steffengiselasson
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Bettland 2024
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steffengiselasson · 7 months ago
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Freitag, 16.08.2024
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Annika Moser aka Coin coin bling bling bling girl
Liebes Logbuch,
ich werde alt.
In den letzten zwölf Monaten musste ich gleich drei Fachärzte konsultieren. Wobei ich da eigentlich gleich konkretisieren sollte, dass ich den Ohrenarzt nur besuchte, um feststellen zu lassen, dass mein Gehör mehr als tadellos ist. Dieses Attest benötigte ich händeringend, weil Annika die Meinung vertritt ich höre schlecht. Ich werde nicht müde zu wiederholen, dass Herr Dr. Ohr konstatierte: „Wenn Sie noch besser hören möchten, dann sollten Sie eine andere Spezies werden - ein Delfin vielleicht.“ Aber ich schweife ab!
Die anderen Fachärzte mussten mein Leben oder wenigstens grundlegende Körperfunktionen retten, was ich auf keine andere Ursache als das Altern zurückführen kann. Mein quasi alkoholfreier, nahezu veganer und sportlich-aktiver Lebenswandel lässt im Grunde keine anderen Schlüsse zu. Jedenfalls hatte ich ja letzte Woche diese besorgniserregenden Bauchschmerzen im Bereich des Colon ascendens, was mich dazu bewegt nach unserer Rückkehr mein Testament zu verfassen. Der Verschleiß zeigt sich aber leider nicht nur an gräulichen Barthaaren (wenn ich das mal Bart nennen darf), sondern neuerdings auch an Schlaflosigkeit. Ein trauriger Scherz, oder? Dass wir über Bettland nach Restland reisen, ich morgens um 04:30 Uhr aufwache und nicht mehr einschlafen kann.
Wenn man es andersherum dreht, halte ich es ebenfalls für möglich, dass sich meine Körperzellen schlichtweg meinem Lebenswandel anpassen. Meiner These zufolge verstärken folgende Verhaltensweisen das Altern: Über die Regierung lamentieren, andere Generationen beneiden, Vermeidung von Alkoholexzessen (weil die Angst vor dem Kater den Spaß am Rausch um Zentner überwiegt) und, zuletzt genannt, jedoch am Schwerwiegendsten - fortgeschrittenes Desinteresse am eigenen Erscheinungsbild. Sobald ich das Testament fertiggestellt habe, und das kann nicht besonders lang dauern, da ich wenig besitze und sowieso Annika und die Katzen alles kriegen, werde ich mich der Frage widmen welchem Hobby ich fortan die frühen Morgenstunden ab 04:30 Uhr zuwende. Während Annika noch schlummert könnte ich entweder Modellbau betreiben, oder (und das favorisiere ich) Wutbriefe an Behörden schreiben. Wir werden sehen.
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Ich war also bereits unverschämt früh wach und konnte nicht weiter knacken, was einer lupenreinen Unverschämtheit des Universums gegen meine unbescholtene Person gleichkam. Aber es kam noch dümmer, pass auf. Alles begann mit der verkorksten Buffet-Erfahrung auf der Stena Flavia vor zweieinhalb Wochen.
Damals stellten wir fest, dass die Warteschlangen exorbitant lang waren, die sowieso recht eingeschränkte Essenszeit dadurch extra knapp wurde. Wie auf ein totes Pferd redete ich also auf Annika ein: Lass uns früh aufstehen und als erste zum Frühstück, dann können wir in Frieden speisen und uns noch ein zweites, friedliches dampfendes Heißgetränk einverleiben. Über vierzehn Tage war es morgens das Erste und abends das Letzte, was ich Annika mit einem heißen Kuss ins Ohr hauchte. Annika hingegen stellte sich immer die eine Frage: Heiligt der Zweck denn alle Mittel? Frühes Aufstehen ist eigentlich ein Kapitalverbrechen, das Mord nahekommt.
Jetzt geschah das Unglaubliche und Annika zeigte sich einverstanden um 07:45 Uhr aufzustehen und vor dem Duschen zum Frühstück zu gehen - das war eine faustdicke Sensation. Ich will ja nicht angeben, aber aus Annikas Mund kam das einem Liebesbeweis recht nah.
Wie dem auch sei, jetzt wälzte ich mich von vier Uhr dreißig bis sieben Uhr dreißig. Auf der Innenseite meiner Augenlider flackerten Bilder saftiger Frühstückswürste, die im eigenen Fett brutzelten, während spritzige Orangen zu dem Sound einer Dampf ausstoßenden Kaffeemaschine gepresst werden. Um halb acht schlich ich in die Dusche. Während ich mich duschte, hatte meine zunehmende Erregung rein gar nichts mit dem heißen Wasser zu tun, das in empfindliche Regionen prasselte - ich freute mich einfach so sehr auf den ersten Kaffee, die freie Auswahl, das ganze Morgengefühl. Ich war dann viel zu früh fertig angezogen, lief schnurstracks zum Restaurant - es war geschlossen. Frühstück gab es 8 Uhr deutscher, nicht lettischer Zeit. Auf dem Hinweg war das noch andersherum. Offenbar gilt immer die Uhrzeit des Zielhafens, und eigentlich wissen wir das seit unserer Finnlandreise, aber was soll ich sagen? Ich bin alt und vergesslich.
Jetzt ging ich den Gang nach Canossa, also zur Kabine 6119. Entgegen meiner Erwartung war Annika nicht halb so sauer wie ich dachte. So ist das im Leben, wenn man mit Pest rechnet und Cholera bekommt, dann kann man gar nicht wirklich traurig darüber sein.
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Endlich saßen wir mit vollen Tabletts im Frühstücksrestaurant. Nach einem Schluck Kaffee, dessen feinbittere Wärme mir wohliges Behagen schenkte, führte ich gerade eine erste Gabel Rührei zum Mund - doch ich wurde von einer Sicherheitsdurchsage unterbrochen. Aufgrund eines medizinischen Notfalls wird ein Arzt gebeten sich bei der Information zu melden, sofern ein Arzt unter den Passagieren sei. Annika und ich schauten uns etwas ratlos an. Ärzte sind wir ja im Grunde genommen nicht. Aber wenn sich sonst niemand meldet…? Im restlos besetzten Speisesaal war Stille eingetreten und alle Gäste beobachteten einander, ob sich endlich jemand erheben und sich als Arzt zu erkennen geben würde. Annika und ich warteten mit den anderen. Schließlich erhob sich eine Dame und marschierte entschlossenen Schrittes in Richtung Ausgang. Die Erleichterung unter den Gästen war spürbar - doch die Dame lief am Ausgang vorbei und steuerte die Kaffeemaschine an, um sich Nachschub schwarzen Golds zu verschaffen. Wieder wechselten wir einen Blick und überlegten, ob wir einer notleidenden Person eher helfen könnten als der durchschnittliche Ersthelfer. Glücklicherweise waren unsere Überlegungen nicht von langer Dauer, da am Nachbartisch ein Ärztepaar saß und sich der Situation annahm. Während der Arzt seinen vollen Frühstücksteller stehen ließ, erzählte die Ärztin (seine Frau) uns dann ganz fröhlich, dass er sich doch so auf das Frühstück gefreut hatte und nun sicherlich ziemlich angesäuert sei. Vermutlich hatte er, genau wie ich, bereits eine Stunde zu früh vor der Tür gestanden. Wir nicht-Ärzte mampfen dann recht erleichtert unser wohl verdientes Schlaflos-Frühstück und starteten koffeinhaltig wie eine Coca Cola in den Tag.
