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steffenkaisson · 2 years
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Päihäniemi, 27.06.2022
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Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei
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Liebes Logbuch,
heute schliefen wir uns mal so richtig aus. Anschließend frühstückten wir ein echtes Urlaubsfrühstück mit Brötchen, Tee, Ei und Allem draußen in der Sonne. Ein großartiger Start in den Tag erhielt einen kleinen Dämpfer, als wir feststellten, dass die Fähre von Helsinki nach Travemünde bereits am morgigen Dienstag gehen würde. Durch die Verlängerung unseres Aufenthaltes am Mittsommerwochenende kamen wir mit der Planung einen Tag in Verzug und müssen nun einen Stellplatz an der Küste auslassen. Das Gute am Schlechten war, dass Annikas Urlaubs-Blues jetzt mit einem Mal sofort einsetzte und sie ihn nicht noch 24 Stunden lang aufbauen konnte. Also legten wir noch zwei Dosenbiere kalt und genossen die Sonne nach Kräften.
Ob es am Schock des Urlaubsendes lag, vermag ich nicht zu beurteilen, jedenfalls hatte Annika heute den Schalk im Nacken. Beim SUPpen wer sie mehr daran interessiert mich nass zu spritzen und vom Board zu werfen statt zu paddeln. Auch war ein ausgeprägter Ölsuget, also Biersog wie der Schwede es ausdrücken würde, festzustellen.
Zum Mittagessen bereiteten wir Köttbullar mit frischem Salat zu. Dass dies die letzte leckere Mahlzeit bis zum Frühstück sein wurde, konnten wir in diesem Moment noch nicht wissen! Während wir also den schwedischen (und so wie die Supermärkte uns suggerierten auch finnischen) Klassiker schlemmten, dachte ich über meine ganz persönliche Entwicklung in den vergangenen zwei Jahren nach. Diese prägende Zeit hinterließ nicht nur bei mir ihre Spuren. Viele Menschen haben auf die harte Tour lernen müssen zwischen wichtig und unwichtig, richtig und falsch zu unterscheiden. Vielleicht sind manche Leute an diesen harten Lehrjahren zerbrochen, doch ich hoffe, dass viele an ihr reifen und wachsen konnten. Ich beispielsweise weiß noch genau, wie ich nach Erhalt des C1-Führerscheins meine erste Fahrt mit der Barbara de Braganza antrat und Birgit zu uns sagte: „Nicht wundern, wenn entgegenkommende Wohnmobilisten winken - das ist guter Ton, das macht man so“. Und, liebes Logbuch, was hab ich gewunken! Das sah in etwa so aus:
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Dieses strahlende Lächeln musst du dir nun aber zitternd vorstellen, weil es bei Tempo 100 auf die Spurbegrenzungsnoppen geraten ist - gar nicht so einfach mit nur einem Arm zu lenken! Aber ich wurde stetig besser. Zwischen Münster und Holland winkte ich ihnen allen - dem Knaus, dem Phönix, der Concorde, dem VW T6… Auch aber winkte ich diversen Handwerkern (sehen mit ihren Fahrzeugen oft aus wie Camper) und Wohnwagen, was ein absolutes Fehlverhalten darstellt. Mit der Zeit wurde ich besser darin, und mir fiel auf, dass die erfahrenen Wohnmobilisten gar nicht wirklich winken, sondern oftmals nur lässig Zeige-, Mittel- und Ringfinger vom Lenkrad abheben. Das sieht natürlich super cool, entspannt und souverän aus, und seither versuche ich es ebenso. Derzeit sieht mein Winken etwa so aus:
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Vermutlich fühlen sich die entgegenkommenden Wohnmobilisten (und insbesondere Handwerksfirmen) immer noch belästigt, aber ich werde besser! Ich denke ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich diese doch harte Corona-Zeit für eine fruchtbare Persönlichkeitsentwicklung genutzt habe. Im Übrigen sind die besten Winker immer noch die Dickbäuchigen, die zum Gruß ihren Kaffeebecher erheben. Die sehen immer so tiefenentspannt und glücklich aus, dass man sich fragt was die neben Kaffee noch im Becher haben.
Nachmittags tüftelte ich an meinen Memoiren („Gedanken und Verwirrungen“). Das Abendessen bereiteten wir wieder über dem offenen Feuer zu: Zu Folienkartoffeln wollten wir Topfgemüse und finnische Bratwürste servieren. Letztere waren allerdings so unfassbar abartig, dass ich nur unter Unbehagen eine schaffte und Annika ihre an das Feuer verfütterte. Die Würste hatten eine Pelle wie Autoreifen, das Fleisch darin hatte die Farbe von Bockwurst, die Konsistenz von Leberwurst und den Geschmack von Sch…. Annika teilte nicht ihren Nachnamen mit ihrer Frau Mutter, wenn sie nicht tiefgefrorene Nürnberger im Eisfach mitgeführt und hervorgezaubert hätte. Damit war das Essen dann einigermaßen gerettet. Ehrlich, Finnland, sogar den Lachmöwen ist das Gelächter vergangenen, nicht mal die wollten die Reste haben!
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steffenkaisson · 2 years
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Päihäniemi, 26.06.2022
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Fräulein Annikas Gespür für Sonne
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Einem Sonntag angemessen schliefen wir bis in die Puppen. Die finnischen Wohnmobilisten siechten in Katerstimmung in den Liegestühlen. Die weniger glücklichen mussten heute ihre Zelte abbrechen und zurück in den Alltag.
Meine Wetter-App gab für die Tage eine Hitzewarnung an. Annika frohlockte. Im WoMo hatten wir genauso 33 Grad wie die Außenwelt, wobei wir nicht ganz sicher waren wieviel Glauben wir dem Thermometer schenken konnten. Es war warm. Auf dem Weg zu unserem neuen Stellplatz auf der südlichen Seite des Saimaa Sees, sahen wir wie die Einheimischen mit den Temperaturen kämpften. Finnen können Sommer, aber tun sich schwer damit. Ein Tipp von mir: Kurze Hosen erleichtern den Temperaturhaushalt. In einem Land, wo bis Ende März Minustemperaturen herrschen, müssen sich 30 Grad im Juni unwirklich anfühlen. Unser Bierbruder Kim hatte uns erzählt, dass sie vor ein paar Jahren doch tatsächlich am Mittsommerabend schlechteres Wetter hatten als an Heiligabend - wir wussten somit, dass wir mal wieder unglaubliches Wetterglück hatten. Annika hielt ihre Nase in jeden Sonnenstrahl und ich redete fortwährend mit Engelszungen auf sie ein, ob sie sich nicht mit Sonnencreme schützen wolle.
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Wir fuhren eine weitere Bucht des Saimaa Sees an. Hier auf der Südseite heißt er Päihäniemenselkä, oder so ähnlich. Wir fanden einen Sandstrand vor, auf dessen Ufer ein lichter Kiefernwald den Geruch warmen Holzes verströmte. Die Gemeinde hatte mit diversen Grill- oder Lagerfeuerstellen, Schutzhütten, einem „Trockenklo“ (für die nicht-Wohnmobilisten: Plumpsklo) und sogar einem Holzschuppen mit Äxten, einem Hauklotz und schließlich einem Sägebock nebst Bügelsäge vorgesorgt. Wir unsererseits hatten mit einem Landebier aus dem Kühlschrank vorgesorgt.
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Konnte Annika in den vergangenen Tagen immer wieder mit ihrem Wissen über Fische sowie ihren neu erlangten Kenntnissen über Vögel („Hörst du das? Das ist ein Buchfink!“) glänzen, so konnte ich heute beim Feuerholzmachen brillieren.
Mittlerweile waren wir wirklich verwöhnt von den schönen Seen und Stellplätzen. Hier fuhren einige laute Boote über das Gewässer und ein bisschen Zivilisation verstellte den Blick auf der anderen Uferseite. Wir saßen also bei bestem Wetter am Strand, während Libellen, Schmetterlinge und fette grüne Käfer in der Nachmittagssonne ihrem Tagesgeschäft nachgingen. Es war das Paradies und trotzdem beschlich uns der Gedanke, dass die vorherigen Orte schöner gewesen waren. Diesem Blödsinn machten wir alsbald mit Nudelauflauf und Bier den Garaus.
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steffenkaisson · 2 years
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Saimaa, 25.06.2022
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Are we humans or are we dancers?
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Liebes Logbuch,
Reisende soll man nicht aufhalten. Bei uns war heute allerdings nicht viel aufzuhalten, man hätte mir höchstens den Sonnenstuhl unter dem Gesäß einklappen können. Dieser unmittelbar am Sandstrand gelegene Stellplatz war wirklich etwas Besonderes. Ein Stellplatzwechsel am Mittsommer-Samstag hätte dazu führen können, dass wir keinen (schönen) Ort hätten anfahren können. Also ging es ran an den Sonnenhut, den Klappstuhl und das Bier.
Die Finnen waren deutlich aktiver unterwegs. Eine Bucht weiter östlich lag ein Tanzlokal und ab dem späten Nachmittag strömten Finnen in ihren besten Kleidern über unsere Picknickdecke zum Mittsommertanz. Der dortige Parkplatz war gerammelt voll und im Minutentakt kamen Boote und PKW hinzu. Einige Mädchen und junge Frauen flochten sich Haarkränze aus Blumen und eine Kapelle spielte etwas, das ich für finnische Volksmusik hielt. Die ganze Nacht hörten wir den Trubel des Festes durch fröhliche oder betrunkene Menschen, Musik und laute Partyboote. Besseres Wetter hätten sich die Finnen wohl nicht wünschen können!
