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ZEITGEIST
Schon immer auf der Seite der Nachtreter:
1980 verunglimpfte die „Welt“ mit entsicherter Waffe den gerade verstorbenen Schriftsteller Nicolas Born als „Liebling des Kulturbetriebes“ und „puren Resonanzboden des Zeitgeistes“; seine Bücher seien zwar „gut geschrieben“, hätten aber „wenig zu sagen“: „All die vielen Klagen über Vereinsamung, Umweltverschmutzung und verlorene Illusionen klingen, als seien sie durch die Harfe von Gruppentagungen gesaust“.
Und in der gleichen Feuilletonabteilung findet sich dann weiter hinten folgende Überschrift: „Nobelpreisträger treten für Atomenergie ein.“ (Hans Christoph Buch im Freibeuter 3/1980)
Wie man dort also lesen kann, ist die Kultur für rechte „Welt“-Gemeinheiten schon immer gut gewesen. Daran hat sich 2022 wahrlich nun nichts geändert.
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Text: Erich Kästner
Denn ihr seid dumm (Rezitation) Ihr und die Dummheit zieht in Viererreihen in die Kasernen der Vergangenheit. Glaubt nicht, daß wir uns wundern, wenn ihr schreit. Denn was ihr denkt und tut, das ist zum Schreien. Ihr kommt daher und laßt die Seele kochen. Die Seele kocht, und die Vernunft erfriert. Ihr liebt das Leben erst, wenn ihr marschiert, weil dann gesungen wird und nicht gesprochen. Ihr liebt die Leute, die beim Töten sterben. Und Helden nennt ihr sie nach altem Brauch; denn ihr seid dumm und böse seid ihr auch. Wer dumm und böse ist, rennt ins Verderben. Ihr liebt den Haß und wollt die Welt dran messen. Ihr werft dem Tier im Menschen Futter hin, damit es wächst, das Tier tief in euch drin! Das Tier im Menschen soll den Menschen fressen. Ihr möchtet auf den Trümmern Rüben bauen Und Kirchen und Kasernen wie noch nie. Ihr sehnt euch heim zur alten Dynastie und möchtet Fideikommißbrot kauen. Ihr wollt die Uhrenzeiger rückwärtsdrehen Und glaubt, das ändere der Zeiten Lauf. Dreht an der Uhr! Die Zeit hält niemand auf! Nur eure Uhr wird nicht mehr richtiggehen. Wie ihr’s euch träumt, wird Deutschland nicht erwachen. Denn ihr seid dumm, und seid nicht auserwählt. Die Zeit wird kommen, da man sich erzählt: Mit diesen Leuten war kein Staat zu machen! Erich Kästner
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Der Geist ist am 24. September 2017 endgültig aus der Flasche gekrochen.
"Die Entfesselung des Elementaren war notwendig, um einen lähmenden und hemmenden Mechanismus zu sprengen. Der Ungeist der Demokratie, der jeden wahren Wert zu vernichten drohte, mußte wohl mit seinen eigenen Waffen geschlagen werden." - "Appell an das deutsche Gewissen. Reden zur nationalen Revolution."
Franz von Papen, letzter Weimarer Reichskanzler, Oldenburg 1933
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Reaktionäre heute
1852 schrieb Karl Marx im 18. Brumaire des Louis Bonaparte: „Von den widersprechenden Forderungen seiner Situation gejagt, zugleich wie ein Taschenspielertrick in der Notwendigkeit, durch beständige Überraschung die Augen des Publikums auf sich [...] gerichtet zu halten, also jeden Tag einen Staatsstreich en miniature zu verrichten, bringt Bonaparte die ganze bürgerliche Wirtschaft in Wirrwarr, tastet alles an, was der Revolution von 1848 unantastbar schien, macht die einen revolutionsgeduldig, die anderen revolutionslustig und erzeugt die Anarchie selbst im Namen der Ordnung, während er zugleich der ganzen Staatsmaschine den Heiligenschein abstreift, sie profaniert, sie zugleich ekelhaft und lächerlich macht." Man ersetze Bonaparte durch Trump, dann bekommt man eine Ahnung davon, was uns noch blüht. Was lernen wir? Die Kritik am Kapitalismus ist weiter unbedingt und vonnöten. Sonst verlieren wir noch unsere letzte Würde. Dank an dieser Stelle an Micha Brumlik, der den Marxschen Text in seinem aktuellen Essay „Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt." gerade wieder sichtbar gemacht hat.
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An meinen Freund Walter
Einen Stuhl in eine Ecke des Zimmers stellen. Der Vorsatz: Nur noch dort sitzen, sonst nirgendwo! Und dann - nach vier Minuten - erschrocken aufstehen... [1980]
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God
Nobody is safe, even God - The rocking funky riddle, formerly known as SYMBOL: Prince just died. How dare you...
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Es ist alles eine Frage der Kohärenz, der Logik, sagt Rivette. Die Situationen ergeben sich aus den Figuren, und die Figuren stecken in den Situationen - wie bei einem Maler, man kann ihn auch nicht bitten zu unterscheiden zwischen der Linie und der Farbe. In einem seiner vehementesten Filme hat er das durchgespielt, "Die schöne Querulantin", mit Emmanuelle Béart und Michel Piccoli, nach Balzacs "Das unbekannte Meisterwerk".
