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#Warburgs Akten
fabiansteinhauer · 5 months
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Akten
Nächste Deadline: Warburgs Akten. In dem Aufsatz, der in einem Sammelband zur Geschichte und Theorie der Akten erscheint, schreibe ich zur Frage, inwiefern Aby Warburgs Tafeln Akten sind.
Im November 2022 hatte ich dazu in Wien einen Vortrag gehalten; im Wiener Staatsarchiv und im Militär- bzw. Kriegsarchiv Archiv hatte ich gleichzeitig zu einer der vielen Herkunftslegenden, man kann sagen: der ursprünglichen Legenden über Warburgs Tafeln geforscht, nämlich zu der Behauptung von Gombrich, dass Warburg diese Tafeln von Fritz Saxl, der wiederum von der österreichischen Armee übernommen hätte. Es gibt einige Vorbilder für die Tafeln.
Das sind also zum Beispiel die Tafeln, die Saxl als Ausbilder u.a. für die Artillerie, wo er im ersten Weltkrieg hochdekoriert eingesetzt wurde und von denen ich nach Studium der Personalakten Saxls mir spekulativ vorstellen kann, dass er dort auch Graphen für Projektile und andere Geschosse oder aber mathematische Formeln zeichnete, deren Ernst und deren Bedeutsamkeit für den Einsatz im Krieg (man zielt damit auf die Richtigen, nicht auf die Falschen) es auch rechtfertigt, diese mathematischen Formeln Pathosformeln zu nennen, zeichnete. Saxl war guter Mathematiker, das half ihm nicht nur für seine kunsthistorische Expertise, die insbesondere Rembrandt, aber auch der astrologischen und astronomischen Literatur und Bildgeschichte galt. Der konnte Kurven und Ellipsen berechnen, egal ob das jetzt Planeten oder Meteore oder Granaten waren. Saxls Tafeln können dem Warburg ein gutes Vorbild gewese sein. Dann gibt es, besonder gut erläutert, dasjenige Vorbild, das Thomas Hensel nach ein Vorbild für Warburgs Tafeln war, nämlich ein Klapptisch, eine Art Reißbrett. Auch das kann dem Warburg ein gutes Vorbild gewesen sein, fantastisch auch die Beweisführung, die Thomas Hensel quasi auf den Tisch gelegt hat und die ich seitdem nicht mehr ignorieren, quasi aus dem Blick wieder löschen kann.
Ich gehe davoon, dass Vorbilder Referenzen sind, die vague oder vogue sind, die also vagabundieren und pendeln können. Für Warburgs Tafeln kommt ein Vorbild in Betracht, das durch heterogene Objekte gewandert ist, das also durch seinen Tisch und Saxls Tafeln gewandert sein kann. das Vorbild kann auch durch die Einrichtung in den Räumen der Warburgs gewandert sein, die römisch tabulinum oder tablinum genannt wird und zwischen privater und öffentlicher Sphäre einen Arbeitsraum, ein 'home office', ein Sekretariat, ein Büro oder eine Kanzlei bildet. Dort standen bei den Warburgs Tische und Regale (also horizontale und vertikale Tafeln) und an den Wänden hingen noch einmal vertikale Tafeln und Tabellen. Weiter noch kann das Vorbild auch durch römische Akten gewandert sein, durch den Kalender des Filocalus von 354, den Warburg im Atlas verwendet und der ein Modell derjenigen Akten ist, die primär kalendarisch, zeitmessend, zeitgliedernd und zeitverwaltend arbeiten. Als zweites wichtiges Vorbild kommt die notitia dignitatum in Betracht: das Vorbild der Akten, mit denen auch Körperschaften gliedern und gegliedert werden. Dort finden sich auch Bilder von Tafeln, auf denen Tafeln stehen.
Soll man von einem Vorbild oder von Vorbildern für Warburgs Tafeln sprechen? Weil die Voraussetzungen, von denen ich ausgehe, differenztheoretisch genannt werden (ich nämlich davon ausgehen, dass alles das, was vorgeht und immer wieder nachrückt Differenz ist und Identität insofern Differenz aufsitzt und sekundär ist) ziehe ich den Singular vor, spreche also von einem Vorbild, nur eben von einem, das wandert und dessen Form vague und vogue assoziiert bleibt. Die differenztheoretischen Annahmen sollen die Frage nach dem Selben nämlich schärfen, nicht entschärfen. Sie sollen die Frage nach den Übersetzungen und Verstellungen, nach dem Artifiziellen und dem Stellvertretenden, die nach Assoziationen und ihrem Unbeständigen (das weder leer ist noch einer Leere aufsitzt) schärfen und nicht entschärfen.
Mir scheint, dass die Verwendung des Plurals eine Reaktion darauf ist, dass einige den auf Knopfdruck spielen oder aber die große Trennung (man müsse doch unterscheiden!) wie auf Knopfdruck schon bei leichtesten Problemstellungen zücken und anderen darum ebenso leicht als Replik den Plural verwenden. Sagt jemand, warum jemand anderes eigentlich immer vom Recht spreche, das Recht sei doch so unterschiedlich und Wissenschaftler hätten inzwischen mehr als 146 Rechtsbegriffe gezählt, jeden Tag würden Juristen mit neuen Rechtsbegriff aus der Tasche Zaubern und suggerieren, das sei alles Recht, immer wieder das Recht, was ein erlaubter, aber auch billiger Trick, eben Nominalismus auf Knopfdruck ist, dann zücken andere den Pluralisierungsjoker und sagen, das wüssten sie auch alles und sähen es auch als Problem an und würden darum sorgfältig von der Vermehrung und Vervielfältigung der Rechte sprechen. Da kann man auch beim Singular bleiben.
2.
Ich würde von einem Vorbild für Warburgs Tafeln sprechen. Das ist jene Akte, die ein minores Objekt ist und insofern Bilder, Wort und Schrift, Speisen und Getränke, Körper und Geistergeschichte tragen und tragen lassen kann, trachten und trachten lassen kann.
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Der Scholz-Skandal zum richtigen Zeitpunkt! Akten gesperrt!
Der Scholz-Skandal zum richtigen Zeitpunkt! Akten gesperrt!
  Nichts zu verbergen? https://t.co/h9cubNU63j #CumEx #Warburg @Ramthun — Fabio De Masi 🦩 (@FabioDeMasi) September 10, 2021 Null Selbstkritik, null Einsicht. Dafür Kritik an der Staatsanwaltschaft. Typisch #Scholz halt. #Razzia https://t.co/wZACeR0Ab7 — Sebastian Steineke (@SteinekeCDU) September 10, 2021
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fabiansteinhauer · 1 year
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K.B.W.
Die K.B.W. wird 1933 geräumt. Und nu? Bei einer Besichtigung hat sich der zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamtes 1936 davon überzeugt, dass für dieses Gebäude nur ganz vereinzelte Verwendungsmöglichkeiten bestehen. Wohl wahr. Die Verwendbarkeit ist äußerst verknappt. Der Einheitswert wird herabgesetzt.
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fabiansteinhauer · 2 years
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Wien
Kritik der großen Trennung, Kritik der großen Referenz: Man unterstellt erstens, dass das Recht Differenzen operationalisiert und darum normativ ist, zweitens, dass das Recht bereits angefangen hat, bevor man selbst angefangen hat, sich damit zu beschäftigen und dass man darum in seiner Beschäftigung mit dem Recht dem Recht aufsitzt.
Gegen große Trennungen kleine Mannigfaltigkeiten wuchern lassen, kein Narzissmus der kleinen Differenzen, sondern ein Anti-Narzissmus der kontinuierlichen Variationen, ist das, was Eduardo Viveiros de Castro in der Kannibalischen Metaphysik vorschlägt, nachahmenswert? Müsste man nicht neben großen Trennungen zwar kleine Mannigfaltigkeiten wuchern lassen, aber auch darauf vertrauen, dass das bereits Blicke auf und Deutungen der Details ermöglicht, die durch das Dogma der großen Trennung unmöglich wurden, statt einen Gegensatz schon in der Behauptung zu manifestieren? Muss es nicht um kontinuierliche und diskontinuierliche Variation gehen, um Differenz und Wiederholung sowohl im Selben als auch im Anderen gehen? Das sind alles schwierige Fragen. Ich würde sagen ja, aber erstens: was heißt schon ein ja, und zweitens: wer bin ich schon, um sowas zu sagen?
2.
In Wien will ich Warburgs Staatstafeln mit Objekten assoziieren, die unter dem Namen notitia dignitatum und unter dem Namen Kalender des Filocalus kursieren. Die Objekte behandele ich als kleine Objekte, also als Objekte, von denen ich (noch) nicht behaupten kann, dass dasjenige, was sie auszeichnet, in einer großen Anzahl weiterer und anderer Objekte auch vorkommt. Auch als kleine Objekte können sie sowohl abstrakt als auch konkret, sowohl allgemein als auch besonders sein. In dem Projekt über Warburgs Staatstafeln behaupte ich, das Aby Warburg Rechtswissenschaft betreibt - und ich muss in einer Kette von Trennungen und Austauschmanövern aufzeigen, wie man von Kunstgeschichte über Polarforschung und Symbolwissenschaft zur Bildwissenschaft und zur Kulturwissenschaft, zur Wechselwissenschaft, zur Tafelwissenschaft und zur Rechtswissenschaft kommt. Ich glaube, wenn man einmal die Geschichte der Trennungen und Austauschmanöver aufzeigt, mit denen Bilder und Rechte auch durch kleine Objekte wie die notitia dignitatum und den Kalender des Filocalus auftauchen, man sowohl Kontinuität als auch Diskontinuität der Bild- und Rechtsgeschichte deutlich machen kann und deutlich machen kann, mit welcher Perspektive Warburg Rechtswissenschaft betreibt. Die Objekte wechseln nicht nur, sie sind auch Wechsel. Das ist bei Warburg keine Wissenschaft von Werten und Verbindlichkeiten, nicht von Geltung oder von besonders qualifizierten, etwa staatlichen oder juristischen Quellen der Normativität, nicht einer Sonderklasse von Normen. Das ist bei Warburg die Wissenschaft eines Distanzschaffens, das unbeständig ist und dessen Unbeständigkeit er als Polarität begreift.