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Wir hatten keine Tickets zum Tanzevent. Somit genossen wir die Sonne am See, am Strand und auf dem SUP. Das Abendessen grillten wir auf dem Lagerfeuer. Es war herrlich!
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steffenkaisson · 2 years
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Kohtiranta See, 24.06.2022
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Ich packe meinen Anhänger und nehme mit…
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Liebes Logbuch,
der Finne ist ein robustes Raubein (die Finnin auch). Annika findet die Finnen rustikal. Sie sprechen grundsätzlich finnisch mit uns, auch dann noch, wenn sie bereits wissen, dass wir die Sprache nicht beherrschen. Die Intonation ist dabei im besten Falle herzlich, immer ehrlich-direkt, kann aber auch als grob empfunden werden. Dabei mag der Finne Körperkult: Mit grob gestochenen, über die Jahre verwaschenen Tattoos und Piercings zeigt er erstens, wie hart er und zweitens, wie schön das Leben ohne Selbstverstümmelung doch ist. Der Finne hat Proportionen, die jeden Comiczeichner jubilieren ließen: Meistens ist entweder der Oberkörper zu lang, der Unterkörper zu kurz oder beides. Wenn der Finne dann mit einer Dose Bier in der Hand vor seinen Caravan tritt und ein Volkslied schmettert, möchte man ihm auf die Schulter klopfen und sagen: „Ihr seid schon echt okay“, man traut sich aber nicht. So eine Finnin stand jedenfalls heute plötzlich vor uns und überrollte uns mit einer verbalen Salve aus „rrrrrrlantalantalonnn rrrrollontttiii“, oder so, und ich nur so, sorry, wir verstehen Sie leider nicht, sind aber hocherfreut Ihre Bekanntschaft zu machen, darf ich Ihnen das Du anbieten? Dazu bot ich mein vereinnahmendstes Schulbubenlächeln auf. Da stemmte sie die Arme in die Hüfte, blickte mich finster an und forderte bierernst: „I need se pump“. Bei so viel Siegeswillen hätte ich ihr unsere Luftpumpe selbst dann kampflos überlassen, wenn unser Leben daran gehangen hätte, ehrlich. „Shanks“, bedankte sie sich und stampfte von dannen. Kaum hatte sich mein Adrenalinpegel normalisiert (bei ihrer Ansprache war ich eigentlich sicher wir würden ausgeraubt werden), da brachte sie uns die Pumpe unter einem neuerlichen Schwall finnischen Vokabulars zurück. Sie muss ihr SUP in Rekordzeit aufgepumpt haben, wahrscheinlich hat sich das SUP vor Angst zur Hälfte selbst befüllt.
Liebes Logbuch, nun bin ich aus der Chronologie gefallen und das eignet sich bei einem Tagebuch doch eigentlich nicht. Also nochmal von vorne: Wir haben 235,0 Liter Frischwasser an Bord und der Abwassertank (Grauwasser) umfasst passenderweise fast genauso viel. Das Fassungsvermögen der Toilettenkassette ist mir entfallen, dieses ist aber kein entscheidendes Wissen. Denn die Toilette hat keine Digitalanzeige, und außerdem sieht man beim Blick ins Klo recht eindeutig den Stand er Dinge, wenn du verstehst. Diese Gegebenheiten führen dazu, dass wir etwa alle drei Tage eine Ver- und Entsorgungsstation (VE) aufsuchen müssen. Den Finnen ist das mit den VE offenbar nicht kompliziert genug gewesen, weshalb bisher jede der von uns angefahrenen VE nur eine der drei wesentlichen Funktionen erfüllte: Entweder es gab Wasser oder man konnte Grauwasser ablassen oder man konnte das Chemieklo entsorgen (und sich dabei wahlweise das Gesicht duschen). So fuhren wir heute mit einem WoMo voller Frischwasser, einem leeren Klo und einem randvollen Abwassertank durch die Sonne - eine völlig irrsinnige Kombination, die jedem Wohnmobilisten die Nackenhaare zu Berge stehen lassen. Nach zwei Fehlversuchen bei meiner Lieblingstankstelle „ABC“ landeten unsere 235 Liter Grauwasser in einem Gully eines Busparkplatzes. Wir befolgten dabei die Anweisungen beziehungsweise Erfahrungsberichte anderer Wohnmobilisten, deren Tipp wir einer entsprechenden App entnommen hatten. Annika war das alles nicht geheuer und seither fürchtet sie Strafverfolgung durch raubeinige finnische Polizei.
Unterwegs sahen wir etliche Finnen, die auf dem Weg in ihr Mittsommerwochenende waren. Wir achteten begeistert darauf, was die Finnen sich so vorgenommen hatten und beobachteten die beladenen Anhänger: Berge von Feuerholz, Boote, Jetskis, Kanus, Kayaks, Saunen, ein ganzer verdammter Whirlpool und und und… Wir freuten uns mit ihnen über das tolle Wetter und bekamen auch einen Hauch euphorischer Vorfreude.
Mit einem leeren Grauwassertank konnten wir dann endlich zum geplanten Stellplatz für das Mittsommerwochenende fahren: Der Saimaa See ist der größte See Finnlands und bildet durch seine vielen Buchten, Seitenarme und Inseln eher ein Seensystem. Wir parkten an der Nordseite, wo der See Kohtiranta heißt. Durch die Weite, die Felsen und Inselchen im Wasser, hatte man auch hier den Eindruck am Meer zu sein. Kreischende Möwen, schöner Sandstrand und reger Bootsverkehr vervollständigten das Küstengefühl. Auch heute waren wir die einzigen Deutschen und parkten allein unter Finnen, die ihrerseits mitten in ihren Mittsommervorbereitungen steckten: WoMos wurden mit Blumen, Bäumchen oder Zweigen geschmückt, aus den Radios klangen finnische Schlager und vor jedem Vehikel stand mindestens ein Grill bereit.
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Am See machten wir unser Lager zurecht (frei nach Sörens „Markise raus, Kaffee rein“). Anschließend erkundeten wir mit den SUPs den See und entdeckten Sturmmöwen, die ihren flauschigen Nachwuchs beschützten. Das Wasser war rötlich und doch klar und natürlich herrlich erfrischend.
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Nach dem Bad schlabberten wir Kuba Libre am Sandstrand und kamen uns dabei vor wie im karibischen Badeurlaub. Es war herrlich! Zu Abend gab es Reste vom Vortag, was zwar nicht sehr festlich war, aber sinnvoll. Festlich war alles um uns herum: Bei fantastischem Wetter zischten sich die Leute ihr Bier und grillten was das Zeug hielt. Nachts wurden die traditionellen Juhannus-Feuer angezündet. Exakt um Mitternacht trat unser WoMo-Nachbar vor seinen Caravan und schmetterte ein Lied, von dem wir annahmen, dass es ebenfalls zum Juhannus-Brauchtum gehörte (das Mittsommerfest ist in Finnland dem Täufer gewidmet). Beim Blick in die Lagerfeuerflammen lauschten wir andächtig den fremden Klängen, die über den See wehten.
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steffenkaisson · 2 years
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Savonlinna, 23.06.22
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Drei Finnen tanken Super
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Nach einer kurzen Nacht spachtelten wir finnisches Roggenbrot zum Frühstück. Unser Nachtstellplatz lag an einem Kanal zwischen zwei Seen. Was im Münsterland bei gutem Wetter tausende Menschen anzieht, taugt hier wirklich nur zum Schlafen: Es gibt unzählige Seen und öffentliche Badeplätze, und so langsam sind auch wir etwas verwöhnt.
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Also fuhren wir vier Kilometer zum Campingplatz in Savonlinna. Bei bedecktem Wetter wollten wir einen Tag in unsere Fortbildung investieren, denn im direkten Abschluss an unseren Urlaub wird ein Fortbildungswochenende stattfinden und darauf muss man sich mit einem Online-Lernbereich vorbereiten.
Bei der Anmeldung am Campingplatz fragten wir also: Gibt es Wifi, wo können wir die Barbara de Braganza parken und wie sieht es mit Sauna aus? Man sagte uns: Klar gibt es Wifi, ihr könnt irgendwo parken (alles ist frei und scheint auch so zu bleiben) und in die Sauna bitte nur nackt, was ist das denn bitte für eine komische Frage? Nach Abschluss des etwas sonderbaren Gesprächs stellten wir also das WoMo irgendwo ab und kehrten zur Anmeldung zurück, um den Wifi Code zu bekommen. Dann mussten wir feststellen: Klar gibt es Wifi, aber nicht für die Gäste. 🙂 Also saßen wir mit Kaffee und Kakao neben einer zu lauten JBL-Musikbox im Café des Campingplatzes und schauten den mobilen Daten meines Handys beim Verrinnen zu, während unnötig verschwenderische Visualisierungen der Lernsoftware über meinen Laptop huschten. Wir waren gerade mal auf Seite drei von 44, als ich aus dem Fenster blickte und sah, dass unser WoMo ein Verkehrshindernis verursacht hatte: Na klar könnt ihr überall parken, es kommt eh keiner mehr, aber bitte nicht vor der Bootstankstelle, denn eine Hand voll verrückter Einheimischer betanken dort auch gerne ihre PKW. Also sprinteten wir nach draußen und sahen voller Sorge, dass drei dickbäuchige Bauarbeiter ihren VW Transporter rückwärts zwischen dem WoMo und der Tankstelle durchzuzwängen versuchten und dabei vehement eine schätzungsweise 90-prozentige Steigung zum Bootshaus hin ignorierten, die den VW auf Schmusekurs zur Barbara neigte. Annika war wenig angetan und rief die drei dicken Warnwestenträger an: Leute, please be gentle, it‘s a rental, aber wir zahlen nicht mal was dafür, also lasst bitte die Scheiben heile! Wir parken um! Die drei von der Tankstelle schauten uns nur an, die irren Deutschen, die auf der Parkfläche parken wo sie wollen, völlig deppert! Zunehmend angefressen stapften wir zurück zum Café und sahen ein Paar, dass bekleidet die Sauna betrat. Von da an haben wir nichts mehr gefragt und nichts mehr gesagt…
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Nach unseren mittelmäßig erfolgreichen Fortbildungsversuchen spielten wir eine Runde Beachtennis. Ich hatte es mit der Stadtmeisterin Breckerfeld 2002 zu tun. Nach ner halben Stunde hatte ich eine Zerrung links und eine Zerrung rechts. Alt werden ist nichts für Feiglinge.
