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Depression.
Jetzt, da ich wieder an dem gleichen Punkt gelandet bin, erinnere ich mich wieder daran, warum Depressionen so schrecklich sind: Es gibt keinen spezifischen scharfen, stechenden oder pochenden Schmerz, da ist kein Gefühl. Das ist der Zustand, nach dem Menschen suchen, wenn sie bestimmte Drogen nehmen, um zu vergessen; aber die wissen genau, dass dieses Gefühl abklingen wird.
Depression ist nicht erholsam, sie ist grauenvoll. Da ist niemand in deinem Körper, der Schmerz wahrnehmen könnte. Da ist nichts, ein leerer Platz; wer auch immer du warst, wer in deiner Haut gelebt hat, hat das Gebäude verlassen, ist verschwunden. Ich kann mich verschwommen daran erinnern, dass ich einen schnellen Geist hatte, einen geschickten Verstand, Einfühlungsvermögen; es fühlt sich an, als würde ich über einen entfernten Verwandten sprechen.
Menschen erinnern dich an Dinge, die du geschafft hast - ich bin sicher das stimmt - aber ich war damals jemand anderes, nicht dieses Ding. So fühlt es sich in der Realität an, aber ich weiß, dass es nicht wahr ist, es ist auch nur ein Symptom der Krankheit.
Dieses neue „Ich" kann nicht lesen, es ist nicht lustig, es kann nicht wirklich sprechen, aufstehen oder Spazieren gehen. Dieses Mal habe ich keine Angst vor der eigentlichen Depression. Ich habe sie studiert und weiß, womit ich es zu tun habe. Ich habe keine Angst, dass ich mir das alles vielleicht nur einbilde und mich eigentlich selbst daraus befreien müsste.
Nachdem ich das gesagt habe: Angst ist ein Symptom der Krankheit. Ich bin im totalen Notfallmodus, weil die Chemie meines Körpers im totalen Notfallmodus ist, nicht wegen irgendeinem Ereignis außerhalb meines Körpers, sondern weil die Chemikalien angefangen haben, mein Gehirn zu überschwemmen und Chaos verursachen.
Du kannst dir zwar selbst vergeben, aber die Depressionen hast du trotzdem immer noch. Du kannst dir deinen Weg aus dieser Krankheit einfach nicht herausdenken. Nicht du hast sie, sondern sie hat dich. Ich weiß, dass meine Gedanken Symptome der Krankheit sind. Deswegen stelle ich mir immer, wenn eine mentale Bombe mit einer Nachricht voll Selbsthass explodiert, vor, dass sie eine dysfunktionale Zelle ist, die zu einem Tumor heranwächst.
Ich habe mich gestern dazu gezwungen spazieren zu gehen und jeder Schritt hat sich angefühlt, als würde ich durch die Erde fallen, aber ich habe mir wie eine gute Mutter zugeredet und gesagt, wie gut ich das mache und dass schon die Tatsache, dass ich draußen bin, ein Triumph ist. Ich fürchte mich, aber nicht davor, meinen Verstand zu verlieren. Denn ich weiß, das sind die Depression und die Symptome, die mit ihr einhergehen.
Ich kenne dieses Monster, ich habe es studiert und weiß, wie tief es in mir verwurzelt ist und dass es mir meine Energie raubt. Ich weiß das alles und dennoch wiederholt sich diese Hymne der Depression immer wieder in meinem Kopf: „Wie lange wird das dauern? Wie lange wir das dauern?"
Es fällt mir schwer, das hier zu schreiben, Worte und Sätze dafür zu finden, denn es fühlt sich so an, als würde niemand dieses Schiff lenken - wer schreibt das hier dann? Ich dränge mich selbst dazu weiterzumachen, damit ich mich daran erinnern kann, wie es aussieht, wenn es aufgeschrieben ist. Und damit jeder andere, der unter dieser Krankheit leidet, weiß, dass er sich das alle nicht einbildet. Ihr seid nicht zu nachsichtig mit Euch selbst (mit diesem Gefühl kämpfe ich immer noch).
Es ist genau das, was auch auf der Flasche steht: Gift, erschreckend und eine totale Mumifizierung im Nichts. Das ist körperlich und ein Teil deines Gehirns macht das, was es immer tut: Es versucht einen Grund dafür zu finden.
Bei anderen Krankheiten gibt es eine Erklärung dafür, dass du dich schlecht fühlst - du sagst dir vielleicht: „Natürlich fühle ich mich schrecklich, ich habe eine Infektion, einen Virus, Krebs" (such dir was aus). Bei Demenz bist du vielleicht wenigstens der Letzte, der merkt, dass etwas nicht stimmt; aber bei Depressionen bist du dir bewusst, dass du weg bist, und dass das, was von dir übrig ist, ein Autopilot ist. Der lenkt dich vielleicht noch ins Bad und lässt dich Essen finden - das ist aber auch schon alles.
Ich fühle mich, als wäre ich auf einem sinkenden Schiff und dieser Text ist mein Notruf.
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