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fabiansteinhauer · 7 months
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8. Salon
Klein und kurz: Die Ausstellung, die Roberto Ohrt, Axel Heil, Kurt Schmid, Conrad Hübbe und ich im achten Salon aufgebaut haben. Das war auch Anlass, meine Forschungsergebnisse zu WarburgscStaatstafeln das erste mal öffentlich in Hamburg vorzustellen. Ich durfte 3 Stunden reden, vielen waren nicht da, aber die da waren, die waren sehr großügig und hilfreich. Wenn ich mich nicht irre, haben sie große Augen und weite Ohren gemacht.
Warburgs Rechtswissenschaft beginnt 1896 mit Gesprächen, die er aufgrund einer anthropologischen Lehre bei den Hopi, mit einem nicht großen, aber kleinen Anderen, nämlich mit dem Juristen Sally George Melchior über Symbole geführt hat. Die anthropologische Lehre sagt ihm nicht, dass woanders alles anders ist.Sie lässt die Fremde kaum entdecken. Sie sagt, dass alles das was hier vorkommt auch da vorkommt, nur in anderer Reihenfolge, anders geschichtet und anders assoziiert, anders verkettet zum Beispiel. Sein Interesse an dem, was wir Bild nennen, passt insofern nur teilweise in die Einrichtungen der Kunstgeschichte und gar nicht in einer Geschichte der Ausdifferenzierung oder großen Trennung. Warburg fragt darum einen Juristen, welche Bildgeschichte das römische Recht hat. Beide unterhalten sich auf einem Schiff über die mancipatio, das ist ein Akt, eine Formel, ein Protokoll, eine symbolische Rechtshandlung - Gaius nennt sie einen bildlichen Verkauf, oder, wenn man das Wort venditio in der Übersetzung voll ausschöpft, ein bildliches Getöse oder Bildgebläse, ein 'eroberndes' oder zumindest aus und zur Oberfläche kommendes Wirbeln. Ein Verkauf im modernen Sinne ist die mancipatio nicht, sie ist zum Beispiel kein Vertrag, kein synallagma (und bleibt insoweit eher eine einseitige Handlung und Erklärung). Die mancipatio ist eine 'Pathosformel' unter den Institutionen des römischen Rechts. Nicht immer dann, wenn sich etwas in oder an der römischen Gesellschaft bewegt kommt sie zum Einsatz. Nur wenn wichtige, ernsthafte, oberste, quiritische, quasi pathetische Dinge bewegt werden, wenn sie ihre Position wechseln, weil ihre Zugehörigkeit oder aber das Eigentum an ihnen gewechselt wird, kommt sie zum Einsatz. Einen Sack Bohnen kann man ohne mancipatio erwerben, Stroh, Wasser, Dinge das täglichen Verbrauchs kann man ohne mancipatio erwerben. Dinge, die die römische Ordnung reproduzieren und die darum grundsätzlichen ihren Platz oder ihre Stelle halten sollen, die kann man nur mit Hilfe der mancipatio erwerben. Sie zähmt, züchtet, sanktioniert und kanalisiert eine Bewegung, wenn man so will: sie reguliert sie, wenn auch so, wie die Hopi reign the rain and let the reign rain. Alles was darin regiert, regt (sich) auch.
Aus der Beschäftigung mit der mancipatio wird bei Warburg von 1896 bis 1929 in mehreren Stationen eine Rechtswissenschaft, die gleichzeitig als Polarforschung betrieben wird. Aus dem Wechselgeschäft kommend sieht Warburg nämlich auf ein Recht, an dem alles wechselbar ist, an dem und in dem und durch das sich was regt. Das Recht mag eine Scheidekunst sein (Ihering), bei Warburg läuft die Kulturtechnik des Distanzschaffens selbstverständlich auch im Recht und durch das Recht mit. Das Recht legt darin zwar auch etwas fest, aber Warburg interessiert sich für das, was es bewegt, wie es auf Bewegung reagiert und wie es bewegt ist - und dass es unbeständig bleibt. Er entwickelt die Rechtswissenschaft nicht am Gesetz und nicht an Sätzen, nicht an Werten oder Entscheidungen, sondern an dem Akt und den Akten, an den Formeln, Protokollen, Listen und Tabellen: an allem dem, was am Recht eingesetzt wird, um Bewegungen zu operationalisieren, die schwer berechenbar sind und ungesichert bleiben, die also meteorologisch sind. Das ist Rechtswissenschaft aus dem Geist des Kalenders, einer Zeitmessung und Raumplanung, deren Sicherung immer ungestillt und unerfüllt bleibt. Der Mensch tracht und Gott lacht.
Die Staatstafeln bilden die Summe dieser Rechtswissenschaft. Die kleinste Einheit (anders gesagt: das Ding oder Objekt) dieser Wissenschaft ist zwar auch eine Norm oder normativ (denn sie ist Effekt einer anderen Scheidekunst: des Distanzschaffens). Bei Warburg ist so eine Einheit aber eine Norm, die zugleich ein (choreo-)graphischer Akt ist, choreographisch deswegen, weil der Körper immer schon mimetisch agiert und reagiert, also aus den Körpern schöpft.
Beide Staatstafeln in der Größe, wie sie aus und für Warburgs (Choreo-)Graphien entstanden, also ,Originalgröße'. Warburg ist 1,63 m groß, also so groß wie ich. Die Tafeln sind Warburgs Gegenüber: jede ist ein Objekt, das gehändelt werden soll und an dem neben dem Sehen und Zeigen auch das Hantieren zum Protokoll der Nutzung gehört. Die Tafel haben einen Bezug zu Warburgs Körpergröße und sogar zur Größe seiner Hände, die Körpergröße der abgebildeten Figuren entspricht maximal der aufgespannten Hand von Warburg. Das Bild, das Mussolini beim Handschlag vor dem Lateranpalast zeigt, macht das deutlich.
Dazu hatte ich Bildmaterial zur römischen Kanzleikultur, zur niederen Bildgeschichte des römischen Rechts und zu Warburgs Arbeitsmaterialen aus dem Februar 1929 mitgebracht: Pancirolis Ausgabe der notitia dignitatum mit ihren Protokollen, Tabellen, Tafeln und Listen, Bilder des Münchner Codex der notitia dignitatum, Bilder von Fotos, die Warburg in Rom sammelte oder dorthin mitbrachte (das Bild vom Umriss des neues Staates und dasjenige von Carl Melchior sowie die Protokollskizze vom 10.2. 29). Dazu haben wir Tafel C, die mit den Polobjekten, Tafel 77, 6 und 41 (zur Fortuna) gezeigt. Kurt Schmid hat Material aus Kreuzlingen und zum Schlangenritual mitgebracht. Ohrt hat gefunkt und gefunkelt, der achte Salon ist eine Institution, weil Ohrt eine Institution ist. Im Zentrum der Ausstellung: ein Modell des Moskauer Funkturms. Was will man mehr? Wunderbarer Einstieg in die Herbstsaison und das Wintersemester.
Allmählich ballt sich eine Expertise zur Ausstellung juridischer Objekte.
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fabiansteinhauer · 2 months
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Letter
1.
In den letzten Jahren haben verschiedene Forschungen sich denjenigen Techniken und Objekten zugewandt, die bei der Formierung und (Re-)Produktion des Rechts und seiner Wissenschaften eine zwar untergeordnete, damit aber effektive Rolle spielen sollen. Die Konstellation untergeordneter Effektivität scheint mir nicht an Eigenheiten solcher Techniken und solcher Objekte zu liegen, sondern an deren Verwechselbarkeiten und Austauschbarkeiten. Man kann, wie das etwas Thomas Hensel tut, von schwachen Medien, schwachen Techniken und schwachen Objekten sprechen, nicht, weil sie weniger effektiv wären, sondern weil es nur einer kleinen Anzahl von Operationen bedarf, bis sie andere Medien, andere Techniken und andere Objekte, also auch etwas anderes als Medium, Technik und Objekt erscheinen. Ihre Effektivität ist ihrer leichten Verwechselbarkeit und Austauschbarkeit affin, sie sind insofern nur sekundär, nur und immerhin Effekte mit Effekten.
 In der deutschsprachigen Literatur steht dafür der Name von Cornelia Vismann, die in den Neunziger Jahren anhand von Akten, Medien- oder Kulturtechniken einen Zugriff auf die Geschichte und Theorie des Rechts gewagt hatte, dessen Neuartigkeit  unter anderem darin lag, Geschichte und Theorie jenseits Figuren „großer Trennung“  (Goody, Latour, Viveiros de Castro) zu entwerfen, damit auch alte und neue Zeiten, nahe und ferne Räume weiter unterscheidbar zu halten, die Distanz dieser Unterscheidung aber verkehrsfähig und verkehrbar zu halten und damit 'pendeln' (Warburg) zu lassen. Unterscheidungen, die für Rechtssysteme tragend sein sollen, wie etwa diejenigen zwischen Ostrom/ Westrom, Subjekt/ Objekt, Personen/ Dingen, Schriftlichkeit/ Mündlichkeit oder Wort/ Bild hat Vismann einer Kritik ihrer Dynamik und Details unterzogen, wie etwa in ihrer Interpretation von "Schreibstunden". Die Akte ist bei Vismann mal ein Medium (wie die notitia dignitatum), mal ein Objekt (wie die nackte Phryne), mal ein Subjekt (wie die nackte Phyrne), mal eine Handlung (wie der der Aktenakt). Akten sind korrumpierbar, sie verschlingen alles und sind allem verschlungen, lassen alles durchgehen. Vismann rekonstruiert sie insofern nicht über Generalisierungen, sondern über Details und Dynamik.
