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andiropp-blog · 7 years ago
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Traut euch zu scheitern – aber scheitert schnell und lernt daraus
9 von 10 StartUps scheitern in den ersten drei Jahren ihrer Existenz. Dabei ist es nicht mal die hohe Quote des Scheiterns, das einen aufhorchen lässt, sondern die Tatsache, dass es drei Jahre dauert, bis man merkt, dass es doch nicht klappt – im Schnitt. Wie kann es dazu kommen?
Versteht mich bitte nicht falsch, ich möchte auf keinen Fall je ein negatives Wort über das Scheitern an sich verlieren – wer nicht scheitert, der wagt nichts Neues, betritt kein Neuland, sondern bleibt ein Gefangener des immer gleichen Denkens alter Muster – Scheitern MUSS sein und sollte auch in der deutschen Gründerkultur endlich seinen Platz finden. Scheitert aber bitte nur mit einzelnen Ideen und scheitert bitte schnell! Der Hauptgrund des Scheiterns zeigt, dass es gar nicht so weit kommen muss.
No Market Need
Seit Tagen campende Personen vor dem Laden, tausende Vorbestellungen, zehntausende Downloads im AppStore. So oder so ähnlich, mehr oder weniger realistisch und verträumt sehen viele Vorstellungen der Gründer aus. Die Idee ist schließlich richtig genial, die Marktanalysen waren alle durchweg positiv, das Feedback aus dem Freundeskreis und Familie könnte nicht besser sein. Die harte Realität sieht dann doch anders aus.
Niemand möchte dein Produkt. Punkt.  
Mit Schweiß und Blut und blutigem Schweiß hat man seit Monaten an seinem Baby gearbeitet, Nächte und ganze Wochenenden geopfert und am Ende interessiert es niemanden?!
„Wir haben nicht genug Zeit damit verbracht, mit der Zielgruppe zu sprechen, und haben neue Features gebracht, die wir zwar total toll fanden, die aber nicht von unseren Kunden gewünscht wurden“, erzählt Jimmy Winter von VoterTide dem t3n Magazin.
Man entwickelt also am Markt und an seiner Zielgruppe vorbei! Vier Kernfaktoren, die hierbei eine wichtige Rolle spielen sind Zeitpunkt, Relevanz, Preis und Nutzen.
Zeitpunkt – Dein Produkt ist zu spät oder aber auch zu früh auf dem Markt
Relevanz – Dein Produkt ist für deine Zielgruppe nicht wichtig genug
Preis – Dein Produkt ist für deine Zielgruppe zu teuer
Nutzen – Dein Produkt weist bei der Zielgruppe keinen waren Nutzen auf
„Wir haben niemandes Problem gelöst. […] Wir haben den großen Fehler gemacht, den Leuten unsere Idee zu präsentieren und sie zu fragen, ob sie bei uns kaufen würden. Und wenn sie ja sagten, dachten wir, sie meinten ‚Launcht eure Plattform und ich bestelle bei euch.‘ In Wahrheit meinten sie: ‚Ich schließe nicht grundsätzlich aus, dass ich eines Tages […] möglicherweise in die Versuchung kommen werde, ein Testprodukt bei euch zu bestellen“, so Michael Bohanes von Dinnr.
Natürlich können wir die Idee umsetzen!
Zu Beginn einer jeden Idee sollte man sich also zunächst vier Fragen stellen und sie auch ehrlich beantworten und testen.
1. Verstehen die Kunden überhaupt das Problem, das ich lösen möchte? Oder anders: Existiert das Problem überhaupt?
2. Bezahlen Kunden für eine mögliche Lösung des Problems?
3. Bezahlen die Kunden MICH für die Lösung des Problems? Kann ich genug Vertrauen aufbauen?
4. Kann ich das Problem lösen und meine Idee umsetzen?
Und hier beginnt tatsächlich schon das erste Problem. Viele Gründer weichen den ersten drei Fragen aus oder sind einfach nicht ehrlich zu sich selbst, schließlich verliebt man sich in seine Idee schnell und übersieht gerne mal die Ecken und Kanten, die es eigentlich noch zu schleifen gebe. Aber die Idee ist ja auch so verdammt gut! Und lösen können wir das sowieso, das ist gar nicht die Frage!
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Also beginnt man ein Konzept zu entwerfen, zu entwickeln, zu bauen. Aus Wochen werden Monate und teilweise sogar Jahre. Schließlich und endlich hat sich die Idee langsam geformt, wurde markttauglich gemacht und darf jetzt auf die Welt losgelassen werden. Korken knallen, der wachhaltende Kaffee wird endlich durch Bier ersetzt, die Freude ist groß. Der metaphorische Sturz dann umso größer. Ein Kunde, zwei Kunden, der dritte springt ab, der vierte kommt gar nicht erst. Was ist passiert?
