Tumgik
liawn-blog1 · 7 years
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Higma und der Ork
Dieses schrille Pfeifen kreiste in ihrem Kopf. Begleitet von diesem Gefühl der Machtlosigkeit. Seit das Horn der Orks erklungen war, erschien es ihr, als sei ihr Schicksal bereits besiegelt. Es stand fest, dass sie kamen. Sie kamen, um den ganzen Trupp samt Stützpunkt auszulöschen und nichts Lebendiges an diesem Ort zurückzulassen. In den vergangenen Jahren hatte Higma all ihre Zeit der Ausbildung zur Soldatin gewidmet und jedes auffindbare Lehrbuch über Orks, deren Verhalten, Kultur oder Waffen in sich aufgesaugt; so erkannte sie auch, dass ihr kein Ausweg blieb. Das Geschrei, das sie und ihren Trupp durch den Wald hetzte, ließ sie auf mindestens ein Dutzend orkische Jäger schleißen. Ihnen blieb nicht mehr als der erbitterte Versuch auf den Pferden davon zu kommen. Der dicht bewachsene Waldboden erwies sich dafür als äußert ungünstig. Sichtlich angespannt stolperten ihre Pferde durch das Geäst. Higmas schweißnasse Hände krallten sich an den Zügeln fest. Das unregelmäßige auf und ab Schlagen sowie die entgeisterten Blicke ihrer Mitsoldaten, welche sie hin und wieder erhaschen konnte, machten ihre Angst nur noch unerträglicher. Die Verzweiflung ließ sie versteinern; das Navigieren hatte sie längst ihrem Reittier überlassen. Sie wartete nur noch auf den Höhepunkt, das Ende - Hinter jedem vorbeiziehenden Baum erwartete sie den hervorspringenden Ork, der sie in Stücke riss. Sie meinte zu fühlen, dass ihr Tod in absehbarer Nähe war. Plötzlich riss es Marol, den Späher des Trupps, der direkt vor ihr geritten war, mit gewaltiger Wucht vom Pferd. Noch ehe sie aufschreien konnte, spürte Higma einen kräftigen Stoß am Hinterkopf und verlor, während ihre Verfolger Marol vor ihren Augen in zwei Teile zertrennten, ihr Bewusstsein.
„Marol!“, schrie sie auf als sie wieder zur Besinnung kam. Ihre Finger gruben sich tief in die Hirschfelldecke, die über ihren Schultern hing. Ihre Pupillen brauchten einen Moment, um sich den neuen Lichtverhältnissen anzupassen. Zu ihrer Verwunderung saß sie an einem Lagerfeuer in mitten einer kleinen Lichtung. Es war bereits Nacht geworden und die Dunkelheit ließ die von Baumstämmen umringte Lichtung fast wie einen Käfig erscheinen. Nur das tanzende Licht des Feuers ließ die Körbe und Beutel, die rund um die ganze Feuerstelle verteilt waren, gelegentlich aufleuchten. Higmas Augen streiften müde und angestrengt um das Lagerfeuer herum. Die Wurzeln und Kräuter, mit denen die verschiedenen Behältnisse gefüllt waren, erschienen ihr fremdartig. Higma schluckte als sie realisierte, wo sie sich befand. Ihr gegenüber saß ein wahrhaftiger Ork und beobachtete sie. Er sah genauso aus wie auf den Plaketen, die im ganzen Königreich verteilt waren. Gro und stämmig. Sein Buckel ragte hoch hinter seinem Schädel hervor, seine Haut war schneeweiß und seine kleinen bleichen Augen wirken wie erstarrt, als sei er ausgestopft. Scheinbar schien sie an einem Stützpunkt des orkischen Heers gelandet zu sein. Ihre Gedanken begannen das Stottern; alles überschlug sich. Sie kannte alle Lehren und wusste alles über sie, aber nie hatte sie einen Ork in freier Wildbahn erlebt, nie war sie einem so nah gekommen. Mit schnappartiger Atmung starrte sie zurück auf das Monster, das ihr regungslos gegenüber saß. Ein Schweißtropfen perlte von ihrer Stirn. Die Winde waren so still, dass man ihn auf dem Boden zerplatzen hören konnte. Ohne einen Laut von sich zu geben bewegte der Ork sich plötzlich auf sie zu. Mit einem seiner mächtigen Arme stützte er sich vor ihren Füßen ab und beugte sich zu ihr herunter. Eben noch musterte sie die Adern, die sich durch seinen Arm schlängelten wie kleine, blaue Wurzeln, aber als ihr Blick seine Knopfaugen streifte, die unter dem wulstigen weißen Fleisch hervorkamen, konnte sie ihn nicht mehr von ihnen losreißen. Sie waren kugelrund und hatten einen seltsamen, milchigen Schleier. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie die Orks für blind gehalten. Er war ihr so nah gekommen, dass sie seinen Atem auf ihrer Nase spüren konnte. Nie hatte sie damit gerechnet sich jemals in so einer Situation wieder zu finden. Mitten in den tiefen eines ihr unbekannten Waldes, umgeben von Bäumen, zwischen denen die Ferne immer dunkler und dunkler zu werden schien, gegenüber von einem Ungetüm, das sie vermutlich jeden Moment in Stücke schlagen und dann verspeisen würde.
