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Bridging Roads
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Adventures Cultures and Stories
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bridgingroads · 3 months ago
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Der lange Weg zur richtigen Maschine – Wie ich mir mein Motorrad erfuhr
Kapitel 1 – Geklemmt und entfacht: Als alles begann
Jede Geschichte beginnt anders. Meine beginnt so: Ich war vielleicht sieben, höchstens acht Jahre alt. So ein Alter, in dem man noch denkt, man sei unsichtbar – und unbesiegbar. Die Welt war mein Abenteuerspielplatz, egal ob auf dem Spielplatz, dem Park oder auf der Straße, und alles, was Räder hatte, war irgendwie magisch. Fahrräder? Klar. Tretroller? Ganz okay. Aber Motorräder? Das war eine ganz andere Liga. Für mich unerreichbar. Die waren laut, schwer, schnell – und rochen nach Freiheit und Öl.

Eines Tages stand es da. Glänzend. Groß. Massiv. Das Motorrad unseres Nachbarn. Keine Ahnung, was für ein Modell es war – für mich war es ein Feuerross, eine Dampfmaschine, ein verdammtes Raumschiff auf zwei Rädern. Und es stand einfach so da. Im Hausflur in Berlin Schöneberg. Unbewacht. Herausfordernd.

Also tat ich, was ein Junge mit überbordender Fantasie eben tut: Ich kletterte drauf. Mit der Anmut eines kleinen Gorillas, versteht sich. Und dann – ich weiß bis heute nicht, wie genau – ich saß auf ihr, fühlte den Sitz, die Griffe, sah in die Spiegel und tat so, als würde ich das Monster fahren, wie man es halt in so einem Alter machen würde – kippte das Ding zur Seite. Langsam, unaufhaltsam, wie in Zeitlupe. Und ehe ich reagieren konnte, lag es auf meinem Bein. Kein dramatischer Schmerz, kein Geschrei – nur ein kurzer Schreck und dieses dumpfe Gefühl: Okay… das war jetzt wohl… nicht ganz so clever. Ganz und gar nicht clever, um genau zu sein. Denn meine Mutter und mein Vater würden mir die Leviten lesen, aber ganz sicher. 

Zum Glück passierte etwas ganz anderes. Meine Brüder kamen mit dem Nachbarn raus, hoben das Bike hoch und fragten, ob alles okay sei. Keine Standpauke, kein Ärger. Ich nickte stumm, mit großen Augen. Und obwohl mein Bein unter dem Gewicht des Motorrads gelegen hatte, obwohl mein Herz bis zum Hals schlug – es war nicht Angst, die ich empfand. Es war Ehrfurcht. Respekt. Und etwas, das ich damals noch nicht benennen konnte. Etwas hatte sich damals festgesetzt.

Dieses Etwas nistete sich ein. Ganz leise. Ich dachte nicht ständig daran. Aber jedes Mal, wenn ich später ein Motorrad sah, zuckte es in mir. So, wie andere Kinder Cowboys oder Feuerwehrmänner sein wollten, wusste ich: Irgendwann sitze ich wirklich auf so einem Ding. Und dann kippt nichts mehr. Ich werde einen Motorradführerschein machen und die Welt bereisen. Das war der Gedanke eines kleinen, naiven Jungen. 

Die Jahre vergingen. Ich fuhr Fahrrad, träumte, zeichnete, beobachtete die Großen mit ihren Maschinen, wenn sie vorbeibrausten. Ich roch den Auspuffqualm und sog ihn ein wie andere Kinder Kakaoduft. Und auch wenn ich noch lange keinen Führerschein hatte – ich wusste: Das hier war nur der Anfang.

Denn manchmal beginnt eine große Liebe nicht mit einem Kuss – sondern mit einem eingeklemmten Bein und einem Funken, der nie wieder erlischt. Jedenfalls bei mir.
Kapitel 2 – Jugendträume auf zwei Rädern: Virago & Visionen
Ich war sechzehn oder siebzehn. In dem Alter, wo sich der ganze Körper umstellt, die Gedanken mehr um Mädchen kreisen und man sich danach sehnt, endlich selbständig zu sein, auf eigenen Beinen zu stehen und mit einem Motorrad loszufahren – auch wenn man eigentlich noch gar nicht weiß, wohin. Vor allem womit, denn ich war von einem Motorrad so weit entfernt wie ein Palmenstrand vom Mars. Der Kopf voller Ideen, das Herz im ständigen Wechsel zwischen Unsicherheit und Größenwahn. Und eines Tages ging ich spazieren, genau da stand sie im Schaufenster: Die Yamaha XV 535 Virago. Chrom, tiefes Sitzpolster, dieser lange, flache Tank, das V-Twin-Herz wie ein offenes Versprechen. Ich sah sie auch auf der Straße, irgendjemand fuhr sie, und mir war klar: Das ist kein Motorrad – das ist ein Lebensgefühl auf zwei Rädern.

Ich war verliebt. Hals über Kopf. Nicht in ein Mädchen, sondern in diese Maschine. Und mit ihr kam der große Traum: Eine Reise, wie sie wilder nicht sein konnte. Ich sah mich – zusammen mit meinen beiden älteren Brüdern – aufbrechen von Berlin Richtung Süden. Richtig Süden. Nicht nur Alpenpässe und Gardasee. Nein. Westafrika, Südafrika, dann zurück über Ostafrika, den Nahen Osten bis nach China.

Wir sprachen viel darüber. Na ja, eigentlich redete nur ich, und meine Brüder hörten zu. Denn das war meine Idee, mein Wunsch, meine Freude. Nicht ihre Idee, nicht ihr Wunsch. Bei türkischem Tee, Gebäck, auf der Couch, mit Karten auf dem Tisch, konnte ich von nichts anderem reden, als von meinem Traum. Als wäre es schon fast entschieden. Und auch wenn wir sie nie gefahren sind, diese verrückte Route durch Wüste, Dschungel und Geschichte – sie war der Geburtsort eines Gefühls: Motorradfahren als etwas Größeres. Als ein Werkzeug für Freiheit. Für Brüderlichkeit. Für Träume. Für Träumer. 

Natürlich kam es nie dazu. Die Realität tat, was sie oft tut: Sie holte uns ein. Verpflichtungen, Schule, Ausbildung, Studium, Beruf, Beziehungen – alles hatte plötzlich Vorrang. Aber die Idee, dieser Wunsch, auf einem Motorrad zu reisen und die Welt zu erkunden, blieb ganz tief in meinem Herzen und in meinen Gedanken. Und sie hinterließ Spuren.

Ich glaube, die Vorstellung dieser Reise war für mich nie nur eine Route. Es war ein innerer Kompass. Sie hat meinen Blick geschärft für das, was Motorradfahren für mich bedeutet: Nicht Tempo. Nicht Technik. Sondern das Gefühl, mit der Welt im Gespräch zu sein. Der Fahrtwind als Gesprächspartner, die Straße als Sprache. 

Und so war die Virago – so kitschig das klingen mag – mein erstes echtes Begehren. Mein erstes “Das will ich. Genau das.” Auch wenn ich sie nie gefahren bin.

Manchmal prägen uns nicht die Maschinen, die wir besitzen – sondern die, die wir nie hatten. Und all diese Gedanken, diese Träume, diese Sehnsucht hatte ich, obwohl ich noch nicht einmal einen Führerschein hatte.
Kapitel 3 – Der Führerschein, die Trophy und die Suche nach dem Richtigen
1996. Ich war 24. Frisch verheiratet, das Leben gerade neu aufgestellt. Alles war im Wandel, und genau in dieser Phase tat ich endlich, was schon so lange in mir gebrannt hatte: Ich machte den Motorradführerschein.

Ich erinnere mich noch genau an die Fahrschulmaschine. Sie war, wie viele dieser Bikes – funktional, unspektakulär, neutral. Kein Feuerwerk, aber es reichte. Denn das echte Kribbeln kam sowieso erst später: beim Gedanken an das erste eigene Motorrad.

Und irgendwann war sie da: Eine Triumph Trophy 900. Ich weiß bis heute nicht, wie ich dazu kam, genau dieses Motorrad zu kaufen. In der Rückschau muss ich sagen – ja, vielleicht nicht gerade die schlauste Wahl für einen Neuling. Groß, schwer, kräftig. Sie war ein Tourendampfer, gebaut für weite Strecken und souveräne Fahrer. Ich war keiner davon. Noch nicht. Aber weißt du was? Es war mir egal. Ich wollte endlich los. Und ich wollte nicht klein anfangen.

Die ersten Fahrten waren… nennen wir’s mal interessant. Ich rang mehr mit dem Gewicht der Maschine als mit der Straße. Jeder Kreisverkehr war eine kleine Mutprobe. Die Maschine aufbocken und evtl. rückwärts einparken? Schweißperlen. Aber trotzdem – ich fuhr dieses Ding. Und ich fühlte: Jetzt gehörte ich dazu.

Doch die Ernüchterung kam schnell. Die Trophy war gut – aber sie war nicht ich. Da war keine Verbindung, kein Dialog zwischen uns. Ich saß auf ihr, aber nicht mit ihr. Also trennte ich mich wieder. Nicht im Streit, aber mit dem Gefühl: „Das war’s noch nicht.“

Und so begann eine Phase der Suchbewegung. BMW. Yamaha. Honda. Ich probierte einiges. Mal sportlicher, mal gemütlicher. Mal mit mehr, mal mit weniger PS. Jedes Motorrad war wie ein Kleidungsstück, das du im Laden anziehst: Es sieht gut aus, es passt irgendwie – aber du merkst, das bin nicht ich. Die einzige Maschine, die mein Herz damals erobert hatte, war eine Honda CB 750 Four. Mit diesem Motorrad habe ich viele Kilometer abgestottert, viele Länder in Europa bereist, und sie blieb mir bis heute als „mein bestes Bike“ in Erinnerung. Sie hatte etwas, was die anderen nicht hatten - Charisma und Charakter. 

Ich machte viele Touren. Ich lernte tolle Leute kennen. Ich sammelte Erinnerungen und Erfahrungen. Aber in all diesen Jahren blieb eines konstant: Ich war noch auf dem Weg.

Rückblickend glaube ich, dass meine Motorräder in dieser Phase oft das widerspiegelten, was ich selbst war: Suchend. Neugierig. Noch nicht angekommen. Manchmal war das genau richtig. Manchmal war es anstrengend. Aber hey – so ist das eben mit der Selbstfindung. Man muss ein paar Runden drehen. 

Und während ich mich im Leben einrichtete – mit Arbeit, Familie, Alltag – wurde es leiser um meine Motorräder. Nicht weg. Nur… leiser. Doch ganz tief drin, unter all den Schichten des Erwachsenseins, brannte noch immer das Feuer.

Und wie das mit dem Feuer so ist: Manchmal braucht es nur einen kleinen Funken, um es wieder zu entfachen.
Kapitel 4 – Der Funke flackert: Von der Pause zur Wiedergeburt
Irgendwann wurde es stiller. Nicht von einem Tag auf den anderen, eher schleichend. Die Touren wurden weniger, das Leben forderte seinen Raum. Arbeit, Verantwortung, Familie – der ganz normale Rhythmus eines Erwachsenenlebens, das sich zwar gut und richtig anfühlt, aber manchmal eben auch… eng.

Mein Motorrad stand noch da. Meine schöne Honda. Es war da – wie ein alter Freund, mit dem man länger keinen Kontakt hatte, aber immer wusste: Wenn wir uns wiedersehen, wird’s vertraut. Nur, dass ich ihn eben lange nicht mehr angerufen habe.