 In der französischen Literatur verbindet man den Zugriff auf solche detaillierten und dynamischen Techniken mit so unterschiedlichen Namen wie Marta Madero mit ihrer Forschung zu angepinnten Tafeln, Yan Thomas zu römischen Operationen und Bruno Latour zum conseil d'etat.
In der englischen Literatur verbindet man diese Zugriffe auf Techniken und Objekte mit Namen wie Karen Barad, Susan Leigh Star oder Donna Haraway.  Solche Zugriffe wollen wir bündeln und vertiefen, nicht aber auf ihrer Neuheit beharren. Insofern gilt unsere Tagung auch einer Archäologie der Letter und einer Archäologie minorer Objekte, die etwas lassen, indem sie gelassen sind. Wir spannen eine Bogen von der heute aktuellen situativen Ontologie zu den Situationisten und ihrem Verhältnis zu den Lettristen, weiter zu Carl Schmitts Dadaismus und noch weiter zu Rudolf von Jherings Scheide-, Digestiv-, Zersetzungs- und Zerlegungskunst sowie ihrer Destillation kleinster Zeichen und noch weiter zu Luthers Sendbriefen und weiter Passierscheinen der frühen Neuzeit. Archäologisch bauen wir eine Treppenszene auf, zum Auf- und Abstieg in entfernte Zeiten.
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fabiansteinhauer · 2 months
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Operative Praxis
1.
Am Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie hat sich eine informelle Gruppe gebildet, die Vismann-Studien aufgreift und weiterführt. Vismann-Studien nennen wir Studien zu den juridischen und juristischen Kulturtechniken, das heißt zur normativen, kooperativen und rekursiven Anlage des Rechts. Was Karl-Heinz Ladeur die "operative Praxis des Rechts" nennt (und auf die historischen Forschungen von Yan Thomas und Bruno Latour bezieht ), das beziehen wir weiter noch auf zeitgenössische Forschungen von Cornelia Vismann und diejenigen, die sich von ihr haben inspirieren lassen.
Diese informelle Gruppe ist Teil der Theoriemosaik, der Marietta Auer in der Abteilung für Rechtstheorie mit Mitteln des Leibnizpreises den Boden bereitet hat. Im letzten Jahr startete die Gruppe mit einem von Ricardo Spindola, Panu Minkinnen und mir organsisierten Workshop zu Recht und Anthropophagie, in dem es um Techniken vaguer Assoziation und ihr Verhältnis zur brasilianischen Moderne ging. Panu Minkinnen hat im Januar eine Tagung zu Cornelia Vismann in Helsinki organisiert. Nun greifen wir das Projekt der Vismann-Studien wieder und größer in Frankfurt auf.
2.
Im Mai findet die nächste Tagung statt, die nun von Nathaly Mancilla Ordenes (Helsinki), Ricardo Spindola (Frankfurt am Main), João Tiago Freitas Mendes (Bruxelles) und mir, Fabian Steinhauer, organisiert wird.
Diese Tagung widmen wir Lettern, also unter anderem Buchstaben, Briefen und anderen kurzen oder knappen Unterlagen. Letter definieren wir als minore Objekte, die etwas lassen, indem sie gelassen sind. Letter sind Objekte einer Rekursion, durch sie und dank ihrer geht ein Lassen, das aktive und passive Züge hat und diese Objekte auch als Medien der Rekursion erscheinen lässt.
Wir interessieren uns auf der Tagung für alle Weisen des Lassens (auch das Hinterlassen, Überlassen, Entlassen, Auslassen, Unterlassen, Verlassen) und damit auch für alle Weisen der Lässigkeit (auch die Nachlässigkeit, Zulässigkeit oder Verlässlichkeit). Letter wollen wir als ermöglichende Objekte begreifen. Als minore Objekte sind Letter Unterlagen oder Situierungen. Ein phänomenologischer oder ontologischer Zugriff auf Letter wäre also gleichzeitig Zugriff einer situativen Phänomenologie und Ontologie.
Ein minores Objekt ist ein kleines, niedriges, schwaches, kurzes, unteres oder leichtes Objekt. Der CfP zu dieser Tagung wurde im Hinblick auf die normative, kooperative und rekursive Anlage der Forschung selbst als Letter versendet - und reagiert wurde deutlich, implizit und explizit.
Als Gäste der Tagung begrüßen wir Anna Polze (Bochum) mit ihrer Forschung zu forensic architecture und Tischeffekten, Stefanie Rüther (Frankfurt) mit ihrer Forschug zu Passierscheinen, Anna Clara Lehmann Martins (Frankfurt) mit ihrer Forschung zum kanonischen Recht, Migration und Bescheidenheit , Claas Oberstadt (Berlin) mit seiner Forschung zum transatlantischen Sklavenhandel und Listen, Friedrich Weber-Steinhaus (Berlin) mit seiner Forschung zu Karl Krauss' Akten, , Ari Marcelo Solon (Sao Paulo) mit seiner Forschung zu Carl Schmitt und Hieronymus Bosch, Arthur Barrêtto de Almeida Costa (Frankfurt) mit seiner Forschung zu Assessment Centern und Wissenschaft, Andityas Soares de Moura Costa Matos (Coimbra) mit seiner Forschug zu Andreas Alciatus und Alchemie, und Ino Augsberg (Kiel) mit seiner Forschung zu Luthers Sendbriefen
Die Organisatoren ergänzen das Programm, João Tiago Freitas Mendes (Bruxelles) mit seiner Forschung zum Sozialbaren, SimpliCity und Fluginstruktionen, Ricardo Spindola mit seiner Forschung zu den flatterhaften Anfängen des Bundesverfassungsgerichtes, Nathaly Mancilla Ordenes zu Eigenheiten der Briefe und ich zu zwei Lettern auf Aby Warburgs Staatstafeln (nämlich einem Kardinal und einem Scharnier).
Die Gäste und Gastgeber werden also ihre historischen und theoretischen Forschungen zu Lettern vorstellen, das sind in dem Fall teilweise Briefe, teilweise Buchstaben und Satzzeichen, teilweise Bilder. Die Tagung ist babylonisch, mehrsprachig, unter anderem wird dort englisch, portugiesisch und deutsch gesprochen - als übersetzende Basslinie werden englische Passagen mitgeliefert.
3.
Wir gehen davon aus, dass Vismanns Arbeiten zu den Akten bereits Arbeiten zu minoren Objekten sind, sprich: dass auch die Akte als ein Letter in Betracht kommt. In den letzten Jahren ist in der internationalen Rezeption der Arbeiten unserer ehemaligen Kollegin eine 'kreative Praxis' der Grundlagenforschung zu Geschichte und Theorie des Rechts deutlich geworden: Die Leute experimentieren, ohne sich wechselseitig Geltung zu versichern. Mehr noch als die Arbeiten von Yan Thomas zeigen die Arbeiten von Marta Madero (die methodisch allerdings an Yan Thomas anschließt), dass die operative Praxis des Rechts eine kooperative Praxis und diese Kooperation ein Händeln oder Bestreiten ist, das mit einem Verkehr oder einer Verkehrung von oberen und unteren Schichten einhergeht. Marta Madero hat die kooperative Praxis des Rechts anhand eines Objektes mit zwei Lagen oder Schichten untersucht, nämlich anhand des Objektes, das lateinisch tabula picta (angepinnte Tafel; englisch painTing) und mit deutschem Schmelz einfältig 'Bild' genannt wird. Madero zeigt in ihren Arbeiten zum 'Bildrecht', dass dasjenige, was Anspruch auf Systembildung erheben könnte, eine Verkehrbarkeit und Verkehrsfähigkeit von Lagen ist, eine situative Mobilität, die durch Objekte läuft, die wiederum wie von einem Scharnier durchzogen sind, anders gesagt: von einer Falte, die das Objekt nicht nur zu einem Grenzobjekt (boundary object) macht, an dem das rechtliche Wissen mit anderem Wissen und anderem als Wissen geteilt wird, sondern auch zu einem diplomatischen Objekt, an dem verhandelt und in kontrahierenden und distrahierenden Details alles bestritten werden kann.
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fabiansteinhauer · 3 months
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Recht und Gerechtigkeit als Pathosformel
1.
Inwiefern hat Niklas Luhmann in dem Buch zu sozialen Systemen von den erloschenen Vulkanen des Marxismus gesprochen? Präziser gefragt: welcher Genitiv ist dem Autor eigen? Schreibt Luhmann auch vom anfeuernden Marxismus erloschener Vulkane (wie etwa von dem Argument, vergehende Umwelten würden uns im sogenannten Anthropozän bedrängen, die Welt nicht mehr als Kapital zu begreifen) oder nur von den erloschenen Vulkanen des Marxismus? Was ließ Luhmanns Schreiben leben, was hielt dieses Schreiben (für) tot? Die zwar erloschenen, dafür aber ergrünten Vulkane oder/und die feuer- und aschespeienden, dafür aber rotglühenden Ausbrecher? Das ist zwar schwer zu sagen, zu sagen aber ist es.
2.
