziehen. Dann gab’s natürlich erstmal einen gewaltigen Streit und dabei kam raus, dass sie schon einen Neuen hat.“
„Und du sollst ausziehen? Aus deiner Wohnung?“ Kaoru musste ja mal fragen.
Doch Die schüttelte den Kopf. „Also nee, nicht meine Wohnung. Sie gehört ja ihr, weil wir doch nicht heiraten wollten.“
„Ihr gehört deine Wohnung, weil ihr nicht heiraten wolltet?“ Kaoru hatte hier noch immer Lücken, die Unverständnis bei ihm hervorriefen.
„Ja, naja,“ begann Die wieder, denn das war auf die Schnelle nur schwer erklärt. „Ich hab die Wohnung zwar gekauft, aber sie als Eigentümerin eingetragen, damit sie Wohneigentum besitzt und das ist gut fürs Visum. Sonst hätten wir heiraten müssen und sie war nie der Typ dafür und ich eigentlich auch nicht unbedingt.“
Dass Die dieser Typ nicht war, glaubte Kaoru ihm null, aber in Ordnung. „Also schenkst du ihr eine Eigentumswohnung? Bist du wahnsinnig?“
„Ja, was sollte ich denn machen? Ich dachte doch nicht…“ Weiter kam er nicht, bevor Kaoru ihm ins Wort fiel.
„Das ist eine 100 m² Penthouse Wohnung in Shinjuku! Wie…?“ Er beendete diesen Gedanken lieber nicht, denn sonst würde Die entweder wütend werden oder wieder weinen. Stattdessen seufzte Kaoru seinen Frust über die Dummheit des anderen hinaus.
„Schon klar, das war saudumm! Wie vieles andere auch, was ich tue. Genau deshalb wäre es echt super, würde ich einfach nur verrecken!“, gab Die diesmal eher pampig zu Wort, während er die Arme verschränkte, was ihm wegen der Hämatome vermutlich wehtat.
„Och jetzt rede nicht so!“ Das war Kaoru nämlich zuwider. Wenn man ein gewisses Alter erreicht hatte, musste man eben Verantwortung für seine Taten übernehmen und nicht solchen dramatischen Teenager-Quatsch von sich geben. „Gut, du hast ihr eine Wohnung geschenkt, alles klar. Aber du wolltest mir erzählen, wieso du besoffen ihr Auto schrotest.“
Der andere grunzte nun, denn es war eben tatsächlich an ihm, nun seine Ausführungen zu beenden. „Ah ja, jedenfalls hatten wir gestritten und es gab jede Menge Drama und so… Bis sie halt ging. Sie ging und meinte, sie würde dann später mit ihrem Macker zurückkommen und bis dahin sollte ich weg sein. Ich könnte ja ins Hotel, aber schönen Scheiß hab ich gemacht. Ich bin natürlich geblieben und hab mir ordentlich die Kante gegeben. Ich dachte ja nicht echt, dass sie spätabends noch mit ihrem Neuen aufkreuzt. Also gab es wieder Krach und Ärger, vor allem, weil ich dann echt zum Bösen gemacht wurde, nur weil ich was getrunken hatte. Gleich hieß es, sie ist ach so vernünftig und ich bin ein unverantwortlicher Trinker… Da hat’s mir irgendwann gereicht und ich bin mit ihrem Autoschlüssel abgehauen. Ganz ehrlich Kaoru? So down und besoffen und am Ende wollte ich bestimmt nicht nur eine Fahrt ins Blaue machen. Eigentlich wollte ich die Karre schrotten und mich gleich mit.“
Butter bei die Fische geben, nannte man das. Kaoru war ein bisschen erstaunt, wie ehrlich Die ihm hier seine Gefühle servierte. Blöd fand er sie trotzdem und seufzte wieder. „Naja haste dich am Ende schön selbst mit gefickt.“
Ouch. Normalerweise konnte Die sowas ab, aber nun liefen ihm direkt wieder die Tränen. Vielleicht sollte Kaoru gefühlvoller sein, ermahnte er sich selbst und stütze sich von der Fensterbank ab. „Deine Olle ist ‘ne blöde Kuh. Ich konnte sie noch nie ab. Aber um dich wär’s echt schade, weißt? Fände ich echt kacke, wenn du nicht mehr da wärst oder schlimmer verletzt. Alles andere kriegt man hin. Auch wegen dieser Schnepfe geht die Welt nicht unter, Die.“
„Sagst du so,“ schniefte der andere erneut. „Du mochtest sie ja auch nie.“
„Ahhhh,“ winkte Kaoru ab. „Das ist vielleicht wahr, aber nicht der Grund, warum ich das sage. Du denkst vielleicht die Welt geht unter, aber irgendwann packst du das und rappelst dich wieder auf. Manchmal halten Beziehungen einfach nicht. Dann trennt man sich eben und macht weiter.“
Für den anderen klang das in diesem Moment viel zu abgebrüht und obgleich er sich wunderte, ob Kaoru nicht wegen seiner Erfahrungen vielleicht Recht hatte, lehnte er innerlich den Gedanken schlichtweg ab. „Aber ich lieb sie halt! Was soll ich machen? Manchmal muss man auch kämpfen!“
„Und was ist das für ein Kampf, wenn du dich umbringen willst?“, schoss es von Kaoru zurück und damit hatte er eindeutig gewonnen.
„Ja, das war dumm. Aber sonst so…“, erwiderte der Patient im Krankenbett wie ein kleiner Junge und seufzte.
Abgesehen davon war nun Stille um Raum. Der Bandleader wollte nicht nochmal etwas wiederholen, das er bereits gesagt hatte. Nicht zuletzt, weil er vielleicht wirklich abschweifen und sagen würde, dass das Dümmste von Die sowieso schon mal seine amerikanische Freundin gewesen war. Vom Tag an, als diese beiden zusammenkamen, war schon klar, dass mit der Frau etwas nicht stimmte. Zumindest sah Kaoru das so, aber wer war er schon, dass er Dies Wahl der Freundin kritisieren durfte? Nun war Die eine Wohnung los, durfte ihr wahrscheinlich einen neuen Wagen kaufen und sich einer Strafanzeige stellen.
„Nach dem Unfall hast du selbst den Notruf gewählt oder wie ging’s weiter?“ Sie sollten sich sachlich hier austauschen.
Die nickte. „Naja der Wagen schickte das Notsignal und die Passanten haben den Unfall gesehen. Dann kamen Polizei und Krankenwagen. Ich hab zum Glück niemanden umgemetert und krieg sicher was aufgebrummt wegen Trunkenheit am Steuer.“
Das nahm Die wie ein Mann und es war fast bewundernswert. Während er wegen seiner Ex heulte wie ein Kind, ließ es ihn fast kalt, dass aufgebrummt in Japan auch eine Haftstrafe bedeuten könnte.
Grandios, dachte sich Kaoru, aber wer, wenn nicht er, sollte nun versuchen, dem anderen nicht noch zusätzlich Panik zu machen? „Gut, das wird das Management schon regeln. Oder Tomioka mit seinen Anwälten. Das kann sich aber hinziehen. Kannst du denn bald nach Hause?“
„Ich hoffe es,“ sagte Die nun leise und niedergeschlagen. So ganz im Klaren war er sich seiner Situation tatsächlich noch nicht, aber was sollte er jetzt tun? Außer Verantwortung für seine Taten übernehmen. Das war ihm schon klar. „Die haben nachts in der Notaufnahme gleich CT gemacht und alles. Ich hab wirklich nur paar blaue Flecken und den Gips am Bein. Nur weißt du was? Ich hab gar kein Zuhause. Nicht mal einen Platz, wohin ich gehen kann.“ Diesmal gab sich Die zwar Mühe nicht zu flennen, doch erfolgreich war er dabei nicht so ganz. Weshalb Kaoru seufzte und so langsam tat ihm der andere auch wirklich leid. Vielleicht hatte Die Recht und er hatte vergessen, was es hieß, wenn man für jemanden die Welt eben machen würde. Vielleicht hatten Kaoru zwei gescheiterte Ehen abgestumpft.
Währenddessen nahm Die sein Handy und suchte bereits nach Hotels in der Nähe. „Wo findet man denn heute noch barrierefreie Hotels, wo man es mit einem verfickten Gipsbein leicht hat?“ Da war auch Kaoru überfragt. Gerade stand er nur da und schaute dem anderen bei seiner Verzweiflung zu.
„Sie hat sich nicht mal gemeldet,“ erzählte Die auf einmal wie im Wahn, während er das Handy durchforstete. „Ich hab ihr geschrieben und sie ist ja noch mein Notfallkontakt, aber nö, nichts von ihr. Wenigstens mit dem scheiß Gips hätte ich mal meine Wohnung verdient. Aber ist nicht. Wahrscheinlich krieg ich eher noch Kontaktverbot wegen ihrem blöden Toyota. Echt mal… ich mein… wo soll ich denn hin?“
Solange er vor sich hin meckerte, war es noch halbwegs gut, doch mit dieser finalen Frage schlotterte bereits wieder Dies Unterlippe verdächtig. Also Kaoru hielt das sicher nicht aus, denn auch wenn er sich nur ein wenig in die Lage des anderen versetzen konnte, spürte man den Kummer und die Verzweiflung so extrem, als wäre der ganze Raum davon erfüllt.
„Weil sie ‘ne blöde Kuh ist. Hab ich doch gesagt.“ Sein Urteil stand dahingehend fest. „Wie wäre es, wenn du mit zu mir kommst? Kannst da erstmal unterkommen, solange wie dein Bein heilt. Wirst eh Hilfe brauchen.“
Eine Weile lang starrte Die den anderen an, bevor er kleinlaut fragte: „Ganz sicher, dass du das anbieten willst? Das macht bestimmt Umstände.“
„Pah,“ lachte Kaoru nun tatsächlich. „So groß können die gar nicht werden. Zumal wir ja schauen müssen, wie wir nun arbeiten wollen. Da ist es vielleicht von Vorteil, wenn wir zusammen sind.“
Klang zwar seltsam, doch war so.
Ganz so lange musste der lädierte Mann im Bett nicht überlegen. „Aber wirklich nur, wenn es für dich OK ist. Nicht dass ich störe oder so.“
Nun musste Kaoru aber doch kichern und klemmte die Hände unter seine Achseln, während er dastand und den anderen musterte. „Hab Kinder, wie du weißt. Also wie sehr könntest du schon stören?“
Zwar brachte das Die ein wenig zum Lächeln, doch er war noch immer etwas verunsichert. „Und die störe ich dann auch nicht? Wird vielleicht komisch sein?“
„Für die Kinder?“ Aus Kaorus Sicht übertrieb Die maßlos mit seinem Gehabe. „Eigentlich sind die fast nie da, also… stell dich nicht so an. Oder willste doch lieber ins Hotel? Da kriegste halt Frühstück und bei mir musste eventuell selbst mit ran.“
Da der Bandleader nun scherzte, erheiterte es tatsächlich die Laune des anderen Gitarristen und er nickte brav. „Ich komm lieber mit zu dir.“
„Na also,“ lächelte nun auch Kaoru zuversichtlich und grinste sogar etwas. „Ich werde mich schon um dich kümmern. Du schau zu, dass sie dich hier wieder rauslassen. Brauchst du irgendwas?“
Sobald der Leader im Kümmer-Modus war, funktioniert er einfach nur und sorgte sich auch nicht weiter um Sonderbarkeiten dieser ausgefallen Situation. Das merkte auch Die sofort, obwohl er noch etwas auf dem Schlauch stand.
„Was brauchen? Naja…“ Er dachte eigentlich, er hätte sich schon deutlich gemacht. „Alles eigentlich. Außer den Sachen, die ich beim Unfall bei mir hatte, habe ich gerade nichts. Der Rest ist in der Wohnung und da kann ich gerade nicht hin. Ich hoffe, Alice meldet sich doch noch und ich kann das klären, aber…“
Weg war Kaorus Grinsen und seine Sorgenfalten zierten erneut die Stirn. Nicht nur, weil er ihren Namen nun hörte und er nach dem ganz persönlichen Wunderland dieser Frau klang, sondern weil sein Kollege hier offenbar noch viel mehr Probleme hatte. Auch wenn sie im Vergleich zu anderen gering erschienen.
So fuhr Die fort: „Ich hab noch Sachen bei meinen Eltern, aber die kann ich nicht bitten herzukommen. Sie wollten zwar, aber ich möchte es ihnen ungern zumuten. Meine Geschwister sind alle berufstätig oder haben Kinder, das ist auch dumm. Käme mein Bruder, müsste er den Laden schließen und ich hab das aus Höflichkeit abgelehnt. Ich muss mir halt das Nötigste kaufen. Eine Zahnbürste und so…“
Der andere Mann verstand, aber nickte auch nicht, sondern versuchte seine Falten der Verzweiflung in Zaum zu halten. Unweigerlich war er zwar froh, selbst noch nie in solch einer Situation gewesen zu sein, doch fragte er sich auch, ob Die wirklich in der Position war, Hilfe abzulehnen. Andererseits waren seine Eltern nicht mehr die Jüngsten und seine Geschwister würden ihm in Tokio auch nichts nützen. Hier kam es auf Freunde vor Ort an. Die Definition eines Freundes spielte keine Rolle, wo eben einzig Kaoru hier vor Dies Krankenbett stand und ihm sowieso schon Asyl angeboten hatte. Schritt Zwei war also nur logisch.
„Da schauen wir doch am besten mal bei Daiso rum, was?“ Was unterm Strich kein Problem war, fand Kaoru letztlich. „Musst mir nur sagen, ob du Hilfe brauchst aufm Weg zu mir. Weiß ja nicht, wann genau du entlassen wirst. Denn sonst würde ich nach Hause gehen und schon mal ein bisschen was vorbereiten. Kannst mir auch Bescheid geben und ich komm nochmal her und hol dich ab.“
Nicht dass Kaoru ein Auto besäße oder fahren dürfte, aber er könnte Die durchaus beim Taxifahren helfen. Allerdings wirkte der nun tatsächlich extrem verlegen und winkte ab, selbst wenn er sich am liebsten an jedes Angebot hätte klammern wollen.
„Gott, das ist mir so peinlich, vielen Dank!“ Sogar seinen Blick senkte Die förmlich vor lauter Dankbarkeit und sprach gesenkten Hauptes weiter. „Du musst mich nicht holen, ich schaffe das bestimmt. Aber ich werde dir schreiben, sobald ich entlassen werde. Scheiße Kaoru, ich bin dir so dankbar. Das kann ich nie wieder gutmachen!“
„Spinnst ja wohl ein bisschen!“ Nun winkte der Bandleader ab und grunzte sogar, da ihm die übermäßige Dankbarkeit unangenehm wurde. „Ist doch selbstverständlich. Wozu hat man Freunde?“
Langsam nur hob Die den Blick und lächelte schief. „Trotzdem danke.“
„Jaja schon gut. Dann schreib mir, sobald du was weißt. Und zögere nicht zu sagen, wenn ich dir noch was helfen kann.“, belehrte der Ältere mit einem erhobenen Finger. „Dann geh ich erstmal wieder und wir sehen uns dann, ok?“
„OK!“, nickte der andere nun voller Untergebenheit, da er kaum wüsste, wann er jemals so dankbar in seinem Leben gewesen war. Auch wenn es Kaoru vielleicht nicht wollte, aber er würde sich in jedem Fall erkenntlich zeigen. Irgendwann zumindest. Irgendwie. Das würde sich schon ergeben, dachte er bei sich und schaute dem Bandleader zu, wie er letztlich das Zimmer verließ.
***
Für Die stand außer Frage, dass er die Hilfe des anderen Mannes brauchte, obwohl er sich das vor Kurzem gar nicht hätte vorstellen können. Das war sogar Kaoru klar, nachdem er sich auf den Heimweg begeben hatte, um dem anderen Mann vorübergehend das Wohnen bei ihm zu ermöglichen. Für ihn war klar, dass er die Hilfe deswegen anbot, weil er es ganz einfach konnte. Mehr brauchte es für ihn nicht. Doch unweigerlich traten noch mehr Fragen auf, die ihm zunächst nicht bewusst gewesen waren. Es waren zu viele um sie sofort zu benennen und er beschloss innerlich, eine nach der anderen zu klären.
Die erste und einzige, die ihn zunächst beschäftigen sollte, war, wie genau er seinen Kollegen unterbringen würde. Doch trotzdem, tief in den hinteren Gefilden von Kaorus Gedanken, nagte noch eine weitere Frage an ihm, bei der er sich eigentlich weigerte, sie zuzulassen. Denn diese betraf die Auswirkungen seines Angebots, das unter normalen Umständen auch keine Angst machen sollte. Leider aber war da etwas in ihm, dass ihn selbst nach so vielen Jahren noch warnte, wann immer er sich auf Nähe zu Die einließ. Es war dumm und er hasste dieses Gefühl seiner eigenen Unsicherheit, denn seit über 20 Jahren waren sie Kollegen, vielleicht Freunde, nicht mehr, nicht weniger. Denn was bedeutete schon dieses eine einzige kleine Mal vor zwei Dutzend Jahren? Nichts. Es bedeutete nichts.
Zumindest war es unbedeutend gewesen in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Kaoru hatte geheiratet. Kaoru wurde geschieden. Die traf Alice. Kaoru heiratete erneut und wurde wieder geschieden. Die liebte Alice. Kaoru liebte seine Kinder – zumindest die meiste Zeit über, wenn sie denn überhaupt da waren. Immerhin hatte er als freiberuflicher Gitarrist einer Band nicht gerade ein geregeltes Leben, dass ihm ein Zwei-Wochen-Modell erlaubte. Sporadischer Wochenend-Vater war nicht der schwierigste Job auf Erden und selbst den konnte er manchmal gut verhageln. Wahrscheinlich würde Dies Anwesenheit doch mehr Chaos in sein Leben bringen, als es vielleicht gut für ihn wäre. Doch wie sollte man ihm nicht alles anbieten und geben wollen, was man nur besaß und konnte, war es doch Die: Kaorus Grund für jede Sünde.