Jahre gingen ins Land. Und das Feuer? Es brannte noch. Aber es war tief vergraben – unter Alltagsstaub, Kompromissen, Terminen, To-do-Listen. Und dann kam das Jahr 2021.

Mitten in der Pandemie, in einer Zeit, in der das Außen so laut war wie nie, spürte ich plötzlich: Ich brauche wieder Weite. Ich brauche wieder Fahrtwind. Ich brauche dieses Gefühl von mir selbst. Es war, als hätte mein innerer Kompass plötzlich wieder ein klares Signal empfangen.

Und so begann ich wieder. Erst zögerlich, dann mit wachsender Leidenschaft. Motorräder kamen. Motorräder gingen. Eine Honda Africa Twin RD07 – ein Klassiker, ein Statement. Ich liebte ihre Geschichte, ihren Ruf, aber sie war zu schwer, zu durstig und nicht meine. Dann eine Transalp 600 PD06 – ehrlich, unkompliziert, bodenständig. Super gepflegt, toll ausgestattet, aber ich bin sie nach dem Kauf nicht einen einzigen Meter gefahren und habe sie verkauft. Dann eine KTM 390 Adventure – verspielt, leichtfüßig, modern. Dazwischen eine Tenere 700 – kraftvoll, vielversprechend, aber vielleicht… zu viel? Und wieder zurück zur 390. Ein bisschen wie ein Tanz mit der Vergangenheit und der Gegenwart – mal näher dran, mal wieder ein Schritt zurück.

Aber dennoch – ich fuhr wieder. Ich fühlte wieder. Und mit jedem Kilometer wurde etwas klarer: Ich bin nicht mehr der 24-Jährige von damals. Ich suche keine Anerkennung, kein „größer, schneller, weiter“. Ich suche das, was sich stimmig anfühlt.

Das war keine Midlife-Crisis. Kein Versuch, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Es war eher ein Aufwachen. Ein Wiedererkennen. Ein: „Ach, da bist du ja wieder.“

Ich war wieder der, der ich als Junge war – als ich das Motorrad meines Nachbarn umkippte und trotzdem wusste: Irgendwann fahre ich los. Nur diesmal mit mehr Ruhe. Mehr Klarheit. Und der Bereitschaft, nicht nur ein Motorrad zu suchen – sondern meins.
Kapitel 5 – Ankommen: Die Caballero und ich
Sie kam nicht mit Pauken und Trompeten. Keine Engel sangen vom Himmel, kein Blitz schlug ein. Sie stand einfach da – und ich wusste: Das ist sie. Es war eher ein Zufall, dass ich auf die Marke Fantic gestoßen bin. Eigentlich wollte ich eine Probefahrt mit einer BMW 1200 GS machen, als der Verkäufer mit seiner Caballero 700 aus der Garage kam. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich nur noch Augen für dieses rote Ross hatte. Bildschön, italienisch, mit einem sanften Brummen. Bereits am nächsten Tag fuhr ich zu einem Händler in Wannsee, der sie hatte, um eine Probefahrt zu machen. Was für eine Augenweide. Alles an ihr war schön. Mein Grinsen wurde immer breiter. Aber hey, aus den Augenwinkeln sah ich noch etwas anderes. Eine grüne 500er mit einem Zylinder. Nicht beachten. Weitermachen., Schließlich war ich doch für die 700er da. Nach der Probefahrt stand fest - ich kaufe sie. Genau das tat ich auch. Stolz wie Bolle, mit erhobener Brust, fuhr ich meine Caballero 700. Ich passte sie ein wenig für mich an, erfreute mich an ihr, fuhr sogar mit meinem Freund Christian an die Ostsee, aber im Hinterkopf war das noch - die 500er Rally. Ich muss sie zur Probe fahren, wenn ich zurück bin.

Fantic Caballero 500 Rally. Ein Name, der klingt wie eine Mischung aus Italo-Western und wilder Romanze. Und genau das ist sie auch. Kein Showbike, kein Plastikbomber, kein schwerer Dampfer mit Assistenzsystemen, die einen besser kennen als man selbst. Nein – sie ist ehrlich. Rau. Direkt. Und in ihrer Art fast ein bisschen eigensinnig. Wie ich. Nach der Probefahrt stand fest – das ist meine Maschine, mein Bike, das, nach dem ich gesucht hatte. 

Ich bin kein Typ, der laut auftritt. Ich kann still sein. Beobachtend. Abwartend. Aber ich kann auch aufdrehen. Wenn’s passt. Wenn der Moment stimmt. Ich mag tiefe Gespräche, echtes Lachen, stille Momente – aber auch klare Worte, geradeaus. Und so fährt sie sich auch, meine Caballero. Sie will geführt werden. Nicht dominiert. Sie will gehört werden, nicht gedrückt. Sie fährt nicht für den Applaus – sondern für das, was man zwischen zwei Kurven spürt.

Ich bin kein Freund von Bling-Bling. Ich mag das Klare, das Authentische. Lederjacke, Stiefel, ein guter Helm – fertig. Keine modischen Accessoires. Kein Lifestyle drumherum. Ich will das Echte. Wenn ich unterwegs bin, bin ich nicht auf der Flucht. Ich bin auf der Suche nach Ruhe. Nach Begegnung. Mit Menschen. Mit Landschaft. Mit mir selbst.

Und genau da ist meine Caballero 500 Rally der perfekte Begleiter. Sie hat keine 150 PS. Kein Leuchten in den Augen der Technikfraktion. Aber: Sie hat Charakter. Sie hat Charme. Und mehr als das: Sie hat Seele. Sie ist die erste Maschine, bei der ich sagen kann: Die passt zu mir. Nicht weil sie mich beeindruckt – sondern weil sie mich versteht.

Ich musste viele Motorräder fahren, um sie zu finden. Musste vieles ausprobieren, mich oft irren. Aber jeder dieser Irrwege war ein Teil meiner Reise. Jeder Fehlkauf, jedes Zögern, jedes "Hm, passt irgendwie nicht..." – das alles hat mich zu ihr geführt. Und vor allem: zu mir. Aber, und das muss ich auch dazu sagen, die Fantic wird noch eine Ergänzung bekommen. 

Ich bin niemand, der sich mit der Masse treiben lässt. Ich mag Tiefe statt Tempo. Ich denke viel – manchmal zu viel. Ich analysiere, beobachte, spüre genau hin. Ich brauche nicht viel – aber das, was ich habe, soll stimmen. Hier und da habe ich Anpassungen vorgenommen, wie einen höheren Sitz, Sturzbügel, einen Gepäckträger und diverse Kleinigkeiten. 

Und jetzt, mit der Fantic unter mir, habe ich das Gefühl: Jetzt passt es.

Nicht, weil ich angekommen bin – sondern weil ich auf einem Weg bin, der sich richtig anfühlt.
Nachsatz – Auf zwei Rädern zu den Menschen
Voraussichtlich werde ich wohl nie aufhören zu fahren. Und ich werde wohl auch nie aufhören zu schreiben. Denn beides gehört zu mir wie mein Blick durch die Kamera – suchend, neugierig, offen für das, was das Leben zeigt, wenn man wirklich hinsieht.

Ich bin Fotograf, ja – aber nicht nur, um schöne Bilder zu machen. Ich möchte mit meinen Fotos Geschichten erzählen. Begegnungen sichtbar machen. Emotionen wecken. Und genauso ist es mit meinen Worten. Ich schreibe nicht, um zu gefallen. Ich schreibe, um zu erreichen. Menschen, die vielleicht gerade zweifeln. Die sich verloren fühlen. Oder einfach nur spüren wollen, dass da draußen noch jemand ist, der fühlt wie sie. Ich möchte ihnen Mut machen, Hoffnung. Freude schenken – auch wenn es "nur" meine Reisen, meine Worte, meine Fotos sind. Denn manchmal ist genau das genug.

Ich glaube an das Menschliche im Menschen. Daran, dass wir uns begegnen können, wenn wir bereit sind, hinzusehen.
Nicht nur zuzusehen, sondern wirklich zu sehen.
Nicht nur zuzuhören, sondern zu hören.
Nicht nur zufrieden zu sein, sondern wirklich zu Frieden zu finden.

Wir Menschen sind nichts Fertiges. Wir sind etwas Werdendes.
Und genau deshalb fahre ich Motorrad.
Weil ich damit nicht nur Wege befahre, sondern Gedankenräume.
Weil ich langsamer bin als die Welt – und dadurch näher. Näher an den Menschen, an ihren Geschichten, ihren Blicken, ihren Unsicherheiten und ihrer Schönheit. Mit jeder Kurve, mit jedem Zwischenstopp, mit jedem Gespräch am Straßenrand.