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Die Überfahrt verbrachten wir bei Tee und Cappuccino mit Würfelspielen und Literatur. Bei einem Spaziergang über das Schiff blieben wir bei den Spielautomaten hängen. Wir diskutierten, ob wir mit dem Glücksspiel unseren Urlaub auf unbestimmte Zeit verlängern (oder wenigstens ein wenig Langeweile von der Uhr nehmen) könnten. Kurzerhand warf Annika eine 1€-Münze in den einarmigen Bandit. Die Spielregeln waren absolut unverständlich. Annika drückte Knöpfe und zog an Hebeln, aber die Cents liefen durch wie Wasser durch Hände. Spielspaß hatte Annika keinen, und kaum klingelte ein Gewinn in der Kasse, ließ sie sich den Gewinn auszahlen. Mit dem berauschenden Glücksgefühl die Spielautomatenmafia besiegt zu haben (und dem Schwindel erregend hohen Jackpot von sage und schreibe ZWEI Euro) verließen wir die Suchtzentrale.
Wir erreichten Travemünde am Abend und fuhren in einem Rutsch durch zu unserem favorisierten Wohnmobilstellplatz im Schleienweg.
Glückselig schauen wir auf einen tollen Urlaub im Baltikum zurück.
A&S
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steffengiselasson · 9 months ago
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Donnerstag, 15.08.2024
Eins zwei Politsei
Liebes Logbuch,
heute schliefen wir uns nochmal vernünftig aus und genossen den ersten Tee in der Sonne vor den Dünen. Das Wetter belohnte uns auch heute (kein Schimmer wofür). Annika konnte sich an 26 Grad im Schatten und strahlendem Sonnenschein erfreuen. Der Urlaub neigte sich dem Ende, und mit ihm meine Kaffeefilter und die ungelesenen Seiten unserer Urlaubsliteratur. Alles fügte sich ganz wunderbar und so passte es dann auch, dass die lettische Policija gegen Nachmittag auftauchte und den ganzen Stellplatz räumte. In Estland heißen die Ordnungshüter übrigens Politsei, was mir außerordentlich gut gefällt.
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Wie auch immer, die beiden Beamten gingen mit einem mehrsprachigen Zettel von Fahrzeug zu Fahrzeug. Der Zettel erklärte, dass es eine violation of something wäre so nah an den Dünen zu parken. Das konnte keiner wissen, weil der Parkplatz Abstand zu den Dünen hatte und auch durch eine Schranke davon getrennt war. Hinweisschilder gab es keine und auch die Einheimischen parkten dort. Sei‘s drum, wir hatten dort ja bereits schöne Sommernächte verbracht und hatten dabei nicht den Eindruck, Tiere gestört zu haben. Ein Bußgeld gab es nicht, aber irgendwie kamen wir uns trotzdem doof vor, weil wir wie Ruhestörer des Platzes verwiesen wurden.
Zwei kriminelle Schlümos mussten nun mit dem bereits angerichteten Mittagessen zwischen den Beifahrerfüßen einen anderen Parkplatz ansteuern. Wir fuhren also nach Liepaja, was glücklicherweise nur 15 Minuten in Anspruch nahm. Am Stadtstrand waren viele Leute unterwegs, die Stimmung war aber super entspannt. Auf dem Strand steht eine alte Straßenbahn, die ihr zweites Leben als Café fristet. Wir schnappten uns Eis und Eiskaffee und schlenderten entlang der Küste.
Beim Bezahlen unserer Genussmittel fiel uns wieder auf wie vertrauensselig die Letten sind. Die Kellnerin nahm meinen 20er entgegen und kramte vor unseren Augen seelenruhig im Wechselgeld, das schlicht in einem Pappbecher herumstand. Dieser war räumlich nicht vom Kundenbereich getrennt, sie stopfte den Schein dazu und verschwand in die Küche. Gäste vor uns, die keine Lust hatten auf die Bedienung zu warten, bedienten sich einfach selbst an der Eistruhe und legten das Geld passend auf den Gefrierschrank. Es hing zwar eine deutlich sichtbare Überwachungskamera über dem Verkaufsbungalow, aber Kameras halten in Deutschland ja auch niemanden davon ab zu klauen. Ähnliche Vertrauensvorschüsse erhielten wir an diversen Selbstbedienungsstationen, sogar beim Parkeintritt.
Jetzt muss ich noch von einer Besonderheit berichten, die uns an Lettland aufgefallen ist. An vielen öffentlichen Orten stehen Kaffeeautomaten von Lavazza oder Löfbergs Lila. Die Automaten stehen nicht nur in öffentlichen Innenräumen, sondern auch einfach auf der Straße. Beispielsweise an einem häufig frequentierten Fußweg an der Daugawa in Riga, oder aber mitten auf dem Land im Ortskern vor dem Supermarkt. Einen Kaffee gibt es hier für 1,20€ in diversen Ausführungen. Als Kaffeeliebhaber wollte ich einen solchen Automaten natürlich unbedingt testen, aber irgendwie ergab es sich nie - und dann waren wir auch schon in Estland. Also trauerte ich eine Woche dieser verpassten Chance hinterher. Am letzten Tag unseres Urlaubs, als wir vor dem Stena Line Terminal in der Warteschlange standen, schälten sich plötzlich gleich zwei Automaten aus dem Zwielicht der Neonröhren gegenüber der Checkinschalter. Ich war wir euphorisiert und hörte dem Stena Line Mitarbeiter gar nicht mehr richtig zu (ich glaube wir sollten die Gasflaschen im Wohnmobil während der Überfahrt beide voll aufdrehen, die Zugangstür absperren oder irgendwie so) - es war in dem Moment einfach nebensächlich! Ungeduldig entriss ich dem Uniformierten die Papiere und wankte kaffeelüstern auf die Fata Morgana zu.
Im Test erhält der Lavazza Caffee Latte geschmacklich 3 von 5 Sternen, in „Preis-Leistung“ volle Punktzahl.
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Jetzt wollten wir uns in die Warteschlange vor der Autofähre stellen und bei entsprechender Anweisung einfahren, machten aber die Rechnung ohne den viel zu kleinen Terminal von Liepaja. Zunächst sollten alle Camper und Wohnmobile nebeneinander in bestimmt zwölf Reihen rückwärts in die hinterste Ecke des Piers parken, sodass am Ende viele Reihen a drei Fahrzeugen entstanden. Wir waren nicht als einzige verwundert darüber und die tapfere Dame der Stena Line, welche die Fahrzeuge einweisen sollte, reagierte zunehmend gereizt.
Irgendwann durften wir dann aber wieder Vorwärtsfahren und steuerten die Barbara de Braganza in den Bauch der Stena Livia. Die Fähre legte pünktlich um 22:30 Uhr ab, wir tranken einen Abschieds Drink an Deck und verkrochen uns in die Koje.
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steffengiselasson · 10 months ago
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Mittwoch, 14.08.2024
The last holly day
Liebes Logbuch,
heute erwachten wir an dem wunderbaren freien Stellplatz an den Dünen bei Liepaja. Der Ort heißt Škede. Hier gibt es feinen Sandstrand, der teilweise von Steinen und Kieseln durchsetzt ist. Auch heute war der Wellengang ruhig und wir konnten wunderbar Sonnen- und Meerbaden. Keine Quallen, keine Sorgen. Darauf bedacht den Urlaubstag maximal zu genießen, fläzten wir uns in die Sonne, genossen Cider und Bier mit guter Literatur. Es war herrlich!
