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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Not okay.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Ihrem Bericht vom 06. Oktober sprechen Sie davon, dass die National Rifle Assassination Association (NRA) “Überlegungen ihren Segen [gibt], sogenannte "Bump Fire Stocks" oder auch ‘Bump Stocks’ zu verbieten.” Dies ist im Grunde richtig, dennoch sehen wir die Gefahr, dass mit dieser Formulierung die Tatsachen verzerrt wiedergegeben werden.
Beim Lesen Ihres Berichts entsteht der Eindruck, dass die NRA damit zu einem Vorschlag Stellung nimmt, der bereits existiert. Das ist falsch. Der Vorschlag selbst kam von der NRA.
Die NRA verfügt über mehrere unabhängige Ermittlerteams. Diese finanzieren sich hauptsächlich aus einem Spendenfonds für die Aufklärung von Gewaltverbrechen. Die Geldgeber für diesen Fonds sind allesamt Mitglieder der NRA, die sich unmittelbar für eine schnelle und gründliche Aufklärung von Verbrechen mit Schusswaffeneinsatz einsetzen und somit die Kriminalitätsrate senken wollen. Dank dieser gerechtigkeitsliebenden amerikanischen Staatsbürger war es uns möglich, direkt nach der furchtbaren, furchtbaren, grauenvollen, sehr sehr schlimmen Schießerei das allererste Ermittlerteam vor Ort einzusetzen.
Dieses Team hat im Zimmer des Täters folgende Gegenstände sichergestellt: Ein paar Turnschuhe. Eine Zahnbürste. Ein elektrischer Rasierapparat. Zwölf Gewehre. Zwei Wildledergürtel. Zwei leere Getränkedosen. Eine angebrochene Packung Kaugummi. Eine Jogginghose. Ein paar Jeans. Acht Bump Stocks.
Wie Sie richtig schreiben, sind Bump Stocks Aufsätze aus Plastik für halbautomatische Waffen. Mit diesen lassen sich halbautomatische Waffen ähnlich wie vollautomatische im Schnellfeuer bedienen. Deswegen hat die NRA - und ich betone an dieser Stelle erneut: als erste - diese acht konfiszierten Bump Stocks als gefährliche Gegenstände eingestuft. Die Vermutung liegt nahe, dass die Bump Stocks diese Tragödie erst ausgelöst haben. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ohne die Bump Stocks viele Menschenleben verschont worden wären.
Aus diesem Grund haben wir in unseren eigenen Reihen ein Komitee gegründet, das den Vorschlag zur Abschaffung, oder zumindest Beschränkung, der Bump Stocks erarbeitet hat.
Wir möchten noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Diskussion auf unser Bemühen hin angeregt wurde. Wir bitten Sie daher, Ihren Artikel dahingehend zu ändern, dass das auch jedem Leser verdeutlicht wird. Und nicht nur das: Weiterhin wurde der Vorschlag eingereicht, vorsorglich auch den Verkauf von elektrischen Rasierapparate sowie Kaugummis der fraglichen Marke zu verbieten, da diese offensichtlich für ein Attentat oder zumindest dessen Planung verwendet wurden. Denn Sicherheit geht vor.
Abschließend möchten wir noch erwähnt wissen, dass zwischen unserem o.g. Vorschlag und der rasant ansteigenden Nachfrage nach Bump Stocks keine Verbindung besteht. Jegliche Spekulationen, dass diese Entwicklung gar von uns intendiert sein könnte, weisen wir mit aller Vehemenz von uns. Auch mit der für die kommende Woche geplanten Rabattaktion (pay 5, get 7) bei Wal-Mart und der Spontanaktion (”jetzt nur unschlagbare $14,99″) bei Safeway haben wir rein gar nichts zu tun.
Wir würden es begrüßen, wenn Sie uns baldmöglichst einen aktualisierten Link sowie ein korrigiertes Belegexemplar zukommen lassen. Best, Cleve Cannon, Sprecher d. Geschäftsführung National Rifle Assassination Association
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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„...die Geschichte ist ein Loop…“
...und beim Blick auf den Aufkleber meiner Shampooflasche kann ich dazu nur (rhythmisch) mit dem Kopf nicken. Denn wie‘s aussieht, sind wir jetzt endlich wieder in der Zeit angelangt, in der Shampoos schäumen, wirken UND sogar duften! Wir lassen die Ära der ungepflegten Zottelköpfe hinter uns, in der wir uns mit im besten Falle mit geruchlosem Flusswasser den Kopf wuschen. Hängt die gepuderten Perücken wieder für ein paar Jahrhunderte an den Haken! Ein hoch auf die Evolution der Kosmetikindustrie!
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Zwei Minuten Verunsicherung
Das wogende Federmeer schillert in Eidottergelb, Orange und Vollmilchschokoladenbraun. Darin lebt, als Gleiches unter Gleichen, ein blindes Huhn. Es ist ohne Augenlicht geschlüpft, es weiß nicht, dass es blind ist. Genauso gut könnte es ein blinder Fisch im Schwarm sein, vielleicht auch ein blinder Vogel in der Schar. Seit es lebt, lebt es dicht gedrängt an andere Hühner. Warme Leiber der gleichen Art wie sein eigener umgeben es, es könnte nicht einmal umfallen, ausgeschlossen, dass es den Weg zur Futterrinne nicht findet, denn es treibt dahin, durch die Stallanlage, unerkannt, in Dunkelheit und dem an- und abschwellendem Lärm von Federviehglucksen. Es braucht keine Instinkte, es treibt durch das Federmeer und durch sein Leben. Sein Körper erfährt absolute Sicherheit: er bewegt sich eingepfercht und doch ziellos. Sein Geist: Frei von den Verpflichtungen des Überlebensinstinktes, frei von den Sehnsüchten, die die Bilder jenseits der Zäune hervorrufen. Das blinde Huhn ist von außen und von innen behindert, es kann nicht viel und weiß nicht viel, und wenn irgendjemand all das wüsste, dann wüsste er auch: Es ist das glücklichste in der Menge.  
Der Holzzaun besteht aus Pflöcken und Querbalken, alle ähnlich dick, aber unregelmäßig geformt. Die Fasern der Pflöcke klaffen weit auseinander. Jahrelanger Sonnenschein, Nebel, Regen und Frost, ein einziges Quellen, Dehnen und Zerren. Sie haben den fahlen Ton von gegartem Rindfleisch, wettergegerbt, wettergeglättet, auf den ersten Blick sieht man auch all die bereits ausgewaschene Farbe an und ihre Morschheit. Dicke, rostige Nägel halten sie zusammen und bluten langsames Rostrot aus den Wundrändern. Jenseits: plötzlich unberührtes Gras, ein struppiger Grünstreifen, glänzende Inseln aus dünnen, elastischen Halmen, matte Inseln aus zähen, alten Grasbändern, Inseln aus samtigen Wegerichblättern. Der Wegesrand, wo vernarbtes Gras den Staub der Landstraße aufnimmt und dann die Landstraße, wo der Staub das Gras aufnimmt. Staub und Schotter, tote Materie, aber ohne Wurzeln, kullernd, rieselnd, nie zwei Tage gleich und ohne aus Mutter Erde hochgesogene Farben. Der Weg ist eigentlich weiß, aber was das Auge als weiß sehen könnte, macht das Gehirn zu etwas anderem, weil es weiß, dass dies eine Landstraße ist. Dreckfarben, vielleicht eierschalenfarben. Dann wieder vereinzeltes Gras im Staub, Staub im Gras, Gras, ein bescheidener Graben ohne Wasser. Eine kleine Senke, in deren Schatten sich saftige Inseln, faserige Bänder und Kraut wiederholen. Dann ein Stoppelfeld,  mehr Geruch als Farbe. Die modrigen Brauntöne erwachen zum Leben, wenn man in sie eindringt. Verschieden starke Halme brechen, die dicken feuchten knicken fast geräuschlos, widerspenstig knacksend brechen die dünnen, trockenen. Verhaltene, feuchte Geräusche, wenn sich die Schuhsohle aus dem Feld zurückzieht und die Halme sich langsam wieder aufrichten, die trockene Version eines Schmatzens.
