theoratrix
theoratrix
Error 404
1 post
A weekly promise.
Don't wanna be here? Send us removal request.
theoratrix · 4 years ago
Text
Free-Writing I
Ich möchte Schreiben als emotionales After betrachten. Mein Gehirn ist eine Wortproduktionsmaschine. Jeden Tag konsumiere ich Erlebnisse, so wie ich jeden Tag Nahrungsmittel konsumiere. Mein Gehirn verarbeitet diese Eindrücke zu Gedanken und Gefühlen so wie mein Magen und Verdauungstrakt die Nahrung kauen und durchweichen und aaaaah dieser Anfang war ganz schlecht für Freewriting, viel zu vielversprechend und das heißt ich muss kurz absetzen und nachdenken. Wenn es wirklich aus dem Nichts kommen soll dann muss ich einfach Tippen, so wie eben jetzt. Ich glaube das bringt eigentlich gar nichts fürs Schreiben üben, und es hier zu veröffentlichen macht sowieso erst einmal gar keinen Sinn, aber ich möchte eben mehr von meinen Gedanken und Gefühlen verdauen und ausscheiden damit ich dann aus den verbleibenden Gedanken-Nahrungsmitteln etwas nahrhaftes Bauen kann. Und dafür ist diese Übung vielleicht nicht schlecht. 15 Minuten sind für diese Übung eine recht lange Zeit, vor allem wenn man so viel, ich meine schnell, tippt wie ich das nun einmal kann. Ich denke jetzt an Teppiche und Möbel und wie ich mich nie für irgendwas entscheiden kann weil ich zu viele Optionen in meinem Kopf gegeneinander aufwiege. Ich habe mich schon seit wochen für Terrakotta-Rot, Rose-Rot, Rosa-Rot, Feuervogel-Rot entschieden, und heute sagt mein Gehirn plötzlich wieder: Was wenn wir in die Lila-Richtung gehen? Du magst den Lila-Mint-Kontrast. Er ist sehr 90er. Aber wen interessiert das, Lila und Mint ist eine sehr unangenehme Kombination um sie jeden Tag um sich herum zu haben. Das gleichmäßige, beruhigende und doch belebende Terrakotta-Rot wäre sehr viel schöner. Aber was aus diesem Badezimmer machen. Die ganzen Fliesen kann ich -vermutlich?- nicht streichen. Ich will jetzt essen und snacken und ich will nie wieder über Nebensächlichkeiten nachdenken. Ich will gut in meiner Arbeit sein und ich will schreiben, und ich will emotional heilen und eines Tages mein Geschriebenes Leuten zeigen, es für gut befinden, es veröffentlichen. Das ist eigentlich alles was ich will. Aber Tag für Tag muss ich mich stattdessen über irgendwelche kleinen Nebensächlichkeiten ärgern und fürchten. Morgen muss ich meine nutzlosen Medikamente nachfüllen lassen und hoffen dass ich vielleicht einen Termin beim furchtbaren, FURCHTBAREN, Psychiater erhaschen kann damit ich ihn dann überreden kann meine nutzlosen Medikamente gegen wirkungsvolle einzutauschen. Und dieser Typ hat sich vielleicht in seinem Leben ganze 10 MInuten Gedanken über mich gemacht, und ich denke jetzt schon seit mindestens drei Monaten täglich über ihn nach und ob ich ihm eine Rede schreiben sollte zum Thema wieso er meine Medikamente wechseln sollte, oder ob ich mich eh nicht trauen werde die vorzulesen. Und was passiert wenn ich sie vorlesen würde. Würde er lachen? Nicht zuhören? Respekt verlieren? Mich anschreien? Mich einweisen lassen? Eigentlich wäre nichts davon schlimm. Eigentlich ist meine schlimmste Angst im Leben ein kleines, hinterhältiges Schnauben und dass die andere Person mich missversteht, missjudgt, mich einfach doof findet. Das ist meine größte Angst im Leben. Was für eine unendliche Luxussorge. Die sollte sich doch einfach umgehen lassen, insbesondere da ich schon sehr viel besser damit umgehen kann wenn mich jemand geradeheraus nicht mag, weil meist sind das Leute für die ich auch nicht viel übrig habe. Jetzt ist erst die Hälfte übrig und es ist passiert was ich dachte, das hier ist sofort in etwas tagebuchartiges abgedriftet, wenn auch nicht sinnlos. Vielleicht kann ich dieses Format für meine Morgenseiten oder wie auch immer J. es genannt hat benutzen. Ich finde irgendwie dass