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Einer fürs Volk?
Von Matthias Horn
Berlin, 31.01.2017

Foto : Thomas Langens
Der Kanzlerkandidat Martin Schulz (61, SPD ) spaltet bereits jetzt. Nicht etwa das Volk, mitnichten seine seit einigen Tagen stark zusammengerückte Partei - er spaltet mich.
Sonntag Nachmittag, kurz nach 14 Uhr. Die Sonne scheint über Berlin, man könnte sich im Frühling wähnen.
Der designierte Kanzlerkandidat Martin Schulz ( 61, SPD ) hat soeben seine Parteiintern vielumjubelte Antrittsrede zur Kanzlerkandidatur 2017 im vollbesetzten Willy Brandt Haus beendet.
Das sich mir bietende Gesamtbild ist an Pathos kaum zu übertreffen.
Neu war an dieser Rede fast nichts, es hagelte die üblichen (Volks)parteiischen Floskeln wie etwa die Angleichung der Steuerabgaben zwischen Arbeitnehmer und -geber, die Diskrepanz der Löhne zwischen Männern und Frauen oder aber auch die Stärkung des Mittelstandes.
Das große Sozialdemokratische Kredo von mehr sozialer Gerechtigkeit stand über allem.
Und trotzdem beschleicht mich an diesem Sonntag Nachmittag das Gefühl daß dort jemand steht, dem man vertrauen kann - ja das dort jemand steht, der es wie kaum ein anderer vermag die Sorgen, Ängste und Nöte des Volkes zu verstehen.
Es mag an seiner unverbrauchten Art liegen, vielleicht ist es aber auch der Tatsache geschuldet daß Herr Schulz selbst aus der Mitte des Volkes entstammt.
Kein gradliniger Lebenslauf, noch nicht einmal Abitur. Alkoholismus und der daraus resultierende Fall.
Die Einsicht, etwas ändern zu müssen und dies dann auch zu tun.
Doch mit dem verfliegen der ersten Euphorie drängen sich in mir unweigerlich Fragen auf.
Was, Herr Schulz, tun Sie als Kanzler gegen den von Ihrer Partei mitinitiierten Abbau von gesellschaftlicher Fairness und sozialem Ausgleich?
Die Agenda 2010 geht bekanntermaßen auf das Konto der SPD.
Wie, Herr Schulz, würden Sie als Kanzler zu den von Ihrem Freund JC Juncker initiierten Euro Bonds stehen?
Können Sie sich überhaupt gedanklich von Europa lösen ?
Warum sollte man Ihnen glauben schenken wenn Sie sagen, daß unter Ihnen alle Einkommensarten gleichermaßen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen würden ?
Der Kurs ihrer Partei diesbezüglich war in den vergangenen Jahren alles andere als Sozialdemokratisch. Die Schuld dafür wurde bisher jedoch lediglich der Union zugeschrieben.
Wie stehen Sie nach ihrem Ausscheiden aus der EU zu Themen wie CETA oder TTIP ?
Als Präsident des Europäischen Parlaments waren Sie bis zuletzt ein Befürworter von CETA - wie würden Sie als Bundeskanzler bei einem möglichen Investitionsschiedsverfahren gegen Deutschland vorgehen ?
Warum sollten Sie von der Bevölkerung einen Vertrauensvorschuss erhalten?
Noch ist nicht abzusehen, wofür Martin Schulz steht. Das ist auch noch nicht möglich, zu wenig Zeit verging seit bekanntwerden seiner Kanzlernominierung und seiner Antrittsrede.
Weitere öffentliche Auftritte, Talkrunden und Schlussendlich natürlich das Wahlprogramm werden zeigen, ob der am Sonntag so viel zitierte Ruck innerhalb der Fraktion auch dazu führen wird, daß aus der SPD tatsächlich wieder eine Partei des Volkes wird.
Bis dahin verbleibe ich in meinen Ansichten wie folgt - Ein Kanzler fürs Volk - welch abwegiger Gedanke.
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