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Der Tote im Extra-Waggon (42)
Was für einen typischen Sherlock-Holmes-Fall Marc Gruppe aus Herman Cyril McNeiles Vorlage gezaubert hat! Und welch gelungene Inhaltsangabe! Der Meisterdetektiv agiert entsprechend des Textes auf der Rückseite der CD. Zur Abwechslung ist sein Chronist und Freund Dr. Watson schlecht gelaunt und lässt das insbesondere an Inspektor Lestrade aus, der ebenfalls am Tatort ermittelt. So kommt es zu einer netten Abwechslung innerhalb der Serie: Holmes mäßigt Watson statt andersherum.

Das Hörspiel kommt sehr menschlich und humoristisch daher. Die heiteren Momente ergeben sich aus dem ungewohnten Verhalten bzw. der ungewöhnlichen Zusammenarbeit der bekannten Figuren – allesamt verursacht durch Holmes geheimnisvolle Planungen, die letztlich den Mord in einem spannenden und überraschenden Finale aufklären.
Neben dem gelungenen Fall ist eine weitere Stärke des Hörspiels wie die Handlung so gekonnt mit den bekannten Figuren spielt. Marc Gruppe und Stephan Bosenius verstehen es perfekt das so menschliche Verhalten, welches insbesondere zwischen den gesagten Zeilen zu finden ist, von den großartigen Sprechern auf den Punkt spielen zu lassen. Die Gemütswandlungen von Dr. Watson und Mrs. Hudson haben großen Spaß gemacht.
Joachim Tennstedt (Holmes), Detlef Bierstedt (Watson), Regina Lemnitz (Hudson) und Lutz Reichert (Lestrade) sind in Höchstform. Es ist die reinste Freude ihrem Spiel zu Lauschen. Für mich ist es zugleich das bisher schönste Lestrade-Hörspiel und das erste Mal, das er mir trotz seiner kurzsichtigen Art absolut und durchgängig sympathisch ist. Er ist mir nicht einmal auf die Nerven gegangen!
„Und informieren Sie das Yard, Herr Stationsvorsteher!“, ruft Lestrade in Track 6. „Yard“ wird sich auf „Scotland Yard“ beziehen und die Londoner Polizeibehörde meinen. Laut Duden ist „Scotland Yard“ ein maskuliner Eigenname, daher müsste es „den Yard“ heißen. Es sei denn, Lestrade bezieht sich auf die Längeneinheit „Yard“. Dann ist der Artikel korrekt, aber es dürfte am geistigen Zustand des Inspektors gezweifelt werden. Ich hätte wohl den Eigennamen nicht abgekürzt und keinen Artikel verwendet: „Und informieren Sie Scotland Yard, Herr Stationsvorsteher!“ Das ist nur eine Kleinigkeit, die mir aufgrund meiner John Sinclair Vergangenheit aufgefallen ist. Lestrade ist es zuzutrauen, sich im Eifer beim Artikel zu vergreifen, ebenso wie bei seinen ermittlungsbezogenen Schlussfolgerungen.
Dass es an Lestrades Verhalten einiges auszusetzen gibt, ist Programm. In diesem Fall frage ich mich, ob es ein unbedachtes Vorgehen des Inspektors ist oder in der damaligen Zeit (oder vielleicht heute noch) normal war (ist): Die Zeugen werden nicht separat befragt, sondern in Anwesenheit der anderen Zeugen. Das ist wegen ihrer Einwürfe amüsant, aber ist das klug?
Bert Stevens gehört ebenso zu den Schauspielern, die gekonnt Emotionen stimmlich zum Ausdruck bringen – besonders als er in der Arztrolle dem Inspektor eine unbequeme Wahrheit mitteilen muss.
Ein absoluter Höhepunkt ist Jürgen Thormanns Auftritt als Major Blackton. Wunderbar herablassend! Ich habe mich königlich amüsiert. Dazu gesellt sich Bodo Primos als heiterer, aber „durstiger“ Mr. Meredith.
In weiteren Rollen überzeugen David Nathan, Patrick Bach, Horst Naumann, Ursula Wüsthof und Patrick Stanke. Stanke ist eine Traumbesetzung, wie alle anderen Sprecher in diesem Hörspiel, da sein Spiel und seine Stimme perfekt zu den Eindrücken passen, die der Meisterdetektiv und die Hörer von den Figuren gewinnen sollen.
Ertugrul Edirnes famose Cover-Illustration zeigt eine aufregende Szene vom Anfang des Hörspiels, die sehr gut zum Klangbild des Hörspiels passt. Denn dieses überzeugt mit vielen Details – analog zur Illustration – und bleibt stets unaufdringlich (inklusive der Musik), sodass es unmöglich ist, sich dem Sog des Hörspiels zu entziehen.
Fazit Ein überraschend abwechslungsreiches und kurzweiliges Hörspiel das trotz seiner langen Laufzeit mir jedes Mal aufs Neue wie ein kurzer 50-minütiger Fall vorkommt. Selten hatte ich das Vergnügen einen so typischen Holmes-Kriminalfall so untypisch vielfältig und vor allem unterhaltsam präsentiert zu bekommen. Ganz großes Hörspielkino!
#Sherlock Holmes#Sherlock Holmes – Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs#herman cyril mcneile#titania medien
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Mayerling (41)
Marc Gruppe ist nach Gerhard Tötschinger der zweite Autor, der den Mayerling-Mythos in einer Sherlock Holmes Geschichte verarbeitet. Kritiken an Tötschingers Buch betreffen vornehmlich dessen Erzählweise und Figurenzeichnung von Holmes und Watson. So sei Watson der Protagonist und es gäbe starke Unterschiede zur Beschreibung der Figuren im Originalkanon.
Marc Gruppe folgt bei seinen Darstellungen der für die geheimen Fälle üblichen charmanten Darbietung Sherlock Holmes‘ und Dr. Watsons. So gibt es viel Geplänkel mit Mrs. Hudson (die wie in der TV-Serie „Sherlock“ den Vornamen Martha trägt – im Kanon wird er nie erwähnt), den ich überaus amüsant und liebenswert finde. Ähnlich wie bei der „Anne“ Serie setzt Gruppe auch bei Holmes, trotz dramatischer Fälle, auf einen hohen Wohlfühlfaktor des Hörers, der sich entspannen und in eine romantisierte Vergangenheit reisen möchte. Neben Mrs. Hudson ist auch ihre Cousine Margery Mapleton (eine Erfindung von Marc Gruppe) zu hören, sodass der Humor trotz der ernsten Thematik nicht zu kurz kommt.
Dieses Hörspiel kann zwei Zielgruppen ansprechen: Liebhaber der Titania-Medien-Sherlock-Holmes-Hörspiele mit ihrer durchaus romantisch-verklärten Darstellung der Zeit und am Mayerling-Mythos interessierte. Im Idealfall ist der Hörer eine Mischung aus beidem, da beide Zielgruppen auf über zweieinhalb Stunden reichlich bedient werden: Es gibt sowohl lange und ausführliche Dialoge, die an „Offenbarung 23“ erinnern, als auch sehr viel Tages- bzw. Urlaubsgeschehen im Leben von Holmes und Watson. Sogar ungewöhnlich viel, da Holmes (oder Marc Gruppe) sehr von Wien / Österreich und Wagners Opern schwärmt.
Bei diesem Fall sind Holmes und Watson vielmehr Zeitzeugen als Ermittler. Durch ihre Kontakte werden Hintergründe offenbart, zu klassischen Ermittlungsarbeiten kommt es nicht. Was bleibt ist ein überaus interessantes Hörspiel, das einem Zeitdokument ähnelt, dabei jedoch mit liebgewonnenen Figuren glänzt.