Zum Abendessen zauberte Annika ein Curry mit Reis. Als Abendprogramm hatten wir die Sauna reserviert. Saunieren ist hier in Finnland echt eine große Sache. Neben stationären Saunen, die zu jeder Ferienhütte dazu gehören wie der Kater zum Suff, sehen wir ständig Sauna-Anhänger, die die Leute sich ins Wochenende mitnehmen. Für den kleineren Geldbeutel gibt es wohl auch Saunazelte, soweit ich gelesen habe, aber ich denke so ein Saunaanhänger würde Barbara ganz gut stehen…
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In der Sauna schwitzten wir das Gefühl raus alles richtig machen zu wollen wobei alles schief geht. Danach krochen wir mit dem Vorsatz ins Heckbett am Folgetag etwas eher aufzustehen als sonst, damit wir am Mittsommerwochenende noch einen netten Stellplatz ergattern können.
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steffenkaisson · 2 years
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Kolovesi Nationalpark, 22.06.22
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No sauna for old men
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Liebes Logbuch,
heute fuhren wir zum Kolovesi Nationalpark und machten eine 9,2 km Wanderung. Der Nationalpark beherbergt Luxe, Elche und sogar Bären. Gesehen haben wir hauptsächlich Mücken. Und weil wir dauerhaft damit beschäftigt wären nach ihnen zu schlagen und unsere Augen vornehmlich auf die Baumwurzeln des Wanderpfades gerichtet waren, hätten wir auch in Spuckweite eines Elches stapfen können ohne ihn zu bemerken. Phasenweise waren die lästigen Blutsauger wirklich nervig und es ergaben sich slapstick Momente, als wir rennend versuchten hübsche Panoramen oder Hinweisschilder abzulichten.
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Da wir um das Mückenproblem wussten, sprühte ich mich reichlich mit Anti-Mücken-Spray ein. Wie die meisten Präparate riecht auch unseres stark nach Zitruspflanzen. Als ich so durch den Wald stapfte hatte ich nicht unbedingt den Eindruck, dass die Blutsauger sich von dem Mückenspray den Appetit verderben ließen. Zu Dutzenden umschwärmten sie mich und mir kam das Bild distinguierter Mücken in den Sinn, die ein wenig Zitronenaroma appetitanregend finden. Gleich einem Engländer, der sich Limonensaft in den Earl Grey Tee träufelt und seine schiefen Zähne in ein mit Zitrone benetztes Lachsfilet versenkt. Bon Appetit.
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Annika fand ihren Spaß an der Bird.NET App wieder und „jagte“ Vogelstimmen. Was ich für die große Lumme hielt war tatsächlich ein Steinkauz - wer hätte gedacht, dass er am helllichten Tage gleich einer Alarmanlage durch den Wald kreischt?
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Ich nehme an, dass die Episode von „Versteckte Kamera Finnland“ mit meiner Panne bei der Entsorgungsstation bereits letzte Woche ausgestrahlt wurde, denn die Tankstellen Lady überreichte mir heute den Schlüssel zur Entsorgung mit den Worten: „Do you know what you‘re doing?“ Ich konnte ihr die Frage nicht verübeln und antwortete wahrheitsgemäß: Meistens nicht so richtig. Danach taten wir mit dem Chemieklo was wir tun mussten und ich unterdrückte den urmenschlichen Instinkt auf jedes Pedal testweise kräftig draufzutreten. Heute spritzte mir kein verseuchtes Toilettenwasser ins Gesicht und irgendwie ist es schade, dass ich das extra betonen muss.
Wir wollten den Abend mit einem Saunagang im Spa in Kuopio abrunden und unsere geschundenen Leiber entschädigen. Leider war die recht weite Anfahrt für die Katz, weil das Spa bereits auf Tage ausgebucht war. Ein Programmierfehler auf der Webseite führte zu fehlerhaften Angaben, was man uns dann schulterzuckend mitteilte. So schleppten uns unsere platten und zerstochenen Wanderlatschen zurück zur Barbara.
Wir suchten und fanden einen kostenfreien Stellplatz und ich genehmigte mir pflichtbewusst das gesellschaftskonforme Landebier. Seit unserem Campingplatzerlebnis mit den wilden Finnen kommentiert Annika das knackende Öffnen einer Bierdose stets mit „Psst, das lockt die Finnen an!“.
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steffenkaisson · 2 years
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Laviankylä, 21.06.22
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Die Prinzessin auf der Mücke
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Liebes Logbuch,
wir wurden von allen Seiten gewarnt: In Finnland gebe es viele Mücken. Das ist eine unglaubliche Untertreibung! Ich ging vors WoMo: Mücken. Ich ging ins WoMo: Mücken. Ich öffnete den Küchenschrank, es kam eine Mücke raus, ich öffnete den Toilettendeckel, es kam eine Mücke raus. Ich machte mir ein Bier auf, es kam eine Mücke raus. Wirklich. Ü-ber-all Mücken! Das Summen der miesen Biester wurde eine permanente Geduldsprobe und wir entwickelten beide den nervösen Tick auf alles ein zu dreschen, was einem vor die Flosse kam. Annika erwischte eine fehlgeleitete, fliegende Ameise und entschuldigte sich sogleich in aller Form. Ob die Ameise das noch zu schätzen wusste muss ich anzweifeln.
Das hervorragende Wetter nutzten wir heute in vollen Zügen aus, was den positiven Nebeneffekt hatte, dass die Kackbiester uns fern blieben. In der Sonne und bei etwas Wind kamen deutlich weniger Mücken zu uns. Wir gönnten uns ein Sonnenbad, verputzten fröhlich Kuchen und Zimtschnecken zu Weißweinschorle und unternahmen eine SUP-Tour.
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Abends kochten wir auf offenem Lagerfeuer: Eine große Gemüse- und Fetaschale mit Backkartoffeln, selbst angerührtem Stockbrot und etwas Grillgut. Anschließend paddelten wir auf dem See in die Mittsommernacht.
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Wir haben bemerkt, dass es zwar Norway und Dänemark Yatzy gibt, aber wir haben noch kein Finnland Yatzy gefunden. Seitdem tüfteln wir an unserem Vorschlag des erfolgsgekrönten Würfelspiels. Statt der Ziffern eins bis sechs wollen wir finnlandtypische Symbole auswählen. Unsere ersten Ideen: Finnische Flagge (logisch), Sauna, Mücke, Elch, Rentier, betrunkener Finne. Da sich Elch und Rentier auf den Würfeln zu sehr ähneln, arbeiten wir weiter an einer besseren Beta Variante.
Dank eines im Laufe des Tages installierten Mückennetzes über dem Bett hofften wir auf eine ruhigere Nacht. Bei der Installation des Netzes mussten einige Blutsauger dran glauben. Zum Schluss war Annika erschöpft, aber zufrieden und bemerkte: „Wie die Prinzessin auf der Mücke...“
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steffenkaisson · 2 years
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Laviankylä, 20.06.2022
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Drei auf einen Streich
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Wir erwachten heute an einem Stellplatz, der nur durch Vorhandensein einer Sauna noch zu toppen wäre: Am Pohjois-Konnevesi See mit Feuerstelle, Schutzhütte und Badesteg. Dieser See wurde durch einen Kanal mit dem Nachbargewässer verbunden. Direkt daneben parkte die Barbara im rauschenden Wind und lauschte einer durchgehend krakeelenden Möwenkolonie, die sich an einer steinernen Mole breitmachte.
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Das Wetter war noch im Wechsel von kalt nach warm unterwegs und der Wind pfiff lärmend durch das Geäst, weshalb wir das Frühstück im WoMo einnahmen. Zum finnischen Brot (gar nicht so verkehrt, etwas zu hell, sonst lecker) wurde ein Hotel-Ei nebst Ostfriesentee gereicht.
Der Kanal diente ursprünglich dem Transport von Holz und später Menschen. Heute dient er Hobby-Bootsfahrern, die die Schleuse passieren.
Wir begannen den Tag mit einem Kaffee im Sonnenschein, der um 12 Uhr schon 9 Stunden alt ist. Unglaublich, oder? Nach einer kurzen Erkundungstour machten wir die SUPs startklar und paddelten über den See. Auf den fünf Kilometern sahen wir unterwegs zwei wirklich dicke Fische, die im seichten Gewässer nach einer Angelrute zu bitten schienen.
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Anschließend belohnten wir uns mit finnischem Blaubeerkuchen und bereiteten ein Lagerfeuer vor, das auch unser Abendessen grillen sollte.
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Gemäß der Warnungen unserer finnischen Rauf- und Saufbrüder fanden allerdings auch die Mücken diesen Aufenthaltsort mehr als passabel. Zu Dutzenden setzten sie sich nicht nur auf jede besetzbare Körperfläche, sondern auch auf unser Essen. Kleiner Tipp an die mitlesenden Blutsauger: Die Bratwurst ist tot und blutlos. Ich übertreibe nicht wenn ich sage, dass die finnischen Mücken walnussgroß sind. Ferner sind sie gestreift wie Tiger und stechen mühelos durch Jeanshosen, Socken und Kettenhemden. Sie landeten so zahlreich, dass Annika mit einem Schlag gleich drei in die ewigen Jagdgründe schickte.