All das ist zu weit weg, um an die erstickten Sinnesorgane der Hühner zu gelangen. Die Randhühner scharren nur, weil sie sehen: Grün, so etwas wie weiß, perspektivisch verzerrt noch einmal schmales Grün, dann Braun und Ocker, und darüber, wenn sie den Kopf schräg legen, das größte Blau, das auf der Welt möglich ist, geruchloses, geräuschloses, makelloses Blau. Das sehen die Hühner, bis auf eines.
Das eine, das nicht sieht, steht jetzt auf dem Gras jenseits der rindfleischfarbenen, zerfurchten Pflöcke, denn einer davon ist abgebrochen und hat einen Durchgang mit einem kurzen, faserigen Stumpf in der Mitte geöffnet. In dem Moment, als der Körper des blinden Huhns durch diesen Durchgang hinausgeschoben wurde aus der absoluten Sicherheit, hörte sein Geist auf, der glücklichste von allen zu sein. Das Huhn wusste das nicht. Es war ahnungslos und aufgeschlossen. Es spürte nur, es hörte und es roch. Das Gegacker wurde leiser. Die Steine der Landstraße waren an den Füßen spitzer und härter als das Gras beim Zaun, auch wärmer. Aus dem Stoppelfeld kam satter warmer feuchter Duft. Frei zu stehen war anders als im engen Knäuel. Das Huhn stand wackelig, weder glücklich noch unglücklich, und war damit beschäftigt wahrzunehmen. Es war so dumm und so unvoreingenommen. Als ein nie genutzter Selbsterhaltungstrieb zu ersten Mal schrille Warnsignale aussandte, brauchte das sehr blinde Huhn so lange, um zu entschlüsseln und zu reagieren, dass der türkisfarbene Twingo es schon lange überfahren hatte.
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Dieses
Noch gehöre ich zu den Menschen, die sagen „ich habe beim Asiaten gegessen“, in einer jahrelang gepflegten Bildungslücke, was die Vielfalt der Länder angeht, der Sprachen, der Phänotypen, der Küche. In vollendeter Ignoranz decke ich mit meiner Wortwahl einfach so viel Fläche der Erdkugel ab, dass ich nur richtig liegen kann. Als Tourist war ich noch nicht in diesem Asien, und bis sich das ändert, lebe ich meine touristische Neugierde eben den kleinen Nervenzellen fernab des Rückenmarks aus: in Imbissbuden, wo alles von Knolle bis Vierbeiner in einen Wok geschmissen wird.
Doch nun bin ich die längste Zeit nicht in Asien gewesen. In absehbarer Zeit werde ich eine Gelegenheit bekommen, bis ins Mark zu gehen und mir – zumindest ausschnittsweise – ein eigenes scharfes Bild zu machen (noch schärfer als Nummer 4).
Dazu gehört auch, mir einen politisch korrekten und differenzierten Wortschatz zuzulegen. Was automatisch geschieht, wenn man mal die Möglichkeit hatte, offene Augen auf offensichtlich vorhandene Unterschiede zu richten. Bis dahin aber, man merkt es schon an der Einleitung, schere ich mit Wonne über einen Kamm. Ich reise in bestmöglicher Socken-in-Sandalen-Mentalität „zum Asiaten“ und freue mich wie ein ordentlicher Tourist an jedem Klischee, das ich bestätigt sehe. Es gibt ja aber auch wirklich bei allen diesen Asiaten die gleiche Speisekarte. Sie hängt immer an großen Leuchtwürfeln über der Theke. Sie beinhaltet immer Schreibfehler. Und verpixelte Bilder von (wahrscheinlich schon zu Lebzeiten verpixelter) „gebraten Ente“. Hygienische Fragwürdigkeit gehört auch in Deutschland unbedingt dazu.
Wie man weiß, bestellt man beim Asiaten immer nur mit Nummer (weil beim freundlichen Gegenüber oft ein sehr gutes Zahlengedächtnis die Kluft zwischen dem asiatischen und dem deutschen Lautinventar schließt. Ist also für alle Beteiligten besser so). Ich bestelle drei und vier, Suppe und Mini-Fühlingsrollen. Die Würfel sind ein wiederkehrendes Muster: Auf der Speisekarte dienen sie als Entscheidungshilfe. Meine Bestellung beinhaltet zwei grüne (beide Speisen vegetarisch) und einen roten (Suppe scharf).  
Sofort macht sich die emsige Thekenkraft daran, die Frühlingsrollen auf meinen Teller zu schaufeln. Wie sich das gehört, sind es kleine trockene Pakete, die auch aussehen, als wären sie mit Paketband eingewickelt. Auch dem Geräusch nach entsprechen sie allen Anforderungen an diese Mini-Frühlingsrollen vom Asiaten: Sie klingen hart und doch ledrig. Im Geiste setze ich also einen weiteren Haken auf der Checkliste Asia-Imbiss. Leider kann ich die Erkenntnis nicht verhindern, dass die Dame Thailändisch spricht. Denn als sie einem anderen Gast mitteilt, dass es am Tisch Chili gibt, falls es nicht scharf genug ist, liefert mir ihre Aussprache einen eindeutigen Herkunftshinweis. In meinem Kopf erwacht nämlich ein tief vergrabenes Bild aus Uni-Zeiten zum Leben und steht mir plötzlich glasklar vor Augen: Eine thailändische Kommilitonin hält im Kurs „Deutsch als Fremd- und Zweitsprache“ in solidem, aber stark gefärbtem Deutsch ein Referat. Es geht darum, wie ihre Landsleute die Aussprache des Deutschen lernen. Sie erklärt uns: “Auf Thailändisch spreken bir alles voone aus. Mit Lippen. Hinter die Lippen, bei uns is alles tot“). Das war’s also mit Asia-Imbiss. Schade. Ok, dann esse ich eben beim Thai-Imbiss. Bitte nicht noch konkreter werden.