Geradezu monumental umfangreich ist das Booklet, das 26 Rollen und ihre Sprecher auflistet (mit Peter Weis in zwei verschiedenen). Tipp: Unbedingt das Booklet herausnehmen und die Infos zu den historischen Persönlichkeiten im Innenteil lesen. Das hilft ungemein den Überblick zu behalten.
Alle Sprecher überzeugen wie gewohnt in ihren Rollen und sind wunderbar besetzt. Folgende sind zu hören: Joachim Tennstedt als Sherlock Holmes, Detlef Bierstedt als Dr. Watson, Kristine Walther, Anja Kruse, Daniela Bette, Sigrid Burkholder, Regina Lemnitz als Mrs. Hudson, Philine Peters-Arnolds als Margery Mapleton, Jonas Minthe, Ursula Sieg, Sascha Wussow, Silvana Sansoni, Nils Kreutinger, Gudo Hoegel, Sascha von Zambelly, Luisa Herget, Edda Fischer, Peter Weis, Daniela Bette, Bert Stevens, Matthias Lühn, Horst Naumann, Axel Lutter, Kathryn McMenemy und Reinhilt Schneider.
Bei der Musik- und Geräuschkulisse hinterlässt Titania Medien wie gewohnt einen durchweg positiven Eindruck. Auf der zweiten CD ist mir jedoch ein technischer Fehler aufgefallen: Watson wiederholt die erste Silbe in Track sechs und sagt somit „an-ankam“. Ähnlich wie bei einem Hänger der CD. Doch das scheint hier nicht der Fall zu sein. Eine weitere Unschönheit ist mir auf der ersten CD in Track 19 aufgefallen: Eine Wort-Wiederholung, die mich stört: „Wir lernten uns seinerzeit – nach der Faschingszeit – 1882 auf einer Jagdgesellschaft auf dem Anwesen von Lord Combermere kennen.“ Diese Wortwiederholung fällt mir beim Hören immer wieder auf.
Ansonsten gibt es nichts auszusetzen. Besonders hervorheben möchte ich das Ende der ersten CD bzw. die gelungene Aufteilung. Hervorragend umgesetzt! Hier konnte einmal mehr Liebe zum Detail gezeigt werden, wie es sie oft nicht mehr gibt, seitdem Hörspiele nicht mehr mit Kassetten im Sinn produziert werden, sodass dem Hörer kein Anreiz gegeben werden muss, das Medium umzudrehen, um weiterhören zu können. Das Ende auf der zweiten CD rekapituliert eine Schlüsselszene und soll nochmal zum Nachdenken anregen. Beim ersten Hören hatte ich mich etwas über die Szene geärgert, weil sie nicht notwendig ist. Ich war noch sehr im für mich neuen Thema „Mayerling“ gefangen, sodass mich die Szene aus meinen Gedanken warf. Nach dem ersten Eindruck ist es aber gerade die Szene, die mich zum Nachsinnen anregt.
Fazit Ein hervorragendes Aufklärungshörspiel mit viel österreichischem Scharm, bei dem unbequeme Themen, die nicht unmittelbar mit dem Mayerling-Mythos zu tun haben, nur angedeutet oder weggelassen werden. Somit fokussiert sich das Hörspiel auf den Mythos und zur Auflockerung auf typische hübsche Titania-Medien-Nebensächlichkeiten im Holmes-Kosmos. Für Geschichtsinteressierte und Titania-Medien-Sherlock-Holmes-Fans ein absolut empfehlenswertes Hörspiel.
#Mayerling#titania medien#Sherlock Holmes – Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs#Sherlock Holmes#Marc Gruppe
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Die dritte Botschaft (40)
„Die dritte Botschaft“ ist eine weitere gelungene Adaption eines Ronald-Standish-Krimis von Herman Cyril McNeile zu einem geheimen Fall des Meisterdetektivs.

Marc Gruppe schreibt wunderbar humorvolle und amüsante Sherlock-Holmes-&-Dr.-Watson-Dialoge. Außerdem ergänzte er eine Verbindung zur dritten Folge aus der Reihe der geheimen Fälle und inszeniert den Tod des ersten Opfers dramatischer als im Original – vielleicht um ein unheimlicheres Covermotiv zu erhalten? Sehr angenehm: Holmes fallen die gleichen Fehler des „Einbrechers“ auf, wie den Hörspiellauschenden, die er jedoch aus ermittlungstaktischen Gründen vorerst für sich behält. Er „deduziert“ aber noch viel mehr und spricht von einem „linkshändischen sechs Fuß großen Australier“, auf den er leider nie wieder Bezug nimmt. Normalerweise hätte Watson spätestens zum Schluss nachfragen müssen, ob es nur eine Finte war und was sie bezweckte.
Insgesamt ist der Fall ungewöhnlich brutal und er bleibt mysteriös bis zum Schluss. Das Ende – Holmes Schlussworte – fand ich besonders abwechslungsreich.
Mir missfällt die Musikauswahl in Track 12: Ich weiß nicht, was für ein Instrument es ist, aber es ist dieses hochtönige „Pfeifen“, was mich aus der bedrohlichen Erzählung riss. Ich muss dazu sagen, dass es beim Nachhören auf Kopfhörern mir weniger dominant vorkam als des Nachts voluminös über Lautsprecher. Abgesehen von diesem Detail, bin ich gewohnt zufrieden mit der Musik- und Geräuschauswahl, die offensichtlich mit viel Liebe zum Detail erfolgte.
Joachim Tennstedt und Detlef Bierstedt geben ein gewohnt ausgezeichnetes Gespann ab. Die gegenseitigen Vorstellungsrunden fand ich amüsant, da ich mir oft dabei Schuljungen vorstelle, die sich nicht sicher sind, was nun angebracht ist. Ich frage mich, ob die beiden im Ensemble aufgenommen wurden. Bei dieser Folge habe ich den Eindruck, dass dem nicht so war.
Helmut Zierl darf sowohl als Auftraggeber die Vorgeschichte erzählen als auch in den Hörspielszenen sein schauspielerisches Talent unter Beweis stellen. Eine Glanzbesetzung ist Peter Weis als etwas unsympathischer Sir James Brackenbury. Seine Söhne werden überaus sympathisch von Valentin Stroh und Dirk Petrick vertont. Christian Stark meistert einen aufregenden Einsatz als Diener. Ein weiteres Highlight neben den amüsanten Gesprächen zwischen dem Meisterdetektiv und seinem Chronisten ist der Umgang mit dem Inspektor, den Rainer Gerlach so überzeugend zum Leben erweckt, dass sich die Szenen vor meinem inneren Auge abgespielt haben. Mimik und Gestik waren zu hören!
Das stimmungsvolle Cover hätte auch im Gruselkabinett unterkommen können. Dieser Fall hat das Zeug zu einem „Crossover“, bei dem der erste Todesfall das Finale einer Gruselkabinettfolge sein könnte.
Fazit Beste Unterhaltung für alle Fans des menschlichen Superdetektivs und seines Chronisten.
#Herman Cyril McNeile#titania medien#Sherlock Holmes – Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs#Sherlock Holmes
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Eine Frage des Teers (39)
Die Geschichte „Eine Frage des Teers“ erschien erstmals 1933 bei Hodder & Stoughton, London. Marc Gruppe hat Herman Cyril McNeiles Kurzgeschichte des scharfsinnigen Detektivs Ronald Standish umgeschrieben und dabei alle offensichtlichen Referenzen der damaligen Zeit (wie Autos und das Telefon) durch die typischen aus Holmes Erzählzeit ersetzt (wie Kutschen und das Telegramm).

Es lohnt sich das Hörspiel mindestens zwei Mal zu hören, da beim unbedarften ersten Hören interessante Details entgangen sein könnten. Beim zweiten Mal können mit Sicherheit vorher nicht aufgefallene verräterische Reaktionen entnommen werden. Dies ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie akribisch die Regie und der Hörspielbuchautor Marc Gruppe arbeiten. Es ist eines von vielen Gründen, weshalb ich die Titania Medien Hörspiele so schätze. Wie bei Filmen, die einen Sinn mehr ansprechen, kann abhängig von der Aufmerksamkeit, die Details beim Konsumieren gegeben wird, immer wieder etwas Neues entdeckt werden.
Das Hörspiel lebt mehr von den dargestellten Situationen und dem Humor, als von dem relativ simplen Fall, der an einen Rätselkrimi erinnert. Es ist überaus amüsant, wie das „derart heiße Wetter“ zum Running-Gag wird. Schon in der Einleitung ist Sherlock Holmes für eine witzige Überraschung gut. Gegen Ende des Hörspiels ist Doktor Watson mit einer unbedarften Aussage an der Reihe, die er als Scherz abtut.
Die humorvolle Erzählung bringt Schwung und Abwechslung in den Sherlock Holmes Kosmos. Marc Gruppes Holmes setzt sich von anderen Holmes Interpretationen ab, ohne eine neue Figur zu sein. Holmes wird schlichtweg etwas menschlicher dargestellt, was ihn sofort sympathischer erscheinen lässt.
Joachim Tennstedt und Detlef Bierstedt sind einmal mehr in Hochform und haben spürbar Freude an ihrem Spiel. Die weitere Sprecheriege ist recht umfangreich: Fabienne Hesse, Valentin Stroh, Gerhard Fehn, Christian Stark, Daniela Gehrmann, Horst Naumann, Martina Linn-Naumann, Eckart Dux, Claudia Urbschat-Mingues und Dirk Petrick überzeugen in ihren jeweiligen Rollen. Daniela Gehrmann (heute Daniela Stöger) ist zum ersten Mal bei Titania Medien zu hören. Anders als bei anderen Labels fällt mir qualitativ keinerlei Unterschied zwischen dem Einsatz von externen Schauspielern und der Titania-Medien-Crew auf. Großes Kompliment!
Das Cover finde ich überaus gelungen. Ich schätze besonders, dass die entwendete Tiara in einem ansprechenden und interessanten Kontext gezeigt wird und nicht isoliert. Meine Neugier wurde direkt geweckt und auch nach dem Hörspielhören schaue ich mir das Cover gerne an, um mich noch etwas länger mit dem Hörspiel auseinanderzusetzen.
Fazit Ein wunderbar lockeres Hörspiel, dass sich perfekt für einen heißen Tag eignet.
#Sherlock Holmes – Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs#Sherlock Holmes#Herman Cyril McNeile#titania medien
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Bisclavret (166)
„Bisclavret“ von Marie de France in einer Bearbeitung von Marc Gruppe ist ein grandioses Hörspiel um ein Jahr zu beenden. Zuallererst ist da das düstere Covermotiv, das den Werwolf zeigt. Dann spielt die Geschichte im Mittelalter (genauer: im zwölften Jahrhundert), sodass das Hörspiel etwas rauer und altertümlicher daherkommt und zumindest mich zum Nachsinnen einlädt, diese lang vergangene Zeit geistig wiederauferstehen zu lassen. Das Gruselhörspiel kommt recht märchenhaft daher (vielleicht liegt das an der Entstehungszeit oder Marc Gruppes Können?) und erinnert ein wenig an „Die Schöne und das Biest“, da in beiden Fällen ein gesellschaftlich angesehener Mann in eine Bestie verwandelt wird und wohl jede/r Lauschende sich fragt, ob das Biest befreit werden kann und zu seiner menschlichen Form wiederfindet. Anders als das „Titania Special 15“ schreckt dieses Hörspiel weder vor erotischen Szenen noch vor Gewaltdarstellungen zurück.

