Tumgik
#Dear2020pleasegofuckyourself
Text
ALS
Da ist nun also der Blogeintrag, den ich seit gut anderthalb Jahren vor mir herschiebe. Denn genau so lange hatte meine Mutter ihre Diagnose ALS bis sie am letzten Sonntag verstarb. Dieser Blogeintrag ist nun also unaufschiebbar geworden. 
Die Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose ist für viele Menschen unbekannt. Ich lernte sie das erste Mal während meiner Ausbildung kennen, lernte dann auch Patienten in der Praxis damit kennen. 2011 gab es die Icebucket-Challenge - manche erinnern sich vielleicht noch daran. Ja, diese dämliche Challenge sollte auf die Krankheit aufmerksam machen und es sollten Spenden für die weitere Erforschung dieser Krankheit gesammelt werden. Stephen Hawking hatte auch ALS. Nie im Leben hätte ich erwartet, dass meine Mutter ebenfalls diese Krankheit hat/bekommt - im April letzten Jahres geschah es dann aber doch. 
Normalerweise wird diese Diagnose bei mehr Männern als Frauen gestellt und meist weit über das 60. Lebensjahr hinaus - meine Mutter hatte damit also ihren ganz persönlichen “Lottogewinn”.
Ich möchte nun an dieser Stelle nicht ihren Krankheitsverlauf niederschreiben, sondern diesen Platz eher als Umgang mit meiner Trauer nutzen. Wer genauere Symptome etc. haben möchte, bemühe bitte eine Internetsuchmaschine.
Als sie “damals” (klingt, als sei es 100 Jahre her) die Diagnose bekam, war mir (naja, uns) sofort klar, dass sie mit der Diagnose nicht mehr lang zu leben hätte und ich trauerte damals schon. Innerlich. Für mich allein. Ich versuchte immer nach Außen hin besonders im Umgang mit meiner Mutter gut gelaunt zu sein, aber innerlich dachte ich oft an den Tag an dem sie nicht mehr da sein würde. Ich dachte darüber nach wie schwer es sein würde Dinge allein zu regeln und nicht meine Mutter um Hilfe fragen zu können. Nun ist es soweit.
Aufgrund der Prognose und des schlechten Verlaufs der Krankheit hat sie den richtigen Moment gewählt zu gehen. Sie schlief einfach ein. Weh tut es trotzdem, aber es gibt mir immer mehr Trost, dass sie so friedlich ging. Ich weine kaum noch. Es wäre auch egoistisch gewesen sie länger "hier" behalten zu wollen, da muss ich an sie denken und akzeptieren, dass es so ihr Wunsch war. Sie wollte uns nicht zur Last fallen.
Es haben sich einige Menschen gemeldet, um ihr Beileid zu bekunden. Über soziale Netzwerke - spannend, wie einfach es sich manche Leute so machen. Es meldete sich auch eine ehemals sehr gute Freundin wieder, ich fühle mich allerdings noch nicht bereit mich bei ihr zurück zu melden. Falls Du das hier liest: ich werde mich melden, aber gib mir bitte Zeit. Ich weiß nicht, ob ich es so sagen darf, aber so langsam nerven mich die ganzen Nachrichten. Jedes Mal versetzt es mir wieder einen Stich. Ich weiß ja, dass sie sich melden, um zu zeigen, dass sie an mich bzw. uns denken, aber dennoch tut es jedes Mal wieder weh.
Mein Freund gibt mir in dieser schwierigen Zeit viel Halt. Ich glaube, er hat gemerkt, dass es mir nicht hilft in Watte gepackt zu werden und darum versuchen wir irgendwie normal weiterzumachen.
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