Der Kollege am Wok sagt etwas zur Thekenkraft. Es könnte ein Befehl sein oder ein Witz. Sie könnte schockiert sein oder belustigt, denn sie fährt abrupt herum. Dabei nimmt eine Frühlingsrolle den Schwung mit und fällt zu Boden, landet außerhalb meiner Sicht, schlittert dem Geräusch nach aber noch ein paar Meter. Der asiatische (na gut, thailändische) Dialog ist zu Ende, die Thekenkraft dreht sich zurück und bemerkt verdutzt das Fehlen einer Rolle auf dem Teller in ihrer Hand. Verzählt kann sie sich nicht haben. Wie gesagt, ausgezeichnetes Zahlengedächtnis. Deswegen ist ihr wahrscheinlich gleich klar, wo sich das abtrünnige Kleingebäck befindet. Sie schaufelt mir also eine Ersatzrolle auf den Teller und stellt ihn auf den Tresen, wobei die Ersatzrolle und ihre fünf Gefährten noch einmal bedenklich nah an den Tellerrand schlingern. Dann dreht sie sich um, und während sie, wie ich vermute, meine Suppe in Auftrag gibt, bückt sie sich zielsicher, treibt die verlorene Rolle auf und wirft sie mit geübtem Schwung zurück in den Behälter. Ich freue mich wieder über ein bestätigtes Klischee. Dann darüber, dass diese Frühlingsrolle nicht auf meinem Teller gelandet ist. Dann höre ich ganz schnell auf, den Gedanken zu verfolgen.
Als nächstes sehe ich aus der Ferne, wie Suppe geschöpft wird. Im reichen Schwall gehen auch einige unförmige, weiße Stückchen mit in die Schüssel nieder, das kann eigentlich nur Huhn sein. Wie man immer sagt – und ganz offensichtlich auch zu Recht –, wie man also weiß, darf man in Asien das Vegetariertum nicht zu eng sehen. Frohen Mutes beschließe ich, einfach drumherum zu löffeln.
Als ich mit Rollen und Suppe am Tisch sitze und den erstaunlicherweise metallenen Löffel (weiß man ja, dass die eigentlich diese Löffel aus Porzellan haben dort) eintauche, muss ich mir eingestehen, dass das mit dem Huhn eine falsche Unterstellung war. Es ist kein Huhn. Natürlich ist es Tofu! Würfelförmig. Genau wie die Auberginen. Es dümpeln auch ein paar Bananen. Ordnungsgemäß einige undefinierbare Gemüsesorten. Alles gerade ein bisschen zu groß, um es manierlich und geräuschlos zu verzehren. Alles ein bisschen seltsam, außer die Tofuwürfel, die sich als Leerstellen im Geschmackserlebnis herausstellen – wie immer. Alles hat die gleiche Konsistenz (wie machen die das?). Warme Bananenrädchen, am Rand schon in Auflösung begriffen, wie befremdlich. Alles ein bisschen seltsam, aber schmeckt. Nach diesen asiatischen Gewürzen eben.
Dann ein Schock: Beim zweiten oder dritten Bananenrädchen fällt mir auf, dass Karottenrädchen eigentlich ganz ähnlich schmecken. Karotten kommen in den meisten meiner Suppenrezepte vor. Ergo: Bananen in der Suppe sind womöglich genauso normal wie Karotten in der Suppe.
Es hat begonnen. Es ist nicht mehr wie früher. Ich beginne bereits, Sandalen und Socken abzustreifen. Plötzlich habe ich es eilig. Jetzt heißt es: Schnell aufessen und dann ab nach Asien.
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Die Vermessung des Freundeskreises - Teil 2: Ein Hoch auf die Einlassstempelindustrie!
Gute Freunde kann niemand trennen, guten Freunden gibt man ein Nüsschen, gute Freunde schreiben einem Briefe, gute Freunde schenken einem Einhorn-Duschhauben, gute Freunde leihen einem im Nationalpark die Zahnbürste, mit guten Freunden fährt man nachts im Traum auf den Grünstreifen der Autobahn, um den trampenden Dieter Bohlen einsteigen zu lassen, sogar wenn der trampende Dieter Bohlen noch original aussieht wie zu Modern Talking-Zeiten und der fahrende gute Freund gar keinen Führerschein hat…
und mit guten Freunden steht man vielerorts Schlange. Zum Beispiel vor dem Eingang zum Club, zur Kneipe, zur Bar. Dann holt man sich einen Stempel und geht rein und die erste Gelegenheit, wieder rauszugehen, lässt nicht lange auf sich warten. Währen die guten Freunde, derentwegen man auf der Straße steht, gedankenverloren Rettchen rauchen, hat man Zeit, dem neuesten Zugang an der eigenen Abendgarderobe ein wenig Aufmerksamkeit zu widmen: Dem Einlassstempel.
Schnell fällt auf, dass dieser weder so willkürlich gewählt noch so naheliegend ist, wie man manchmal annehmen könnte. Während die guten, ebenfalls gestempelten Freunde inzwischen andernorts Nüsschen vergeben, schlendert ein ganz neuer Gedanke durch die wochenendlich entspannt baumelnden Gehirnwindungen: Der Einlassstempel ist KEIN Überbleibsel aus Kindertagen des Veranstaltungstechnikpraktikanten. Wahrscheinlich ist er nicht mal das beste Motiv unter schlechten aus einem saisonalen Stempelset vom Lebensmitteldiscounter. Während sich gute Freunde drinnen gleichermaßen übers verfügbare Klopapier freuen und über die Schlittschuhpinguine darauf wundern, ist man sich draußen schon ziemlich sicher, dass der Veranstalter diesen Stempel frühzeitig und vorsätzlich im Fachhandel erworben hat. Bis sich die guten Freunde Sorgen machen und einen auf der Straße suchen, hat man gerade noch Zeit, den Einlassstempel endgültig als das zu erkennen, was er tatsächlich ist, nämlich eine eigene Kunstform, die Elemente der Kunstgeschichte von barocker Vergänglichkeit bis hin zu eintagsfliegenartiger Pop Art-Symbolik in sich trägt. Und kurz bevor einen diese Erkenntnis zusammen mit einer Woge der Ehrfurcht überrollt, auf den Gehweg vor der Bar fesselt und alles vergessen lässt außer dem Wunsch, die zahlreichen Bedeutungsebenen des einmaligen Kunstwerkes auf der eigenen Epidermis zu entschlüsseln, ehe es unwiederbringlich im Schweiß (und) der Nacht zerfließt, kommen gute Freunde, um einen zurück auf den Tänzflohr zu retten.
Bevor ihr jetzt Mitleid bekommt, weil ich ja offensichtlich doch die Zeit hatte, mir all diese Gedanken zu machen:
...also, jedenfalls hat sich diese Teilstudie über einen Zeitraum von Ende Oktober bis Anfang Februar erstreckt. Dieses Mal vermessen wir also Einlassstempel und die dazugehörigen Veranstaltungen. Ich liefere euch die Musik und den Ort – wer hat aufgepasst im Kunstunterricht? Welcher Stempel zu welcher Party?
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ELEKTRO mit Kid Simius in RAVENSBURG
BUNT GEMISCHT in STUTTGART
TECHNO in AUGSBURG
ELEKTRO in MÜNCHEN
LESUNG in AUGSBURG
BUNDESLIGATURNEN in BACKNANG
POOL-KONZERT in AUGSBURG
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Hüte
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Falco, Kurt, lirum larum... Heute wäre übrigens David Foster Wallace 55 geworden. Ziemlich cool vom Universum - er der Schnaps und ich das Viertele. Aber leider hat der ja auch schon seinen Hut genommen, während ich meinen nur lüpfe.
Schade, dass du weg bist. Hättest du nicht den antiquierten Weg von schwarzen Buchstaben auf weißem Papier zu den Herzen der Menschen genommen, du würdest heute auf jedem Radiosender gespielt.
Danke! Bis dann.