Das bretonische Wort „Bisclavret“ ist laut Wikipedia gleichbedeutend mit „Werwolf“, wobei die Autorin den Protagonisten Bisclavret deutlich vom Werwolf abgegrenzt sehe. Dies dürfte auch den Zuhörern bei dieser Adaption aufgefallen sein und genau das verleiht der Geschichte eine schöne Eigenständigkeit: Sie grenzt sich deutlich von anderen Werwolfgeschichten ab.
Marc Gruppe hat das kurze Original um weitere Figuren (wie zum Beispiel die Kammerfrau Agnes) und Wendungen erweitert. Besonders die Erotikszenen sind ihm zuzuschreiben. Die wichtigste Änderung ist für mich das Intervall, in dem der Ritter Bisclavret verschwindet: monatlich statt wöchentlich. Die dazugehörige Erklärung passt besser zur heute allgemein bekannten Werwolflegende. Das wöchentliche Fernbleiben für drei Tage erklärt jedoch im Original besonders charmant (aufgrund der Wortwahl) das Verlangen der Frau des Ritters, den Grund zu erfahren. Dies finde ich im Hörspiel weniger charmant (transportiert), was aber wesentlich besser zur anderen Charakteristik der Ehefrau passt. Die Vornamen (Eric und Catherine) stammen übrigens ebenfalls von Marc Gruppe wie auch alle weiteren Namen, von „Bisclavret“ abgesehen. Marc Gruppe hat die Geschichte ordentlich bereichert, um viele Wendungen ergänzt und besonders des Ritters Frau vielschichtiger gestaltet. Die von Marc Gruppe erweiterten romantischen Motive sind überaus vielfältig, sodass auch der Ritter Bisclavret eine äußerst interessante Figur abgibt und mehr ist als ein Werwolf. Gleiches gilt für die Dialoge des Königs. Insgesamt sind die ausgestalteten Beziehungen der Figuren verflochtener und interessanter als im kurzen Original, dem aufgrund seiner Erzählform kein Platz für ausführlichere Charakterdarstellungen bleibt. Mir gefällt überdies, dass im Hörspiel der Mann unwissend Böses tut statt als Mitwisser.
Den „Klappentext“ des Hörspiels finde ich nicht sonderlich gelungen. Besonders der letzte Satz stört mich. Mir wird schlichtweg zu viel verraten.
Wie bereits bei „Die Schöne und das Biest, Titania Special 15“ beweist Jean Paul Baeck einmal mehr, wie gekonnt er es schafft tierische Laute in seiner Sprache unterzubringen. Antje von der Ahe begeistert mich mit ihrer Wandlung vom Ersteindruck der liebenden und verliebten Ehefrau zur durchtriebenen Dame, unterstützt von ihrer Kammerfrau, die wunderbar von Sabina Trooger zum Leben erweckt wird.
Christian Stark ist als verständnisvoller, nachsichtiger König von Frankreich zu hören. Dessen Mutter wird von Ursula Sieg gesprochen und Sascha von Zambelly spielt seinen Freund Julian. Marc Gruppe überzeugt als heiserer Folterknecht, Rolf Berg als verliebter Ritter, Bern Kreibich als geschätzter Ratgeber des Königs und Peter Weis als Erzähler.
Wie gewohnt unterstützt die Musik- und Geräuschauswahl gekonnt die jeweilige Stimmung und Szene. Die Werwolf-Verwandlungen finde ich besonders beeindruckend.
Fazit Eine großartige Geschichte, die stets interessant und lebendig bleibt. Marc Gruppe hat das Original um vielschichtige Figuren, Motive, Entwicklungen und Wendungen bereichert. Grandios!
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Die Schöne und das Biest (15)
Das Märchen „Die Schöne und das Biest“ fand ich immer etwas banal. Die Umsetzung von Titania Medien schafft es jedoch, den wunderbaren Charm alter Märchenhörspiele meiner Kindheit widerzuspiegeln und dabei produktionstechnisch auf der Höhe der Zeit zu sein. Dazu gehört auch das Weglassen einiger allzu aus der Mode gekommenen Stereotypen. Marc Gruppe hat Gabrielle-Suzanne Barbot de Villeneuves Roman geschickt gekürzt. Denn Berühmtheit erlangte das Märchen erst in einer gekürzten Form von Jeanne-Marie Leprince de Beaumonts. Auch hier tut die Kürzung auf ca. 65 Minuten gut und bietet im Gegensatz zu den Disneyverfilmungen eine umfassendere Erzählung, die sich mehr auf die zu lernende Moral und Hintergrundgeschichte als die Magie des Schlosses konzentriert.

Das Märchen wurde definitiv für Kinder geschrieben: Der Zusammenhang zwischen dem Biest und dem Prinzen der Träume wird Kindern schnell klar. Doch gerade das erzeugt einen besonderen Reiz: Sie fiebern regelrecht mit, wann die Erkenntnis bei Belle erfolgen wird oder sich durch andere Ereignisse alles zum Guten wendet. Somit sind die Kinder involvierter. Für ältere Hörer gibt es sicherlich einige Momente zum Augenverdrehen, wie bei so vielen Märchen. Ich rechne es Marc Gruppe hoch an, dass die Schöne sich nicht auch noch als Prinzessin entpuppt, sodass die Eheschließung standesgemäß vollzogen werden kann. In diesem Punkt ist das Märchen in der heutigen Zeit angekommen und das ist gut so.
Das Hörspiel bleibt in Teilen nah am Original (beispielsweise die nach dem Happy End erfolgte Aufklärung, wie es zu dem Schlamassel überhaupt gekommen ist) und liefert damit für viele HörerInnen Neues (übernimmt damit jedoch ebenso den häufigen Kritikpunkt der nicht-chronologischen Erzählform). Marc Gruppe nimmt sich zum Glück die Freiheit „Kleinigkeiten“ zu verändern, die für den eigentlichen Handlungsverlauf unbedeutend sind, aber die Geschichte runder und liebenswerter machen und vor allem an die heutigen Gewohnheiten anpasst. Die wahren Puristen, die das „Original“ oder die damalige Übersetzung ins Deutsche möchten, sollten das Märchen lesen, am besten in einer Fassung mit Anmerkungen oder genug eigenen Kenntnissen. Eine Umsetzung ohne Anpassungen als Hörspiel halte ich für unpassend, da es ein Hörspiel für Kinder sein soll, das auch ohne Erklärungen von Erwachsenen verstanden werden soll. Sprachlich und gesellschaftlich hat sich in den letzten Jahrhunderten doch einiges verändert.
Die Sprecherriege ist überaus exquisit. Ich war überrascht, wie gelungen die Auswahl ist. Max Schautzer ist der perfekte Erzähler für diese seichte Geschichte, die für mich in erster Linie ein gutes Gefühl beim Lauschen transportiert und der eine gewisse Sanftheit und Seichtigkeit innewohnt.
Gerhard Fehn spielt den Kaufmann so ehrlich und liebenswert – zum Knuddeln! Im Kontrast dazu legen Fabienne Hesse und Julia DeLuise als seine Töchter vor allem Neid, Arbeitsabneigung und die Liebe für weltlichen Reichtum in ihre Stimmen. Es ist somit ein Leichtes für sie Antipathie zu empfinden.
Reinhilt Schneider schafft es als Belle mit jedem Satz eine gewisse Verträumtheit zu transportieren, die ihre Naivität und Distanz zu Weltlichem betont. Ihr ist das Wohlergehen der Menschen, die sie liebt, wichtig. Dieses Verträumte transportiert Louis Friedemann Thiele als Prinz ebenso gekonnt. Mit den beiden Sprechern braucht es keine Spezialeffekte, um deutlich machen zu können, ob gerade geträumt wird, oder nicht.
Jean Paul Baeck vertont das Biest unglaublich gut, ohne Kinder zu ängstigen. Die Kombination aus tierischen Lauten und gesprochenen Worten überzeugt auf ganzer Linie.
Dagmar von Kurmin ist eine Wohltat als „gute Fee“. Sie wird liebenswert, intelligent und ausdauernd gezeigt, wohingegen die „böse Fee“, wunderbar von Claudia Urbschat-Mingues gespielt, verletzt und voll Eifer- und Rachsucht dargestellt wird.
Wie nicht anders zu erwarten entstehen nicht zuletzt mit Hilfe der fabelhaften klanglichen Untermalung und perfekt eingespielten Geräuschen ein weiteres atmosphärisches Meisterwerk. Es ist schade, dass die Arbeit von Stephan Bosenius & Marc Gruppe nicht eine ähnliche Aufmerksamkeit zuteil wird, wie den Disney-Märchen. Verdient haben sie es mehr als allemal!
Die blaue Covergestaltung gefällt mir unglaublich gut. Die Darstellung des Biests passt wunderbar zur Vertonung und wird Dank Belles Kleid (und Haarfarbe) zum Augenfänger. Geschickt!
Fazit Ein wunderbares Märchenhörspiel und die einzige „Die Schöne und das Biest“-Adaption, die ich gerne wiederholt konsumiere. Ein Traum!
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Das alte Kindermädchen erzählt (165)
Wer „Anne auf Green Gables“ als Kind hörte und nun auf der Suche nach einer gruseligen Alternative ist, sollte diesem Hörspiel lauschen.
18 Sprecher sind in diesem Machwerk zu hören. Einmal mehr Marlene Bosenius, die überaus liebenswert die kleine Rosamond spielt. Die Regie hat sogar darauf geachtet, die Laute aufzunehmen, die viel Kinder beim Laufen machen. Herzallerliebst! Und herzzerreißend, wenn es um den Konflikt geht, den Ella Refle, die Tochter von Claudia Urbschat-Mingues, als „Maudes Tochter“ heraufbeschwört.