Mein Motorrad ist mein Türöffner zur Welt. Und mein Schreiben – ist mein Versuch, diese Welt mit euch zu teilen.
In diesem Sinne.
Herzlichst
Barış
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bridgingroads · 3 months ago
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„Dein Bike. Dein Charakter. Warum PS allein nicht glücklich machen.“
Es gibt viele Wege, die uns zum Motorradfahren führen. Manche beginnen aus Abenteuerlust, andere aus der Sehnsucht nach Freiheit, wieder andere aus der Suche nach Zugehörigkeit. Doch egal, wie du zu deinem Bike gekommen bist – irgendwann stellt sich die Frage: Warum eigentlich genau dieses Motorrad?
Vielleicht hast du dich von der Kraft, der Geschwindigkeit oder dem Glanz locken lassen. Vielleicht hast du nach etwas gesucht, das dich mehr spüren lässt. Etwas, das dich herausfordert. Und vielleicht, ganz heimlich, hast du gehofft, dass das richtige Motorrad auch das „richtige“ Gefühl zu dir bringt.
Doch irgendwann kommt der Moment, an dem du beginnst, zu hinterfragen: Passt dieses Bike wirklich zu mir? Oder habe ich mich einfach von außen blenden lassen?
In diesem Artikel lade ich dich ein, genau diese Fragen zu stellen. Denn Motorradfahren ist mehr als nur ein Sport, eine Freizeitbeschäftigung oder ein Hobby. Es ist eine Ausdrucksform. Ein Spiegel deiner Seele, deiner Sehnsüchte und deiner Abenteuer. Und die Wahl des richtigen Bikes – die ist genauso individuell wie du es bist.
Schau dir deine Maschine genau an. Und frag dich: Was will ich wirklich fühlen, wenn ich in den Sattel steige?
Die Antwort darauf ist der Beginn deiner ganz eigenen Reise. Eine Reise, die du selbst schreibst. Mit jedem Kilometer, den du fährst.
„Dein Bike. Dein Charakter. Warum PS allein nicht glücklich machen.“
Kapitel 1: Der Charakter auf zwei Rädern – Wer bist du, wenn der Helm runterkommt?
Kapitel 2: Der Mensch und die Maschine – Wenn Stil auf Persönlichkeit trifft
Kapitel 3: Erinnerungen, die bleiben – Vom Gardasee und dem Geruch nach Freiheit
Kapitel 4: Die Eisdielen-Frage – Was willst du wirklich mit deinem Motorrad erleben?
Kapitel 5: Die Kunst des passenden Motorrads – Finde dein Bike, nicht das der anderen
Abschluss: Dein Weg, dein Rhythmus, dein Motorrad
Kapitel 1: Der Charakter auf zwei Rädern – Wer bist du, wenn der Helm runterkommt?
Es gibt diesen Moment. Du sitzt auf deinem Motorrad, hast die ersten Kilometer hinter dir gelassen, die Stadt ist schon weit weg im Rückspiegel, und plötzlich wird es ruhig. Nicht still – der Motor brummt noch, der Wind rauscht am Helm vorbei – aber innerlich ist Ruhe. So eine, wie sie einem nur begegnet, wenn man allein unterwegs ist. Wenn die Welt sich nicht mehr um To-do-Listen, Termine oder Social-Media-Posts dreht, sondern um dich, die Straße, das Bike – und vielleicht noch den nächsten Horizont.
Und genau da beginnt die eigentliche Frage:
Wer bist du wirklich, wenn du fährst?
Nicht der Typ im schicken Lederkombi. Nicht die Frau mit dem perfekt abgestimmten Outfit. Sondern du – ganz ohne Maske. Wenn der Helm runterkommt. Wenn der Blick wieder klar wird. Was treibt dich an? Was suchst du auf zwei Rädern?
Motorradfahren war nie nur Fortbewegung. Es war immer auch eine Form von Ausdruck. Ein Statement. Manche rebellieren gegen den Alltag, andere suchen genau dort ihre Freiheit, wo sie niemandem mehr etwas beweisen müssen. Für die einen ist es Adrenalin, für die anderen Meditation. Der Charakter zeigt sich nicht erst beim Bike – er zeigt sich auf dem Bike.
Ich habe Menschen getroffen, die auf Motorrädern unterwegs waren, die sie scheinbar aus einem Katalog ausgesucht hatten, der ihnen vorgab, wer sie sein sollten. Maschinen mit mehr Technik als ein Spaceshuttle, lackiert wie aus einem Actionfilm, schwer, laut, dominant. Und dann der Fahrer: leise, zurückhaltend, fast verloren auf dem Bike. Irgendetwas hat da nicht gepasst. Als hätte jemand versucht, eine Rüstung zu tragen, die nicht seine war.
Natürlich– jeder darf fahren, was er will. Und ja, manchmal will man einfach auch mal was ausprobieren, was Neues, was Krasses. Aber oft frage ich mich: Wie viel von dem, was wir da fahren, ist wirklich wir? Und wie viel ist bloß Fassade?
Vielleicht ist es an der Zeit, sich diese Frage mal ehrlich zu stellen.
Passt mein Bike zu mir?
Nicht im Sinne von Sitzhöhe oder PS – sondern im tiefsten Innern. Passt es zu meinem Wesen? Zu dem, wie ich fahre, wie ich lebe, wie ich denke?
Ich zum Beispiel bin eher der Ruhige. Ok, zugegeben, mein Freund Christian, mit dem ich viele tausend Kilometer gefahren bin, würde mir da wiedersprechen, aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel. Ich höre gern zu, beobachte. Ich bin niemand, der mit 200 über die Bahn ballert, nur weil man es kann. Mein Tempo ist anders. Mein Rhythmus ist der der kleinen Landstraßen, der engen Kurven, der Momente, in denen man einfach mal anhält, weil die Aussicht zu schön ist, um weiterzufahren. Und genau deswegen fahre ich auch keine Rennmaschine. Ich brauche kein Biest unter mir – ich brauche einen Begleiter. Einen Gefährten, der mit mir durch dick und dünn geht. Einen, der mich nicht übertönt, sondern mit mir klingt.
Ein Motorrad, das deinem Charakter entspricht, fühlt sich anders an. Es ist kein Werkzeug. Keine Trophäe. Kein Muskelspiel.
Es ist ein Teil von dir.
Es antwortet dir – im Klang, im Verhalten, im Gefühl, das es dir gibt. Es braucht nicht viel Bling-Bling, kein Carbon, keine 150 PS. Es braucht nur eins: Ehrlichkeit. Und die beginnt bei dir selbst.
Deshalb: Wenn du das nächste Mal fährst – oder sogar gerade dabei bist, dir ein neues Bike zuzulegen – dann hör mal in dich rein. Was brauchst du wirklich? Was wünschst du dir vom Fahren? Welches Motorrad erzählt deine Geschichte, nicht die von irgendwem sonst?
Denn am Ende, wenn der Helm runterkommt, zählt nicht, was auf dem Tank steht.
Sondern, wer drauf sitzt.
Kapitel 2: Der Mensch und die Maschine – Wenn Stil auf Persönlichkeit trifft
Manchmal sitzt du irgendwo – auf dem Bordstein vor der Tanke, mit einem lauwarmen Kaffee in der Hand – und beobachtest, wie sie vorbeifahren. Die Fahrerinnen und Fahrer. Die Maschinen. Und du denkst dir: Irgendwas stimmt da nicht.
Da ist der drahtige Endfünfziger, gedrungene Haltung, Hemd unterm Lederkombi, und darunter brodelt ein Supersportler mit 180 Pferden – eine Waffe auf zwei Rädern. Es ist, als hätte sich ein Zahnarzt in einen Jetfighter gesetzt. Oder der Mittfünfziger mit der riesigen Adventure-BMW, vollausgestattet, Sturzbügel wie ein Käfig, Navi, Koffer, Nebelscheinwerfer – aber die Reifen? Makellos. Kein Staub, keine Geschichte. Ein Motorrad, das nach Weltreise schreit, aber nur den Weg zur Eisdiele kennt.
Es gibt kein Gesetz, das sagt, du musst „optisch passen“. Und doch… man sieht es. Man fühlt es. Wenn Mensch und Maschine nicht miteinander sprechen. Wenn das Bike nicht das Wesen seines Fahrers widerspiegelt, sondern eher das, was er glaubt, zeigen zu müssen.
Und dann gibt es diese anderen Momente.
Du stehst an der Ampel. Die Sonne im Nacken, das Motorrad unter dir warm und vertraut. Und plötzlich dreht sich jemand um. Ein Lächeln. Daumen hoch. Vielleicht ein kurzer Satz: „Geiles Teil!“
Nicht wegen der Marke. Nicht wegen des Preises.
Sondern weil das, was sie sehen, Sinn ergibt. Weil das Bild rund ist.
So geht’s mir mit meiner Fantic. Kein Mainstream. Kein Prestigeobjekt. Aber Charakter. Stil. Seele. Wenn ich auf ihr sitze, bin ich nicht der Typ, der jemand sein will – ich bin’s einfach.
Sie ist nicht zu laut, nicht zu schnell, nicht zu schwer. Aber sie hat etwas, das man nicht kaufen kann: Ausstrahlung. Und vielleicht genau deswegen zieht sie Blicke auf sich. Weil sie nicht versucht, jemand zu sein. Und ich auch nicht.
Ich glaube, Menschen spüren das. Dieses Einssein. Wenn Motorrad und Fahrer miteinander reden, ohne zu schreien. Wenn die Haltung auf dem Bike, der Blick unter dem Helm und die Maschine darunter eine Sprache sprechen.
Du kannst dir das vorstellen wie bei einem Hund und seinem Herrchen – kennst du sicher. Wenn du sie zusammen siehst, weißt du: Ja, das passt. Der eine ergänzt den anderen. Beide haben Macken, beide haben Stil. Aber sie sind ein Team.
Genauso ist es mit dem Motorrad.
Du kannst dir einen dicken Bock kaufen, der dich auf dem Papier zum Helden macht. Aber wenn du auf ihm sitzt und dich fühlst wie ein Komparse in einem falschen Film – dann wird’s auf Dauer leer.
Andersherum: Wenn du auf einem Bike sitzt, das dich fühlt – dann bist du angekommen. Vielleicht ist es kleiner. Vielleicht hat es weniger PS, vielleicht sogar ein paar Kratzer. Aber dafür hat es Seele. Und du auch.
Und am Ende ist das genau das, was hängenbleibt.
Nicht die Hochglanzprospekte oder die PS-Zahlen.
Sondern das Gefühl, wenn du irgendwo ankommst – und dein Motorrad neben dir steht wie ein guter Freund. Still. Aufrecht. Bereit.
Kapitel 3: Erinnerungen, die bleiben – Vom Gardasee und dem Geruch nach Freiheit
Es gibt Reisen, die machst du mit Karte, Planung, Etappen und Ziel. Und es gibt Reisen, die macht dein Herz. Die entstehen aus einem Bauchgefühl, einem inneren Drang, rauszukommen – einfach loszufahren. Und genau so eine war es.
Es war 2002. Sommer in Bayern, warm, ein bisschen schwer vielleicht, voller Gedanken, die wie lose Blätter im Wind herumflogen. Meine damalige Frau war mit unserer Tochter in Berlin, ich allein im Miethaus in Erding. Zwei Wochen frei. Zwei Wochen Raum, aber auch zwei Wochen Leere. Und da stand sie – meine Honda CB 750 Four. Ein Brocken von einem Motorrad. Ein Klassiker mit Seele. Gebraucht, aber nicht verbraucht. Eigenwillig, aber ehrlich. Und ich? Ich war bereit.
Ich packte nicht viel. Eine schwere Lederjacke, die mehr Geschichten erzählte als jeder Reiseführer. Jeans, abgewetzte Lederstiefel, ein bisschen Campingzeug – und dann einfach los. Keine Autobahn. Kein Navi. Kein konkreter Plan. Nur das Ziel: Italien. Gardasee.
Der erste Moment, wenn du den Motor startest und die Maschine warmläuft, ist wie ein Versprechen. Und mit jedem Kilometer spürst du, wie der Alltag abfällt. Die Gedanken, die vorher kreisten wie Mücken im Sommerlicht, ordnen sich. Du denkst nicht mehr über alles nach – du fühlst. Und das Fühlen wird klar.
