Photo

Ich habe das Bedürfnis, mich zum Jahreswechsel zu verhalten, doch mir fehlen die Stränge, die ich in Worte knüpfen könnte. Von diesem zu warmen, zu windigen und zu sonnenlosen Tag aus gesehen lässt sich nicht viel Positives für das vergangen Erlebte oder das zukünftig Erhoffte destillieren, die eigene Stimmung verharrt im mild-Melanchonischen und mein innerer Stoiker lässt dies geschehen. Ob unsere Zeit in diesen Jahren dereinst als eine Abfolge größerer Krisen betrachtet wird, wie von den positiveren Zeitgenossen angenommen, oder doch als Vorspiel zu einer noch viel größeren Katastrophe, wie das die weniger optimistischen sehen, werden die Geschichtsschreiber der Zukunft deutlich besser beurteilen können als ich. Mein Gefühl ist, dass die Welt an immer neuen Stellen entflammt, auch wenn wir inzwischen einen unsäglichen US-Präsidenten (zumindest vorübergehend) und eine weltweite Pandemie (zumindest deren akute Phase) überstehen konnten. Dabei bräuchte es eigentlich – vor allem in Bezug auf den Klimawandel – konzertierte Löschaktionen. Doch die Grässlichkeit des Krieges, der durch die russische Aggression auf ukrainischen Boden ausgefochten wird, lässt kaum vermuten, dass ein Entwurf wie “Weltgemeinschaft” in absehbarer Zeit noch einmal gedacht werden kann. Der Krieg scheint mir auch nur der wahrnehmbarste (und zugleich furchtbarste) Auswuchs eines Prozesses zu sein, den ich momentan als die bedrohlichste aller Entwicklungen annehme – eine Polarisierung, die nicht nur geopolitisch, sondern auch einzelgesellschaftlich greift. Damit umzugehen, ohne auf der einen Seite Aggressoren durch Konzessionen zu belohnen und ohne auf der anderen Seite Gleichgesinnte durch Radikalisierung zu vergrämen, halte ich für die große Aufgabe unserer Zeit. Und das für mich auszubuchstabieren ist doch mal ein guter Vorsatz für das neue Jahr. Da habe ich ja doch noch einen Strang gefunden. Rutscht gut und bleibt konsensorientiert!
1 note
·
View note
Photo
Du stehst da und beginnst dich langsam zu erinnern, wie es war, dort zu stehen und voller Vorfreude dem Geschehen zu harren. Du stehst da, wo du im letzten Winter schon hättest stehen sollen, als die frühe Omicron-Phase dir das Valentinstagskonzert stahl. Du stehst da und hast dein Bier noch rechtzeitig ausgetrunken, das der Kumpel dir netterweise in die dichter werdende Menge gebracht hat. Du stehst da hast zwischendurch ein Auge auf deine Tochter, die dann auch auch mitkommen wollte, was dich freut und dir nur wenig Sorgen macht, weil das Publikum doch insgesamt sehr freundlich scheint (auch wenn du sie später aus dem Moshpit ziehst). Du stehst da und und hast beste Sicht, weil es darüber hinaus charmanterweise auch nicht besonders groß gewachsen ist. Du stehst da und gewahrst, wie Wolf Alice mit musikalischer Jodeluntermalung im Nebel die Bühne einnehmen. Du stehst da und erkennst das Bass-Intro von Smile und obwohl du den Song in jeder seiner Noten auswendig kannst, weißt du, dass du das, was folgen wird, so noch nie gehört hast und du beginnst zu lächeln, weil das ein lange so schmerzlich vermisstes Gefühl für dich ist. So stehst du da und dann ballern sie dich mit ihrem Sound noch viel brachialer weg, als du dir das erträumt hast und sie lassen selbst die neuen ruhigen Songs zwischendrin funktionieren und sind noch viel intensiver, abwechslungsreicher, unterhaltsamer, liebenswerter und besser, als du das die fast vier Jahre in Erinnerung behalten konntest und als sie dich verlassen, klingeln dir die Ohren und ein paar Tage später noch die Seele.
1 note
·
View note
Photo
Meine schon länger schwelende Exit-Strategie war es eigentlich, das Pandemietagebuch mit der eigenen Infektion zu beenden, aber da diese weiter auf sich warten lässt und ich auch ganz froh darüber bin, muss ich hier entweder weiter den Laden offen halten oder doch einen anderen Abschluss finden.
Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass sich einer der SARS-CoV-2-Virenstämme irgendwann mein Immunsystem herausfordern wird und hoffe einfach, dass letzteres relativ schnell und nachhaltig die Oberhand gewinnt. Davon abgesehen halte ich die Möglichkeit, dass die Pandemie noch einmal gesamtgesellschaftlich Schwung aufnimmt, nicht für völlig ausgeschlossen, wird sie doch von Expert:innen meines Vertrauens ob der gegenwärtigen Lage zunehmend bezweifelt. Doch wird es wohl mit recht großer Sicherheit im Verbund mit anderen respiratorischen Viren, die einiges nachzuholen haben, in der nächsten Wintersaison durchaus noch einmal etwas ungemütlich werden können. Da wir den Werkzeugkasten zur Verringerung der Übertragungsrate aber inzwischen kennen, dürfte das indes kaum zu katastrophalen Zuständen führen. Was allerdings die inzwischen weithin bekannten Anhänger der Kirche des nahenden Untergangs nicht davon abhalten wird, genau diesen im eng getakteten Monatsrhythmus zu beschwören.
Man könnte wohl sehr launige Retrospektiven darüber schreiben, welche Teufel und anderes Höllengezücht in den letzten Monaten in schillernden Farben an alle verfügbaren Wände gemalt wurden, wie unabwendbar die Folgen des ausbleibenden knallharten Lockdowns und des scheinbar völlig irrwitzigen, langsamen Auslaufen der Maßnahmen wären, vor denen man sich dann aber irgendwie vergeblich fürchtete. Ich lasse da einstweilen die Finger von, es soll einfach jede|r mit sich selbst ausmachen und vielleicht mal reflektieren bevor er / sie in die nächste Lamentorunde einsteigt.
Es mag ein wenig aus der Zeit gefallen erscheinen, doch liegt mir die Faszination des gegenseitigen Aufstachelns in Sarkasmus und Politikverdrossenheit emotional weiterhin fern, ich würde sogar soweit gehen, es als gesellschaftliches Gift zu verdammen. Natürlich ist es richtig und wichtig, die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung einer Pandemie fortwährend kritisch zu hinterfragen und Nachbesserungen anzumahnen. Auf der anderen Seite sollte man allerdings auch eine Antwort darauf haben, ob irgendwo auf der Welt ein beispielhafte Umsetzung der eigenen Forderungen gelungen ist. Was die Anhänger der Niedriginzidenzstrategie angeht (zu der ich mich im Grunde auch bis Mitte 2021, also vor der bevölkerungsweiten Impfung hingezogen fühlte), hatten diese vor Omicron immerhin noch ein paar Länder aufzuzählen, in denen diese Strategie aufging, die allerdings auch sämtlich keine passierbare Landgrenze aufwiesen (Neuseeland, Australien, Japan, Südkorea, Taiwan). Die einzige Ausnahme von dieser Regel ist auch das einzige Land, das diese Strategie auch weiterhin verfolgt, nämlich China. Von meiner Warte aus betrachtet wird dafür ein absurd hoher Preis bezahlt – wohl auch in dem Bewusstsein, dass die Mischung aus Impfquote in den älteren Bevölkerungsschichten im Vergleich zu anderen Ländern dürftig ist und möglicherweise auch der eingesetzte Impfstoff seine Nachteile hat. Das kann man durchaus anders sehen, aber dann soll man halt auch klar sagen, welcher Preis realistischerweise für eine Niedriginzidenzstrategie anzusetzen ist. Alternative scheint momentan ja nur die Schleimhautimmunisierung der Bevölkerung über Infektionen zu sein. Und das ist der Weg, den gerade 194 von 195 Staaten auf der Erde eingeschlagen haben.