die in meinem Tagebuch nicht viel zu suchen haben, auch wenn ich nicht klar machen kann wieso. Eigentlich will ich ja alles schriftliche zusammenhalten. Ich frage mich ob ich mehr oder weniger schreiben könnte wenn ich weniger arbeiten würde. Ich frage mich ob ich mehr Arbeit suchen sollte. Mehr Geld wäre schön, aber es ist auch schön so viel Freizeit zu haben dass ich meine kaputte Seele langsam, in meinem Zeitrahmen, ausheilen kann. Mein Computer ächzt und stöhnt gerade, das mit diesem Online-Editor hier gefällt dem armen Maci gar nicht. Meine Tastatur knattert wie ein Micro-Gewehr. Das macht kein Sinn auf keiner Ebene. Und das auch nicht. Ich will mehr Wein, ich will mehr Erdnüsse, ich will nicht nachhause fahren, ich will nicht hier bleiben, ich will nicht allein sein, ich will endlich allein sein, ich will mit der Katze kuscheln, ich will die Katze nicht füttern, vor allem will ich das Katzenklo nicht saubermachen, ich will morgen nicht arbeiten und vor allem nicht am Wochenende arbeiten, ich will am Wochenende arbeiten um meine fehlenden Arbeitsstunden aufzuholen und das volle Gehalt zum Monatsende zu bekommen, ich will endlich mal wieder schickere Outfits tragen damit ich mich auch wenn ich allein oder zuhause bin wie ein schicker Mensch zu fühlen, aber ich will meine schicken Outfits nicht zuhause tragen weil sie dann eh nur zerreißen oder befleckt werden und dann gar nicht mehr schick sind wenn ich wirklich schicke Outfits brauche, ich will nur schicke Outfits besitzen weil schicke Menschen so ticken, aber ich will eigentlich ein normaler Mensch sein und mich nicht nach irgendwelchen Filmidealen richten, ich will keinen Alkohol mehr trinken weil das wäre gesünder, ich will mehr Alkohol trinken weil ich dann schreiben kann und das gerade gut für mich ist. Ich will ich kann ich will nicht ich muss, ich ich ich, ich will weniger über mich nachdenken und mehr über Themen, ich will nur mehr über Themen nachdenken damit ich mich interessanter finde, damit andere mich interessanter finden, damit mein Selbstwertgefühl steigt und ich weniger über mich nachdenken muss. Ich will frei sein. Ich will das Leben genießen. Ich will dass mir jemand erklärt wie man das Leben genießt. Ich hätte gerne einen “So genießt du, [mein persönlicher Vor- und Nachname], das Leben”-Workshop und er soll bitte kostenlos sein und nächste Woche anfangen. Ich will gern auf die Reise gehen weil Abenteuer gut sind, ich will nicht auf die Reise gehen weil hier sein gerade wichtig für mich ist und weil Spontaneität nicht mein Ding ist und noch nie war. Ich will öfter diesen Blog hier schreiben um öfter zu schreiben weil hier sind die Dinge irgendwie publiker, sichtbarer, abrufbarer, als auf meinem Laptop wo alles in einem einzigen Dokumentenordner langsam einen Tod stirbt. Ich will langsam mit dieser Übung aufhören weil das ehrlich gesagt sogar ein bisschen in den Fingern wehtut. Ich will auf einer Schreibmaschine schreiben weil es Stil hat und weil es einen zwingt seine Worte sparsam einzusetzen. Ich will nicht auf einer Schreibmaschine schreiben weil es in den Fingern wehtut und weil es zu hipster ist und weil man dann, wenn man einen schnellen Gedankenblitz hat, nicht weiß wohin damit. Ich kann nicht fassen dass immer noch eine MInute auf der Uhr ist und ich kann nicht fassen dass ich zwischendurch dachte 15 MInuten sind zu wenig, man sollte das hier lieber eine Stunde lang machen um herauszufinden was sonst noch so in einem schlummert. Ich persönlich sollte es wahrscheinlich eine Weile lang jeden Tag eine Stunde machen, am besten am Morgen. Am besten am morgigen Morgen. Gerade ist da einfach sehr viel Wulst und sehr wenig Kunst in mir, und je mehr von der Wulst ich aus mir herausgehen lasse um so klarer könnte ich aus meinen innerlichen Bausteinen ein bisschen Kunst bauen.
0 notes