Doch zugeben würde er es nicht. Nicht vor sich selbst, schon gar nicht vor anderen. Nein, er war der Bandleader und sein Rhythmusgitarrist in ernsthaften Schwierigkeiten. Es bedurfte des Leaders Hilfe und hier war sie, ohne mit der Wimper zu zucken, so selbstverständlich wie das Amen in der Kirche. Er würde das Kind schon schaukeln. Oder den Die in diesem Fall. Es würde schon schiefgehen.
Das konnte er sich auf jeden Fall immer wieder einreden, denn darin hatte er Übung. So viele Jahre ohne flammendes Inferno der ewigen Liebe brachten einem wenigstens eine gewisse Abgestumpftheit, wenn es um das Verdrängen von hinderlichen Gedanken ging. Er war auch zu alt für alles andere. Was er brauchte, war viel Schlaf, gutes Essen, seine Gesundheit, die Musik und ja, auch seine zwei Abkömmlinge waren nicht die übelsten Menschlein auf der Welt. Sie hatten Potenzial, wenn er es nicht komplett vermasselte. Darauf würde er sich konzentrieren und Die lediglich helfen, wieder in die Spur zu finden. Der Plan war jedenfalls solide.
Ein gutes Fundament war schließlich die Basis einer jeden Grundlage.
Ende Kapitel Eins.
#direngrey fanfiction#bandfic#dir en grey#andura#multi-chaptered#fanfic#rating: m#take-the-long-way-home
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If It Helps Them
Rating: NC-17 Genre: bandfic, pwp, slash, violence, anger management Length: 1/1 -> one-shot Summary: Kaoru and Die have their own way settling disputes; but suddenly they find another. Status: Finished (05/2008)
If It Helps Them…
Anger management for spitfires.
Kaoru and Die had always had a weird way of getting along with each other. At first it wouldn't work out at all but then, they quickly grew to enjoy one another's company to a level of constantly hanging out together. Until the day they both realized out of the blue that they annoyed each other as well, one easily pissed the other man off, both quickly falling for just yelling that the other one should shut the fuck up.
Basically, it was a wonder that they simply worked as a team, and at that they were winners. Wherever they appeared together, everything went smoothly the way it was supposed to, and whenever one of them agonized, trying to figure out something, he could be sure that his partner in crime knew a way. So logically, they succeeded doing their job.
But as soon as they curtains were drawn, the shows over, recordings done, songs finished, when guitarists turned into mere people, humans with habits who had antics and different ways of handling things, then Kaoru and Die loathed each other's guts sometimes. In the process they had begun to avoid each other. But their attempts were in vain since they had no choice but to live more or less together during three quarters of each year. In the end their lack of privacy from one another made them both snap.
That's when they had started to fight. No plain arguments would’ve helped anymore, running from each other no option but just evidence of cowardice, and the last thing they needed was someone who would try to butt in and help them with talks. They didn't need to talk. They needed simple but good fights.
Anything was allowed; anything but using items. Not that they had ever talked about it but it was a silent agreement, not spoken about as a matter of honor.
None of them ever knew who would kick off the fight first, that was hard to decide even afterwards, but once it was over, they were both exhausted enough to survive another three weeks without hating each other too much. Bruised, with swollen parts of their faces, black eyes or just massive headaches, they were oddly happy and satisfied, their thrive stilled and their temper settled.
Their bandmates had learned to ignore them and to let them do whatever they wanted to as long as they wouldn't kill each other or someone else on the way. But still, whenever Kaoru and Die had come to the point of fighting again, dull feelings wracked the rest of the bunch's minds.
The sound of broken glass could even be heard through the otherwise thick walls of their hotel.
"I just hope they won't kill each other one day," Toshiya said and looked to and fro between Shinya and Kyo.
"Don't say something like that," the small singer advised, nervously biting the nail on his thump.
"Why? I'm just worried about them. How long do you think will they be able to keep this going without anybody knowing? You know, there will be times when smaller shades come back in fashion." There was a deep frown attached to the bassist's face, hardly ever appearing but when it did, it was evidence enough of how much he truly cared.
"But they're grown-ups and supposed to know what they're doing," Kyo tried to reason.
"What if they kill each other, in effect you know?" A sigh fell from Toshiya's lips.
"They wouldn't. Won't! And now stop saying it. We all have those thoughts but I just can't take it anymore. If they wanna rip each other's heads off, fine. I for one can't help them and it makes me sick." The singer got up and walked off to his room, leaving the other two stunned.
Toshiya hung his head low.
"Trust them," Shinya suddenly spoke up. "Just trust them. What they do is stupid but they're unique as a team, divine in an odd way, and if it's what they need to get along, let them. Just think positive."
For a moment Toshiya smiled since the words did brighten his mood, but then he frowned. "You've done those herbals again, did you?"
"Yeah." Shinya shrugged.
He had been fed up! Die couldn't take this shit anymore, that when he complained, he got ignored and received the silent treatment. Obviously, Kaoru had a problem with him but he wouldn't tell him, no, he would just give him the looks that said 'Get out of my way, loser!'. And that smirk of his, it pissed Die off, he really would just love to slice that tattooed neck with a blunt knife.
Kaoru stood opposite Die on the other side of the room and his eyes spoke of pure agitation. One more word from that son of a bitch and he was finished. But Kaoru wouldn't say anything, he would not give the other man what he wanted, no, he'd keep his mouth shut, and grin all along.
The grin had been the final straw. Die hung his head, feeling that funny sensation creeping up inside of him. He turned slightly, grasped the bottle of beer tighter within his hand, looking as if he was to flee from the room. But instead, he slowly began to laugh before he threw the bottle of beer right at his bandmate within the split of a second.
The glass shattered loudly on the wall behind Kaoru but he hardly flinched, just closed his eyes for a moment to take a breath, before he jumped. There was no other way to describe what he did, he moved in the blink of an eye, and then he had already dealt out the first blow square across Die's face.
It was just what Die had been expecting, not that he could dodge, would gladly take the blow anyway, just in order to deal out the next one. As hard as possible his fist met the bandleader's ribcage, pounding into it as if it were nothing but a lifeless sandbag, just that it released an audible 'oomph' every time he hit it. Full force an elbow punched Die then, he got shoved backwards against the wall, and his head collided with the hard surface, so that for the glimpse of a moment he could see stars dancing. But all it truly did was to trigger his thrive for revenge, he rammed his arms down on Kaoru and kneed him in the pit of his stomach. Precisely he placed another set of blows until the lead-guitarist was tumbling and visibly out of any focus for some time.
Breathing heavily, Kaoru coughed as he steadied his body. "You've become better," he hissed out and grinned up at Die. "But you're still too slow."
And despite what Kaoru looked like, it was true, he was damn quick. In a matter of nano-seconds he had left his spot and struck Die's kidneys so hard with his fists that all air had temporarily vanished from out of Die's lungs. But Kaoru used the opportunity, lifted the in agony down-bent head by its hair and smacked his fist right into the face. Only then he paused for a moment to admire his handiwork.
"Fuck! You asshole!", Die panted out and wiped across his face with the back of his hand. "You've cut my lip."
"Want me to call your mom, so she picks you up?" Kaoru shot back grinning although he had a hard time looking out of his left eye.
"Don't go there!" Die warned.
"Where? To your mom? I don't need to. She's coming after me, dipshit." The smaller man knew what he did when bringing their mothers into that kind of thing but it was necessary. Only then a man could forget about his pain, go numb and fight even harder.
No scratch on his honor, Die did just that. With one loud growl he launched himself at Kaoru and brought them both down. And surely it would've taken all air out of the smaller guy underneath if the bed hadn't been behind him. Falling all too soft, Kaoru used his legs to push Die off him but hadn't expected the taller man to grasped him and take him along.
For some time, Kaoru couldn't even tell where he was, where he began or ended, since he was just entangled within a heap of limbs. Only then, when Die's fist almost knocked him out, Kaoru remembered where to direct his attention. Pain was seeping through his body, his whole face felt like throbbing but numb at the same time as if his jaw was broken, but he knew that the more he took, the less he suffered once overcome the stage of actually feeling it.
And so he grinned up at Die, twisted them and beat him up for what he was worth. But the taller man set a blow right into Kaoru's guts and threw him off.
"Want me to help you lose some teeth again, huh?" Die mumbled, not really able to hiss because his lip and cheekbone were aching badly and he was busy to catch his breath.
"Fucker!", was all Kaoru spat before he marched up to strike his fellow bandmate again, hitting him full force until he stumbled and fell. But Die wouldn't give in, even if his legs gave way. He grasped the sheets reachable, pulled himself at least up on the bed and simply threw the bedside lamp at Kaoru.
Who laughed, of course. "Throwing things at me reminds me of my ex-wife, just that she scored – other than you!"
"At least I scored with her," Die maliciously giggled and forced a grin, "other than you."
"You're gonna pay for that, minger!" It wasn't that Kaoru hadn't known about that until now but just in this very moment it served its purpose and he didn't hesitate to throw himself at Die again, trying to hit him with all remaining force.
"If I were the minger, she wouldn't have begged me to fuck her, you bimbo!" Die hissed out while trying to fight off the arm that had snaked around his neck, in the process, while using hands and feet, turning both of them over, across their backs, bones just cracking a bit until Die suddenly realized that he was atop of Kaoru. Which was good because otherwise he couldn't tell south from north anymore.
Apparently, he had the upper hand, having more or less straddled Kaoru and pinning him down by his shoulders. How good he was, he thought and curled his lips into a spiteful smirk. The smaller man on the other hand would never give up, that was for sure, and even if he couldn't move one single branch of his body, he would never surrender beneath Daisuke Andou. So Kaoru glowered up at him with eyes burning wildly, before he just sniffed, raised his head as much as he could and spat into Die's face.
"You son of a bitch!" Die hissed and added more pressure to the grip he had on the other man. But actually, he didn't know what to do and just glared down at him, right into his deep and dark eyes, glazing wildly and untamed. The metallic taste of blood mingled with the salty taste of sweat as Die unconsciously licked across his lips, the tip of his tongue poking at the bruised flesh, like an animal tending to a wound.
Kaoru swallowed hard and got lost staring at Die. It was a matter of seconds but it felt like eternity. Their gazes were locked and the trigger had already been pulled although there was no shot, just silence while time seemed to have stopped.
How Kaoru had been able to free one of his arms, Die couldn't even tell and strangely it didn't matter to him. For reasons not even contemplated, the lead-guitarist's fingers entangled within Die's long hair and grasped it tightly, before Kaoru used the grip he had on Die to pull his head down and crash their mouths together for a bruising kiss.
There wasn't any shock to overcome when the taller man instantly began to explore the other mouth with such hunger that describing it with passion would've been the understatement of the century. Their fight wasn't over but had reached a completely new level on which they were to prove the stronger guy. Their mouths were unyielding against one another, tongues battling for dominance, while harsh grunts fell from their lips once in a while.
All the gathered adrenaline from their fist-fight was now flowing directly to their libido and made them grope each other in anything but a loving way. Impatiently hands wandered, gripped hair to tilt a head in order to gain more access, tugging at clothes and sneaking up underneath to feel hot skin. Kaoru rolled them over and grunted into their kiss that was painful due to his bruised face. But truth be told, he had never experienced such a huge wave of horniness overcome him. He would do anything, wanted to touch every inch of Die's body, taste his skin, his blood, his sweat, everything of him.
Thanks to being atop, Kaoru's shirt soon got lost somewhere across the room when Die had finally managed to get that tattooed torso out of it, nearly ripping the black shirt apart in the process. Urgently his hands grabbed all the exposed flesh reachable and pulled the smaller guy down, needing to feel his lips on his again. As soon as the body came down on him, Die's hips bucked up into the touch, he groaned out and twisted them around again. That shirt of his had to get lost and that quickly!
Purposefully Kaoru bucked up his hips once the other man was straddling him, his crotch shamelessly seeking for pressure. But he couldn't lie there and wait for Die to undress, it would've been a waste of time, and he rather sat up, enclosed his arms around the tall guitarist and darted his tongue out to lick across his chest. A shiver ran down his spine as if he had tasted a drug of which he needed more in order to keep living.
Die hissed out a breath when Kaoru began to suck one of his nipples into his mouth, squirming slightly in his suddenly odd position where he couldn't do much but to grind their groins together. Only after some time he couldn't take it anymore, pushed the other man off and rather sucked that talented tongue into his own mouth. They rolled around atop of the bed, constantly changing their positions, demanding more and more from each other, and unmistakably it went on till the both of them even fell off the bed. Yet, it didn't matter to them, didn't even reach their brains, and without any realization they kept on kissing and touching each other.
They had quickly managed to find each other's belts, pants opened in no time as a matter of course. Die had a tough grip on Kaoru's already eager dick, stroking all the length with his large hand while his lips explored the heaving chest underneath. He had never given a hand-job before, without to mention that he wasn't even into guys - usually - but having such an unfamiliar way of power over Kaoru, was making Die feel good; really damn good.
In vigor he pumped Kaoru who had bitten down on his bottom lip, nearly drawing blood in order not to emit the loudest of moans. He had almost struggled out of his pants, feeling incredibly hot within his own skin. His hips couldn't rest, bucked into Die's hand and it drove the older man insane. He wanted to do something, not just surrender.
Pulling at Die's shoulders, Kaoru brought the other man on his back, gathered the top position and slid down that well-built slender frame. The bandleader didn't even take notice of Die's trousers still dangling around his ankles when he gave his band-mate's erection some firm strokes before he just leaned down and enclosed his mouth around its tip.
For a moment Die's breath got stuck in his throat and he swallowed hard before a long mewl forced its way out of him. He shut his eyes tightly as Kaoru sucked him mercilessly, with such eagerness that Die couldn't do anything but to give into temptation and fuck his friend's mouth from underneath.
Trying to hold down Die's hips was in vain as Kaoru had to realize soon, and if he didn't want to choke and lose the battle, then he better stopped sucking him off.
With the predatory look of an animal Kaoru had finally tossed Die's remaining clothes aside and climbed back on top of his friend, who was already waiting for him and desperately pulled the smaller man down for another kiss. Both their moans were drowned out. Left were their low grunts as they grinded their hips together, their erect members rubbing against one another.
Madness. It drove a guy insane doing this humping kind of thing when there was so much more their instinct demanded. It was finally Kaoru who was bold enough to stick his finger up Die's butt. He had secretly found its way there and yet, the younger man had expected it, mentally approved and even arched against the intruder.
No, this wasn't about surrendering but enduring and giving the best. So, didn't Kaoru surrender when wanting to be inside of Die that urgently? Or was it Die who surrendered when he would allow himself being fucked? Or maybe, he just enjoyed the power he had, knowing that Kaoru was all that horny and demanding because of him?
No, this surely wasn't about surrendering. Whichever position they played, they had to make sure they didn't just beg for anything but made their own goals. And Die for one knew his goal and he smiled into their kiss while his hand was slowly runing up and down Kaoru's hard length.
The digit moving in and out of his friend, Kaoru found himself perplexed for a moment, unable to believe that he could do such thing to Die, who in return obviously enjoyed it. Not wasting any more thoughts on the matter though, the older one pulled his hands off all of a sudden.
"Get on the bed," he rasped with a voice that sent shivers down Die's spine, having never heard Kaoru speak like that ever before. Die shuddered in anticipation. It was a wish, not an order, and he was willing to grant the other man his request, clearly said in a stupor Die had caused.
He took in the sight of the other man for a moment, how his chest was rising and falling with each heavy breath, lips slightly open, and only when Kaoru put his own hand on his hard dick, Die unconsciously licked his lips and crawled up on the bed. On all fours he glanced backwards across his shoulder, provoking, and stuck out his butt in a silent invitation.
Instead of leading Kaoru was following and he gladly did so, convinced and determined to show his counterpart that he could only reach his peak if the older one allowed him to. He held the strings in his hands, and yet both of them did. He placed a hand on one of his friend's buttocks and ran his thump along the puckered skin of his entrance, rubbing and teasing until Die impatiently moved against it. Kaoru inwardly smiled and brought his finger to his mouth, coating two of them inside of it, before he unceremoniously spit on them and smeared the salvia between those two milky butt cheeks.
Meanwhile he had already used his other hand to spread the pre-cum oozing out of his erection along his length. It wasn't that he cared much about whether he would hurt Die or not, but he cared about this simply working and the better he could slide, the more he could gain. He didn't waste much time with preparation though before he just pushed himself into the other man.
Eyes tightly shut, Die suppressed the urge to give away any evidence of pain. Not even a hiss left his mouth while his fingers were grasping the sheets firmly, knuckles already turning white. Every muscle of his body tensed, clenched and he forced himself to relax by pure willpower. He wouldn't give in and wait for Kaoru to make the next move but pushed himself backwards against the intruding member.
It was everything Kaoru needed, one last red light turning off, and he gripped Die's hips in his hands as if to keep him steady when Kaoru began to thrust into him not too gently. But even if he wanted to, he couldn't have gone much faster or harder, when Die was just being this tight. Yet, each thrust made Kaoru grunt out and seemed to make him even harder than he had already been before, and so he buried himself as deeply as he was able to within that willing body. Thrusting inside, pulling almost out, and doing the same thing all over again, stopping not an option, even if he was beginning to pant harshly.