1 note
·
View note
Photo
Wenn ich mich richtig erinnere, bin ich zur Folge 9 eingestiegen und tatsächlich ab da bis zum Ende dabei geblieben, wenn Christian Drosten beim NDR Coronavirus Update auf Sendung ging. Anfangs saß ich noch im Büro und nahm mir meine Mittagspause, wenn die Folge täglich veröffentlicht wurde, später mit meiner Frau, beide im Home Office, zusammen am Küchentisch, oder eben beim Entfernen der Überbleibsel des Mittagessens, das wir unseren beiden zuhause beschulten Kindern bereitet hatten in einer Zeit, wo es vor allem mir, der der Unsicherheit und Nichtplanbarkeit mit latenten Angststörungen zu begegnen pflegt, nicht besonders gut ging. Drosten war da so etwas wie ein täglich verabreichtes Medikament, eine Dosis Rationalität, die meine Psyche aus der alptraumhaften Umklammerung der Pandemie nach und nach zu befreien verstand, weil ich eben begriff, was dort vor sich geht und wie es mir möglich wurde, dem zu begegnen. Manch einer wird vielleicht behaupten, mein Pandemieverständnis wäre bloß ein eingebildetes, aber das ändert auch nichts daran, dass ich mich irgendwann mehr hilflos fühlte.
Natürlich war es nicht Drosten allein, der mich in dieser Emanzipation leitete, aber er war so etwas wie das Rückgrat, an das ich mein Wissen über die Pandemie, ohne dass ich mich so verloren gefühlt hatte, anbauen konnte. Vor allem aber war er die Instanz, an der ich meine eigenen Gedanken zur Lage messen konnte. Denn sosehr ich mich auch bemüht habe – über den Status eines Laieninterpreten virologischer und epidemiologischer Befunde konnte ich nie hinauskommen. Umso wichtiger war es, ein solches Korrektiv zu haben. Eigentlich dachte ich bei jeder Meldung zum Thema “Was wird Drosten dazu sagen” und ich habe über die Zeit ziemlich gute Vorhersagewerte (Selbstbild) für genau diese Frage erzielt.
Bemerkenswert fand ich immer, wie eingeschränkt die Reichweitenmedien und mit ihnen auch leider meine Filterblase die vielfältigen Themen aus den Podcasts verbreiteten. In beiden ging es (Vorsicht, subjektive Interpretation) fast ausschließlich um die Frage, was Drosten zu (a) kontaktbeschränkenden Maßnahmen und (b) der Performance von Politiker|innen zu sagen hatte, und dann auch immer nur dann, wenn er für (a) eintrat und (b) schalt. Ich machte mir irgendwann einmal zur Aufgabe, mit #DrostenInKurz ein erweitertes Themenspektrum auf Twitter zu bringen, was aber so gut wie resonanzlos blieb. So habe ich mich einfach weiter in der Vorhersage geübt und für mich selbst gefreut, wenn ich (Selbstbild: eigentlich immer) Recht behielt.
Im Rückblick behielt auch Drosten eigentlich immer Recht und wenn man unbedingt dezente Minuspunkte vergeben will, so kann man auf seine anfängliche Skepsis gegenüber Mund-Nasen-Schutzen verweisen (was er selbst mit deren Knappheit begründete) oder dass er gleich zweimal daneben lag, als es früh zu beurteilen galt, ob Alpha und Delta tatsächlich so viel fitter sein könnten, wie es sich dann nachher herausgestellt hat. Den Fehler wollte er bei der Beurteilung von Omicron offenbar nicht mehr machen, was seine extreme Warnung im Heute Journal von Mitte Dezember heute etwas übertrieben aussehen lässt. Ansonsten dürften sich auf über 1000 Seiten Skript des Podcasts nicht viele falsche Annahmen finden. Dass ich ihn für keinen besonders guten Twitterer halte, gehört da ja nicht rein, und auch das halte ich für verzeihlich.
Jetzt wurde, nach 113 Sendungen, das Ende des Coronavirus Update ausgerufen und eigentlich ist es folgerichtig. In der Anlage war ja die Entwöhnung von der Droge Drosten von vornherein angelegt. Gab es ihn anfangs noch (werk)täglich auf die Ohren, wurde das Format dann auf drei, später zwei wöchentliche Sitzungen heruntergebrochen, dann kam eine Sommerpause und nach ihr sendete der Podcast nur noch jede Woche, allerdings wechselte sich Drosten ab da mit Sandra Ciesek ab, die ich mir auch gerne anhörte, die aber den Platz in meinem Herzen, den ihr Kollege bereits gewonnen hatte, weil er meine Seele im Frühjahr 2020 rettete, nicht auch noch erobern konnte.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich ohne den Drosten-Podcast gelandet wäre. Womöglich hätte ich doch irgendwann einen Modus gefunden, mit der Pandemie umzugehen, ohne ihre Funktionsweise verstehen zu wollen. Vielleicht wäre ich näher am Tenor der Filterblase geblieben, die mir vor Covid-19 so ans Herz gewachsen war, deren aus meiner Sicht schlecht informierten Furor ich aber einfach irgendwann nicht mehr ertrug oder sie eben nicht meine Interpretation des Ganzen oder eben beidseitig interesseloses Missgefallen, jedenfalls hat sie viele Elemente, die im Februar 2020 noch unverzichtbar schienen, inzwischen verloren. Doch Pandemien beenden auch Leben, wer bin ich, meine Verluste dagegen aufzurechnen zu wollen? Ich kann wenigstens mit ihnen leben. Und Drosten trug einen nicht geringen Anteil dazu bei. Dafür werde ich mich nie angemessen bedanken können. Auch nicht mit diesem Text.
0 notes
Photo
Das Visum datiert auf den 6.3 und war ausgestellt für die Zeit vom 20.3. bis zum 26.3., die Flüge von Köln nach Moskau, von Moskau nach Perm und zurück nach Köln über Prag wurden sukzessive storniert, die gebuchten Hotelzimmer ebenso. Es war März 2020 und die Welt stellte nach und nach ihren Betrieb ein. Und so blieb mir verwehrt, eine lang herbeigesehnte und engagiert vorbereitete Reise antreten zu können. In Moskau wäre es darum gegangen, einen Kooperationsvertrag mit der MLSU aufzugleisen, in Perm unser kurz zuvor frisch genehmigtes EU-Projekt mit anzustoßen und Mitglied einer Jury zu sein, welche die nationale Vorentscheidung zu einem internationalen Preis treffen sollte. All dies habe ich inzwischen auch remote erledigen können, aber mein großer Traum, einmal das Land meiner Lieblingsschriftsteller betreten zu können, blieb mir verwehrt, ebenso wie das detailliert geplante begleitende kulturelle Programm.
Nun, da die Pandemie das Reisen wohl wieder ermöglicht hätte, aber dafür die (von mir so wahrgenommene) Ein-Mann-Führung dieses Landes ein anderes mit einem schrecklichen, nicht rechtfertigbaren und wohl unverzeihlichen Angriffskrieg überzog, ist der Traum, das in absehbarer Zeit nachholen zu können, zertrümmert und womöglich begraben. Die Projekte sind auf Geheiß der Mittelgeber gestoppt, auch im wissenschaftlichen Bereich empfindliche (und vielleicht auch kontroverse) Sanktionen in Kraft und die Zukunft im Nebel verborgen, für den das Adjektiv düster eine zu euphemistische Wahl wäre. So sind es weiter nur die schwarzen Buchstaben auf weißem Papier, die mich durch die russischen Städte und Landschaften ziehen lassen und meine Sehnsucht doch nicht stillen können, für die ich mich, vor dem Hintergrund des Alptraums, den die Menschen in der Ukraine erleben müssen, auch fast ein wenig schäme.
0 notes
Photo
Ich frage mich ja oft, wahrscheinlich auch nicht als Einziger auf der Welt, was von der Pandemie bleiben wird, wenn wir ihre hoffentlich letzte heiße Phase demnächst und ihre wintersaisonbedingten Nachwehen in ein paar Jahren überwunden haben werden. Gesamtgesellschaftlich gesehen denkt man da natürlich einerseits an die großen wirtschaftlichen Verwerfungen, andererseits aber auch an die erzielten medinzischen Fortschritte in Warpgeschwindigkeit. Für das eigene Umfeld fragt man sich, wie nachhaltig sich Verhaltensänderungen wie Maske tragen und allzu volle Innenräume meiden darstellen werden und wie sehr man in Zukunft das liebgewonnene Home-Office in den Arbeitsalltag integriert.