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Die große Augsburger Rollenverteilung
Vielleicht erinnert sich der geneigte Leser an den größten Fehlkauf des Jahres 2016. Das wahre Ausmaß der Tragödie sollte sich jedoch erst im Nachgang offenbaren: Fortan verhöhnten mich Rentiere und Pinguine auf Schlittschuhen bei jedem Gang ins Bad und streuten Zimt in die Wunde.
Seit Anfang November blockierte der Albtraum auf Rollen in sechsfacher Ausführung gut die Hälfte meines Stauraums im Bad. Eine Umfunktionierung zum Endlostaschentuch o.ä. kam aus olfaktorischen Grünen nicht in Frage, andererseits widerstrebt es mir, fehlerfreie Originalware wegzuwerfen, nur weil‘s dann doch nicht gefällt. Und es gibt kaum jemanden in meinem Umfeld, den ich so wenig mag, dass ich ihm das Klopapier aus der Hölle vermachen hätte wollen. Es hatte alles in allem den Anschein, dass ich Konsumdödel in die Marketingfalle getappt war und mit vorweihnachtlich umnebelten Sinnen einen indiskutabel zweckfreien Schrott erworben hatte, der zusammen mit all den anderen indiskutabel zweckfreien Gegenständen, die die Vorweihnachtszeit und ihre die Nippesindustrie ankurbelnden Auswüchse (an Wichteln habt ihr jetzt gedacht!)  hervorbringt, ein Schattendasein in einer eigens dafür vorgesehenen Kiste fristen würde, in der bereits Teelichtgläser, goldbesprühte Platzdeckchen und Filzobjekte in allen Farben und Formen jahraus, jahrein darauf warteten, dass ich Bekanntschaft mit einer Person mit Faible für Filzobjekte und Platzdeckchen schlösse oder dass endlich jene Menge an Zeit verstriche, die einen gewissenlosen Rausschmiss rechtfertigt. Adoption oder Abwrack schienen die beiden Optionen zu sein, doch die Argumente hielten sich die Waage, und ich saß zwischen zwei Brillen.
Doch nach zahlreichen schlaflosen Nächten ging mir plötzlich ein Licht in LED-Qualität auf. Es war ein Irrglaube gewesen. Denn in Wahrheit ist es wie in der Küche des echten Lebens: Für jeden Topf gibt es einen Deckel. Oder eher wie am Theater: Für jede Rolle gibt es einen Arsch.
Ich musste und würde dieses Klopapier an Menschen in Notdurft verteilen. Denn es gibt Situationen, da scheißt man auf Pinguine mit Schlittschuhen. Um genau zu sein: Je länger der Abend, desto dünner die Rolle, davon können sämtliche Mädels ein Lied singen, die schon mal bis kurz vor Antritt der Putzkolonne in einem Club waren, in dem Hitze, Euphorie und Laute Musik den natürlichen Bierkreislauf beschleunigen. Das war die Lösung: win win win. Geteilter Bratapfel ist halber Bratapfel. Und die Augsburger Pinklerin, die sich nach mir in die Kabine begibt, würde den winterlichen Motivdruck wahrscheinlich nicht mal zur Kenntnis nehmen, geschweige denn sich daran stören. Das Detail, das mir die Verwendung unmöglich gemacht hat, würde in der Night-Out-Euphorie untergehen, ohne Schaden anzurichten. Und ich wäre nicht nur die Teile los, sondern hätte zusätzlich noch das stillvergnügte Wissen darüber, dass ich eine fremde Partyschwester vor einem echt lästigen Problem bewahrt habe, weil ich mein Klopapier mit ihr geteilt habe wie damals St. Martin seinen Mantel (womöglich auch so ein Vorweihnachtsfehlkauf. Roter Samt spricht ja schon für sich).
Gesagt, getan, die unerwünschten Rollen wurden nach und nach unter die Hintern des Volkes gebracht. Und weil ich zur Zeit sowieso auf den Geschmack von Fotoprojekten gekommen bin, ist eine schöne sanitäre Bilderserie daraus geworden. Augsburger Feiermeier können ja mal versuchen zu erraten, welches Klo zu welchem Laden gehört. Es freuten sich über die Papierspende folgende Etablissements: das Drunk‘n Monkey, Die Sackpfeife, das Weiße Lamm, das City Café, die Alte Liebe und die Soho Stage.
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Es freuten sich über die Papierspende folgende Etablissements: das Drunken Monkey, die Sackpfeife, das Weiße Lamm, das City Café, die Alte Liebe und die Soho Stage.
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Totale hibernale Inversion
Meine Damen und Herren, sie sehen hier die einzige Stelle auf dem gesamten Gehweg, auf der man nicht ausrutscht.
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Die feierliche Verleihung der Nobel-Eise
Da sind wir alle beieinanderversammelt und man darf stolz sein: wir haben es geschafft. Ein weiteres Jährchen ging ins Ländchen; oder auch: eine Nacht, die wir uns anstrengten, zum Tag zu machen, gab irgendwann auf; oder auch: wieder eine Stunde vergangen, oder auch nur eine Minute, diesmal nur eben mit besonders viel Brimborium - wie man‘s nimmt. Außer Frage steht eben nur, dass die Zeiger nach wie vor in der Kurve liegen, denen ist das alles Wurscht.
Der Januar noch ganz frisch also, hallöchen hallöchen, und somit genau der richtige Zeitpunkt, um ein paar Preise zu verleihen (Rückgabe innerhalb von vier Wochen zu den Öffnungszeiten am Schalter oder rund um die Uhr am automatischen Rückgabeterminal im Foyer). Was ich hiermit gerne tun möchte. Macht man ja traditionell zum Beginn des Kalenderjahres. Die Kategorien der Nobel-Eise lauten folgendermaßen:
1. Für wunderbare Postsendungen
2. Für mit dem Fahrrad zu dicht auffahren
3. Für Wäsche verfärben
4. Für Zunge verbrennen
5. Für mit dem Fahrrad zu dicht auffahren
6. Für frühzeitig verliehene Preise
7. Für doppelt verliehene Preise
Den ersten würde ich gerne an eine unschlagbare Briefe- und Paketschickerin nach Vietnam vergeben. Die kann aber leider nicht kommen, um ihn entgegenzunehmen, deshalb geht er an Bob Dylan.
Alle anderen gehen… OHA, an mich selbst!
Was, wie, an mich? Also das hätte ich ja nun überhaupt nicht erwartet. Wirklich, ich bin sprachlos. Danke. Vielen Dank. Lasst mich kurz einen Blick in mein kleines Taschenbuch: „Reden für Sprachlose“ werfen.
*räusper*
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Ja, und zum Schluss muss ich hier natürlich einigen Leuten danken, ohne die das nicht möglich gewesen wäre. Was heißt muss – will! Meine Gagschreiber – ihr habt immernoch die schönsten halterlosen Strümpfe. Otto, Anna, Ina, - ohne euch könnte ich nicht mal die Grundschulschreibschrift. Franzpunzel für’s Haarherunterlassen. Allen Vollbartträgern, die sich auf den Trimm-Dich-Pfad trauen. Weiter so! Dem Lindt-Weihnachtsmann, meinem größten Vorbild. Und Mutti für Brezeln jeder Form und Farbe.
Mensch, Mensch, also ich bin wirklich gerührt, was soll ich sagen. Aber für den Fall, dass sich dann jetzt bei so vielen Preisen jemand ein Beispiel an mir nehmen sollte, kann ich euch noch die guten Vorsätze für‘s nächste Jahr mitteilen: Gesünder leben! (Mehr) arbeiten! - 2018 dann.