Den Kniff die Geschichte aus der Erinnerung durch Herma Koehn als Erzählerin und altes Kindermädchen wiederzugeben, ist inhaltlich nicht weiter von Belang. Es mag Menschen geben, die es mögen, wenn der Erzählpart nicht von einem aktiv im Hörspiel agierenden Sprecher vorgetragen wird. Der Kniff tut dem Hörspiel insofern gut, dass die ältere Stimme dem Geschehen leichter etwas Gruseliges einhauchen kann. Das ist gelungen, ebenso wie die lebensfrohe Darstellung der jungen Hester durch Julia DeLuise. Ich finde es amüsant, dass die gleiche Sprecherin eine ähnliche Rolle (Gesellschafterin statt Kindermädchen) in Folge 65 (noch als Julia Stoepel) innehatte. Acht Jahre und 100 Folgen später zeigt sie eine noch größere Bandbreite und überzeugt eben nicht nur als 18jährige, sondern auch als 14jährige Jugendliche und junge Erwachsene.
Jürgen Thormanns Einsatz – zusammen mit Lutz Reichert – erinnert mich sofort an Klassiker wie den kleinen Lord oder Anne aus Green Gables: Die Welt ist ungerecht, doch die Protagonisten machen das Beste darauf. Zum Dahinschmelzen!
Horst Naumann, Monika John und Reinhilt Schneider schließt man direkt mit ihren Figuren ins Herz. Elga Schütz und Ingeborg Kallweit überzeugen mit dem gegenteiligen Eindruck. Die Kontraste werden hervorragen stimmlich dargestellt.
Die Atmosphäre dieses Hörspiels ist einmalig! Die Sprecher erwecken die Handlung zum Leben und die grandiose niemals aufdringliche Geräusch- und Musikkulisse lassen eine unglaubliche Atmosphäre entstehen, die einen in den Bann zieht.
Das wunderschöne Cover fängt perfekt die unheimliche Bedrohung ein. Mein Lieblingscover des Jahres 2020!
Fazit Ein hochatmosphärisches Hörspiel, dem der Spagat zwischen Familiendrama und Grusel wunderbar gelingt.
„Mit Dank an Dr. K!“ – Was sich dahinter wohl verbirgt?
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Die Toten vergeben nichts (164)
Der neunte Beitrag von Robert E. Howard namens „Die Toten vergeben nichts“ ist eine recht simple Rachegeschichte, die von der Darstellung der damaligen Zeit lebt, Rassismus inklusive. Seit vier Wochen dreht sich die CD regelmäßig im Abspielgerät, zuletzt heute. Mir gefällt die Western-Atmosphäre sehr gut, besonders die Darstellung des alltäglichen Lebens mit den dazugehörigen überall lauernden Gefahren, zu dem die meisten in der westlichen Welt lebenden Menschen kaum noch einen Bezug haben dürften. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und ist damit hübsch abwechslungsreich. Dazu kommt die kurze Spielzeit von 45 Minuten, sodass auch nach dem 20. Hören keine Langeweile aufkommt.
Vielmehr offenbaren sich durch das vielfache Hören seltsame Eigenheiten von Hörspielen, die beim Lesen von Büchern meist nicht auffallen. Beispielsweise fallen sich die Sprecher nicht gegenseitig ins Wort:
„[…] dass du nicht lange genug leben wirst, um bei deinen Kumpels angeben zu können. […]“, droht Ingeborg Kallweit in einem langen Monolog. Nachdem sie pausiert oder auf eine Antwort wartet brüllt David Nathan: „Hörst du schwer? Maul halten, habe ich gesagt!“
Das ist perfekt zum Zuhören, aber eben nicht unbedingt realistisch. Bei Büchern fallen mir solche Sonderheiten nicht auf, bei Hörspielen manchmal – oder irgendwann – schon. Gleiches gilt für Szenen mit Verletzen, die noch ewig lange sprechen können. Da frage ich mich dann jeweils, wie genau sich die physische Konstitution darstellt, dass derartige Monologe möglich sind und ob die Verletzung(en) Auswirkungen auf die Sprechfähigkeit haben sollten. Das bleibt sehr offen. In Büchern bleibt dieses oft dem Leser überlassen und somit vielleicht glaubhaft. Beim Hörspiel sind der Skriptautor und der Regisseur dafür verantwortlich und können daher von der Erwartungshaltung und den Ideen der lauschenden Person abweichen.

Es hat mich überaus gefreut Ingeborg Kallweit zu hören und dass sie auch noch den Titel flüstert: „Die Toten vergeben nichts, Jim. Gar nichts.“ Zunächst fand ich sie fehlbesetzt nach der Beschreibung ihrer Figur. So hätte ich mir eine jünger klingende Stimme vorgestellt. Zur Gruselatmosphäre und zum Cover passt sie jedoch wunderbar – und zum folgenden Wandel. Ihrem Partner leiht Bert Stevens seine Stimme. Die beiden Stimmen harmonieren schön.
Ebenso genial (und keinesfalls Fehlbesetzt, sondern eine Traumbesetzung) finde ich Jürgen Thormann als Richter, der den Fall und das Hörspiel nochmal beleuchtet und anhand von Zeugenaussagen erfährt, was passierte, nachdem der Protagonist (gespielt von David Nathan) seinen Brief verfasste.
Was für eine Sprecherriege! Allesamt so passend und überzeugend besetzt. Vom Tierhändler bis zum Wirt. David Nathan überzeug nicht nur als Protagonist, sondern auch als Erzähler. Die noch nicht genannten Sprecher sind: Dietmar Wunder, Patrick Back, Peter Weis, Bodo Primus, Lutz Reichert, Bene Gutjan, Horst Naumann, Tom Raczko, Dirk Petrick, Herma Koehn, Monika John.
Die Geräusche und Musikauswahl lassen einen in den wilden Westen eintauchen. Ein Hochgenuss! Das Covermotiv zeigt die Leitthemen: Typische Fassaden des „zivilisierten“ wilden Westens mit einer traditionell gekleideten Frau, die unheilvoll auf die Ansiedlung von Häusern zu schauen scheint.
15 Sprecher für 45 Minuten abwechslungsreiches Hörvergnügen mit vielen rassistischen sowie vorurteilsbeladenen Äußerungen und Darstellungen, gepaart mit humorvollen Episoden und teilweise modernisierter Sprache. Eine klare Empfehlung für Westernfans!
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Krabat (156)
Die Sage „Krabat“ hätte sehr gut in einer Kinderreihe Platz finden können. Da es kein Märchen ist, passt es streng genommen nicht in eine Märchenreihe. Sonderveröffentlichungen sind schwerer zu verkaufen als eine bekannte und beliebte Reihe und so wurde es wohl wegen des gruseligen Hintergrundes mit der Teufelsmühle im Gruselkabinett angesiedelt – zumal dies gleich zu Beginn derart angeteasert wird, dass man sich wundert, warum Krabat nicht nach einer anderen Unterkunft sucht und wieso die alte Frau keine Hilfe anbietet. Ich hätte es mir noch als „Titania Special“ vorstellen können, doch sind alle Hörspiele nach „Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge!“ für deutlich jüngere Kinder geeignet und es wäre eine böse Weihnachtsüberraschung, wenn die Eltern auf einmal ein zu unheimliches Hörspiel dem Nachwuchs schenken. Es fehlt Titania Medien eine erfolgreiche Reihe für exzellente Hörspiele, die viele Hörer nicht gruselig genug finden, um sie dem „Gruselkabinett“ zuzuordnen.
Mich stört dieser Umstand weniger. Ich kann mir die Gruselkabinettfolgen selbst sortieren – nach gruselig, märchenhaft und anderen Kategorien. Die Altersempfehlung ab 14 ist für mich bei diesem Hörspiel etwas hochgegriffen, da es nicht signifikant gruseliger als beispielsweise Harry Potter ist.