Aby Warburgs Ikonologie, die Wildwissenschaft ist, weil sie Polarforschung, Bild- und Rechtswissenschaft ist, beantwortet solche Fragen, indem sie solche Fragen an Pathosformeln beschreiben lässt, die entfernte, polare, unbeständige und meteorologische Zeit- Denk- und Spielräume ( "Antike") nachleben lassen sollen, und in denen weder der Tod eine Abwesenheit garantiert noch das Leben ein Versprechen auf Gegenwart erfüllt. Weder Leben noch Tod sind durch Pathosformeln, die nur und immerhin nachleben lassen sollen, garantiert oder gesichert, weder für die Zukunft noch für das Hier und Jetzt, nicht einmal für die Vergangenheit. Es kann sein, dass Pathosformeln eine Geschichte haben, kann aber auch sein, dass sie keine haben.
Pathosformeln sind sedimentär und aufrührbar, einem Geschichte sitzen sie immer auf, nämlich demjenigen Haufen aus Zügen, die normativ, kooperativ und rekursiv schon Züge geben, bevor sich nur ein Säugling erste Fragen stellt oder etwas sich systematisiert. Pathosformeln sind Teil einer Kanzleikultur und einer Welt im Rücken, die Thomas Melle wieder einmal polar genannt hat, die Vismann am Anfang ihrer Geschichte der Akten treffend mit einem Haufen, mit Aktenbergen beginnen lässt und in der noch das weiße Papier ein Haufen, zum Beispiel aus Lumpen, ist.
Gerechtigkeit als Zufall ist ein gealterter und immer noch elliptischer Titel dafür, dass Recht und Gerechtigkeit frei sind, einen melancholischen Kurs nehmen, dessen anderer Name Glück und Unglück oder Fortuna aka occassio, Zufall, ist. Luhmanns Formel als Pathosformel lesen heißt, das beste daraus zu machen, notfalls zu unterstellen, dass er beide Versionen sich angeeignet hat und nicht nur Systemtheoretiker, sondern auch ein praktisch chaotischer Marxist gewesen sein kann, praktisch chaotisch, weil er was durcheinandergebracht hat am akademischen Marxismus. Er hat, wie sein Schreiben nahelegt, die Formel zügig, blind und flugs verwendet.
Vulkane sind meteorologische Grenzobjekte und insoweit Gegenstand einer vergleichenden Meteorologie. Im Recht zieht nicht nur eine vulkanische Pathosformel (befeuernd, löschend oder erloschen) Form und Formlosigkeit durch, ist nicht nur durch Form und Formlosigkeit durchgezogen. Es liegt nahe zu sagen, alle Pathosformeln seien vulkanisch, weil der Pathos eine hohe oder sogar ausbrechende Erregung sei. Ganz falsch ist das nicht, könnte aber nicht scharf genug gesagt sein. Sie sind vulkanisch, weil sie meteorologisch sind, nicht erst seit Descartes. Warburgs Pathos kommt zwar auch haufenweise daher und insofern möglicherweise mit hoher Erregung. Die kann aber bremsen, hemmen, kann also auch aus routinierter Regung ausbrechen. Das Hohe daran muss aber weder sublim, noch souverän, muss nicht herrschaftlich und herrschend sein. Es kann auch minore, niedere, auch niederträchtige Regung sein, auch Wahnsinn, auch Pathologie. Warburg lässt wiederum dasjenige, was an Pathosformeln passioniert, an Passionen privat und was daran wieder pathologisch sein soll, sich nicht nehmen. Er begreift sie in und durch Akte, weil sie Passion/ Passivität und Aktion, insoweit sogar Pathologie und Kuratorium ineineinander übersetzbar machen sollen. Das Ungehörige muss nicht Angehöriges sein. Das Private kann öffentliche Praxis sein. Logik kann rational sein, die Vernunft kann rationiert sein, auch die Pathologik. Treffend wurden Warburgs Formeln in der Literatur auch niedriger, nämlich aus als Ethosformeln beschrieben. Man hat auch die Ethik zu einer polarforschenden Wildwissenschaft, zur Bild- und Rechtswissenschaft gemacht. Die Meteorologie ist zwar rigide räumlich, aber ebenso rigide zeitlich, das einzige Reine an ihr ist das Vorübergehende, ein Kommen und Gehen, vom dem Thomas Hobbes im Leviathan mit vornehmer Zurückhaltung nahelegt, es sei unverbindlich. Schwer berechenbar scheint es, weil es bar jede Berechnung und Bar jeder Berechnung sein kann.
Die Formeln lassen durchgehen, ähneln nicht nur demjenigen, was in rhetorischen Institutionen decorum (Gemustertes und Durchgehendes) genannt wird. Sie können rhetorischen Institutionen auch unähnlich sein und doch wie sie musternd und passierend, musterhaft und durchlassend. Die Formeln sind zwar vague, aber sie sitzen keine Leere auf, sie können sich nur nicht auf eine hylemorphistische Architektur stützen, kein Inhalt diktiert ihnen die Form und das, was sie loswerden sollen. Diese Formeln sitzen keiner Leere auf, sie sitzen schon Durchzogenem und Durchgezogenen, schon Formen und Formosigkeit auf. Pathosformeln ziehen Form und Formlosigkeit durch. Wenn das, weil es auch Distinktionen Züge gibt, Distinktion ziehen oder zeichnen lässt und dabei Zeit-, Denk- und Spielräume unmarkiert stellt, könnte man sie für ein Kalkül nutzen. Das muss allerdings nicht systematisch sein, kann auch meteorologisch sein. Ikonologie als Wildwissenschaft schlägt nicht vor, Gerechtigkeit weder als Kontingenz- Transzendenzformel zu begreifen. Sie rät nicht dazu, in Anbetracht des Imaginären und Realen kein Systemtheoretiker zu sein. Sie schlägt vor, sich vorzustellen, dass Differenzierungen weder ausgehen noch aus sind und dass Selbstreferenzen meteorologisch situiert sein können, größer oder kleiner vorkommen (egal, an was man sie und was man ihnen anhängt), dass sie also durchgehend und anhaltend halbgeschrieben (Nietzsche) werden. Ihr Künstlerbegriff sollte Fremdreferenz und ihr Künstlername Warburgbank lauten. Man könnte Doppelnamen daraus machen, wenn schon Leuthäuser-Schnarrenberger möglich ist, warum nicht auch Selbstreferenz-Fremdreferenz?
Ihre meteorologische Situierung macht die Referenzen nicht löchriger als die übrigen Institutionen der Kanzleikultur. Sie sind weiterhin cum ex nutzbar, obschon die Nutzung ex nihilo ein kurzes und stolzes Gedächtnis verlangt.
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fabiansteinhauer · 3 months
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Der Memory-Styx-Atlas
1.
Der Mnemosyne-Atlas ist der Memory-Styx-Atlas, wenn er so gewendet wird, dass ein stolzes Gedächtnis auch kurz sein kann. Der Atlas von Warburg kommt mit Löchern daher. Wie man Kaffee "mit ohne Sahne" bestellen kann, kommt er auch mit ohne Bildern daher, er ist auch bildfrei
Der Mnemosyne-Atlas kommt cum-ex daher. Warum sollte man sich auch dem Gewaltmonopol eines Staates und dem Monopol der Sätze unterwerfen, wenn es doch diesseits und jenseits der Staatsgrenzne Schlupflöcger gibt, man selbst davon ausgeht, dass der Staat und das Recht aus einem Loch geschlüpft seien, weil es vor dem Staat keinen Staat und vor dem Recht kein Recht gegeben hätte und weil Staaten begrenzt sind, schon damit man aus Staaten flüchten kann, zum Beispiel in angebliche Steuer- oder Asyloasen oder, wie Aby Warburg, sogar ins totale Asyl, eine geschlossene Anstalt, falls die Staaten und Rechte insgesamt im Krieg ist und überall in der Welt zuviel Welt und Recht und Staat und Gesellschaft und Familie und noch und noch soviel zuviel und zuviel ist. Der Staat ist begrenzt, damit man über seine Grenzen hinweg in eine dunkle Opiumhöhle schlüpfen kann oder in Kreuzlingen etwas feiner auf einem Privatgrundstück eine Opiumkur machen kann, wie das Aby Warburg gemacht hat. Man spricht von einem Recht auf Nichtrecht. Die Rede von einem Recht auf Nichtrecht sitzt auf, ihre Genaologie und Archäologie endet nicht bei Cicero, der die Formel summum ius summa iniuriae schon als alten Spruch beschreibt. Die Antijuridismus und der Juridismus sind den Zügen nach, jenen graphischen und choreographischen Akten nach, die Form und Formlosigkeit durchziehen, identisch.
2.
Der Atlas von Aby Warburg bietet eine private Praxis öffentlicher Dinge an, keine Unterwerfung, keine Subjektivierung, keine Objektivierung, kein souveränes Prinzip. Der Atlas ist nicht nur schön, nicht nur häßlich, nicht nur gut, nicht nur böse, nicht nur rein, nicht nur unrein, nicht nur dieseits und nicht nur jenseits. Am ehesten ist er noch prds, also Paradies und Paradas.
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fabiansteinhauer · 3 months
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Botswana: Tourismus-Boykott soll indigenes Volk retten - [GEO]
Streiken
Das Streiken ist eine juridische Technik, die man einsetzt, um zu unterbrechen, was schon gebrochen ist. Anders gesagt: Sie sollen in Und durch Unterbrechungen Wendungen regen, nach Möglichkeit regieren lassen.