Ich fuhr durch kleine Ortschaften, nahm die Landstraßen, die kurvigen Wege durch Dörfer, wo der Duft von Heu, Kaffee und Mittagessen in der Luft lag. Ich aß hier und da, trank meinen Cappuccino – nicht irgendeinen, sondern „Om Café“, wie es ihn damals fast überall gab. Billig, stark, italienisch. Und genau richtig.
Der Wind fuhr mir durch den Kragen, die Sonne brannte auf die Schultern der Jacke, aber die Kühle darunter erinnerte mich daran, dass ich lebte. Nicht rannte. Nicht hetzte. Sondern fuhr.
Und irgendwann war ich da – inmitten der italienischen Natur, wo das Grün intensiver ist, das Licht weicher scheint und die Berge dir das Gefühl geben, klein zu sein, aber frei. Ich schlug mein kleines Zelt auf, irgendwo in der Nähe des Sees. Es roch nach Pinien, nach heißem Teer, nach meinem eigenen Leder – dieser unverwechselbare Geruch, wenn die Sonne auf deine Jacke brennt und mit ihr all die Kilometer der letzten Tage aufsteigen lässt.
Abends, wenn die Sonne langsam unterging und das Licht goldfarben über die Berge und Hügel Italiens kroch, suchte ich mir einen dieser kleinen, familiären Campingplätze. Nicht die mit Poollandschaft und Animation – sondern die stillen, einfachen, in denen noch echtes Leben stattfand. Manchmal direkt am Wasser, manchmal versteckt inmitten von Olivenbäumen oder Pinienwäldern. Orte, die nicht viel brauchten, um mich tief zu berühren.
Ich schlug mein kleines Zelt auf – die Bewegungen schon fast meditativ. Jeder Handgriff saß. Der Boden unter mir war mal weich, mal steinig, aber immer ehrlich. Mein Körper war müde, das spürte ich – die Kilometer steckten mir in den Knochen, die Hitze des Tages lag wie ein dünner Film auf der Haut. Aber es war eine gute Müdigkeit. Keine erschöpfte, sondern eine, die sagt: Heute hast du gelebt.
Und dann passierte etwas, das sich nie planen lässt: Menschlichkeit.
Da war ein älteres italienisches Ehepaar, das mir wortlos einen Stuhl und einen Kaffee reichte, als hätte ich dazugehört. Ein junger Franzose, der mir sein Brot und Käse anbot, während wir Geschichten austauschten – über Motorräder, das Leben, verlorene Lieben und verrückte Entscheidungen. Ein deutscher Alleinreisender, mit dem ich bei Kerzenschein über die Schönheit der Langsamkeit sprach.
Es war keine große Sache. Kein Drama. Kein Feuerwerk. Nur Menschen, offen, freundlich, neugierig. Und ich mittendrin – staunend, dankbar, ein bisschen still vielleicht, aber erfüllt. Diese Begegnungen, so beiläufig sie schienen, haben mein Herz berührt. Denn sie waren echt. Unverstellt. Wie das Motorradfahren selbst.
Ich erinnere mich, wie ich manchmal spät abends noch am Seeufer saß, den Blick ins Wasser gerichtet, während mein Motorrad neben dem Zelt parkte – wie ein treuer Gefährte, der auf mich aufpasste. Ich dachte nach, viel. Über mein Leben, meine Ehe, mein Vatersein, über das, was ich war und was ich vielleicht noch werden wollte. Diese Stille dort, inmitten fremder Menschen, war das Lauteste, was ich je gehört hatte – aber nicht bedrohlich. Sie war klärend. Wohltuend.
Und genau deswegen ist diese Reise bis heute in mir. Nicht, weil ich weit gefahren bin. Sondern, weil ich tief gefahren bin – in mich hinein.
Und meine Honda? Sie stand da wie ein alter Kumpel, der nicht viel redet, aber immer da ist. Der Klang ihres Motors, tief, satt, unaufgeregt – er hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Wie ein Lieblingslied, das du nie vergisst. Das ist keine Maschine gewesen. Das war ein Teil von mir.
Diese Reise hat etwas mit mir gemacht. Sie hat nicht nur meinen Kopf sortiert – sie hat mir gezeigt, was Motorradfahren wirklich ist. Nicht Show. Nicht Geschwindigkeit. Sondern das bewusste Bewegen. Der Weg. Die Verbindung zwischen dir, der Straße und der Maschine.
Wenn ich heute daran denke, bekomme ich feuchte Augen. Nicht aus Traurigkeit. Sondern aus tiefer Dankbarkeit. Für diesen Sommer. Für diese Einsamkeit, die keine Leere war. Für die Stille im Helm, in der meine Gedanken sich endlich sortieren konnten. Und für das Gefühl, zum ersten Mal wirklich frei zu sein.
Seitdem weiß ich: Es sind genau diese Erlebnisse, die bleiben. Die im Kopf bleiben, im Herz. Die man nicht plant, sondern lebt. Und jedes Mal, wenn ich heute auf ein Motorrad steige – besonders auf eins, das zu mir passt – bin ich wieder ein Stück weit auf dem Weg zum Gardasee. Vielleicht nicht geografisch. Aber seelisch.
Kapitel 4: Die Eisdiele, das Statussymbol und der leise Zweifel
Da steht er.
Chromblitzend, mit Carbonfolien überzogen, mehr Knöpfe am Cockpit als ein modernes Flugzeug, Reifen so breit wie die Schultern eines Türstehers. Ein Adventure-Bike, das aussieht, als könne es auf direktem Weg den Himalaya bezwingen – notfalls auch ohne Fahrer. Und daneben steht sein Besitzer: ein Mann, vielleicht Ende fünfzig, Jeansweste über der Funktionsjacke, Sonnenbrille auf dem Kopf, ein bisschen stolz, ein bisschen verloren. Und irgendwie… fehl am Platz.
Ich beobachte solche Szenen oft. An Eisdielen. Tankstellen. Bikertreffs.
Und jedes Mal taucht diese kleine, stille Frage in meinem Kopf auf: Fährt der wirklich oder lässt er nur stehen?
Wie ich bereits im vorherigen Kapitel schrieb – jeder darf fahren, was er will. Aber manchmal sieht man, dass es nicht passt. Wie ein Anzug, der zu teuer für den Charakter ist, den er bedecken soll.
Da werden Motorräder gekauft, weil sie in in den Werbefilmen auf YouTube & Co. gut aussehen. Weil man damit „dazugehört“. Weil der Kollege auch eins hat. Oder weil man sich selbst beweisen will, dass man „noch kann“.
Und doch… spürt man oft, dass da kein echtes Gefühl mitschwingt. Nur Technik. Nur Show.
Wie eine Gitarre an der Wand, die niemand spielt.
Ich frage mich dann oft: Was wäre, wenn dieser Mensch auf einem Motorrad säße, das wirklich zu ihm passt?
Eins, das nicht beeindrucken will. Sondern erzählt. Eins, das nicht schreit, sondern atmet.
Vielleicht eine alte Yamaha SR500, die liebevoll gepflegt wurde. Oder eine Triumph Scrambler mit ein paar Dellen, aber Charakter. Oder ja – vielleicht sogar eine Fantic Caballero, wie meine. Kein PS-Monster. Kein Showbike. Aber ein treuer Begleiter, der mir jeden Tag das Gefühl gibt: Du bist angekommen.
Eine Anekdote: Ich sitze noch immer mit meinem Cappuccino in der Hand, die Sonne genießend im Café, kommt ein älteres Pärchen auf zwei kleinen Klassikern an. Nichts Auffälliges. Kein Getöse, keine Speziallackierung. Aber als sie ihre Helme abnehmen, lächeln sie. Und mit einem Mal ist da Wärme. Menschlichkeit. Sie setzen sich einfach dazu, man kommt ins Gespräch, redet über den letzten Pass, die beste Cappuccino-Bar südlich des Brenners – nicht über PS, sondern über Erlebnisse.
Und genau das ist der Punkt.
Manche Menschen fahren ihr Motorrad wie ein Accessoire. Andere leben es.
Sie steigen auf und der Motor erzählt ihre Geschichte weiter. Sie halten an – und sofort kommen Menschen auf sie zu, nicht nur wegen der Maschine, sondern weil sie merken: Das passt.
Es ist, als würde das Motorrad sagen: „Das hier ist mein Mensch.“ Und der Mensch sagt: „Das hier bin ich.“
Ein Motorrad ist keine Tarnkappe. Kein Statussymbol. Kein Ausgleich für eine Midlife-Crisis. Es ist ein Spiegel.
Und wenn du hineinblickst, solltest du dich sehen können. Ohne Maske. Ohne Getöse.
Wir alle spielen Rollen. Klar. Und manchmal hilft uns ein Motorrad dabei, uns mutiger, freier oder lebendiger zu fühlen. Aber irgendwann, irgendwo, sollten wir uns auch fragen: Bin ich das wirklich, was da unter mir brummt? Oder ist es ein Bild, das ich von mir selbst zeichnen möchte?
Es geht nicht um teure Maschinen oder exotische Modelle. Es geht um Echtheit. Um das, was zwischen Fahrer und Maschine entsteht – dieses unsichtbare Band, das nicht durch Preislisten oder Zubehörkataloge wächst, sondern durch Erlebnisse. Erinnerungen. Kilometer.
Denn Motorräder lügen nicht. Sie spiegeln uns. Unser Tempo, unseren Mut, unsere Sehnsucht. Und wenn wir versuchen, jemand zu sein, der wir nicht sind – dann spürt man das. Außen wie innen.
Die Eisdiele ist da nur ein Symbol. Für den Ort, an dem sich unsere Entscheidung zeigt:
Bin ich gekommen, um gesehen zu werden?
Oder bin ich hier, weil mich der Weg hergeführt hat?
Ich schreibe das alles nicht mit erhobenem Zeigefinger. Wirklich nicht.
Denn ich weiß, wie es ist, sich selbst zu suchen. Wie leicht man sich in Hochglanzkatalogen und Werbevideos verliert. Wie schnell man meint, man müsse jemand sein, um „dazuzugehören“.
Aber vielleicht – nur vielleicht – gehörst du viel mehr dazu, wenn du dich selbst fährst. Und nicht das Bild, das andere von dir erwarten.
Vielleicht ist es an der Zeit, sich von Erwartungen zu befreien. Von dem Drang, „dazuzugehören“. Und sich stattdessen zu fragen:
Wozu gehört eigentlich mein Herz?
Die Antwort liegt nicht im PS-Datenblatt. Sie liegt in der Freude, die du spürst, wenn du den Zündschlüssel drehst und die Welt hinter dir verschwindet. Und ganz egal, ob das auf einem Klassiker, einem modernen Scrambler oder einem simplen 250er geschieht – solange du dabei du selbst bist, bist du genau richtig unterwegs.
Wenn du heute Abend in deine Garage gehst, oder dich morgen auf dein Bike schwingst – frag dich mal: Passt das Ding da unter mir zu meinem Herzen?
Wenn ja – wunderbar.
Wenn nicht – dann ist das keine Schande. Dann ist es vielleicht der Anfang von etwas Neuem.
Ein ehrlicher Blick.
Ein echtes Motorrad.
Und vielleicht – der Beginn deiner besten Reise.
Kapitel 5: Der Weg zum richtigen Motorrad – oder: Wie du dein Zweirad findest, bevor es dich findet
Irgendwann kommt dieser Moment.
Du stehst vor deinem Motorrad, betrachtest es – und fragst dich leise: Ist das wirklich meins? Oder war’s nur ein schneller Flirt mit der Idee, jemand zu sein, der ich gar nicht bin?
Diese Frage ist kein Angriff. Sie ist ein Geschenk. Denn sie öffnet die Tür zur ehrlichsten Reise, die du antreten kannst: die Reise zu deinem eigenen Stil. Zu deinem Tempo. Und letztlich – zu deinem Motorrad.
Viele suchen das perfekte Bike wie andere den perfekten Partner: Optik, Leistung, Ausstattung, Image. Und dann wundert man sich, warum nach ein paar Monaten das Kribbeln weg ist, die Garage leer bleibt und das Konto trotzdem leerer wird.
Dabei ist das gar nicht so kompliziert – wenn man aufhört, im Außen zu suchen.
1. Fang bei dir an, nicht bei der Maschine.