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eiszeitfrettchenblog · 8 years ago
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Die Vermessung des Freundeskreises - Teil 1: Hand und Fuß
Für alle, die es noch nicht bemerkt haben: am heutigen 01.01. ist wider Erwarten das Jahr 2017 angebrochen. Ja, auch ich war überrascht. Das Vorhaben, die Berechnung des Freundeskreises noch 2016 zu starten, musste ich also zu Grabe tragen. Scheinbar wurde diese Entscheidung vom Zielpublikum jedoch freudig begrüßt, denn es haben - zumindest in Augsburg, aber auch andernorts, wenn ich nicht Opfer von Fake News geworden bin - zahlreiche Menschen zusammengefunden und die Veröffentlichung des ersten Teils mit Raketen, Wunderkerzen, Böllern, Luftschlangen und Konfetti gefeiert. Ach Mensch, das wäre doch nicht nötig gewesen! Aber danke.
Außerdem habe ich die Reihe ein bisschen umbenannt. Denn ehrlich gesagt handelt es sich um eine Vermessung. Die geht ja selbst bei Mathematikgenies wie Anna Netrebko oder meiner Wenigkeit der Berechnung voraus. Und wenn es ein Gebiet gibt, auf dem Anna und ich noch mehr glänzen als in der Mathematik, dann ist das zweifelsohne die Physik! Also eine groß angelegte physikalische Vermessung. Ausgangspunkt war, wie immer in der Naturwissenschaft, ein Gefühl, und zwar eines, das bestimmt jeder kennt. Nehmen wir an, ihr wichtelt im Freundeskreis. Bekommt ihr nicht bei jedem Geschenk, das ausgepackt wird, sofort eine Ahnung, von welchem Freund es ist? Geht das nicht schon bei der Verpackung los? Bei der Wahl des Geschenkpapiers? Oder vielleicht sogar bei der Art, wie der Kassenzettel beim Geschenkekauf in den Geldbeutel gefaltet wurde? Bei der Farbe der Socken, die besagter Freund am Tag des Karstadt-Besuchs trägt, und die zufällig genau mit dem Farbton der Bewerbungsmappe übereinstimmt, welche die entschlossene Mittvierzigerin, die jetzt besagtem Freund als Karstadt-Kassiererin gegenübersteht, am Eintrittstag des jüngsten Kindes in den Kindergarten eingesendet hat? Na? Na?
Jedem Wesen mit einem Quäntchen Menschenkenntnis ist irgendwie klar: Es gibt Zusammenhänge, wo man zunächst keine vermutet oder sieht. Man bekommt sie nur nicht zu fassen. Und deshalb lassen sie sich so schwer beschreiben, dass man auf hilflose und völlig ungrammatische Sätze zurückgreift wie zum Beispiel: “Dieses Geschenkpapier ist so Andi!”
Wird also Zeit, dass sich da mal jemand kümmert und eine Studie mit Hand und Fuß durchführt. Genau da geht die Vermessung des Freundeskreises los: Im Folgenden ein Querschnitt von befreundeten Füßen und Handschriften. Ihr seid herzlich eingeladen, mitzuforschen - wer kennt sich hier aus mit Menschen? Wer beweist detektivischen Spürsinn? Wer spüüüüüüüüürt den Zusammenhang zwischen Absatzhöhe und Zeilenabstand?
Welche Handschrift gehört zu welchem Fuß? 
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Die Lösung kommt zeitgleich mit Teil 2 der Serie. Ziemlich sicher noch dieses Jahr, falls mich der Jahreswechsel nicht wieder völlig überrumpelt. Und bevor ihr fragt: Die Versuchsanordnung und die Wahl der Parameter ist NICHT völlig willkürlich. Aber geheim.
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eiszeitfrettchenblog · 9 years ago
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Weichen und Zunder
Nach einer wahren Begebenheit.
Am ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 2016 entschloss man sich in der Familie S. aus E. zum ersten Mal, die echten Kerzen am Christbaum, die am Heiligabend noch unter dem paranoiden Kontrollstarren der Mutter S. an dem Versuch scheiternd, ihre Daseinsberechtigung durch das Aufrechterhalten einer möglichst regungslosen und unbedenklichen Flamme nicht zu verlieren, flackernd, tänzelnd und knisternd gebrannt hatten, nun doch endlich durch elektrische Pendants zu ersetzen. So erhellten am 25.12. besagte elektrische Kerzen das Wohnzimmer in einem Licht, das der Festtagsstimmung einen Hauch Schlachthausatmosphäre hinzufügte. Mutter S. fragte in die Runde, wie man die Neuerung fände, die einhellige Meinung lautete: "okay"; obwohl hiermit zwar durchaus dem wahrnehmbaren Rückgang in der Beleuchtungsqualität Ausdruck verliehen wurde, handelte es sich dabei hauptsächlich um ein "okay", das Gleichgültigkeit und Einvernehmen vermitteln sollte. Mutter S. fiel es trotzdem wie immer schwer, sich die offensichtliche Entwicklung zum Schlechten hin zu verzeihen, weshalb sie nicht müde wurde, zu betonen, dass einzelne und in die Halterungen echter Kerzen passende elektrische Kerzen eine recht neue Erfindung seien und die Flammendarstellung deswegen noch nicht naturgetreu möglich sei. Das fanden alle okay. Zudem seien diese elektrischen Kerzen teuer gewesen und Mutter S. könne nunmal einfach besser entspannen. Auch das fanden alle durch und durch okay.    
Am späten Abend des 25. dann, als die heilige Dreifaltigkeit, bestehend aus Vater, Mutter, Kind, tiefenentspannt und voll okay in seligem Halbschlaf auf der Couch vereint einen zur Ereignislosigkeit der Feiertage umgekehrt proportional ereignisreichen ARD-Krimi genoss, wurde das an just diesem Tag betretene Neuland zum für alle Zukunft in Beton gegossenen Weg der Tradition: Denn ohne Grund und so langsam, dass man es gar nicht wahrnehmen konnte, begann sich die Nordmanntanne in Richtung Kaminofen zu neigen und fiel, weich abgefedert durch noch saftig dicht benadelte Zweige, mitsamt all den Kugeln, Sternen und dem, was gerne Kerzen wären, mitten ins Wohnzimmer.
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eiszeitfrettchenblog · 9 years ago
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Der Tag der großen Verunsicherung
Das Übel des Huhns hatte am Samstagmorgen seinen Lauf genommen. Das Huhn gehörte zum großen Pulk einer Geflügelzucht. Es war bereits blind geschlüpft, doch in der Masse der Masthühner war es so eng, dass man kein Einzeltier ausmachen konnte, somit waren alle gleich, und niemand wusste, dass es blind war. Doch an diesem Morgen war es entkommen, es hatte sich unversehens an einer Stelle am Rand des Geheges wiedergefunden, an der der Zaun ein wenig aufgebogen war, und so wurde es herausgedrückt und stolperte plötzlich, ohne das enge Stützkorsett der todgeweihten Hühnersippe der Schwerkraft hilflos ausgesetzt, über den Feldweg, erste Schritte in der Freiheit. Es mochte Zufall sein, dass ausgerechnet das blinde Huhn entkam, vielleicht aber lag es auch an der Unvoreingenommenheit, die durch das fehlende Augenlicht bei ihm in umso größerem Maß vorhanden war; jedenfalls war es nicht an den optischen Eindruck des wogenden goldbraunen Federmeers ringsum gewohnt und somit war auch sein Wohlbefinden nicht davon abhängig, es entfernte sich deshalb furchtlos in eine Richtung, die es für geradeaus hielt. So kam es zum Stall der Legehennen, eine Bretterbude, der es sich von hinten näherte. Und dort machte es jene schicksalhafte Entdeckung.