Ich kannte „Krabat“ bisher nicht, auch nicht von Ottfried Preußler. Wikipedia zufolge basieren beide auf einer Sage, das Hörspiel jedoch auf der Fassung des Sagenbuchs des Königreichs Sachsen. Preußler erzählt, bis auf einige Rahmenpunkte, eine andere Geschichte als dieses Hörspiel.
Sagenhafte 22 Sprecher sind in 29 Rollen (inklusive der des Erzählers) zu hören. Tom Raczko übernimmt einen großen Teil des Hörspiels, da er Krabat seine Stimme leiht. Ich finde seine Stimme sehr passend und besonders die Wandlung zum alten Krabat sehr gelungen. Eine absolut überzeugende Leistung. Großartig! Krabats Stiefvater wird so herrlich doppeldeutig von Sascha Wussow gesprochen, dass ich mich bei jedem Hören frage, ob er es wirklich bedauert Krabat mit neuen Aufgaben zu betrauen – oder eben nicht. Überaus amüsant! Axel Lutter mimt einmal mehr eine unheimliche Type – und überzeugt auf ganzer Linie! Im Gegensatz dazu hat mir Marc Gruppe als Teufel weniger gefallen. Bei einem Teufel denke ich an eine kräftige Stimme. Der Teufel hier klingt eher verständlich, fast umgänglich. Auf die Schnelle fällt mir aber auch kein Hörspiel ein, in dem der Teufel gut besetzt wurde, sondern nur Gegenbeispiele. Abgesehen von dieser Kleinigkeit überzeugen mich alle Sprecher in ihren jeweiligen Rollen.
Titania Medien hat auch für dieses Hörspiel beständig die passende (Hintergrund-) Musik ausgewählt und eine wunderbar atmosphärische und bezaubernde Geräuschkulisse geschaffen.
Das stimmungsvolle Covermotiv zeigt die sogenannte Teufelsmühle zum Zeitpunkt, an dem Krabat bei ihr Unterschlupf sucht.
Die Geschichte wird charmant erzählt. Der erste Teil schildert wie Krabat erwachsen wird. Besonders seine Lehrjahre sind unheimlich dargestellt. Später werden kürzere Episoden aus dem Leben Krabats vertont, die mal erheiternd, mal spannend daherkommen, doch wenig unheimlich.
Fazit Insgesamt wurde ich sehr gut unterhalten und höre das Hörspiel sehr gerne. Bestimmt werden sich viele über die Einordnung im Gruselkabinett wundern.
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Das kalte Herz (159)
„Das kalte Herz“ ist ein weiteres Kunstmärchen im Gruselkabinett. Dieses stammt von Wilhelm Hauff, der jedoch die Veröffentlichung im Franck-Verlag (heute unter KOSMOS bekannt) in seiner Märchensammlung „Märchenalmanach für Söhne und Töchter gebildeter Stände auf das Jahr 1828“ nicht mehr erlebte. In der Sammlung ist das Märchen in der Rahmenhandlung „Das Wirtshaus im Spessart“ als eine der in der Gastwirtschaft erzählten Geschichten eingebettet. Vielen dürfte eine Vertonung dieses Märchens in Erinnerung sein und ebenfalls, dass sie ähnlich wie Hoffmanns Kunstmärchen gruseliger und härter als viele andere Märchenhörspiele nach den Gebrüdern Grimm sind. Daher entschied sich sicherlich auch Titania Medien für das Gruselkabinett als passenderen Veröffentlichungsort, damit Eltern nicht unbedarft ihren Kindern zu viel zumuten. Das Cover zeigt passend dazu eindrucksvoll das Herzstück der Geschichte: Den Protagonisten Peter Munk zusammen mit dem Holländer-Michel.

Das Hörspiel ist meiner Meinung auch für Hörer unter 14 Jahren geeignet, aber definitiv nicht für Vorschulkinder oder noch jüngere. Für ältere Kinder ab neun Jahren dürfte das zusammen mit Erwachsenen, die dann für Fragen bereitstehen, ein gruseliges und packendes Erlebnis sein, wobei es mit über 94 Minuten auf 2 CDs kein kurzes Vergnügen ist. Die Zweiteilung ist gelungen, da sie inhaltlich passt. So bleibt etwas Zeit zum Verschnaufen, bis die nächste CD im Abspielgerät gelandet ist.
20 Sprecher sind im Booklet aufgelistet. Darunter befindet sich Dana Fischer, die eine lange Titania-Medien-Historie hat: Sie unterstütze insbesondere Stephan Bosenius bei der Pressearbeit und war immer wieder in Nebenrollen in verschiedenen Hörspielen zu hören – wie so manch anderer Mensch, der mit Titania Medien verbunden ist oder war. Ausnahmslos alle Sprecher überzeugen in ihren Rollen. Peter Weis ist einmal mehr als Erzähler zu hören. Jonas Minthe spielt den Protagonisten Peter Munk und gibt gekonnt dessen Sinneswandel akustisch wieder. Regina Lemnitz überzeugt auch als weniger resolute alte Frau. Das hätte ich nicht gedacht! Gudo Hoegel und Uli Krohm sind als übernatürliche Wesen die reinste Ohrenweide! Sie kontrastieren so wunderbar! Besonders Gudo Hoegel hat es mir angetan, dessen Stimme ich bei diesem Hörspiel das erste Mal hörte (da ich diesem Hörspiel vor „Krabat“ lauschte).
Die Musik- und Geräuschkulisse sind wie gewohnt bester Qualität. Am unheimlichsten finde ich bei dieser Produktion das Covermotiv. Besonders seitdem ich das Hörspiel erstmals durchgehört habe. Das Cover weckt direkt Erinnerungen – an die Vertonung aber auch die vielen Fragen und Gedanken, die ich mir beim Hören und im Anschluss machte. Ich schätze es sehr, wenn die ausgewählten Stoffe zum Nachdenken anregen und nicht nach dem Konsum direkt vergessen werden können.
Fazit Mit „das kalte Herz“ hat ein weiteres unheimliches Märchen Einzug in das Gruselkabinett gefunden, das besonders im Hinblick auf Englands Industrialisierung sehr interessante Einblicke in die Entstehungszeit bietet.
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Das Auge des Panthers (157)
„Das Auge des Panthers“ von Marc Gruppe nach Ambrose Bierce ist die perfekte Symbiose von Hörspiel und Hörbuch! Zuallererst ist Thomas Balou Martin ein genialer Erzähler. Aber die Texte, ja sie fügen sich so wunderbar in die Hörspielszenen ein! Ich bin selbst nach Monaten immer noch ganz begeistert, wenn ich dieses Hörspiel höre. Ich glaube es ist die Kombination aus Erzähler, Texten und Hörspieleinlagen. Sowie meine Vorliebe für einen allwissenden Erzähler, der seine Meinung kundtut, indem er Personen und Szenen subjektiv beschreibt. Dabei ist er absolut vorurteilsbeladen mit vielen Klischees, die zur Entstehungszeit des Werkes passen. Das ist zwar nicht schön, aber angenehmer als eine politisch korrekte Geschichte abzuliefern und so zu tun, als ob es in der Vergangenheit keine Probleme gäbe.
Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt und steht im Klappentext:

Die Darstellung Irenes Mutter fand ich überaus eindringlich und brachte mich zum Mitfiebern. Dazu die eingebundenen Erzählerpassagen. Ein Traum! Das erste Hörspiel, bei dem ich tatsächlich das Gefühl habe, ein Buch zu lesen und in die Handlung abzutauchen. Eine unglaubliche Faszination und Sogwirkung, die zu einem wunderbaren Genuss verschmelzen. Einfach großartig, was Sigrid Burkholder leistet. Die Geräuschkulisse unterstützt den Grusel und ihre Angst so wunderbar, dass ich zusammen mit ihr beunruhigt oder entsetzt war.
Uli Krohm spricht exzellent ihren liebenden Ehemann, kann aber auch anders, doch ich möchte nichts vorwegnehmen… Der stimmliche Kontrast passt sehr gut zum vom Erzähler erwähnten Altersunterschied. Patrick Stanke überzeugt als junger Anwalt, dem nichts so leicht schreckt. Dagegen spielt Marc Gruppe einen weniger mutigen Nachbarn. Eine wunderbare Szene! Kompliment! Es ist wohl das erste Mal, dass der Name des unbenannten Babys zu lesen ist, welches im Hörspiel zu hören ist. Auf jeden Fall fällt es mir hier erstmals auf. Es ist Marlene Bosenius. Ein Kompliment an die Eltern, die nebenbei noch die Gelegenheit hatten, saubere Tonaufnahmen zu erstellen (oder erstellen zu lassen) während sie sich um ihr Kind kümmerten. Zuletzt sei Jessica Kessler genannt, die es fertig bringt alleine mit ihrer Stimme Irene Marlowe facettenreich darzustellen. Besonders der abrupte Gefühlswechsel im ersten Teil, wenn sie zur Erklärung ansetzt, wieso sie nicht heiraten möchte, hat mich fasziniert.
Das Covermotiv zeigt eindrucksvoll die Legende, die sich im Umfeld der Protagonisten erzählt wird. Das geöffnete Maul erinnert mich sofort an die imponierende Geräuschkulisse. Zum Ausgleich mag ich mich ebenso schnell an die sanften Klaviermelodien und insgesamt famose musikalische Untermalung erinnern.
Stephan Bosenius und Marc Gruppe haben für mich ein weiteres (kleines) Meisterwerk abgeliefert. Ich bin ebenfalls mit der Laufzeit überaus zufrieden: Ideal, um nach dem Aufwachen oder vor dem Einschlafen noch einmal schnell gehört zu werden oder für Zwischendurch. Zudem gibt es keine Längen und mehrfaches Hören lohnt sich ungemein. Ich hatte erst beim zweiten Mal wirklich mitbekommen, was in Irenes Erzählung passierte. Beim ersten Mal überraschte mich lediglich die Anzahl und Auswahl der Todesopfer, bis ich das Ende des Hörspiels hörte…
Fazit Dieses Hörspiel übt eine unglaubliche Faszination und Sogwirkung auf mich aus, was der Umsetzung und Präsentation geschuldet ist, weniger am eigentlichen Inhalt. Mein bisheriges Lieblingshörspiel des Jahres 2020 – und wir haben schon Oktober. 😉
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Heimflug (161)
„Heimflug“ ein schöner Titel – in mehrfacher Hinsicht, da es eben gut zum Reiseaspekt mit einem Luftschiff passt, als auch zu persönlichen Wünschen einiger Figuren, die etwas übernatürlicher Art sind. Die Wünsche, nicht so sehr die Figuren. „Übernatürlich“ ist auch nicht das passende Wort, ich möchte jedoch nicht zu viel verraten. Nur so viel, wie bereits im Klappentext steht:

Die Hargreaves sind zurück! Dieses Mal ohne Tochter (die übernachtet in der Schule, außer am Wochenende), dafür mit extra viel Tante Marilyn. Alwyne hat Visionen über einen tödlichen Ausgang eines Luftschifffluges. Nun möchten Tante Marilyn und ihre Freundin Hedy mit einem fliegen, sodass die Hargreves sich sorgen machen und Alwynes Visionen nachgehen…
Die Ermittlungen sind durchweg interessant. Besonders der Einsatz der „ungewöhnlichen“, nicht wissenschaftlichen Methoden. In dem Bereich läuft alles gut, doch ob die Hargreaves das Unglück verhindern können?
Das Hörspiel greift das äußerst faszinierende Thema „Luftschifffahrt“ auf und liefert dazu einige Details der britischen Geschichte, wobei diese nicht zum Handlungsjahr 1934 des Hörspiels passen: Die Geschichte borgt sich auffällig viele Aspekte der R.101-Katastrophe des 4. Oktobers 1930.
Das Hörspiel hat starke Actionszenen, so beginnt es mit Alwynes Visionen, bei denen beeindruckende Explosionseffekte zu hören sind. Die Explosionsszenen dieses Hörspiels sind derzeit die Explosionsszenen, die ich am liebsten höre. Hinter diesem Effektfeuerwerk muss sich der Rest des Hörspiels nicht verbergen. Egal ob platzende Reifen oder einfach eine angenehme Hintergrundmusik, welche die passende Stimmung zur jeweiligen Situation erzeugt: Dieses Hörspiel überzeugt produktionstechnisch wie gewohnt auf ganzer Linie!
Von den Sprechern haben mich besonders Valentin Stroh und Louis Friedemann Thiele als Luftschiffkapitäne begeistert sowie Ursula Sieg und Silvana Sansoni als Tante Marilyn und ihre Freundin Hedy. Ein wunderbares Gespann! Dass Marc Gruppe und Stephan Bosenius es immer wieder schaffen, so großartige Schauspieler und Stimmen passend zu besetzten ist die reinste Freude!
Wie bei den Hargreaves-Hörspielen üblich, handelt es sich eher um ein humorvolles als gruseliges Hörspiel. Ich habe mich zu keiner Zeit gegruselt, aber eben gehofft und gebangt, dass sich alles zum Guten wenden wird. Kleine Überraschungen, wie unauffällige Rettungsversuche oder späte Liebesgeständnisse sind ein weiteres Highlight. Mein persönlicher Geschmack wurde mit Tante Marilyns unverblümten Schilderungen früherer Erlebnisse nicht getroffen. Ich mag es lieber, wenn mehr im Verborgenen bleibt. Es passt aber zur Figur und mache(r) Hörer/in mag ebenso schockiert sein, wie manche Figur im Hörspiel – oder eben in schallendes Gelächter ausbrechen.
Neben Ursula Sieg sind Stephanie Kellner und Benedikt Weber erneut in ihren bekannten Rollen zu hören und überzeugen – wie bereits in den vorherigen Geschichten. Die weiteren Sprecher wissen ebenso zu gefallen: Markus Andreas Klauk, Jean Paul Baeck und als Zeitungsjungen (welch grandioses Ende!) James McMenemy, Christopher McMenemy und Edward McMenemy.
Das Cover von Ertugrul Edirne ist ein grandioses Kunstwerk. Ich mag das Motiv (bzw. die Motive) und finde die Ausführung wunderbar!
Fazit Ein weiterer unterhaltsamer Fall für die Hargreves, bei dem sich Alwynes übersinnliche Fähigkeiten erneut weiterentwickeln.
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Flaxman Low – Der Geist von Baelbrow (155)
Positiv eingestimmt von der netten Einleitung, freute ich mich auf einen neuen Fall für den wohl ersten Geisterjäger der Literaturgeschichte, weshalb es ihn wohl auch ins Gruselkabinett verschlagen hat – zum ersten Mal vor sechs Folgen (Nummer 149).

Das Hörspiel hat mir gefallen und mich gut unterhalten. Das liegt vor allem an den exzellenten Sprechern. Eckart Du und Rolf Berg sind ein Traum! Besonders Eckart Dux‘ Betonungen, die kleinen Überraschungen, die sich heraushören lassen, sind wunderbare Details, die mich erfreuen.
Dem ersten Teil lausche ich daher einfach gerne und andächtig, obschon es nicht gruselig zugeht. Aber eben amüsant. John Sinclair 2000 lässt grüßen.
Zum ersten Fall im Gruselkabinett schrieb ich: „Der Fall ist von der Herangehensweise des Geisterjägers wesentlich bodenständiger – zumal er nur als Beobachter auftritt und den Spuk erklärt – als andere Gruselkabinetteinträge. Für meinen Geschmack könnte der Geisterjäger involvierter sein. In Bedrängnis geraten nur andere.“ Das trifft auf diesen Fall tatsächlich erneut weitestgehend zu, wobei Low dieses Mal zur Rettung eilt und mit dem Angegriffenen nun vorhat, dem gefährlichem Spuk endgültig den Gar auszumachen. Insgesamt ist Low deutlich involvierter als letztes Mal. Das gefällt mir. Allgemein hat mich die Darstellung ein wenig an Sherlock Holmes erinnert, da Low bereits eine Theorie hat, die alles erklärt. Da ihm der Hausherr nicht glaubt, lässt er sich auf dessen „Probe“ ein, stellt aber sicher, im Notfall eingreifen zu können. Ob das eine so gute Idee war?
Wie bei den meisten Gruselgeschichten, wird auch hier nichts grundlegend Neues geboten, sondern nur bekannte Motive in neuer Konstellation. Der aufmerksame Hörer wird vermutlich die gleichen Schlüsse wie Flaxman Low ziehen, wobei er mich mit der Frage zum Baugrund überraschte: Da hat er offensichtlich fundierte Kenntnisse für ortabhängige Auslöser von Spuk. Denn anders als in anderen Geschichten mit vergleichbarem übernatürlichen „Lebewesen“, steht eine andere Ursache hinter dem „Erwachen“ dessen. Ich möchte aber nicht zu viel verraten.
In weiteren Rollen überzeugen Reinhilt Schneider, Horst Naumann (ein wunderbarer Gesprächspartner für Eckart Dux!), Sascha von Zambelly, Claudia Urbschat-Mingues und Marc Gruppe. Die Musikuntermalung und Geräusche überzeugen mich einmal mehr. Sehr schön!
Das Cover zeigt Eliza Freeman (oder eine andere Angestellte des Hauses Swaffam) und … ja was eigentlich? Im Grunde kann es nur der Hausgeist sein, oder?
Ich bin schon auf den nächsten Fall (Hammersmith) für Flaxman Low gespannt. Zu hören in Folge 167.
Fazit Auch dieser Fall von Flaxman Low zeichnet sich vorrangig durch Erzählungen aus, bis am Ende der „Geisterjäger“ selbst eingreift. Ein tolles Hörspiel für einen ruhigen Abend im Ohrensessel!
#Flaxman Low#Gruselkabinett#Titania Medien#E. & H. Heron#Heron#Hesketh Hesketh-Prichard#Kate O'Brien Ryall Prichard
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Der letzte Wille der Stanislawa d‘Asp (163)
Was für ein Erlebnis! Der Titel „Der letzte Wille der Stanislawa d‘Asp“ und das Covermotiv beschreiben das letzte Drittel des Hörspiels. Bei einer Laufzeit von über 76 Minuten und stolzen 17 Sprechern wird aber weitaus mehr geboten.

