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nielsonghana · 4 months
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Einige Bilder mit Beschreibungen
Ergänzend zu Blog #1 gibt es hier ein paar Bilder aus Ghana mit Beschreibungen.
Hier findet ihr den ganzen Blogeintrag:
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Letzten Freitag war an der Schule eine große Abschlusszeremonie, da die Weihnachtsferien nun beginnen und viele ihre Ausbildung bei Baobab beendet haben (das Schuljahr beginnt hier mit dem Kalenderjahr). Viele Eltern kamen von weit her angereist, es gab sehr viele Programmpunkte und Vorführungen und alle waren wunderschön angezogen. Die Zeugnisse wurden auch feierlich überreicht.
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Vor einigen Wochen machten wir mit unseren Future Lab Schülern eine Exkursion zur Universität von Cape Coast und sammelten viele Eindrücke auf der "Lehr - und Forschungsfarm". Die Universität hat ein tolles Konzept: Alle Studenten der Landwirtschaft können dort ein Stück Land auf dem Campus beantragen und dieses dann bewirtschaften. Die Universität veranstaltet jede Woche einen Markt, wo die Produkte verkauft werden können. Manche Studenten können so ihre gesamte Studiengebühr zurückzahlen und sogar noch etwas dazuverdienen.
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Ein paar Jungs klettern auf eine Palme, um an die Kokosnüsse zu kommen. Ich selbst bin auf die Palme daneben geklettert und habe von dort das Foto aufgenommen.
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Ich bereite an meinem freien Tag Unterricht in Cape Coast in meinem Lieblingsrestaurant am Strand vor.
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Ein Open-Air-Gottesdienst in der Hauptstadt Accra. Louisa und ich waren dort im Oktober, um Bücher für die Schulbibliothek zu organisieren, und sind dann nachts ganz zufällig in diesen Gottesdienst geraten. Es war wirklich eine schöne Atmosphäre und der Pfarrer hat ganz viele Ernährungstipps für ein gesundes Leben gepredigt. Kirche bedeutet hier nicht nur Glauben und Gemeinschaft, sondern auch Bildung.
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Ich bereite in Cape Coast grünen Tee bei einem sehr netten muslimischen Fernsehverkäufer am Straßenrand zu. Ich habe ihn kennengelernt, als ich ein HDMI-Kabel kaufen wollte. Seine Familie kommt aus dem Niger und er hat mir schon gute Reisetipps gegeben und mir geholfen, Stoff zu normalen Preisen zu kaufen.
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Eine wunderschöne alte Brücke aus der Kolonialzeit, die ich an einem freien Tag entdeckte als ich nach Westen unterwegs war.
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Unser inzwischen uralter Schulbuss, beladen mit den Trommeln für den Auftritt unserer Tanzgruppe.
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Der größere der beiden Leuchttürme in Cape Coast. Das Gebäude stammt aus britischer Kolonialzeit und diente außerdem als Aussichtspunkt, um herannahende Feinde früh sichten zu können. Heute leben dort einige Familien und das Gebäude ist am verfallen, da sich niemand so richtig kümmert. Von oben hat man eine wunderbare Aussicht auf ganz Cape Coast.
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Vor den Ferien haben Louisa und ich einen Abend mit Unterhaltungsprogramm für die Schüler organisiert. Aus dem Dorf kam ein DJ mit großer Musikanlage und dann spielten wir verschiedene Spiele. Alle hatten sehr großen Spaß beim Tanzen.
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Ein Gruppenfoto aller unserer Schüler.
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Eine nette Schülerin hat mir, als ich zum zweiten Mal Malaria hatte, einen Tee zubereitet. Wir sind einmal über die Schulfarm gelaufen und haben von allen möglichen Bäumen, die sie mir gezeigt hat, Blätter abgerissen und daraus dann diesen Tee gemacht. Er war sehr bitter, ob er geholfen hat, kann ich nicht wirklich sagen, da ich gleichzeitig auch andere Medikation eingenommen habe.
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Ein brennender Müllhaufen vor einer Kirche, den ich bei einem Nachtspaziergang in Cape Coast sah. So sieht Müllentsorgung in Ghana leider häufig aus, da der Müll irgendwann einfach zu viel wird und es keine Müllabfuhr gibt, die ihn wegbringt.
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Louisa organisierte vor einigen Wochen eine Plätzchenbackaktion. Die Zutaten waren teuer und die Plätzchen recht trocken, aber die Schüler hatten Spaß.
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Vor zwei Wochen besuchte ich das Schloss in Cape Coast. Verschiedene Kolonialmächte aus Europa hielten hier über Jahrhunderte bis zu 1000 Menschen gleichzeitig in dunklen Kerkern fast ohne Belüftung gefangen, um sie dann mit Schiffen als Sklaven nach Amerika und Europa zu verschiffen. Das Schloss war eine beeindruckende, aber auch sehr bedrückende Erfahrung. Es ist ein Stück europäische Geschichte, die man dann erst hier in Ghana so richtig erfährt. Man durfte sogar die alten Kerker betreten und die Bedingungen dort begutachten. Häufig war es wohl so, dass die Europäer die Sklaven überhaupt nicht selber aus dem Inland hier herbrachten, stattdessen verteilten sie Waffen unter den verschiedenen Gruppen Ghanas, Togos und auch Benins, damit diese sich gegenseitig bekriegten und dann als Gegenleistung die Menschen der unterlegenen Seite an die Europäer auslieferten. Es ist ein Ort, an dem man merkt, wozu Menschen fähig sind.
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Vor einigen Tagen brachte ich mit dem Busfahrer der Schule zwei Jungen nach Hause in ihr Heimatdorf etwas nördlich. Wir fuhren erst über Teerstraßen, später über immer engere und kaputtere Erdstraßen in das Dorf. Auf dem Rückweg sahen wir einige Männer, die Gold aus dem Boden schürften. Sie sagten mir, dass sie an einem guten Tag drei Gramm Gold finden könnten. Bevor sie die Arbeit beginnen, kippen sie ein alkoholisches Getränk auf den Boden, das soll Glück bringen. Wir besuchten dann noch einen Freund des Busfahrers, der sehr abgelegen mit seiner Familie in einer Bambushütte wohnt. Um die Hütte herum war eine riesige Farm, auf der jede nur erdenkliche Pflanze zu finden war. Er war sehr gastfreundlich, sprach äußerst gutes Englisch und bot uns eine Ananas frisch von der Farm an. Er bewirtschaftet alles alleine und verdient damit wohl auch ein ziemlich gutes Geld. Ich fand ihn ziemlich inspirierend.