Neben diesen Fragen, die ja die meisten von uns beschäftigen werden, wird die Pandemie aber noch eine sehr nachhaltige und relativ durchschlagende Änderung bei mir persönlich hinterlassen, hat sie doch zu einem nicht gerade geringen Anteil dazu beigetragen, dass ich jetzt Mitbesitzer eines Hauses weit außerhalb der Stadt bin, in der ich eigentlich vorhatte, den Rest meines Lebens zu verbringen. Wer nun deduziert, das wäre auf ein unverhofftes Erbe in Zusammenhang mit einem tragischen, mit Covid-19 in Verbindung stehenden Todesfall zurückzuführen, liegt gottlob falsch. Stattdessen ist es das Resultat einer fast über die gesamte Pandemiedauer aktiv geplanten Entwicklung.
In den fast zwei Jahren meiner Protokollierung des subjektiven Pandemieempfindens hier kam ich mehrfach darauf zu sprechen, dass wir über die ganze Zeit nicht so wirklich von unserer Wohnung weggekommen sind. Im Sommer 2020 hatten wir uns zwar bemüht, wenigstens eine kurze Zeit am Meer verbringen zu können, späte Klarheit zu möglichen Reiseländern und undurchsichtige Stornierungsbedingungen hatten diesen Plan aber wirksam vereitelt. Im Sommer 2021 konnten wir uns zumindest zu einer Woche in einem deutschen Mittelgebirge durchringen, was tatsächlich erholsam, aber natürlich zu kurz und irgendwie eben nicht so wirklicher Urlaub wie vorher war.
Wie genau wir jetzt auf die Idee gekommen sind, uns aktiv um den Kauf einer Art Wochenendhaus zu bemühen, kann ich nicht mehr ganz nachzeichnen. Aber die Urlaubsproblematik trug – ebenso wie die relative Enge unserer Innenstadtwohnung – sicher dazu bei, dass dieser Plan so weit gären konnte. Ohne Zweifel half uns die Suche auch dabei, die Zeit der Pandemie, vor allem die während der Lockdowns, ein wenig zu gliedern und mit Sinn zu erfüllen. Wir verbrachten die Wochenenden in der umgebenen Provinz, wanderten ein wenig herum, schauten uns annoncierte Häuser und Grundstücke recht unterschiedlicher Qualität und Ästhetik an, gaben für manche Angebote ab, zögerten einmal zu lange, wurden bei anderen Gelegenheiten überboten, winkten in den meisten Fällen entweder dankbar oder eben schulterzuckend ab. Selbstredend können wir uns nicht alleine so einen Luxus leisten, sondern haben Verbündete im engeren Familienkreis, mit denen wir diese Vergnügungen teilen konnten.
Schließlich, irgendwann im letzten Frühsommer, wurden wir tatsächlich fündig und uns mit den sehr netten Verkäufern auch einig. Das Ganze lief ohne Makler|in ab, was sich auf persönlicher Ebene, vor allem aber natürlich finanziell auszahlen sollte, auf der anderen Seite aber auch eine Menge Arbeit bedeutete, weil Grundbücher, Wegerechte und so manches weitere seit mehr als einem Jahrhundert eher so halbexakt eingetragen wurde und wir gerne vor dem Kauf weitestgehende Klarheit schaffen wollten. Man lernt tatsächlich eine Menge dabei, das man aber wahrscheinlich nicht mehr oft im Leben wird einsetzen können. Jetzt, nachdem der Termin beim Notar gelaufen ist, wurde alles soweit aufgegleist, dass wir bald Mitbesitzer und irgendwann auch Miteigentümer eines ulkigen, aber liebevoll gepflegten Häuschens sind, dessen ältester Teil 1910 entstand und zwei Erweiterungen in den 1930er und 1960er Jahren erhielt. Es steht auf einem großen Grundstück, auf dem wir sicher einen guten Teil unserer Freizeit in den nächsten Jahren oder gar Jahrzehnten verbringen werden, sei es, um es herzurichten oder um irgendwann einfach zu chillen. Ohne Pandemie, da bin ich mir sicher, wäre es dazu nicht gekommen. Und jetzt können wir noch vor ihrem Ende den Vollzug melden.
0 notes
Photo
Letzte Woche bin ich innerhalb von zwei Tagen auf Twitter verdächtigt und im gleichen Atemzug beschimpft worden, weil ich
die gesamte Entwicklung der Pandemie monokausal aus Maßnahmen ableiten UND
die Wirksamkeit von Maßnahmen auf ganzer Linie leugnen würde.
Man könnte jetzt annehmen, ich hätte absichtlich Widersprüchliches in das soziale Netzwerk geschickt, tatsächlich hatte man aber beides in Tweets hineininterpretiert, mit denen ich meine ganz normale Linie vertrat. Natürlich würde ich beide Positionen verneinen. Selbst wenn man die Impfung der Bevölkerung als Maßnahme einstufen würde, haben sicherlich auch die Saison und offenbar noch nicht wirklich verstandene Wellendynamiken Einfluss auf das Infektionsgeschehen. Auf der anderen Seite ist es reiner Irrsinn zu glauben, kontaktbeschränkende Maßnahmen hätten nicht auch übersprungbeschränkende Wirkung auf das Virus. Welche Maßnahmen genau wie viel bringen, ist ein offenbar schwer zu erforschendes Feld und Anlass für ständigen Knatsch, dennoch wirkt das Schweizer-Käse-Modell für die Wirksamkeit von Maßnahmenkombinationen nach wie vor ziemlich nachvollziehbar auf mich.
Es macht keinen großen Spaß, sich in die Abgründe rechts und links des pragmatischen Covid19-Zentristendamms zu begeben, denn egal, wie gewichtig die eigenen Argumente sind, gleichgültig wie messergeschärft und originell man auch begründet, dass der Tweet des erfolgreich agitierenden Situations-Kontrahenten ziemlich leicht zu dekonstruierender Bullshit ist – dessen ausflüchtene und wenig überzeugende Antworten werden mehr Herzen derjenigen abgreifen, denen Agitation eben viel wichtiger als Argumentation ist. Weil sonst ja auch alles zusammenbricht im Poststrukturalismus.
Ich muss allerdings ganz ehrlich sagen, dass mir die Besiedler beider Gräben ziemlich auf den Zeiger gehen und ich sie insgesamt zur Lösung der gegenwärtigen Krise für im besten Fall kontraproduktiv halte. Doch obschon mir unmissverständliche Verachtung aus beiden Richtungen entgegenschlug, war meine Erfahrung in den Abgründen derjenigen, die man weitläufig mit der Bezeichnung “Coronaleugner” belegt, die bei weitem eindrücklichere. Offen zur Schau gestellter Hass, permanente verbal plumpe Versuche, das Gegenüber zurückzusetzen, absolute Verweigerung jeglicher Reflektion, pausenloses Heranziehen stumpfer Falschinformation, totaler Wahnsinn in der Argumentationskette – was für ein Zirkus strunzdummer Schrate, würde ich schreiben, könnte ich mir das Urteil erlauben. So blieb mir nur, nach mehreren erfolglosen Versuchen eines informativen Austauschs, das Muten. Damit konnte ich zumindest den Anschein von Seelenhygiene bewahren.
0 notes
Photo
Es hat jetzt doch einige Zeit gedauert, bis Omicron durch die rückläufige Delta-Welle hindurchscheinen konnte, aber so langsam sollte man sich wohl anschnallen. Die Inzidenzrakete hat in so gut wie allen Ländern auf der Erde inzwischen gezündet und ich bin der festen Überzeugung, dass wir auch hier relativ schnell an die Messgrenze unserer PCR-Labore stoßen werden. Eingepreist habe ich auch schon das Lamento, das über Wochen jeden Tag neue Neuinfektions- und Inzidenzrekorde anprangern wird und blöderweise nicht mehr viele Schuldige wird ausmachen können, an denen man den eigenen Frust über die Situation auslassen kann. Die langmonatige Gallionsfigur der Bewegung ist inzwischen Gesundheitsminister und wird sehr genau wahrnehmen, dass ein deutscher Sonderweg in der Omicron-Welle nicht so supergut ankommen wird, da er nicht nur extrem verschärfte Maßnahmen bedeuten würde (alle anderen dürften wenig bringen), sondern wahrscheinlich auch eine Verlängerung der pandemischen Phase, die sich andere Länder nicht leisten. Blöderweise haben wir ja inzwischen auch ein allgemein anerkanntes wissenschaftliches Expert|inn|engremium (#followthescience!), das den weltweit eingeschlagenen Weg (Durchbruchversuch, aber besser nicht mit geschlossenen Augen) vollumfänglich deckt.