Auf dem Feuer grillten wir uns Kartoffeln, diverse Sorten Bratwürste und Maiskolben. Die einfachsten Dinge schmeckten an der frischen Luft mit Panoramablick wie ein Sternemenü.
Auch der schönste Urlaubstag geht zu Ende. Nach einem erfolglosen Versuch den Lagerfeuergeruch aus den Haaren zu waschen krochen wir ins Heckbett. Bei Annika war aber irgendwie schon Mittsommernacht und sie wälzte sich stundenlang, bis ihre Decke einem Hefezopf gleichte. Endlich hatte Hypnos Annika in seinen weichen Schoß genommen, da hatte der Wald andere Pläne mit unserer Nacht: Unzählige Mücken hatten ihren Weg ins WoMo gefunden und hielten uns bis in die Morgenstunden wach. Das Gute am Schlechten sind unten stehende Fotos, die Annika nach dem Sonnenaufgang um circa 03:30 Uhr machte.
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Die einzigen, deren Nacht noch kürzer war als unsere, waren die Möwen auf ihrer Kolonie auf der Steinmole. Sie zeterten, kreischten und krakeelten auch nachts um 3.
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steffenkaisson · 2 years
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Vaasa, 19.06.2022
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I‘m a douchebag
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Eltern kleiner Kinder hassen uns dafür, aber auch heute schliefen wir reichlich weit in den Wolken vergangenen Tag hinein. Bei keifenden Möwen muss uns das erstmal jemand nachmachen: Um 10:30 Uhr weckte Annika mich, weil eine volle Harnblase und ein leerer Teemagen gleichermaßen pressierten.
Nach dem Frühstück duschte ich mich ausführlich für den Stadtbesuch in Vaasa. Anschließend zog ich meine schönste Kleidung und mein herzergreifendes Lächeln an für einen Tag in Vaasa, der irgendwie übrig war. Bei miesem Wetter lässt sich aber nun mehr in der Stadt als im Wald anfangen, und gutes Wetter würde es halt erst morgen wieder geben. Die Prüfung der Dauer- und Sonderausstellungen der Museen in Vaasa ergab, dass eine 98%-ige Wahrscheinlichkeit von Museumsbauchweh beim Besuch einer derer bestand. Museumsbauchweh tritt bei Mitgliedern meiner Familie stets auf, wenn die Ausstellung unerträglich langweilig ist. Und weil wir im Urlaub keiner Krankheit erliegen wollten, planten wir einen museumsfreien Tag. Eine Ausstellung sagte mir noch am ehesten zu: Sie behandelte fotokünstlerisch dokumentierte Lebensart. Da saß ich mit meinen Crocs und stellte fest, dass ich von Fotokunst genauso wenig verstand wie von Lebensart, nahm einen tiefen Zug vom Dosenbier und sah mich bestätigt in unserer Entscheidung.
Der frischste Steffen aller Zeiten sprang also auf die Brücke der Barbara de Braganza. Mein neuer Lieblingspulli glänzte auch ohne Sonnenschein lebensfroh, die Frisur lag fast perfekt. Bevor wir aber Vaasa mit unserer Anwesenheit verschönern konnten, mussten wir noch das Chemieklo und das Grauwasser zur Entsorgungsstation bringen. Hierzu hielten wir bei einer ABC-Tankstelle, die genauso gut Raketen-Tankstelle heißen könnte, weil sie mit dem ABC gleich viele Beziehungspunkte hat wie mit Raketen.
Annika parkte unser Urlaubsschiff mit einer Routine, die ihresgleichen sucht. Derweil inspizierte ich das Kabuff, in welchem der Ausguss für die Campingtoiletten untergebracht war. Vor dem riesigen Edelstahltrichter waren zwei Pedale. Was tut man mit Pedalen? Ich wählte die linke, trat testweise kräftig drauf. Sogleich fühlte ich in knapper Abfolge Toilettenwasser im Gesicht und ein tiefes Bedauern auf die Welt gekommen zu sein. Was zum Henker, Finnland!? Ich hab dir nichts getan! Vielleicht bin ich bald bei Finnlands Version von versteckte Kamera, oder vielleicht gibt es eine simple Erklärung dafür, dass es Entsorgungsstationen gibt, die in alle Himmelsrichtungen Wasser spritzen, jedenfalls war ich erstmal der am wenigstens frische Steffen aller Zeiten. Natürlich fluchte ich wie ein Bierkutscher, und als die verwirrte Annika hinzu kam, wollte man mir keinen Glauben schenken. Also ging ich in Deckung und trat aus dieser hervor fest auf die rechte Pedale - ein kräftiger Wasserstrahl schoss aus der Kloake hervor quer durch den Raum und klatschte an die Fensterscheibe. Ich weiß nicht was dieses grauenvolle Camping Bidet soll, hoffentlich gibt es eine simple Erklärung dafür. Hier ist es:
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Und dieser kleine Penner schießt mit 7500 bar Wasserdruck in Gesichter argloser Wohnmobilisten:
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Mein Lieblingspullover wanderte danach zusammen mit meinem Stolz zuhinterst in den Wäschesack.
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Sonntags dürfen in Vaasa offenbar alle Geschäfte öffnen, die möchten. So konnten wir einige Besorgungen erledigen. Viele Geschäfte hatten aber geschlossen und die meisten Einheimischen verbrachten offenbar ihren Sonntag auf einer Hütte am Meer. Zum Mittag genehmigten wir uns einen von Hand gekneteten und auf Holzkohle gegarten Burger in der Fußgängerzone. Leider fiel der von mir angestrebte Cappuccino im Café mit Meerblick aus, weil die Öffnungszeiten im Internet leider denen des echten Lebens nicht entsprachen. Für den süßen Zahn besorgten wir uns sodann Softeis bzw. Eiskaffee und traten anschließend eine vierstündige Fahrt nach Osten, zur Seenplatte an.
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steffenkaisson · 2 years
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Malax, 18.06.2022
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Kippis!
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Liebes Logbuch,
erwartungsgemäß erwachten wir im strömenden Regen, der auf das Dach trommelte. Kreischende Möwen am Sportboothafen verabschiedeten uns nach unserem Frühstückstee. Aufgrund der Schlechtwetterlage ließen wir Finnlands schönsten Strand Yyteri links liegen und fuhren in Richtung Vaasa. Vaasa ist eine Stadt, die im Naturschutzgebiet des Kvarken Archipels liegt und daneben viele kulturelle Angebote hat.
Um den Kühlschrank aufzufüllen, hielten wir bei Lidl. Wir bemühten uns vorrangig finnische Lebensmittel zu kaufen. Da wir beide etwas hungrig waren entglitt uns ein wenig die Kaufdisziplin. Insbesondere bei den Backwaren ergab sich ein Lustkauf mit doppelt so vielen Zimtschnecken wie vielleicht nötig gewesen wäre. Für einen halben Einkaufswagen zahlten wir saftige 86€. Im Allgemeinen sind Lebensmittel hier teurer als daheim, und uns fiel auf, dass deutlich mehr Fleisch- als Molkereiprodukte angeboten werden. Auch die Packungen sind riesig und im Grunde gar nicht WoMo- beziehungsweise Pärchen geeignet.
Auf der Weiterfahrt nach Norden trat plötzlich ein Wechsel auf der Straßenbeschilderung ein: An der Küste waren nun alle Ortsnamen und Wegbeschreibungen bilingual, auf Finnisch und Schwedisch. Für circa fünf Prozent der Finnen ist Schwedisch Muttersprache. Dank der wechselnden Beschilderung wissen wir jetzt auch, dass sich hinter „Keskusta“ leider nicht die von uns erhoffte Käseküste verbirgt, sondern nur das Ortszentrum.
Von der Landstraße bei Tempo 80 erhaschten wir anschließend einen Blick auf einen Elch! Der stand ganz unbewegt, weshalb wir zweifelten ob er lebendig war oder eine wirklich naturgetreue Statur. Einheimische erklärten uns aber später, dass es sowas dort nicht gebe - Annika hat heute also offenbar den ersten lebendigen Elch gesehen. Unbewegt seien Elche gelegentlich beim Fressen.
Für die Nacht wählten wir den Åminne Campingplatz der Gemeinde Malax. Auch in Malax wird schwedisch gesprochen, in meinen Ohren klang es aber etwas rauer und kratziger als in Südschweden. Wir hatten noch gar nicht für den Stellplatz bezahlen können, da wurden wir schon von Kent und Kim, zwei Schwedenfinnen, von der Seite angesprochen. Die waren sehr nett und für unser Befinden deutlich zu kalt angezogen. Eigentlich hatten wir noch so dies und das zu erledigen, aber man fährt ja nicht in fremde Länder um dann nur für sich zu sein. Also setzten wir uns auf ein Bier dazu (Varhu vom Fass, sehr lecker). Es dauerte gar nicht lange, da wussten wir schon ziemlich viel über die Gegend, aber noch mehr über Kims Jagdhunde (finnische Meister, beide) und Kents schlimmste Eishockey Verletzung (linke Achilles Ferse, hab ich dann auch mit eigenen Augen vorgeführt bekommen, üble Narbe). Kims viel zu dünne Kleidung erklärte sich dann dadurch, dass Malax von Dezember bis März durchgehend Minustemperaturen hatte mit Negativspitzen von bis zu -30 Grad, die 15 Grad heute bei Wolken und Wind müssen sich für die Menschen hier angefühlt haben, als wäre wirklich Sommer.