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Bei Sonnenuntergang saßen wir am Strand und ließen den Urlaub Revue passieren. Wir haben zwei schöne Länder kennengelernt. Zwei tolle und spannende Hauptstädte, etliche Strände, einen See und Nationalparks. Wir haben freundliche Letten und Esten getroffen, die immer hilfsbereit waren.
Wir sind dankbar für die tollen Erfahrungen. Und so kehren wir erholt und rundum zufrieden nach Hause zurück, wo zwei Vierbeiner auf ihre Dosenöffner warten.
Mittags stürzte die fetteste Hummel, die ich je gesehen habe, in Annikas Glas Mineralwasser. Natürlich errettete sie das arme Wesen aus der Misere. Wir setzten Mr. Bumblebee in die Sonne zum Trocknen, doch selbst dann wollte er einfach nicht starten. Was tun?
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Mit ein wenig Sirup vom Earl Grey Kluntje päppelte Annika das Insekt auf und nach einigen Minuten konnte es starten. Es dauerte nicht lang, da kam er zurück, setzte sich auf den selben Fleck und suchte nach einem Nachschlag, den Annika ihm natürlich ermöglichte. Diese winzigen Gehirne sind wirklich schlauer als wir immer denken.
Freue auch Du Dich, liebes Logbuch, auf Schlümos gnadenloses Urlaubsurteil - Bettland edition. Unparteiisch, überparteilich und rein subjektiv!
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steffengiselasson · 10 months ago
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Dienstag, 13.08.2024
Elche, Luchs und dumme Menschen
Liebes Logbuch,
nach der unvermeidlichen Abreiseprozedur am Peipsi See starteten wir in Richtung Gauja Nationalpark. Etwa vier Stunden Fahrt brachten uns vom östlichsten Rand Estlands in die Nähe der Lettischen Hauptstadt Riga. Unweit der baltischen Metropole liegt der Gauja Nationalpark, benannt nach dem Fluss Gauja. Er schlängelt sich in uriger Form durch das Land, dessen Natur von ihm geprägt ist. Natürlich beherbergt der Gauja Nationalpark eine große Artenvielfalt, aber es gibt auch etliche kulturelle Angebote, Sportaktivitäten etc. Aufgrund der traurigen, uns noch verbliebenen zweier Urlaubstage, konnten wir dem Gauja nur einen Nachmittag widmen.
Inmitten eines großen Waldstücks, das durch Naturpfade erwandert werden kann, hat man große Tiergehege eingerichtet (Ligaste Nature Trails). Die Gehege sollen möglichst Artgerecht sein. Teilweise hat man versehrte Tiere aufgenommen, wie etwa ein Eichhörnchen, das in freier Wildbahn wohl nicht lang überleben könnte.
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Wir betraten das Gelände gegen 16 Uhr und waren recht zufrieden mit uns, weil einige Familien bereits die Heimreise antragen. Überall waren mehrsprachige Hinweise, dass man sich leise verhalten und die Tiere schonen solle. Die wenigen Menschen, denen wir begegneten, taten leider das Gegenteilige.
Gegen unsere Erwartungen gelang es Annika einen Luchs ausfindig zu machen und sogar zu fotografieren. Auch einen schlummernden Braunbären konnten wir bestaunen. Auf dem riesigen Gelände waren wir oft ganz allein unterwegs und spürten Vogelstimmen nach. Wir erlauschten Buntspecht, Kleinspecht, Weißrückenspecht, Kolkraben, Tannenmeisen und Waldbaumläufer. Annikas Vogelaudiothek wurde im Baltikum insgesamt um zehn Gesänge reicher.
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Später am Abend stiefelten wir etwas aufgeregt zum Elchgehege. Die Umzäunungen waren so weitläufig, dass wir beispielsweise das Rotwild nicht zu Gesicht bekommen hatten. Auch Nagetiere, Füchse und einige weitere Tiere hatten sich unseren neugierigen Blicken entzogen. Seit unserem ersten gemeinsamen Skandinavienurlaub in 2021 hofften wir inständig auf eine Elchsichtung. Auch wenn eine Sichtung heute natürlich nicht vergleichbar wäre mit einem Erfolg in freier Wildbahn, so wollten wir uns doch geduldig zeigen und einige Zeit vor der Umzäunung verharren, falls der König des Waldes sich auf ersten Blick nicht zu erkennen geben würde.
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Etwas sorgenvoll näherten wir uns der größten Hirschart, die es gibt, weil schreiende Kinder vor und hinter uns im Wald alles dafür taten, dass wir kinderlos bleiben. Bei Erreichen der Aussichtsplattform zeigten sich allerdings gleich vier Elche. Zufrieden schlummernd lagen sie in direkter Sicht- und Hörweite zu den fürchterlichen Kindern. Offenbar gewöhnen sich Elche deutlich schneller an Menschen als Luchse, Bären oder Wölfe.
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Was für ein Kraftprotz das sein muss! Und daneben die Abbildung eines Braunbären.
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Auf dem Parkplatz verabschiedete uns dieses Wildtier in die Nacht.
Wir fuhren weitere vier Stunden. Zurück zur Westküste Lettlands, nach Liepaja. Um halb eins in der Nacht erreichen wir den schönen Stellplatz an den Dünen, den wir von unserer Ankunft in Lettland schon kannten. Hier wollten wir eine weitere Nacht verbringen. Ob das wohl erlaubt war?
Wir werden berichten!
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steffengiselasson · 10 months ago
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Montag, 12.08.2024
Urlaub mit allen Sinnen
Leider fand ich nachts nicht so recht den Weg in Morpheus Arme. Um halb zwei sah ich noch auf die Uhr und bereits im 04:45 Uhr weckte Annikas Handy uns für die Fortsetzung des Wildlife Watching. Etwas matschig in der Birne fuhren wir also gen Süden und suchten einen möglichst nahen und unkomplizierten Stellplatz.
Fündig wurden wir am Peipsi järv („Peipus See“) beim Campingplatz Willipu. Der Peipsi See ist besonders, weil er auf der Landesgrenze zwischen Estland und Russland liegt. Aufgrund der aktuellen politischen Lage dürfen von Estnischer Seite derzeit keine Aktivitäten auf dem Wasser zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang unternommen werden.
Am Peipsi reihen sich einige Dörfer und Ortschaften aneinander. Die bekannteste ist sicherlich Kallaste, weil der Sandstrand dort an rote Klippen heranreicht.
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In den roten Klippen nisten oben die Schwalben. Sind sie hungrig, sehen sie im Mittelgeschoss ihres Mietshauses nach, denn dort nisten allerhand Insekten.