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Sonntags war ich neulich mit einer kleineren Gruppe von Mädchen joggen. Es war ziemlich entspannt, da es nur so wenige waren und dann kamen sie sogar auf die Idee im Sonnenaufgang Fotos zu machen.
Ich hoffe ihr hattet Spaß mit den Bildern und könnt Euch nun besser vorstellen, wie es bei mir so aussieht. Bis bald mal.
Liebe Grüße
Nielson
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nielsonghana · 4 months
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Blog #1
Hallo ihr alle,
ich grüße Euch ganz herzlich aus dem warmen Ghana und hoffe, dass Ihr in Euren ebenfalls warmen Stuben die Weihnachtszeit genießt und es Euch gut geht! Da mein letzter/erster Beitrag nun schon über drei Monate her ist, gibt es viel zu erzählen, also schnappt Euch das Heißgetränk Eurer Wahl und hört gespannt zu.
Zuersteinmal möchte ich ein wenig Persönliches erzählen, damit Ihr wisst, wie es mir geht, wie ich mich zurechtfinde und was ich eigentlich gerade hier so mache. Später will ich dann auch ein wenig darauf eingehen, was ich über Land und Leute lerne und meine Gedanken dazu teilen.
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Deshalb erst mal zu mir: Kurz gesagt geht es mir ziemlich gut hier gerade. Der Alltag in der Schule und meine freien Tage halten immer wieder schöne Momente und Tätigkeiten bereit und inzwischen gibt es auch einige Menschen hier, mit denen ich mich zumindest etwas verstehe. Letzteres ist von sehr großer Wichtigkeit, wie ich in den letzten Monaten erfahren durfte. Ich hatte nicht nur freudige Phasen, sondern auch viele Wochen, in denen es mir - vermutlich auch aufgrund fehlender qualitativer sozialer Kontakte - wirklich nicht gut ging und ich nicht wusste, was ich tun soll, um die Situation zu verbessern. Geholfen hat mir letztendlich den Druck auf mich selber zu reduzieren, gute Gespräche mit Freunden und Familie zu führen, mehr unter Leute zu gehen und zu versuchen, Schönes hier zu erleben.
Was ich hier so mache:
Im Augenblick bin ich wie gesagt sehr zufrieden mit der Situation, ich unterrichte in der IT-Klasse, leite zusammen mit Louisa und dem Farmmanager das Projekt Future Labs(siehe mein erster Beitrag), helfe bei den Hausaufgaben und gehe ab und an mit Schülern joggen. Freitags arbeiten wir immer auf der Schulfarm, am Wochenende bieten wir Bücherei und einen Perlenworkshop für die Schüler an. Darüber hinaus gibt es ganz viele kleinere oder auch größere Sonderaufgaben, die spontan mal anstehen: Bildmaterial für Fundraising erstellen, Schulveranstaltungen filmen, den Instagram-Account der Schule führen, Unterhaltungsprogramm für Wochenenden organisieren, Sponsorenprofile der Schüler erstellen usw.. Mir ist also wirklich nie langweilig hier und ich muss eher lernen, irgendwann mal "Stop" zu sagen, bevor es zu viel wird.
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"Die Jungen schlagen auf der Schulfarm Gräser mit dem Buschmesser ab"
Der IT-Unterricht:
Wirklich Spaß macht mir die IT-Klasse: Hier arbeite ich mit dem zuständigen Lehrer zusammen. Wir tauschen Ideen aus und unterrichten die Stunden abwechselnd, wobei der jeweils andere meist unterstützend dabei ist. In den letzten Monaten haben wir so der höchsten Klasse - aktuell die einzige Klasse, die IT-Unterricht bekommt - einige Grundlagen der Bildbearbeitung sowohl mit der kostenlosen und quelloffenen Software "Gimp" als auch mit "Adobe Photoshop" beigebracht. Das Ganze macht natürlich nur Sinn, wenn es für die Schüler einen Praxisbezug und Mehrwert hat. Da einige von ihnen ihre Ausbildung in der schuleigenen Lehrküche machen, brachten wir ihnen bei, wie sie einen kleinen Flyer designen können, um ihr eigenes Restaurant später bewerben zu können.
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Das war für mich eine gute Gelegenheit, mich mal im Unterrichten zu erproben und verschiedene Methodiken auszuprobieren. Direkt nach der ersten Stunde merkte ich, dass reiner Frontalunterricht mit Vormachen und Nachmachen nicht so gut für das Verständnis und die Aufmerksamkeit der Schüler ist. Der IT-Lehrer gab mir daraufhin einige wertvolle Ratschläge und selber hatte ich auch ein paar Ideen, wie der Unterricht besser gestaltet werden könnte. Also probierte ich in den darauffolgenden Stunden viel aus: Ganz viele Fragen an die Schüler stellen, Gruppenarbeiten mit anschließender Präsentation, kleine Wettbewerbe auf Zeit, Vormachen einzelner Personen usw.. Ich fand für mich heraus, dass es sehr förderlich ist, den Schülern neue Informationen zu füttern und sie dann sofort dazu zu bringen, sich damit auseinanderzusetzen, z. B. indem sie es für andere erklären oder meine Fragen dazu beantworten. Auch merkte ich, dass "Eselsbrücken" oder Analogien für das Verständnis sehr wertvoll sein können. Ich erklärte den Schülern das Konzept von Ebenen in Bildbearbeitungsprogrammen mithilfe von Klarsichtfolien, die man übereinanderlegen kann. Das gab ihnen ein intuitives Verständnis und ich hatte die Klarsichtfolien dann in allen darauffolgenden Stunden dabei, um sie bei jeglicher Erklärung rund um das Thema "Ebenen" heranzuziehen.