It was a weird thought that crossed Die's mind but the plain knowledge of Kaoru fucking him with eagerness sent the younger man on an even higher level. The pain caused didn't matter as slowly pleasure kicked in and the more Die moved in unison with Kaoru, arching against him and urging him with impatience speaking from his actions, the more pleasure he seemed to gain from it.
More. Even more. It was the only thing going on in his mind as unknown sensations cursed through his body caused by the other man's dick inside of him.
Die growled. He wouldn't want to moan out loudly. But he couldn't hold himself back from voicing out his thoughts.
"Fuck!" He cursed under his breath before he could steady his voice somewhat and hiss, "do me harder!"
Challenged, Kaoru found himself unable to turn Die's command down, thrusting into his body with even more force. And once it elicited a hissed but yet pleased "Yes!" from the other guy, Kaoru couldn't stop himself from quickening his pace.
His eyes were burning, either from the blow he had taken earlier on or from the thin layers of sweat building all over his skin, Kaoru couldn't quite tell. But although his vision was blurry, he could still see enough to almost go mad. Die's hair was falling wildly across his broad shoulders, spine curving deliciously down to his narrow hips and small butt, which was willingly receiving. Was it possible that you became sexually so hungry for someone that you wanted to eat him up? Kaoru didn't know, while he leaned above this spine and bit down on the pale flesh of Die's shoulder, tasting the salty sweetness of the flavor that was his bandmate. Kaoru left a mark behind and he licked across same one with satisfaction.
Within the next wave of pleasure Die couldn't contain his feelings anymore and groaned out in ecstasy. He felt like having gone in another world, even something above Heaven, something more thrilling than one could ever imagine. And this was it, so utterly and finally the best thing ever, that he just felt like bursting. He wanted to grasp his member and just jerk off viciously. But he couldn't! If he wouldn't use both of his arms in order to steady himself, he would just fall flat on his face and that was feeling a bit like losing to Kaoru. So Die had to endure the ordeal, silently dependent on the bandleader.
Still, that was something Kaoru knew and he would've let Die suffer if only he hadn't cared about his reputation. Come to think of it, there was no way he could just get off and not bring the other man along. No, Kaoru was good at what he did, thriving for perfection even, and if he didn't get the other guitarist to beg for him, he would still make him come first and lose it before Kaoru. That's why he didn't need to be told but just laced his fingers around Die's hard dick and began pumping him in time with his thrusts.
One vigorous shiver ran down the taller man's spine and he instantly knew that it wouldn't take him long anymore, too close to hitting climax already. But still he would gather all remaining strength within his body and just move back against Kaoru and forth into his hand. Constantly moving until there were suddenly all too many shivers, he tensed and felt his orgasm wash over him. The moment he released himself into Kaoru's hand, there was a low groan spilling from Die's lips, and it was an odd sensation, all muscles clenched but still something within him relaxed while still being fucked. Like blissful numbness.
Kaoru hadn't thought that it was possible but the tightness engulfing him was so unexpected and tough that within his fervor of thrusts he came without the tiniest hint of warning. He would've pulled out before for sure, but suddenly it was all too late and Kaoru just felt himself spurting his load all inside of the other man. And he couldn't have stopped it even if he had wanted to.
Only after a while he had stilled all movement and just tried not to fall forward all over Die, being not only exhausted but entirely content. He was anything but mad at Die anymore, all thoughts of fighting and dominance had suddenly vanished and Kaoru was just happy, even though in a very strange way.
And so was Die when he couldn't keep his body up anymore and just sank into the sheets of the bed, heavily breathing, lungs burning for air. He closed his eyes and his mind swam. But he couldn't think of even one thing, too much and yet nothing present in his mind, and he felt so contently drained that he wanted to smile.
Needing some sort of rest, Kaoru granted his body to lay down next to Die, staring at the ceiling once he had done and his body slowly seemed to cool down again. What just had happened wasn't even of any serious interest since it had filled him with such delight that he couldn't help but to consider that having sex would maybe be wiser for the future than to punch your bandmate's lights out.
Minutes had passed when Die opened one eye again and looked at Kaoru. As much as he loathed him at times, he loved him, too. Maybe that was why living with each other proved to be so complicated and fucked up. It was always extreme.
"I think I gave you a black eye," Die hoarsely said with evident amusement in his voice.
It just made Kaoru smile. "That's why I have my shades for," he uttered chuckling, "and besides, I think I gave you one hell of a cut on your lip."
"Does it look bad? I mean, really bad?" Because hiding his lips was one thing Die really wasn't capable of.
Finally Kaoru turned to look at the other man and grimaced slightly. "Well, let's just say it doesn't look too pretty."
"Damn," Die said in deadpan voice. "What would you say if we cut down on the fighting in the future, and maybe have more sex or something?"
"Or something?" Kaoru chuckled again.
"Just sex. Strike the something. That way we’d both make sure to stay as sexy as we are." The suggestion was dripping with a compliment and Die knew it damn well.
"Yeah, let's settle on that." Kaoru smiled and carefully brought up his hand to touch his eye. "Yeah. Yeah, we should seriously agree on that."
Just smiling and not saying anything else Die edged a little closer and drew an arm across Kaoru's chest before he yawned and closed his eyes, ready to fall asleep in an instant.
Yes, the idea sounded really good to Kaoru and pleased he covered Die's hand with his own before he allowed sleep to claim his body as well.
It was the next morning when Toshiya couldn't hold back anymore and wondered if Kaoru and Die had finally succeeded in killing each other because it was oddly quiet inside of their room. Neither Die nor Kaoru had showed up so far, which was why he couldn't help but march to their room despite Kyo's warnings of better not risking to see the mess they had probably left.
He gathered all courage and carefully opened their door to peek inside. The gasp that left his mouth made Kyo raise one eyebrow, curiosity getting the better of him.
"What?" he just asked and got a little closer as well.
Toshiya had his mouth covered with one hand and his eyes spoke of visible shock.
"That bad?" Kyo asked and passed the bassist by, risking a glance as well. He stopped dead in his tracks when he saw Kaoru and Die clinging to each other's naked bodies while being fast asleep still. After a moment he scratched his head though, turned and shrugged. "Well, if it helps them."
In the meantime Shinya had moved his bones to take a glimpse as well but when he faced Toshiya, the two of them nothing but shrugged, just like Kyo, saying in unison: "If it helps them."
The end.
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Catfish - Kapitel 19
Kapitel 19: Catfish: The Reunion Rating: NC-17 Genre: bandfic, humor, drama, friendship, romance, sexting, hair kink, porn, boobiecentered, betrayal Länge: 19/19 Kapitel Inhalt: Ungeahnte Gespräche im Aufnahmestudio führen dazu, dass Kaoru es auf Toshiyas Rat hin mit Online-Dating versucht, um eine neue Frau in sein Leben zu holen. Natürlich helfen da auch die anderen Bandkollegen gerne mit, denn neugierig sind sie sowieso, und vielleicht braucht ihr guter alter Bandleader ja auch Hilfe… Was kann da schon schiefgehen? (Basierend auf Catfish - die Serie.) Status: Beendet.
Kapitel 19: Catfish: The Reunion
Shinjuku …im März 2025
Als Die vom Joggen zurückkam, legte er seinen Schlüssel zur Seite und löste sein iPhone aus dem Gummiband an seinem Oberarm, um die Musik abzustellen. Dann streifte er sich die Laufschuhe von den Füßen und entledigte sich noch seiner Airpods, bevor er seine Wasserflasche vom Rücken nahm und trinkend ins Wohnzimmer lief, von wo bekannte Stimmen aus dem Fernseher ertönten.
Davor saß ein gewisser Bandleader mit einem grauen Kater, der eingerollt zwischen ihm und der Couchlehne schlief, ohne dass es ihn bockte, ob oder wann Die das Haus verließ oder wiederkam. Wenigstens war Kaoru noch nicht ganz verloren, obwohl er wieder einmal komplett vertieft ein englischsprachiges Programm streamte. Sobald sich Die neben ihm niederließ, wanderte ein tätowierter Arm zu dessen Chicken-Legs um seine Hand dort am Knie zu parken, und amüsiert wand er Die den Kopf zu, um seinen Begrüßungskuss abzustauben.
„Schon wieder Catfish?“, fragte Die mit gespielter Verwunderung, da sich die aus dem Netz automatisch bildenden Untertitel furchtbar lasen, doch Kaoru trotzdem unheimlich angefixt von der Sendung war.
„Ja und ich wette mit dir, Rosa ist ein Kerl!“ Der Ältere gab gleich ein Update.
Man kam nicht umhin festzustellen, dass Kaoru so angetan davon echt süß war. Und nerdy. Die war amüsiert und es gefiel ihm, dass der andere trotz seiner neuen Obsession sein nacktes Knie streichelte. Für ein oder zwei Minuten schaute er noch mit, bevor er sich streckte und aufstand. „Ich muss duschen, bestimmt stink ich. Aber vorher hab ich Knast.“
Er lief schon in Richtung der Küche, als Kaoru ihm noch andere Updates gab: „Hab dir deine Pancakes gemacht. Mit Quark und Haferflocken.“
Es war nett, dass Die nun einen Koch hatte. Denn so gerne wie sich der Bandleader umsorgen ließ, war es doch öfter gerne mal er selbst, der für den anderen den Kochlöffel schwang. Er war sogar offen dafür, seine Rezepte etwas Eiweiß-lastiger abzuwandeln.
„Und du hast die auch gegessen?“ Nicht einmal Die hatte immer Bock da drauf.
„Nö, meine waren ohne Quark und Hafer. Aber mehr so mit Ei und anders.“, drang es aus dem Wohnzimmer vor.
„Also Omelett?“ Der Jüngere griff sich lachend ein paar seiner Eiweißfladen auf einem Teller und machte sich wenigstens etwas Honig darüber, denn er war ja kein Kostverächter.
Er kam gerade wieder zurück zu Kaoru, als der erwiderte: „Sind auch Pancakes.“
Schmunzelnd setzte sich Die wieder zu dem anderen Mann und begann sein Frühstück zu vertilgen, als sein Handy vibrierte. Manchmal hatte man das Gefühl, dass man nicht einmal in Ruhe essen konnte, während sie in der finalen Produktion ihres neuen Albums waren. Weshalb es schön war, dass Kaoru so oft bei ihm übernachtete und sie gemeinsam aßen, während sie ihre Arbeit nicht selten auch trennte in diesen Zeiten. So war es gekommen, dass sie irgendwann begonnen hatten, während ihrer gemeinsamen Zeit manchmal auch einfach nur erschöpft ein wenig Catfish zu streamen, nachdem Shinya es noch einmal eingehend Kaoru empfohlen hatte. Man konnte ja auch nicht immer nur Cobra Kai schauen.
Beim Essen griff Die zu seinem Handy und las eine Nachricht, die er sogleich kommentierte: „Kyo ist fertig.“
Was Kaoru gar nicht zu hören schien, während er weiterschaute. „Ach du Scheiße, sieh dir den mal an. Puh hab ich Glück gehabt.“
Nicht dass Die sich davon nicht geehrt fühlte, aber leider auch etwas ignoriert. Doch wie so oft hatte ihm sein neuer Partner auch etwas mehr Geduld gelehrt. Also aß er weiter, bis er nicht mehr konnte, und gab dann anschließend den Rest an Kaoru weiter. „Magst du?“
„Mhhm, gib her.“, brummte der zurück und futterte eigentlich alles, was von Die übrig blieb. Egal ob mit Quark und Haferflocken. Allerdings fummelte Kaoru auch sein Handy aus seiner Hosentasche und meckerte etwas. „Man das vibriert auch ständig.“
„Klar, ist vom Gruppenchat.“ Die beobachtete den anderen und wunderte sich, wann es bei ihm auch endlich Klick machen würde. Da er aber nett war, wiederholte er freiwillig: „Kyo ist fertig.“
„Womit?“ Und in jenem Moment, in dem es Kaoru sagte, fiel auch bei ihm der Groschen. „Wir sind fertig? Es ist in Sack in Tüten?“
Die würde applaudieren, um sein Amüsement zu beschreiben, doch befürchtete, es wäre wohl zu arrogant. Immerhin gefiel ihm Kaoru mit seiner langen Leitung und der Angewohnheit, mit vollem Mund zu reden. „Ganz genau.“
Man konnte beinahe zusehen, wie die Informationen durch das Leaderhirn drangen, um ihm mitzuteilen, dass der Stress der Albumproduktion vorbei war. Mit Kyos finaler Korrektur einer winzigen Kleinigkeit konnte ihre Arbeit abgeschlossen werden und das bedeutete, dass sie wieder mehr Zeit auf Tour verbringen würden. Was nett war, da dort Die niemals alleine auf Kollegen aus seiner Band stieß.
Nach dem Rest Pancake hatte sich Kaoru gewagt, selbst aufs Handy zu schauen. „Er fragt, ob wir mal Essengehen wollen. So zum Abschluss.“
Genau das war leider noch immer ein heikles Thema, denn eigentlich waren sie alle okay mit der Sache zwischen Kaoru und Die. Mehr oder weniger, denn alle fünf gemeinsam hatten sich seit der letzten Tour nicht wieder zusammengefunden. Es schien, als fragte kaum einer nach ihnen und wie die Dinge so liefen. Toshiya hatte Kaoru zwar ausführlich ausgequetscht, doch mehr auch nicht, denn damit war für ihn die Sache erledigt. Es kamen nie dumme Witze und das war auch seltsam, denn die Lockerheit war wohl weg. Nicht einmal Shinya, der Catfish-Jäger, hatte Kaoru noch einmal genauer befragt. Das Irre war vor allem, dass auch keiner auf Die zuging, um mal nachzuhaken. Sie kannten nun ihre Grenzen, was schön war, doch es machte eine merkwürdige Stimmung. Etwas, das der Bandleader nicht mochte, denn das sorgte ihn gerade bei Die sehr, der es brauchte, sich in ein soziales Miteinander einzufügen. Mehr als ein einziges Mal war da nicht gewesen, als ihr Sänger ihn fragte, ob alles cool wäre, und Die hatte genickt. Das war vor Monaten während ihrer letzten Tour gewesen. Da trafen sie eigentlich immer alle gleichzeitig aufeinander und es war stets alles sehr routiniert. Sie zogen ihre Arbeit durch und gingen wieder. Damit kam Kaoru gut klar, doch für Die war es unangenehm, dass alle etwas wussten, von dem aber nie jemand redete. Nicht einmal wenn zum Beispiel nur Toshiya und er im Studio zu arbeiten hatten. Das war doch bescheuert und der langhaarige Gitarrist hatte angefangen, diese Tage zu hassen, wo er nur mit einem von seinen Kollegen arbeiten musste. Abgesehen von Kaoru, aber mit dem schlief er ja auch. Das war halt ein Bonus.
Gemeinsam essen zu gehen könnte also endlich das Eis brechen oder wieder eine furchtbar unangenehme Situation werden. Doch immerhin war Die kein Feigling, sondern ein Mann des Risikos. „Klar, wegen mir. Wann?“
Der Bandleader wusste um die Umstände des inneren Kampfes von Die und hatte Respekt vor seinem immerwährenden Optimismus. „Heute Abend.“
„Okay, wo?“ Das hätte Die auch selbst auf seinem Handy lesen können, doch gerade wollte er nicht. Es war ein bisschen, als wollte er forcieren, dass sein Freund für sie beide auf diese Nachrichten reagierte.
Was Kaoru dann komischerweise direkt verstand. Die unterbewussten Sachen fielen dem Kerl sogar leicht. „Ich hab geschrieben, dass wir Yakiniku bei Kirameki wollen.“
Dafür verdiente er sich auch einen Kuss, denn das Wir war entscheidend. Dann stand Die schon fast steif gesessen wieder auf. „Ich geh mal duschen. Schaust du weiter oder kommst du mit?“
Der Bandleader warf das iPhone zur Seite und weckte beim Aufstehen den Kater, als er schnell die Fernbedienung schnappte um auf Pause zu drücken. „Ich komm mit!“
Minatô
Sie waren nicht die ersten, die eintrafen, da bereits Shinya und Kyo am Tisch saßen, zu dem Kaoru und Die im Kirameki geführt wurden. Natürlich kamen sie gemeinsam, denn sie brauchten doch wohl dem Kern der Band nichts vormachen. Da waren sie sich einig. Offenbar hatten sie ein Gespräch der beiden unterbrochen, doch sie wünschten ihnen einen guten Abend und waren natürlich höflich.
Kaoru schob sich auf einen Platz an dem großen runden Tisch und redete einfach darauf los: „Endlich geschafft, was? Ging aber letztendlich schneller als gedacht.“
Die setzte sich direkt neben ihn, aber sagte noch nichts, während Kyo das Gespräch aufgriff.
„Wir haben ja auch gefühlt 24 Stunden am Tag geschuftet wie die Bergleute!“ Er neigte manchmal zu Übertreibungen, wodurch Shinya kicherte.
„Eben eben, das macht Hunger.“ Kaoru stieg trocken auf den Witz ein und riskierte einen Blick auf die Speisekarte am Tablet.
„Naja, eigentlich kam Shinya auf die Idee, dass wir mal Essen gehen sollten. Muss ewig her sein so zu fünft.“ Auch wenn sich Kyo genau daran erinnerte, denn damals hatten sie noch gedacht, Kaoru dated online eine Frau. Der Sänger zuckte die Schultern. „Wir könnten auch was bestellen, aber der Bassist fehlt. Jemand was gehört von ihm?“
Die konnte nur den Kopf schütteln, denn abgesehen von der Arbeit hörte er nur etwas von Kaoru, auch wenn das die besten Geräusche waren. Er lugte einfach mit rüber aufs Tablet, wo sein Freund gerade Getränke abwägte.