Wirklich lustig wurde die Runde dann um genau 19:28 Uhr, als sechs Freunde der beiden aus dem Nichts auftauchten. Die Uhrzeit wissen wir noch genau, weil um 19:30 Uhr die Küche schloss, die Personenanzahl, weil sie mit einer bescheidenen Stufenhecklimousine ankamen und uns das etwas seltsam vorkam. Drei von denen waren lattenstramm und bei zweien ging im Grunde gar nichts mehr. Unter großem Gejohle wurden dann Jagdgeschichten und Mittsommerfesterzählungen aufgetischt und für uns auf englisch übersetzt, es war herrlich. Das dritte prägende Thema war „unser“ WoMo, das sie uns unbedingt abkaufen wollten. Auf den Hinweis, dass wir das Birgit und Wolfgang unmöglich antun wollen, gab man zu bedenken: „Tell your father it is stolen and take the money, everybody wins!“ Kurz darauf konnte Kent sich nicht mehr klar artikulieren und einer der Jagdfreunde hatte Probleme sich eigenständig auf einen Stuhl zu setzen, und so verabschiedeten wir uns von der Runde. Diese löste sich aber auch auf, und ich frage mich wirklich ob ich hier mit meinen singulären Landebieren alles richtig oder alles grundverkehrt mache.
In Finnland sagt man nicht Prost, sondern „Kippis“! Für diese riesengroße Werbedose hat jemand einfach ungefragt einen Scherenschnitt von mir benutzt, wie ich mein Landebier anzapfe:
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Morgen berichte ich von einer hinterhältigen Entsorgungsstation.
P.S.: Das Waschbecken tropft nicht mehr.
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steffenkaisson · 2 years
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Rauma, 17.06.2022
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Auf Holz gebaut
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Liebes Logbuch,
heute haben wir die gestrige Müdigkeit rausgeschlafen und gegen halb zehn die Äuglein geöffnet. Zur Friesenmischung gab es heute Obst und Joghurt. Vor einem Besuch der Stadt Rauma, die ein UNESCO Weltkulturerbe beherbergt, wollte Annika nochmal die Sonne am Meer genießen, denn ab morgen wird es zwei Tage lang durchgehend regnen. Also ließen wir vom Badesteg die Beine baumeln, lauschten dem Wind und den Vögeln.
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Das Weltkulturerbe in Rauma ist kein einzelnes Gebäude, sondern die historische Altstadt. Sie wurde im 15. Jahrhundert aus Holz errichtet und ist seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr abgebrannt. Große Teile sind seitdem erhalten worden und die Altstadt bildet die größte zusammenhängende Holzhaussiedlung dieser Art Nordeuropas. Das wollten wir uns natürlich ansehen. Aus dem geplanten „durch die Gassen schlendern“ wurde ein recht zielstrebiges Schreiten, weil unser Besuch genau in meinen Mittagshunger fiel und ich dringend eine Zimtschnecke bedurfte. Glücklicherweise stießen wir rasch auf ein Café, das nicht bloß mit fantastischen Zimtschnecken, sondern auch kreativen Croissants überzeugte: Letztere wurden hier mit wahlweise Feta Käse oder Nordsee Krabben serviert. Das klingt echt abartig, war aber super lecker. Mein Cappuccino schmeckte auch famos und so war die Stimmung direkt auf dem Zenit. Annika kam auch auf ihre Kosten, denn die Sonne schien auch hier. Das liest sich jetzt als wäre Annika alles egal solange die Sonne scheint. Ganz so ist es nun nicht. Aber würden wir an einer Y-Gabelung stehen und rechts gebe es gutes Wetter mit okayem Essen und links gutes Essen mit okayem Wetter, dann müssten wir wirklich eine Münze werfen um uns einig zu werden.
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Die finnische Sprache ist bekanntermaßen der Deutschen sehr verschieden. Der Ursprung des Finnischen ist sprachwissenschaftlich noch umstritten. Für mich klingt Finnisch einfach wie ein fremdartiger Singsang. Viele Vokale, lange Worte, und gerne auch Umlaute gepaart mit platten „L“-Lauten und breiten, irgendwie weich-rollenden „R“-Lauten. Ich finde es schön den Finnen zuzuhören, aber vermutlich nur weil ich mich hier pudelwohl fühle. Wenn sich zwei Finnen am Nachbartisch unterhalten ist es einfach eine angenehme, schöne Hintergrundmusik - wäre ich in Todesangst in einem Slum von Caracas (oder so), dann würde mich deren Unterhaltung vermutlich in den Suizid treiben. Man versteht wirklich gar nichts. Bisher habe ich eine Handvoll Worte wiedererkannt: Kioski, Hotelli oder meinetwegen noch Apteekki (letzteres bedeutet Apotheke und ist ja schon fast abwegig). Aber nicht alle Worte mit fremdländischer Herkunft haben die Finnen einfach übernommen, zum Beispiel bedeutet „Kahvia“ Kaffee und „Kahvila“ Café.
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Im Anschluss an den Mittagsimbiss stromerten wir durch die hölzerne Altstadt und versuchten Fotos zu machen, auf denen kein Touri im knallroten Hemd zu sehen ist. Die Sonne gab alles was sie hatte. Auf dem Weg zum Wasserturm, der im Dachgeschoss eine Aussichtsplattform samt Restaurant beherbergt, fotografierte Annika eine historische Fassade. Das nahm eine geschäftstüchtige Bewohnerin des Hauses zum Anlass uns hereinzuschleifen und ihren Laden und ihre Spezialitäten zu zeigen: Spitze knüpfen. Yeah. Das war natürlich voll unser Ding und irgendwie kamen wir da nicht mehr raus. Rauma war offenbar in den 1850er Jahren das Epizentrum feinster Spitze, und diese Tradition wird bis heute weitergeführt. Leider gefiel uns absolut gar nichts, was im Laden feilgeboten wurde, aber die Verschriebenheit und Leidenschaft der alten Damen weckten auch meinen Respekt - und mein Mitleid. Das kauft doch heute kein Mensch mehr. Weil ich mir nicht mal das Lesezeichen leisten konnte, kaufte ich eine wirklich fürchterliche Postkarte für 2€, die nun vermutlich mein Bruder Sönke zum Geburtstag bekommen wird…
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Zum Abschied von Rauma dinierten wir über den Dächern dieser schönen Stadt im Wasserturm. Bei fabelhaftem Wetter konnten wir bis zur Küste schauen und genossen die Wärme. Als Stellplatz für die Nacht wählten wir einen Sportboothafen, wo wir der Sonne mit einem Glas Wein und einer engen Partie Quixx auf Wiedersehen sagten, die natürlich Annika für sich entschied.
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steffenkaisson · 2 years
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Kustavi, 16.06.2022
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Die Finnen uns komisch
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Liebes Logbuch,
wer seine Reise nicht vernünftig vorbereitet wundert sich des nachts, wenn die Uhr eine Stunde vorgestellt wird. Irgendwie kamen wir erst spät zu liegen und der Wecker ging erbärmlich früh. Kaum saßen wir am Platz im Frühstücksrestaurant, da wurden wir schon per Durchsage dazu aufgefordert das Fahrzeugdeck aufzusuchen. Ich nahm mir aber Zeit, den Blick erneut über die anderen Fahrgäste, den Club der harten Jungs, schweifen zu lassen. Manch einer sah müde aus und meine blühende Phantasie malte sich Szenen aus der vergangenen Nacht aus, die wir verpasst haben mussten: Trucker: „Achja!? Ich bin mal durch Afrika gefahren, ohne zu schlafen!“, der Trucker schnupft etwas Salz, spritzt sich Zitrone ins Auge und trinkt einen doppelten Tequila, um seinen Bericht zu stützen. Holzfäller: „Achja!? Ich hab eine zweischneidige Axt - schon wenn ich aushole fallen die Bäume freiwillig um!“, er entfacht ein Streichholz an seinem Kinn und raucht eine Ungefilterte in nur einem Zug. Kein Wunder, dass die alle so maskulin und müde aussehen!
Annika steuerte die Barbara de Braganza in Naantali von Board und in Richtung Kustavi. Nach 90 Minuten Fahrt fanden wir dort ein öffentliches Meerbad vor. Hier konnten wir einen sonnigen, aber durch starken Wind ziemlich kalten Tag verbringen. Während wir, eingerollt in drei verschiedene Decken, versuchten die Sonne zu genießen, plantschten finnische Kleinkinder vergnügt im kalten Meer - stundenlang. Ein Finne betrachtete uns, wie wir dort als quietschbunte Fleecemumien im gleißendere Sonnenschein fröstelten, und lachte.
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Ein Badesteg mit Sprungbrett sowie eine öffentliche Sauna machten das ziemlich kalte Bad im Meer zu einem tollen Erlebnis. Die Gemeinde hält hier alle Einrichtungen top in Schuss und die Gäste scheinen respektvoll damit umzugehen. In der Sauna, in der die Finnen sich offenbar viel und laut unterhalten, lernten wir aufgeschlossene und freundliche Leute kennen. Nach dem Saunagang war der sanfte Abendwind eine nette Abwechslung und das Meerbad eine Wohltat.
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Gleich bei unserem ersten Tag in Finnland besuchten wir eine Finnische Sauna und sind uns jetzt bereits recht sicher was man tut und was man lässt: Man tut sich laut unterhalten mit jedem, den der Blick trifft. Man lässt seine Kinder ab etwa vier Jahren unbeaufsichtigt rein und raus, auch ins Meer, das können die. Man schüttet halbminütlich kellenweise Wasser auf den Saunaofen, immer in dreier Portionen „tsch-tsch-tschschsch“. Man stört sich nicht daran, dass die Sauna unter Wasser steht und der Elektroofen ein Seepferdchen-Abzeichen gut brauchen könnte - man vertraut auf gut isolierte Leitungen.