Fritz Göttler in der SZ vom 29.1.2016 zum Tod von Jacques Rivette
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Gone two days after his Birthday: „Every alien's favourite cousin" Tilda Swinton bei der Eröffnung der David Bowie-Ausstellung in London. Und wie wird Alien-Bowie-Musik kongenial getanzt? Bitte Dennis Levant im Leos Carax-Film „Mauvais Sang" verständnisvoll bei der Interpretation von „Modern Love" zusehen; auf YouTube.
Privatarchiv vD
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Ausblick vom Turm in die Ebene
Weiter geht es immer, man darf das bloß nicht persönlich nehmen. Und: jeder bleibt uns erhalten, auch diejenigen, die wir noch nie leiden konnten. (frei nach dem Kaiser der Misanthropen Arthur Schopenhauer)
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Die Unterkunft des Mannes mit Hut in Ostfriesland - hier gibt es finstere Geschichte an lichten Tagen☀️😎
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Alltag des Darum!
„Die Tautologie ist die Grundlage für eine tote, eine unbewegliche Welt. Warum? Darum! Punkt! Man flüchtet in die Tautologie ebenso wie in die Furcht, Wut oder Traurigkeit, wenn einem die Erklärungen ausgehen ... In der Tautologie liegt ein doppelter Mord: man vernichtet das Rationale, weil es uns widersteht; man vernichtet die Sprache, weil sie uns verrät." Roland Barthes, Mythen des Alltags Das liederliche Reden über die Pariser Ereignisse vom 13. November erweckt die Tage nach dem 9. September 2001 - das die Bush-Kriege gar nichts gelöst haben, sondern den Terror brandbeschleunigten, scheint vergessen. Für die nötige Erinnerung daran brauchen wir Herrn Barthes weißgott auch nicht, unser Verstandesgefühl allerdings schon.
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Musikalischer Wasserstand
„Rund 50 Millionen Besucher sind jährlich in den Diskotheken der DDR zu Gast. Damit hat sich diese junge Form der Unterhaltungskunst [...] einen bedeutenden Platz im geistig-kulturellen Leben der Republik erobert. Waren 1971 lediglich 820 Schallplattenunterhalter registriert, so hat sich ihre Zahl inzwischen auf 5000 Amateure und 70 professionelle Diskjockeys erhöht. 70-80% der Diskobesucher sind Jugendliche. In zunehmendem Maße werden sie aber auch in Clubs der Volkssolidarität, bei Brigadefeiern und Pioniernachmittagen eingesetzt. Die Vielfalt des Diskoangebotes ermöglicht ein hohes Maß geselliger Unterhaltung, abgestimmt auf unterschiedliche Altersgruppen und Bedürfnisse." (Aus: Musik und Rhythmus Nr. 3/1978, Berlin DDR) Das heißt: wenn schon die gesamten DDR-BÜRGER in toto quasi viermal jährlich in die Disko gehen, kann das bei dem 70er-Disko-Musikgeschmack ja nix werden mit der Weltrevolution.
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Die Kunst der Verstellung
Zweifellos gehört ein gründliches Wissen dazu, exzellent lügen zu können. Einer der nicht zu übersehenden Beweggründe für diese Gründlichkeit ist die allgemeine Vorsicht, die jeder Libertin, mehr aber noch die Libertin-Femme, einhalten muss, um im Spitzelsystem die Fassade zu wahren. Vielleicht hat man aus der Not eine Tugend gemacht, bei so vielen Spitzeln wird man am besten selbst einer. Und schließlich: ist es nicht wahr, dass es sich als Polizist am Hof gut leben lässt? Erik Grawert-May, Theatrum Eroticum, in: Konkursbuch 4, Zeitschrift für Vernunftkritik, Tübingen 1979
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Die Dietrichkeit-Realität
Vieweg hockte auf dem Teppich zwischen den leuchtenden Bänden der >Geschichte der Arbeiterbewegung<. “Zum Beispiel Dietrichkeit”, sagte er und blätterte im Register. “Nicht drin.” Ich hatte den Namen nie gehört, doch in dieser <Geschichte> war vieles nicht drin - auch Vieweg selber nicht. Die Zuverlässigkeit von Viewegs eigenen Berichten war umstritten. Erzählte er etwas mehrmals, veränderte es sich mehrmals. Er selbst behauptete, es würde immer wahrer. War man bei etwas selbst dabei gewesen, erkannte man es kaum wieder - besser gesagt: man erkannte es überhaupt erst. Insofern machte Vieweg Geschichte. […] Ich bin seither überzeugt, daß Realität eine Sache der Phantasie ist. Alexander Richter, Freibeuter Heft 1, Berlin 1979
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Ist dieses Tier lebendig oder tot? Ist das womöglich Schrödingers Katze? Ein conditio sine qua non-Lebewesen?
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Vernunft
"Unser Lebm besteht, weitgehend, in der Verarbeitung von Initial=Torheitn in End=Unvernünftijes". Arno Schmidt, >Zettel's Traum"<, Seite 495
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