„Er hat jedenfalls zugesagt,“ erklärte nun Shinya und alle zuckten die Schultern.
Kaoru nickte zudem. „Warten wir mal und bestellen solange was zu trinken. Die haben hier guten Whisky…“
„Sauf nicht so viel,“ grinste Die gespielt tadelnd aus lauter Gewohnheit, weil er den anderen angefangen hatte aufzuziehen, seitdem er sich bei der Androgynos Aftershow Party so abgeschossen hatte. Es war eben nur ein Witz, den Kaoru auch verstand und daraufhin selbst grinste.
„Ach bitte bitte nur einen,“ scherzte er und zwinkerte kurz, dann bestellte er auch schon zwei Getränke und gab das Tablet weiter. „Oder habt ihr schon?“
Während Kyo schon einen Wein trank, nahm Shinya dankend an. „Ich wollte den Wein auch versuchen.“
Small-Talk. So fühlte es sich an für Die. Doch er ignorierte es, nicht ganz sicher, ob sie früher wirklich anders gewesen waren. Dann wand er sich Kaoru zu. „Was haste mir denn bestellt?“
Der ältere Gitarrist schaute, als wäre die Frage dumm. „Na auch Wein.“
War sie wohl auch, denn Die war damit mehr als zufrieden.
Eigentlich hatte auch Kyo schon bemerkt, wie abgestimmt die beiden aufeinander waren und wollte einen Witz darüber machen, da kam jedoch Toshiya an. Er war abgehetzt und lachte verlegen vor sich hin, während er ablegte.
„Oh man, sorry, bin fast zu spät. Hab mich aufn Kaffee-Date treffen wollen, aber wurde total versetzt. Kannste nicht glauben ey…“ Immerhin war er berühmt und das war frech. Aber er setzte sich direkt neben Kyo und grinste alle mal kurz zur Begrüßung an.
Kaoru sah jedoch alarmiert aus und Shinya fragte, was wohl jeden hier wunderte: „Sag nicht, du machst noch immer Online-Dating?“
„Klar, ich geb nicht auf.“ Toshiya lächelte kurz und schnappte sich auch gleich das Tablet, während er mit der anderen Hand zu den Gitarristen zeigte. „Hat doch bei den beiden hier auch funktioniert.“
Alle starrten ihn nun an, denn wenn das mal nicht naiv war, was dann? Mutige würden es sogar als dumm bezeichnen, doch genau so etwas könnten die Herren hier alle gebraucht haben. Denn das war nicht nur ein Eisbrecher, sondern glatter Eisbruch mit Schockfrost. Nur musste ausgerechnet Die grinsen, obwohl er versuchte es sich zu verkneifen. Kyo und Shinya waren sich nicht sicher, was sie nun sagen sollten.
Also übernahm Kaoru ganz lässig. „Keine Angst vor einem Catfish? Musst immer schön auf die roten Flaggen achten, ne?“
Während Kyo die Stirn runzelte, sah Shinya beinahe erleichtert aus. Toshiya sah verwirrt Kaoru an, während Die noch immer amüsiert griente.
„Was für rote Flaggen?“ Der Bassist stand auf der Leitung.
„Die Warnzeichen, Mensch!“, erklärte Kaoru locker. „Wie, dass sie dich versetzen. Das könnte eins sein. Wenn sie sagen, sie treffen sich mit dir, aber kommen dann nicht. Vielleicht kriegst du noch eine fadenscheinige Entschuldigung. Oder du kriegst gesagt, das Handy ist kaputtgegangen und es war unmöglich abzusagen. Da musste drauf achten.“
Nun schaute Kyo eher amüsiert und Die stattdessen etwas verlegen, während Shinya beeindruckt vom Bandleader nickte.
Nur Toshiya blieb verwirrt. „Warum? Hast du doch auch nicht und ihr habt euch trotzdem gefunden. Vielleicht will ich sowas auch?“
Das war nun der Moment, wo jeder von ihnen dachte, dass man ihrem Bassisten in seiner Naivität wohl auch nie helfen konnte. Er war eben hoffnungslos romantisch oder so etwas Ähnliches, das an der Grenze zu Wahnsinn lag. Da blieb sogar mal dem Bandleader die Spucke weg.
Dann rettete eben Die die Sache, obwohl er wieder höchstamüsiert von Toshiya war. „Hör lieber auf ihn. Er schaut sich nun schon die sechste Staffel Catfish an.“
„Echt nun?“ Das wiederum begeisterte Shinya, hatte er es Kaoru doch empfohlen.
„Jaja, ich hab auch Erfahrungen mit einem Catfish.“ Stolz nickte er und bestätigte, dass er ein Experte auf seinem neuen Gebiet war, wenngleich es Die wieder etwas verlegen machte. Er kam eben nicht mehr aus der Nummer raus, dass er sich damit nicht mit Ruhm bekleckert hatte, auch wenn ihm Kaoru als Trophäe blieb.
„Ach was?“, spottete nun sogar Kyo und prustete etwas, bevor er sich wieder fing und Toshiya anschaute. „Du weißt aber schon, wie das bei denen lief, ja? Wenn du sowas auch willst, müsste sich jemand von uns als dein Catfish anmelden und dich in ihn verliebt machen.“
Nun wurde der Bassist verlegen und kicherte dümmlich, während Kaoru nur den Finger hob, um eine trockene Anmerkung zu machen: „Also Die ist raus. Den kannste nicht mehr haben.“
Was den langhaarigen Gitarristen zu einem stolzen Schmunzeln bewegte.
„Ich will auch Die gar nicht!“, schoss es von Toshiya zurück und Die hob nun eine Augenbraue, doch konnte nichts sagen, weil Kyo schon wieder seinen Senf äußerte.
„Dann willste einen von uns?“, fragte er und zeigte von sich auf Shinya und zurück. „Also ich bin auch raus, ne? Du bist mir zu stabil, Brudi. Aber Yamo-chan hier ist noch frei.“
Alle Augen hafteten nun auf dem Drummer, der sich hinter seinem Schal zu vergraben versuchte. Normalerweise würde Die ihn nun freundlich dissen, hatte er ihm doch den Spitznamen gegeben, und nach kurzem Überlegen entschied er sich, nun einfach volles Risiko zu gehen und so dreist wie früher zu sein.
„Wenn du Tipps brauchst? Ich bin hier, ne?“ Endlich fühlte sich Die wieder ein bisschen mehr wie Die, schön und frech. Er grinste breit, doch harrte innerlich nervös aus, bis eine Resonanz kam.
Zum Glück lachten alle inklusive Shinya, der langsam erwiderte: „Ihr vergesst, dass ich der japanische Nev bin hier, und ihr alle seid nur meine Statisten.“
„Hey ich bin dein gutaussehender Sidekick!“, beklagte sich Toshiya sofort.
„Dann such deinem Sidekick doch mal ein ordentliches Date,“ schlug Kaoru vor und bekam endlich seinen Highball, den er sogleich hochhielt. „Lasst mal anstoßen. Auf die Liebe und dass niemand die Hoffnung aufgeben soll. Ach ja, und das neue Album!“
„Hört, hört.“ Kyo spottete wieder etwas, aber so war er nun mal.
Nur Toshiya verschränkte die Arme. „Ich hab noch nichts zu trinken!“
„Dann bestell endlich was!“, kicherte Die und fing an, sich endlich wieder rundum wohlzufühlen. Sie waren also doch alle viel lockerer als befürchtet. Vielleicht hatte er nur einfach sein Selbstbewusstsein ein wenig vergessen.
Sie tranken und aßen gemeinsam bis in die späten Stunden und je mehr Alkohol floss, umso lockerer wurden die Zungen. Hinzu kam, dass Die immer näher an Kaoru herangerutscht war, denn einmal ein anhänglicher Besoffski, immer einer. Was allerdings die Aufmerksamkeit wieder ein wenig auf sie lenkte.
„Wir hätten dir Die auch schon viel früher umbinden können, wenn wir gewusst hätten, dass du genau das willst.“ Als Kyo das sagte, grinste er nur frech, denn seine langjährigen Kollegen würden ihn schon zu nehmen wissen.
„Ach ihr,“ winkte Kaoru ab. „Ich hatte doch gar keine Ahnung.“
„Nee, echt nicht,“ lallte Toshiya und grinste ebenfalls wie ein Honigkuchenpferd. „Das haste aber auch wirklich gut versteckt, Die. Dass du so auf Kaoru abfährst.“
„Hä?“, kicherte Die, der viel zu angeheitert war, um nun ernsthafte Gespräche zu führen. „Wusste ich doch auch nicht. Oder doch? Ich glaub nicht. Eigentlich!“ Er betonte das Wort und hob wichtig einen Finger. „Eigentlich hat ja Kaoru mich verführt und nicht umgekehrt.“
Weil er so viele Highballs hatte, dachte dieser, es wäre eine gute Gelegenheit, sich noch etwas Fleisch zu mopsen, das übrig war. Dabei ahnte er nicht, dass das Thema so an ihm hängenbleiben würde. Immerhin hatte er noch den Mund voll, als es ihm überrascht entfuhr: „Waaaas?“
„Ja, nämlich bin ich hier das Opfer.“ Wieder kicherte Die und versuchte sich näher über den Tisch zu lehnen, damit er anschließend flüstern konnte. „Kaoru hat mich umgedreht.“
Nun starrten alle mal wieder, aber es hielt nicht lange an, da sie nicht mehr geradeaus gucken konnten. Kyo prustete los und Shinya wurde rot, während Toshiya stolz grinsend seine Meinung kundtat: „Ja, da kennt er nix. Kann ich mir schon vorstellen, unerbittlich unser Leader, was?“
Nun prusteten aber alle außer Kaoru, der eine nicht vorhandene Augenbraue hob und sein Fleisch mit Whiskey herunterspülte. Dann zeigte er auf Die und grinste. „Ihr wisst, was er getan hat!“
„Oh Gott, bitte keine Details wieder!“ Shinya hielt sich die Augen zu und Kyo schnappte ihn am Handgelenk, um seine Hand im Zuge einer kleinen Korrektur aufs Ohr zu legen. Alkohol ließ eindeutig die Sinne verschwimmen. So herrlich angetrunken war es Die auch egal, ob sie nun lachten, denn eigentlich konnte er gut mit Spott umgehen. Stolz grinste er und zuckte die Schultern, hochrot glänzend im Gesicht, aber das war seine eigene ganz besondere Art von Sexy. Als wäre es freundschaftliche Routine griff Kaoru um ihn herum an seine Schulter und drückte sie, unauffällig mit seinen Fingern am Nacken des anderen entlang streifend. Sie genossen und schwiegen nun.
„Jetzt mal ohne Mist. Ihr seid schon so…“ Toshiya fand kein Wort, aber war wieder der Einzige, der eine Frage aussprach, die sie alle hegten.
„Ehh?“ Die verstand nicht und schaute fragend zu Kaoru, doch der sah komplett ausdruckslos drein.
„Na ein Paar!“, ergänzte dann endlich Kyo. „Er will wissen, ob ihr ein Paar seid. So richtig!“
Toshiya verzog den Mund zu einem Schmollen. „Alle wollen das wissen!“
Sogar Shinya, der zwar nur kicherte, aber wie mittlerweile üblich im selben Boot wie der Bassist saß. Kaoru zog zwar seine Hand wieder von Dies Rücken, denn ewig durfte er das nicht in der Öffentlichkeit machen, aber er legte den Kopf schief. Nach seinem ersten Ton zu urteilen, würde er noch ein bis zwei Minuten nachdenken müssen, bevor eine längere Rede folgte.
Die half ihm mal dabei: „Ja!“
„Ja?“, kam es zurückgeschossen von fast allen anderen, inklusive Kaoru.
Die schaute den nun verwundert an, doch er war zum Glück nicht sauer, sondern nur betrunken. Er wurde einfach nochmal nachdrücklich. „Ja!“
Der Bandleader kicherte nun selbst ein bisschen und duckte sich kurz, doch es sollte trotzdem noch eine Rede folgen: „Also… ja. Ja. Weil… ich mach mir null Gedanken darum. Früher mal wäre es so gewesen. Jetzt ist alles anders und neu. Neue Situation, weil Die. Aber ich bin auch alt und möchte nicht mehr nachdenken über mögliche Konsequenzen und all solche was wäre wenn. Die und ich zusammen und mal schauen, was uns erwartet.“
Egal wie angetrunken er war, aber Kaoru konnte schon noch in Worte fassen, was er dachte. Er nickte zum Schluss und lächelte dann hinüber zu seinem Freund mit dem Asian Glow, den sie sich heute vermutlich teilten. Die jedenfalls strahlte zurück, denn er für seinen Teil könnte den alten Mann mit den glänzenden Bäckchen neben sich knutschen.
„Ihr seid so cool.“ Da sprach ein wenig der Alkohol aus Toshiya, doch er sah eben nur zwei Verliebte und fand es toll.
Für Kyo war es fast zu viel Verliebtheit auf einen Haufen und er machte ein paar gespielte Kotzgeräusche, auf die hin Shinya kicherte. Doch dann nahm selbst der seinen Wein in die Hand und hielt das Glas hoch. „Auf euch. Wahrscheinlich das erste Paar, geboren aus einem Catfish und seinem Opfer. Aber immerhin war’s in meiner Premierensendung!“
„Ja nur gut, dass es keine Aufnahmen gibt,“ frotzelte der Sänger, aber hob wieder sein Glas.
Toshiya tat es ihm gleich, aber lachte. „Nächstes Mal machen wir das! Dann machen wir ‘ne richtige Sendung draus und kommen ins Abendprogramm.“
„Auf Yamo-chan und seinen japanischen Hulk!“, setzte Die noch einen drauf und hob ebenfalls das Weinglas.
Es lag nun nur noch am Bandleader selbst mitzumachen und als er das tat, lachte er glücklich und verkündete: „Bin froh, dass ich euch habe. Prost!“
Das Ende.
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Text
Catfish - Kapitel 18
Kapitel 18: Boobielicious Rating: NC-17 Genre: bandfic, humor, drama, friendship, romance, sexting, hair kink, porn, boobiecentered, betrayal Länge: 18/19 Kapitel Inhalt: Ungeahnte Gespräche im Aufnahmestudio führen dazu, dass Kaoru es auf Toshiyas Rat hin mit Online-Dating versucht, um eine neue Frau in sein Leben zu holen. Natürlich helfen da auch die anderen Bandkollegen gerne mit, denn neugierig sind sie sowieso, und vielleicht braucht ihr guter alter Bandleader ja auch Hilfe… Was kann da schon schiefgehen? (Basierend auf Catfish - die Serie.) Status: Beendet.
Kapitel 18: Boobielicious
Shinjuku
Am ersten Tag nach dieser verfluchten Aftershow-Party lag Die im Grunde nur auf seiner Couch herum und gammelte vor sich hin, während er versuchte, einfach nicht traurig zu sein. Denn wer schaffte das schon, ihn emotional so in den Keller zu befördern?
Kaoru. Der schaffte das.
Die wollte ihn hassen, aber das klappte nicht, weil ihm sein gebrochenes Herz zu viel Kummer bereitete. Natürlich war es dumm von einem gebrochenen Herzen zu sprechen bzw. es zu denken, doch durch das Ende ihrer viel zu kurzen Liebschaft fühlte es sich nun einmal so an. Keinen Bock hatte Kaoru mehr darauf, denn alles war für ihn nur Scheiße. Klar fragte sich Die, woher der Sinneswandel in ihm gekommen war, doch war er nicht blöd. Er wusste, dass der andere offensichtlich eifersüchtig war. Leider auf etwas, das überhaupt gar nicht existierte, denn er hatte nichts Falsches getan und alles war nur in Kaorus dummen Kopf! Das stimmte Die umso trauriger.
Traurig war es auch zu erfahren, was Kaoru wirklich von ihm dachte. Als wäre es von Die zu erwarten, dass er nun die halbe Welt bespringen würde. Hatte er das verdient? Nein, ganz klar hatte er das nicht. Umso trauriger war es, wenn ausgerechnet Kaoru das von ihm dachte. Genauso wie traurig war, als der Bandleader sich so hatte gehen lassen, dass er im Vollrausch einfach nur noch peinlich gewesen war. Was zur Hölle stimmte denn mit dem Mann nicht? Und was zur Hölle stimmte nicht mit Die, wenn er sich in so einen verliebt hatte? Es war eben einfach traurig.
Am zweiten Tag versuchte Die sich wieder aufzuraffen und schleppte sich ins Fitnessstudio, um da seinen Frust abzutrainieren. Er war nicht mehr traurig. Vielmehr war er nun sauer, denn was bildete sich dieser Vollpfosten eigentlich ein, so mit ihm zu reden? Es war doch unter aller Sau, was Kaoru von ihm dachte und dazu hatte er auch gar kein Recht. Schon gar nicht, ihn auf offener Straße so dumm zu machen.
Lustigerweise machte es Spaß, mit Ärger zu trainieren. Da konnte man so richtig Dampf ablassen und seinen Körper auf 110% Power bringen, bis man Blut und Wasser schwitzte. Zumal es nicht nur ärgerlich war, dass dieser kernbehinderte blöde Sack ihn beleidigte und auch noch Schluss machte. Nein, er meldete sich auch nicht! Immerhin hätte es doch wirklich sein können, Kaoru bereute etwas und würde sich nun entschuldigen, aber nein! Er schwieg wie der elendige Feigling, der er nun einmal war.