Der Arbeiterstreik, die Strategie der rupture und die Verweigerung des Sprechens oder die Verweigerung eines Prozesses setzen solche Techniken voraus. Man muss, um streiken oder boykottieren, um Prozesse verweigern oder nicht sprechen zu können, um also noch schreien oder schweigen zu können, anfangen können zu schreien und anfangen können, zu schweigen. Man muss ein Maul halten und ein Maul aufreißen können, braucht Tore, die man schließen kann und öffnen kann, schon damit das Schließen zur Aktion wird und nicht in Passion sich erschöpft. Man braucht Pathosformeln, um Pathos im Akt zu nutzen und Pathos nicht in Pathologie auslaufen zu lassen. Streiken/ Geschichte und Theorie einer Unterbrechung ist ein Forschungsprojekt in Zettelkästen, das gescheiterte Anträge hinter sich hat und eine Anstellung am MPI. Das Ziel ist es, eine Geschichte zu erzählen und Theorie zu formulieren, das heißt auch: Form los zu werden und mit Formlosigkeit umzugehen.
Das Material und die Details, alles das, was zum Corpus des Forschungsgegenstandes gehört, soll am Prospekt des Streikes in St. Petersburg liegen. Das Projekt starrt gerade (es streikt von allen Seiten und wird von allen Seiten bestreikt), still und ruhig ist es auch im Starren nicht. Die Diskussion darüber, wer angemessen streikt und wer angemessen boykottiert, die trägt etwas in den Zettelkasten. Ghassan Hages Umgang/ Umgehung, seiner/ seine und der/die mit ihm, wird scharf beobachtet. Martin Wageners Umgang/ Umgehung, seiner/ seine und der/die mit ihm, das wird scharf beobachtet, auch wenn beide und ihre Gegner noch nie einen Fuß auf den Prospekt des Streikes gesetzt haben. Kulturtechnikforschung ist vergleichende Normwissenschaft, vergleichende Regungswissenschaft. Zettelkästen sammeln, wie Warburgs Tafeln und wie Vismanns Akten (nicht aber wie Bücher und nicht wie autorisierte Schreiben), die Zerstückelung der Welt als und in Kontraktionen und Distraktionen.
2.
Arbeiter und Autofahrer, teure Pendler! Radikale Extremisten rufen zum Boykott der Kalahari-Wüste auf, die wollen Euch die freie Fahrt für freie Bürger nehmen und schreien, statt zu diskutieren. Die Stämme sprechen unverständlich, haben keine demokratische Verfassung, akzeptieren kein Eigentum, wehret den Anfängen und fahrt in die Wüste. Die Wüste wächst, wehe dem, der Wüste birgt, ihm wehe wüster Wind. Er drücke sein Gesicht in den Wüstensand, um vom Antlitz des freien Menschen den tiefsten Eindruck zu hinterlassen, dort, wo es nicht weggespült werden kann.
Jeder darf zynisch sein, nur nicht die Berater. Die Passage soll ein Ratsfreiheit vorführen, Rat los werden lassen. Die Geschichte und Theorie des Streikes sollte juridisch schon da ansetzen, wo Kittler den Bla und die Max-Planck- Gesellschaft den Barbaren stellen, hinstellen und unterstellen, das sei ein Bla oder ein Barbar.
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fabiansteinhauer · 4 months
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Was ist ein Bild?
1.
Das Bild ist eine Norm und die ist eine Regung. So definiere ich das Bild, normativ und operativ. Bildregeln sind nicht nur Regeln von etwas anderem als einem Bild, die für das Bild gelten sollen. Das Bild ist ein Regler, denn es regt, sich und anderes, an, auf und ab.
Bildregeln sind auch das, was ein Bild regelt und diese Regeln können etwas regieren. Bildregeln können die Normen sein, die von Bilder ausgehen, sie ganz ohne Sätze auftauchen und trotzdem schon mit Sprache assoziiert sind und insoweit schon mit und ohne Sprache trennen und getrennt sind. Regeln müssen nicht in dem formuliert sein, was man im engeren Sinne Sprache nennt, also nicht mit Worten und Sätzen formuliert werden. Sie müssen nicht schriftlich formuliert werden. Sind sie im engeren Sinne sprachlich oder schriftlich formuliert, können sie immer noch sowohl ein Bild sein als auch etwas über Bilder sagen. Der Vater, der sich jeden Tag stumm an die Tafel setzt und damit das Signal gibt, dass die anderen sich jetzt auch an die Tafel setzen dürfen, dass kann eine stumme Bildregeln sein. Ein Türm die geöffnet wird und ein Zug von Richtern durch eine Tür, ihre Aufreihung hinter einer Stuhlreihe, der Umstand, dass sie ihre Kopfbedeckung absetzen und sich hinsetzen: Das kann eine Bildregel sein, die zum Beispiel markiert, dass ein jetzt Verfahren beginnt, das man mündlich nennt, als ob das ganze Gebäude, die Tische und Stühle, die Akten und Körper, die Kleidung, also ob all' das alles, das ganze Verfahrensgerüst Mund und nur Mund, ein riesiger Mund wäre.
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2.
Bildregime sind nicht nur Regime, die von außerhalb des Bildes und von etwas anderem als das Bild das Bild bestimmen sollen. Bildregeln und Bildregime; das sind zusammengesetzte Worte, sie können aber auch eine Assoziation bezeichnen, die man kurz und knapp Bild nennt. Sie können das nicht nur bezeichnen; das Bild kann das Zeichen sein, dass man als Bildregel bezeichnet. Bilder können die Bilder sein, die man als Bildregime bezeichnet. Ein Bild das regelt, das zum Beispiel den Regler bestimmter Affekte nach oben oder nach unten schiebt, also jemanden aufregt und wütend macht, ihn zittern und änglichst sein lässt, ihn begeistert und euphorisch macht, ihn lieben und begehren lässt, ihn an die Decke oder zu Boden gehen lässt, ihn klagen, versöhnen oder befriedigen lässt, das kann eine Bildregel, ein Bildregime sein - durch etwas, von dem man dann auch überlegen kann, ob man es als Objekt oder Subjekt oder als Akt (eventuell Handlung), Medium oder sonstwie betrachten sollte. Bildregeln können Bilder sein, müssen aber keine Bilder sein, es können auch Worte und Begriffe sein, die einem Bild gegeben und einen Bild assoziert werden und die Assoziation, die ein Bild ohnehin ist, mitbestimmen sollen. Aber dann sind dem Bild assoziiert, sie "durchqueren" es eventuell, wie Louis Marin einmal gesagt hat, beschneiden es oder lüften es, auf das es mehr Raum einnehmen und mehr Zeit haben kann.
2.
Das Bild ist eine Norm, an ihm und durch das Bild wird Differenz operationalisiert, zum Beispiel entschieden, was wahrnehmbar sein soll und wie wahrnehmbar sein soll und was nicht wahrnehmbar oder wie etwas nicht wahrnehmbar sein soll. Bilder sind in dem Sinne nicht nur visuell, sie sind auch nicht-visuell. In dem Sinne zeigen sie nicht nur etwas, sie verstecken auch etwas. Sie lassen blicken und sie blenden. Die Wahrnehmung der Bilder betrifft nicht nur das Auge. Bilder lassen auch Tasten und Hören, Greifen und Tanzen. Alle höheren und niederen Sinnen, alle Sinne noch vor ihrer Einteilung und Abschichtung danach, ob sie höher oder niedriger sind, sind durch das Bild aktivierbar, alles an Sinnen kann durch passioniert werden. Aby Warburgs Bildwissenschaft ist u.a. am Sehen und Greifen interessiert, also an den Sinne, die über das Auge und die Hand laufen. 1896 beginnt er, sich explizit mit dem Recht, mit dem römischen Recht zu befassen und beschäftigt sich mit der mancipatio, einem Geschäft, einer Handlung (sic!) oder einem Akt, mit dem ein römnischer Bürger, ein Quirit, das Eigentum an einem Sklaven erwerben kann. Gaius nennt die mancipatio ein Bild, imago, genauer gesagt eine Art bildlichen Verkaufes. Dieser Akt involviert das Sehen und das Greifen, manche Autoren assoziieren den begriff der mancipatio mit dem Begriff manus, das heißt Hand. Bilder müssen nicht unbedingt gesehen werden, auch die Hand in ihnen zum Einsatz kommen, die Hand kann etwas zum Bild machen.
2.
Auf den Staatstafeln zeigt Aby Warburg auf der ersten Tafel (Tafel 78) das Protokoll eines diplomatischen Protokolls, das teilweise als lebendes Bildes (tableau vivant) beschrieben wird. Bilder können aus Menschenkörpern und Architekturen bestehen, aus Zügen oder Aufzügen, aus Auf- und Abritten - und aus den Bewegungen, Gesten und Gebärden, die dort vollzogen werden. Nicht nur das Auge und die Hand, auch die Knie und die Kniebeuge können Bilder fassen oder erfassen. Es kann Bilder gegeben, die ohne Worte und Klang, ohne Musik und Krach nicht wahrnehmbar sein sollen. Bilder können Zeremoniell sein. Die systenmtheoretische Forschung hat historisch zu der These geführt, nämlich bei Milos Vec, es gäbe keine Zeremonielwissenschaft mehr und kein zeremoniales Wissen mehr, weil das Recht sich ausdifferenziert hätte. Ich halte die Systemtheorie und den Einfluss auf die historischen Thesen auch insoweit für falsch. Aus, aus, aus, die Differenzierung ist auf, Deutschland ist Weltmeister? Selbst wenn das einmal der Fall sein sollte, sellbst wenn sich einmal in Bielefeld Meister finden, so what? Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Differenzierung ist nie aus und geht nie aus, sie fängt immer wieder von vorne an, ist immer wieder anfänglich. In diesen verhälntissen etwas zu vereinfachen und zu sagen, sicherlich könnten Bilder alles möglich sein, normalerweise seien sie aber dies und nicht das oder der gewöhnliche Juriste würde aber darunter und nicht das verstehen, das kann man machen, die Juristen machen es ja andauernd. Und reproduzieren damit den Bilderstreit, sie sagen es ja, weil offensichtlich gesagt werden muss, weil sonst noch jemand das nicht so sieht.