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Da man hier nicht übernachten durfte, fuhren wir eine weitere halbe Stunde nach Uimaranta, einem öffentlichen Bade- und Stellplatz. Auf den Autofahrten beobachteten wir heute ein Reh, eine Hirschkuh, einen Rotfuchs und auf einem Feld neben der Landstraße einen Feldhasen mit der Statur eines Keilers. Letzterer muss sich über einen Fuchs wohl keine Sorgen machen, eher andersherum. Gespannt warten wir aber noch auf einen Elch und bei jedem Verlehrsschild, das vor Wildwechsel warnt, jauchzen wir und fordern eine sofortige Elchsicht. Bislang ohne Erfolg.
Der Stellplatz wurde von einem Naturstein gebildet und lag idyllisch inmitten eines Birken- und Kiefernwaldes. Wir gönnten uns ein Landebier und reichlich Wasser, dazu wurden Nudeln mit Schinken-Sahne-Pilzsauce gereicht. Auf einem Abendspaziergang begleiteten uns Buchfinken mit lautem Gezwitscher und Libellen jagten sich einen Abendsnack.
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Nachreichen muss ich noch den Namen der blau-lilafarbenen Blumen an Ales Stenar: Feldrittersporn, danke an Schwiegerbirgit! Und die Reparatur des Waschbeckens war zu 95% erfolgreich, es tropft noch ein wenig, aber mit einer Schale darunter kann es vorsichtig genutzt werden. Danke fürs Lesen bis hierher!
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steffenkaisson · 2 years
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Motala und Kapellskär, 15.06.2022
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Treffen in Turku
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Liebes Logbuch,
auch heute habe ich länger geschlafen als Annika und es scheint als sei der Lehrling nun besser als seine Meisterin. Wir erwachten in strahlendem Sonnenschein direkt in erster Reihe am Vättern See. Noch vor der Friesenmischung sprang ich (oder plumpste ich, wenn man die Athletik beurteilen will) vom Pier in den See. Es war arschkalt und ich kam schnell wieder raus.
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Der Seewind blies uns beharrlich wach und drei Möwen krakelten um die Wette, während wir im Freien frühstückten. Es versprach ein großartiger Tag zu werden. Der Platzwart drehte seine tägliche Runde und prüfte unser WoMo auf Herz und Nieren, wohingegen böse Zungen behaupten er habe bloß etwas Essbares gesucht.
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Den Vormittag verbrachten wir im Stile zweier Spitzenurlauber: Sonnenbaden, Lesen, Weinchen trinken (für mich als designated driver ein alkoholfreies Bier). Mittags ließ ich mich nochmal in den See fallen, danach ging der Volkssport „Ver- und Entsorgung“ in eine neue Runde. Ohne grobe Fehler absolvierte ich die Fäkalienentsorgung, erhielt eine solide Punktwertung von der Jury, und steuerte anschließend das WoMo in Richtung Kapellskär (das ist ein Hafen in der Nähe von Stockholm). Auf halber Strecke verließen uns allerdings die Kräfte und wir mussten auf einem Rastplatz unsere Variante des Kraftriegels für Facharbeiter, Spaghetti Bolognese, einnehmen.
Im Hafen von Kapellskär waren wir heilfroh, dass wir diesmal nicht mit der TT-Line fuhren, sondern mit einer Fährgesellschaft, die Organisation nicht als irgendein neumodisches Feng-shui-Gedöns abtut. Die Finnlines punkteten durch fachkundiges Personal am Checkin. Da meine Blase drohte mich wie eine Wasserbombe platzen zu lassen, übernahm Annika das Steuer und fuhr auf die Rampe (diesmal auf Anhieb die richtige, es wurde sich ja gekümmert). Während ich also auf dem WoMo-Klo vor Erleichterung nur so zerfloss, wies ein bärtiger Finnlines Finne Annika auf dem Parkdeck ein. Er winkte sie heran an das davor parkende Fahrzeug, noch näher, noch näher, NOCH NÄHER, noch näher….jaaa noch ein bisschen näher…noch näher! Dann zückte er eine Shimstockfolie und testete, dass sie sich gerade noch drucklos zwischen Annikas Nummernschild und dem des Vordermanns durchziehen ließ - er war zufrieden. Und sogleich winkte er Annika vehement zurück, zurück, zurück, WEITER ZURÜCK!, noch weiter, weiter, bisschen weiter, ja und jetzt in eine völlig andere Reihe, hier bitte parken, alles von vorne, danke. Frei nach Loriot: Herr Einweiser, dürfen wir Sie vielleicht wo einweisen?
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Liebes Logbuch, es ist nun 00:33 Uhr nachts und ich gebe die folgenden Zeilen zu Protokoll: Die Fahrgäste auf dem Finnswan sind zu 99% männlich und zu 100% kernig. Auf dem ganzen Schiff sind drei Frauen: Eine Bedienung, Annika und ein Mitglied von Motorcycle Club Helsinki in Kutte - und alle drei würden mich im Armdrücken besiegen. Die männlichen Fahrgäste scheinen allesamt beruflich unterwegs zu sein: Holzfäller, Trucker, Ölplattform-Metallbauer, Eisenbieger und Tätowierer. Jeder einzelne ist eine pure Augenweide: Ein Berufskraftfahrer hat Körpergröße und Statur, als würde er seinen LKW persönlich an Deck ziehen. Der nächste BKF ist so fettleibig, dass ich mich ernsthaft fragen muss wie er überhaupt aus seiner Kabine herausgekommen ist. Neben dem obligatorischen Landschweden in blauer Arbeitshose, mit Snus-Tabak unter der Oberlippe und halboffenen Lederschuhen sitzt ein zwielichtiger Slawe mit Goldkette, gebrochener Nase und nervösem Blick. Der nächste Fahrgast ist zwei Meter groß, hat einen bis zum Bauchnabel reichenden Ziegenbart und macht den Eindruck, als trinke er seinen abendlichen Met aus einem Elchschädel. Sie alle stehen artig am Buffet an und warten, dass sie beim Gürkchensalat an der Reihe sind. Annika lässt den Blick schweifen und kommentiert: „Rustikal“. Das beliebteste Getränk ist ein großes Bier vom Fass, Platz zwei teilen sich ein Glas Milch und die Kombination der beiden genannten. Und eine Sache ist allen Fahrgästen gemeinsam: Sie tragen keinen Mund- und Nasenschutz. Auf dem gesamten Schiff tut das keine Menschenseele. Und jetzt stell dir vor wie Annika und ich, die menschgewordenen Latschenkiefer mit Softshelljacke und medizinischer Mund- und Nasenbedeckung den Speisesaal betreten: Ein stumpfes Edelstahlmesser fällt klappernd zu Boden, Gespräche verstummen, alle glotzen uns an. Schüchtern nehme ich mir einen Teller, stelle mich an und kann mich nicht sattsehen. Irgendwie erwarte ich jeden Moment, dass in der Warteschlange einer raunzt: „Achja!?“ und seinem Nebenmann ein Plastiktablett über die Rübe zieht. Glücklicherweise gibt es auf dem Finnswan keine Tabletts - gut gespielt, Finnlines, gut gespielt.
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Am Buffet bediene ich mich reichlich am Meeresteller: Eingelegter Hering, Hering in Tomatensauce, Lachssalat, Miesmuscheln mit deftigem Knoblauchsud, Fischrogen, Flusskrebse - einfach herrlich. Viel zu spät bemerke ich, dass ich stinke wie eine Möwe, die sich in der Gasse hinter einem neapolitanischen Fischrestaurant am Abfalleimer gütlich tat. Irgendwie muss Annika damit gerechnet haben, denn unsere Kabine hat kein Doppelbett, sondern Einzelbetten, die einen geschätzten Kilometer Abstand zueinander haben.
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Annika fragt, ob ich noch ein gezapftes Bier an der Bar trinken möchte. Kurz überlege ich, es klingt verlockend. Aber irgendwie geht meine Fantasie mit den Pferden durch und ich muss mir immerzu Konsequenzen eines Gelages mit oben beschriebenen Raubeinen ausmalen. Sie enden alle damit, dass Annika mich morgen früh entweder tätowiert und stockbesoffen an der Bar auffindet oder mit ausgeschlagenen Zähnen aus der Rettungswestenkiste zieht. Also verkrümeln wir uns in unserer Kabine mit den kilometerweit auseinander stehenden Betten. Zum Frühstück, nehme ich mir vor, esse ich ausschließlich geruchsneutrale Lebensmittel wie Brot, Brötchen oder Toast. Sonst muss ich morgen alleine im Alkoven schlafen.
Morgen erreichen wir Turku an der Westküste Finnlands. Wir sind voller Vorfreude!
P.S.: Jetzt schau dir diese raubeinigen Finnen an! Windstärke von 10.000 Knoten und der sitzt da in kurzen Hosen. Die spinnen.
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steffenkaisson · 2 years
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Värnamo und Motala, 14.06.2022
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Hör mal wer da klempnert
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Liebes Logbuch,
heute habe ich geratzt wie ein Murmeltier. Um 10 Uhr schließlich weckte Annika mich, weil ich schlafenderweise rückwärtig die Wand hochrutschte und mein Nacken offenbar einen zunehmend ungesunden Winkel bildete. Völlig desorientiert wälzte ich mich in den Tag. Um es mir zu erleichtern öffnete Annika beide Fenster, sodass mir die strahlende Morgensonne die Augen öffnete und der frische Waldwind um die Nase wehte. Das war wirklich herrlich und es wurde noch herrlicher, weil Annika ruckzuck die Friesenmischung in die Becher zauberte.