Es war pures Glück, dass Die die Rosen nicht zerfetzt hatte, die mit einer Karte versehen vor seiner Tür standen, als er nach Hause kam. Immerhin war er so überrascht davon gewesen, dass er dachte, er hätte einen verrückten Fan. Stattdessen kamen sie wahrhaftig von Kaoru und Die wusste gar nicht, wie er das fand. Schön, dann hatte er sich nun quasi gemeldet, aber mit was? Einer Karte, auf der Verzeihung stand. Das sollte es gewesen sein? Und weiter? Was dachte dieser Honk denn? Also Die würde sich sicherlich nicht melden oder gar bedanken. Lieber legte er sich in seine Badewanne und gab sich selbst ein Body-Treatment, damit die geschundenen Muskeln nicht allzu sehr am nächsten Tag schmerzten.
Leider hatte Die nicht so viel Glück, denn an Tag Drei nach Leadergate konnte er sich kaum bewegen vor Muskelkater. War klar, dass er es übertrieben hatte. Es war nicht schlau gewesen, noch ein paar Kilo draufzupacken, wenn er Gewichte stemmte. Also blieb er mehr oder weniger im Bett und dachte viel nach. Wieder hörte er nichts von Kaoru und das war einfach so betäubend und trotzdem schmerzhaft. Dachte er allen Ernstes, dass es ausreichte, wenn man jemanden Blumen schickte, nachdem man ihn quasi eine schwanzgeile Hure genannt hatte? Trotzdem fühlte sich Die manchmal so schwach, dass er darüber nachdachte, ob er nicht irgendetwas falsch gemacht hatte. Ob es seine Schuld gewesen war? Doch dann schlug er sich mental gegen seinen Dickschädel und ermahnte sich, nicht wie ein Opfer häuslicher Gewalt zu denken. Nein, dieses Mal hatte Die nichts falsch gemacht und so ein bisschen hasste er Kaoru tatsächlich. Was für ein Arschloch.
Ganz und gar kein Arschloch war immerhin Toshiya, der sich nach ihm erkundigt hatte. Die hatte damit nicht gerechnet, nachdem er sie alle so stehengelassen hatte. Es war nett, dass trotz seiner Abwehr jemand nach ihm fragte. Vielleicht waren sie doch nicht alle so schlecht und machten ihn ausnahmsweise mal nicht zum Sündenbock. Das war gut zu wissen. Ihr Bassist fragte sogar, ob Die vorhatte am Mittwoch zum Spiel der Giants zu gehen und ob es cool wäre, wenn er mitkommen dürfte. Das wunderte den Gitarristen zwar, denn eigentlich konnte Toshiya nicht so extrem viel mit Baseball anfangen wie er, aber wenn er Bock hatte mitzukommen, warum nicht? Hauptsache, er würde ihn dabei nicht über Kaoru ausfragen. Das stellte Die auch klar und sagte, dass er sich ansonsten freuen würde. Immerhin wäre Gesellschaft mal wieder nett und das Spiel sowieso eine willkommene Abwechslung.
Am Morgen des Mittwochs quälte sich Die eine Runde zum Joggen, bevor er sich duschte und in seinem Lieblingsmorgenmantel ein kleines Frühstück aus Eiweißschnitten mit Frischkäse zu sich nahm. Es war noch reichlich Zeit bis zum Spiel, weswegen er es nicht eilig hatte, sich seine Haare zu föhnen (inklusive aller dazu gehörenden Prozeduren). Als er also von Toshiya eine Nachricht bekam, dass er schon da war und unten wartete, war Die zwar überrascht, doch denkbar war, dass der Bassist einfach nur schon eher dran war und Zeit hatte, damit sie sich gut vorbereiten könnten. Manchmal war es immerhin nett, wenn man vorher etwas aß oder sich einen kleinen Drink gönnte. Bier ging zu jeder Tageszeit.
Also erlaubte Die ihm via App den Zutritt zum Gebäude und nahm einfach mal den Kater hoch, damit er nicht weglief, als sein Dosenöffner die Wohnungstür einen Spalt weit öffnete. Etwas an den Schritten, die sich näherten, war jedoch anders und doch seltsam vertraut. Denn obwohl Toshiya ein großer Mann war, konnte er sich grazil wie eine Ballerina bewegen, während der Schritt manch kleinen Stampfers wie ein Bulldozer klang. Vorsichtig öffnete er die Tür etwas weiter und konnte gar nicht glauben, wer oder was ihm da entgegenkam.
Es hatte Kaorus Form und Kaorus Größe und auch Kaorus dummer Gesichtsausdruck war unter dem Basecap deutlich zu sehen, aber dieser Mensch dort steckte in einer kompletten Baseball-Uniform der Giants. Nicht nur die schmucken halbdurchsichtigen Hosen in Weiß trug er, nein auch Trikot und sogar die passenden Socken und Schuhe. Alles an diesem Kaoru war umhüllt von verführerischen Fanartikeln der Yomiuri Giants und wäre Die nicht so unglaublich sauer auf die Füllung, würde er diesen Fanboy-Moment in dummfröhlich glucksender Weise ausleben.
Stattdessen blickten sich die beiden Gitarristen in der Tür stehend an und keiner wusste so recht, was sie sich nun sagen sollten. Wenn überhaupt etwas. Die war noch unschlüssig.
„Heyyy…“, begann dann Kaoru und zog die Begrüßung künstlich in die Länge, als wäre er aufgrund des anstehenden Baseballereignisses von Euphorie gepackt. Kam nur nicht ganz so authentisch rüber.
Die war nicht mehr ganz so beeindruckt. „Was soll das denn?“
Eigentlich hatte Kaoru null Plan, was er überhaupt sagen sollte. Also stammelte er einfach los: „Bin hier um mit dir zum Spiel zu gehen, weil… ehm.“ Er musste nachdenken. „Ich hatte gehofft, ich darf mich entschuldigen. Schau, ich hab mich extra korrekt angezogen.“
„Wow,“ meinte Die trocken mit gleichgültigem Gesichtsausdruck, denn überzeugend war das nun nicht direkt. Nervig war, dass sein Kater nun Anstalten machte runter zu wollen, sodass er gezwungen war, Kaoru mit einer eindeutigen Geste des Kopfnickens reinzulassen. Kaum war der Kater unten, rannte der zu dem Vaterlandverräter von einem Bandleader, doch die Situation war wie gehabt.
„Also macht Toshiya jetzt gemeinsame Sache mit dir?“ Es war doch klar, dass einfach nie jemand wirklich auf Dies Seite war. Es verletzte ihn ein bisschen.
„Ach er war nur…“ Was war er? Kaoru war verwirrt. „Sei nicht sauer auf ihn. Er hat nur Mitleid mit einem Idioten und wir dachten, sonst lässt du mich bestimmt nicht rein.“
„Wäre möglich gewesen.“ Die verschränkte die Arme vor seiner Brust und ihm wurde bewusst, dass sein Aufzug gerade nichts hatte, was abschreckend aussah. Schade, dass er sein Tanktop aus dem Gym nicht mehr trug. Dann hätte der Sack vor ihm Respekt!
Ausnahmsweise ignorierte Kaoru den Kater vor seinen Füßen heute und zog stattdessen aus lauter Verlegenheit und weil er schon wieder nicht wusste, was er nun erwidern sollte, eine Schachtel mit Süßkram hinter seinem Rücken hervor. Diese streckte er Die entgegen. „Hab noch was für dich.“
Eigentlich würde Die am liebsten auf dieses Präsent verzichten, doch er war einfach kein Arschloch. Er brachte es nicht fertig, den anderen mit ausgestrecktem Händchen so stehenzulassen, und erbarmte sich, die Schachtel zu nehmen. „Wow, Pralinen.“
Wieder klang Die überhaupt gar nicht beeindruckt und ja, Kaoru wusste, dass sein Geschenk echt lahm war. Aber was sonst gab man jemanden, der doch alles hatte? Er rang sich also ein unsicheres Lächeln ab. „Mit Cheesecake Füllung.“
Als würde es das retten. Kläglich verzog Die das Gesicht und zuckte die Schultern. „Super. Ich leg sie mal zu den Blumen.“
Was er dann auch tat und ins Wohnzimmer ging, wo tatsächlich der Strauß mit Rosen noch verweilte. Was konnten auch die schönen Blumen für Kaorus Blödheit?
„Gut, du hast sie bekommen,“ murmelte der Bandleader weiter unsicher vor sich hin, während ihm leider auch das Herz bis in die Hose rutschte. Er war so nervös und unsicher wie in der siebten Klasse, als er sich in Tomo aus der neunten verknallt hatte. Sie konnte er nämlich auch nicht von sich überzeugen und die Angst, dass Die auch nicht wieder seinen Soft-Spot für ihn entdeckte, war sehr groß.
„Jupp. Dacht erst, verwechselst mich mit einem blonden Röschen aus Versailles, aber nun gut.“ Die verschränkte wieder die Arme und trotz seines winzigen Scherzes, wollte er nicht, dass es sich Kaoru wagte, zu lachen. Er versuchte es zwar, doch Dies eisiger Blick hielt ihn davon ab. „Und hast du noch mehr zu sagen, oder erwartest du wirklich, dass nach Blumen, Pralinen und deinem Aufzug hier alles schick ist und ich dich mitnehme zum Baseball? Am Ende versaust es mir noch. Ich weiß nämlich gar nicht, was du wirklich hier von mir willst.“
Denn dazu hatte sich Kaoru tatsächlich nicht geäußert. Nur dass er zum Spiel mitwollte und das war in Anbetracht der Umstände eher absurd, selbst wenn Die die Mühen seiner Bekleidung schätzen konnte.
Der andere wusste, dass es so einfach nicht werden würde. Er hatte natürlich auch etwas zu sagen, doch die Worte kamen manchmal nicht leicht über die Lippen. Zumindest nicht gut sortiert, weshalb er am Ring seines kleinen Fingers spielte. „Ich will mich entschuldigen bei dir. Weil ich mich so Scheiße benommen habe. Weil ich Sachen gesagt habe, die ich nicht so gemeinte habe.“
„Was? Das, wo du meintest, mit mir war alles Scheiße, oder wo ich andere Schwänze geiler finde?“ Die war pissig, aber die Worte des anderen noch einmal auszusprechen tat sogar weh. Nur sollte dieser Mistkerl das gefälligst merken!
„Naja beides,“ stammelte er, fast überrascht, dass es dem anderen emotional wirklich so nah ging. Als musste Kaoru es final begreifen und es tat ihm gleich noch viel mehr leid als vorher schon. „Ich war blöd und betrunken und ach… du weißt gar nicht, wie das ist, wenn man dir zusieht und weiß, dass du so viel besser und schöner bist… und beliebt und all das. Da fragt man sich, was du mit einem wie mir willst. Ich spiel doch schon lange nicht mehr in deiner Liga. Früher vielleicht mal, aber heute…“
Mit der Info konnte Die nicht viel anfangen und verzog wieder das Gesicht. „Und das ist jetzt deine Entschuldigung mir zu unterstellen, dass ich schwanzgeil bin und nur zum Ficken gut?“
„Das bist du nicht!“, dementierte Kaoru sofort und sah doch recht verzweifelt aus. „Weiß Gott bist du zu viel mehr gut als das! Ich war doch einfach nur ein Idiot, der… naja Angst hat? Du kannst doch jeden haben! Warum denn ich? Das begreif ich nicht. Wirklich nicht.“
So sehr wie er es beteuerte, fing Die fast an ihm zu glauben. Konnte es echt sein, dass Kaoru so eine seltsame Wahrnehmung von sich hatte? Zugegeben, er hatte ein bisschen was durchgemacht mit der Ex, die ihn betrogen hatte, und sogar mit Die, der ihm den Catfish gemacht und damit wirklich sein Vertrauen missbraucht hatte. Doch an einem geringen Selbstbewusstsein litt er doch nicht, oder? Wie sollte das möglich sein? Es verwirrte Die und wenngleich er sauer war, hakte er impulsiv nach: „Meinst du das allgemein? Wegen dir oder weil du ein Kerl bist?“
Fast lachte der Bandleader mit einer gewissen Traurigkeit dabei. „Beides? Frauen krieg ich heutzutage mit Berühmtheit oder meiner Brieftasche. Aber dich doch nicht!? Das kann ich ausschließen. Also wieso ich? Wirklich nur Zufall? Ausgerechnet ich mach doch gar keinen Sinn. Wieso solltest du nicht irgendwann wachwerden und merken, du kriegst was Besseres?“
Er klang zwar ehrlich und verzweifelt, doch dachte Kaoru wirklich so oder war er einfach nur komplett beknackt? Die fragte sich das tatsächlich, während der den fragenden Gesichtsausdruck seines Gegenübers musterte. „Du bist so bescheuert! Und trotzdem mag ich dich? Manchmal macht das eben keinen Sinn. Weißt du, Mai durfte einen Mann kennenlernen, der fürsorglich und liebenswert ist. Vielleicht ist das was Wert für manch einen? Und vielleicht ist es schwer für mich, von oberflächlichen Bekanntschaften zu einer tiefgründigen Beziehung zu kommen. Für den Kaoru online war ich einfach nur ein Mensch, von dem man gar nichts denkt oder erwartet. Außerdem…“ Um auf Kaorus scheinheilig niedriges Selbstbewusstsein zurückzukommen, das ihm Die keineswegs abnahm. „Musst du nicht nach Komplimenten fischen. Du bleibst monatelang unterm Radar und dann machste was total Verrücktes wie deine Haare abrasieren und alle Welt geht steil auf dich! Was du nur hast?!“
Womit Die nun seine Lobpreisung abschloss, denn eigentlich war er immerhin sauer und es war nicht seine Aufgabe, Kaoru von sich zu überzeugen. Obwohl der sich gerade nicht entscheiden konnte, ob er lobgepriesen wurde oder Anschiss bekam. Ihm war zwar nach wie vor nicht klar, warum unter allen, auf die man in der Welt abfahren konnte, Die ausgerechnet ihn mögen würde, aber es in Frage zu stellen, war womöglich wirklich bescheuert.
„Tut mir leid,“ seufzte er dann. „Ich sag doch, ich bin ein dummer Idiot, der Scheiße labert. Vor allem betrunken. Das zur Aftershow-Party war blöd von mir und ich denke wirklich nicht so von dir!“
„Oh bitte.“ Eigentlich war der Größere ein wenig genervt, denn alles hier von Kaoru klang so lapidar und nach wenigen Worten der Verzückung gegenüber Die. „Was magst du denn an mir außer dem Sex?“
„Naja, du bist nett.“ Das war kein guter Anfang und Kaoru wusste das. Doch er war eben weiß Gott kein Poet und mit Gefühlen so von Mann zu Mann war er überhaupt gar nicht vertraut. „Mehr als nett. Du machst mir Omelett.“
Fast hätte Die die Augen gerollt, doch zum Glück fiel Kaoru noch mehr ein: „Es ist schön, wenn du dich um mich kümmerst. Wenn du mir Kaffee und Bento bringst… und das ungefragt, weil du mich kennst. Und du… bist herzlich… und liebevoll.“ Seine Pausen machten es zwar zur Stotterei, doch leider war es authentisch für ihn beim Ausdruck von emotional behafteten Umständen. „Du sorgst dich um mich und steckst generell einfach so für andere zurück. Du bist rücksichtvoll. Und betrunken echt anhänglich, weshalb ich eifersüchtig war, denn am liebsten möchte ich drauf scheißen, was andere sagen, und mir dich um den Hals hängen.“ Er kam nicht umhin, letztlich ein bisschen zu grinsen, denn die Vorstellung war wie eine liebeskranke Fantasie, die ihn aber glücklich machte.
Verdammt, er hatte Die weichgeklopft, auch wenn er sein inneres ‚Aww‘ nicht herausließ. Trotzdem öffnete der Jüngere nun seine verschränkten Arme und zog Kaoru am Ärmel seines Trikots näher. „Dass du dein Revier nicht markieren kannst, könnte ein Problem werden, denn ich bin, wie ich bin. Heißt aber nicht, dass ich andere gut finde.“
„Ja schon klar. Muss ich dran arbeiten.“ Das sah Kaoru sofort ein und nickte.
Doch Die korrigierte ihn sogar: „Müssen wir dran arbeiten. Kannst ja mit mir reden, denn sowas wie uns hatte ich auch noch nie. Ist aufregend, aber auch beängstigend. Und wieso sollte ich mich nicht fragen, wieso du mit mir schläfst?“
Denn er war immerhin auch nur ein Mann. Doch Kaoru riss die Augen auf, als wäre der nun nicht ganz dicht, und grinste dann schelmisch. „Naja weil du die schönsten Haare hast. Da kann keine Frau mithalten.“
Die schnarchte lachend, während der andere ihm das Haar nach hinten strich. „Jaja, Haare und Männerbrüste, ich weiß.“
„Sag das nicht so,“ tadelte Kaoru gespielt, denn er fand es zu heruntergespielt und legte vorsichtig einen Finger an Dies Hals. Von dort aus zog er den Morgenmental zur Seite über Dies Schulter hinweg. „Das hier gefällt mir auch. Genau da.“ Wobei er sachte die Stelle zwischen Schulter und Oberarm berührte, bevor er die gesamte Hand an Dies Oberarm legte, um mit dem Daumen über die Muskeln dort zu streicheln. „Und das.“
Es war der subtile Beweis dafür, dass der Bandleader gewiss nicht nur feminine Attribute zu schätzen wusste. Das brachte Die nicht nur zum Lächeln, sondern ließ ihn heiß erschaudern. Musste er verstehen, warum diese Berührung ihn verrückt machte? Nein, zum Glück nicht. Er schloss kurzerhand die Kluft zwischen ihnen und küsste Kaoru, der mit dem Erwidern nicht zurückhielt. Als würde endlich dieses emotionale Aufreiben ein Ende durch die wunderschöne Befreiung mittels eines Kusses finden. Der Frust der letzten Tage kam heraus, indem sich ihre Zungen sofort hart aneinanderrieben, als müssten sie unsäglichen Durst löschen. Ob nun sexuelle Anziehung oder Zuneigung oder im besten Falle beides zusammen dies auslöste, war schon egal, als Kaorus Hand den Knoten des Morgenmantels gelöst hatte, damit er seinen Körper gegen den nackten großen Mann pressen konnte. Seine Lippen wanderten beinahe rau von Dies Lippen zu seinem Hals, den er spielerisch biss, während sich eine seiner Hände bereits verdächtig an Dies linker Brust aufhielt.