Bevor du dich fragst, welches Motorrad du willst, frag dich:
Wer bist du?
Bist du der Stille, der gerne alleine über Landstraßen gleitet, die Welt beobachtet und mit jedem Kilometer mehr bei sich ankommt?
Oder bist du der Gesellige, der mit Freunden Pässe fährt, in Serpentinen das Leben feiert und sich am Lagerfeuer Geschichten erzählt?
Bist du der Abenteurer, der Offroad-Pisten nicht nur als Deko sieht, sondern sie mit Schlamm und Schweiß füllt?
Oder der Ästhet, der sich an Form, Klang und Haltung erfreut, wie andere an einem guten Wein?
Dein Motorrad muss dich spiegeln – nicht überstrahlen.
2. Lass das Datenblatt links liegen. Hör auf den Bauch.
Ja, klar: PS-Zahlen, Drehmoment, Sitzhöhe, Gewicht – das alles ist wichtig. Aber es ist nicht das, was dich lächeln lässt, wenn du den Helm absetzt.
Es ist das Gefühl. Dieses “Ja, genau das ist es!”, das sich leise und tief in der Magengrube einnistet, wenn du auf dem richtigen Bike sitzt.
Das kann ein kleiner Einzylinder sein, der mehr Seele hat als so manche 150-PS-Wumme. Oder ein alter Klassiker, der dich nicht durch seine Schnelligkeit beeindruckt, sondern durch seine Geschichte.
Probier aus. Fühle. Setz dich drauf. Lass dir Zeit.
Du kaufst kein Werkzeug. Du findest einen Weggefährten.
3. Geh Kompromisse ein – aber nur mit dem Kopf, nicht mit dem Herzen.
Natürlich ist nicht jeder Traum sofort machbar. Manchmal passt das Budget nicht, manchmal fehlt der Platz, manchmal die Vernunft. Aber das Herz sollte niemals der Kompromiss sein.
Ein Motorrad, das zu dir passt, muss nicht teuer sein. Es muss dich berühren. Und dich antreiben, es wirklich zu fahren, nicht nur zu besitzen.
4. Lass dich nicht blenden – und nicht beirren.
Du wirst Meinungen hören. „Die ist zu schwach.“ – „Mit der kannst du doch nicht reisen.“ – „Die ist doch nix für dein Alter!“
Lächle. Nimm den Helm. Und geh deinen Weg.
Denn am Ende ist es dein Arsch, der auf dem Sattel sitzt. Dein Herz, das schlägt. Deine Geschichte, die du schreibst.
5. Denk an die Geschichten, nicht an das Bild.
Wenn du alt bist – also richtig alt, mit Falten, grauem Bart und Geschichten, die du deinen Enkeln erzählst – was willst du dann sagen können?
„Ich hatte das schnellste Bike der Straße.“
Oder:
„Ich bin mit meiner Maschine durch kleine Dörfer gefahren, hab Menschen getroffen, bin im Regen gefahren, hab geflucht, gelacht, geliebt – und es hat alles gepasst.“?
Es sind nie die Pferdestärken, die bleiben. Es sind die Erinnerungen, die du mit deinem Motorrad teilst.
Also – geh jetzt raus. Nicht auf die Suche nach dem besten Motorrad. Sondern auf die Suche nach dir.
Frag dich: Was will ich wirklich fühlen? Wie will ich fahren? Und mit wem – oder was – will ich diese Reise gehen?
Wenn du es findest, wirst du es wissen. Ohne Zweifel.
Dann ist es nicht mehr einfach „ein Motorrad“.
Dann ist es deins.
Und vielleicht, ganz vielleicht, beginnt dann das, was wir alle suchen:
Eine Reise, die nicht nur über Straßen führt – sondern mitten durchs Herz.
Nachwort: Schreib deine eigene Geschichte – aber lass sie dir nicht diktieren
Am Ende bleibt der Klang deines Motors im Ohr.
Die Bilder deiner Reisen im Herzen.
Und das Gefühl auf deiner Haut – Wind, Sonne, manchmal Regen, manchmal Gänsehaut.
Mehr brauchst du nicht.
Du brauchst keine Genehmigung, kein Urteil, keine Likes.
Du brauchst nur ein Motorrad, das deinen Herzschlag versteht.
Und den Mut, dich auf den Weg zu machen – nicht um anzukommen, sondern um unterwegs du selbst zu sein.
Vergiss die Kataloge, die Meinungen, die Foreneinträge, die Vergleiche.
Vergiss die Lauten, die Schnellen, die Immer-schon-Gewusst-Haber.
Und hör lieber auf dich.
Auf dein Gefühl, wenn du morgens aufwachst und weißt: Heute fahr ich raus. Weil ich es will. Nicht, weil ich’s muss.
Motorradfahren ist kein Wettbewerb. Es ist kein Laufsteg. Und es ist ganz sicher kein Ersatz für irgendetwas.
Es ist eine Sprache. Eine Haltung. Eine Art, die Welt zu umarmen.
Und wie du das tust – das bestimmst nur du.
Vielleicht wirst du belächelt. Vielleicht wirst du bewundert. Vielleicht wirst du gar nicht bemerkt.
Aber wenn du abends vom Bike steigst und denkst: Das war echt – dann hast du alles richtig gemacht.
Fahr nicht das Motorrad, das man dir empfiehlt.
Fahr das, das dir entspricht.
Und schreib nicht irgendeine Geschichte.
Schreib deine.
Mit Schweiß, mit Tränen, mit Lachen – aber vor allem mit Herz.
Denn am Ende ist es genau das, was zählt.
Nicht, wie schnell du warst. Nicht, wie teuer es war. Nicht, wie viele zugesehen haben.
Sondern, wie es sich angefühlt hat.
Und wenn du irgendwann zurückblickst, dann sollst du sagen können:
Das war mein Weg. Das war mein Motorrad. Das war mein Leben. Und verdammt nochmal – es war gut so.
Herzlichst
Baris
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bridgingroads · 3 months ago
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Wenn die Straße verbindet – Ein Kodex, der keine Worte braucht
Es gibt Momente, da spürst du, dass du Teil von etwas Größerem bist.
Nicht, weil du ein Abzeichen trägst oder einem Club angehörst. Sondern weil du auf einer staubigen Straße irgendwo im Nirgendwo stehst, der Motor noch warm ist, dein Herz auch – und plötzlich hält jemand an.
Ein anderer Biker.
Ein Fremder.
Ein Bruder.
Keine Fragen, keine Vorurteile. Nur ein Nicken. Ein Blick. Ein „Alles gut bei dir?“, das mehr meint als tausend Worte.
Und genau darum geht es hier.
Um den Kodex der Straße.
Um diese unsichtbare, aber unerschütterliche Verbindung zwischen Motorradfahrern überall auf der Welt.
Egal ob du auf einer 125er durch die Vorstadt tuckerst oder mit einer dicken GS durch Marokko fliegst – du gehörst dazu. Weil du verstehst. Weil du fühlst. Weil du fährst.
Zweiräder, die Herzen verbinden
Motorradfahren ist nicht einfach ein Hobby. Es ist eine Lebenseinstellung.
Eine Art zu atmen, zu denken, zu leben.
Und wer das einmal gespürt hat – den Wind unter dem Visier, das Rucken beim Hochschalten, den Moment, in dem die Straße mit dir verschmilzt – der weiß: Das hier ist mehr.
Mehr als Technik. Mehr als PS. Mehr als Fortbewegung.
Es ist Freiheit.
Es ist Hingabe.
Und es ist dieser ganz besondere Zusammenhalt, den man kaum erklären kann – aber sofort erkennt, wenn man ihm begegnet.
Grenzen? Kennen wir. Und überfahren sie.
In einer Welt, die sich immer mehr auf Unterschiede konzentriert, suchen wir auf dem Motorrad das Verbindende.
Wir achten nicht auf Sprache, Herkunft oder Hautfarbe – sondern auf Haltung, auf Respekt, auf Menschlichkeit.
Und diese Haltung findet man verdammt oft auf zwei Rädern.
Ich habe sie in den Augen eines alten Italieners gesehen, der mir am Straßenrand half, obwohl wir kaum ein Wort miteinander teilen konnten.
Ich habe sie gespürt, als ich mitten in Rumänien einen türkischen Biker traf, der mir lächelnd einen Flachmann entgegenhielt, als ob wir uns seit Jahren kennen.
Und ich sehe sie jedes Mal, wenn mir unterwegs jemand das V-Zeichen entgegenstreckt – manchmal scheu, manchmal voller Stolz, aber immer ehrlich.
Bridging Roads – wenn Wege Menschen verbinden
Mit diesem Blog will ich genau das erzählen.
Keine Hochglanzgeschichten. Keine aufpolierten Heldensagen.
Sondern echte Begegnungen. Echte Gefühle. Echte Verbindungen.
Ich möchte dir zeigen, wie Motorräder Brücken bauen – nicht nur über Flüsse oder Berge, sondern zwischen Menschen.
Ich will dich mitnehmen auf Straßen, die mehr sind als Asphalt. Auf Strecken, die Menschen verändert haben. Auf Begegnungen, die nie geplant waren, aber für immer bleiben.
Denn manchmal reicht ein Blick über den Lenker, ein geteilter Liter Sprit, eine helfende Hand im Regen – und du weißt:
Du bist nicht allein auf dieser Reise.
Da draußen gibt es viele wie dich.
Und sie halten an, wenn du liegen bleibst.
Also schnall den Helm, lies mit offenem Herzen – und fahr los mit mir.
Dies sind die Geschichten einer Gemeinschaft ohne Grenzen.
Einer Familie, die sich auf der Straße findet.
Und eines Kodex, ein leises Versprechen – aber mächtig.
Denn solange es Motorräder gibt, gibt es auch Hoffnung.
Kapitel 1: Der Kodex der Straße – Warum Biker sich helfen
Wenn du fällst, helfe ich dir auf. Egal wer du bist.
Es gibt keine Mitgliedskarte. Kein offizielles Manifest. Und doch kennen ihn alle:
Den Kodex der Straße.
Ein unausgesprochenes Versprechen unter Motorradfahrern weltweit – „Wenn du in Not bist, bin ich da.“
Kein „Wer bist du?“, kein „Wo kommst du her?“, kein „Was glaubst du?“ – nur das Wissen: Wir teilen den Asphalt. Und das genügt.
Die Straße verbindet – ohne Fragen zu stellen
Ob in den Alpen, in den Ebenen Afrikas oder auf staubigen Nebenstraßen Südamerikas – dieser Kodex funktioniert. Über Grenzen, Kulturen, Sprachen hinweg. Motorradfahrer helfen einander. Punkt.
Vielleicht, weil wir wissen, wie verletzlich wir sind. Weil wir spüren, wie nah Freiheit und Risiko beieinander liegen. Und weil wir gelernt haben, dass echte Kameradschaft oft wortlos entsteht – aus einem Blick, einem Nicken, einer ausgestreckten Hand.
Norditalien, 2002 – eine Lektion in Menschlichkeit
Ich erinnere mich an einen Moment, der mir diesen Kodex eindrucksvoll vor Augen führte:
Sommer 2002, irgendwo in Norditalien. Ich war mit meiner R1100GS unterwegs, frei nach Landkarte, ohne Navi – das war damals noch Spielzeug für Zahnarztbiker. Ich folgte meinem Gefühl, kurvte durch Täler, über Pässe, immer der Nase nach.
Doch plötzlich machte die GS Mucken. Irgendwas stimmte nicht – kein Drama, aber genug, um mich am Straßenrand zum Schrauben zu zwingen. Und da stand ich nun: ölverschmierte Finger, Stirn in Falten, Werkzeug ausgepackt.
Dann hielt er an.
Ein älterer Mann auf einer zerlebten, aber ehrwürdigen BMW R65. Seine Maschine klang wie ein Uhrwerk, das schon lange keine Pause mehr bekommen hatte. Er sprach kaum Englisch, ich kaum Italienisch – aber es war auch nicht nötig.
Mit ruhigen Bewegungen und einem wissenden Lächeln beugte er sich über meine Maschine. Er prüfte, hörte, schraubte. Keine großen Worte, keine Show. Nur dieser Blick, der sagte: „Ich hab das schon mal gesehen – keine Sorge, mein Freund.“
Eine Stunde später lief die GS wieder wie ein Uhrwerk. Zum Abschied ein Klopfen auf die Schulter, ein leises „Buona fortuna“, und er war wieder verschwunden. Kein Name, keine Nummer. Nur dieser Moment, der sich mir eingebrannt hat – als eine Begegnung, die mehr sagte als viele Gespräche.