Die Menschen auf der estnischen Seite des Peipsi werden bisweilen als Zwiebelrussen bezeichnet. Ob das herabwürdigend gemeint ist oder so aufgefasst wird, kann ich nicht sagen. Zumindest beschreiben die Leute hier den Hauptverkehrsweg als oion route, demnach scheinen sie sich an der Assoziation mit Zwiebeln nicht sonderlich zu stören. Die Bezeichnung Zwiebelrussen rührt daher, dass die Bevölkerung hier mehrheitlich Russisch spricht und man in fast allen Orten am Wegesrand in kleinen Verkaufsbuden Zwiebeln erstehen kann. Die Geschichte dahinter: Im Zarenreich gab es eine religiöse Minderheit, die Altgläubigen. Weil sie an Bibeltexten festhielten, die in der russisch orthodoxen Kirche nicht mehr Lesart waren, wurden sie verfolgt. Bestimmt gab es noch weitere, nicht religiöse Gründe, aber ich habe nicht tiefer gegraben. Jedenfalls flohen viele Altgläubige auf die estnische Seite des Sees. Die Kultur der Altgläubigen prägt bis heute die westliche Seeseite. Die Häuser haben fast ausnahmslos ausladende Gemüsegärten, auf den Friedhöfen sahen wir Kreuze gemäß Russisch orthodoxer Prägung und auf den Straßen hörten wir viel Russisch. Nebenbei gesagt: Am Klang kann ich noch immer nicht zuverlässig Finnisch von Estnisch, Polnisch von Litauisch oder Lettisch unterscheiden.
Zur Kultur der Altgläubigen gehört in der extremen Prägung auch, dass Männer sich nicht rasieren dürfen (das ist Sünde). Mir sind im Ort Kallaste ein oder zwei wuchernde Bärtchen aufgefallen, die meisten Männer erschienen aber in puncto Gesichtsbehaarung unauffällig.
Neben Zwiebeln ist Fisch der noch wichtigere Verkaufsschlager am Peipsi See. An viel befahrenen Straßen steht gefühlt pro Kilometer eine Bude mit geräuchertem Fisch im Angebot. Der sah vielerorts auch wirklich verlockend aus, aber weil Annika weder Geräuchertes noch Meeresfrüchte mag, konnten die Altgläubigen sie damit nicht locken. Zu allem Überfluss sind wir auch keine großen Zwiebelfans, weshalb unser Ausflug an den Peipsi aus kulinarischer Sicht ein riesiger Flop hätte sein müssen. Zur besten Kaffee-Zeit schlenderten wir allerdings zu einem der drei Cafés in Kallaste: Die geschäftstüchtige, englischsprachige Wirtin und ihr deutschsprachiger Mann betreiben eine Doppelwirtschaft - halb Café, halb Bistro, halb Restaurant und somit 150% Einsatz. Die Wirtin versuchte zunächst eine ganze geräucherte Flunder bei uns unter zu bringen. Dieses recht aussichtslose Unterfangen brach sie ab, als sie bei der Präsentation ihres köstlich duftenden Fischs bemerkte, wie sich Annikas Nasenflügel kräuselten.
Wenig später brachte man uns Kaffee, Orangensaft und Kvas. Für Kwass gibt es tausend Schreibweisen. Es handelt sich um ein Getränk, hergestellt aus Brot oder Brotteig, ach was weiß denn ich. Am Ende entsteht ein alkoholfreies Getränk. Wenn Du uns fragst, schmeckt es wie eine Mischung aus Malzbier und Rübensirup („Goldsaft“). Kühlschrankkalt an einem heißen Sommertag - mehr als machbar!
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In Kallaste fielen uns diverse Weihnachtsbeleuchtungen auf, die noch (oder schon wieder?) einsatzbereit schienen.
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Anschließend verkrümelten wir uns zum Wohnmobil, weil sich starker Regen ankündigte. Wir wetterten im WoMo, tranken Cider und Bier. Zum Abschluss dieses müden Tages wirst Du dich wundern: Komisch, die Schlümos sind am drittgrößten See Westeuropas, gehen aber weder schwimmen noch SUPn?
Das war nämlich so. Annikas überfeine Ohren waren von der schalldichten Hütte im Wald noch mehr als überstresst. Und ich übertreibe nicht, wenn ich dir sage: In der Hütte könnte man ein Album einspielen. Platten Label „Waldgeist“, esoterische Klangreisen oder sowas. Ist auch egal, jedenfalls war Annikas Stresslevel irgendwie noch auf 180. Logisch, dass ich vermied laut zu atmen oder derlei törichte Fehler zu begehen, die mit einem Rausschmiss aus diesem sonnendurchfluteten, traumhaft schönen Urlaubstag würden enden können. Pech für uns, dass am Ufer des Peipsi dutzende, vielleicht hunderte tote Fische lagen. Die verströmten einen entsprechenden Verwesungsduft. Zudem vernahmen wir einen Hauch von Gülle und man konnte nicht sicher sein, woher der stammte.
Wenn man Annika mit einer Sache auf die Palme bringen will und nicht imstande ist nervtötende Geräusche zu machen, dann kann man mit nervtötenden Gerüchen weiter machen. Der bis zum zerreißen gespannte Geduldsfaden stand heute also kurz vor dem Ort, wo Kinder Konfetti selbst machen. Ich bin kein weiser Mann, aber manchmal treffe ich Entscheidungen mit Weitblick. Heute war einer dieser Tage und ich verzichtete auf eine SUP-Tour über einen See, der traumhaft schön und zwölfmal größer ist als der Bodensee. Wer weiß, vielleicht bewahrte Annikas Nase mich heute vor einer längeren Haftstrafe hinter russischen Gardinen. Die Nähe zu unseren blassen Freunden fühlte sich überpräsent und etwas drückend an. Wir freuten uns auf die Weiterfahrt am Folgetag.
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Zum Abschluss eine kleine Erinnerung an die Sowjetzeit:
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steffengiselasson · 10 months ago
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Sonntag, 11.08.2024
Stille
Liebes Logbuch,
heute haben wir Tallinn verlassen. Die estnische Hauptstadt hat uns viel Spaß gemacht! Mit ihren über 20 mittelalterlichen Türmen, der teilweise erhaltenen Stadtmauer und diversen Bauten unterschiedlichster Epochen versprüht Tallinn ein besonderes Lebensgefühl, das sich sofort auf uns übertrug. Spannend: In Estland wird Alkohol nicht so fies besteuert wie in Skandinavien, weshalb die Finnen von Helsinki gern eine zweistündige Fährfahrt in Angriff nehmen und ihre Autos bis unters Dach mit Sprit vollpacken. Wir haben auch ein Café gesehen, das mit Hauswein zu drei Euro warb. Ob den Finnen das gut tut?
Heute also fuhren wir weiter in den wilden Osten Estlands. Das sowieso nur dünn besiedelte Land bietet besonders im Osten viel Raum für ausgedehnte Wälder. Für eine Nacht in einer für Wildlife Watching eingerichteten Hütte hatten wir extra unseren Urlaub umgeplant. Diese Hütten sind gut gebucht und Teil eines durch die EU geförderten Projekts, vermutlich zum Erhalt der Biodiversität, genau wissen wir das noch nicht.
Wir passierten Tallinns Sonntagsverkehr. Tatsächlich begingen wir heute keine Verstöße gegen die lokale StVO. Leider warteten wir vergeblich auf eine zweite E-Mail der Hüttenbetreiber, die längst bei uns hätte sein sollen. Sinn und Zweck der zweiten E-Mail wäre die Mitteilung über den exakten Treffpunkt gewesen. Die Betreiber hatten offenbar ihre Gründe, weshalb der Ort einigermaßen unter Verschluss bleiben sollte. Also navigierten wir zunächst in Richtung eines bei Google Maps eingetragenen Orts, der dutzende Rezensionen hatte. Drei Telefonate später - und mich beschlich der Verdacht, dass wir doofen Deutschen das Einfache mal wieder kompliziert machten - hatten wir eine Geheim-SMS erhalten. Der Ort war natürlich der oben beschriebene Treffpunkt aus Google Maps, der für die ganze Welt einsehbar ist…
Ein Guide, der selbst die Statur und auch sprachliche Intonation eines Braunbären hatte, brachte uns dann zu unserer „Premium“ Hütte. Premium hatten wir in der Annahme gebucht, dass sie etwas besser positioniert sein könnte als die anderen, größeren Hütten. Vielleicht auch, dass durch weniger Menschen weniger Lärm wäre und mehr Wildtiere kommen würden.