Natürlich wird man reagieren müssen, wenn in Deutschland aufgrund seiner vergleichsweise niedrigen Bevölkerungs-Immunisierung (eine Mischung aus “bisher ohne allzuviele Infektionen durch die Pandemie gekommen” und Impfmuffelei v.a. im 1990er Beitrittsgebiet und an den Alpenrändern) in die Bredouille kommen sollte, doch das Gesundheitssystem zu überlasten, wenn man Omicron zu frei gewähren lässt. Das Motto heißt nun aber eindeutig #flattenthecurve und wie abzusehen war, tun sich da einige sehr schwer mit, die noch immer an Konzepte wie #zero- oder #noCovid glauben, obwohl man nicht mehr viele Wissenschaftler finden wird, welche deren Erfolgsaussichten auch nur den Hauch einer Chance geben würden. Der confirmation bias wirkt mir da schon recht durchschlagend, wenn ich mir Antworten zu deutschen Tweets zum Thema Corona durchlese. Ich befürchte, das liegt daran, dass sich einfach zu viele zu lange die gleichen Märchen erzählt haben, aber das konnte man hier ja schon oft genug lesen. Mit Glück sind es nicht mehr geworden und nur die fortschreitende Zeit hat das weiter verstärkt.
Wie auch immer, ich will hier nichts beschwichtigen. Es liegen wilde Wochen vor uns, in denen man sich natürlich selbst vor einer Infektion schützen sollte, noch wichtiger aber sein wird, eine doch eingefangene solche möglichst nicht weiterzutragen. Aufgrund der doch langen Vorlaufzeit halte ich die Versorgungslage hierzulande eigentlich nicht für extrem gefährdet, Tipps des Katastrophenschutzes zur Ausstattung der eigenen Vorratskammer kann man ja trotzdem mal beherzigen. Ohne Zweifel besteht auch weiterhin die Möglichkeit, dass irgendwann die Notbremse gezogen werden muss, bevor Krankenhäuser kein Land mehr sehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies im Auge behalten wird. Das Expert|inn|engremium wird es sich nicht ankreiden lassen, nicht laut genug “Feuer” gerufen zu haben. Und solange sie das nicht tun, harre ich hier der Dinge und schaffe mir Fire-Noise-Chancelling-Macros für Twitter an.
0 notes
Photo
Morgen ist der Heilig genannte Abend und zum zweiten Mal wird es auf ein Pandemieweihnachten hinauslaufen. Zwar sind alle, die ich an den drei Tagen treffen werde, bis zur Halskrause geimpft, genesen oder geboostert, aber trotzdem lässt die Omicron-Variante zumindest leichte Zweifel daran zu, dass man sich und vor allem die ältere Verwandschaft ganz auf der sicheren Seite sieht. Jetzt gibt es halt Booster+-Weihnachten.
Omicron, die Wundertüte unter den besorgniserregenden Varianten, wird uns noch eine Weile in Atem halten. Es ist bemerkenswert, dass trotz intensiver Forschungen auch jetzt noch nicht feststeht, ob Omicron zu verheerenden Zuständen führen wird, ohne dass dies nennenswert wird eingedämmt werden kann oder ob es eine viel sanftere Transformation zur endemischen Phase des SARS-CoV-2-Drehbuchs ermöglicht, als unter Delta überhaupt für vorstellbar gehalten wurde.
Es wird mit Sicherheit irgendetwas dazwischen werden, aber die Bandbreite der möglichen Szenarien sind schon beachtlich. Wir haben hierzulande das Glück, durch Regionen wie Gauteng, London oder Dänemark ein Stück weit in die Zukunft schauen zu können. Und diese hält jeden Tag sehr widersprüchliche Informationen für uns bereit.
Wo wir selbst gerade stehen, ist schwer zu ergründen. Die Fallzahlen weigern sich, den Sinkflug, der inzwischen auch die Intensivpatienten und Todesfälle ergriffen hat, zu verlassen. Das ist erst einmal eine gute Nachricht, wobei sie natürlich in falscher Sicherheit wiegt, denn mit Sicherheit wird zumindest die Fallzahl wieder ansteigen. Katastophenmodellierer sahen uns an diesem Wochenende schon bei einer vierstelligen Inzidenz und haben mal wieder zu früh und zu schrill Wölfe gerufen, as usual.
Ich selbst habe mir nach der Bekanntgabe der Entdeckung von Omicron sehr düstere Szenarien angenommen, die sich seither eigentlich täglich bessern. Ich versuche allerdings, nicht zu überschwänglich damit umzugehen und es möglichst dosiert weiterzugeben, weil ja eine der vorherrschenden Meinungen unter den Checkern auf Twitter ist, dass jede gute Nachricht die Leute nur wieder dazu verleitet, die Pandemie als beendet anzunehmen und kontaktvermehrende Verhaltensweisen an den Tag zu legen.
Hinter dieser Annahme steckt die Ansicht, die Leute seien zu dumm, um gute Nachrichten richtig zu verarbeiten. Diese ist mir sehr fremd geworden und im Grunde finde ich sie auch ziemlich scheiße. Damit rechtfertigen sich lügende Politiker genauso wie totalitäre Regime. Dass sich so etwas auch in Teilen des linken Mainstreams (oder das, was ich, wo ich mich selbst darin verorte, dafür halte) festsetzt, finde ich zutiefst bedenklich. Ich denke nicht, dass es jetzt schon eine große Gefahr darstellt, aber an Blauäugigkeit hat es mir meines Wissens auch noch nie gemangelt. Wahrscheinlich liegt es auch daran, dass ich noch immer fest daran glaube, dass man die Allgemeinheit am besten in die Bekämpfung der Pandemie einspannt, indem man ihr Hoffnung gibt, Auswege aufzeigt, Dinge hervorhebt, die gut laufen. Wenn man aber was von der Sache versteht, weiß man sicher, dass man Angst und Schrecken viel wirkungsvoller einsetzen kann und dass man besser die Dinge anprangert, die wirklich schlecht laufen, damit man sich bei allem Pandemiewahnsinn wenigstens noch gemeinsam drüber aufregen kann.
Nur zur Sicherheit: Die Pandemie ist nicht vorbei und sie kann unter Omicron noch in sehr gefährliche Fahrwasser geraten. Passt auf euch auf und auf die anderen!
So, das musste noch vor Weihnachten raus, jetzt wünsche ich allen ein frohes Fest :)
0 notes
Photo
Die Aussichten auf den weiteren Verlauf der Pandemie sind jetzt wieder so unklar, wie sie schon länger nicht mehr waren. Fast fühle ich mich an den Anfang, in den März 2020 zurückversetzt. Auch damals versuchte ich, so viele Informationen wie nur irgend möglich zusammenzutragen, um irgendwie einen kleinen Lichtschimmer auf den Gemengelagehaufen geworfen zu bekommen, um zumindest etwas klarer zu sehen, auf was ich mich und die Leute in meinem Umfeld vorbereiten sollte. Vor zwei Wochen hatte man sich darauf eingerichtet, dass es über den Winter noch eine Pandemie der Ungeimpften gibt, die das Gesundheitssystem hoffentlich nicht völlig überlastet und im Frühjahr irgendwann die endemische Phase einleitet, aus der das Virus dann dank Impfpflicht nicht mehr herausfindet.
Stattdessen taucht eine völlig neue Variante des ohnehin ja schon neuartigen Coronavirus auf, die mit den alten zwar die grundlegenden Eigenschaften, aber nur noch eingeschränkt Oberflächenproteine teilt. Das macht sie weniger anfällig für unsere meist impfinduzierte körpereigene erste Abwehrreihe, die nun eine Menge nur noch eingeschränkt nützlicher Antikörper dirigiert. Relativ große Eintracht scheint aber darüber zu bestehen, dass die Reihen weiter hinten, auch zelluläre Immunität genannt, weiterhin funktionieren. Bisher scheinen auch die Beobachtungen mit diesen Annahmen übereinzustimmen: Selbst der vollständige momentan zu empfehlende Impfschutz scheint viele Infektionen durchzulassen, dafür aber in den meisten Fällen eine schwere Erkrankung zu verhindern.