Computerspende:
Was das Lernen im IT-Unterricht häufig erschwert, ist das Alter der vorhandenen Computer, welches ich auf 15 bis 20 Jahre schätze. Es kommt eigentlich nie vor, dass alle Rechner sofort starten. Ich kaufte einige gebrauchte Festplatten im Dorf, um das Problem temporär zu lösen, aber es ist klar, dass hier sehr schnell neue Rechner gebraucht werden, um den weiteren IT-Unterricht zu gewährleisten. Die Herausforderung ist wie so häufig das Geld, welches leider äußerst knapp ist. Ich trat mit dem Würzburger Verein Angestöpselt e. V. in Kontakt, dessen ehrenamtliche Mitarbeitende sich im Projekt "Computerspende" für gleiche Chancen in der Gesellschaft einsetzen, indem sie Computer an bedürftige Menschen verschenken. Der Verein verwendet ausschließlich quelloffene und kostenlose Programme - eine Mentalität, die ich für Menschen in Ghana als äußerst wertvoll erachte, da kostenlose Programme eben Geld sparen und häufig ähnlich gut oder besser arbeiten als kostenpflichtige Alternativen. Angestöpselt e. V. erklärte sich großzügigerweise bereit, 15 Computer mit Peripherie an Baobab zu verschenken, obwohl der Verein normalerweise einzelne Geräte an Privatpersonen spendet. Baobab ist sehr glücklich und dankbar über diese Spende, da der IT-Unterricht sonst mit den alten und unzuverlässigen Computern hätte fortgesetzt werden müssen. Normalerweise erhebt Angestöpselt e. V. eine Bearbeitungsgebühr von 15 € pro Rechner. Da Baobab selbst für die 15 * 15 € = 225 € gerade nicht aufkommen kann, hat Angestöpselt e.V. sogar angeboten, die Rechner auch ohne diese Bearbeitungsgebühr zu verschicken. Da der Verein aber auch regelmäßige Ausgaben - z. B. für Equipment und Räumlichkeiten - hat und alle Kosten mit Spenden und Bearbeitungsgebühren decken muss, dachte ich mir, dass es nur fair wäre zu versuchen, die 225 € durch Spenden zusammenzubekommen. Unter folgendem Link könnt ihr sehen, wie viel Geld bereits zusammengekommen ist und könnt einen kleinen Betrag beisteuern: gofund.me
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"Hier kaufte ich im Dorf einige Festplatten für die Computer"
Neues zum Projekt Future Labs:
Ansonsten hatten meine Mitfreiwillige Louisa und ich in letzter Zeit noch ein großes Highlight mit unseren Future-Labs-Schülern: Ein kurzer Ausschnitt ihrer Arbeit hat es ins Fernsehen geschafft, besser gesagt in die Tagesthemen im Format "Mittendrin". Dort wurde in der Sendung vom 12.12. über Future Labs berichtet und der Austausch zwischen unserer ghanaischen Klasse und ihrer deutschen Partnerklasse dargestellt. Für den Dreh hatten wir mit unseren Schülern recherchiert, ein aufwendiges Model ihres Feldes aus Styropor und Naturmaterialien gebaut und eine Präsentation einstudiert, in der vier unserer Schüler den Agroforst anhand des Models erklären.
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"Der Bau des Models"
Dann sind wir auf die Farm gefahren, haben eine Videokonferenz zur deutschen Partnerklasse aufgebaut und ihnen unsere Arbeit vorgestellt. Die Motivation war hoch und die Spannung groß, im Endeffekt war alles dann etwas gestellter als erwartet, da der Redakteur häufig etwas wiederholt oder "enthusiastischer" haben wollte. Nichtsdestotrotz war es ein großes Highlight für unsere Schüler. Die Sprechenden waren davor etwas nervös und danach dafür umso mehr stolz. Als sich dann auf der Rückfahrt in die Schule die Spannung gelöst hat, waren alle sehr ausgelassen. Wir haben den ganzen Prozess in ein kurzes Video zusammengeschnitten, dass ihr hier einsehen könnt.
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"Die Schüler präsentieren auf der Farm ihr Model an die deutsche Partnerklasse über eine Videokonferenz."
Ein kleiner Wermutstropfen ist da natürlich, dass unsere Schüler in der Sendung nichteinmal zu Wort kommen, sondern nur ihre deutsche Partnerklasse. Wir wissen auch noch nicht, wie wir ihnen diesen Umstand verkaufen sollen, ohne dass sie enttäuscht sind - mal schauen, wie das wird.
Verändere ich mich in Ghana?
Alle Erfahrungen, die ich hier sammle, beeinflussen mich natürlich in irgendeiner Weise und ich verändere mich dadurch, so, wie man sich ja unweigerlich immer verändert im Leben. Ich versuche das manchmal ein bisschen für mich zu analysieren, schließlich interessiert mich, was da so mit mir passiert in Ghana, auch da ich mit gewissen Erwartungen hier hergekommen bin. Fest steht natürlich, dass ich jetzt nicht in meinen Grundzügen ein anderer Mensch werde, aber irgendeine Veränderung ist da sicherlich schon.
Eine Sache, die ich da für mich identifizieren konnte, ist, dass ich in letzter Zeit einfach entspannter bin als davor. Das soll nicht heißen, dass ich dauerhaft nur entspanne und nicht mehr arbeite, aber ich kriege es häufiger mal hin den Druck etwas herauszunehmen und mache mir weniger Sorgen. Das hat sicherlich auch viel mit den Verhältnissen hier zu tun: Es ist ganz normal, dass der ganze Tagesplan sich von einer Minute auf die andere ändert, weil irgendetwas passiert oder dass jemand einfach so 90 min zu spät kommt oder Ähnliches. Wenn man hier mit der Attitüde der deutschen Leistungsgesellschaft herangeht, dann dreht man früher oder später durch, behaupte ich. Deswegen passt man sich lieber an. Ein Beispiel: Letzten Freitag war hier die Abschlusszeremonie mit Zeugnisübergabe. Es sollte um 09:00 losgehen, also hat man den Eltern im Vorhinein gesagt, dass es um 08:00 losgeht. Letztendlich war es dann ca. 11:00, bis alle anwesend waren und die Veranstaltung losging.
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"Die Abschlusszeremonie als noch viele Stühle unbesetzt sind"
Ich merke, dass es gesundheitsfördernd ist, die Ereignisse des Lebens manchmal einfach so hinzunehmen, anstatt mich dauernd aufzuregen. Mir fällt diesbezüglich allerdings auch auf, dass es mir in letzter Zeit schwerer fällt, für mich selber zu planen. Während ich in Deutschland manche Dinge sehr genau durchdacht und geplant habe, mache ich hier nur sehr grobe Pläne und selbst das erfordert viel mehr Kraft als früher. Ich hoffe, dass mir diese Fähigkeit nicht gänzlich abhandengekommen ist, sondern ich sie in Deutschland recht schnell wieder erlernen kann, da sie in unserer Gesellschaft schon recht überlebenswichtig ist.