Nach Betreten der Hütte waren wir etwas irritiert. Die Hütte war fast schalldicht. Ein Donnergrollen konnten wir hören, Waldgeräusche leider nicht. Es war so still, dass man das Blut in den Ohren Rauschen hören konnte. Das gefiel Annikas Ohren gar nicht. Zu der Ausstattung sollten doch Lautsprecher gehören, die alle Laute aus dem Wald durch „ultrasensitive“ Mikrophone in die Hütte übertragen sollten?
Lautsprecher gab es offenbar nur in den großen Hütten. Statt Eulen und Bären konnte Annika leider nur mich Kauen hören. Statt Gesang der Waldbewohner Mastikationsgeräusche. Annikas Blick verfinsterte sich, die Nacht war in der Hütte gewissermaßen jetzt schon angebrochen. Trotzdem setzten wir uns vor die Scheibe und warteten geduldig auf Braunbären, die laut unserem Guide am ehesten zwischen 20 und 22 Uhr auftauchen würden.
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Die ersten Besucher waren aber zunächst ein Reh mit seinen beiden Kitzen. Das besänftigte die angespannte Stimmung aber nur bedingt, schließlich gibt es die ja auch im Sauerland zu sehen. Zudem hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt schon halb durch die Käse-Blätterteig-Schnecke geschmökert und visierte die Spinat-Feta-Tasche an. Annikas Stimmung hatte den Tiefpunkt erreicht, als es längst nach neun Uhr war. Doch dann schälten sich Umrisse aus der Dunkelheit!
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Eine Braunbärin und ihre beiden Jungtiere besuchten unsere Lichtung. Es war längst so dunkel, dass wir ohne Fernglas nichts mehr erkennen konnten.
Gar nicht so einfach mit dem Handy durch ein Fernglas zu filmen. Für einige Zeit betrachteten wir dieses Naturschauspiel. Wir mussten großes Glück haben, dass die Bären sich heute auf dieser Lichtung aufhielten - und das noch vor absoluter Dunkelheit.
Nach den Bären kamen keine weiteren Besucher. Wir hatten hier also Eichelhäher, Tauben, Rehe und Braunbären gesehen.
Wir legten uns schlafen und stellten den Wecker auf unsägliche vier Uhr fünfundvierzig. Sonnenaufgang würde um fünf Uhr dreißig sein, und wir hofften auf weitere Sichtungen in der Morgendämmerung.
Zwischen fünf und acht Uhr besuchte uns noch eine Eule.
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Wir verließen die Hütte um kurz nach acht. Annika und ihre Ohren atmeten auf, weil es endlich wieder Geräusche zu hören hab. Raschelnde Wiesengräser, pfeifender Wind in den Bäumen, singende Vögel… Auf dem Fußweg zurück zum Wohnmobil sinnierten wir über die Erfahrung, die wir hier hatten machen dürfen. Es war das erste Mal gewesen, dass wir eine Eule und Bären außerhalb eines Geheges beobachten konnten, und das waren natürlich auf gewisse Weise magische Momente. Auf der anderen Seite fühlten wir uns durch die fehlende Akustik um die halbe Erfahrung betrogen.
Auf dem Parkplatz trafen wir die Besucher der günstigeren und größeren Hütten wieder. Zu unserem Frust hatten sie gleich zwei Bärenmütter mit je zwei Jungtieren vor die Linse bekommen, die sogar teilweise bereits am Nachmittag in der Helligkeit die Lichtung gequert hatten. Dazu beobachteten sie knuffige Marderhunde (raccoon dogs) und einen Iltis, und alle Wildtiere konnten die durch die ultrasensitiven Mikrophone rascheln hören. Wir konnten unseren Neid vermutlich kaum verbergen. Durch das Buchen der Premium Erfahrung hatten wir zwar ein besseres Klo als die anderen Hüttenbesucher gehabt, aber das Klo war nicht der Grund unserer Reise gewesen.
Aber hey, wir haben Braunbären gesehen! 🐻
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steffengiselasson · 10 months ago
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Liebes Logbuch,
leider muss ich dich ein zweites Mal vertrösten. Durch das Wildlife Watching haben wir kaum geschlafen, da kam die Belletristik heute ein wenig zu kurz!
„Morgen, morgen! Nur nicht heute.“
Alle schlauen Leute
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Uns geht’s gut!
Grüße aus Estland 🇪🇪
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steffengiselasson · 10 months ago
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Sonntag, 11.08.2024
Bärbel
Liebes Logbuch,
morgen wird an dieser Stelle ein Eintrag auftauchen. Wir waren bis spät nachts im „hide“ und hofften auf Wildtiersichtungen. Wie es gelaufen ist, berichte ich morgen.
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Alles ok. 🦌
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steffengiselasson · 10 months ago
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Samstag, 10.08.2024
Tallinn
Liebes Logbuch,
heute sind wir direkt nach dem Frühstück nach Tallinn gefahren. Da Du vielleicht mit dem Reisen per Wohnmobil nicht so vertraut bist, folgt eine kurze Erklärung was „direkt nach“ bedeutet. Unter Umständen bedeutet direkt nach dem Aufstehen, dass man noch das Geschirr des Abendessens vom Vortag spülen muss, weil man nach zwei Ameisenbissen unterhalb der Gürtellinie keine Lust mehr dazu hatte. Was bedeuten würde, dass man entweder Wasser im Kessel auf dem Gasherd erhitzen, alternativ die Therme einschalten und einige Zeit auf Warmwasser warten müsste. Es könnte bedeuten, dass man alle Fenster schließen, das auf der Fläche vor dem WoMo verstreute Zeug einsammeln und verstauen, den Wohnbereich aufräumen, Müll weg bringen und Öl kontrollieren müsste. Es könnte bedeuten, dass, wenn alle abfahrbereit mit motivierten Mienen und angelassenem Motor im Führerhaus sitzen, jemandem einfällt: Wir stehen auf den Keilen [zum Ausgleich von Unebenheiten im Boden], die beifahrende Person meistens jedoch ohne geeignetes Schuhwerk im Sitz herumlümmelt, die fahrende Person aber auch nicht gleichzeitig von den Keilen fahren und diese in der „Garage“ verstauen kann - was die Abfahrt erneut verschiebt. „Kurz nach dem Frühstck“ aufzubrechen kann am Ende bedeuten, dass zwischen dem Erwachen und der Abfahrt sieben Stunden liegen, obwohl Duschen und Frühstück nur eine in Anspruch nehmen.
Heute fuhren wir direkt nach dem Frühstück nach Tallinn, die Fahrtzeit betrug 90 Minuten und wir waren schon um 14 Uhr da.
Von Wohnmobilisten erfuhren wir am Vortag noch zusätzliche Tipps für Parkplätze in Tallinn, die unserer Fahrzeuggröße gerecht werden. Es passiert recht häufig, dass man nur eben freundlich grüßt und plötzlich steht man zwanzig Minuten am WoMo von Stefan und seiner Frau aus Bayern. Und dann wird gefachsimpelt über Doppelachsen, die Autobahnmaut in Polen und Österreich, die schönsten Orte und eben auch die praktischsten Stellplätze in Großstädten. Stefans Frau wusste zu berichten: „Der Parkplatz [in Tallinn] ist super, aber kurz vor dem Ziel dachten wir noch: Was ist das denn für eine enge Gasse!?“.