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Der Lernprozess zum eigenen Produkt tritt viel zu spät ein. Erst wenn das Produkt am Markt ist, beginnt man es selbst erst zu begreifen, denn jetzt greifen endlich alle Zahnräder ineinander. Und man begreift, dass man nichts begreift. Im Kopf ist alles so logisch, so klar, so einfach. Doch die Kunden bleiben aus, möchten das Produkt nicht oder verstehen es vielleicht auch einfach gar nicht..?
Je nachdem, wie das StartUp aufgestellt ist, kann man jetzt noch umschwenken, analysieren und verwerfen, was nicht funktioniert, es gegebenenfalls anpassen, dem Kunden erklären, den Pivot herbeiführen. Für viele StartUps tritt hier aber schon der klinische Tod ein. Die Verblüffung über das große Scheitern wird nur noch von der noch größeren Enttäuschung überdeckt. Aber die Idee war ja auch so verdammt gut!
Vertraut dem Trial und sehnt den Error herbei
Vielleicht ist die Idee gut, möglicherweise sogar genial, aber was der Kunde nicht versteht, wird er auch nicht kaufen. Wieso sollte er auch?
Aber wie kann man das umgehen? Wie soll ich denn auch vorher bitte wissen, ob die Idee angenommen wird, wenn das Produkt noch gar nicht auf dem Markt ist?
Wie ich schon angedeutet habe, ist der Lernprozess das entscheidende Kriterium, dem man den Großteil seiner Aufmerksamkeit widmen sollte. Von der Idee zum Lernen, und das so schnell wie möglich. Baut also Prototypen – einfache Fassaden, dazu müsst ihr nicht mal programmieren – testet sie an eurer Zielgruppe, analysiert die Ergebnisse, lernt daraus, verbessert den Prototypen, verbessert eure Idee, testet es wieder, lernt, baut, testet, lernt! Testet schnell und effizient. Und wenn es sein muss, verwerft eure Idee wieder. Vielleicht ist sie doch nicht gut genug, löst kein signifikantes Problem oder wird nicht verstanden. Ihr seid jetzt im Prozess des Trial and Error. Vertraut dem Trial und sehnt den Error herbei, denn nur der bringt euch am Ende tatsächlich weiter. Provoziert ganz Bewusst die Fehler herbei!
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Dabei müsst ihr euren Prototypen nicht an hunderten oder gar tausenden von Menschen testen. Tatsächlich reichen schon fünf Personen aus, um 85% (!) der Fehler in eurem Produkt zu entdecken. Befragt ihr mehr, steigt der Aufwand immens, der Output bleibt aber sehr gering. Anstatt die restlichen 15% zu finden, ist es also tatsächlich effizienter lieber die 85% zu verbessern, um dann wieder zu testen. Bauen, testen, verbessern, lernen. Großen Dank an Jake Knapp für diese große Offenbarung!
Absolut jede Idee lässt sich in wenigen Tagen testen
„Aber ich habe doch gar kein Produkt zum anfassen, sondern eine Dienstleistung! Wie soll ich das denn bitte testen?“ Diesen Satz höre ich häufig, wenn ich anderen vom Leanansatz (Eric Ries) erzähle. Merkwürdigerweise aber auch das: „Meine Idee ist doch ein Produkt, das die Leute anfassen müssen. Wie soll ich das denn bitte testen?“
Eines muss gesagt werden, absolut jede Idee lässt sich in wenigen Tagen testen. Dazu muss man sich nur loslösen von festen Gedankengängen, Blockaden seiner Erfahrungen. Wenn man euch auffordern würde in zwei Minuten einen Papierflieger zu basteln, der wenigsten drei Meter fliegen soll, baut ihr seufzend einen Flieger, wie ihr ihn aus der Schulzeit kennt oder kämt ihr auf die Idee das Blatt einfach nur zu einem Ball zu knüllen? Seht ihr das Problem des Bastelens oder das Ziel der drei Meter? Schafft euer Flieger die drei Meter? Martin Gaedt stellt diese Aufgabe häufig seinen Seminarteilnehmern, was zu einiger Belustigung führt. Aber ihr könnt euch sicherlich denken, wie viele Personen den altbekannten Flieger basteln und sich durch ihre eigenen Erfahrungen blockieren?
Denkt immer daran, dass ihr kein vollkommen realistisches Produkt benötigt, sondern eine Fassade, die nur den Anschein weckt. Wenn euer Produkt eine Software auf einem Bildschirm ist, dann nutzt einfache Tools wie Keynote, Powerpoint, InVision oder Marvel! Ist es ein Service? Dann werdet zu Schauspielern! Ihr benötigt dafür eine spezielle Location? Dann nutzt einen vorhandenen Ort und modifiziert ihn an eure Bedürfnisse! Ist es ein physikalisches Produkt? Dann verwendet existierende Objekte, schraubt sie neu zusammen, benutzt einen 3D-Drucker oder betreibt zunächst nur das Marketing zu dem Produkt!