Was ich hier auch lerne, ist das Kooperieren. In der Schule habe ich meistens alleine gearbeitet und empfand es als kräftezehrend, mit anderen zusammenzuarbeiten, da man die ganze Zeit seine Vorgehensweise rechtfertigen muss und sich mit fremden Ideen auseinandersetzen muss. Hier in Ghana ist die Situation eine ganz andere: Anders als in der Schule habe ich häufiger keine Idee, um ein Problem zu lösen und andere sind schneller und besser. Es sind eben ganz andere Problemstellungen. Zu Beginn hat mir das Angst gemacht, ich hatte das Gefühl, nicht gut genug zu sein und habe mir Druck gemacht. Jetzt schaffe ich es mehr und mehr, die Einfälle anderer wertzuschätzen und sie an mich heranzulassen. Ich merke, dass ich dann auch selber bessere Einfälle habe oder die Ideen anderer ergänzen kann, wenn ich mir keinen Druck mache. Das ist ein sehr befreiendes Gefühl. Ich lerne quasi nicht immer Recht haben zu müssen.
Außerdem fällt mir gerade auf, dass ich mich über meine Sozialkontakte deutlich bewusster freue, da ich mich hier anfangs ziemlich isoliert gefühlt habe. Das finde ich richtig gut und hoffe, dass ich mir das für Deutschland mitnehmen kann.
Allgemein stellt sich gerade irgendwie so eine Grundzufriedenheit mit mir und der Welt ein, was sehr angenehm ist, aber auch die Frage in mir aufwirft, ob ich damit dann zurück in Deutschland nicht Probleme bekomme, weil unsere Gesellschaft eben schon sehr "leistungsfordernd" und kompetitiv ist. Ich denke, dass es sich zeigen wird und vielleicht ist es ja für die Zukunft genau richtig, dass ich jetzt mal die entspanntere Seite des Lebens kennenlerne - wer weiß.
Nun aber auch etwas zu Ghana und nicht nur zu mir:
Denn ich lerne hier natürlich nicht nur über mich, sondern gerade auch über Ghana und seine Bewohner. Das sind manchmal wirklich schöne Dinge, bei denen ich mich frage, warum es in Deutschland nicht auch genauso sein kann, und manchmal sind es auch Dinge, die mich wirklich deprimieren und ich mir denke: "Wie kann es eigentlich so schieflaufen?"
Ein Negativbeispiel ist die politische Situation hier - ich hatte erst heute in einem Restaurant ein Gespräch darüber: Die Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative ist zwar gegeben, allerdings werden die Richter des höchsten Gerichtes und auch der Polizeichef vom Präsidenten höchstpersönlich ernannt, sodass es dann irgendwie doch keine richtige Gewaltenteilung ist. Diese starke Stellung des Präsidenten wurde in der Verfassung von 1992 festgelegt, die die vorherige Militärherrschaft beendete. Eine der Folgen ist viel Korruption, wobei Politiker häufig nichteinmal zurücktreten, wenn die Korruption aufgedeckt wird. Alle Ghanaerinnen und Ghanaer, mit denen ich bis jetzt über die politische Situation gesprochen habe, wirken geradezu resigniert. Sie alle sagen, dass die Politiker korrupt sind, dass Entwicklungsgelder in eigene Taschen fließen, dass die Politiker unantastbar sind und niemand etwas dagegen unternehmen kann. Sie klagen über Steuererhöhungen, Vernachlässigung der Infrastruktur, Misswirtschaft und vieles mehr. Sogar einige Schüler sagten mir, dass der Präsident ein böser Mann sei, als wir zufällig mal ein Bild von ihm sahen.
Ein Beispiel zu den Entwicklungsgeldern: Mehrere junge Menschen, die ich in Cape Coast getroffen habe, erzählten mir, dass sie zurzeit in einem von der Weltbank finanzierten Projekt arbeiten, dessen Ziel es ist, die Häuser und Bewohner in der Region zu erfassen. Für einen Monat Arbeit wurden den jungen Menschen umgerechnet ca. 150 € angeboten - ein sehr gutes Gehalt für ghanaische Verhältnisse. Ich bekam dann allerdings mit, dass die versprochene Bezahlung sich immer wieder verzögerte und jemand erzählte mir dann, dass er hoffe, wenigstens den größeren Anteil seines Gehaltes zu erhalten. Ich sagte, er solle sich doch beschweren, wenn er nicht sein ganzes Gehalt bekommen würde. Er erwiderte mir, dass er nicht wüsste, wo er sich da beschweren sollte und dass er sich da keinen Erfolg verspricht. Ich bin gespannt, in den nächsten Wochen zu hören, wie viel letztendlich ausbezahlt wurde. Noch viel spannender wäre es natürlich zu wissen, wo der Rest des Geldes hin ist.
Und dabei ist Ghana ja kein ressourcenarmes Land, nicht umsonst wurde es von den Kolonialmächten früher "Goldküste" genannt. Und auch heute wird hier weiterhin viel Gold abgebaut, vor der Küste stehen Bohrplattformen, die Öl extrahieren und schon bald wird eine Lithiummine in Betrieb gehen. Lithium ist auf der Welt so gefragt wie nie, da es für den Bau der beliebten Lithium-Ionen-Batterien notwendig ist, die in fast jedem mobilen elektronischen Gerät verbaut sind.
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"Neulich sah ich einige Männer, die Gold aus dem Boden wuschen"
Das Lithium wird übrigens von einer australischen Firma extrahiert werden. Diese Dinge hören die Menschen natürlich und verlieren dadurch Selbstvertrauen in ihr politisches System. Das macht auch keine Lust, wählen zu gehen und irgendetwas im eigenen Land bewegen zu wollen, da man das Gefühl hat, dass die wenigen an der Spitze eh alles kaputtmachen. Also wandert man lieber aus: Ein großer Teil der jungen Menschen, mit denen ich hier ins Gespräch komme, sagen mir recht schnell, dass sie gerne nach Deutschland, Großbritannien oder in die USA gehen würden. In unserem Dorf gibt es eine "Visa-Lotterie". Jemand erklärte mir, dass man hier jedes Jahr teilnehmen könnte und der Gewinner ein Visum für die USA erhalten würde. Ob das stimmt, habe ich nicht überprüft, aber ich habe auf jeden Fall schon das Plakat der Visa-Lotterie mit USA-Flagge gesehen. Dieses fehlende Selbstvertrauen in Ghana und sogar seine Produkte führt so weit, dass auf Schulheften, die in Ghana produziert werden, praktisch nur weiße Kinder abgebildet sind. Jemand sagte mir, dass man glaubt, die Schulhefte würden sich besser verkaufen, wenn Weiße auf ihnen abgebildet sind, da sie dann importiert und "hochqualitativ" aussehen. Neulich bin ich an einer Dorfschule vorbeigefahren und auf der Außenmauer des Geländes waren ausschließlich weiße Kinder beim Spielen dargestellt - und das, obwohl dieser Schule ziemlich sicher von 100 % dunkelhäutigen Kindern besucht wird.