Brüder und Schwestern im Geiste – auf zwei Rädern
So funktioniert der Kodex.
Er fragt nicht: „Welcher Religion gehörst du an?“ oder „Welche Partei wählst du?“
Er fragt nur: „Geht’s dir gut?“
Motorradfahren ist mehr als ein Fortbewegungsmittel. Es ist ein Zustand. Ein Lebensgefühl. Eine Haltung.
Du fährst, weil du spüren willst. Weil du lebendig sein willst. Und wer das kennt, erkennt es auch im anderen – egal ob auf einer Harley, einer Vespa oder einer Africa Twin mit 300.000 Kilometern auf dem Tacho.
Demut auf zwei Rädern
Vielleicht ist es die fehlende Sicherheit, die uns aufrichtiger macht.
Wir haben keinen Käfig aus Blech. Keinen Airbag der uns schützt.
Wenn wir fallen, fällt der ganze Mensch. Und wenn wir liegenbleiben, brauchen wir Hilfe. Keine Ausrede, keine Maske.
Nur eine helfende Hand.
Und wer das weiß, hilft, wenn andere liegenbleiben – nicht aus Pflicht, sondern aus Überzeugung.
Kein Gesetz. Kein Ehrenabzeichen. Nur Menschlichkeit.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Es gibt auch auf zwei Rädern Egoisten. Aber sie sind selten.
Denn die Straße lehrt Demut. Und Demut macht offen.
Der Kodex ist kein Spektakel. Er ist still. Er ist selbstverständlich. Und er ist das, was diesen Lebensstil so besonders macht.
Ein erster Schritt auf einer langen Reise
Dies ist der Anfang einer größeren Geschichte.
Einer Geschichte über Verbindung, Vertrauen und den vielleicht letzten echten Ehrenkodex unserer Zeit.
In den nächsten Kapiteln nehme ich dich mit – zu Begegnungen jenseits von Grenzen, zu Menschen, die den Geist von „Bridging Roads“ leben, und zu dem, was uns alle verbindet: der gemeinsame Weg, egal wohin er führt.
Denn am Ende gilt:
In einer Welt voller Mauern brauchen wir mehr Straßen und Wege. Und Menschen, die sie befahren. Gemeinsam.
Kapitel 2: Jenseits von Sprache und Grenze – Begegnungen auf der Straße
Wenn ein Kopfnicken reicht, um sich zu verstehen
Manchmal sind es nicht die großen Reden, die bleiben – sondern die kleinen Gesten. Ein Daumen hoch. Ein kurzer Blick. Ein angehaltener Motor am Straßenrand. Wer Motorrad fährt, weiß: Wir sprechen eine gemeinsame Sprache – auch wenn wir kein einziges Wort miteinander teilen.
Dieser Moment, wenn du irgendwo in der Fremde anhältst, deinen Helm abnimmst, und dir gegenüber steht ein völlig fremder Mensch – und doch fühlt es sich an, als würdet ihr euch kennen. Weil ihr beide fahrt. Weil ihr beide versteht, was es heißt, unterwegs zu sein. Auf zwei Rädern. Im Leben.
Kein Smalltalk – echtes Verstehen
Motorradfahrer begegnen sich nicht mit Smalltalk. Es ist eine andere Art der Kommunikation.
Die Fragen lauten nicht: „Was machst du beruflich?“ oder „Wie groß ist dein Haus?“
Sondern eher: „Wie lange bist du schon unterwegs?“ – „Brauchst du Wasser?“ – „Hast du Werkzeug?“
Manchmal reicht auch ein Blick auf den Reifen, ein Lächeln, das alles sagt:
„Der ist bald fällig – aber das schaffst du noch bis zur nächsten Stadt.“
Ich erinnere mich an eine Begegnung auf einem abgelegenen Schotterpass in den Karpaten. Ich fuhr allein, das Wetter war launisch – typisch Gebirge – und die Stimmung eher angespannt als entspannt.
Plötzlich höre ich hinter mir ein Knattern. Eine kleine 125er taucht auf, vollgepackt, mit allem, was irgendwie auf so ein Moped passt. Darauf ein junger Mann, vielleicht Anfang zwanzig, aus der Türkei, wie sich später herausstellte.
Er hält neben mir, grinst, zieht einen Flachmann aus der Jacke, hebt ihn wie zum Toast, dann deutet er auf den Horizont: „Da geht’s lang.“
Keine große Unterhaltung – aber in dem Moment wusste ich: Ich bin nicht allein da draußen. Und das reichte.
Verbindungen, die nicht erklärt, sondern erlebt werden
Das Faszinierende: Diese Verbindungen funktionieren in den unwahrscheinlichsten Ecken der Welt.
Du kannst irgendwo in Kirgistan mit einem einheimischen Biker anstoßen, ohne seine Sprache zu sprechen – und ihr könnt trotzdem gemeinsam lachen.
Du kannst in Spanien mit einem Senegalesen an einem Reifen rumbasteln und dich dabei fühlen, als würdet ihr das seit Jahren gemeinsam machen.
Oder du triffst eine Bikerin aus Australien, die allein durch Europa reist – und ihr fahrt stundenlang zusammen, ohne euch viel zu sagen.
Weil das Fahren selbst schon Kommunikation ist.
Wenn Unterschiede egal werden
Religion? Herkunft? Hautfarbe?
All das tritt in den Hintergrund, wenn du gemeinsam unter einem Baum sitzt, verschwitzt, verstaubt, mit dem Helm auf dem Schoß.
Da zählt nicht, wer du bist – sondern wie du dich auf dieser Straße verhältst. Ob du teilst, hilfst, ehrlich bist.
Die Straße sortiert schnell aus, wer echt ist. Und bringt die zusammen, die es ernst meinen.
Manchmal entstehen aus diesen Begegnungen Freundschaften. Manchmal bleibt es bei einem Moment, der sich in unser Gedächtnis einbrennt. Und manchmal weißt du nicht mal, wie der Mensch hieß – aber du denkst Jahre später noch an ihn. Oder an sie.
Bridging Roads – eine Philosophie auf Rädern
Genau hier zeigt sich, was Bridging Roads bedeutet.
Nicht nur im geografischen Sinn – von A nach B, von Land zu Land.
Sondern im menschlichen. Von Herz zu Herz. Von Fremden zu Vertrauten.
Straßen als Brücken, die nicht nur Städte verbinden, sondern Menschen.
Es ist ein stilles, aber mächtiges Prinzip:
Wir begegnen uns auf Augenhöhe – im Staub, im Regen, in der Kurve.
Und diese Begegnungen, so flüchtig sie manchmal sind, tragen mehr Verbindung in sich als manch langjähriger Kontakt im Alltag.
Wenn du unterwegs bist, siehst du klarer
Vielleicht liegt es auch daran, dass wir unterwegs einfach ehrlicher sind. Du bist reduziert auf das Wesentliche: dein Gepäck, deine Maschine, deinen Instinkt.
Du kannst dich nicht verstecken – nicht hinter Status, nicht hinter einer Fassade. Und genau deshalb entstehen echte Begegnungen.
Motorradfahren macht dich sichtbar. Und offen für das, was dir entgegenkommt.
Weiterfahren – und verbunden bleiben
Kapitel für Kapitel, Straße für Straße. So wächst dieses Netz aus Geschichten, Menschen und Momenten.
Und wenn du das nächste Mal irgendwo im Nirgendwo anhältst – schau dich um. Vielleicht steht da schon jemand, der nichts mit dir gemein hat – außer allem, was wirklich zählt.
Denn auf der Straße zählt nicht, woher du kommst. Sondern dass du da bist.
Kapitel 3: Die Maschine als Spiegel – Wenn das Motorrad zum Herzstück wird
Mehr als Technik. Mehr als Stahl. Mehr als nur ein Fortbewegungsmittel.
Wer ein Motorrad fährt, weiß: Diese Maschine ist kein „Fahrzeug“. Sie ist ein Teil von dir.
Sie trägt deinen Rhythmus, deinen Charakter, manchmal sogar deine Macken.
Dein Motorrad kennt dich – vielleicht besser, als dir lieb ist.
Es röhrt, wenn du’s krachen lässt. Es stottert, wenn du übermüdet bist. Und es zieht dich durch, wenn du innerlich schon am Limit bist.
Zwischen Herzklopfen und Drehmoment
Das Erste, was man hört, ist der Klang. Nicht nur ein Motorgeräusch – nein, das ist dein Puls auf zwei Zylindern.
Manche sagen, sie fahren wegen der Freiheit. Andere wegen der Geschwindigkeit. Aber tief drinnen fahren wir alle auch, weil wir dabei uns selbst hören.
Wenn du den Zündschlüssel drehst und der Motor zum Leben erwacht, passiert etwas: Die Welt wird kleiner – und gleichzeitig weiter.
Du bist da – im Moment. Keine To-Do-Listen, keine Meetings, keine Sorgen. Nur du. Und deine Maschine.
Die alte Seele unter dem Tank
Es gibt Motorräder, die sind mehr als fahrbarer Untersatz. Sie erzählen Geschichten. Tragen Narben. Und ja – sie verzeihen auch Fehler.
Ich habe mal mit einem alten Schrauber in Rumänien gesprochen. Der fuhr eine Ural aus den 70ern – das Ding spuckte, knallte, sägte sich durch die Straßen wie ein wütender Bär.
Als ich fragte, warum er sich nicht was „Zuverlässigeres“ holt, sagte er nur:
„Weil sie mich zwingt, ihr zuzuhören.“
Das hat gesessen.
Ein Motorrad, das dich fordert, bringt dich näher zu dir selbst.
Die GS, die dir nach einem Sturz verzeiht. Die alte Enduro, die erst beim dritten Kick anspringt. Die 250er, mit der du den Himalaya hochgekrochen bist, obwohl jeder gesagt hat, du seist irre.
All diese Maschinen sind nicht nur Fahrzeuge – sie sind Weggefährten.
Das Motorrad als Brückenbauer
Und genau da schließt sich der Kreis zu Bridging Roads:
Denn dein Motorrad ist nicht nur dein persönlicher Kompass – es ist auch ein Gesprächsstarter.
Du stehst an der Tankstelle, jemand fragt:
„Bist du wirklich mit dem Ding bis hierher gefahren?“
Und schon seid ihr mitten in einer Geschichte.
Egal ob du auf einer hochgerüsteten GS, einer schmutzverkrusteten Transalp oder einer ratternden Enfield unterwegs bist – dein Bike erzählt.
Von dir. Von deiner Reise. Von deiner Haltung zum Leben.
Jeder Kratzer eine Geschichte
Und sind wir ehrlich: Wir hängen an diesen Maschinen, weil sie uns durch Dinge gebracht haben, wo andere längst umgekehrt wären.
Jeder Kratzer hat eine Story. Jeder Aufkleber ein Lächeln. Und jedes abgewetzte Griffgummi erzählt von Kurven, die mehr verändert haben als nur den Reifenabrieb.
Deine Maschine war da, als du alleine warst.
Sie hat dich aufgefangen, wenn du raus musstest – aus dem Alltag, aus dem Lärm, manchmal aus dir selbst.
Und sie hat dich wieder reingelassen – mit klarem Kopf, vollem Tank, und dem Gefühl: Ich bin wieder da.
Sie fährt nicht nur – sie verbindet
Was kaum jemand versteht, der nicht selbst fährt:
Ein Motorrad ist auch ein Botschafter.
Du kommst in Gegenden, da kennt man deinen Namen nicht – aber dein Bike spricht für dich.
Kinder laufen hinter dir her. Alte Männer geben dir Tee. Junge Schrauber fragen, ob sie mal hören dürfen, wie sie klingt.
Und du merkst: Deine Maschine öffnet Türen. Und Herzen.
Maschine, Mensch und Moment – eine Einheit
Kapitel 3 ist ein Liebesbrief. An das, was uns trägt, was uns antreibt – was uns bewegt.
Man kann Motorräder analysieren, bewerten, vergleichen. Aber am Ende zählt nur:
Wie fühlst du dich, wenn du fährst?
Denn egal ob 50 oder 1500 Kubik – die Verbindung zwischen Mensch und Maschine ist immer eine Frage des Herzens.
Kapitel 4: Straßen, die unter die Haut gehen – und direkt ins Herz führen
Es gibt Straßen, die wirst du nie wieder vergessen.
Nicht, weil sie besonders schön waren. Oder schnell.
Sondern weil du auf ihnen jemanden verloren – oder gefunden hast.
