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Alles, was die Menschen je waren und getan haben, nichts weiter als das kurze Aufflackern eines Lichts sein, ein einzelner Tag mitten im Jahr, an den nichts und niemand erinnert.
Wir existieren in einer flüchtigen Blüte des Lebens und Wissens, unser Dasein ein hektischer Fingerschnipp, und dann wars das. Dieses sommerliche Blühen ist eher Bombe als Blume. Dieses fruchtbaren Zeiten vergehen schnell.
Samantha Harvey
Umlaufbahnen
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Worum geht es auf diesem Gemälde?
Wer sieht hier wen an? Der Maler den König und die Königin; der König und die Königin sich selbst im Spiegel; der Betrachter den König und die Königin im Spiegel; der Betrachter den Maler; der Maler den Betrachter, der Betrachter die Prinzessin, der Betrachter die Zofen?
Willkommen im Spiegel labyrinth des menschlichen Lebens.
Eine Weile starrt Pietro das Gemälde an, dann noch einen Moment, dann sagt er: Um den Hund Wie bitte?
Die Antwort auf die Frage lautet: Es geht um den Hund.
Und da erst betrachtet er den Hund im Vordergrund. Bisher hat er ihm keine große Beachtung geschenkt, aber nun kann er nichts anderes mehr ansehen. Er hat die Augen ge-schlossen. In einem Gemälde, in dem sich alles um Blicke und Sehen dreht, ist er das einzige Lebewesen in der abgebildeten Szene, das nirgendwohin schaut, nichts und niemanden ansieht.
In so einer durchorchestrierten und symbolhaften Szene kann das kein Zufall sein, denkt er, und plötzlich erscheint es ihm, als habe er recht, als habe er das Gemälde verstanden, oder als habe sein Kommentar ermöglicht, ein ganz anderes Gemälde zu sehen als zuvor. Jetzt sieht er keinen Maler, keine Prinzessin, keinen Zwerg oder Monarchen, er sieht das Porträt eines Hundes. Ein Tier, umgeben von der Wunderlichkeit der Menschen, all ihren seltsamen Manschetten und Rüschen und Seidentüchern und Posen, den Spiegeln und Winkeln und Blickpunkten; all die Wege, die sie finden, keine Tiere zu sein, und wenn er es jetzt betrachtet, ist das eigentlich ziemlich komisch. Und der Hund das Einzige auf dem Bild, was nicht lächerlich wirkt, gefangen in einem Netz aus Eitelkeiten. Das Einzige, was sich auch nur annäherungsweise als frei bezeichnen ließe.
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Der französische Sozialphilosoph und Schriftsteller André Gorz beginnt 2006 dreiundachtzigjährig seinen erschütternd schönen Liebes- und Abschiedsbrief an seine Frau Dorine.
»Briefan D.« SO:
»Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein. Du bist um sechs Zentimeter kleiner geworden, Du wiegst nur noch fünfundvierzig Kilo, und immer noch bist du schön, graziös und begehrenswert.
Seit achtundfünfzig Jahren leben wir nun zusammen, und ich liebe dich mehr denn je.”
Im Jahr darauf nahmen er und seine schwerkranke Frau sich gemeinsam das Leben. Die Geschichte beweist, dass nichts, was glücklich macht, im Alter vorbei sein muss, nichts, Nichts.
ELKE HEIDENREICH
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Was schlimm ist
Nachts auf Reisen Wellen schlagen hören und sich sagen, daß sie das immer tun.
Sehr schlimm: eingeladen sein, wenn zu Hause die Räume stiller, der Café besser und keine Unterhaltung nötig ist.
Gottfried Benn
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Nobody heard him, the dead man,
But still he lay moaning:
I was much further out than you thought
And not waving but drowning.
Poor chap, he always loved larking
And now he’s dead
It must have been too cold for him his heart gave way,
They said.
Oh, no no no, it was too cold always
(Still the dead one lay moaning)
I was much too far out all my life
And not waving but drowning.
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Bin ich ein Eiswürfel, gepresst und gefangen in einer Silikonform? Verstand eingefroren im dunklen Gefrierfach - Knirk, Knarks, Stille. Warte ersehnt auf den Zeitpunkt, der mich aus der Gefangenschaft befreit. Ein Fall in das grosse Weite. Zirsch, Zarsch, Ende. Zersplittert in Tausend transparente Stücke. Das Gewesene verwässert - verschmolzen im Nichts.
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