Das blinde Huhn fand einen Doppelkorn. Der Bauer musste die Flasche dort verloren haben, oder er hatte sie an einem lauen Sommerabend ganz absichtlich dort abgelegt und sich selbst gleich mit; einige Stunden später war er im Gegensatz zu ihr dann wieder aufgestanden und fortgegangen. Auf jeden Fall war die Flasche Doppelkorn noch da und bedeutete für das Huhn den Anfang allen Übels, als es darauf stieß. Denn seine Welt geriet ins Wanken, als es sich schlagartig fragte, ob es vielleicht nicht nur nicht blind war, sondern sogar schielte.
Hätte das Huhn eine andere Richtung eingeschlagen, dann wäre aus dem unverhofften Freigang wohl ein vergnüglicher Ausflug geworden. So aber stürzte das Masthuhn im Schatten der Legehennenresidenz in eine tiefe Sinnkrise. Wären die Dinge anders gekommen, vielleicht wäre es irgendwann seiner verbesserten Situation gewahr geworden und hätte die Gelegenheit genutzt, auf einem Segelschiff in die Neue Welt überzusetzen, sich auf Ellis Island zu registrieren und dann vom Tellerwäscher zum Millionär hochzuarbeiten. Das wäre nur eine von unzähligen Möglichkeiten gewesen, die ihm aber verwehrt blieben, weil sich das blinde Huhn plötzlich für sehbehindert hielt.
Panik kroch in die Hühnerknochen. Die plötzliche Überforderung mit der Situation ließ das Huhn erstarren. Reglos saß es hinter der Bretterwand, bis die Kühle des Nachmittags vom Himmel fiel, und ehe es imstande war, sich aus der Schockstarre zu lösen, erlahmten seine Füße vor Kälte.
Am frühen Abend kam der Bauer des Weges. Hätte man seine Frau gefragt, war er auf einem Kontrollgang zu den Legehennen unterwegs. Hätte man ihn gefragt, suchte er nach der Flasche. Wäre er ehrlich gewesen. Ein kurzer Blick und vor allem ein kurzes Lauschen in den Stall verrieten ihm, das bei den Hennen alles in Ordnung war. Kühler Wind wehte, langsam schwebte Heustaub durch das Hühnerdunkel, der Bauer blinzelte, und zwickte die Lider zusammen, Wind und Staub bescherten ihm wie so oft Augenprobleme. Er leuchtete am Rand des Verschlags entlang.
Der Bauer mit dem einseitigen Gerstenkorn fand den Doppelkorn. Dabei ein blindes Huhn, das von alldem nichts wusste, aber wegen eines eingebildeten Schielauges gelähmt und am Rande der Verzweiflung neben der Flache kauerte, wovon wiederum der Bauer nichts wusste. Nachdem der Fund des Doppelkorns vom sehenden Bauern freudig begrüßt worden war, fiel ihm auch die Anwesenheit des Huhns auf. Sofort erkannte er es als Masttier, auf den zweiten Blick bemerkte er die Reglosigkeit des Tiers. Er erklärte es für erstens ausgerissen und zweitens tot, klemmte sich die Flasche unter den einen Arm und das Huhn unter den anderen, wo sich die Kältestarre des Huhns zu lösen begann, jedoch nahtlos wieder in Panikstarre überging.
In der Küche war es Abend. Dort saß das Huhn in einem Korb. Sein kleines Gehirn malte sich in den schillerndsten Schwarzweißtönen die furchtbare, erniedrigende Zukunft als Krüppel unter gesunden Artgenossen aus, nach außen hin schien es nach wie vor tot. Der Bauer sagte zu seiner Frau den einen Satz des Tages, heute sogar mit mehreren Nebensätzen: Das Drecksviech ist ausgerissen und erfroren, jetzt muss ich morgen mal den Zaun angucken, und das mit meinem schlimmen Fuß, meine Hühneraugen bringen mich noch um.“ Das Huhn im Korb hörte das und erlitt einen leichten Herzinfarkt. Die Frau des Bauers schlachtete das vermeintlich sehende, vermeintlich ausgerissene, vermeintlich erfrorene Huhn. Am nächsten Tag ging der Bauer den Zaun reparieren und die Frau rupfte das Huhn. Und irgendwie war doch gut, dass die geschundene Hühnerseele, das zart besaitete, identitätssuchende Wesen wenigstens nicht mehr hören musste, wie der Bauer just in dem Moment, als die Frau seine Einzelteile in den großen Bräter legte, schimpfend vom Zaunflicken zurückkam und sagte: „da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt“.
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eiszeitfrettchenblog · 9 years ago
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#nackig!
Ich will auch! ...Mal bei einer Internet Challenge mitmachen. Wenn mich schon sonst niemand zu irgendwas herausfordert. Es gibt ja wahrlich genug davon.
Also mal sehen. Die Ice Bucket Challenge könnte man mal angreifen: kipp dir einen Eimer Eiswasser über den Kopf oder spende für die ALS-Forschung. Das fällt natürlich von Anfang an raus - ist schließlich unter uns Eiszeitfrettchen nur was für Warmduscher. Dann wäre da die High Five Selfie Challenge. Stell dich vor den Spiegel, drück den Auslöser und klatsch in die Hände. (Sieht so aus). Pure Magie auf dem Foto! Schwebendes Handy! Tolle Sache! Aber das kann ich nicht unterstützen, denn ich glaube, diese Welle wurde von der ominösen Displayreparaturindustrie losgetreten... die es gar nicht gibt, also folglich wahrscheinlich von Apple. Der erste mit Flying Selfie hat schließlich ein iPhone benutzt. Bestimmt hat er das Foto auch zufällig genau zum Release des neuesten Modells gepostet... müsste man mal recherchieren. Auf jeden Fall ist das auch zu billig, die meisten Fotos sind ja eh so verwackelt, dass es genausogut eine hochgeworfene Kartoffel, ein Holzklotz, eine alte Frau oder irgendsowas sein könnte, das mit Photoshop reingemogelt wurde.
Zum Glück gibt’s jetzt wieder was Neues, und das ist genau mein Fall: die One Finger Challenge. Aufgabe: zensiere alles Zensurwerte an deinem Body (nicht Körper) nur mit deinem Zeigefinger und dessen Spiegelbild. (Guck mal hier). Diesen Bildaufbau hat sich ein Manga(porno)zeichner ausgedacht, irgendeine Pornomango hat es nachgestellt, schwupps, schon war die Challenge fertig. Ok, einen guten Zweck hat es nicht. Obwohl...vielleicht ist es ein Spendenaufruf (dann wahrscheinlich Haarspenden für Toupets (nicht für den Kopf)) und ich hab’s nur noch nicht gemerkt...egal! Diese knifflige Aufgabe fordert jedenfalls sowohl das Logikzentrum als auch das räumliche Vorstellungsvermögen bis aufs Äußerste. Dann auch noch fotografisches Geschick und bei der ganzen Anstrengung nicht die Gesichtszüge entgleisen lassen...ganz sicher, das kriegen nur schlaue Menschen hin. Nähmlich solche wie ich! Genau die richtige Challenge für mich. Ich accepte.