Ich frage mich dann: "Was könnte hier passieren, damit die Leute mehr Selbstvertrauen in ihr Land entwickeln können?" Sollte Ghana weniger Rohstoffe exportieren, sondern fertig verarbeitete Produkte? Fehlt es an Infrastruktur für diese Verarbeitung und wenn ja warum? Sollte Ghana nicht selber sein Lithium abbauen? Wieder Fragen, die ich nicht direkt beantworten kann, aber die in jedem Fall interessant sind.
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"Ausschließlich weiße Kinder auf der Mauer einer Dorfschule"
Nach so viel Pessimismus ohne befriedigenden Abschluss dafür jetzt etwas Positives: Viele Menschen hier sind sehr offen. Man grüßt sich mehr als in Deutschland und kommt viel schneller ins Gespräch. Das kann zwar manchmal nervig sein, aber häufig ist es auch einfach wunderbar. Ich kann nicht zählen, wie oft es mir schon passiert ist, dass ich an meinem freien Tag in Cape Coast an den unterschiedlichsten Orten - auf einem Leuchtturm, im Restaurant, in der Universität, auf der Straße - plötzlich nette Menschen getroffen habe, mit denen ich mich dann 20 bis 30 min unterhalten habe, bevor wir dann mit ausgetauschten Telefonnummern wieder unserer Wege gegangen sind. Gestern traf in einem meiner Lieblingsrestaurants einen Goldminenarbeiter, der mir von seinem Beruf erzählte, an einem anderen Tag traf ich auf dem Leuchtturm einen Studenten, der mit mir dann das Schloss von Cape Coast besichtigte. Einmal wollte ich ein Kabel am Straßenrand kaufen und halte seither häufig dort an, um mit dem Verkäufer einen Tee zu trinken. Ab und zu sind aber auch sehr skurrile Begegnungen dabei, z. B. eine Verschwörungstheoretikerin aus England oder ein unglaubhaft enthusiastischer Mann, der angeblich freiwillig jeden Tag den Strand von Müll befreit.
Gerade auf dem Dorf spüre ich hier auch ein Gemeinschaftsgefühl, das ich aus Deutschland so nicht kenne. An manchen Abenden gibt es Kirche für alle auf dem Kreisel in der Dorfmitte, jetzt vor Weihnachten gibt es eine Woche lang fast jeden Abend Programme wie Singen oder Talentshows und als die Ferien angefangen haben, ist die ganze Dorfjugend in einem langen Zug hinter einem Laster mit großen Musikboxen hinterhergetanzt. Aber auch an normalen Tagen sind viele Leute im Dorf unterwegs, verkaufen am Straßenrand in offenen Läden ihre Waren, unterhalten sich, Kinder laufen dazwischen herum - kurzgesagt wirkt es für mich so, als ob viele Menschen sehr stark mit den anderen räumlich nahen Menschen im Austausch stehen. Ich empfinde das als sehr schön und denke, dass uns deutschen Individualisten etwas mehr Gemeinschaftsgefühl sehr helfen könnte, da sich in unserer Gesellschaft immer mehr Menschen einsam fühlen. Solch ein kollektives Einsamkeitsgefühl bringt vielschichtige Probleme mit sich, das läuft hier in Ghana deutlich besser.
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"Beim Tauzieh-Wettkampf der Männer schaut fast das ganze Dorf zu, die Stimmung ist unglaublich."
Die letzte Beobachtung, die ich für heute teilen möchte, ist die Härte des Lebens hier für viele Menschen. In Deutschland wird man geboren, hat direkt eine Krankenversicherung, die Eltern erhalten Kindergeld, man kann kostenlos in Kindergarten und Schule gehen und wenn einen Unfall hat oder aus einem anderen Grund nicht arbeiten kann, dann bekommt man ein Arbeitslosengeld. Wir haben ein Jugendamt, das sich um schwierige Familiensituationen kümmern kann und wenn ein Kind nicht in die Schule geht, dann kommt die Polizei, um es abzuholen. Vieles davon wird einem, wenn man in Ghana geboren wird, nicht geboten. Die Menschen müssen sich selber kümmern und sich erwirtschaften, was wir mit in die Wiege gelegt bekommen. So kann es einem kleinen Jungen in einem Fischerdorf beispielsweise attraktiver erscheinen, bei der Fischerei auf dem Meer zu helfen, um seine Familie zu unterstützen oder sich von dem Geld dann schöne Klamotten oder ein Handy kaufen zu können. Wenn die Eltern nicht ständig dahinter sind, dass der Junge in die Schule geht, dann wird ihn dort häufig auch keiner vermissen. Irgendwann steht er dann als Erwachsener ohne Schulbildung da, und wenn das Fischereigeschäft dann aus irgendeinem Grund mal nicht so gut läuft, ist er arbeitslos. Genauso sieht die Lebensgeschichte eines arbeitslosen Fischers aus, den ich neulich am Meer traf. Die fünfköpfige Familie lebt nur vom Einkommen der Frau, die Fische räuchert. Um ihre Sprösslinge zu disziplinieren, damit genau das nicht geschieht, schlagen viele Eltern hier ihre Kinder. Louisa erzählte mir neulich von einem Gespräch mit einer ghanaischen Person, in dem ihr geschildert wurde, dass die Kinder sich hier eben einfach keinen gröberen Fehltritt im Leben erlauben könnten und die Eltern das Schlagen deshalb häufiger als einzige Methode sähen, um sicherzugehen, dass das Kind eben keinen Fehltritt begeht. Ich möchte damit in keinster Weise das Schlagen rechtfertigen, aber es zeigt, dass manche Menschen ihre Kinder schlagen, weil sie sich das Beste für deren Zukunft wünschen und es nicht anders kennen. Ein weiteres Beispiel, das illustriert, wie wenig sich hier manchmal von seiten des Staates gekümmert wird, sind die sog. "Madmans" oder "Madwomen". Das sind Menschen, die man hier auf dem Land immer wieder entdecken kann, die entweder überhaupt nicht oder nur mit einem Tuch um die Lenden gekleidet sind und scheinbar planlos auf der Straße herumlaufen. In unserem Dorf z. B. gibt es zwei davon. Sie führen manchmal Selbstgespräche oder starren einfach nur irgendwie in der Gegend herum. Als ich mich bei einem Ghanaer über sie erkundigte, bekam ich zur Antwort, dass es Kinder gewesen seien, um die sich nie jemand gekümmert habe. Sie seien aufgewachsen, ohne überhaupt die Sprache richtig zu lernen und laufen jetzt auf der Straße herum oder durchsuchen den Müll. Manche Menschen geben ihnen Nahrung, so überleben sie.