Alles beginnt mit einer Liebesgeschichte, bei der die Liebe nicht erwidert wird. Ungewöhnlicherweise entspricht die Angebetete ganz und garnicht dem, was sich schickt. Das wird auffällig explizit dargestellt.
Das Hörspiel stellt die Wohltat der Liebe zwar (übertrieben?) romantisch verklärt dar, doch trotz aller Klischees werden die Figuren bisweilen überraschend nüchtern betrachtet (und vom Erzähler beschrieben). Allen Klischees zum Trotz weiß die Handlung in Teilen zu verblüffen. Die „Magie der Liebe“ wird so eindringlich geschildert, dass selbst der härteste Kritiker romantischer Idealisierung zumindest der inneren Logik der Handlung folgen kann und die Handlungsmotive der Figuren, die zwar teilweise mit der Holzhammermethode dem Hörer vorgesetzt werden, nachvollziehen. Je nach persönlicher Einstellung kann dürfte das belustigend oder eben tieftraurig und romantisch ankommen. Auf jeden Fall hat diese Geschichte die Auszeichnung „Schauer-Romantik“ mehr als verdient. Spielt das Hörspiel zunächst eher mit Gefühlen der Abscheu, Verachtung, Mitleid, … wird im Verlauf zusehends auf unheimliche, bedrohliche und gar allzu gruselige Momente gesetzt, bis alles in einem kaum zu ertragendem Finale endet.
Die Musik- und Geräuschkulisse stützt das Hörspiel ungemein und passt ganz hervorragend. So schwelgt auch der Hörer in romantisch perfekten Welten à la „Anne auf Green Gables“ oder erlebt die Schrecken eines „Mr. Hydes“.
Peter Weis macht einmal mehr als Erzähler eine gute Figur. In diesem Hörspiel fällt sein Anteil recht groß aus. Er schafft es jeden Text ernst und passend betont vorzutragen. Daniela Hoffmann leiht der „Femme fatale“ ihre Stimme, Patrick Bach und Dietmar Wunder spielen ihrem Verehrer und dessen Schuldfreund. Allesamt sind ganz hervorragend. Patrick Bachs Stimme steht im starken Kontrast zu Daniela Hoffmanns dargestellter Dominanz, was ganz hervorragend passt. Sie ist laut wohingegen er leise und unscheinbar ist. Dies versinnbildlicht sehr gut, wie der „Femme fatale“ alle Aufmerksamkeit gilt. Bis Dietmar Wunder als Freund des Verehrers in Erscheinung tritt. Seine markante Stimme spiegelt ausgezeichnet die Charakterzüge seiner Figur wider. Im Zusammenspiel mit Daniela Hoffmann (und besonders den Motiven und Hintergründen der Figuren) ist das Ganze ein Hochgenuss. Kurzum: Alle drei Sprecher leisten nicht nur herausragende Arbeit (Patrick Bach und Dietmar Wunder sind im Finale schlichtweg grandios!), sondern passen auch stimmlich wunderbar zu ihren Figuren. Von den weiteren Sprechern sind mir Lutz Reichert als Arzt, Bert Stevens als Priester, Horst Naumann als Gärtner und Ingeborg Kallweit als Mutter des Verehrers in besonderer Erinnerung geblieben. Ein außerordentliches Ensemble!
Fazit Ein Höllenritt der Gefühle zwischen romantisch verklärter Charakterstudie, Liebesromanze und Rache. Wer damit umgehen kann, wird hervorragend unterhalten.
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Das Ding (152)
„Das Ding“ von George Allan England kommt in der Bearbeitung von Marc Gruppe angenehm zeitlos daher – es ist durchaus vorstellbar, dass die Expedition nicht 1930 stattfand, sondern in aktuellen Zeiten. Dazu müsste selbstredend eine gute Erklärung genannt werden, wieso keine Kommunikationsmöglichkeiten zu anderen bestehen, aber das Hörspiel spielt im Jahr 1930 und wirft den Hörer unvermittelt ins Geschehen: Die Führer einer Gruppe von Wissenschaftlern wurden getötet und nun bangen die Überlebenden um ihr Leben und spekulieren, was für den Tod verantwortlich sein könnte.

Puh, was für eine Grusel-Daily-Soup! Die Protagonisten zanken und kämpfen sich durch das Hörspiel. Damit muss man klarkommen. – Viele andere Hörspiele des Gruselkabinetts sind da wesentlich zurückhaltender, vielmehr auf Etikette achtend als dieses Werk, das im Jahr 1930 angelangt ist und somit deutlich frischer daherkommt als viele andere Einträge.
Das Ganze erinnert mich an die Neon Grusel Serie und die PSI Akten. Beide Hörspielserien haben Folgen mit Geplänkel zwischen den Protagonisten. In dieser Geschichte ist der „Seifenopernanteil“ recht hoch. Der Grusel kommt dabei nicht zu kurz, schweben die Überlebenden doch ständig in Gefahr.
Es werden Fragen aufgeworfen, die traditionsgemäß leider nicht alle aufgeklärt werden. Die Handlung ist sehr lebendig und hervorragend inszeniert. Beim Hören ist mir aufgefallen, dass statt allgemeingültig von Kopfschmerztabletten von Aspirin die Rede ist. Das hat Marc Gruppe der Vorlage entnommen. Da Aspirin heute noch immer sehr bekannt ist, gab es keinen Grund dieses Detail im Hörspiel zu verschweigen.
Das Covermotiv ist schön gruselig und passt hervorragend zum eisigen Schrecken. Musikalisch ist das Hörspiel ein Hochgenuss, aus dem ich höchstens von der Handlung gerissen wurde. Mit der dichten Soundkulisse macht Titania Medien alles richtig.
Peter Weis leitet als Erzähler gut durch die Handlung. Gerhard Fehn, Cécile Kott, Julia DeLuise und Valentin Stroh leisten hervorragende Arbeit. Helmut Zierl finde ich als Wallace Jandron anstrengend zu hören. Das liegt mitunter an der Figur – den Streitgesprächen – aber auch an der Stimme selbst, sowie der Darbietung: Für mich klingt er durchweg ge- oder entnervt. Wäre ich aber auch bei so viel Stress und der ganzen Zankerei. Im Gegensatz zu seiner energetischen Kollegin DeLuise ist er der Ruhepol. Ich bin mir bis heute uneins, ob ich den Kontrast gut finde oder gerade das ebenfalls etwas ist, das bei mir nicht gut ankommt. Julia DeLuise hat eine hohe Stimme, die aufgrund der grauenhaften Vorkommnisse immer neue Höhen erklimmt. Eine starke Leistung und ein weiterer Grund, warum das Hörspiel für mich anstrengend zu hören ist.
Auf jeden Fall ist mir das Rumgezicke der Protagonisten zu nervig und ermüdend zu hören. Egal von wem. Die Dialoge sind mir zu viel des Guten. Ich bevorzuge tatsächlich die Vorlage, die meine Ohren schont, da ich das Tempo und die Pegelausschläge dort selbst bestimmen kann.
Fazit Eine hervorragende Produktion und nichts fürs entspannte Hören. Dafür ist viel zu viel Los. Als Teenager hätte mich das Hörspiel mehr angesprochen. Es hat mich positiv überrascht, aber nicht meinen Geschmack getroffen.
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Wahnsinn! Dieser Titel, die Coverillustration und die Inhaltsangabe! Den Titel finde ich am wenigsten Spannend, doch die Einordnung (Tropen) hat meine Neugier geweckt: Endlich mal wieder nicht Europa oder die USA! Trotzdem bleibt es eine typisch westliche Erzählung. Das Cover verrät am Meisten vom Inhalt und zeigt den tropischen Schrecken wahrlich beeindruckend. Die Inhaltsangabe finde ich äußerst raffiniert, da sie nicht zu viel verrät. Gleiches gilt für die Hörspielumsetzung: Nachdem der Schrecken wütete und der Protagonist (Christian Stark) in Ohnmacht gefallen ist, wird der Rest des Hörspiels (Track 24+) aus der Perspektive eines Kapitäns (Thomas Balou Martin) beschrieben, der den Protagonisten aus seiner Ohnmacht verhilft.