Gegen jede ihrer Erwartungen fing er jedoch plötzlich an zu sprechen: “Die Augen der Menschenwesen sind faszinierend.” Seine tiefe, kratzige Stimme brummte so stark, dass sie fast schon spürbar war, und ließ Higma einen kurzen Schauer über den Rücken laufen. Ihr ganzer Körper war so erstarrt, dass ihr ihre Verwunderung nicht einmal anzumerken war. “Die schwarzen Löcher weiten sich, wenn ich das Feuer schmälere.”, setzte er fort und atmete einmal tief ein. “Eure Augen vermögen zu spiegeln, auf was sie gerichtet sind. Wie nun die Flammen, den Nachthimmel und Ramogk selbst.” Fast eine Minute lang starrte er sie weiterhin an und schenkte seiner Aussage einen Moment, ehe er sich wieder aufrichtete und zurück auf den Felsbrocken fallen ließ, auf dem er zuvor gesessen hatte. Seinen Blick schwenkte er auf den Sternenhimmel, der sich in sattem Violett über die blattlosen Baumkronen erstreckte. Seine Mimik, auch wenn sie sehr flach und ungeformt wirkte, zeugte von Zufriedenheit. Der Zorn und die Mordsucht, die einen normalen Ork auszeichneten, waren bei seiner Erscheinung nicht ansatzweise erkennbar. Er spiegelte nichts als innere Ruhe wieder. Und das tat er so beachtlich, dass er fast den Eindruck machte, sich in eine Statue verwandelt zu haben und ein Teil des Waldes geworden zu sein. Das Einzige an ihm, was sich regte, war seine massive Brust, die mit jedem Atemzug auf und ab ging wie das Meer bei seichtem Wellengang. Mittlerweile war Higma deutlich anzusehen wie durcheinander sie war. Über die Worte des Orks hatte sie vor Aufregung nicht eine Sekunde nachdenken können; sie hatte sie nicht einmal wirklich wahrgenommen. Ihre Hände, die noch immer die Decke umkrallten, lösten sich langsam wieder und so tat es auch ihr Gesichtsausdruck, der schon eingefroren war, bevor der Ork angefangen hatte zu sprechen. Die Angst, die sich in ihr breitgemacht hatte, wurde langsam aber sicher von all den Fragen, die anfingen ihren Kopf zu fluten, weggespült als wäre sie nie real gewesen. Wieso sprach dieser Ork? Wieso war er so ruhig und aus welchen Grund brachte er sie nicht einfach kaltblütig um? Sie dachte an all die Energie, die sie aufgebracht hatte, um nun als Einheit des zehnten Tötungstrupps für das westliche Königreich zu dienen. Nun erschien es ihr mehr als merkwürdig, dass schon die erste Begegnung mit einem Ork so vielem, was in ihren Lehrbüchern stand, widersprach. Was steckte hinter all den Plakaten, den Sagen und Mythen sowie den Volksliedern, welche die Orks als blutrünstige Barbaren darstellten? Als wüsste er, was ihr durch den Kopf fuhr, warf Ramogk ein: “Wir singen Lieder, in denen wir die Menschen Herzlose schimpfen” Fast unterbrechend platze Higma, eben so unkontrolliert wie die Fragen ihr durch ihren Schädel ratterten, die Frage, die im Moment wohl die wichtigste war, aus dem Mund heraus: “Wa-Warum tötest du mich nicht?” Kurz kochte die Angst in ihr auf, sie hätte besser nicht fragen sollen, aber noch bevor sie sich den Kopf zerbrechen konnte, bekam sie eine Antwort. “Ramogk tötet nicht.”, brummte der Ork. „Orks töten nicht.“, er hielt kurz inne und nahm einen tiefen Atemzug. „Auch Menschen töten nicht - wer tötet, ist die Angst.“
Obwohl sie noch so unter Schock stand, verstand Higma. Die Sorge sie könne Ramogk nicht entfliehen wurde unbedeutend, angesichts der Sorge, dass Menschen und Orks eventuell nie verstehen könnten, dass sie die Furcht, die sie füreinander empfinden, selbst schürten.
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liawn-blog1 · 7 years
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Cyber Hippie Swag
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liawn-blog1 · 7 years
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Wir menschen sind die einzigen Lebewesen dir Ihren Lebensraum bewusst zerstören, aber so tun als wäre das nicht weiter schlimm!
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liawn-blog1 · 7 years
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Ich finde diese Welt so fcking impressive, das ich garnicht glauben kann, das wir Menschen das Privileg haben hier zu leben und diese Welt so zerstören!
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liawn-blog1 · 7 years
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liawn-blog1 · 8 years
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Esst mehr Avokados und verbreitet Liebe überall
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