Ich war mir unsicher, ob ich das eben Beschriebene so in den Beitrag mit aufnehmen soll, da es natürlich unangenehm zu schreiben und sicherlich auch unangenehm zu lesen ist. Es konfrontiert einem mit dem Leid anderer und den eigenen Privilegien. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass man sich seiner Privilegien nicht schämen sollte - schließlich hat man sie sich nicht ausgesucht - , jedoch ist ein gesundes Bewusstsein für diese Privilegien sicher angebracht. Ich habe auch überlegt, ob ich meine Beobachtungen über Ghana nicht viel besser mit etwas Positivem abschließen sollte wie dem eben beschriebenen Gemeinschaftsgefühl oder der Religiosität der Menschen, die ihnen so viel Kraft und Hoffnung spendet. Sicherlich wäre es viel stimmiger und angenehmer zu lesen gewesen, aber unterbewusst würden es viele Leser bestimmt so auffassen, dass es in Ghana zwar viele Probleme gibt, aber es dann doch irgendwie alles okay sei, weil die Menschen in enger Gemeinschaft leben, hoffnungsvoll sind und gerne feiern(ja, viele Ghanaerinnen und Gahanaer feiern sehr gerne und sehr laut) - genauso, wie man bei einer Erörterung das Argument zuletzt schreibt, dass dem Leser im Kopf bleiben soll. So ist es aber nicht, es ist eben nicht alles okay - genauso wie bei uns in Deutschland nicht alles okay ist. Es gibt Probleme und ich denke, dass es sehr veränderungsfördernd ist, wenn sich möglichst viele Menschen dieser Probleme bewusst sind. Das nur als kurzer Exkurs, warum ich zum Abschluss gerne etwas Negatives über Ghana schreiben wollte, obwohl es auch viel Schönes gibt.
Soviel zu Ghana und der Welt, zum Abschluss jetzt wieder etwas zu mir:
Wie ich bereits schrieb, sammle ich hier viele Erfahrungen und verändere mich - nicht unbedingt so, wie ich mir das vorgestellt habe, aber insgesamt doch irgendwie positiv, glaube ich. Ich fühle mich nicht mehr so unwohl wie anfangs und viele meiner Aufgaben erscheinen mir sinnvoll. Die nächsten 8 Monate hier könnten also ganz schön werden. Was die nähere Zukunft angeht, so werde ich nach Weihnachten etwas herumreisen und meine Klassenkameradin Valerie im Nachbarland Benin besuchen, wo sie gerade ihren Freiwilligendienst macht. Darauf freue ich mich schon sehr. Dann geht es erst mal wieder an die Arbeit und im Februar ist dann schon das Zwischenseminar zur Halbzeit - es geht also alles recht schnell und schneller als ich denke, werde ich dann am 07. August nächstes Jahr auch schon im Flieger Richtung Europa sitzen.
Bis dahin wünsche ich Euch allen eine wunderschöne Zeit, da wo Ihr gerade seid, zunächst erst mal Frohe Weihnachten und 'nen guten Rutsch! Ich möchte an dieser Stelle auch meine tiefe Dankbarkeit audrücken. Ihr alle habt mir dieses Jahr hier ermöglicht, von dem ich so viel mitnehmen kann. Ihr seid die Besten!
Nielson ;)
P.S.: Ich hoffe, Euer Heißgetränk hat bis hierhin durchgehalten, ansonsten ist das hier die Erinnerung, es wieder aufzufüllen, weil es nach so viel Text mit so wenigen Bildern unter diesem Link noch ein paar visuelle Eindrücke mit Beschreibungen zu bestaunen gibt.
P.P.S: Wenn ihr helfen wollt, die 225 € für das Projekt "Computerspende" zusammenzubekommen, teilt gerne diesen Link oder lasst selber eine kleine Spende da.
P.P.P.S.: Tut mir Leid, dass ich mich nicht früher gemeldet habe, es war alles sehr viel und ich wollte mir richtig Zeit nehmen, was ich erst jetzt zu Beginn der Ferien geschafft habe.
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nielsonghana · 8 months
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Ghana-Blog#0
Hallo ihr alle :)
Nun bin ich schon seit drei Wochen in Ghana und finde, dass es deshalb langsam an der Zeit ist, sich mal in Form eines kleinen Eintrags zu melden, um einige meiner bisherigen Erfahrungen zu teilen und euch so auf dem Laufenden zu halten.
Was schreibt man also in seinen ersten Blogeintrag?
Zu Beginn möchte ich eine grobe Zusammenfassung der letzten drei Wochen geben und dann ein Bisschen meine Gedanken dazu teilen. Zum Schluss möchte ich noch einen kurzen Ausblick auf die kommende Zeit geben, in dem ich auf meine Hoffnungen und Erwartungen eingehe.
Für alle, die noch Fragen zum Projekt, in dem ich arbeite, haben, habe ich einen separaten Artikel verfasst:
Viel Spaß beim Lesen!
Am Montag den 14. August sind Louisa und ich in Accra - die Hauptstadt Ghanas - gelandet.
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Wir haben dort eine der Freiwilligen des letzten Jahres getroffen, die uns geholfen hat, in den ersten Tagen alle relevanten Dokumente und eine SIM-Karte zu organisieren. In unserem Hostel haben wir ein paar nette Bekanntschaften gemacht, mit denen ich dann auch den Stadtteil Jamestown etwas erkundet habe.
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Am Donnerstag fuhren wir dann Richtung Westen über Cape Coast nach Kissi ins Baobab-Center. Hier angekommen haben wir uns erstmal einige Tage akklimatisiert und ganz viele Schüler und Lehrer kennengelernt.
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Diese Zeit habe ich als relativ mühsam empfunden, da das Klima und das Essen uns sehr zu schaffen gemacht haben. Ich habe teilweise über 12 h geschlafen. Da noch Ferien waren(noch bis zum 11. September), gab es sowieso noch keinen geregelten Alltag und nur ca. 1/4 der Schüler war anwesend. Wir haben uns gelegentlich dazugesetzt und das ein oder andere Spiel mit ihnen gespielt.