Wirklich romantisch wurde es jedoch erst im Anschluss an das Frühstück. Den restlichen Vormittag verbrachten wir zu zweit im Bad, wo das rissige Waschbecken dem Siphon eine nicht zu lösende Aufgabe stellte. Der Unterschrank lief voll Wasser, das sich schließlich seinen Weg auf den Teppich bahnte. Für diese Fälle hat Schwiegerwolfgang immer eine Tube Epoxidharz in der Garage des Wohnmobils. Wir riefen ihn an und besprachen das Prozedere („Gas, Wasser, Scheiße Schwiegerwolfgang, Abteilung Fernwartung, wie kann ich heute helfen?“). Während eines Videocalls klebte Annika die Risse: Ein Handy filmte die rückwärtige Wand während das zweite Handy ausleuchtete und Annika mit einem Wattestäbchen „über Spiegel“ den Klebstoff aufbrachte. Morgen werden wir berichten ob die Operation erfolgreich verlief.
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Danach mussten wir aber dringend raus an die frische Luft: Am Näsudden Badeplatz suchten wir uns ein windgepeitschtes und sonniges Plätzchen. Ein Bad im See weckte Lebensgeister.
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Nachmittags führte unsere Route uns weiter nordwärts. In Motala am großen Vättern See parkten wir auf dem wirklich hübschen Stellplatz des Segelvereins. Unter argwöhnischer Beobachtung kreischender Sturmmöwen schlemmten wir Schlümo-Auflauf (Kartoffel, Zucchini, Paprika, Olive, Frühlingszwiebel, Hack, Feta). Im Sonnenuntergang schmeckten auch Wein und Bier besonders lecker.
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⬆️ Am abendlichen Spaziergang lernten wir auch den Platzwart kennen, der sich fortwährend aggressiver Sturzflüge kleiner Wasservögel erwehren musste.
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Morgen möchte ich im Vättern baden. Mittags fahren wir nach Stockholm und nehmen die über-Nacht-Fähre nach Turku.
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steffenkaisson · 2 years
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Sandhammaren und Stenshuvuds Nationalpark, 13.06.2022
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Was nützt das Bier in Gedanken?
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Liebes Logbuch,
heute konnten wir uns ausschlafen und den Tag mit einem regelkonformen Urlaubsfrühstück beginnen: Da dürfen zwei Becher Ostfriesenmischung nicht fehlen, das ist wichtig. Anschließend verbrachten wir einen sonnigen Vormittag am herrlichen Strand von Sandhammaren. Es ging eine steife Brise, aber wir hatten die Strandmuschel dabei und konnten lesen und entspannen. Fürs Baden war das Wasser allerdings entschieden zu kalt!
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Nachdem ich hier meinen köstlichen Kaffee verzehrt hatte - leckere Röstaromen, ein Hauch Schokolade, zarte Nuss- und Holznote - bekam ich einen Japp auf Bier, wie man in Bremen zu sagen pflegt. Meine Bierschnute machte jedoch ein ziemlich langes Gesicht, als ich feststellte, dass wir das Bier im Kühlschrank vergessen hatten. Meinen traurigen Blick kommentierte Annika mitfühlend: „Was nützt das Bier in Gedanken?“
Zum Mittagessen gönnten wir uns ein schnelles Focaccia aus dem Hause Lidl, das so widerwärtig mit Knoblauch überwürzt war, dass Annika kurzerhand Diät hielt. An Erlebnissen wollten wir aber nicht sparen und fuhren anschließend zum Stenshuvuds Nationalpark.
Unterwegs passierten wir malerische Dörfchen mit weiß verputzten Dorfkirchen und Friedhöfen, auf denen die Grabsteine mit Pflöcken gegen die starken Küstenwinde abgestützt werden. Kurz vor unserem Ziel wässerte ein sanfter Sommerregen die Felder und brachte die Landstraße zum Dampfen. Schließlich erreichten wir einen der 29 schwedischen Nationalparks, der fast das gesamte Erdbeerfingerkraut des Landes beherbergt (was auch immer das sein soll).
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Besonders macht den Nationalpark, dass er zehn verschiedene Landschaftsformen beherbergt. Von Felsenküste über Sandheide bis Torfmoor. Die Artenvielfalt ist daher besonders hoch. Damit das so bleibt wird einiges unternommen, etwa wird regelmäßig (brand-)gerodet und Kühe geben ihr Bestes die Wiesen frei zu halten.
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Wir wanderten einen fünf Kilometer Rundweg und schauten uns die zehn Gestaltformen der Küstenlandschaft an. Bei sonnigem und windigem Wetter genossen wir die Ruhe und so manchen Ausblick.
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Das Wappentier des Nationalparks ist die Haselmaus, aber es gibt auch Zauneidechsen, Jagdspinnen, Springfrösche und diverse seltene Vogelarten können beobachtet werden. Sie alle haben wir zwar nicht erblickt. Aber dafür sind wir meinem Lieblingstier gleich mehrfach begegnet, dem Mistkäfer. Während alle Angeber enorm viel Aufhebens um ihre tödlichen Giftzähne, ihr buntes Gefieder oder ihre Sprungkraft machen, räumt der Mistkäfer in Seelenruhe den Wald auf. Gemächlich, aber zielstrebig kämpft er sich auf den von Urlaubern ausgetretenen Pfaden, vorbei an zertrampelten Artgenossen immer weiter, immer weiter, zum nächsten Misthaufen. Manche sagen, der Mistkäfer war gerade selbst auf Klo, als der Schöpfer die Aufgaben verteilte. Andere sagen, der Mistkäfer hat einfach deftig einen an der Mappe, weil er Waldbeeren und Pilze links liegen lässt und stattdessen Kot zu kleinen Kugeln rollt. Lieblingstier bleibt Lieblingstier. Hätte Noah mich damals auf seine Arche eingeladen und mich dazu angehalten zwei meiner Lieblingstiere mitzubringen und vor den Fluten in Sicherheit zu bringen, dann wäre ich der sonderbare Typ (neben all den Leuten mit Kater und Katze oder Hund und Hündin auf dem Schoß) mit einem leeren Marmeladenglas, in dem zwei Mistkäfer emsig einen gelben Dachskot zu kleinen Bällchen rollen, gewesen.
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Zum Abendessen machten wir uns Spaghetti Bolognese. Anschließend fuhren wir drei Stunden nordwärts nach Värnamo. Auf halbem Wege zum Vätternsee, den wir mit unseren SUPs erkunden wollen, hielten wir zur Geisterstund und gönnten uns ein halbes Landebier.
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steffenkaisson · 2 years
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Travemünde - Trelleborg, 12.06.2022
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Schatz, ich hab das WoMo geschrumpft
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Liebes Logbuch,
in einer perfekten Welt klingelt der Wecker nicht um 05:50 Uhr. Erst recht nicht im Urlaub. In unserer Welt sind leider Zeit und Geld begrenzt und so kam es wie es kommen musste.
Bis zum Terminal der TT-Lines lief alles nach Plan, doch dort hatte nichts und niemand einen Plan: Ein weitläufiges Hafengelände ohne Wegweiser und Bodenmarkierung, vom Personal keine Spur. Geblendet vom Sonnenaufgang stellten wir uns ohne Wendemöglichkeit in die einzige Warteschlange der Reederei. Durch die universelle Abwesenheit von Information waren wir nicht als einzige verunsichert: Es dauerte keine fünf Minuten, da stromerten unruhige Urlauber über das Pflaster und suchten verzweifelt nach den per E-Mail angekündigten Checkin-Terminals. Eine Mutter und ihre erwachsene Tochter zerstritten sich dann auch prompt und gingen getrennte Wege. Samstags passiert nichts Gutes vor 10 Uhr! Merk dir das.
Einige Zeit später scannte eine introvertierte Schülerpraktikantin mit Gelnägeln unser Onlineticket, allerdings ohne uns zu sagen wohin wir fahren müssen. So fuhr Annika frei nach Schnauze durch ein unaufgeräumtes Hafengelände. Die Fähre war von Weitem zu sehen und wir strebten ihr zu. Nach einer viel zu langen Zeit erblickten wir endlich eine Mitarbeiterin. Annika fuhr das Fenster herunter: „Da rein?“, fragte sie und wies auf die Rampe, die unmittelbar vor uns lag. Die Mitarbeiterin winkte ab. Annika fuhr los und wurde zwei Momente später unter wildem Gepöbel zurück gerufen, weil wir die obere Rampe hätten nehmen müssen. „IF YOU DON‘T KNOW WHERE TO GO YOU HAVE TO ASK!“, keifte das Biest in Warnweste und machte zeitgleich vier Standpunkte deutlich:
1. Sie ist kein Morgenmensch.
2. Sie sucht Fehler ungern bei sich selbst.
3. Sie spricht gar kein Deutsch. „Abwinken ohne gegenseitiges Verständnis“ war jetzt vielleicht gar nicht so unbedingt die allerbeste Idee.
4. Sie ist super angefressen, weil ihre vier nasebohrenden Kollegen auf der oberen Rampe Peniswitze erörtern und sie mit den dämlichen deutschen Touristen allein gelassen wird.
Beim Wendemanöver wich Annika geschickt zwei 7,5-Tonnern aus und dann verstanden wir, dass wir um ein Haar auf dem Deck der Berufskraftfahrer abgeparkt hätten. Meinem Erfahrungsschatz wäre die Überfahrt im Offizierskasino bei den BKF Kollegen sicherlich zuträglich gewesen.
