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eatingnomad · 6 years ago
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Das halbe Gehirn
Mein Tag besteht aus Zahlen. Das letzte was ich vor dem Einschlafen sehe, ist die Anzahl der Stunden, bis ich wieder aufstehen muss. Das berechnet mein Handy für mich, sobald ich meinen Wecker stelle. 8 Stunden sind gut, 5 Stunden weniger. Mein Handy teilt mir diese quantitative Information wie selbstverständlich mit und ich verlasse mich darauf. Genauso wie darauf, das mein Wecker jeden Morgen um 06.20 Uhr klingelt. Wieder 4 Zahlen, die mein Leben bestimmen. Um exakt 07.15 gehe ich aus dem Haus. Ich gehe 15 Minuten zur Bushaltestelle und nehme um 07.30 Uhr die 171, die mich dann zu meinem Arbeitgeber bringt. Dort sitze ich um 07.50 Uhr an meinem Schreibtisch und starre auf die Uhr. Ärgere mich, wenn es doch später geworden ist, weil der Bus mal wieder ausgefallen ist und ich 10 Minuten auf den nächsten warten muss. Ich starte meinen Computer, der mich nach dem PIN fragt, um die Festplatte zu entsperren, auf der sich alle meine beruflichen Erfolge befinden, über die ich mich definieren kann. Endlose Excelspreadsheets, die trotz ihrer Endlosigkeit auf 104.500 Zeilen begrenzt sind. Buchungskreise, Bilanzpositionen, Kontostände, Kennzahlen, Quoten, Hirntot. Während meine linke Gehirnhälfte jubiliert und in den Zahlen auf dem Bildschirm verzweifelt Muster und Bedeutung zu erkennen versucht, verliere ich Stück für Stück meine Meinung zu Allem. Die gebe ich Montags gemeinsam mit meiner Kreativität und meiner Begeisterungsfähigkeit an der Stempeluhr ab und vergesse sie dort nach Feierabend, während meine Gedanken um Kosten und Personalzahlen kreisen.
Die Synapsen meiner rechten Gehirnhälfte sind gelähmt.  Es ist 21.11 Uhr und ich sorge mich darum, dass mein kreatives Wachkoma meine beruflichen Leistungen negativ beeinflusst, weil andere Kollegen originellere Ideen haben als ich. Mein Selbstverwirklichungsdrang unterwirft sich der Leistungsgesellschaft ohne mit der Wimper zu zucken und bringt ihr morgens auch noch den Kaffee an den Schreibtisch. Das erscheint mir zumindest für den Großteil der Zeit sinnvoll, damit ich am Ende des Monats 1.300 EUR auf mein Konto überwiesen bekomme, die ich dann für Dinge ausgebe, die mir die Illusion verschaffen sollen, ich sei ein Freigeist, statt einer 45-jährige Buchhalterin im Körper einer 24-jährigen. Pulli einer Skatermarke für 78€, Acai Smoothie für 3,79€ und manchmal heimlich eine Packung Marlboro Red für 7€. Während meine linke Gehirnhälfte registriert, dass das mal eben 89€ sind, die ich aus dem Fenster schmeiße, hat meine rechte Gehirnhälfte sich nach der Überanstrengung, die es sie gekostet hat, diesen Text zusammenzuschustern, erschöpft wieder hingelegt. 
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eatingnomad · 7 years ago
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Mainz & Frankfurt - bis zum nächsten Mal!
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eatingnomad · 7 years ago
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Mainz - Madrid
Heute ist Sonntag und ich habe angefangen, meine Kartons zu packen. In zwei Wochen heißt es wieder umziehen, für ein halbes Jahr in ein neues zu Hause. Diesmal wird es Madrid - bisher habe ich in Hamburg, Kopenhagen und zuletzt in Mainz gewohnt. Am gespanntesten bin ich auf das spanische Lebensgefühl dort - die Menschen, das Essen, den Wein, die Musik, und das alles am besten die ganze Nacht in den Straßen.
Einen Tapetenwechsel kann ich jetzt gut gebrauchen, nostalgisch bin ich nicht. Die letzten Monate waren auszehrend, meinen letzten Arbeitstag kann ich kaum erwarten. Ich kann mich zu kaum noch etwas aufraffen, habe keine Energie mehr mich um Dinge zu kümmern, die mir eigentlich am Herzen liegen. In Madrid will ich mich hoffnungslos in die kleinen Gassen verlieben und wieder aufblühen. Alles nachholen, was ich in den letzten Monaten zu kurz kommen lassen habe. Naja, die Erwartungshaltung ist dann vielleicht doch etwas ambitioniert, ein paar gute Tapas reichen mir eigentlich schon. Etwas mehr Leben im Alltag als hier. 
Ob mir das gelingt, werden wir sehen. 
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