Die französische und die anglo-amerikanische Rechtswissenschaft, in Deutschland nur die Ansätze von mir (Bildregeln) und Vismann (Bildregime) setzen nicht mit der Unterscheidung zwischen Wort und Bild ein und machen die Unterscheidung zwischen Wort und Bild nicht zu einer prinzipiellen, kategorialen, ersten, zentralen Unterscheidung. Bei Daniel Damler bin ich mir nicht sicher. In früheren Arbeiten gab es Ansätze, den Unterschied zwischen Bild und Wort zu einen Unterschied zu machen, der die Methode trägt. In späteren Texten rücken Überlegungen zur Synästhesie ins Zentrum.
Ich halte auch die Deutung von Vismanns Arbeiten in dem Band Neue Theorien des Rechts für verzerrend, die Herausgeber ziehen sie in den systemtheoretischen Kontext, der bei ihr meines Erachtens weniger wichtig ist, als es die Luhmannzitate hier und da nahe legen. Die Unterscheidung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit spielt bei Vismann nicht die Rolle einer großen Trennung, auch nicht die zwischen Wort und Bild. Bei mir spielen beide Unterscheidung nicht die Rolle einer großen Trennung. Meine Texte sind nicht nutzbar und nicht plünderbar, um zu sagen, Bilder seien mächtiger als Worte oder um zu sagen, Schrift sei stabiler als mündliche Sprache. Sie sind nicht ausbeutbar um zu sagen, dass Bilder besser Gedächntisleistung ermöglichen würden. Stabilität und Gedächtnis sind zweischeidige Angelegenheiten. Wenn man mit Bildern sich besser bestimmte rechtliche Konstellationen merken können soll, wie manche behaupten, dann ist das limiert hilfreich, weil sich Recht ändert. Was ich von meinem Studium zivilrechtlich noch erinnere, würde mich heute vor Gericht lächerlich machen und im Examen vermutlich durchfallen lassen. In der Rhetorik gibt es den mnemotechnischen Einsatz von Bildern; in der Warburgforschung ist die Mnemotechnik ein wichtiges Gebiet geworden; aber Mnemotechnik hat dort Geschichte und Geschichten. Die sogenannten imagines (das ist u.s. ein Begriff aus mnemotechnischen Passagen der rhetorica ad herennium) liefern Formen für das die Rede (die Sprache und Aufführung, also auch Zeremoniell und Protokoll ist), die immer anders gefüllt werden müssen, die also unbeständig sind, weil sie Bestandwechsel organisieren.
Thomas Vestings Argument, der Schall würde bei der Aussprache zerfallen, die Schrift würde aber stehen bleiben, das überzeugt mich für Aussagen über Kontinuitöt und Diskontinuität oder über die Erweiiterung und Verkürzung von reflexiven Möglichkeiten nur limitiert (um nicht zu sagen: kaum), weil beides, Schall und graphische Spur, zum Distanzschaffen eingesetzt werden, beides Muster erzeugt und beides für das Symbolische eingesetzt wird.
Ich weiß, dass man das Material mit dem Sinn verwechselt, das hat auch Witz (über den Vismann in Texten über Versäumnisurteile auch witzig geschrieben hat). Aber die Lesart der kanadischen Medientheorien, die Mitte des 20 Jahrhunderts und auch mitten im kalten Krieg die Mediengeschichte als eine Abfolge aus Schritten und Sprüngen schilderte, die eine Architektur des Geistes aufgebaut haben sollen und immer wieder Abstände vergößert haben sollen, sowohl zur eigenen Vergangenheit als auch zu den Dingen und zu sich selbst, die also Reflexion und Distanz und damit Theorie und Geist immer größer gemacht haben sollen und schließlich zu dem geführt haben sollen, was Goody (kritisch) die große Trennung nannte, was später sogar zu einer Geschichte großer Anreicherung und Bereicherung wurde, das überzeugt mich nicht.
Warum? Weil Warburg eine andere Geschichte erzählt, in der das Distanzschaffen die Distanz, die es schafft, nicht zurücklegt und im Distanzschaffen die Distanz größer und kleiner gemacht werden kann. Schon Medien zu trennen und dann zu reinigen und zu isolieren, scheint mir seltsam. Dass man versucht, einen reinen Bildbegriff zu fassen, der nicht Bildsprache sondern, wie jüngst eine Autorin schrieb, nur über "bildliche Bilder" spreche, und nicht über sprachliche Bilder spreche, scheint mir gelinde gesagt seltsam. Man will über Bilder sprechen und dass sie gleichzeitig nicht an die Sprache geraten. Dass Bilder und Sprache limitiert sind, das will ich nicht bestreiten. Warum aber ausgerechnet Juristen oft so streiten, als ginge kein Riss durch den Gegenstand und als sei er umbestreitbar, das ist doch nur ein Trick. Dass sie so über Dinge sprechen, als hätten sie mit den Dingen nichts zu tun, dass sie das Subjekt so sauber vom Objekt abtrennen wollen, das scheint mir seltsam.
Die Trennung zwischen Wort und Bild kann eine Rolle spielen, muss sie aber nicht, sie wird in allen Fällen mit einer Assoziation zwischen Wort und Bild einhergehen. Wie Bruno Latour einmal schrieb: Die Reinigung wird mit einer Vermischung, die Vermischung mit einer reinigung einhergehen. Ich habe früher von Kreuzungen gesprochen: Bildregeln sind Kreuzungen. Das Bild ist eine Kreuzung, es ist prinzipiell sowohl eine Assoziation als auch eine Trennung. Das muss keine große Trennung sein, vor allem nicht im Sinne Jack Goodys. Ich widerspreche den Thesen, dass man die Unterscheidung zwischen Wort und Bild zur Grundlage der Unterscheidung ganzer Gesellschaften machen sollte, also zum Beispiel Goodys und Ongs Schriftgeschichte nutzen sollte, um einen Vorsprung westlicher, literater Gesellschaften vor illiteraten Gesellschaften zu behaupten. Das man mit Schrift mehr Distanz zu sich und den Dingen gewinne als ohne Schrift, das halte ich für eine gewagte These, die also vague wahr sein kann und in eben dem Maße auch vague unwahr sein kann. Wie ein Nußschale wird die Wahrheit dieser Aussage in einer Brandung der Möglichkeiten tanzen, untergehen, hochkommen und sich verkehren. Dass Bilder emotionaler wirken würden als Schrift ist so wahr wie die Vorstellung, dass es nachts kälter ist als draußen.
Dass man Gesellschaften danach unterscheiden kann, wie die Bilder besprechen, wie sie mit denen umgehen - dass glaube ich auch. Ich glaube, dass man Museen in Russland schon an der Art und Weise erkennt, wie die Besucher sich dort verhalten. Wird man in ein russischen Museum gebeamt, sagt einem niemand, man sei jetzt im Russischen Museum in St. Petersburg - und sieht man dann, wie dort Eltern den Kindern Bilder erklären und diese Bilder nicht unbedingt so behandeln, wie Besucher der documenta die jüngsten 423 Bilder von Gerhard Richter, aber Bilder unbedingte wie Dokumente und Zeugnisse von Wahrheiten, Wichtigkeiten, Ideen und Moralitäten, Siegen und Verlusten, Scheitern und Glück behandeln, dann weiß man auch ohne Ortsangabe: man ist im Osten, in Russland eventuell, einer Gesellschaft mit einer anderen Bildkultur. Ich bion mir nicht sicher, aber Erfindungen des byzantinischen Bilderstreites könnten durchaus Begriffe geliefert haben, die hilfreich sein können, solche Unterschiede auch heute zu beschreiben, Unterscheide, die nicht nur das Verhältnis von Feindschaft und Freundschaft zu Bildern betreffen, sondern auch die Bereitschaft zur Übersetzung oder aber zum Beharren auf Unübersetzbarkeit.
Die Unterscheidung zwischen westlichen Gesellschaften und nicht-westlichen Gesellschaften würde ich trotzdem nicht auf die Linie der Unterscheidung eines Mediums legen. Der Inhalt eines Mediums, das bleibt mir von McLuhan immer als erstes im Gedächtnis, ist nämlich immer ein anderes Medium. Anders gesagt: Sie sind auch Form, vor der und hinter der, über der und unter der andere Formen auftauchen, und wenn medien etwas vermitteln, dann über Trennungen und Assoziationen, also mit und ohne andere Medien, mit und ohne andere Formen.
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fabiansteinhauer · 5 months
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Sinnbild Verfassung
1.
In Frankfurt wird im Sommer, im Juli, eine Tagung zur Verfassung der Sinnbilder, in dem Fall zum Sinnbild Verfassung organisiert. Kulturtechnikforschung strikes back, unter anderem alle diejenigen, die behaupten, dass Rechtwissenschaft keine Bildwissenschaft sei und von Kulturtechnikforschung nicht profitieren könne.
Das Wort Sinnbild gilt als Übersetzung des Wortes Emblem, als Bezeichnung für Insignien, Wappen oder Schilder. Da bin ich gespannt, wie das Thema ausgeschöpft wird. Ein bisschen skeptisch bin ich immer ziemlich. Ab und an werden Begriffe nämlich mit großem Bedacht gewählt, nimmt man den Begriff aber zu ernst und bohrt zu dringend nach, wird abgewiegelt: Man habe das eher bildlich und den Begriff so wörtlich gemeint oder eben schlicht ein Signal für eine Tagung gebraucht. Juristen tendieren dazu, auf den Ernst der Begriffe zu pochen, bis jemand kommt, der die Begriffe noch ernster nehmen kann, dann tendieren dazu zu sagen, mal solle das alles pragmatischer verstehen. Die Schlingel!