„Och verdammt,“ merkte Kaoru nun auch. „Hast nun mal schöne Boobies.“
Eigentlich würde der Größere seinen Freund dafür tadeln, doch leider musste er zugeben, dass er es mochte, wenn seine Brust im Griff des anderen war. Gerade wenn der auch noch seine Brustwarze dort zwischen die rauen Finger nahm und etwas mehr neckte, als man es sich vielleicht bei einer Dame trauen würde. Ungewollt musste Die stöhnen, aber er liebte vor allem die Challenge, die bisher nur Kaoru ihm bot. So drückte er seine Hüfte nach vorne und versuchte dreist zu klingen. „Klar, aber nicht nur die mögen dich.“
Kaoru leckte sich gerade eine Bahn zurück zu Dies Lippen, als er merkte, wie die Erektion des anderen gegen ihn stieß. Keine volle Power bislang, aber sicher wäre das bald anders. „Mhhm, du schmeckst gut. Ich brauch mehr.“
Sofort tauchte Kaoru seine Zunge wieder zwischen Dies Lippen und küsste ihn gierig, bevor seine Hand sich einen Weg über den flachen Bauch des anderen hinab zu seiner Hüfte bahnte. Er hoffte, Die hätte die Doppeldeutigkeit bereits verstanden, doch sichergehen würde Kaoru in jedem Fall dennoch. Seine zweite Hand grub sich in die langen Haare hinter Dies Nacken und dann zog er heftig daran, bis sich ihr Kuss automatisch löste, sodass der Ältere ihm feucht vom Kinn über den Kehlkopf bis zu seinem Schlüsselbein lecken konnte. Nun ließ er zwar wieder lockerer an den Haaren, doch legte die Hand in Dies unteren Rücken, um ihn nah zu ziehen, während sich Kaoru etwas mehr beugen musste, um eine der Brustwarzen in den Mund zu nehmen, die sich ihm freudig erregt entgegenreckten. Er spürte nur Dies Hände im Trikot an seinen Schultern und hörte, wie er erneut aufstöhnte, als er gleichzeitig die andere Hand um Dies nun doch kraftvoll erregtes Glied legte. Es hatte soviel also nicht einmal gebraucht und das machte Kaoru wahrlich an. Hatte er doch so viel Macht über Die? Seine Finger umschlossen den harten Schwanz fester und er spürte, wie dieser unter seinem Druck noch strammer stand. Man musste sich nicht bitten lassen, um vor dem anderen auf die Knie zu gehen. Das geschah ganz automatisch, als Kaoru nach unten rutschte und feststellte, dass womöglich er hier der Schwanzgeile war. Zumindest in diesem Augenblick, in dem er nicht zweimal überlegte, bevor er die Lippen um Dies Kuppe schloss. Gemeinsam mit dem Aufstöhnen des Inhabers, fuhr sein hartes Glied tiefer in Kaorus Mund, der sofort ein paarmal daran saugte.
Für Die war es das überraschend Geilste, was er bisher mitunter erlebt hatte. Allein der Anblick, wenn er nach unten sah, machte ihn komplett verrückt. Immer wieder bewegte Kaoru seinen Kopf vor und wieder zurück, der Penis in seinem Mund hart und feucht von seinem Speichel. Die ließ ganz automatisch seinen Morgenmantel von den Schultern rutschen und stöhnte umso befreiter, nackt und gut gelutscht, nicht einmal ahnend, dass es noch besser kommen könnte. Doch Kaoru fiel etwas ein, zog den Kopf zurück und grinste kurz einmal schief, bevor er ausholte und dem anderen auf den Schwanz spuckte.
„Fuckffff.“ Eigentlich überforderte es Die und er musste zugeben, dass er am liebsten sofort kommen wollte. Nicht nur, dass ein (ja, das trug auch dazu bei!) in Giants-Klamotten bekleideter Kaoru vor ihm kniete und ihm sowieso schon herrlich den Schwanz lutschte, nein, er gab ihm auch noch diese saugeile Retourkutsche mit auf den Weg. Zwar hatten sich kurz darauf wieder die Lippen um ihn verschlossen, doch Die legte trotzdem die Hand an Kaorus Kopf, um ihn anzutreiben. „Ja, verdammt, blas mir das Hirn raus!“
Wobei der Bläser schmunzeln würde, doch er war zu beschäftigt, aber konnte ein wenig Cheerleading dennoch gut vertragen. Immerhin wäre er bisher nicht sicher gewesen, ob er das mit den Blowjobs gut machte. Dies Reaktion allerdings lobte ihn mehr als alles andere und er lutschte ihn gleich noch mit etwas mehr Eifer.
„Oh Gott Kaoru! Ich komm gleich!“ Nur so zur Vorwarnung, aber wenn sich Die recht entsann, brauchte der ja mehr zu schmecken von ihm. Konnte er haben! Denn so tief wie Kaoru ihn gerade im Mund hatte und hartnäckig lutschte wie eine liebestolle Nymphe, hielt er nicht mehr durch und spürte sehr plötzlich, wie Schwalle von Sperma sein pulsierendes Glied durchzogen. Er stöhnte nochmal auf und es war ihm eigentlich gleich, ob Kaoru schluckte oder es quer übers Gesicht gespritzt bekam. Hauptsache Die konnte die Wellen seines Orgasmus genießen und fand diese süße Erlösung.
„Ohhhh fuck.“ Obwohl er ganz benebelt war, blickte er nach unten und sah, wie der andere ihn diesmal ohne zu Zucken leer saugte. Das Gefühl war so unbeschreiblich, dass Die wie ein Perverser zu grinsen begann und Kaoru etwas die Wange tätschelte, Schwanz im Mund hin oder her. „So ist’s gut, nicht wahr? Das schmeckt dir.“
War es schlimm, dass Kaoru total darauf abfuhr, wenn der andere so richtig losließ und sein dirty talk sogar etwas eklig wurde? Es machte nämlich, dass sein eigener Ständer immer mehr erwachte und das war nicht unbedingt immer nur gut in Baseballhosen. Als Kaoru spürte, wie der Penis des anderen langsam erschlaffte, nahm er ihn in die Hand und leckte noch ein bisschen um die Spitze, bevor er ihn losließ und aufstand. Dies Hand hatte seine Wange die ganze Zeit nicht verlassen und sein Daumen streichelte ihn sachte.
„Schmeckt,“ grinste Kaoru. „Hat mich aber angetörnt.“
Der Große erwiderte das Grinsen dreckig. „Vielleicht erlaub ich dir ja, meine Brüste noch ein bisschen anzufassen.“
Er hatte es noch nicht gesagt, da hatte er schon Kaorus Hand an einer davon, die erneut eine Brustwarze sanft drangsalierte. Dabei presste er ihm die Hüfte entgegen und atmete schwer. „Kann nicht anders. Hast nun mal geile Brüste.“
„Gooott!“ Die verdrehte die Augen diesmal nicht aus Frust, denn er war tatsächlich echt empfindlich dort. „Du magst die echt sehr, was?“
„Mhhhmm,“ brummte der Kleinere sein tiefes Wohlgefallen wie ein schnurrender Kater und legte sogar noch seine zweite Hand an die andere Brust des Größeren, die er mit leichtem Druck streichelte. „Steh ich drauf. Was soll ich machen?“
Ihm war egal, ob das gut ankam, als er sich herabbeugte und erst die eine und dann die andere Brust küsste. Fast wie bei einer Frau wagte er sich, sie zu kneten und etwas zusammenzupressen, bevor er auch einen Kuss dazwischen drückte. Einmal angefixt davon leckte er eine Bahn durch das Tal dort von unten nach oben und lächelte dann wie betrunken. Dass Die ihn dabei näher zog, war schon mal gut, und dass er etwas schmunzelte, war auch gut. Er küsste den Liebhaber seiner Brüste sogar und genoss, wie der seinerseits sofort wieder mit den harten Nippeln spielte. Auch musste Die feststellen, dass ihm das leichte Kneten von Kaorus Händen gefiel.
„Du bist echt boobiesessed, alter Mann.“ Doch offenbar eröffnete sich hier die nächste Challenge und Die grinste wieder. „Zeig mir halt, wie sehr dir meine Muskeltitten gefallen?“
„Ist wohl gar nicht so übel, hm?“ Immerhin war Kaoru nicht zu blöd zu merken, dass der Mann vor ihm immer wieder erschauderte und keuchte unter der Behandlung. Also tat er es wieder und tauchte die Zunge durch das Tal, während seine Hände die strammen Muskeln von Dies Brüsten zusammenpressten, der Daumen mehr als oft die harten Nippel umspielend.
Wieder hörte sich Die stöhnen und dann übermannte ihn mal wieder die Geilheit einer Idee. „Fick meine Titten.“
„Was?“ Klang gut, aber sicher hatte Kaoru sich verhört, und er schaute völlig ungläubig. Doch leider auch ultimativ angemacht von der Aussage an sich.
„Fick meine Brust,“ wiederholte Die erregt. „Wird schon funktionieren. Ich spür doch, dass du hart bist.“ Obwohl er unsicher war, ob Kaoru nicht doch kneifen würde. „Sag nicht, du willst das nicht?“
Nur musste der Ältere erst begreifen und sein CPU war nicht der Schnellste. „Scheiße ja! Will ich das!“ Und er fragte sich wahrlich nicht, ob es funktionieren würde. „Wenn du mich lässt und es auch willst, fick ich gerne deine Titten!“
Dabei rieb er noch einmal feste darüber, bis Die etwas keuchen musste, anstatt sofort antworten zu können. Er entschied sich letztlich Kaoru zu küssen und ihm die Hose zu öffnen, um den Ständer zu befreien, der ihm entgegenragte. Er fühlte sich warm und fest an, bereit für jede Schandtat, als Die ihn in der Hand hielt und sachte pumpte. Wieder brummte Kaoru den Bariton seiner Lust, als er sich selbst die Hose weiter nach unten schob. Nur wurde er gestoppt, als er anfing sich am Trikot zu vergehen.
„Fuck, nein! Lass das unbedingt an!“ Wieder grinste Die schelmisch. „Untenrum kannst dich ausziehen. Dann komm zu mir.“
Fein, wenn Kaoru seinen Kink ausleben durfte, dann sollte Die seinen auch bekommen, dachte sich der Bandleader und schaute dem anderen nach. Dabei entledigte er sich seiner Schuhe, Hose und Unterhose. Socken waren unwichtig. Er folgte schnell dem nackten Mann, der es sich auf seiner Couch mit einem Kissen unter dem Kopf bequem gemacht hatte. Ansonsten lag er einfach nur nackt da und sah wunderschön bumsbar aus. Kaoru stieg direkt auf ihn und küsste die vollen Lippen seines Liebhabers, während seine Erektion dabei bereits Die entgegenstieß. Der legte die Hände an Kaorus Schenkel und zog sogleich etwas daran als Zeichen, dass sie wegen ihm gleich in die Vollen gehen konnten. Als ihr Kuss unterbrach, schob Kaoru nur langsam die Hüfte voran und drückte seinen Oberkörper nach oben, damit sein Schwanz entlang Dies nackter Haut fuhr, bis er auf seiner Brust stoppte. Sein Trikot musste er dann etwas nach oben klemmen, denn sonst wäre ihm dieser unglaublich geile Anblick verwehrt, wie nun sein harter Penis auf dieser heißbegehrten Männerbrust lag und er – nur er! – durfte sie gleich ficken.
Was Die ihm nochmal bestätigte, als er selbst Hand an seine Brüste legte und die Muskeln zusammendrückte, damit der Schwanz auf ihm davon eingeengt wurde. „Na, los. Worauf wartest du? Fick deine kleinen Lieblinge.“
Im Grunde reichte auch schon Dies schmutzige Ausdrucksweise, dass Kaoru spitz wie Nachbars Lumpi wurde. So haderte er nun auch nicht mehr und begann die Hüfte nach vorne zu stoßen, um seinen Penis erst einmal sanft durch das Tal zwischen diesen Brüsten zu rocken. Was tatsächlich funktionierte! Vielleicht weil er schon so geil davon war, dass er das überhaupt machen durfte, oder weil der Anblick ihn killte. Kaoru wusste nur, dass er nun Boobies ficken dürfte. Er legte nun auch selbst Hand an Dies Brüste, um sie zusammenzupressen und das Tal dazwischen enger zu machen. Dabei rieb er immer wieder über die Brustwarzen und bewegte die Hüfte gleich noch etwas mehr, wodurch die Reibung stärker und das Gefühl noch besser wurde.
„Gefällt dir das, ja?“, durfte nun auch Die mal sagen und grinste. „Magst du Tittenficks?“
„Scheiße ja!“, erwiderte Kaoru keuchend, obwohl er das tatsächlich noch nie so ausgiebig praktiziert hatte wie heute. Immer wieder stieß er seinen harten Schwanz zwischen Dies Brüste und sah zu, wie die erregten Muskeln aneinanderrieben. „Das ist so geil!“
Das zu hören motivierte Die zu testen, ob seine Zunge die Spitze von Kaorus Schwanz erreichen könnte, wenn der nach vorne stieß. Als es tatsächlich funktionierte, schien der andere gleich noch fester zu stoßen, doch griff auch mit einer Hand in Dies Nacken. Es war fast klar, dass Kaoru nicht widerstehen konnte, auch wieder in diese Haare zu packen und dem Kopf mit dieser agilen Zunge zu helfen, seinen Penis zu erreichen. Doch leider löste er damit auch eine Hand von Dies Brust und der Widerstand ließ etwas nach. Er konnte sich eben schwer entscheiden, was an Die er am liebsten anfasste.
Zum Glück übernahm der Jüngere, weil er schon merkte, dass diese Art des Sex Kaoru den Verstand komplett verlieren ließ, und presste sich wieder selbst die Brüste zusammen. Es war so unterwürfig und dennoch, als war der andere von ihm allein abhängig, dass er es nicht erwarten konnte zu erleben, dass der Kerl auf ihm abspritzte. Da dieser ihn wieder am Haar zog, streckte er noch einmal die Zunge raus und gab sich Mühe, den entgegenkommenden Schwanz zu lecken.
„Oh ja, ist das gut! Hol’s dir an mir!“ Die wusste genau, was er sagen musste.
Schon stöhnte Kaoru tatsächlich auf und rieb sich beinahe noch fester an dem anderen. Er blickte nach unten und sah, wie willig sein harter Schwanz empfangen wurde, während er diese sexy Titten fickte. Es war so absurd und gleichzeig so geil, dass er keinen Zweifel daran hegte, schon bald zu kommen.
„Verdammt, lass mich dich vollspritzen!“ Es gab Momente, in denen Kaoru unbedacht und verlangend Wünsche äußerte.
Und zum Glück, anders als Frauen wie Hina, gewährte Die sie ihm enthusiastisch. „Ja, gib’s mir. Spritz auf meinen Titten ab!“
Mehr brauchte es schon gar nicht mehr, als Kaoru die übliche Welle heranrauschen spürte und sich trotzdem beim ersten Schwall an den Schwanz griff. Dies Aufforderung machte es ihm unmöglich, hier eine sachte Nummer abzuliefern. Nein, er pumpte sich lieber selbst während seines Orgasmus um sicherzustellen, dass jeder Tropfen auf dem nackten Mann vor ihm landete. Ob das nun letztlich auf seiner Brust war, im Gesicht oder Haar, war Kaoru dagegen recht egal. Er rieb sich ausgiebig, seinen Höhepunkt genießend, bis nichts mehr aus ihm herauszuholen war, und betrachtete danach erst sein Werk.
„Scheiße, sieht das geil aus.“ Er rutschte etwas tiefer und saß mehr oder weniger auf Dies nacktem Bauch, blöd grinsend darüber, dass er gekommen war.
Sein menschliches Kunstwerk stemmte sich auf die Ellbogen und legte den Kopf amüsiert schief. „War gut, ja?“
Sofort nickte Kaoru. „Oh ja!“ Er war gerade so richtig selig. „Und jetzt?“
„Jetzt gehen wir zum Baseball!“, grinste Die und bäumte sich langsam auf um zu demonstrieren, dass es ihm ein Leichtes wäre, den Bandleader von sich herunter zu katapultieren. „Gleich nachdem ich nochmal duschen war.“
Schnell krabbelte der andere von ihm runter und stand nun da, halb angezogen wie ein Giants-Fan und trotzdem recht glücklich. „Sagen wir, ich würde das hier nochmal wollen, müsste ich dann das Trikot auch wieder anziehen?“
Er scherzte hoffentlich. Zumindest fasste es Die so auf und lachte leicht, nachdem er aufgestanden war. „Würdest du es nicht liebend gerne wieder anziehen wollen, wenn du das hier nochmal machen dürftest?“
Mit einem liebreizenden Grinsen küsste Die den anderen daraufhin und watschelte dann davon. Punkt für den großen Nackten, stellte Kaoru fest und suchte seine Hose. Fakt war doch, dass er am Ende wirklich fast alles tun würde, damit es zwischen ihnen so weiterging. Er würde Die gerne überall hinbegleiten, wenn der es wollte. Er rannte ihm immerhin nicht davon, wenn er mal einen sexuellen Wunsch äußerte, der außerhalb der Komfortzone stattfand. Er war letztlich der perfekte Partner.