Die Beurteilung des ganzen, vor allem aber auch seiner Konsequenzen, fallen dennoch nicht besonders leicht. Zwar hat man mit der Provinz Gauteng in Südafrika eine Modellregion, in der sich das Virus seit ca. 2 Monaten relativ ungestört ausbreiten konnte, aber die Daten von dort sind teils lückenhaft und nicht 1:1 auf die Situation hier vor Ort zu übertragen. Was sich offenbar recht gut übertragen lässt, ist die Wachstumsrate und die Geschwindigkeit, mit der sich Omicron gerade verbreitet, ist vergleichbar mit der seines zwei Jahre alten Vorfahrens in einer Welt, in der es noch NULL Immunität und bis auf ständiges Händewaschen keine NPIs gab. Das ist – für sich genommen – schon sehr beängstigend, weil man das eben nicht nur in Südafrika, sondern inzwischen auch in Dänemark und Schottland ganz gut messen konnte. Auch hier bei mir in Köln verschläft das Gesundheitsamt gerade entweder einen massiven Inzidenzanstieg (der eigentlich nur auf Omicron zurückführbar sein kann) oder es meldet mir Zahlen, die einfach nicht zusammenpassen. Nach allem, was ich zusammentragen konnte, wird Omicron weltweit eine enorme Welle von (Re)Infektionen auslösen und damit auch nicht mehr besonders lange auf sich warten lassen.
Man könnte über diese Nachrichten zum Doomer werden, schließlich sind die zwei mehr oder weniger messbaren Eigenschaften der neuen Variante zu enormen Ungunsten unsererseits ausgefallen. Das Mistvieh verbreitet sich schneller und umgeht zu einem gewichtigen Teil unseren Immunschutz (was natürlich auch – zumindest teilweise – aufeinander rückführbar ist). Bleibt da überhaupt noch etwas für die Plus-Seite?
Man mag es kaum glauben, aber ja, tatsächlich scheint es auch einen Hoffnungsschimmer zu geben, nämlich den, dass die Krankheitsschwere und Mortalität des Virus irgendwie gelitten hat. Das war so in dem Ausmaß und zu der Zeit eigentlich noch nicht zu erwarten (jedenfalls hatte ich da noch nicht mal drauf gehofft). Das ist natürlich alles noch sehr vorläufig und mit vielen Unsicherheiten behaftet, aber in Gauteng scheint die Welle bereits ihren Scheitel erreicht zu haben, ohne dass es bisher größere NPIs gab oder die Krankenhäuser das in größerem Ausmaß zu spüren bekommen hätten. Das lässt natürlich hoffen, dass auch wir in Europa von einer Monster-Krankheitslast-Welle verschont werden.
Man sollte aber, bevor man jetzt den Champagner köpft, allerdings noch ein paar Unklarheiten ausräumen, denn wie Omicron sich in einer älteren, anders immunisierten (+Impfung/–Genesung) und vor allem durch Delta an den Anschlag des Gesundheitssystems gestellten Gesellschaft verhält, steht längst noch nicht fest. Um diese Fragen zu klären, bräuchte man ein paar Wochen Zeit, die Omicron uns aber leider nicht lässt. Und so sollten wir wohl oder übel vorsichtig sein, denn noch mehr als jede andere vor ihr hat diese Version des Virus das Potential, uns alles um die Ohren fliegen zu lassen. Auch wenn das jetzt schon seit 20 Monaten mein Credo ist. Es hilft ja nichts. Immerhin steht – Stand jetzt – nicht fest, dass uns alles um die Ohren fliegt. Als Omicron auftauchte, sah ich das noch leicht anders.
0 notes
Photo
Die Deltawelle hat sich bis in die Vorweihnachtszeit ergossen doch nun scheint sie etwas ins Stocken geraten zu sein, weit unter dem Niveau, das findige Twittermodellierer eigentlich vorhergesagt, vielmehr: Als nicht mehr vermeidbar verkündet hatten. Die Freude darüber kann aber allenfalls getrübt ausfallen, denn:
Erstens ist der Zustand gerade alles andere als stabil. Das Test- und Meldesystem hat mancherorts üblen Schluckauf und es kann durchaus sein, dass auf die Infektionszahlen der letzten Woche noch einiges draufgegeben werden muss. Zudem hatten wir auch im letzten November ein Plateau erreicht, von dem es danach leider nicht abwärts, sondern wieder aufwärts ging. Das sollten wir auch in diesem Winter nicht für ausgeschlossen halten.
Zweitens ist das Niveau auch jetzt schon weit jenseits dessen, was man sich für den Winter eigentlich gewünscht und (hallo, RKI aus dem Juli) auch berechnet hatte. Wenn die Kurve jetzt noch einmal vor der absoluten Überlastung des Gesundheitssektor schlapp macht, dafür aber mehr als 2000 Menschen an/mit Covid-19 pro Woche sterben, ist das nicht wirklich als Erfolg zu feiern.
Drittens – und da bleibt das Virus sich treu – bei jedem Wellenbruch hierzulande wartet es irgendwo auf der Welt mit einer neuen beunruhigenden Variante auf, die im Laufe der Zeit darauf ihr beunruhigendes Potential auch weitestgehend ausschöpft. In den letzten Wochen ist Omikron auf der Bildschwäche erschienen und das Puzzle zur Zukunft einer von dieser Variante beherrschten Pandemie wird gerade erst zusammengesetzt. Manche Teile (Verbreitungsgeschwindigkeit, Immunflucht) sind tiefrot bis schwarz und scheinen zu passen, andere (Krankheitslast) zeigen offenbar auch einen Silberstreif, man weiß aber noch nicht wirklich, ob sie auch wirklich dazugehören. Wäre das alles nicht so bedrohlich bezüglich der nun drohenden Pandemieschwere und -dauer, gäbe es einfach ein faszinierendes Stück Live-Wissenschaft zu bewundern. Vor allem die Frage, wo sich der Omikron-Typ bzw. seine Vorfahren über ein Jahr lang herumgetrieben haben könnten, erscheint mir extrem spannend. Das ist sicher auch ein Thema inn der nächsten Podcast-Folge mit Drosten.
Mit meinen beschränkten Möglichkeiten zur Einordnung der Gefährlichkeit habe ich mir aus dem Bauch heraus die Faustformel zurechtgelegt, dass drei Impfshots gegen Omikron ungefähr zwei Shots gegen Delta entsprechen. Die Richtung könnte ungefähr hinkommen oder auch nicht, ich brauche sie halt, um mich an irgendwas festhalten zu können.
Bezüglich der dritten, Booster genannten, Shots war das Lamento zwischenzeitlich wieder groß, weil es die gar nicht, nur unkoordiniert oder nur für Privilegierte gab. Stimmt alles, denn tatsächlich fehlen die großen Impfzentren und vor allem so etwas wie eine konzertierte Strategie bisher fast völlig. Dennoch habe ich den Eindruck, dass jeder, der einen Booster wollte, inzwischen versorgt ist oder das zumindest in Aussicht hat. In meinem näheren Familienumfeld, also den Leuten, die ich zu Weihnachten treffen werde, ist eigentlich jeder so voll immunisiert, wie das zur Zeit sinnvoll erscheint. Das mag aber auch Zufall sein. Jedenfalls stelle ich weiterhin fest, dass ich besser damit leben kann, die Dinge gerade (na gut, bisweilen mit Stirnrunzeln) zu ertragen, als fortwährend Schuldige für alles Mögliche zu suchen, zu identifizieren und zu benennen. Und klar, Stoizismus ist definitiv ein Privileg in diesen Zeiten.
