Tumgik
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Kälte
Es war schon spät und der lindgrüne Vorhang bewegte sich sanft im Wind der durch das offene Fenster pfiff. Eine kälte erfüllte den Raum und es war totenstill. Plötzlich wurde das Fenster, leise und fast unbemerkt aufgeschoben. Der Raum spiegelte sich in der Scheibe wie auf der dunklen Oberfläche eines Sees der in seinen Tiefen zahllose Ungeheuer beherbergte. Hans war erwacht und blickte schlaftrunken zu seinem Fenster, dass sich nun langsam aber immer mehr öffnete. Zu sehr als dass es nur der Wind sein könnte. Er hielt den Atem an und kauerte sich auf seinem Bett zusammen. Starr vor Angst und mit starrem Blick auf das Fenster versuchte er ruhig zu bleiben, denn selbst wenn er hätte schreien wollen, er wäre nicht im Stande dazu gewesen. Zu groß war die Furcht vor dem was dort passierte. Und jetzt sah er es. Eine bärtige Fratze blickte vorsichtig in den Raum, die obere hälfte des Gesichtes mit einer Maske verdeckt die aussah wie eine zerfetzte Wollmütze. Hans war regungslos vor Angst und er begann unkontrolliert zu zittern. Die Luft war schwer wie Blei und Sekunden fühlten sich wie Stunden an. Als sich ihre Blicke trafen lächelte der Mann sanft und sagte:” Hab keine Angst, ich tu dir schon nichts.” Sein Atem gefror während er sprach und dampft quoll aus seinem Mund wie bei einem Drachen der gerade zum Feuer spucken ansetzte. Er streckte sich durch das offene Fenster und kletterte in den Raum, bereit ihn mit Haut und haaren zu verschlingen. Hans sprang auf, er wollte weglaufen, aber es war zu spät. Der Eindringling machte einen großen Satz nach vorn und schnappte sich den Jungen. Er hielt ihn in einem festen Griff und drückte ihm seinen Lederhandschuh auf den Mund . Tränen schossen aus Hans Augen und er versuchte sich zu befreien aber es war zwecklos. Der Mann mit der Maske zog Hans zum Fenster und flüsterte:” Ich bringe dich ins Wunderland, es wird dir gefallen”. Er schleifte ihn durch den dunklen Vorgarten und sperrte ihn in einen weißen Lieferwagen. Die Tür des Autos fiel ins Schloss und der Motor heulte auf. Dann fuhren sie in die tief schwarze Nacht. Am nächsten Morgen fanden sie das Zimmer leer vor. Das Fenster noch immer weit aufgerissen und von einer kälte erfüllt die jegliche Hoffnung verschluckte.
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