Also dann: Nackig machen und nur einen Finger zum Verdecken nehmen...
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...
Hm.
Irgendwas sagt mir, dass da mit der Perspektive was noch nicht ganz stimmt.
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eiszeitfrettchenblog · 9 years ago
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Holy Koli
Wie jede andere deutsche Stadt mit sechsstelliger Einwohnerzahl hat auch Augsburg unangefochten den schönsten Weihnachtsmarkt Deutschlands. Das liegt, wie in jeder anderen Stadt, natürlich nur an der im Dezember um sich greifenden Gefühlsduseligkeit der Menschen. Würde eine ähnliche Veranstaltung im Oktober oder im Februar stattfinden, dann wäre es einfach nur ein Zeitfenster, in dem besonders viel Müll auf den Straßen liegt, man die Tram im Stadtzentrum zu Fuß überholen kann und in dem man besonders viele hässliche kleine Hunde zu Gesicht bekommt, die vor der Brust in der Daunenjacke steckend zwischen einheitlich einfallslos geschmückten Buden hin und her getragen werden, in denen lauwarmer Glühwein voller Geschmacks- und Farbstoffe unter fragwürdigen hygienischen Bedingungen und zu schwindelerregenden Preisen ausgeschenkt wird. Man würde dieses Zeitfenster absitzen und wahrscheinlich den Glühwein konsumieren, um das Elend zu mildern, und am Ende würde man sich dann noch gebührend über die rechteckigen Rahmen aus Bratfett und Rotwein ärgern, die die Buden auf dem schönen! neuen! Pflaster zurücklassen würden.
Aber wie es der Zufall will, fällt die Weihnachtsmarktsaison immer mit dem Advent zusammen, und so kann jede deutsche Stadt den schönsten, also wirklich den allerschönsten Weihnachtsmarkt im ganzen Land ausrichten, und die sonst so rankingverliebten Deutschen schmeißen ihre Freude am Gewinnen nach objektiven Kriterien über Bord, pilgern zu allen Märkten, rufen sich immer wieder anhand der Nummernschilder der geparkten Autos ins Gedächtnis, in welcher Stadt sie sich gerade befinden, trinken besagten lauwarmen Glühwein „zum Aufwärmen“ und sehen dabei bereitwillig darüber hinweg, dass das noch nie funktioniert hat, essen dann noch umständlichst eine Bratwurst, wobei sie nicht satt werden, sich aber dafür die Ärmel der Winterjacke mit Senf einsauen, - Mensch ich bin aber auch ungeschickt! - aber das gehört einfach dazu, schließlich ist Advent, und am Ende kaufen sie jedes mal noch dieses herzige Engelchen aus Glas und dann fahren sie wieder heim. Nächstes Wochenende das gleiche Programm, und zu Weihnachten bekommt jeder der Märkte von allen Besuchern das uneingeschränkte Prädikat „einfach schön“. Friede, Freude, Eierlikör, Mission erfüllt.
Wie gesagt ist auch der Augsburger Weihnachtsmarkt nach den gängigen Standards des schönstes Weihnachtsmaktes in diesem Sonnensystem gestaltet, und doch gibt es eine Sache, die ihn von allen anderen abhebt. Inmitten der meist von eisigem Hochnebel durchwaberten Altstadt bricht man mit sämtlichen Traditionen und macht durchgefrorenen Adventspilgerern mit einer Anspielung an heißfeuchte Tropengebiete warme Gedanken. Wow, Augsburg, so gewagt, so unkonventionell, einfach mal die Tradition brechen, das hat mich heute schwer beeindruckt. Ich präsentiere euch, nicht ohne Stolz, hiermit den Beweis, dass Augsburg eben doch den besten Weihnachtsmarkt Deutschlands hat (oder zumindest die beste TOTAL AUSGEFLIPPTE Weihnachtsdeko): Heilige Kolibris auf der Suche nach Zirbelnussnektar!
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eiszeitfrettchenblog · 9 years ago
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π² + k² = (hi)²
Eisige Stille im Frettchenblog! Die Wahrheit ist, dass meine derzeitige Doppelbelastung den kreativen Schreibprozess ein bisschen behindert, quod erat expectandum. Als Weihnachtsmarktbudenangestellte bleibt wenig Zeit, um Ideen in den Laptop zu hacken, aber dafür viel, um sie theoretisch auszuarbeiten, ergo folgt nun die feierliche Ankündigung eines großen Projekts, ergo das Aufbauen einer hohen Erwartungshaltung bei der riesigen Leserschaft, ergo der Druck, das groß Angekündigte auch umzusetzen. Ihr merkt schon, eine Extradosis Latein macht die Sache noch gewichtiger, also rollt schonmal das Wörterbuch aus.
Ähem. Das Projekt hat einen hohen wissenschaftlichen Anspruch. Nicht die Vermessung der Welt (die ist ja eh schon abgeschlossen, ich muss wohl oder übel höher hinaus), aber es hat auch was mit einem Kreis zu tun: Ich starte die Berechnung des Freundeskreises! Weil: a²+b²=c² kann jeder, und meine Hood hat mehr als drei Ecken, nimm das, Pythagoras! (Hatte der eigentlich einen Vornamen? Würde sich in diesem Diss irgendwie besser machen. Ich google das mal kurz. […] Oh, das IST sein Vorname, mit Nachnamen hieß er „von Samos“, wusste gar nicht, dass es damals schon Adel gab!)
Jedenfalls habe ich mir das „Starterkit Tretminenfeldforschung“ besorgt und stürze mich auf die Aufgabe, eine neue Zahlenformel aufzustellen – deshalb auch die Überschrift für mathematisch hochbegabte Fünfjährige / kindische Erwachsene mit mathematischen Grundkenntnissen. Nicht umsonst war die Mathematik schon immer mein Steckenpferd und meine Abiturleistung in jenem Fach ergo 4 Punkte besser als in Deutsch (kein Scherz) (ja, Herr Keller, das nagt immernoch!) (das war jetzt einer). Fest steht, ich kann gut malen, gut plussen und gut teilen, ich bin insgesamt wahnsinnig berechnend und deshalb wird es höchste Zeit. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass in der Formel, die ich zu finden plane, eine liegende Acht vorkommt, - quod est noch demonstrandum - aber das ist ja das schöne an der Mathematik, da ist eigentlich alles erlaubt, außer Parallelen, die sich bis in die linke und die rechte Unendlichkeit nicht kreuzen.
Was ich euch auf jeden Fall versprechen kann: es wird hochgradig interaktiv, es gibt was zu raten und auch was zu gewinnen, nämlich Erkenntnis, Menschenerkenntnis, um genau zu sein. Der Abakus hat ganz frisch TÜV, kann also losgehen, demnächst, nur hier. Bis bald, oder: C U, wie man unter alten Römern sagt.
Ps.: Liebe Freunde innerhalb des Kreises, die ihr das vielleicht lest, bitte macht auch mit und verweigert mir nicht die Entnahme von selbstverständlich anonymen adiovisuellen Proben wie Fotos, Videos, Töne, Spucke, Blut, Knochenmark, Organe usw!
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eiszeitfrettchenblog · 9 years ago
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Sportliche Betätigung der Woche
Ja, ich schreibe das, um anzugeben: Am Wochenende war ich mal wieder den ganzen Tag in der Sporthalle.