Meine Anregung zu dieser Tagung wäre es, das Thema archäologisch und mit Mitteln der Kulturtechnikforschung anzugehen, also nach den verfassenden Techniken zu fragen, konkret und historisch im Zusammenhang mit Insignien, Emblemen, Wappen und Schildern, mit sog. stemmata und imagines, mit pictura und mit tabula picta vorkamen. Mein Anregung: keine Theorie ohne Geschichte, sonst wird es Schwierigkeiten geben, zu relativieren.
2.
Verfassen ist eine Kulturtechnik, die unter anderem durch graphische und choreographische Akte wahrgenommen und ausgeübt wird. Sie wird nicht nur durch Akte wahrgenommen und ausgeübt, auch durch Akten und Tafeln, durch Urkunde, Protokolle, Kommentare und Urteile, durch Berichte und Bilder, durch Bauten und Pläne, durch alles das, was dabei kooperiert, zu fassen und damit zu verfassen. Dieter Grimm und andere sprechen bei diesen Fassungen von der relativen Autonomie des Rechts, wir verstehen das auch als relative Heteronomie des Rechts. Etwas setzt über, etwas ist übersetzt, aber dabei sind nicht nur das Recht und die Politik im Spiel.
Grimm fokussiert die Politik, weil er an konstituierten Foren und Organisationen der Politik denkt (nicht an das Politische) und weil er vor allem die Assoziation fokussiert, die man Staat nennt. Das erklärt eventuell, dass er bei den Relationen, Autonomien und Heteronomien nur das Recht und die Politik erwähnt - und nicht von Religion, Kult, Mythos, Aberglaube, Moral, Weltanschauung, Kultur, Wirtschaft, Technik, Ökologie und allen weiteren Normen spricht.
3.
Warburg entwirft auf den Staatstafeln eine Theorie und Geschichte der Verfassung, auch wenn das gegenüber der Geschichte und Theorie des Vertrages nicht so schnell zu erkennen ist. Warburg fokussiert zuerst den Vertrag, das Tragen und Trachten, das hat mehrere Gründe. Einer davon ist der Umstand, dass die Lateranverträge als Gründungsdokument des neuen römischen Staates gelten und dieser Staat seine Gründung über den Abschluss und die Ratifikation der Verträge markiert. Keine Verfassungsgebung soll den neuen Staat konstituiert und die alte Idee einer Assoziation als Körperschaft restituiert haben. Ein zweiter Grund: Warburg hatte auch vor dem Februar 1929 und seit 1896 immer wieder das Tragen und Trachten in den Vordergrund seiner Überlegungen gerückt, das Fassen und Greifen, auch das schauende Erfassen, das Blicken und Bilden als Fassen und Greifen tauchen nicht so häufig in Warburgs Notizen auf. Aber sie tauchen auf, prominent etwa in den Notizen zum Schlangenritual und zum Greifmenschen sowie in den editierten Notizen zu den Fragmenten der Ausdruckskunde, den grundlegenden Bruchstücken.
3.
Dennoch ist Aby Warburgs Beitrag als Beitrag einer Verfassungsgeschichte und Verfassungstheorie zu lesen und dabei auch als Beitrag aus der Geschichte der Rechtswissenschaft. Warburg macht sich nicht nur Gedanken über die Rechtswissenschaft, wer macht sich rechtswissenschaftlich Gedanken, seine Methoden sind auch rechtswissenschaftliche Methoden: Juristische Quellen identifizieren und methodisch auslegen, etwa nach hermeneutischen, logischen Methoden. Besonders hilfreich wird Aby Warburgs Beitrag, wenn man die Übersetzungschritte und den Austausch beobachten möchte, der stattfindet und wegen dem das Dogma der großen Trennung eingerichtet wird. Wenn man beobachten möchte, wie etwas zwischen Kunst, Religion, Politik, Moral, aus Animalischem oder Physischem ins Recht übersetzt wird und mit dem Recht Austausch treibt und man darum sagt, dass müsse man aber trennen und ausdifferenzieren, damit solche Übersetzungen und so ein Austausch nicht ungeschieden, ungeschichtet, ungemustert oder gar maßlos vorgehe, dann ist Warburgs Arbeit hilfreich. Hilfreich ist sie auch dann, wenn man nicht unterstellt, dass das Recht Bestand hätte, beständig sei oder aber Verhaltenserwartungen kontrafaktisch stabilisieren würde. Wenn man eher davon ausgeht, dass das Recht unbeständig, meteorologisch und polar ist, dann, vielleicht nur dann, ist Warburg hilfreich. Wenn die Polizei weder dein Freund noch dein Feind, sondern mal dein Freund und dann wieder dein Feind oder auch ganz ohne Freundschaft und Feind schlicht jene verkehrende Weise der Polarität ist, die man als Polizei begreift, dann ist Warburg hilfreich, auch für eine Geschichte und Theorie der Verfassung.
Vor allem, wenn man Verfassung als nomen actionis (als das Verfassende) begreifen möchte und dann zu denjenigen Techniken forschen möchte, die etwas auch dann noch passioniert tun, wenn sie als aktiv begriffen werden sollen, dann ist Warburg hilfreich, denn er hat dafür einen Begriffsapparat und Vorarbeiten geliefert.
Keine Theorie ohne Archäologie, keine Theorie ohne Geschichte und ohne sedimentäre Geschichte. Sonst kommen Verflachungen dabei raus, die mir nicht hilfreich sind und es würde mich arg wundern, wenn sie anderen besonders hilfreich wären.
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fabiansteinhauer · 5 months
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The Kulturtechnikforschung strikes back!
Ich unterrichte wieder an einer Hochschule. Das wird Anfängerübung at its best! Von Anfang an anfänglich sein! Von Anfang an gründlich nachbohren und das Material im Detail durcharbeiten, von Anfang Fragen richtig stellen und beantworten, von Anfang an ins Archiv und vor Ort, von Anfang an archäologisch, von Anfang an unbedingt und hochgradig konditioniert forschen.
Wir unterrichten Kulturtechnikforschung, die Bild- und Rechtswissenschaft ist. Wir forschen zu Assoziationen, die normativ und phantastisch sind und in denen der Mensch, ein aufsitzendes Wesen, auch mit Illusionen eine Zukunft hat. Wir forschen zu Akten, Protokollen, Listen und Kalendern, zu Foren und Büros, zu Zeugen und Richtern, zu Gesetzesbüchern und Verträgen und Bescheiden, wir forschen zu Linien im Acker und Unterschriften, zur Meteorologie bei Thomas Hobbes und Aby Warburg. Wir ziehen jedenfalls Tag und Nacht Linien, niemals ohne Wellen und niemals ohne Kippen. Wir fabrizieren forschende Juristinnen und Juristen, die was wagen und was wissen wollen. Wir glauben, dass Juristinnen und Juristen forschen müssen, egal in welchem Beruf sie arbeiten. Wir denken: was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, darum: Die Anfängerübung, die aus dem Vollen ins Volle schöpft.
Freue mich sehr auf Hamburg und hoffe, dass sich mehr als 10 Leute anmelden, sonst wird es nämlich abgesagt und ich liege dann drei Wochen gelähmt mit Depression in Frankfurt oder mit Gin Tonic in Sils Maria rum.
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fabiansteinhauer · 5 months
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Die Geburt des Rechts aus dem Geist der Choreographie
1.
Wenn die Disco der Tempel und das offizielle Gebäude ist, dann spitzt sich die urbane Architekur im Tempel und im offiziellen Gebäude, also in der Disco zu. Sind Tempel und offizielles Gebäude nicht die Disco, dann spitzt sich urbane Architektur in der Disco zu. Dort wird Urbanität intensiv, dort gibt es, wie man in Warburgs Heimathafenstadt Hamburg singt Tamm-Tamm und Rämmi-dämmi. Immer wieder kommt es in der Disco zu erhitzter Gesellschaft und zu Ausbrüchen erhitzter Gesellschaft, anders gesagt: zu Haufenbildung, wobei der Haufen ab und zu wie ein Vulkan asoziale Elemente auswirft. Die Elemente erscheinen asozial, tauchen ab einem bestimmten Punkt außerhalb der Gesellschaft auf, unabhängig davon, wer genau Gesellschaft und wer den Ausschluss schuldet, aber unabhängig von ihrer Geselligkeit oder Gesellschaftsaffinität können sie dolle oder gar unverzichtbare Einzelene/ Vereinzelte oder auch schlichte Verbrecher sein. In der Disco wird immer auch etwas angebahnt, am Ende reproduziert sich die Menschheit bis auf weiteres.
2.
Die Disco ist eine der wenigen Architekturen, die nach einem Polobjekt benannt sind, in diesem Fall nach einer Scheibe, die man drehen soll und wenden kann. Man hat dem Wort Disc (einem runden Desk oder einer runden Tafel) extra noch ein O angehängt, damit auch die letzten Doofen verstehen, worum es in der Disco geht: um's Schlängeln, Schlingen und Kreisen.
Man hat in Städten nur relativ kurz Gebäude Disco genannt, heute heißen sie eher Club. Das hält uns nicht davon ab, die Disco für eine Basilika zu halten: Die Disco ist eine Messehalle und eine Regungsstätte, die darauf ausgerichtet ist, Körper durch Körper zu affizieren, nahe zu bringen oder auseinanderzubringen, das ist die Stätte offiziellen Tanzes. Dort sollen Körper sich eine zeitlang zueinander und miteinander bewegen, wie zu derjenigen Wahrheitsform, die man Prüfung nennt.