Und jetzt rate mal, liebes Logbuch, wer 300 Meter vor dem Ziel in dieser engen Gasse stecken blieb, weder vor noch zurück konnte? Nicht wir, liebes Logbuch! Ein ungelenker Reisebuss blieb in der engen Kurve hängen, was durch einen Falschparker noch verschlimmert wurde. Irgendein Aasgesicht hatte seinen Škoda im absoluten Halteverbot geparkt, obwohl gleich zwei große und komfortable Parkplätze um die Ecke zur Verfügung standen. Annika sprang auf die Kreuzung und winkte den Busfahrer raus, der somit die Kehrtwende schaffte.
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Nachdem der Bus die Bahn freigemacht und der Stau sich aufgelöst hatte, erreichten wir den angestrebten Parkplatz. Im Gelato Ladies versorgten wir uns mit Kaffee und Minz-Avocado-Limette-Eiscreme und schlenderten in die Altstadt von Tallinn.
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Im Indischen Restaurant Elevant probierten wir äußerst schmackhaftes „moose kabab“.
Bei einer zweistündigen Stadttour zu Fuß durch die Altstadt erfuhren wir allerhand über Tallinn. Das Wetter blieb glücklicherweise freundlich und wir kamen ohne größere Zwischenfälle ins Ziel.
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Nach der Stadtführung mussten wir uns zunächst einmal mit einem Craft Bier im Beer House stärken.
Im „Mittelalter“-Restaurant Olde Hanse verputzten wir ein leckeres Abendessen. Ob die Speisen authentisch mittelalterlich sind, weiß natürlich kein Mensch. Zumindest die Hygiene Standards waren nicht authentisch mittelalterlich, was mir sehr recht war. Die Barden und Kellner trugen ulkige Kostüme. Die Mahlzeiten waren sehr speziell gewürzt, auch das Zimt- und das Honigbier schmeckten außergewöhnlich, aber nicht übertrieben anders. Das konnte man sich alles gut schmecken lassen.
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Morgen fahren wir zum Nationalpark im Osten Estlands. Wir hoffen auf Bärensichtungen!
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steffengiselasson · 10 months ago
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Gute Nacht, Tallinn!
Aus dem Fenster unseres Wohnmobils beobachteten wir, wie ein Unwetter über die Altstadt mitsamt der Olav-Kirche hinweg zog. In der Vergangenheit hatte der Kirchturm mindestens acht Blitzschläge einkassiert. Dreimal brannte die Kirche ab. Wir standen zwar bereit, hofften aber nicht zum Löschen raus zu müssen.
1549 war die St. Olav Kirche das höchste Gebäude der Welt, sagen die Tallinner.
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steffengiselasson · 10 months ago
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Samstag, 10.08.2024
Tallinn Eindrücke
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steffengiselasson · 10 months ago
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Freitag, 09.08.2024
Der Trennungskaffee und der Biss in die Klöten
Liebes Logbuch,
heute hat Annika die Barbara de Braganza ohne mich von der Fähre gesteuert. Aber dazu komme ich später.
Nach einer geruhsamen Nacht erwachten wir und glücklicherweise hatten sich meine Bauchbeschwerden weitestgehend verflüchtigt. Also ließen wir uns die Meeresluft um die Ohren pusten und frühstückten im Schlafanzug am Strand.
Anschließend packten wir unseren Hausstand und fuhren in Richtung Talinn. Ziel war der Ort Nõva. Nõva liegt circa 90 Minuten vor Tallinn. Die estnische Hauptstadt möchten wir morgen besuchen.
Die knapp vier Stunden Fahrtzeit wurden auch durch die Querung der Meerenge zwischen der Insel Muhu und dem Festland (Kuovastu-Virtsu) bedingt. Die Reederei Preemid („Pyramide“) unterhält einen Pendelverkehr und ich kann nicht anders als Werbung zu machen: Die Schiffe sind modern, sauber, pünktlich und sowas von auf Zack. Von der Hinfahrt wussten wir bereits, dass die Reederei kein Verständnis für Bummler hat, selbst wenn die Bummler freundlich grüßen. Von der Hinfahrt wussten wir nun aber auch wie lecker der Kaffee an Bord ist…
Aufmerksame Leser dieser literarischen Ergüsse wissen: Wir sind langsame Esser. An Bord begaben wir uns daher direkt zum Buffet und machten uns ein bescheidenes Tellerchen voll. Schnell verputzt und sogar noch eben auf die Bordtoilette - alles lief viel zu glatt. Als ich mich zu den Kaffeemaschinen begab, war der Hafen bereits in Sicht. So kam es, dass ich mit einem herrlich duftenden Becher schwarzen Golds in Händen auf das Autodeck spurtete. Die Zeit blieb stehen und alles um mich herum lief wie in Zeitlupe: Der Möwenflug über mir, die rumpelnden Dieselmotoren der LKW - und letztlich auch die Barbara, die langsam anrollte, im Gestank und Getöse der Vierzigtonner von Bord rollte. Da stand ich dann mit meinem unübersehbar riesigen Kaffeebecher und einer ziemlich schuldbewussten Miene. Aus irgendeinem Grund, vermutlich weil die übrigen Zu-Fuß-Fahrgäste längst die Fähre verlassen hatten, musste ich alleine über die Planke marschieren. Dutzende PKW brausten knallend über die Metallrampe an mir vorbei. Ich bemühte mich tunlichst einen souveränen Gang an den Tag zu legen. Ganz so als wäre es meine Absicht gewesen als Beifahrer an Bord zu gehen, als sei es mir aber keineswegs wichtig auch wieder von Bord zu fahren.
Glücklicherweise wartete Annika beim erstbesten Parkplatz. Zieht man in Betracht, dass dieser erstbeste Parkplatz aus allen Nähte platzte, redete ich mir ein, dass dort noch weitere versprengte Paare eine Wiederzusammenkunft begingen.
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Die restliche Fahrt lief wie ein Heimspiel. Ich durfte als Beifahrer Prince meinen Kaffee nuckeln und den DJ geben. Zu Klängen unserer Jugend fuhr Annika uns also nach Nõva, wo Auswanderer Michael (Herkunft: Nähe Frankfurt am Main) einen Mini Campingplatz betreibt. Vor drei Jahren aus Deutschland getürmt wegen - ja weswegen wohl - Steuern, Berufsgenossenschaften, der Regierung und den Deutschen Mitbürgern im Allgemeinen. Michael musste nun leider feststellen, dass es auch in Estland Steuern, eine Regierung und besonders viele deutsche Urlauber gibt. Er wirkte trotzdem recht zufrieden auf mich und ich habe die Idee für die kultige Friedenskneipe in Sõrve nicht aufgegeben!
Wir vertrieben uns den frühen Abend mit einer kurzen Wanderung zum Meer, weil der im Internet als „See“ beschriebene Tümpel am Campingplatz nicht wirklich zum Baden einlud. Am Meer fanden wir den perfektesten der perfekten Sandstrände der gesamten Ostseeküste vor, da bin ich mir sicher. Aber jetzt rate mal: Wenn es schon keine Quallen, keine scharfen Steine, keine fiese Brandung gibt, was gibt es dann wohl? Na klar, Ameisen. Zu Millionen. Nicht die großen roten, die den Wald aufräumen. Sondern die kleinen schwarzen mit rotem Schimmer, die so besonders aggressiv daherkommen. Ich sage dir eins, liebes Logbuch: Die Wikinger einst und später die Vitalienbrüder sind oft hierher gekommen, sie sind aber auch jedes Mal wieder gefahren.