Die Geschichte ist sehr fokussiert und simpler Actiongrusel, vergleichbar mit Groschenromanen. Wie ich finde eine willkommene Abwechslung im Gruselkabinett! Wem es nicht genug ist, sich bis zu 45 Minuten mit der auf dem Cover dargestellten Szene zu beschäftigen – actiongeladener Horror oder indirekter, sanfter Grusel – sollte eher zu anderen Hörspielen greifen. Der angesprochene Kniff des Perspektivenwechsels bringt Abwechslung in die Geschichte und nach der ganzen Action entspricht diese Hälfte dem eigentlichen Gruselkabinett-Stil. Viel Neues wird nicht in Erfahrung gebracht. Da ist etwas schade, aber immerhin bildet es einen guten Rahmen für die geschichtliche Einordnung.
Abgesehen von der sehr einfach gestrickten Geschichte, die einem manchmal wundern lässt, wie entspannt einige Beobachter das Seeungeheuer kommentieren, fand ich nur einen Satz in Track 22 unglücklich formuliert, den Christian Stark als Erzähler vorträgt: „[…] Dass die Zeit schneller vergehen möge und eine Entscheidung herbeigeführt werden würde, welches Schicksal uns nun eigentlich bestimmt war.“ Positiv: Es gibt keine „würde“-Doppelung, aber der Satz ist trotzdem etwas unglücklich – und mein einziger Kritikpunkt in diesem Bereich.
Ein Highlight ist das musikalisch fulminant umgesetzte Ende. Grandios, sowas liebe ich. Zum Abschluss ist das Monster nochmal zu hören. Darauf hätte ich lieber verzichtet und einem noch ein wenig dem Ausklingen der Musik gelauscht – oder der Stille. Die Musik war stark genug, dass ich auf dieses Stilmittel (einmal mehr) lieber verzichtet hätte. Das mag aber auch an meinem Geschmack liegen, denn für diesen hätten die exzellenten Monstergeräusche am Ende kurz und knapp gereicht: Den Anfang finde ich da zu viel des Guten, ab dem Wasserplatscher (bzw. ab der 8. Sekunden des 40. Tracks) passt das wieder ganz wunderbar. Der Vorteil der vielen einzelnen Tracks: Wer sein abspielgerät programmieren kann, hat die Möglichkeit Tracks zu überspringen, die man nicht hören mag. So kann auch nur jeweils einem von zwei unabhängig voneinander hörbaren Abschnitten gelauscht werden (Perspektivenkniff sei Dank). Der Informationsverlust kann durch einmaliges vollständiges Hören ausgleichen werden oder durch ein klassisches Gespräch mit einer/m anderen Hörer/in, die/der den Rest kennt.
Der Protagonist Tom Thompson wird gewohnt dramatisch und schwerwiegend von Christian Stark gesprochen – in Szene als auch als Erzähler. Dirk Petrick als Joky ist eine Glanzleistung! Dies ist für mich seine bisher ausdruckstärkste Rolle und beste Leistung! In Nebenrollen sind Marc Gruppe, Gerhard Fehn, Joachim Tennstedt, Detlef Bierstedt, Peter Weis, Valentin Stroh und Helmut Zierl zu hören. In der zweiten Hörspielhälfte glänzen Thoman Balou Martin und Rainer Gerlach (, der etwas umständlich über den Namen des Protagonisten sprechen muss, – ob er (die Rolle, nicht der Sprecher) sich immer erklären muss?). In der zweiten Hälfte vermisse ich Laute von den anderen Seemännern. Schade! Das hat mir in der ersten Hälfte besser gefallen.
Fazit Ein ungewöhnlich fokussierter und actionreicher Eintrag ins Gruselkabinett mit hervorragenden Sprechern, Musikstücken und vor allem Geräuschen. Das Hörspiel ist zweigeteilt für mehr Abwechslung oder zwei verschiedene Vorlieben: Dem Actionfan sind Kapitel 1 bis 23 und 40 gewidmet und dem des seichten Grusels Track 24 bis 39.
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Ich kenne das Original von Francis Marion Crawford nicht, aber da Marc Gruppe bekannt dafür ist, nah am Original zu bleiben, ist mein Interesse an den Werken des Schriftstellers geweckt. Zunächst war ich von so vielen Klischees und vereinfachenden Darstellungen negativ eingenommen. Es wirkte auf mich wie eine Gruselgeschichte für Kinder.

In der Tat fühlte ich mich an TKKG-Geschichten erinnert, da es sowohl Gangster-Dialoge als auch auf den Punkt gebrachte vorurteilbehaftete schwarz-weiß-malerische Personenbeschreibungen gibt. Das mochte ich am Scheibstil von Rolf Kalmuczak alias Stefan Wolf, dessen Geschichten dadurch oft äußerst amüsant zu lesen sind. Das Hörspiel ist allerdings keineswegs mit einer Rolf Kalmuczak Gruselgeschichte für Kinder, wie z.B. vom Magier und sein Power-Trio gleichzusetzen. Es sind kleine Anleihen. Eben genannte Klischees (die im Gruselgenre einfach inflationär bedient werden), Gangster-Dialoge und auf den Punkt gebrachte Beschreibungen. Kalmuczaks mir bekannte Werke sind noch deutlich anders, was mitunter ihrer Entstehungszeit und jeweiligen Zielgruppe zuzuschreiben ist.
Ein weiterer TKKG-Moment war die urkomische Szene mit dem Priester und seinem Besuch, die auch gut in einem der humorvollen Sinclair 2000 Hörspielen von Oliver Döring gepasst hätte: Er preist seinen selbstgebrannten an und sein Gast zollt entsprechend Respekt. Urkomische Situationskomik und großartige Sprecherleistung!
Der Titel wird im Inhalt genannt: „Denn das Blut ist doch das Leben. Ist es nicht so, Monsignore?“, fragt Antonio. Genauso wurde es oft bei TKKG gemacht. Ich mag das. ;)
Christina (Marie Bierstedt) liebt Angelo (Markus Andreas Klauk), der ihre Gefühle jedoch nicht erwidert. Damit beginnt das Hörspiel und markiert das zentrale Element der Gruselgeschichte, die nachfolgend berichtet wird.
George (Harald Dietl) empfängt seinen Freund Holger (Jean Paul Baeck), einen Maler aus Skandinavien, auf seinem Turm im ruhigen Süditalien. Die beiden Sprecher geben ein schönes Gespann ab, während sie unheimliches Erleben und George daraufhin die Hintergründe zum Erlebten erzählt. Titania Medien typisch wirkt Georges Sprecher somit auch als Erzähler, der die Szenen so beschreibt, als ob er dabei gewesen wäre. Das ist streng genommen etwas seltsam, da die Person George wohl kaum alle Details kennen kann. Es sei denn, er erzählt das ganze tatsächlich so ausgeschmückt, wie es ein kreativer Mensch vielleicht täte, um die Immersion des Zuhörenden durch Details zu verstärken. Ich finde Harald Dietls Betonungen etwas eigenwillig. Als George ist er großartig, als Erzähler sehr auffällig und gewöhnungsbedürftig.
Der Erzähler verrät vor den Hörspielszenen teilweise so viel, dass die nachfolgende Szene kaum als klassischen TKKG-Gangster-Dialog bezeichnet werden kann. Typisch für diese sind jedoch die Präsentation: Motive und Umsetzung werden mit vielen vereinfachenden Stereotypen dargestellt: „Der einäugige Neapolitaner (Valentin Stroh) und der narbengesichtige Sizilianer“ (Louis Friedemann Thiele) werden passend klischeebehaftet von den beiden Sprechern gespielt: Sie klingen widerwärtig und plump.
Allen Figuren wird gewohnt exzellent Leben eingehaucht. Besonders genial finde ich Peter Weis als Priester und Ferdi Özten als junger Antonio. Ein herrliches Zusammenspiel. Ursula Wüsthof ist als Philomena absolut göttlich! Eine Traumbesetzung! Sie würde ich gerne zusammen mit Regina Lemnitz hören.
Die Musik- und Geräuschkulisse geben kein Grund zur Klage. Die einzige mir aufgefallene Kleinigkeit ist in Track 20: „Alario wurde tags darauf beerdigt.“ Hier finde ich die Pause zum vorherigen Satz zu kurz, um das Gesagte wirken zu lassen. Bei ca. 45 Minuten Laufzeit hätten 1-2 Sekunden nicht geschadet.
Achtung, Spoiler: Das Cover verrät mehr als die Inhaltsanhabe über die unheimliche Gestalt. Es ist sehr atmosphärisch, besonders da es Grabsteine zeigt und weitere Details, die nicht unmittelbar aus einer Hörspielszene stammen. Mir gefällt, wie stark die unheimliche Frau sich vom Rest abhebt. Ein gelungener Blickfang! Neben Plattitüden und Klischees, gibt es auch ein paar kleine Lebensweisheiten, wenn es um das etwas unbefriedigende Ende geht: „Es ist auf lange Sicht gesünder, manchen Dingen einfach nur den Rücken zuzuwenden.“ Leider gibt es für meinen Geschmack keine zufriedenstellende Erklärung, wieso es zu der auf dem Cover zu sehenden unheimlichen Gestalt kommt. Das Motiv ist klar, aber wie genau und dass daraus ein solches Wesen resultiert, verwundert ein wenig.
Fazit Ein kurzweiliges stereotypes Gruselhörspiel, das zu jeder Tag- und Nachtzeit gehört werden kann. Ob zum Gruseln oder um sich zu amüsieren. Es ist für jeden was dabei!
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