0 notes
Photo
Traditionsgemäß begehe ich den Straßenkarneval stocknüchtern am Schreibtisch. Im Gegensatz zum letzten Jahr musste ich heute morgen allerdings wieder einen langen Umweg auf dem Weg ins Büro hinnehmen, weil das Kwartier Latäng großräumig abgesperrt war, um die dort einlaufende Feiermeute auf Glasflaschenbesitz und Immunitätsnachweis zu prüfen. Schon kurz nach dem offiziellen Start um 11:11 Uhr konnte man sich auch auf Twitter nicht mehr vor dem Karneval retten, wurde doch ein und dasselbe Video von der Zülpicher Straße wieder und wieder mit empörten Kommentaren versehen und geteilt. Ich bin in diesem Sport einfach nicht drin, ich kann die Beweggründe für ein solches Verhalten – das Teilen immer desselben Videoausschnitts, versehen mit den eigenen Ergüssen – schlicht nicht nachvollziehen. Im Normalfall habe ich das im Griff und ich ignoriere es einfach schulterzuckend (gut, das entspricht nicht ganz der Wahrheit). Heute aber wurde ich davon getriggert, dass der Shitstorm hier über junge Leute hereinbrach, die sich entschieden hatten, sich 2G-kontrolliert draußen über den Sessionsstart zu freuen. Oder wahlweise über diejenigen, die so etwas in meiner Stadt nicht verboten hatten, weil es wäre ja abzusehen, wie schief das laufen musste!
Nun beginnt sich die Pandemielage in Deutschland wirklich deutlich zuzuspitzen, hier im Rheinland sind wir allerdings noch weit weg von den Inzidenzen, wie sie der Süden und der Osten der Republik aufweisen. Das liegt wohl auch zum großen Teil daran, dass der Impfpegel hier wesentlich günstiger steht. Insofern kann ich nur allen zustimmen, die gerade nach Vorsicht und Mäßigung rufen, es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass uns bald nur noch sehr scharfe Maßnahmen helfen werden, das Schlimmste abzuwenden. Nur, damit jetzt bei jungen Leuten anzufangen, die sich im Freien aufhalten und nicht so wirklich schlecht auf ihre Immunisierung hin kontrolliert wurden, halte ich für ziemlich schräg bzw. der leicht heranzuziehenden Empörung geschuldet, mit denen man auf Twitter halt seine Likes fängt. Bevor man verbietet, dass sich immunsierte, junge (d.h. ihre Immunisierung nicht so schnell verlierende) Leute DRAUSSEN treffen, kann man eigentlich alles zusperren. Da braucht man auch nicht damit zu kommen, dass die da so dicht standen oder sich gegenseitig anschreien. WENN die Kontrollen einigermaßen geklappt haben, sollte kaum jemand dort ansteckend gewesen sein oder sich sogar angesteckt haben. Da gibt es ganz andere Settings zur Zeit. Mir wurde dann mehrfach ein Video aufgetischt, das zeigen sollte, wie an den Einlässen nicht kontrolliert wurde. Was man dort sah, war, wie junge Menschen zwischen zwei Mülltonnen durchgingen, hinter denen sie von zwei Ordnern nicht aufgehalten wurden. Keine Ahnung, was das dort darstellen sollte, ein Checkpoint war es jedenfalls nicht, die habe heute morgen umfahren (und das waren gut die Hälfte) und sahen völlig anders aus; dort gab es Zäune und Schleusen. Das Video wurde dann auch gelöscht, hatte aber offenbar schon eine Menge Leute in die Irre geführt (Abends sagte der Polizeipräsident, es hätte für einen kurzen Moment einmal eine Kontrolllücke gegeben, die dann mit Hilfe der Polizei relativ fix hat geschlossen werden können).
Aber man hatte sich jetzt gegenseitig auf genügend Temperatur gebracht und bastelte weiter an der Erzählung, dass der Kölner Karneval den Pandemiewinter erst so richtig in die Scheiße reiten wird u.a. wegen jungen Leute auf der Zülp. Da hilft es auch nicht, wenn Michael Hallek oder Christian Karagiannidis, zwei Kämpfer an der vordersten Front der Pandemie und durchaus als mahnende Stimmen bekannt, Verständnis für die Feiernden äußerten. Jeden Tag treffen sich Leute in ganz Deutschland indoor, in Clubs, Pubs, Restaurants, auf Arbeit oder zuhause, mit oder ohne Immunisierung und Test. Aber da ist ja sicher niemand der Beschwerdeführenden mit dabei, das wäre ja bigott! (Indoor-Kneipenabend-Zählstand bei mir seit März 2020: 1)
0 notes
Photo
“Du weißt jetzt vielleicht, was die Matrix ist, Neo, aber alles, was du über ihre Entstehung zu wissen glaubst, entspricht nicht den Tatsachen.”
“Was ich weiß ist, dass die Matrix geschaffen wurde, um menschliche Körper zur Energiegewinnung zum Wohl der Maschinen auszubeuten, als die Erde ohne Sonnenlicht war. Das haben mir bisher alle bestätigt, mit denen ich darüber gesprochen habe.”
“Und doch war es anders. Ich war dabei. Ich habe die Matrix konstruiert. Und nicht die Maschinen gaben mir diesen Auftrag. Er ist von den Menschen gekommen. Als Entscheidung, die aus einem demokratischen Prozess resultierte.”
“Aber was sollte die Menschheit dazu veranlasst haben, ihre Körper zu versklaven, auf dass ihre Geister durch eine unwirkliche Welt irrlichten?”
“Hast du nie darüber nachgedacht, dass Körper die wahren Gefängnisse sind? Unvollkommen, verletzlich, fortwährend Krankheitserregern ausgesetzt und am Ende so gebrechlich, dass sie einen die Teilhabe an der Welt verwehren, bevor sie uns ganz aushauchen.”
“Das gehört nunmal zum Menschsein dazu. Niemand würde das freiwillig aufgeben.”
“Dann bist du nicht auf dem Stand deiner Spezies vom Beginn des 21. Jahrhunderts. Um zu dieser Einsicht zu gelangen, war nicht mehr als ein kurzer Auftritt einer aus historischer Dimension gesehen relativ mild verlaufenden Infektionskrankheit vonnöten. In alternden Bevölkerungen wirkte sie sich allerdings so verheerend auf die Gesundheitssysteme aus, dass nicht-pharmazeutische Interventionen zur Einschränkung der Ausbreitung zeitweise alternativlos wurden, was allgemein auch Anerkennung fand. Es gelang sogar relativ schnell, hochwirksame Impfstoffe zu entwickeln, die einen Großteil der schweren Krankheitsverläufe verhinderten.”
“Aber wie soll dann daraus der Wunsch nach einer körperunabhängigen Existenz entstanden sein?”
“Das war das Resultat mehrerer paralleler Entwicklungen. Zunächst hatte man recht schnell gemerkt, dass die Verbreitung von Angst und Panik gute Auswirkungen auf die bevölkerungsweite Infektionstätigkeit hatten, da es vor allem Verhaltensänderungen waren, die Kontakte und damit Infektionen verhinderten. Insofern arbeitete ein loser Verbund von Leuten daran, genau diese Gefühle zu schüren. In den meisten Kreisen war es verpönt, gute Entwicklungen in der Pandemie überhaupt zu thematisieren, weil, so befürchtete man, die Bevölkerung mit einem zu niedrigen Angstlevel die Pandemie wieder anfachen würde. Das galt es unbedingt zu verhindern. Und das gelang auch ziemlich gut.”
“Die Panik, sich mit einem Virus anzustecken, das von vornherein nicht einmal besonders tödlich ist und gegen das man sich impfen lassen kann, so dass ein schwerer Verlauf quasi ausgeschlossen ist, kann doch kein Grund sein, die Körper aufzugeben und sich freiwillig in die Matrix zu begeben.”
“Jedenfalls sollte man das nicht für eine aufgeklärte Mehrheit annehmen, das ist völlig richtig. Man konnte die guten Nachrichten auch nicht auf Dauer von der Bevölkerung fernhalten. Aber es fand sich immer eine Umdeutung. Zuerst war nicht klar, wie lange die Entwicklung und Zulassung von Impfstoffen dauern würde. Als sie zugelassen waren, gab es nicht sofort genug für alle. Als es genug gab, ließen sich zu wenige impfen. Und als als trotzdem ein großer Anteil geimpft war, hieß es, die Impfung schütze nicht wirklich vor der Ausbreitung des Virus und auch schwere Verläufe bis zum Tod seien weiterhin möglich. Das war zwar alles richtig, aber mit der Risikowahrnehmung von vor der Pandemie hatte das kaum noch etwas zu tun. Plötzlich galt jedes Risiko, das mit diesem einen Virus zu tun hatte, als zu hoch, im weiteren Verlauf mussten selbst die nahe-null-gefährdeten Kinder ihre Kontakte wieder weitgehend einschränken, weil man ihnen vorbetete, das Virus sei gefährlicher als die Isolation. Auch wenn sie selbst ungeimpft nur den Bruchteil des Risikos eines älteren geimpften Erwachsenen zu schultern hatten.”