Auf dem Schiff „Nils Holgersson“ schlemmten wir uns durch ein Frühstücksbuffet. Ich war recht angetan von der Fischplatte, Annika eher weniger, aber ich musste ja auch mal für etwas gut sein. Bei feinstem Wetter ließen wir es uns gutgehen und warteten sehnsüchtig auf die Ankunft in Schweden.
Nicht verschweigen kann ich die historische Pleite in Norway Yahtzee. Es wird Urlaubstradition, dass Annika mich nach Strich und Faden verdrischt, und heute gewann sie mit dem bisher höchsten Punktwert von 70 (und ich hatte 29…). Spaß macht es trotzdem irgendwie, das könnte an den knuffigen Symbolen, den Papageientauchern, Trollen usw. liegen.
Anschließend holten wir uns schwedische Klassiker zum Mittagsmahl im Boardrestaurant, denn die Mensa bei Birgit stand ja leider nicht zur Verfügung. Annika gönnte sich Köttbullar, für mich gab es Lachs. Beim Verzehr entdeckte Annika einen Marienkäfer, der sich in das Schiff verirrt hatte und verzweifelt am Fenster rauf- und runterkrabbelte. Sie verwahrte ihn kurzerhand in unserer Yahtzee Schachtel, taufte ihn auf den Namen Gustav und auf einer Mohnblume in Ales Stenar wurde er im Freien abgesetzt.
Ales Stenar ist der Name dieses Ortes, den er 1624 von einem Pfaffen erhielt:
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Diese Steine wurden um 500 nach Christus in Form eines Schiffrumpfes aufgestellt. Dazu verwendete man auch ausgebuddelte Steine aus Hügelgräbern. Was auf den ersten Blick wie eine Kultstätte oder Kunstwerk aussieht, ist tatsächlich ein bis ins Detail ausgetüftelter Kalender. Mithilfe der Steine konnten Monate oder die Wintersonnenwende abgelesen werden. Von See aus dienten Ales Stenar den Seefahrern als Orientierungspunkt. Das sah alles sehr beeindruckend aus: Ein malerischer Ausblick über eine von Mohnblumen bewachsene Steilklippe auf das Meer, dessen Rauschen bis zu den Steinen heraufdringt. Natürlich konnten wir kein Foto mit dem gesamten Weltkulturerbe machen, ohne dass mindestens ein Touri mit quietschrotem Hemd im Weg stand, logisch. Und natürlich können sich die Damen und Herren Archöologinnen nicht damit nicht zufrieden geben, dass irgendein wikingerisches Mastermind mit einer Lebenserwartung von vielleicht 12,4 Jahren und null Bildung einen bis aufs letzte Detail präzisen Kalender erschaffen hat, der Jahrhunderte überdauert: Verzweifelt suchen sie nach Gebeinen einer vermeintlichen Kultstätte - und heulen rum, weil sie keine finden können. Nur so eine Idee von mir: Vielleicht war es den Menschen im Jahre 500 schlicht ein wichtiges Anliegen zu wissen wann sie ihre Saat ausbringen und die Ernte einholen müssen, um nicht zu verhungern? Weshalb sie dann all ihre Ressourcen gebündelt haben um dieses Meisterwerk zu erschaffen, statt ihre Toten mit Meerblick zu bestatten? Kleiner Auszug von der Touristeninformationstafel: „Nur weil wir hier keinerlei Anzeichen von rituellen Handlungen und Bestattungen finden können, bedeutet es nicht, dass es diese hier auch nicht gegeben hat.“ Ihr bringt mich echt auf die Palme, sucht doch die rituellen Handlungen und Bestattungen erstmal vor eurer eigenen Haustür, ihr Spinner.
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Annika war sehr beeindruckt von Grenzgängern unserer Gegenwart, die die Luftströme an den Klippen mit ihren Segelsportmöppis nutzen um einem Unfalltod die Hand zu reichen.
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Die gesamte Klippe war dicht bewachsen mit Mohnblumen sowie lilafarbenen Blüten, deren Namen Birgit euch bei Interesse bestimmt nennen kann. Dieser Anblick war gleichermaßen schön wie unerwartet an der ziemlich rauen See.
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Als ich fertig war mich über Archäologen aufzuregen, die ihr sinnloses Dasein auf ihre Arbeit projizieren, fuhren wir weiter nach Sandhammaren. Hier erwartete uns ein fabelhafter, feiner Sandstrand mit von Gräsern bewachsenen Dünen.
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Leider war die Zufahrt zum Sandhammaren nur für Fahrzeuge bis 6 Metern Länge gestattet. Die gute Barbara hat nun aber eine Länge von nicht weniger als stolzen 7,23 Metern. Und jetzt muss ich erstmal etwas weiter ausholen. Kennt ihr Nils Holgersson?
Die Fähre trug ja den Namen von Selma Lagerlöfs Kinderheld, der auf dem Rücken einer Hausgans nach Lappland fliegt. Das nahm Annika zum Anlass mir zunächst die unsterbliche Filmmusik von Karel Svoboda vorzuspielen, die hiermit bitte als klare Hörempfehlung aufzufassen ist („Niiiiiiils Holgerssonnnnn, flieg mit den Gänsen davonnnn“). Anschließend hörten wir auch in das Hörbuch hinein, denn wenn man in Rom ist… Und so lernte ich, dass Nils Holgersson von einem Wichtel eine wirklich epische Backpfeife bekommt, die ihm zwar kurzzeitig Hören und Sehen vergehen lässt, ihn aber mittelfristig zu einem Däumling schrumpft. Als Däumling besteigt der kleine Antichrist die Gans und die Reise beginnt.
Und was soll ich sagen, als wir die Einfahrt zum Sandhammaren ansteuerten wurde Barbara von einem Wichtel so heftig geohrfeigt, dass sie doch tatsächlich um genau 1,23 Meter schrumpfte. Danach war es aber auch schon fast Zeit fürs Bett und wir genossen noch schnell den Sonnenuntergang am Meer mit dem obligatorischen Landebier.
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steffenkaisson · 2 years
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Singende Sirenen und Dosenbier
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Halver, 11.06.2022
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Liebes Logbuch,
es geht wieder auf große Fahrt! Wir steuern geballte 4,6 Tonnen Wohnmobil in nördliche Gefilde. Dieses Wunderwerk aus Alu und Plastik, Traum der Bausparer und Heckentrimmer. Nachdem wir uns monatelang nicht ein bisschen mit der Urlaubsplanung beschäftigt hatten, verbrachten wir sieben Tage vor der Abreise einen recht uninspirierten Nachmittag mit Internetrecherche über die Bretagne. Minütlich sank die Stimmung. Ohne Lust auf Urlaub in den Urlaub zu fahren ist widersinnig, befand Annika, und so planen wir (Stand heute) einen Kurzurlaub in Südfinnland.
Die mangelhafte Urlaubsvorbereitung hatte leider einen anstrengenden Abreisetag zur Folge: Waschen, aufräumen, spülen, packen. Was wir nicht wussten: Zur selben Zeit wusch, ölte, inspizierte Schwiegerwolfgang das Wohnmobil - inklusive einer Toilettenreparatur, ohne die der Urlaub wohl wirklich beschissen geworden wäre 💩. Den fantastischen Mittagstisch bereitete Schwiegerbirgit und einmal mehr überfraß ich mich daran. Das sollte ich mir besser abgewöhnen, denn der Sicherheitsgurt im Auto wirft neuerdings eine Speckfalte auf (und ich esse ja erst seit März regelmäßig beim Mittagstisch mit!).
Beim Wohnungsputz geriet ich bei Gedanken an den anstehenden Urlaub in Hochstimmung. Letztere bahnte sich per Sprachorgan ans Licht der Welt und zu Annikas Leidwesen gab ich meine von der Musikanlage begleitete Version von „Neonschwarz - on a journey“ zum Besten. Mein Bestes ist leider das Schlechteste der meisten anderen Menschen. Und eigentlich muss ich es gar nicht extra dazu sagen, aber die Mischung aus Rap, Sprechgesang und Gesang sollte grundsätzlich von niemandem gehört, geschweige denn in emotional labilem Zustand mit“gesungen“ werden. Denn was Marie Curry, Johnny Mauser, Captain Gips und Spion Y mit Mühe und Not als Musik oder wenigstens Kunst erscheinen lassen, ist eigentlich ein Angriff auf innere Ausgeglichenheit und gutbürgerliche Pauschalurlaube. Beim dritten Refrain klappten sich Annikas Fußnägel hoch und mit einem strengen Blick gab sie mir zu verstehen: Das ist schlimmer als damals, als Odysseus durch das Geschrei der Sirenen den Verstand verloren hat. Und wenn ich meinen Verstand nicht gebrauchen kann, wer denkt dann daran die Bettwäsche einzupacken? Ich jedenfalls nicht, und so spülte ich das restliche Geschirr tanzend statt singrappend.
Es folgte der Großeinkauf, dessen Ergebnis Wolfgang etwas kritisch beäugte. Vermutlich war er sich nicht sicher ob die zwei Paletten Dosenbier reichen. Er ist einfach sehr fürsorglich.
Um 21 Uhr starteten wir endlich Richtung Norden und die A1 meinte es gut mit uns. Ein paar Mittelspurbummler nervten, trotzdem erreichten wir Travemünde um 02:15. Leider mussten wir auf das von Schwiegerwolfgang proklamierte Landebier verzichten, weil der Wecker bereits auf 05:50 Uhr programmiert war: Die Fähre nach Trelleborg stand quasi schon bereit.
Morgen erzähle ich weshalb Stonehenge sich totgelaufen hat, man für perfekte Sandstrände gar nicht in die Südsee muss und wie das WoMo um 1,23 Meter schrumpfte.
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