Auf dem Weg zum Sandstrand passierten wir einige Fahrzeuge und Menschen, die sich alle in aufsteigender Reihenfolge positioniert hatten: Vorne die kürzlich angereisten, die noch einigermaßen nüchtern waren. Weiter hinten dann laut rülpsende Esten (wirklich kein Witz). Noch lächelte ich, schließlich war Freitag und in Gedanken war ich beim kalten Bier in meinem Rucksack. Und noch wusste ich nicht, dass meine Kronjuwelen die Hauptrolle in einem Horrorfilm mit zweifelhaftem Happy Ending spielen würden.
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Die Esten sind nicht sehr exhibitionistisch veranlagt, weshalb wir bisher an jedem Strand einen kleinen Bretterverschlag vorfanden. Hinter diesem verschwand ich dann für den Wechsel der Couture. Da Annika nicht plante zu Baden, wartete sie geduldig auf der anderen Seite des Verschlags. Mit einem fröhlich-sommerlichen Chanson auf den Lippen entledigte ich mich also der Hosen. Küstenwind liebkoste das, was normalerweise nicht an freier Luft ist, und ich bemühte mich in die Badeshorts zu steigen ohne sie von innen mit unnötig viel Sand zu verunreinigen (das kratzt dann so unangenehm, Du weißt schon, liebes Logbuch).
Doch kaum hatte ich die mit Melonen gemusterte Badeshorts in Position, da durchfuhr mich ein brennender Schmerz. Und das am rechten…Juwel. Selbstredend sprang ich von einem Bein auf das andere und schlug reflexartig nach dem Angreifer, was angesichts der Position des Vernichtungsschmerzes ein eher selbstdestruktiver Reflex war. Nicht lang, da hatte ich den Übeltäter am Schlafittchen, und Junge, wie kann ein so kleines Biest solche Schmerzen verursachen?
Annika hingegen schien es keineswegs verwunderlich zu finden, dass sie von der anderen Seite des Bretterverschlags spitze Schreie und Tumulte vernahm.
Glücklicherweise konnte ich schmerzende Körperteile im direkten Anschluss im Meer kühlen. Sodann fläzten wir uns an den perfektesten perfekten Sandstrand Estlands und genossen ein Bier und einen Pflaumen Cider (letzteres klingt echt unnötig überflüssig, war aber wirklich lecker).
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Leider wurde ich recht bald, und das ist jetzt wirklich nicht aus Baron von Schlüterhausens Märchenbuch abgeschrieben, ein zweites Mal von einer Ameise an dieselbe Stelle Gebissen. Annika war meine Zeugin. Ich saß nur da, in friedlicher Absicht, mit nackten Armen, Beinen, Händen und Füßen. Und dieses Geschöpf des Teufels krabbelt mir rechts in die Badehose.
Jetzt war die Stimmung natürlich ruiniert und wir wanderten heim.
Morgen wollen wir nach Tallinn fahren und uns am Abend in einem mittelalterlichen Restaurant die Bäuche vollschlagen. Jetzt sollst Du nicht denken, dass wir da irgendwie ein Faible haben, für mittelalterliche Restaurants. In Riga und Talinn gibt es die irgendwie zu Hauf, wegen der Hanse und so weiter. Und dieses Mal möchte ich einen Barden hören, der nicht E-Gitarre spielt!
Übrigens lieben die Esten gepflegte Vorgärten und Rasenflächen. Das war uns immer wieder aufgefallen. Selbst die entlegensten Landstraßen haben über hunderte Kilometer perfekt frisierte Seitenstreifen. Einfach aus Scheiß hat Annika das heute in einem Foto festgehalten: An einem Freitagabend um 19:30 Uhr gibt es hier nur ein Thema: Rasen schneiden. Ein Freischneider und zwei Aufsitzrasenmäher, davon einer hinter dem Zaun, geben Lärm und den frischen Duft sterbender Gräser von sich.
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steffengiselasson · 10 months ago
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Nachtrag vom Sõrve tuletorn
Vom Sõrve tuletorn (Sörve Leuchtturm) konnten wir die Barbara de Braganza erspähen. Durch das Fernglas, das uns ein Straßenhändler geliehen hatte, bewunderten wir sie in ihrer ganzen Pracht.
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Nachts leuchtete der Leuchtturm ins Heckbett und geleitete uns in süße Träume.
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steffengiselasson · 10 months ago
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Donnerstag, 08.08.2024
Der Adler und das Labyrinth
Liebes Logbuch,
gestern konnte ich aufgrund allgemeiner Umstände keinen Eintrag hochladen, aber dazu komme ich später noch. Zunächst möchte ich noch einen Fehler vom vorherigen Eintrag verbessern: Camping heißt im Lettischen Kemping und im Estnischen Kämping, und beide Schreibarten gefallen mir außerordentlich gut. Das Estnische kommt uns insgesamt vor wie eine Verniedlichung des Finnischen. Möbel etwa heißen Mööbli.
Zum Frühstück gab es eine Zimtschnecke, Kaffee und Tee. Was die Zimtschnecken angeht: Estland und Lettland geben sich sichtlich Mühe, skandinavischen Hochgenuss konnte es aber bisher nicht erreichen. Wir halten dich auf dem Laufenden.
Anschließend führte uns der Weg nach Sörve, die südlichste Landzunge der Insel Saaremaa. Neben einem Leuchtturm, den wir besichtigten, gibt es hier diverse Gedenkstätten und Museen wegen des Zweiten Weltkriegs. Weil wir für gute Laune und Erholung hier sind, und weil das Wetter so fantastisch war, ließen wir die Mahnmale und Museen der Schande aus. Obwohl ich mich aktiv weigerte die Kriegsgräuel an mich heran zu lassen, blieben einige Eindrücke hängen. Im Baltikum kommt man nicht drumherum.
Bei Kaffee und Blaubeer Cider planten wir die kommenden Tage. Zunächst werden wir gen Tallinn reisen, im Anschluss wartet die Hütte im Nationalpark zum Beobachten von Wildtieren. Diesmal sind wir vorgewarnt ob des „wilden“ und ursprünglichen Nationalparks. Hoffentlich werden sich die Raccoon dogs nicht vom zitronigen Duft unseres Mückensprays abschrecken lassen.
Nun durchschritten wir noch mit andächtigen Mienen ein Labyrinth, das in Anlehnung an mittelalterliche Traditionen am Fuße des Leuchtturms angelegt worden war. Damals wurden Rituale abgehalten. Seefahrer, Händler und Consorten liefen durch das Labyrinth. Dies bewahrte sie bei kommenden Seereisen vor Unheil.
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Wir verspeisten unser Abendmahl, und schon wieder wurden wir mit einer tollen Abendstimmung verwöhnt: Warmer Wind verwuschelte unser Haar, während Grillen zirpten und die Sonne langsam in der Ostsee versank. Und dann, einfach so, flog ein Seeadler an unserem Esstisch vorbei. Die Majestäten gibt es hier offenbar relativ häufig.