“Also weil die Risikowahrnehmung unter der Pandemie gelitten hatte, verzog sich die Menschheit in die Matrix. Tut mir leid, das ist keine sonderlich überzeugende Geschichte.”
“Nein, auch wenn dazukommt, dass sich während der Pandemie eine Kaste ausbildete, die nach außen überzeugend für Askese eintrat, aber lediglich ihre vorpandemischen gesellschaftlichen Bedürfnisse auf neuartige Gimmicks der Informationstechnologie projizierte und sich damit schon ein Stück weit von ihren Körpern abkoppelte. Was aber den wirklichen Ausschlag gab, war die philosophische Fundierung der Notwendigkeit der Matrix aus der deontologischen Ethik.”
“LOL. Eine Pflicht zur Matrix? Unsere Körper Zuchtbehältern zu überlassen soll intrinsisch gut sein?”
“Dies war ja nur die letzte Konsequenz. Zuvorderst ging es darum, durch Handlung Leben zu schützen. Und das hieß: Jedes Leben. Infektionskrankheiten, die zum Tode auch nur eines Mitglieds der Gesellschaft führen konnten, waren gesamtgesellschaftlich mit allen Mitteln zu unterdrücken. Eine Güterabwägung war überflüssig, weil nichts das vorzeitige, vermeidbare Sterben aufwiegen konnte.”
“Aber das kann sich doch nicht wirklich durchgesetzt haben...”
“Nun, da unterschätzt du aber die dynamische Wechselwirkung, die eine Kombination aus Bequemlichkeit und moralischer Überlegenheit an den Tag legen kann, wenn sich nur genug Leute gegenseitig darüber versichern.”
“Ich nehme die blaue Pille.”
0 notes
Photo
Die unvermeidbare Winterwelle ließ mindestens zwei Wochen länger als letztes Jahr auf sich warten, scheint aber nun doch Fahrt aufzunehmen. Wer jetzt mit exponentiell steigenden Zahlen rechnen kann, sollte in den nächsten zwei bis drei Wochen richtig liegen und einige werden das wieder zum Anlass nehmen, sich für diese basalen Mathekenntnisse feiern zu lassen. Tatsächlich zerknirscht mich die Situation ein wenig mehr, als ich das in der ersten Jahreshälfte vermutet hatte, aber auch dieses letzte Viertel der Pandemie werden wir wohl noch überstehen.
Tatsächlich sah ich uns im Mai ja schon einmal im Endstadium dieses langwierigen Ereignisses, das im Frühjahr 2020 startete und uns womöglich nun sechs weitere Monate beschäftigen wird. Damals sorgten die wärmeren Tage und die steigende Impfquote dafür, dass die Alpha-Welle, die uns zur Jahreswende noch so in Schrecken versetzte, wie eine Zuckerwatte im Regen zusammensackte. Doch die Delta-Variante erwies sich als erheblich zäher und das Impfversprechen lockte längst nicht alle in die dafür vorgesehenen Kabinen.
Jetzt stehen wir irgendwo im Dazwischen. Dass wir den Climax des schlimmen Schauspiels bereits durchschritten haben, scheint mir niemand mit Ahnung auch nur anzuzweifeln. Nur sind die retardierenden Momente dieses gegenwärtig aufgeführten vierten Aktes doch ein wenig ermüdend, so dass wir wegen mir das Stück gerne auch vor der Katastrophe verlassen können.
Nicht dass ich mit letzterer wirklich rechne. Wenn ich allein meinen aktuellen Gefühlshaushalt mit dem aus dem ersten Pandemiejahr vergleiche, sollte ich schon fast als glücklicher Mensch durchgehen. Persönlich habe ich mir für mir nahestehende Personen von meiner Generation an abwärts eh nicht viele Sorgen gemacht (gut, man hätte Pech haben können, aber das gilt ja für das Leben in omnis). Der größte Batzen Erleichterung brach sich Bahn, als es mir gelang, Ende April Impftermine für meine Eltern zu buchen, da auch zur gleichen Zeit klar wurde, dass meine Kinder nicht mehr weitgehend eingesperrt werden leben müssen. Seitdem waren wir alle unter der Nadel und sind teilweise auch noch zusätzlich genesen. Ich bin unglaublich dankbar dafür, dass es überhaupt so schnell gelang, einen Impfstoff zu entwickeln und ich mit meiner Familie das Glück habe, in einem Land zu leben, in dem dieser relativ umgehend und weitflächig verteilt wurde. Jetzt liest man auf Twitter, wie die Leute sich gegenseitig Angst vor Impfdurchbrüchen machen und ich habe selten etwas gelesen, auf das der Stempel “first world problem” besser passte.
0 notes
Photo
An diesem ersten Herbstwochenende des Jahres kuriert das jüngste Mitglied der Familie die Wirkungen seiner zweiten Impfdosis aus und ich schreibe meinen ersten Pandemietagebuchbeitrag vom neuen Arbeitszimmer aus. Das vorherige wird mir als Pandemiearbeitszimmer in Erinnerung bleiben, größer, mit grünem Ausblick und vor allem außerhalb der eigentlichen Wohnung gelegen, so dass ich tatsächlich zur Arbeit gehen und nach Hause kommen konnte. Die inzwischen volljährig gewordene Tochter hatte ihren Anspruch daran angemeldet und letztlich konnte ich dem nachgeben, weil ich es im inzwischen herrschenden Pandemiestadium durchaus mit mir vereinbaren kann, häufiger im Büro an der Uni zu arbeiten. Erste Folge der Maßnahme, den Schreibtisch wieder in der Hauptwohnung zu haben, ist, dass ich jetzt spät abends wieder dransitze. Nun denn.
Als wollte die Pandemie allen, die ihre Vorhersagbarkeit predigten, einen Eulenspiegel vorhalten, ist die vierte Welle mit dem Sommer ausgelaufen. Jedenfalls haben wir jetzt in Köln eine niedrigere Inzidenz als im Wellental zwischen dem zweiten und dem dritten Anlauf. Ich hatte lange erfolglos davor gewarnt, die Entwicklung ab Anfang Juli zu früh als vierte Welle zu brandmarken, um einen Abstumpfungseffekt zu vermeiden, sollten die Auswirkungen doch eher moderat sein. Dafür wurde ich dann angegangen und entfolgt. Nach allem, was ich für wahrscheinlich halte, müssen wir über den Winter aufpassen, dass die dann als fünfte gezählte Welle unser Gesundheitssystem nicht überfordert. Wenn das dann noch jemand hören will. Nun denn.
Naseweise haben für das überraschend abrupte Ende der dritten Welle (ohne den geforderten “harten Lockdown”) noch die plötzlich doch durchschlagende Saisonalität und die gesteigerte Impfquote verantwortlich gemacht und für die folgende, eher ungewöhnliche Hochsommerwelle die Fitness-Vorteile der Delta-Variante. Jetzt aber versagen alle diese Erklärungsmuster der allseits beliebten Twitter-Hobbymodellierer und sie müssten eigentlich zähneknirschend zugeben, dass ohne zusätzlichen Erkenntnisse auch ihre zukünftigen Modellierungen für die Tonne sein werden, stattdessen versteigt man sich aber in neue, nicht haltbare Erklärungsmuster und blockt mich, wenn ich da freundlich interveniere. Nun denn.
0 notes
Photo
Die wärmere Jahreszeit sowie der fortschreitende Immunitätsschutz haben die meisten Varianten des Coronavirus aus den impfstoffgesegneten Ländern der Nordhalbkugel relativ vollständig vertrieben. In diesen nicht gerade günstigen Fahrwassern gelang es dem Virus aber durch evolutionäre Anpassung eine Variante seiner selbst zu kreieren (Delta), die es dann doch noch schafft, sich exponentiell zu verbreiten. Nun ist nicht ganz klar, inwieweit man sich in diesen Ländern noch in der pandemischen Phase befindet, die dadurch gekennzeichnet ist, dass das Gesundheitssystem von der virusverbreiteten Krankheitslast überfordert werden könnte. Oder ob man schon der ersten von wahrscheinlich jährlich auftretenden endemischen Wellen bei der Ausbreitung zusieht, die als ohne Zweifel unangenehmes, aber auch irgendwie hinnehmbares Übel betrachtet werden könnte. Deutsche Twitterer nutzen Zahlen aus den USA, um zu zeigen, welch schlimme Krankheitslasten Delta auch in überwiegend geimpfte Gesellschaften zu bringen imstande ist. Auf der anderen Seite des Atlantiks nutzen US-amerikanische Twitterer deutsche Infektions-, Hospitalisierungs- und Todeszahlen, um zu zeigen, wie smooth man mit der Delta-Welle umgehen kann, wenn man es richtig anstellt.