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Egal was ihr unternehmt, alles wird euch näher zu eurem Produkt führen und das Wichtigste, euch in den Lernprozess schleusen. Ihr beginnt euer eigenes Produkt endlich zu verstehen. Die Devise heißt also ‚Einfach Machen!‘ bauen - testen - lernen - bauen - testen - lernen
Geht es noch einfacher?
Mit einem leisen Klick ging die Webseite von MyMüsli am 30. April 2007 online. Zu dieser Zeit konnte noch niemand erahnen, welche Erfolgsgeschichte hier gerade geboren wurde. Die Idee zum selbstgemixten Müsli kam Hubertus Bessau, Philipp Kraiss und Max Wittrock an einem heißen Sommertag im Jahr 2005. Fast zwei Jahre lagen also zwischen der Idee und dem Start. Zwei Jahre der Entwicklung. Zwei Jahre des nicht Wissens. Verpackungen mussten gestaltet, Vertriebswege und Lieferanten gefunden werden. Die Webseite nicht zu vergessen. Und das alles neben dem Studium! Zwei Jahre tappten die Jungs im Dunkeln, ohne zu wissen, ob sie jemals überhaupt nur ein Müsli verkaufen könnten. Der Erfolg gab ihnen Recht und dafür meinen größten Respekt. Aber ginge das nicht einfacher?
Hätten sie nicht zunächst einzelne Zutaten für ihr Müsli im Supermarkt kaufen können, anstatt große Mengen direkt beim Lieferanten zu ordern? Statt einer Webseite mit einem komplizierten, digitalen Müslimixer, einfache Textfelder zum anklicken oder gar telefonische Bestellungen? Vermutlich ginge es sogar noch einfacher. Und nein, bitte keine Umfragen. Die Jungs hatten hunderte von Leuten befragt, ob sie Müsli online bestellen würden. Nur einer gab an, er würde bestellen, wenn es günstiger als im Laden wär. Doch zum Glück haben sie nicht darauf gehört!
Der Onlineshop Zappos, der 2009 an Amazon für 1,3 Milliarden Dollar verkauft wurde, startete nicht mit einem fertigen Shopsystem, einem gigantischen Lager und perfektionierten Vertriebswegen. Tatsächlich besaß der Gründer Nick Swinmurn beim Start 1999 keinen einzigen Schuh. Alles was er hatte, war eine Webseite mit Bildern von Schuhen, die er bei einem stationären Händler geschossen hatte. Bei jeder einzelnen Bestellung ging er dann zum Händler, kaufte das Paar Schuhe, verpackte und schickte sie dem Kunden zu. Er wollte testen, ob es überhaupt einen Markt für Schuhe im Onlineverkauf gibt. Würden Menschen Schuhe kaufen, ohne sie jemals gesehen, geschweige denn getragen zu haben? Niemand glaubte ihm.
Und doch erwirtschaftet Zappos heute – unter Tony Hsiehs Führung – Jahr für Jahr Milliardenumsätze. Der Aufwand für den Start? Nahezu nicht vorhanden. Aber am Ende wusste er, dass es funktionieren kann.
Fehler werden immer kommen, lernt daraus
Ich schreibe diese Worte nicht aus Spaß, sondern möchte zeigen, dass es absolut okay ist zu scheitern, so lange man daraus lernt. Ich selbst mache täglich unzählige Fehler, und das ist auch gut so. Man versucht Neues, man dringt in Territorien vor, in denen vorher niemand war. Es existiert also keine Landkarte des Ortes. Wie die Menschen, die sich damals nach Nordamerika gewagt haben, wissen wir nicht, was auf uns zukommt. Schritt für Schritt tasten wir uns heran und zeichnen unseren Weg auf. Manchmal kommen scheinbar unüberwindbare Schluchten. Dann hat man die Entscheidung – Sucht man einen Weg außen rum oder baut man eine Brücke für die Nachwelt, um anderen Menschen zu helfen schneller vorwärts zu kommen?
Auch wir mit Raumbild haben unzählige Fehler gemacht, allen voran zu den Themen, die ich hier angeschnitten habe. Unsere Brückenbauer waren Emanuel Steger (visible bytes) und Maximilian Möhring (keyp), durch die wir das Prinzip des Lean StartUps kennengelernt haben. Ich kann euch gar nicht genug dafür danken!
Die Geschichte zu Raumbild werde ich auch sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt noch ausführlicher berichten.
Heute möchte ich allen dazu raten, nun ihre Ideen zu hinterfragen. Habt ihr mit eurer Idee wirklich so klein wie möglich angefangen? Ganz sicher? Fragt euch das am besten nochmal, denn ich werde das mit meinem nächsten StartUp Lovely You und Designstudio Litvinsky immer wieder tun.
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