Andere Kulturen haben zwar keine Disco, aber im Hinblick auf den Tanz äquivalente Stätte, etwa das wompunau, von dem Gregory Bateson für sein erstes großes Buche Naven ein Foto gemacht hat.
3.
Immer dann, wenn irgendetwas anfängt, dann fängt auch Recht an. Technisch betrachtet fängt das Recht mit graphischen oder choreographischen Akten an, die Differenz operationalisieren, kurz und knapp (normativ) gesagt: die etwas unterscheiden und die Mobilität und Austauschbarkeit des Unterschiedenen bestimmen sollen. Solche Akte konturieren und definieren etwas, nehmen es als Form wahr und führen es einem limitierten Wechsel zu. Der limitierte Austausch ist kuratierter, 'besorgter' Austausch. Exzesse sind darin nicht nur möglich, sie sind einkalkuliert, aber in kuratierter Form.
Ricardo Spindola war in Brasilien und hat ein Geschenk mitgebracht: Naven von Gregory Bateson in der Übersetzung von Magda Lopes. Sag ich doch: Maria Immaculata was such a perfect day, merci Ricardo!
4.
Gregory Bateson erwähnt in dem Vorwort des 1936 zuerst erschienen Buches einen doppelten Zug: Im Zug habe ihm der Zoologe und Anthropologe Alfred Cort Haddon versprochen, ihn als Anthropologen zu trainieren, sprich: zu ziehen oder zu erziehen. Bateson formuliert das richtig: Dr. Haddon first made me an anthropologist. Im Zug, mit einem Zug, den man mit Adolf Reinach einen Akt, in in diesem Fall ein Versprechen nennt.
Die Rechtsgeschichte der Züge ist immer noch nicht richtig, also nicht diagonal erzählt und darum ist noch etwas unklar, was die wirklich wichtigen Unterscheidungen in der Rechtsgeschichte des Zuges waren. Dass der Zug ein Ort für die Wahrheitsform ist, die man Geständnis nennt und mit der Inquisition verbindet, ist seit Alfred Hitchcocks Strangers on a train zwar allgemein bekannt, aber auch nur das ist über die Assoziationen zwischen Zügen und Recht allgemein bekannt und gesichertes Wissen, alles andere ist immer noch nur besonders bekannt und ungesichert. Leider ist das Programm für Tagungen, die ich organisiere, schon bis 2025 voll, aber für 2026 könnte man eine Tagung zu Zügen und dann endlich auch zu großen und kleinen Bahnhöfen machen, denn Bahnhof heißen wir jene Stelle, an der Züge halten.
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fabiansteinhauer · 5 months
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Warburgs Staatstafeln
1-
Warburgs Staatstafeln haben einen barocken Charakter, die zehren von (regen sich aus) Annahmen über Falten, von der Perzeption, die in den Falten ist, von einem Denken, das man mit dem Namen von Leibniz verbindet.
Warburgs Bild- und Rechtswissenschaft ist insbesondere an den Bereichen des Rechts interessiert, die man die minoren Bereiche nennen kann, die unteren Bereiche: An den Akten, Protokollen, Kalendern, den Affektionen der Körper und den Regungen aller normativen Objekte und Subjekte ist Warburg interessiert, damit allem dem, was vor der Stabilität ist und was sogar vor dem Schnitt, vor der gründlichen römischen Linie, was vor der Trennung und damit auch vor der Bindung ist, kurz: was präzise und prästabil ist.
Gleichzeitig ist das für Warburg aber auch dasjenige, was vorübergehend, vor- und vergehend, unbeständig und alles andere als stabil ist. Die Logik dieses Bereiches ist meteorologisch. Dass dort das Gewisse und das Ungewisse, die Sicherheit und die Unsicherheit, die Freiheit und die Not zusammenlaufen, das dürfte einer Anlässe für Warburgs Neugierde sein.
2.
Warburgs Forschung setzt Forschungen zum diplomatischen Protokoll fort: die Skizze seines Hotelzimmers vom 10.2.1929 (vom Vorabend des Abschlusses der Lateranverträge) ist eine Protokollskizze, der Name Karl Brandis unter dieser Skizze ist der Name eines Fachmannes für Diplomatie und Diplomatik.
In den Ereignissen des Februars 1929 lebt für Warburg Antike nach, in den Regungen der Sekretäre und Minister lebt auch das Barock nach, in ihren ikonologischen Assoziationen lebt noch etwas von der Welt nach, die u.a. Gottfried Stieve in seinem Buch über das europäische Hofzeremoniell beschrieben hat. Das akademische Alarmglöckchen, dass man Stieves Text, der in Leipzig 1715 gedruckt wurde, nicht mit Fotos assoziieren darf, die 1929 in Rom gemacht wurden, das ringt bei Warburg nicht. Ihm ist doch klar, dass man beide Quellen nicht verschmilzt, wenn man sie assoziiert - und dass danach auch das erhoffte Zeitraumkontinuum weder Kernschmelze noch apokalyptischen Knall erfahren wird. Die Assoziationen sind schon in den Assoziationen, zum Beispiel schon in dem, was Stieve des Zeremoniell nennt und witzigerweise wohl mit Cerus (?) und Sanktus als auch mit Geremonia, à gerendo assoziiert. Die Gegenwart ist geschichtet, sie ist archäologisch angehäuft - und in ihr ist nichts von selbst verständlich, nichts in sich selbst und nichts auf sich selbst gestellt, nichts besteht aus sich selbst heraus, nichts teilt sich selbst mit, nichts überträgt sich von selbst. Die Gegenwart ist sowohl zeitlich als auch räumlich unbeständig, schon weil sie zeitlich und räumlich porös und durchlässig ist, sprich: die ist schon in größter Nähe von weiter Entfernung durchsetzt.
3.
Stieve bringt das Zeremoniell auf drei Punkte: Die Stellung der Leiber, die Tracht oder das Getragene (Stieve nennt das Kleidung) und schließlich das verkettete, also scheidbare, schichtbare und musterbare Gehen, Sitzen und Stehen, das man gewohnt und zu dem man genötigt sei, das sei das Zeremoniell.
Das ist jener Teil des Protokolls, der nicht allein im Schreiben oder Skizzieren aufgeht und der weiter choreographisch und doppelt artikuliert bleibt. Stieve nennt als Beispiel die Kniebeuge, denn das ist die diplomatische Geste schlechthin, im wörtlichen und bildlichen Sinne faltet sie den Körper ein und involviert ihn in die Vorgänge, die Verfahren und normativ sein sollen.
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fabiansteinhauer · 8 months
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Choreographische Akte
1.
Bildgebung ist eine juridische Kulturtechnik. Die Legende, dass dem Recht bestimmte Medien eigen und bestimmte Medien fremd seien, dass das moderne Recht nicht mehr rhetorisch, nicht mehr geschmückt, nicht mehr mit Bilder dahergekommen sei, die ist unheimlich schön und lustig erzählt und wenn man mag und es hilft, kann man an solche Legenden glauben. Aber ehrlich gesagt kann man es auch anders sehen - so, wie zahlreiche Leute das tun. Es ist ein Gerücht, dass Rechtswissenschaft keine Bildwissenschaft sei oder dass sie erst jüngst dazu geworden wäre. Gerüchte sind normatives Material, solche Gerüchte braucht man, um Linien zu ziehen und den Gang des Wissen zu kanalisieren, eventuell hier den Druck zu erhöhen und dort ihn herauszunehmen.
2.
Im Tagebuch der KBW und im Zettelkasten von Aby Warburg, die als Akten oder zu den Akten angelegt sind, findet man Material, etwa zu dem vorgeschobenen Akt, den Theodor Mommsen ein pomerium nennt, aber auch zu dem Akt, der unter anderem bei Gaius als mancipatio bezeichnet wird und schließlich zu solchen Akten, die man schon deswegen zuerst mit dem Kino assoziiert, weil sie im Kino zu sehen sind: Bewegte Teile, die etwas übertragen sollen. Auf einer Seite beschreibt Aby Warburg Kinoszenen, Aufnahmen von der Unterzeichnung der Lateranverträge; man findet in unmittelbarer Nähe einen Zeitungsausschnitt mit einer Abbildung der Konturen des neuen römischen Staates, diese Abbildung steht in der NAchfolge des pomerium. In dem Zettelkasten, den er nach Rom mitnimmt, um dort seine Forschung zu dokumentieren (er nimmt mehrere mit) sammelt er u.a. einen rechtshistorischen Zeitungsbericht zum Zeremoniell oder Protokoll der Besitzergreifung (also zu dem Thema, über das er 1896 mit Melchior sprach und mit dem sein Forschung zum Recht begann). Aus Sicht des eingerichteten und ausgeübten Betriebes, den viele Rechtswissenschaft nennen, sieht das Material eventuell heterogen aus, das Warburg sammelt, es könnte als hybrides Material verstanden werden. Aus Warburgs Sicht könnte sich das anders darstellen: Als Material, das zwar gekreuzt ist und etwas kreuzt, das aber sowohl als heterogen als auch als homogen anzusehen ist. Jeder graphische Akt ist ein choreographischer Akt, keine Linie ist und bleibt alleine, aber ihr Abstand zu anderen Linien ist sicher skalierbar, vergrößerbar und verkleinerbar, wie sie auch. Dass Warburg choreographische Akte in Akten sammelt, ist insofern vielleicht doppelt gemoppelt gesagt, es läuft eine Tautologie mit. Aber erstens schließt das keine Widerspruchsmöglichkeiten aus und zweitens hält das besser.
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