Vielleicht dich selbst.
Asphalt kennt keine Vorurteile
Du rollst los, irgendwo zwischen Morgengrauen und Kaffeedurst. Noch leicht fröstelnd, der Helm beschlagen, das Navi irgendwo tief im Tankrucksack vergraben, weil du eh lieber nach Gefühl fährst. Und dann passiert’s: Du biegst ab auf eine Straße, die dich verändert.
Nicht laut. Nicht pompös.
Sondern still. Und ehrlich.
Der Belag nicht perfekt. Die Kurven fordernd. Die Ausblicke – atemberaubend.
Aber es ist nicht nur die Landschaft, die dich packt.
Es ist dieser leise Gedanke: „Hier wollte ich nie hin – und doch genau hier gehöre ich jetzt hin.“
Straßen als Spiegel der Seele
Ich erinnere mich an eine kleine, kaum befahrene Passstraße in Montenegro.
Knarzend hat sich die GS Meter für Meter nach oben geschoben. Kein Mensch, kein Schild, nur ein alter Hund, der irgendwo in der Ferne bellte.
Ich fuhr allein – zumindest dachte ich das. Denn eigentlich ist man als Motorradfahrer niemals alleine unterwegs.
Doch dann, in einer dieser engen Spitzkehren, stand ein Mann.
Mittvierziger, Lederjacke, Dreitagebart, Zigarette im Mundwinkel. Seine Africa Twin stand schräg an einen Felsen gelehnt.
Ich stellte mich an seine Seite und fragte: „Do you need help?“
Er grinste nur, klopfte auf seinen Tank und sagte nur:
„She’s tired. Or maybe I am.“
Wir haben keinen Kaffee getrunken, keine Nummern ausgetauscht. Aber ich fuhr weiter mit dem Gefühl, gerade jemanden getroffen zu haben, der genau jetzt am selben Punkt im Leben steht wie ich.
So sind sie, diese Straßen.
Sie bringen dich zu Orten – und zu Menschen – die du brauchst, bevor du überhaupt weißt, dass du sie brauchst.
Die große Straße der kleinen Geschichten
Manchmal ist es nur ein Feldweg in Frankreich, der dir den Atem raubt, weil die Sonne so verdammt perfekt durch die Bäume fällt.
Oder eine Küstenstraße in Portugal, auf der du plötzlich anhältst, nur um einen alten Mann beim Fischen zu beobachten – und du denkst: „Der hat’s verstanden!“
Oder es ist diese nervige, endlose Piste in Marokko, voller Schlaglöcher, Sand und Flüche – aber du erinnerst dich Jahre später noch daran, weil du in einem gottverlassenen Ort zwei Kinder triffst, die dir Wasser bringen, ohne etwas zu erwarten.
Es sind nicht die großen Sehenswürdigkeiten, die bleiben.
Es sind die kleinen Momente, die dich erwischen, wenn du gerade nichts erwartest.
Und genau das ist das Magische am Motorradfahren:
Es macht dich empfänglich.
Für Schönheit. Für Stille. Für Menschen.
Wenn das Navi nicht weiterweiß
Jeder Biker kennt diesen einen Moment:
Der Tank fast leer, die Sonne tief, der Weg unklar.
Das Navi tot. Das Handy ohne Empfang.
Und dann… kommt die Intuition.
Du fährst einfach.
Nach Gefühl. Nach Licht. Nach Geruch.
Du biegst ab, obwohl dein Kopf sagt: „Blödsinn.“
Aber dein Bauch sagt: „Vertrau mir.“
Und was du findest, ist keine Abkürzung – sondern ein Ort, der dich atmen lässt.
Eine kleine Kapelle. Ein verlassener Hof. Oder nur ein Hügel, auf dem du sitzt, den Helm abnimmst und – endlich – nichts denkst.
Diese Momente passieren nicht im Alltag.
Die passieren auf der Straße.
Bridging Roads – jede Straße hat zwei Enden, aber unendlich viele Möglichkeiten
Wenn du unterwegs bist, lernst du schnell: Der kürzeste Weg ist selten der beste.
Die schönsten Geschichten entstehen oft auf Umwegen.
Und nicht jede Straße führt zu einem Ort – manche führen einfach nur zu dir selbst.
Bridging Roads heißt auch:
Straßen als Verbindung von außen nach innen.
Von Hektik zu Klarheit.
Von Lärm zu Bedeutung.
Manchmal musst du tausend Kilometer fahren, um einen Gedanken zuzulassen.
Und manchmal reicht ein paar hundert Meter, um zu verstehen, dass du etwas loslassen musst.
Diese Straßen, diese Verbindungen, sie sind keine Reiseziele.
Sie sind Seelenpfade.
Und manchmal… fährt die Straße dich
Ja, das klingt esoterisch.
Aber jeder, der mal nach einem persönlichen Tief einfach auf die Maschine gestiegen ist, weiß:
Du fährst nicht – du wirst gefahren.
Von der Straße. Von der Erinnerung. Vom Wind.
Sie trägt dich.
Bis du wieder selbst die Richtung wählst.
Die Straße kennt dich – und sie wartet
Also: fahr los.
Nicht nur, um anzukommen.
Sondern um dich zu bewegen – im Innersten.
Und wenn du dann irgendwo anhältst, den Helm abnimmst, die Stille einsetzt –
dann weißt du:
Diese Straße war kein Zufall.
Kapitel 5: Der Kodex lebt – Warum wir mehr hinterlassen als Reifenspuren
Es gibt eine Wahrheit, die auf keiner Landkarte steht und in keinem Navi gespeichert ist:
Wenn du auf einem Motorrad unterwegs bist, dann trägst du Verantwortung.
Nicht nur für dich.
Sondern auch für die, die nach dir kommen.
Einer hält immer an
Du kennst den Satz: „Einer hält immer an.“
Und du weißt auch: Das ist keine Floskel.
Das ist ein Versprechen unter Motorradfahrern.
Nicht geschrieben, nicht unterschrieben – aber tief eingebrannt in unser gemeinsames Verständnis vom Unterwegssein.
Wenn ein Biker am Straßenrand steht, ist es nicht deine Entscheidung, ob du hältst – es ist deine Pflicht.
Weil du es auch brauchst, wenn du mal stürzt.
Wenn du liegen bleibst.
Wenn du nicht mehr weiterweißt.
Und weil du genau weißt, wie es sich anfühlt, in der Ferne zu stehen und zu hoffen, dass irgendwo jemand den Mut, die Zeit und das Herz hat, nicht vorbeizufahren.
Der Kodex ist leise – aber unbestechlich
Dieser Kodex braucht keine Lautstärke.
Er braucht keine Abzeichen, keine Clubs, keine Helme in Einheitsfarben.
Was er braucht, ist Haltung.
Eine innere Verpflichtung, Mensch zu sein, wenn’s darauf ankommt.
Zu helfen, ohne zu fragen.
Zuzuhören, ohne zu urteilen.
Und manchmal einfach nur da zu sein – wortlos, aber präsent.
Denn manchmal braucht ein anderer Biker keine Schraube – sondern nur das Gefühl, nicht allein zu sein.
Was wir weitergeben
Wir denken oft in Kilometern, in Etappen, in Zielen.
Aber was wirklich zählt, ist das, was wir unterwegs hinterlassen.
Ein aufgefüllter Kanister.
Ein Werkzeug, das du verliehen und nie zurückbekommen hast.
Ein wärmendes Gespräch im Regen.
Ein Schulterklopfen an einer Grenze, an der der Mut schon müde war.
Diese kleinen Gesten bleiben.
Nicht auf Fotos. Nicht in Posts.
Sondern im Herzen des anderen.
Und irgendwann gibt er es weiter – an den Nächsten.
Und so lebt der Kodex weiter.
Still. Stark. Unaufhaltsam.
Wir sind mehr als nur Fahrer
Wir sind Brückenbauer.
Nicht nur zwischen Ländern – sondern zwischen Menschen.
Zwischen „Ich“ und „Wir“.
Zwischen „Fremd“ und „Vertraut“.
Bridging Roads ist keine Parole.
Es ist ein Versprechen.
Dass wir unterwegs nicht nur nehmen, sondern auch geben.
Dass wir nicht nur fahren, sondern auch fühlen.
Und dass wir, wenn der Tag kommt, an dem wir selbst liegen bleiben – nicht allein sein werden.
Wenn der Motor verstummt, spricht die Haltung
Egal, wie viele PS dein Bike hat.
Egal, wie teuer dein Helm ist.
Am Ende bleibt nur eines: Deine Haltung.
Wie du unterwegs bist.
Wie du mit anderen umgehst.
Wie du auf den Menschen blickst, der am Straßenrand steht – und nicht auf die Maschine.
Das ist der wahre Soundtrack des Motorradfahrens:
Der Klang der Menschlichkeit.
Der letzte Blick über den Spiegel
Und wenn wir irgendwann die letzte Tour antreten – mit vielleicht grauen Haaren, rostigen Knochen und leiserem Gasgriff –
dann zählt nicht, wie viele Länder wir bereist haben.
Sondern wie viele Menschen wir berührt haben.
Wie oft wir angehalten haben.
Wie oft wir da waren.
Ein Ehrenwort auf zwei Rädern
Der Kodex ist kein Vertrag.
Er ist ein Ehrenwort.
Ein stiller Handschlag.
Ein Blick unter dem Helm.
Ein Versprechen, das nie ausgesprochen werden muss – weil es gelebt wird.
Jeden Tag.
Auf jedem Kilometer.
Von dir. Von mir. Von uns allen.
Nachklang: Wenn aus Wegen Geschichten werden
Am Ende bleibt nicht viel.
Ein paar tausend Kilometer auf dem Tacho.
Schrammen am Tank.
Vielleicht ein kaputter Blinker.
Und ein Herz, das ein bisschen voller ist als vorher.
Weil du Menschen getroffen hast, die ohne Worte verstanden haben.
Weil du gesehen hast, dass man keine Sprache braucht, um Respekt zu zeigen.
Weil du erlebt hast, dass Hilfe manchmal einfach nur bedeutet, anzuhalten.
Bridging Roads – das sind wir alle
Vielleicht gibt es keine Gemeinschaft, die so leise und gleichzeitig so kraftvoll ist wie die der Motorradfahrer.
Keine, die so vielfältig ist – und sich trotzdem so einig.
Ob auf ’nem alten 125er-Einzylinder oder auf der dicken GS, ob auf der Harley, der KTM oder ’nem rostigen Gespann aus den 80ern – wir nicken uns zu.
Wir helfen.
Wir halten an.
Und wir zeigen der Welt da draußen:
Es geht auch anders.
Es geht menschlicher.
Es geht mit Herz.
Mach den Unterschied – auch wenn keiner zuschaut
Dieser Kodex, von dem ich hier schreibe – er ist nichts, was du posten musst.
Er ist nicht laut, nicht glänzend, nicht instagrammable.
Er ist echt.
Und das bedeutet:
Du lebst ihn auch dann, wenn keiner hinschaut.
Du gibst dein Wasser ab, auch wenn du selbst Durst hast.
Du ziehst jemanden aus der Panne, auch wenn’s regnet.
Du trittst auf die Bremse, weil jemand anderer Hilfe braucht – nicht Klicks.
Vielleicht retten wir damit nicht die Welt. Aber vielleicht retten wir einen Tag eines anderen Motorradfahrers.
Und manchmal reicht genau das.
Einen einzigen Tag eines Menschen ein kleines bisschen besser machen.
Wärmer.
Menschlicher.
Verbundener.
Denn wenn wir das alle tun – auf der Straße, im Leben –
dann retten wir am Ende doch mehr, als wir denken.
Ein letzter Gedanke für die nächste Tour
Nimm ihn mit. Diesen Kodex.
Pack ihn neben deinen Lappen, dein Flickzeug, deinen Respekt.
Er wiegt nichts – aber bedeutet alles.
Und wenn du wieder unterwegs bist, der Wind dich küsst, der Motor schnurrt –
dann denk daran:
Vielleicht wartet da draußen schon der Nächste auf dein Nicken.
Und dann – geht´s weiter.
Mit Herz.
Mit Haltung.
Mit offenen Augen.
Denn der Weg ist nie nur Straße.
Er ist immer auch eine Begegnung.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen da draußen allzeit gute und sichere Fahrt und vor allem, wundervolle Begegnungen und Erinnerungen.
Herzlichst
Baris
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bridgingroads · 3 months ago
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About Me – Baris: Father, Photographer, Motorcycle Traveler, Dreamer