Fast, denn Kaoru fiel etwas ein und er rannte ihm nach: „Hey Die, können wir sowas Ähnliches auch mal machen und du ziehst was von den Tigers an?“
„Nur wenn du mir einen Crêpe spendierst!“, schallte es aus dem Badezimmer zurück.
Wenn doch nur alles so einfach wäre!
Ende Kapitel 18
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Catfish - Kapitel 17
Kapitel 17: Doctor Love Rating: NC-17 Genre: bandfic, humor, drama, friendship, romance, sexting, hair kink, porn, boobiecentered, betrayal Länge: 17/19 Kapitel Inhalt: Ungeahnte Gespräche im Aufnahmestudio führen dazu, dass Kaoru es auf Toshiyas Rat hin mit Online-Dating versucht, um eine neue Frau in sein Leben zu holen. Natürlich helfen da auch die anderen Bandkollegen gerne mit, denn neugierig sind sie sowieso, und vielleicht braucht ihr guter alter Bandleader ja auch Hilfe… Was kann da schon schiefgehen? (Basierend auf Catfish - die Serie.) Status: Beendet.
Kapitel 17: Doctor Love
Shibuya
Alle schauten sie dem davonwankenden Die zu, doch keiner von ihnen traute sich ihm nach. Obwohl sie so viele Fragen gehabt hätten, denn nicht alles von dem, was Kaoru gelallt hatte, war laut genug gewesen, dass es jemand außer Die verstanden hatte. Nur so manches kam lückenhaft durch und Körpersprache sagte auch Vieles aus. Es war offensichtlich, dass Kaoru wirklich nicht nett gewesen war und selbst ein ungeschultes Auge hätte erkannt, dass Die nicht glücklicher von diesem Gespräch wurde.
„Jemand eine Ahnung, was da gerade passiert ist?“, wollte Kyo wissen, denn immerhin hätte es durchaus sein können. Wie auch immer das möglich gewesen wäre. Weshalb die anderen beiden auch ihre Köpfe schüttelten.
„Sah jedenfalls nicht gut aus. Wie ein Pärchen beim Streiten.“ Toshiya sprach es eben aus, wie es war.
„Nur schlimmer,“ fand Shinya. „Irgendwas muss Kaoru gesagt haben, was Die echt zugesetzt hat. Sein Rotwein-Schimmer war komplett weg und er war ganz blass. Wie nüchtern.“
Kyo hob langsam die Schultern und senkte sie wieder. „Scheiß Rätselei hier. Die sagen einem ja nicht, was abgeht. Das ist mir auch zu doof.“
„Vielleicht müssen wir fragen?“ Auch das lag für Toshiya auf der Hand.
„Na ich nicht.“ Kyo war anderer Meinung, denn die angeblich erwachsenen Herren konnten das entweder unter sich klären oder ihr Maul aufmachen, was zwischen ihnen überhaupt ablief. So ein Hinterhergerenne war ihm nichts.
„Bei Die stößt man da gerade auf Granit, glaube ich.“ Shinya schüttelte den Kopf etwas. „Und Kaoru… ich weiß ja nicht.“
„Kannste vergessen!“ Kyo war sich da sehr sicher.
Nur Toshiya fand das eigentlich nicht, aber er sagte nun auch nichts mehr. Klar wusste er, dass man beim Bandleader manchmal wenig Erfolg haben konnte, wenn der etwas partout nicht wollte. Doch ebenfalls wusste er, dass Kaoru keinesfalls einer war, der sich hier so grundlos niedersoff, um dann seinen Bandkollegen und was-auch-immer-Die-noch-für-ihn-war fertigzumachen. Nicht so, dass Die aussah, als würde er mit Tränen kämpfen. Das würde Kaoru nie im Leben ohne Grund tun. Genau deshalb müsste es eigentlich auch möglich sein, ihn zu fragen und ihm zu helfen. Nur leider sah das wohl niemand außer Toshiya so und heute Nacht war dafür sowieso keine Zeit.
Aber vielleicht morgen.
Minatô
Als Kaoru wach wurde, wusste er sofort, dass er noch präzise in derselben Position lag, in der er sich schlafengelegt hatte. Er wusste auch warum und wagte noch immer nicht sich zu bewegen, da er befürchtete, dass es ihm dann noch übler erging als sowieso schon. Nicht dass es bequem war, denn er trug noch immer die Hose und sein Shirt von gestern, wenngleich er wenigstens keine Schuhe anhatte. Er würde ja die Augen wieder schließen, aber wenn er dabei wach war, kamen ihm echt beschissene Bilder in den Kopf. Also blinzelte er und hoffte, sein Schädel würde nicht ewig so extrem brummen wie gerade jetzt. Sein Magen war flau. So unsagbar flau.
Doch diese verdammte Blase gab eben nie Ruhe, bevor man nicht morgens (oder wahrscheinlich eher mittags) zur Keramik geflitzt war. Das Flitzen fiel aus, aber Kaoru schob langsam die Beine aus dem Bett, um sich dann etwas mehr auf den Bauch zu rollen, damit er einigermaßen gekrümmt aufstehen konnte. Gott, war ihm schlecht. Doch er setzte einen Fuß vor den anderen und schaffte es tatsächlich bis zur Toilette, wo er immerhin das kleine Geschäft verrichten konnte, ohne daneben zu pissen. Man musste sich über die kleinen Dinge im Leben freuen.
Sein Optimismus hielt nicht lange an, als er in den Spiegel schaute und sein aufgedunsenes Gesicht sah. Dennoch verzichtete er auf kaltes Wasser darin, denn ihm ging es eindeutig zu schlecht für solche Experimente. Lieber zog er sich mal das Shirt aus und steckte sich in ein anderes. Ähnlich verhielt es sich mit der Hose, die er gegen eine bequemere tauschte, bevor er kurz abwägte, ob er wieder ins Bett gehen sollte. Zumindest setzte er sich dort an den Rand und stöhnte gebeutelt wie kaum zuvor.
Verdammt war ihm übel. Aber er wusste auch, dass nicht nur der Alkohol schuld daran war. Er seufzte und würde sein Gesicht gerne in den Händen vergraben, aber befürchtete, dass es zu viel Bewegung für seinen Kopf war. Lieber nichts riskieren, was spontanen Brechreiz auslösen könnte. Also saß er ganz still und fragte sich, was zur Hölle er nur getan hatte? Er erinnerte sich an die vergangene Nacht nur lückenhaft und trotzdem wusste er, dass er Die nicht nur abserviert, sondern auch richtig krass verletzt hatte. Manches Geschehene erschien ihm bruchteilhaft, wie dass er sich randvoll aufs Maul gelegt und dabei einiges umgestoßen hatte. Peinlich, aber sollten sie ihn halt verklagen. Richtig schlimm war, wie bewusst es ihm war, dass er mit Die Schluss gemacht hatte. Insofern sie je zusammen gewesen waren. Waren sie das? Was auch immer sie hatten, war nun vorbei. Dafür hatte Kaoru mit Schmackes gesorgt und es tat ihm unsäglich leid. Allerdings musste er sich schon arg konzentrieren, um sich an die Worte zu erinnern, die er Die an den Kopf geworfen hatte. Wenn er das dann tat, wollte er bei der bloßen Erinnerung am liebsten sterben. Das hatte er doch gar nicht gewollt. Jetzt war es aber wohl so. Vielleicht war das besser? Alle hätten nun Ruhe. Der Gedanke fühlte sich zwar Scheiße an, aber es war möglich, dass er das irgendwann nicht mehr tat. Oder?
Kaoru stand auf und wankte langsam in seine Küche, wo er anfing, sich wenigstens einen Kaffee zuzubereiten. Für etwas zu Essen war er noch nicht bereit und selbst der erste Schluck des schwarzen Getränks füllte bitter seinen Magen, als wollte der die Flüssigkeit retourschicken. So saß er eine Weile in der Küche und nippte immer mal wieder, als sein Handy vibrierte und Toshiya ihn anrief. Bock hatte er darauf nicht, aber womöglich war es was wegen der Band und die war seine Arbeit, fertig aus. Da musste man funktionieren und konnte sich nicht totstellen.
„Ja?“ Er krächzte etwas.
„Sag mal, Kaoru, kannst du mir sagen, ob im Studio noch irgendwo mein schwarzer Bass steht?“, fragte Toshiya und etwas daran klang suspekt.
Aber leider hatte der Bandleader seine letzten Hirnzellen versoffen und wusste auch gar nicht, warum er sowas gefragt wurde. „Hä? Weiß ich doch nicht. Bin Zuhause und nicht im Studio.“
„Cool, mehr wollte ich nicht wissen,“ meinte der Bassist und man konnte ihn fast grinsen hören. „Dann mach mir auf. Ich steh vor deiner Tür.“
Was für ein Blödsinn war das denn? Kaoru kam da nicht mit. „Hä?“
„Na los, mach schon,“ kam es vom anderen Ende und somit watete der Ältere eben los zu seiner Haustür. Davor konnte er durch das milchige Glas darin schon einen Schatten sehen und als er öffnete, war es natürlich Toshiya, der gerade sein Handy wieder in der Tasche seiner Hose verstaute. Erst dann wurde Kaoru von ihm gemustert und sein Blick hatte etwas Mitleidiges. „Darf ich rein?“
„Wenn’s sein muss…“ Denn eigentlich wollte Kaoru nur wieder sitzen und seinen Magen weiter mit Kaffee anfreunden, damit er sich am Ende des Tages wieder an feste Nahrung gewöhnen könnte. Er ließ jedenfalls die Tür offen und schlurfte zurück in die Küche, während ihm recht egal war, was Toshiya tat. „Was sollte die blöde Frage nach deinem Bass?“
„Wenn ich geklingelt hätte, hättest du dich bestimmt totgestellt,“ war die logische Antwort des anderen und Kaoru musste innerlich zugeben, dass ihm der Gedanke gekommen wäre. Derweil zog Toshiya die Schuhe aus und folgte seinem gequälten Leader. „Siehst nicht gut aus. Bisschen viel getankt letzte Nacht, was?“
„Minimal,“ murrte der Kleinere und versuchte am Kaffee zu riechen, was ihm eigentlich auch schon Übelkeit einbrachte.
„Okay,“ räusperte sich Toshiya und setzte sich einfach mal, denn er versuchte sich zu sammeln und nun direkt zu sein. „Ehrlich gesagt, habe ich mich gefragt, warum du dich so hast volllaufen lassen. Hat das was mit Die zu tun?“
Bei dem Namen allein zuckte Kaoru kaum merklich, doch auch das war bereits alles andere als normal bei ihm. Er blinzelte nervös und stöhnte mürrisch, doch er fühlte sich heute viel zu erschlagen, als dass er Bock hatte zu lügen. Seine Gliedmaßen taten ihm weh und ihm war kalt, weil sich der verdammte Alkohol aus seinem Blut verabschiedete. Wenigstens war es nur Toshiya, der fragte, und Kaoru antwortete erschöpft: „Womöglich.“
Nun war es klar für den Bassisten, dass es nicht leicht werden würde zu reden, wenngleich seine Vermutung richtig war. „Hör mal, Kaoru. Ich fühl mich verantwortlich, weil ich dir das mit der App aufgeschwatzt hab. Letztlich biste ja wohl so an Die gekommen und nur deswegen und weil wir Freunde sind, frag ich. Da macht man sich eben Sorgen. Auch wenn es am Ende natürlich deine Sache ist, was du mit Die machst. Scheint nur, als habt ihr auch ‘ne Menge Stress.“
Klang fair von Toshiya, fand der andere und verzog zwar prüfend das Gesicht, aber lange dachte er nicht nach. Sein Hirn war zu matschig. „Naja hab mich Scheiße verhalten. Ihm gegenüber.“
Bevor der Bassist noch mehr aus Kaoru herausquetschen würde und das würde er in jedem Fall, stand er auf und begann sich selbst mal einen Kaffee zu machen. So wie sein Kumpel hier aussah, würde der nämlich keinen Finger krumm machen. „Kann ich fragen, wie es dazu gekommen ist, dass ihr beide…? Ist schon ziemlich…“
„Krank?“ Da fiel Kaoru ein Wort ein, dass seine Freunde dafür benutzt hatten.
Toshiya stutzte. „Ich hätte ungewöhnlich gesagt, aber okay.“
„Aber ist doch so. Ihr findet es abartig und krank. Wozu willste dann mehr drüber hören?“, schnaubte Kaoru und trank nun tapfer sein Getränk. Er musste klar werden, sonst würde er sich im Zweifelsfall nicht wehren können.
„Ich hab das nicht gesagt,“ stellte Toshiya zunächst fest und füllte gleich Kaorus Tasse noch einmal mit einem schönen Filterkaffee auf. „Aber musst zugeben, dass es seltsam ist? Die hat dir immerhin vorgemacht, er wär ‘ne Frau und du warst total geil auf sie. Jetzt nimmste Die? Weil…? Warum?“
Am Ende lachte Toshiya sogar etwas, denn er meinte die Fragen nicht böse. Ihm war das alles nur so unlogisch. Trotzdem hoffte er, dass Kaoru es nicht als Auslachen empfand, und stellte ihm wieder den Kaffee hin. Diesen blickte der Leader lange Zeit einfach an, bevor er mit den Schultern zuckte. „Hat sich eben so ergeben. Was weiß ich?“
„Naja du warst dabei.“ Quasi ein Zeitzeuge, fand Toshiya und setzte sich wieder, geduldig wie ein Psychologe.
„Schon,“ musste Kaoru gestehen, aber wie es passiert war, dass er auf Die steil ging, erforderte größere Überlegungen. „Kann ich nicht erklären. Er hat nicht lockergelassen und schrieb mir immer wieder. Da war viel Sexzeug dabei. Ich dachte ja, wenn ich mal ernst mache, kneift er, aber…“
„Hat er nicht.“ Was für den Bassisten nun leicht zu erraten war.
„Hat er nicht und so kam das.“ Was eben die Wahrheit war und Kaoru stand dazu. „Aber es ist ja jetzt vorbei. Dafür hab ich gestern gesorgt.“
Nun runzelte Toshiya die Stirn, denn er musste noch immer Bruchstücke zusammensetzen. Die Worte waren zwar klar und sachlich, doch Kaorus Ton war niedergeschlagen, als wäre jemand gestorben. „Und das macht dich nicht glücklich?“
Die Frage überraschte den Älteren sichtlich und er stockte, weil es peinlich war. Doch schüttelte er leicht den Kopf. „Es war ja nicht schlecht mit Die. Eigentlich war’s sogar gut.“
Keinesfalls wollte er den anderen Gitarristen hier schlechtreden, um Himmels Willen nein! Auch wenn er vergangene Nacht Mist gebaut hatte, würde er heute Dies Ehre verteidigen und nicht so tun, als wäre ihre Verbindung wirklich übel gewesen. Das entsprach einfach nicht der Wahrheit.
Doch nun durchbohrte ihn Toshiyas Blick. „Seid ihr verliebt?“
So wie er es aussprach, wurde Kaoru tatsächlich rot im Gesicht und er sah beinahe panisch aus, bevor er losgrummelte. „Na jetzt nicht mehr.“
„So einfach?“ Da musste man nun aber dem Bassisten auf die Sprünge helfen. War das aber auch verwirrend bei den beiden! Zumal Kaoru sonst eine echte Quatschtante sein konnte, heute aber sehr einsilbig veranlagt war. „Jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen. Wart ihr ein Paar?“
„Nein,“ antwortete Kaoru, doch korrigierte sich: „Ja.“ Oder war das falsch? „Nein. Ja? Keine Ahnung verdammt! Da hatte eben was angefangen und womöglich gibt’s da Gefühle. Nicht nur Sex! Weil… ach ja verdammter Mist, wir schreiben uns Küsschen und Herzchen und all so Kram. Zufrieden jetzt?“
Genervt beendete der Ältere seine Ausführungen und sah in Toshiyas lachendes Gesicht. Der hob die Hände abwehrend. „Ganz ruhig, Tiger. Ich frag doch nur nach eurem Beziehungsstatus.“
„Na der ist vorbei. Beendet. Getrennt.“ Kaoru wurde wieder faktisch, aber seit seinem Ausbruch hatte er einen besorgniserregenden Puls.
„Wofür du letzte Nacht gesorgt hast?“ Immerhin kamen sie der Sache schon näher.
Kaoru nickte einmal kurz und bereute es sofort, weil ihm nach wie vor übel war.