Obgleich von den Expert|inn|en, denen ich vertraue, eigentlich schon seit mehreren Monaten beerdigt, werden Kampfkonzepte wie zeroCovid und noCovid wieder in Stellung gebracht, von den Gemäßigteren verkauft als Niedriginzidenzstrategie. Tatsächlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass niedrige Inzidenzen enorme Vorteile beim Management der Krankheit bieten, jedoch konnte mir bisher niemand erklären, wie diese genau durchgesetzt werden könnte. Mir stellt sich die Sache so dar: Der Infektionsdruck ist jetzt, im Hochsommer (der ein wenig schlapp ist, zugegeben) hier. Wenn nicht noch ein Impfwunder geschieht, wird dieser auch nicht mehr weggehen, bevor irgendwann mehr als 90% der Herde weitestgehend immun geworden sind, sei es nun durch Impfung oder Erkrankung. [NB: Während letztere offenbar die nachhaltigere Immunität hinterlässt, hat erstere unabweisbare Vorteile hinsichtlich der potentiell beobachtbaren Beschwerden, so dass sie eigentlich jedem empfohlen werden sollte] Wenn man also jetzt anfängt, Maßnahmen zu ergreifen, wird man die bis ins Frühjahr nächsten Jahres nicht mehr loswerden können, weil sich die Lage bis dahin einfach nicht bessern wird. Man kann also z.B. Schließungen veranlassen, Versammlungen verbieten, Veranstaltungen absagen, sollte dann aber so ehrlich sein, anzumerken, dass dies aus logischen Gründen für mehr als ein halbes Jahr gelten muss, möglicherweise auch für immer.
Wenn man das tut, sollte man einen sehr guten Grund haben. Es werden weniger Menschen an Covid-19 sterben, das ist sicherlich ein Grund. Aber wir haben vor der Pandemie akzeptiert, dass Menschen an Infektionskrankheiten sterben. Mit zunehmender Impfung wird Covid-19 wahrscheinlich nicht mehr Todesopfer fordern als eine leichte Grippewelle. Beides wird vor allem in der ungeimpften Bevölkerung wüten. Ist diese selbst schuld? Zum Teil muss man das wohl bejahen. Ausgenommen sind davon bisher aber auf jeden Fall die Kinder, denen, sofern sie über 12 Jahre alt sind, die Impfung erst kürzlich empfohlen wurde bzw., die, sofern sie unter 12 Jahre alt sind, noch auf gar keinen zugelassenen Impfstoff zurückgreifen können. Letzteres ändert sich womöglich in den nächsten Monaten, allerdings dürfte den Expertengremien die Empfehlung hier noch viel schwerer fallen, als in der Alterskohorte darüber, denn je jünger die Menschen sind, desto weniger schwer sind die potentiellen Krankheitsverläufe und desto komplizierter ist es, einen Nutzen in der Impfung zu finden. Tatsächlich haben uns nicht medizinische, sondern pragmatische Gründe (Quarantäne, Testungen) dazu veranlasst, mit unserem Teenie #2 heute im Impfzentrum vorstellig zu werden. Wir hatten gemeinschaftlich beschlossen, die Empfehlung der Stiko abzuwarten. Wäre die nicht gekommen, hätte uns ein ungeimpftes Kind jetzt auch keine großen Sorgen gemacht. Ich kann jedes Elter verstehen, das anders denkt. Niemand mag sein Kind krank sehen. Aber nach allem, was ich weiß, ist Covid-19 in dem Alter nicht gefährlicher als andere Infektionskrankheiten, mit denen man sich zwangsweise herumschlägt, wenn die Leute wieder Kontakt zueinander haben.
Das Leben, was wir vor der Pandemie hatten, mag nicht das beste aller möglichen gewesen sein, aber wenn wir es jetzt nachhaltig ändern wollen, weil uns der Infektionschutz auch in Nichtpandemiezeiten wichtiger ist als z.B. feucht-fröhliche Kneipenabende oder Engtanzparties (alternativ: Präsenzunterricht), dann müssen wir das so verhandeln. Die Pandemie neigt sich (zumindest hierzulande) dem Ende. Sie wird Spuren hinterlassen, keine Frage. Diese müssen gelesen werden, genauso übrigens wie die, die unser Leben davor hinterließ. Wir müssen uns nur erinnern.
0 notes
Photo
Die Pandemie siecht hierzulande so vor sich hin und darüber ist es jetzt inzwischen schon August geworden. Die Delta-Variation sorgt weiter dafür, dass insgesamt mehr Zug im Infektionsgeschehen steckt, als das im letzten europäischen Sommer der Fall war, und das vor dem Hintergrund einer mehrheitlich geimpften Bevölkerung. Diese scheint keine wirkliche Dauerimmunität erlangt zu haben, was die Virologen vom Fach allerdings auch schon früh in der Pandemie vermuteten. Die Hobbymodellierer nahmen die imperfekte Impfwirkung und den offensichtlichen Fitnessvorteil der Deltas natürlich gerne zum Anlass, beängstigende Kurven in Twitter zu gießen, die eine Verlängerung des knallharten Pandemiespiels bis mindestens ins nächste Jahr verheißen. Ich teile diese Sichtweise nicht, weil ich davon ausgehe, dass man bei ein wenig beibehaltener Vorsicht hier und ein paar mehr Impfungen da ganz gut über die nächsten Monate kommen wird, bevor wir dann im nächsten Jahr eine saisonale Erkältung (mit einem Schweregrad zwischen Männerschnupfen und Grippe) mehr im Inventar haben werden.
Tatsächlich durfte ich den unzureichenden Schutz nur einer Comirnaty-Dosis im nächsten Familienkreis erfahren, der zu einer mittleren Erkältung und knapp zweiwöchiger Quarantäne von K1 führte. Die Umstände waren insofern günstig, als dass sie Symptome und Diagnose gemeinsam mit ihrem Freund und nicht zuhause bekam. So konnte auch der Vollzug der behördlichen Auflage in dessen Reich verlegt werden, das glücklicherweise einen verwilderten Garten umfasste, der genug sinnstiftende Arbeit für die Isolationszeit bereithielt. Wir hätten uns insgeheim natürlich gewünscht, die beiden wären davon verschont geblieben, vor allem, weil K1 so die ersten Wochen ihrer Volljährigkeit abgeschnitten von der Außenwelt verbringen musste. Aber sei’s drum, wir konnten nicht viel mehr als ein paar Versorgungsfahrten zu machen und einen Ausblick auf die Zeit in Freiheit zu geben. Wo genau das Virus herkam, blieb im Stockdunklen, jedenfalls hatte keiner aus der Peer Group der beiden ebenfalls einen positiven Test zu vermelden. Vor lauter Rätselhaftigkeit fiel der Verdacht der Viruseinschleppung sogar kurz auf Hannibal, den freundlichen Border Collie. Aber soweit ich weiß, hat es noch keinen einzigen Nachweis einer Hund-Mensch-Übertragung gegeben.
Der Kontakt zu uns in der Inkubationszeit war gottlob nur kurz und flüchtig, zum noch nicht geimpften K2 nicht existent, so dass wir selbst nicht in Quarantäne gesteckt wurden, uns selbstredend aber quasi fortwährend schnelltesteten, was indes nicht zu einem positiven Abschluss führte. Kurz vor Ende von K1s Beschränkungszeit durften wir so unsere Ferienwohnung im Tonbachtal beziehen und nach fast 18 Monaten (ich) bzw. noch länger (meine Frau und K2) wieder mal ein paar Nächte außerhalb des eigenen Bettes verbringen. Schon allein das war eine wohltuende Erfahrung, die noch gewann durch die Landschaft, die wir an jedem Tag durchmessen durften. Weiter verblasst: Die Erinnerung ans Meer.
0 notes