Sometimes I wonder how I ended up here. Here—somewhere between adventure and responsibility, between dreams and obligations, between the safety of routine and the call of the open road.
I’m Baris, 52 years old, father of two wonderful daughters, photographer, motorcycle traveler, and someone who often asks himself a little too late: “What the hell am I doing?”
A Life Between Two Worlds
I was born in 1972 in Berlin, the son of Turkish immigrants. That meant growing up between two cultures, two languages, and two different perspectives on life. At home, there was tea and baklava; outside, it was döner and french fries. I learned early on how to navigate between traditions, bridging the gaps between people.
But as I got older, I felt a growing urge to see more of the world. I’ve seen quite a bit—but not nearly enough.
A Job Is Not a Calling
Like many, I followed the “responsible” path: working, paying bills, planning for the future. I’ve had various jobs—communication trainer, office work—but in the end, they were just that: jobs. They paid the bills, but they never fulfilled me.
And then came photography.
Learning by Doing – Becoming a Photographer Without a Clue
I never studied photography. No professor ever taught me how to set up lighting or which aperture to use. To be honest? When I started, I had no idea what an aperture even was.
ISO? Shutter speed? Exposure compensation? Sounded like rocket science.
But I had a camera. And a passion. So I started experimenting, failing, improving, learning. Learning by doing—that’s my philosophy. Today, I don’t just understand cameras; I understand the stories behind the people I photograph. Because great photography isn’t just about technique—it’s about emotion, connection, and the moments in between.
Motorcycles: A Passion Without Mechanical Skills
My other great love? Motorcycles.
With one small catch: I have no idea how they work. If the engine runs, I’m happy. If it doesn’t, well… I need help.
I started out on a way-too-heavy Triumph Trophy 900, a bike about as suitable for beginners as a Formula 1 car for driving school. Then came a series of BMWs, followed by a detour into scooters—before finally returning to a real motorcycle: First a Fantic Caballero 700 and now a Fantic Caballero 500 Rally.
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(My Fantic Caballero 700, with the beautiful Yamaha CP2 engine. Sold!)
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(My Fantic Caballero 500 Rally MY 2024)
Why motorcycles? Because they mean freedom. They force you to be present. You don’t just see the road—you feel it.
And because motorcycles connect people. Everywhere in the world, there are riders, mechanics, roadside cafés filled with stories. Motorcycles are bridges between cultures.
Family: Loud, Big, and Loving
I’m not just a father—I’m also a son, a brother, and an uncle. I’ve always been surrounded by a big family—four brothers, two sisters, countless nieces and nephews.
My parents, who passed away in 2018 (my mother) and 2023 (my father), taught me that family isn’t just about blood. Family is the people who stay with you—no matter where the road takes you.
Maybe that’s why I love talking to strangers on my travels. Because I know: Everyone has a story. And sometimes, a stranger becomes a friend.
Bridging Roads – A Name with Meaning
It took me a long time to find the right name for my journey. Bridging Roads.
Why? Because roads aren’t just asphalt—they’re connections. They take us to new experiences, new people, new perspectives.
Travel should unite, not divide. It should spark curiosity, not fear. Anyone who travels learns that the world isn’t black and white—it’s full of colors, full of stories, full of possibilities.
And that’s exactly what I want to capture with my camera and my motorcycle.
A Little Crazy—But Just Right
I know my plan sounds crazy. Quitting a secure job at 52? Embarking on a long motorcycle journey with zero mechanical knowledge? Trusting the unknown?
But honestly—isn’t it crazier to spend your whole life dreaming and never actually start?
So I’m packing my camera, loading my bike, and setting off. I have no idea what’s waiting for me. But I do know one thing: Every journey is a story worth telling.
And who knows—maybe my story will inspire you to find your own road.
So: Follow me, join the adventure, share your thoughts. And maybe, just maybe, we’ll cross paths out there—on one of the many roads that connect us all. 🚀🏍
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bridgingroads · 3 months ago
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Über mich: Vater, Fotograf, Motorradreisender, Träumer
Manchmal frage ich mich, wie ich hier gelandet bin. Hier – in einem Leben, das sich ständig zwischen Abenteuerlust und Vernunft bewegt, zwischen Träumen und Verpflichtungen, zwischen dem sicheren Boden und der offenen Straße.
Ich bin Baris, 52 Jahre alt, Vater von zwei wundervollen Töchtern, Fotograf, Motorradreisender und jemand, der sich immer ein bisschen zu spät fragt: “Was mache ich hier eigentlich?”
Ein Leben zwischen zwei Welten
Geboren wurde ich 1972 in Berlin als Sohn türkischer Einwanderer. Das bedeutete von Anfang an: Zwei Kulturen, zwei Sprachen, zwei Perspektiven auf die Welt. Zuhause gab es Çay und Baklava, draußen in Berlin Döner und Currywurst. Ich wuchs in einem Umfeld auf, das mich lehrte, Brücken zwischen Menschen zu bauen – zwischen Sprachen, Traditionen und Lebensweisen.
Doch je älter ich wurde, desto mehr spürte ich: Ich wollte mehr von der Welt sehen. Ich wollte reisen, mich treiben lassen, herausfinden, was jenseits der vertrauten Straßen liegt. Ich habe einiges gesehen – aber noch lange nicht genug.
Berufe sind nicht gleich Berufung
Wie viele andere bin ich den klassischen Weg gegangen: Arbeiten, Rechnungen bezahlen, die Zukunft planen. Ich habe verschiedene Jobs gemacht, war Kommunikations­trainer, hatte Büro­jobs – aber am Ende waren das alles nur Mittel zum Zweck. Ich habe nie das Gefühl gehabt, wirklich meine Berufung zu leben.
Und dann kam die Fotografie.
Learning by Doing – Wie ich Fotograf wurde, ohne zu wissen, was ich tue
Ich bin kein klassisch ausgebildeter Fotograf. Niemand hat mir in einer Akademie beigebracht, wie man Licht setzt oder welche Blende die richtige ist. Ganz ehrlich? Als ich anfing, wusste ich nicht einmal genau, was eine Blende ist.
ISO? Belichtungszeit? Korrekturwerte? Klingt nach Raketenwissenschaft.
Aber ich hatte eine Kamera. Und eine Leidenschaft. Also habe ich ausprobiert, gelernt, verworfen, verbessert. Learning by doing – meine Lebensphilosophie. Heute kann ich nicht nur mit einer Kamera umgehen, sondern verstehe auch die Geschichten hinter den Menschen, die ich fotografiere. Denn ein gutes Foto ist nicht nur Technik – es ist Emotion, Begegnung, Verbindung.
Motorradfahren: Ein Traum ohne Ahnung von Mechanik
Meine andere große Liebe: Motorräder.
Allerdings mit einer kleinen Einschränkung: Ich habe keine Ahnung, wie sie funktionieren. Wenn der Motor brummt, ist alles gut. Wenn nicht, dann… nun ja, dann brauche ich Hilfe.
Angefangen habe ich mit einer viel zu schweren Triumph Trophy 900, einem Motorrad, das für Einsteiger ungefähr so geeignet ist wie ein Formel-1-Wagen für die Fahrschule. Danach kamen diverse BMWs, dann ein Abstecher zu Scootern – bis ich schließlich wieder bei einem richtigen Motorrad gelandet bin: zunächst bei einer Caballero 700 und letztendlich bei einer Fantic Caballero 500 Rally.
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(Das war meine erste Fantic - Eine Caballero 700 mit dem bewährten 2 Zylinder Yamaha CP2 Motor. Leider bereits verkauft.)
Warum Motorräder? Weil sie Freiheit bedeuten. Weil sie dich dazu zwingen, präsent zu sein. Weil du den Wind, die Straßen und die Landschaft nicht nur siehst, sondern fühlst.
Aber auch, weil Motorräder dich mit Menschen verbinden. In jedem Land gibt es Motorradfahrer, Schrauber, Werkstätten, kleine Cafés, in denen sich Gleichgesinnte treffen. Motorräder sind Brücken zwischen Kulturen.
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Das ist meine aktuelle Fantic Caballero 500 Rally MY 2024, mit der ich viele Reisen unternehmen möchte.
Familie: Groß, laut, liebenswert
Ich bin nicht nur Vater, sondern auch Sohn, Bruder und Onkel. Mein Leben lang war ich umgeben von einer großen Familie – vier Brüder, zwei Schwestern, unzählige Nichten und Neffen.
Meine Eltern, die 2018 (meine Mutter) und 2023 (mein Vater) verstorben sind, haben mich gelehrt, dass Familie nicht nur durch Blutsbande definiert wird. Familie sind die Menschen, die dich begleiten, egal wohin deine Reise geht.
Vielleicht ist das einer der Gründe, warum ich mich auf meinen Reisen so gerne mit Fremden unterhalte. Weil ich weiß: Jeder Mensch hat eine Geschichte. Und vielleicht wird aus einem Fremden ein Freund.
Bridging Roads – Ein Name mit Bedeutung
Lange habe ich nach einem Namen für mein Projekt gesucht. Bridging Roads.
Warum? Weil Straßen nicht nur Orte sind, auf denen wir fahren – sie sind Verbindungen. Sie führen uns von einem Ort zum anderen, bringen uns zu neuen Erfahrungen, zu neuen Menschen, zu neuen Perspektiven.
Reisen sollte uns verbinden, nicht trennen. Es sollte Neugier wecken, nicht Angst. Wer reist, lernt, dass die Welt nicht schwarz-weiß ist, sondern voller Farben, voller Geschichten, voller Möglichkeiten.
Und genau das ist es, was ich mit meiner Kamera und meinem Motorrad einfangen will.
Ein bisschen verrückt – aber genau richtig
Ich weiß, dass mein Plan verrückt klingt. Mit 52 einen sicheren Job aufgeben? Sich ohne große Mechanik-Kenntnisse auf eine Langstrecken-Motorradreise begeben? Sich auf ungewisse Begegnungen einlassen?
Aber mal ehrlich: Ist es nicht viel verrückter, sein Leben lang zu träumen – und dann nie loszufahren?
Also packe ich meine Kamera ein, schnalle meine Taschen auf das Motorrad und fahre los. Ohne zu wissen, was mich erwartet. Aber mit der Gewissheit, dass jede Reise eine Geschichte wert ist.
Und wer weiß – vielleicht inspiriert meine Geschichte ja auch dich, deine eigene Straße zu finden.
Also: Folge mir, begleite mich, erzähl mir deine Gedanken.
Und vielleicht sehen wir uns irgendwo da draußen – auf einer der vielen Straßen, die uns verbinden. 🚀🏍
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