Toshiya rechnete nun sogar fast schnell für seine Verhältnisse. „Also du warst betrunken wie zehn Seemänner. Heißt das jetzt, Die hat deswegen Schluss gemacht? Oder hast du Schluss gemacht, während du besoffen warst?“
Nun schnarchte Kaoru kurz. „Die hat nicht Schluss gemacht. Ich war’s.“ Was ihn daran erinnerte, wie leid es ihm tat. Es schmerzte richtig und er verzog das Gesicht. „Ich hab echt krasse Dinge zu ihm gesagt. Er hasst mich nun sicher und vielleicht ist es ja besser so. Dann müsst ihr euch auch keine Gedanken mehr machen.“
„Was für ein Bullshit.“ Toshiya machte den Rücken gerade und schaute dem anderen direkt in die Augen. „Ich sag dir mal was, Kaoru. Vielleicht ist es ja komisch für uns, wenn ihr zwei miteinander was habt, aber ich hab dich dazu ermutigt, dich zu verlieben. Dabei bleib ich auch, egal ob es Die ist oder sonst wer. Also lass uns mal außen vor. Das zum einen. Zum anderen scheinst du echt verkackt zu haben bei jemandem, den du offensichtlich magst. Sogar sehr. Da musst du es eben wiedergutmachen und nicht im Selbstmitleid ertrinken.“
Eigentlich wollte Kaoru nun so etwas erwidern, wie dass sie hier in keiner Rom-Com aus Amerika waren, doch leider hatte ihm der erste Part von Toshiyas Rede zu gut gefallen. Das tat halt einfach gut zu hören. Nichts desto trotz war seine Situation etwas prekärer, als hier von einem gewissen Bassisten wahrgenommen wurde. „Ich hab ihm quasi gesagt, er sei verhurt und würde andere Schwänze bespringen wollen, obwohl ich, soweit ich weiß, Dies erster und einziger Mann jemals war oder bin. Ah und dass er nur zum Ficken gut wäre und die Sache mit uns komplette Scheiße war, hab ich auch gesagt. Joa.“
Wiedergutmachung schien fernab und nun begriff es auch Toshiya. „Oh.“
„Sag ich doch. Vielleicht muss man es einfach gut sein lassen.“ Denn eine Chance auf Vergebung sah Kaoru ehrlich gesagt nicht.
Nur den Bassisten empörte diese Aussage sehr. „Echt jetzt, Mjölnir?“ Er betonte den Benutzernamen, als müsste Kaoru davon eine Erleuchtung erhalten. „Gut sein lassen? Du musst dich wenigstens entschuldigen! Wenn er echt vorher noch nie einen anderen hatte und du ihn schon jetzt unter Generalverdacht stellst für etwas, was er in der Zukunft mal tun könnte… wow. Kriech bloß zu Kreuze, selbst wenn er dich nicht wieder nimmt.“
Womit Toshiya natürlich Recht hatte und Kaoru wusste es so gut, dass er am liebsten ein bisschen weinen würde. Nur ein bisschen, denn so übel verkackt hatte er im ganzen Leben noch nie, aber ausgerechnet bei Die war es passiert. So dumm, dass sogar Toshiya mit seiner Zusammenfassung extrem schlau rüberkam. Nun winselte Kaoru etwas vor sich hin und verzog wieder das Gesicht. „Und was, wenn er mich wirklich nicht für lange braucht?“
„Oh bitte, Kaoru!“ Nun wurde der Bassist sogar tadelnd und das sah man in der Regel nie. Zumindest war es für den Bandleader so neu, dass er fast seinen restlichen Kaffee vergoss und sich verschluckte, während der andere noch nicht fertig war. „Ich kenn Die auch schon lange und sagen wir mal so, seine wilden Jahre sind schon lange vorbei. Zumal, wenn es echt so ist, dass er dich als ersten und einzigen jemals rangelassen hat, kann man gut davon ausgehen, dass er ebenfalls sehr verknallt in dich sein muss. Also wieso zum Henker sollte er überhaupt an einen anderen denken?“
„Na wenn er doch betrunken immer mit jedem kuschelt?“ Eigentlich antwortete Kaoru nur zur Verteidigung und seine Argumente klangen selbst für ihn dumm.
„Und? Macht er schon hundert Jahre lang so. Heißt nicht, dass er bei denen Arsch gibt.“ Um es mal deutlich auszudrücken, wobei Toshiya die Arme verschränkte.
Nach dem ersten Schock über diese Ausdrucksweise wimmerte Kaoru wieder vor sich hin. „Aber was mach ich denn nun?“
„Wenn du mich fragst, ist zuerst einmal eine Entscheidung fällig. Denn was genau willst du? Willst du Die? Oder hast du zu große Angst?“ Was der große und liebenswerte Bassist wirklich ausschließlich freundlich meinte.
„Ich hab keine Angst!“, schoss es aus Kaoru hinaus, doch das brachte den anderen beinahe zum Lachen.
„Klar hast du Angst,“ lächelte Toshiya verständnisvoll. „Bist verknallt in Die, der dich vor Kurzem noch verarscht hat. Nun hast du vor lauter Panik, dass er dir wieder wehtun könnte, mit ihm Schluss gemacht, obwohl du gerne mit ihm zusammen wärst.“
Das klang jedenfalls nicht verkehrt, bemerkte Kaoru nun und ihm ging ein Licht auf. Nur leider erschien ihm das zu spät. „Ach man,“ seufzte er und steckte nun wirklich sein Gesicht in seine kleinen Hände. „Was hab ich nur getan?“
„Na na nicht verzagen,“ Toshiya fragen, ergänzte der Bassist im Kopf und stand auf, um sich etwas zu essen zu suchen. Dabei ging er an Kaoru vorbei und tatschte ihm kurz brüderlich die Schulter. „Wir schaffen es schon, dass er dir verzeiht. Ob er dich zurücknimmt, kann ich nicht sagen. Aber wir versuchen es, ja?“
Kaoru hob den Kopf und schaute dem anderen verwirrt nach. „Wir?“
„Mhmm,“ lächelte der Große nun und zog ein paar Instantsuppen aus dem Schrank. „Als wüsstest du alleine weiter.“
Punkt für den Basser. Der war ja doch gar nicht so dumm. „Und was nun?“
„Nun gehst du erstmal duschen und wenn du ein Mensch bist, komm zurück und wir essen eine Suppe. Du stinkst noch nach letzter Nacht.“ Toshiya konnte nicht anders, als sich endlich Luft zu machen.
Und Kaoru folgte tatsächlich wortlos aber brummend seiner Bitte, indem er langsam vom Stuhl glitt und sich ins Badezimmer schleppte. Stinkend jedenfalls konnte er niemanden überzeugen, das war wohl korrekt.
Nach einer halben Stunde kam Kaoru frisch geduscht und umgezogen zurück. Es roch nach Suppe und er war sich nicht sicher, ob er überhaupt etwas herunterbringen würde. Doch Toshiya schob ihm Suppe und Wasser zu.
„Geht nichts über Nudelsuppe zum Rehydrieren.“ Der Bassist grinste kurz und setzte sich dazu, weil er ebenfalls Hunger hatte. „Siehst schon besser aus.“
„Prima. Und jetzt? Haste die ultimative Lösung für mich oder nur Suppe?“ Vielleicht war Kaoru ja noch zu negativ eingestellt, aber gegen die Nudelsuppe hatte er trotzdem nichts. Sein Magen jedenfalls war entgegen seiner Skepsis entzückt vom ersten Happen.
„Erstmal nur die Suppe. Du musst mir schon helfen hier. Ich kann dir Tipps für Frauen geben, aber bei Die…“ Toshiya grinste kurz, weil ihm da wohl der (S)Experte gegenübersaß.
Nach knapper Überlegung zuckte Kaoru die Schultern. „Meinste, es ist so viel Unterschied?“
„Weiß nicht? Aber hast ihn als Frau kennengelernt. Vielleicht müssen wir da ansetzen. Er wird sich dir ja wohl mal offenbart haben. Was er so mag und was nicht.“ Toshiya dachte eigentlich nur laut nach und machte gleich noch weiter damit. „Bei Frauen macht man mit Blumen nichts verkehrt.“
Schon griff Kaoru nach seinem Handy. „Soll ich ihm Blumen schicken? Rosen oder so…“
Ungläubig starrte der andere ihn an, als fragte er sich, ob das nun wirklich sein Ernst war, während der Bandleader weiter auf seinem Handy tippte. Anscheinend war der echt zu Allem bereit. „Nein, natürlich nicht!“, korrigierte Toshiya aber. „Es ist immer noch Die! Und du hast zu viel Mist gebaut, dass Rosen da was helfen könnten.“
Der Ältere schaute auf und brummte. „Zu spät.“
Dann zuckte er wieder die Schultern und widmete sich der Suppe.
„Okay, vielleicht schadet es auch nicht.“ Doch dann lachte Toshiya etwas. „Du hast echt ‘ne Macke. Tun würdest du alles, oder?“
Nun kam sich Kaoru verarscht vor und schaute grimmig. „Was denn? Ich dachte, du wärst etwas produktiver. Ich kann’s auch lassen, wenn du mich nur veralbern willst.“
Daraufhin seufzte der andere. „Ich will dir doch helfen, wirklich. Aber es geht nicht um Produktivität hier. Sicherlich gibt es standardisierte Hilfsmittel, um sich die Gunst eines Menschen zu verschaffen. Aber du wirst Die schon zeigen müssen, dass er dir wichtiger ist als Standard oder Mittelmaß. Verstehst du? Wir wollen was finden, womit du ihn überzeugen kannst, damit er dir verzeiht. Von paar Blumen wird er nicht denken, ach Scheiß drauf, dass Kaoru mich für eine billige Schlampe hält.“
Eigentlich hätte der Bandleader gerne dementiert, dass er so etwas dachte, aber leider hatte er das alles in allem so an Die übermittelt. „Und wie zum Teufel soll man sowas überhaupt wiedergutmachen?“
„Das ist die Frage und deswegen fragte ich, ob du alles tun würdest?“ Was Toshiya ernstgemeint hatte und nun mit Nachdruck wiederholte.
„Naja nicht alles. Aber so ziemlich alles.“ Immerhin waren sie nicht bei Shakespeare hier, sondern normale Erwachsene. Kaoru wollte das klargestellt haben.
„Gut, okay.“ Der Bassist verstand schon. „Wie gesagt müssen wir da ansetzen, was Die mögen könnte. Wie ist das denn bei ihm mit Romantik?“
Wieder war der andere verwirrt. „Weiß nicht, was du meinst. Wir hatten nie ‘ne Kerze an.“
Daraufhin rollte Toshiya die Augen. „Nein, aber… sonst so? Romantik eben.“ Doch wie er das Wort sagte, gab er aufgrund von Kaorus Gesichtsausdruck bereits auf. „Was mag Die denn außer… ins Gym zu gehen? Ich würde ja sagen, pump dir ein paar Muckis dran, aber das dauert zu lange.“
Nun grunzte Kaoru genervt, denn offensichtlich half der Bassist ihm nicht wirklich weiter, außer dass er sich über ihn lustig machte. „Schon klar, dass ich nicht aussehe wie ihr. Aber deswegen ist Die trotzdem mit mir ins Bett. Und außerdem hat er mir was zu essen gemacht und Bento bringt er mir auch immer mit!“
„Ist ja gut.“ Der Große hob die Hände und seufzte. „Vielleicht ist das auch eine Art Romantik. Dass er dich umsorgt. Nur denk doch mal richtig nach. Was mag Die?“
Nun musste sich Kaoru aber doch sehr anstrengen, denn ja, für ihn war es pure Romantik, wenn sich jemand um ihn kümmerte. Aber mochte Die das? Nein, er mochte Gitarren und das Fitnessstudio und seine Haare. Da fiel Kaoru was ein! „Er mag Beauty-Treatments! So mit seinen Haaren und alles. Außerdem badet er gerne.“
„Mit dir?“ Wäre nun die Frage nach der Romantik, fand Toshiya.
„Hä? Nee.“ Das hier war echt schwieriger für Kaoru zu verstehen als Wirtschaftspolitik aus Südafrika. „Du wollest wissen, was er mag. Sag mir doch einfach, was ich tun soll?“
Nun seufzte der Bassist erneut. „Alles klar, wir stellen fest, Die badet gerne, aber das habt ihr nie zuvor gemeinsam gemacht. Vielleicht wäre das aber etwas? So ein Bad bei Kerzenschein mit einem Verwöhnprogramm…?“
„Wenn du mir noch sagst, wie ich überhaupt so weit kommen kann,“ sagte Kaoru so trocken er konnte, denn bisher würde er vermuten, dass er es nicht einmal über Dies Türschwelle schaffte. „Wegen mir bade ich auch mit ihm, aber ich kann mich ja schlecht in seine Wanne schleichen und sagen, bitte vergib mir? Am Ende ersäuft er mich und ich sag mal so, er hätte gute Chancen.“
Manchmal war es schwierig, eben nicht zu lachen, wenn Kaoru zu seinem Frust auch noch Galgenhumor zeigte. Doch diesmal versuchte Toshiya sich zu beherrschen. „Okay, dann müssen wir was anderes finden. Was mag er noch? Denk nach!“
So langsam kam der alte Mann in den Flow und legte den Kopf schief, während er ausgiebig nachdachte und dabei seine Gedanken laut aussprach. „Er mag noch Baseball, aber was das helfen soll, weiß ich auch nicht. Außer dass ich mit ihm hingehen sollte oder so…“
Während Toshiya weiter seine Suppe aß, hörte er aufmerksam zu und hob plötzlich den Finger. „Warte. Echt?“
Kaoru zuckte nur die Schultern. „Ja? Er war ziemlich durch den Wind, nachdem ihr uns erwischt hattet. Aber als ich fragte, was er gerne möchte, sagte er, Zeit mit mir verbringen. Irgendwas von Kino und Baseball. Jaja genau. Ob ich mit ihm zum Baseball gehen würde wie bei einem Date.“
Obwohl er auftaute und für seine Verhältnisse wirklich viel über seine kürzliche Beziehung zu Die erzählte, wurde Kaoru auch ganz warm dabei. Ein wenig war es peinlich und wahrscheinlich würde sein Gegenüber gleich wieder über etwas lachen, aber Verlegenheit war sowieso nur noch allgegenwärtig. Immerhin war es nicht so, dass sie so einen Umgang miteinander gewohnt waren. Beziehungstipps gaben sie sich für gewöhnlich nicht und schon gar keine bezüglich ihrer eigenen Kollegen.
„Hrm,“ machte Toshiya nur und lehnte sich zurück, nachdenklich die Arme verschränkend.
„Hrm?“ Mit der Reaktion hatte Kaoru nicht gerechnet und er runzelte fragend die Stirn.
„Damit können wir arbeiten,“ verkündete der andere und sah noch immer grüblerisch aus. Er schaute ins unwissende Gesicht seines Bandleaders und lächelte dann. „Es sind wichtige Infos, wenn Die Zeit mit dir verbringen wollte. Er hat - oder hatte also ernsthaftes Interesse an dir und du hast ihn auf eine Ficknummer reduziert. Gratulation. Nur vielleicht kriegst du die Kurve ja, wenn du beweist, dass du ihn zum ultimativen Date ausführen willst.“
„Bin ganz Ohr.“ Denn die Zusammenfassung war leider akkurat, aber brachte Kaoru noch nicht wirklich weiter. „Aber da soll mir Baseball helfen?“
Toshiya lachte kurz. „Also ihr geht dann nicht zu den Tigers, ne?“
„Oh.“ Nun fiel es Kaoru auch auf. „Ja, Herrgott, ich geh auch zu den Giants mit ihm. Aber das soll wirklich reichen?“ Er konnte das nicht glauben.
„Wahrscheinlich nicht, wenn wir deine Euphorie nicht etwas steigern,“ grinste nun der Große und fing an auf seinem Handy etwas im Internet zu suchen.
„Meine Euphorie?“ Kaoru stand echt auf dem Schlauch, aber wartete geduldig, was nun als nächstes kommen würde. Nur sah er ein Problem: „Müsste ich nicht erstmal fragen, ob er mich mitnimmt? Ich habe gar keine Tickets und die guten Plätze kriegt man auch nicht so einfach kurz vor der Angst.“
Es dauerte etwas, bis Toshiya von seinem Handy aufsah, aber er hatte einen Plan. „Gut, also das nächste Spiel ist am Mittwoch. Ich weiß, dass Die Dauerkarten für sich und eine zweite Person hat. Obwohl er oft alleine geht. Das wird halt dein Risiko, aber ich versuch mal rauszufinden, ob er dahingehend Pläne hat. Bis dahin besorg dir mal was Angemessenes zum Anziehen. In deinem Tigers Trikot brauchst du da nicht auftauchen wollen und Die wäre auch wenig begeistert.“
Es dauerte eine ganze Weile, bis Kaoru begriff, was ihm da vorgeschlagen wurde, doch er gab sich recht schnell geschlagen. „Alles, was hilft.“
Aufmunternd klopfte Toshiya ihm nochmals auf die Schulter, denn es war wahrlich ein kleines Opfer für das, was Kaoru gerissen hatte. „Ist halt noch lange hin bis Mittwoch und bei Die würde ich eigentlich mehr Gas geben, aber er kann sich ja schon mal deinen Blumen erfreuen,“ kicherte der Bassist und fing nun auch an, seine Sachen zusammen zu suchen. „Vielleicht kaufste ihm auch gleich noch was Süßes, Schmuck und ein Kleid.“
„Haha.“ Wenigstens raffte der Bandleader dieses Mal sofort, dass er verscheißert wurde, während er dem anderen nachschaute. Er wusste nun aber auch nichts mehr zu sagen. Höchstens ein paar Fragen hatte er noch: „Meldest du dich, falls du rausfindest, ob Die vor hat alleine zu gehen?“
„Klar.“ Toshiya nickte lächelnd.
„Und erzählst du hiervon auch den anderen?“
„Wahrscheinlich schon.“
„Und überzeugst du sie, dass sie uns nicht für bescheuert halten?“
„Kann ich nicht garantieren,“ lachte der Bassist. „Aber ich geb mein Bestes.“
„Okay.“ Kaoru rutschte endlich von seinem Stuhl und brachte den anderen abschließend noch zur Tür. „Dann danke.“
Letztlich boxte Toshiya ihn sanft gegen die Brust. „Immer gerne. Doctor Love ist immer für dich da.“
Damit verließ er winkend das Haus und ließ Kaoru zwar irritiert, doch auch zuversichtlich zurück, denn immerhin hatte er nun einen Lichtblick. Womöglich war der Bassist wirklich Amor, was ihn und Die anging. Also würde er ihm wohl vertrauen und schauen, wohin ihn das führte.
Ende Kapitel 17
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