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Wir sahen den Seeadler natürlich von schräg unten. Ein wenig bedauert Annika noch immer, dass er nicht für uns gekreischt hat. Das wäre ein echtes Highlight für die Vervollständigung in der App zur Vogelbestimmung gewesen. BirdNET ist sowieso Annikas dringende Empfehlung für entschleunigende Urlaube.
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Nach dem Abendessen, das aus Fleischbällchen in Tomatensauce bestand, bekam ich sonderbare Bauchkrämpfe und starke Schmerzen im unteren rechten Bereich. Das setzte mich für einige Stunden außer Gefecht und erinnerte mich daran, dass ich noch kein Testament geschrieben habe. Das werde ich nach dem Urlaub unbedingt nachholen! Nur gut, dass ich das Labyrinth absolviert hatte, wer weiß, ob mein Blinddarm sonst nicht direkt zerplatzt wäre.
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Wenn das mit der Zahnmedizin in unserem Land so weiter geht, wandere ich aus und mache eine Kultkneipe in diesem Bunker auf. Rooftop bar oben, Poolparty unten (weil das Meer den Bunker in jeder Flut sowieso überspült) und dann Saufen wir für den Weltfrieden. 🕊️
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Im Café Söuke testete Annika den sehr schmackhaften Blaubeer Cider. Man sah ihr die Spuren des Hauen und Stechen im Moor noch an, das waren keine mittelalterlichen Pestpocken aus dem Mittelalterrestaurant in Riga.
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steffengiselasson · 10 months ago
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Mittwoch, 07.08.2024
Arensburg
Liebes Logbuch,
heute fuhren wir von der Insel Muhu auf die benachbarte Insel Saaremaa. Sie ist berühmt für ihre Schönheit, die vielen Blockwindmühlen und die Arensburg. Die Arensburg ist eine ehemalige Bischofsburg aus der Zeit der Besatzung durch deutsche Kreuzritter im Mittelalter. Die Burg hat die Jahrhunderte gut überstanden und gilt heute als eine der am besten erhaltenen Festungsanlagen ihrer Zeit. Die Arensburg gab der umgebenden Stadt früher ihren Namen. Heute heißt die Stadt Kuressare.
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Eine leichte Brise umwehte die Burg und den berühmten Turm mit seinen sieben Stockwerken. Nach einem Rundgang begaben wir uns direkt zum Mittagsimbiss, weil wir das famose Sommerwetter nicht im Museum verbringen wollten.
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Als wir endlich am Strand lagen und Annika ihre Portion Sonnenschein bekam, derer sie am Vortag beraubt worden war, zeigte die Uhr auch schon 16 Uhr an. Also genossen wir einen weiteren Nachmittag am Sandstrand. Auch hier war die Ostsee flach, angenehm warm und es gab fast keinen Wellengang.
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Für die Nacht checkten wir beim Keskranna Camping ein. Zum Abendessen gab es über dem Lagerfeuer gegarte Bratwürste mit Kartoffeln und Gemüse. Die Letten schrieben Camping übrigens Kemping, die Esten schreiben Telkimine.
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Morgen möchten wir uns eine abgelegene und wenig besiedelte Landzunge anschauen. Neben schönen Aussichten und ornithologischen Höhepunkten lockt ein Leuchtturm, den man besichtigen kann.
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steffengiselasson · 10 months ago
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Dienstag, 06.08.2024
Ausgestochen
Liebes Logbuch,
der Weg ist das Ziel, nicht auf ausgetretenen Pfaden wandern, einen Weg bereiten statt ihn nur zu beschreiten - alles dämlichen Blabla, wir haben nur zwei Wochen für zwei ganze Länder. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir wollen Spaß, Sonne und Erholung. Sofort.
Wer nur zwei Wochen für zwei wunderschöne Länder hat, der muss priorisieren. Beispielsweise mussten wir zwischen dem Gauja Nationalpark (Lettland 🇱🇻) und dem Soomaa Nationalpark (Estland 🇪🇪) entscheiden. Beide hätten wir nicht gepackt.
Der Gauja Nationalpark lockte seine Besucher wie folgt: „Der Nationalpark Gauja ist der größte und der älteste Nationalpark in Lettland. Er ist durch eine große biologische Vielfalt, verschiedene Reliefformen, Quellen, Sandsteinfreilegungen, malerische Landschaften und einzigartige Natur- und Kulturdenkmäler geprägt.“ Und der Soomaa Nationalpark? Der war, naja, ein Sumpf. ABER: Der Soomaa sollte der wildeste Nationalpark sein und quasi unberührter Natur Heimat bieten.
Also fuhren wir heute von Pärnu zum Soomaa Nationalpark. So ein Moor wollten wir uns nicht entgehen lassen, zumal uns ja echte Wildnis versprochen worden war, Wölfe, Biber, Elche, Bären und allerhand gefiederte Freunde. Und der Haken an der Sache? Sagen wir so, es gab Hinweise…
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Nach hundert Metern im Wald wurde jedem Trottel klar, weshalb der Soomaa bis heute unberührt ist: Hier hält es einfach niemand aus. Und mit „wild“ konnte nur das Hauen und Stechen (haha) gemeint sein, das sich zwischen den Mücken und Bremsen einerseits, uns Menschlingen andererseits entwickelte. Zwar hatten wir Mückenschutz aufgetragen, aber nur auf nicht bedeckte Haut. Und in diesem Punkt hatten die Mücken uns ausgestochen (haha), weil sie einfach durch Kleidung pieksten. Socken, Hosen, Rucksäcke - sie durchstachen alles. In meinem Gesicht mussten mehrere zusammen gearbeitet haben: Wenn man die Stiche verbindet ergibt das den Großen Wagen. Hinter den Ohren habe ich links wie rechts symmetrische Stiche - vielleicht hat das Biest aber auch links eingestochen und kam rechts wieder raus. Das zitronige Mückenspray hielt das Ungeziefer überhaupt nicht fern. Wir kamen uns vor wie ofenfrisches Lachsfilet, das einer mit spanischer Zitrone garniert, vor einen ausgehungerten Schweden stellt und sich denkt: So! Jetzt geht der da bestimmt nicht ran.
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So traurig es war: Das Spray juckte die Mücken gar nicht (haha). Mit jedem Schritt auf Waldboden stoben sie zu Hunderten auf und drangen auf uns ein. Das brachte unser Blut zum Kochen! Anders gesagt rüttelten die Viecher am Ohrfeigenbaum, und wir klatschten, allerdings keinen Applaus. Nicht lange, da stach Annika mit einer guten Idee hervor: Rückzug. Hier gab es nichts zu gewinnen.
Nichts wie weg hier. „Wild“ ist ja schön und gut, aber so wild wie hier ist es sonst nur in der Notaufnahme, und da werden schließlich auch keine Touristen hingelockt.
Statt zwei Nächten und zwei Tagen gaben wir dem Soomaa also einen Nachmittag (plus Anreise) und fuhren spontan zu einer Inselgruppe im Westen des Landes. Mit jedem Kilometer in Richtung Küste lichteten sich die Wolken und bei strahlendem Sonnenschein erreichten wir Virtsu. Von Virtsu nahmen wir die Fähre nach Muhu. In nur 30 Minuten brachte sie uns zurück ins Paradies. Wildblumenwiesen säumten unsere Fahrt durch mit Feldsteinen verzierte Felder. Eine leichte Brise wehte am Meer zum Gesang der Flussseeschwalbe. Zu einem Landebier verzehrten wir pflichtgetreu Reste und freuten uns auf den folgenden, mückenfreien Tag am Meer.
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steffengiselasson · 10 months ago
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