Die nächste Woche bot da schon mehr Aktivitäten: Wir haben die noch anwesenden Schüler auf die 14 Hektar große Schulfarm begleitet, wo sie im Rahmen des Projektes "Future Labs" nachhaltige Landwirtschaft betreiben. Auf das Projekt komme ich später noch genauer zu sprechen. Wir haben Unkraut gejätet und Bodenproben genommen.
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Mittwochs hatten wir ein sehr langes Meeting im Baobab House in Cape Coast mit Edith de Vos(Gründerin), Mr Michael(Farmmanager), Oliver Kunkel(Lehrer aus Deutschland und Begründer von "Future Labs") sowie dessen Frau und der letztjährigen Freiwilligen Sade. Es ging primär um das Projekt Future Labs, dessen Ziele, kulturelle Hürden und um den Zeitplan der nächsten Projekttage mit Oliver und seiner Frau zusammen, die extra dafür aus Deutschland angereist waren. Die folgenden zwei Tage verbrachten wir dann mit Workshops von Oliver und auf der Farm, auch darauf komme ich später noch mal zu sprechen. Am Samstag machten wir schließlich noch eine Exkursion in den Kakum Nationalpark. Der Baumwipfelpfad im Regenwald konnte zwar mit einer herausragenden Aussicht auf die Vegetation punkten, jedoch wurde dieser atemberaubende Anblick vom Geschrei zahlreicher Schulklassen untermalt, die es für eine gute Idee hielten, auf den Hängebrücken herumzuspringen, weshalb es leider unmöglich war, auch nur irgendein Tier außer Schmetterlingen zu sichten.
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Schön war es trotzdem und auf dem Abstieg kaufte ich aus Versehen zwei Fläschchen Palmwein, da ich sie für Kokusnuswasser hielt. Ups.
In der dritten Woche hatten wir eingangs direkt ein Meeting mit der Gründerin Edith de Vos und dem Farmmanager Mr Michael, in dem wir über ganz grundsätzliche Strukturen und Regeln in der Einrichtung sowie über die Zukunft des Projektes "Future Labs" an der Schule sprachen. Mir wurde bewusst, wie unglaublich wichtig transparente und regelmäßige Kommunikation für die Zusammenarbeit ist. Außerdem putzten wir unser ganzes Haus.
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Die darauffolgenden Tage arbeiteten wir auf der Farm und fuhren danach für das Wochenende nach Cape Coast auf ein traditionelles Festival zu Ehren der ghanaischen Könige. Hier erlebten wir viel: Die ganze Stadt war total in Festivalstimmung. Überall auf den Straßen waren riesige Musikanlagen aufgebaut, die Tag und Nacht so laut Afromusik spielten, dass in unserem Hostelzimmer im Baobab House der Boden vibrierte.
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Am Freitag war ein sogenannter "Orange Float" in der Stadt, das ist ein langer Zug von Menschen, die alle Orange tragen und tanzend einem Laster hinterherlaufen, auf dem ganz laute Musik gespielt wird. Samstags gab es einen großen Festzug, bei dem die zwölf Könige durch die Straßen getragen wurden und ganz viel getrommelt wurde. Die ganze Stadt war auf der Straße oder saß auf Hausdächern und Balkonen, um dem Spektakel beizuwohnen.
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Sonntags kehren wir dann recht erschöpft wieder nach Kissi ins Center zurück.
Um die bisherige Zeit hier in der Einrichtung zusammenzufassen, kann ich sagen, dass ich es richtig gut fand, dass wir hier in den Ferien gestartet sind und noch einige Wochen mit den letzten Freiwilligen verbringen durften. Ich denke, dass uns dadurch ein "sanfter" Start in unser Jahr hier ermöglicht wurde, da wir durchaus schon mit den Schülern spielen und im Rahmen des FutureLabs auch arbeiten konnten, aber noch keine so durchgetaktete Schulwoche meistern mussten. Außerdem konnten uns die letzten Freiwilligen schon vieles zeigen und erklären. Durch sie haben wir auch einige der Probleme des letzten Jahres mitbekommen und hoffen, diese vermeiden zu können.
Worauf ich auch noch zu Sprechen kommen wollte, war das Future Lab: Das Ganze ist ein Projekt mit Ursprung in Deutschland, das sich für eine "gehirngerechte" Transformation der Schule nach Erkenntnissen der Neurowissenschaft der letzten 15 Jahre einsetzt. Junge Menschen sollen in den Future Labs lernen, miteinander zu kooperieren, selber Projekte zu planen und dann auch umzusetzen. Dabei wird ein Fokus auf das globale Verständnis und eine nachhaltige Landwirtschaft gelegt, da diese offensichtlicherweise essenziell für die Welt von heute und morgen sind. Zusammen mit dem Aspekt des "gehirngerechten" Lernens packt das Projekt somit nicht nur das Problem des Klimawandels durch Bildung an, sondern auch das einer veralteten Schule. In diesem Rahmen ist ein Austausch deutscher Klassen mit Partnerklassen in Afrika vorgesehen, die auch Teil des Future Labs sind.
In diesem Kontext hat der Gründer der Future Labs, Oliver Kunkel, das Center an zwei Tagen besucht und zusammen mit uns einige Workshops durchgeführt, die ich als sehr inspirierend empfunden habe. Wir machten z. B. in der Gruppe einige Experimente zur Kreativität und fanden dabei heraus, dass diese viel besser funktioniert, während man durch den Raum läuft, als wenn man sitzt und auf ein Papier starrt. Wir bekamen auch die Aufgabe, kleine Bilder in 5 min zu zeichnen und sprachen dann darüber wie man Kreativität definieren kann. Wir entdeckten, dass man Kreativität als die Fähigkeit definieren kann, aus einem Input einen Output zu generieren, der keine unmittelbare Assoziation mit der Ausgangsinformation hat. Auch machten wir ein Spiel, bei dem jeder im Kreis eine individuelle Bewegung machte, die dann andere in der richtigen Reihenfolge wiederholen sollten.
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Wir analysierten, welche der Bewegungen leicht zu merken waren und welche schwerer. Wir stellten fest, dass das Gehirn Informationen anscheinend viel lieber behält, wenn sie Bezug zur vorherigen Information haben oder zu ihr gegensätzlich sind.