Wie allseits bekannt, bin ich ein großer Fan von Turnhallen. In keinem anderen Gebäudetyp kommt Neonlicht so gut zur Geltung. Die Lampen sind in einer solchen Höhe befestigt, dass sie eigentlich schon außer Sichtweite sein müssten, und im Fallen entfaltet sich das Licht in seiner vollen, ursprünglichen Pracht. Kein unnötiger Gelbstich, keine schummrig-romantische Verklärung, Licht in seiner reinsten Form, Licht, das einfach nur tut, was es soll. Diesen Scheinwerfern ist es zu verdanken, dass in Turnhallen die Tageszeit keine Rolle spielt, endlich kann man mal ungestört seinen Übungen für ein paar Tage nachgehen, ohne sich sinnlose Trainingspausen vom natürlichen Lauf der Tage aufoktruieren zu lassen. Endlich hat man auch mal seine Ruhe, denn der Schall verliert sich irgendwo in der Stratosphäre zwischen den Neonröhren und dem süßlich duftenden Linoleumboden, der sanft abfängt, nachdrücklich zurückfedert und an dem selbst Kondensatabdrücke von Basketballerschwitzsocken abperlen, wie auf einem wächsernen Tropenblatt. In Momenten des Rückzugs, wenn man mal eben die Knie neu tapen muss, kann man sich kurz auf die Bank setzen und unter der homogenen Klanglocke, die entsteht, wenn die Stratosphäre die Geräusche von quietschenden Schuhen und aufprallenden Softbällen absorbiert, verquirlt und zurückschickt, kurz innehalten und dabei die bunten Linien betrachten, die sich hier auf der Erdoberfläche, Kornkreisen gleich, scheinbar willkürlich bogenförmig schneiden und kreuzen, und erst wenn die Daily Drone drüberfliegt und wir dieses Luftbild auf Facebook in unserer Timeline sehen, zeichnen sich plötzlich auf wundersame weise Strukturen ab, die Spielfeldbegrenzungen ähneln könnten. Gibt es einen schöneren Ort als diesen, um den Samstag zu verbringen?
Ich also dort, allerdings ausnahmsweise nicht unten im Gemenge der sportiven Menschen, Bälle passend, Körbe werfend, Homeruns erzielend, Balken biegend, Degen schwingend, Räder schlagend usw., sondern auf der Tribüne, also Passivschweiß atmend und absolut bereit zur solidarischen Adrenalinausschüttung. Unten die Männer der dritten Bundesliga, die sich einturnen, ohne T-Shirts, und das müssen die auch! Erstens, um zu zeigen, dass Tattoos nur für Fußballer, Knackis und Backpacker sind. Und natürlich, weil flatternde Oberbekleidung die Aerodynamik stört – weiß ja jeder, ganz ehrlich, hätten sie ihre Shirts nicht ausgezogen, ich würde höchstpersönlich runtergehen und es ihnen anraten. (Und: würde ich durch ein Opernglas schauen, dann würde ich bemerken, dass einer eben doch ein Tattoo hat, und zwar das Piktogramm eines Turners, platziert in der Nähe der Hüfte, leider habe ich kein Opernglas bei mir und dieses Detail entgeht mir). Oben auf der Tribüne gibt es Lautsprecher, weil Fangesänge ungefähr so turnen sind wie Tattoos und man uns andächtige Zuschauer deshalb mit den neuesten und etwas älteren Chart-Hits berieselt. Einen Hallensprecher gibt es natürlich auch, kann also losgehen.
Erste Disziplin: Boden. Während der erste Athlet unten ein quatratisches Stück blauen Teppichs ausgiebig auf Haftreibung und Belastbarkeit testet, läuft oben links leise „no matter how hard I try“. Der Teppich überzeugt, he tried wohl hard enough, und ich frage mich, was hätte Einstein wohl dazu gesagt, dass da unten ganz offensichtlich andere Schwerkraftgesetze herrschen als hier in den Zuschauerrängen, gerade mal sechs Meter höher? Ein Glück ist der gerade auf den Bahamas, er hätte sich sonst den Kopf darüber zerbrochen, warum die unten sich den Kopf nicht brechen. Weiter geht‘s ans nächste Gerät: Pauschenpferd. Jetzt überzeugen die Männer mit ihrem Hüftschwung, der Hallensprecher ist begeistert von den „offenen Kreisflanken“ eines Wettkämpfers, und ich frage mich, was hätte Da Vinci dazu gesagt? - Hätte er sich bei diesem Anblick doch eingestehen müssen, dass der Kreis, der seinen vitruvianischen Menschen einfasst, von manchen Exemplaren der Spezies offensichtlich doch gesprengt werden kann, und zwar ohne dass eine Extremität ihren angestammten Platz verlässt. Ein Glück hat sich Da Vinci inzwischen auf Schönheitschirurgie in St. Moritz spezialisiert. Wie lange der Arme da unten wohl noch auf einen Op-Termin für seine offene Kreisflanke warten muss?
Weite geht‘s – Ringe. Was der Baron von Münchhausen dazu wohl gesagt hätte? Wahrscheinlich: „Pfüh, kann ich auch“. Ein Glück ist der inzwischen Spitzenpolitiker, sonst hätte er das noch beweisen müssen. Reck - ich stelle mir vor, wie der Turner den Fahrtwind um die Ohren spürt. Das wichtigste ist ja, bei der Landung auf beiden Füßen zu stehen, wie das wohl geht, wenn das Gehirn immernoch vertikal rotiert? Mir ist auch nicht ganz klar, was an dem, was ich da sehe, unter „Zentrifugalkräfte außer Kontrolle“ fällt und was Teil der Übung ist. Alles ein großes Rätsel.
Am Ende gewinnt natürlich die Heimmannschaft, und wir werden noch Zeugen des Turnerjubels, der sich dadurch auszeichnet, dass er kultiviert, kraftvoll und schweißfrei abläuft, das Abklatschen wird von aufwirbelnden Magnesiapulverwolken begleitet… episch. Keine Spur von roten Backen, schweißnassen Haarsträhnen, die im Gesicht kleben, erleichtertem Zusammenbrechen auf dem Rasen (was? Wer hat hier Fußball gesagt?). Alles sehr kontrolliert und irgendwie sehen auch alle so aus, als könnten sie diese Kunststücke jetzt direkt oder zu jedem beliebigen anderen Zeitpunkt, zum Beispiel morgen im Büro, auf dem fahrenden Drehstuhl, nochmal vorführen. Zum krönenden Abschluss eine Turner-Laola: Die Wettkämpfer verteilen sich, wenden sich zum Publikum, gehen in die Knie, strecken die Arme zum Boden und kündigen mit flatternden Fingern und einem „oooooooh….“ eine Laolawelle an, aber! Das wäre ja gelacht, nicht umsonst hat man stählerne Muskeln an Stellen, die es eigentlich gar nicht gibt: als das fettarmige, behäbige Publikum, mich eingeschlossen, sich zur sportlichen Betätigung der Woche überwindet, den Pappteller mit Ehrenamtlichenrührkuchen kurz abstellt und trotz Winterjackenärmelstau BEIDE ARME GLEICHZEITIG hochreißt, machen die Turner unten, einer nach dem anderen, die vorderen zuerst, und dann die anderen nach hinten ansteckend, einen Rückwärtssalto.
In echt so passiert.
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