Was ich davon mitgenommen habe, ist auf jeden Fall, dass es so viele Abläufe in unserem Gehirn gibt, die einem das Lernen so sehr erleichtern könnten, die aber in der Schule einfach nicht verwendet werden. Man kann den Kopf sehr vielseitig ansprechen, indem man Informationen mit Bewegungen, Emotionen oder Geschichten verknüpft, man kann für kreative Phasen einen Spaziergang machen und sich dann für die Konzentration wieder an den Schreibtisch setzen.
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Für mehr Informationen zu den Future Labs könnt ihr diesem Link folgen:
Ich freue mich, diesen Workshops miterlebt zu haben und hoffe, dass ich die Methoden gut in mein eigenes Lernen in der Zukunft und natürlich hier in das Lernen mit den Kindern integrieren kann.
Zum Ende hin möchte ich nun noch einen kurzen Ausblick auf die nächste Zeit hier geben und darauf eingehen, was ich mir erhoffe:
Ich bin unglaublich gespannt, endlich mal den Unterricht hier mit eigenen Augen zu sehen, da ich wissen möchte, inwiefern er sich von deutschem Unterricht unterscheidet. Ich erhoffe mir bald schon die eine oder andere Einheit mit den Kindern machen zu können und am liebsten mit den Methoden des gehirngerechten Lernens aus dem Future Lab etwas in Englisch oder Mathe anzubieten. Was die Werkstätten angeht, so habe ich große Lust, alle einmal auszuprobieren. Ich denke, dass ich im Catering beginnen werde, da ich mir erhoffe, dort vielleicht endlich mal ein bisschen Kochen zu lernen. Ansonsten kann ich mir auch gut vorstellen, mit den Kindern zu joggen oder Handball zu spielen. Was auch auf der Agenda steht, ist ein System zur Mülltrennung mit Müllverbrennungsanlage, die hier in den nächsten Monaten entstehen soll. Hier werden Louisa und ich uns überlegen, wie wir das Konzept der Mülltrennung gut an die Kinder kommunizieren können. Auch will ich mir den Computerunterricht nach den Ferien ansehen und mich längerfristig dort einbringen oder sogar etwas neues initiieren. Nicht zuletzt möchte ich natürlich auch "Fante"(Aussprache: Fanti) - die lokale Sprache - angeignen. Dafür muss ich mir auch noch ein System überlegen.
Alles in allem kann ich mit relativ großer Sicherheit vermuten, dass mir hier nicht langweilig werden wird in den nächsten Monaten, sondern ich viel tun und dabei hoffentlich auch viel lernen werde.
Ich hoffe euch allen in Deutschland - oder wo immer ihr das gerade lest - geht es gut. Ich lasse in nächster Zeit sicher wieder von mir hören, mach es gut bis dahin.
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nielsonghana · 8 months
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Einige Infos zu meinem Projekt
Hier nur kurz vorab einige Informationen zu dem Projekt, in dem ich das Jahr über arbeiten werde. Ich schreibe das separat von meinen restlichen Blogeinträgen damit man sich anhand dieses Eintrages einen groben Überblick machen kann ohne lange suchen zu müssen.
Wer gleich in den ersten Beitrag lesen möchte, kann das hier tun:
Die Website des Projektes:
Die Baobab Children Foundation ist ein sehr vielfälltiges Projekt, das seinen Fokus auf die Bildung der ghanaischen Jugend legt. Das "Center", in dem ich wohne und arbeite ist ein großes Grundstück am Rande des Dorfes "Kissi", nicht weit von der Küste entfernt. Hier befinden sich Klassenräume, Werkstätten, eine kleine Farm und einige weitere Gebäude - unter anderem das Volontärshaus, in dem ich mit meiner Mitfreiwilligen Louisa wohne. Auf dem Gelände werden ca. 100 Schüler im Alter von ca. 14 bis 20 unterrichtet, von denen viele auch im Center wohnen. Sie bekommen akademischen Unterricht am Vormittag und erlernen am Nachmittag handwerkliche Berufe wie Schreinern, Nähen, Batiken, Kochen usw.. Zudem gibt es eine "Special Class" für Jugendliche mit Einschränkungen, die in der ghanaischen Gesellschaft sonst vielleicht überhaupt keine Bildung und ausreichende medizinische Versorgung erhalten hätten. Die Schüler kommen aus verschiedenen sozialen Schichten, da die Baobab Children Foundation keine Schulgebühren erhebt. Für einige ist das essenziell, da ein Schulbesuch sonst finanziell unmöglich wäre.
Dazu muss man wissen, dass Bildung in Ghana in der Theorie gratis ist, da es laut Gesetz keine Schulgebühren bis zum Abschluss der Sekundarstufe gibt. In der Praxis müssen Familien allerdings für alle Unterichtsmaterialien wie Bücher, Stifte und Hefte aufkommen, was manche nicht können, weshalb den Kindern letzendlich die Bildung doch verwehrt bleibt.
Zum Projekt gehört auch eine 14-Hektar-große biologische Farm, auf der vielfälltiges Gemüse und Moringabäume angebaut werden. Dieses Gemüse wird einerseits in der Schule für das Essen verwendet, andererseits auch an das "Baobab-House" in der nächstgrößeren Stadt "Cape Coast" geliefert. Das Baobab House ist ein Hostel mit vegetarischem Restaurant, welches auch der Baobab Children Foundation angehört. Hier werden Produkte aus den Werkstätten der Schule verkauft und mit den Zutaten von der Farm sehr lecker gekocht und gebacken, wie ich selber schon erleben durfte.
Initiiert wurde die Baobab Children Foundation 2001 von der Deutschen Edith de Vos. Heute arbeiten ca. 50 Ghanaer und Ghanerinnen für das Projekt, das sich ständig weiterentwickelt - darunter viele ehemalige Schülerinnen und Schüler.
Die Finanzierung all dieser vielfälltigen Aspekte deckt sich hauptsächlich über Spenden aus Deutschland. Das sind primär ganz viele kleine Spender, die entweder einmalig oder regelmäßig spenden, oder auch eine Patenschaft für ein Kind übernehmen. Manche veranstallten auch Spendenaktionen um neue Projekte für die Baobab Children Foundation zu ermöglichen, so z.B. aktuell die Müllverbrennungsanlage die zusammen mit einigen Regeln für die Mülltrennung für eine sauberere Umgebung sorgen soll, da es am Center wie in fast allen Teilen Ghanas keine Müllabfuhr gibt.
Für mehr Informationen könnt ihr euch die Website der Baobab Children Foundation ansehen(siehe oben) oder mich natürlich auch gerne kontaktieren([email protected]).
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