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#boerne und seine widersprüche
rheingoldweg12a · 1 year
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Sein Goldstandard in Zuverlässigkeit
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Ich stöbere mal wieder in alten Folgen herum (vorrangig zur allgemeinen Frustbewältigung). Der schöne Nebeneffekt dabei ist, es wird einem wieder klar, was man initial mal so faszinierend an dem Gefüge und der Dynamik unter den Figuren fand. Und dann geht es down the rabbit hole und man gleicht das mit den derzeitigen Filmen ab. Das kann gut ausgehen, muss es aber nicht. Hier war es eher durchmischt.
Ich habe leider gerade nicht die Muße meine gesamte gedankliche Analyse aufzuschreiben. Aber mir blieb vor allem eine Szene dabei hängen, die zumindest ich ziemlich underrated behandelt habe bisher.
Ich fand es einfach schön, wie selbstverständlich Boerne in “Ruhe sanft” Alberich die Fortsetzung seines so wichtigen Vortrags überlässt. Kein Zweifel. Sie macht das. Sie kennt das Ding ja in und auswendig. Absolutes Vertrauen, dass sie das kann und ihn bzw. das Institut hervorragend vertreten wird.
Krasser Kontrast zu vielen neueren Filmen, in denen er ihr regelmäßig die Kompetenz für die einfachesten Aufgaben abspricht. Und damit rutscht “Limbus” nochmal tiefer in meiner Gunst. Mich hat diese Anfangsszene immer gestört. Wie Boerne Thiel quasi auslacht für den Einfall, dass Frau Haller die Rechtsmedizin kommissarisch leiten könne. Klar, man könnte sagen typischer Boerne-Spruch auf ihre Kosten. Aber ihr Blick zeigt dort mal deutlich. Ok, der saß. Da war nichts mehr spaßig oder liebevoll neckisch dran.
Sanfter läuft es da schon in “Des Teufels langer Atem” ab. Aber auch da ist es einfach nicht mehr witzig. Dennoch fielen mir zeitgleich, und das gehört hier mit dazu, viele Gegenbeispiele ein. In “Mord ist die beste Medizin” und “Schwanensee” ist es gar keine Frage, Alberich macht die Vertretung - selbstständig & eigenverantwortlich. Klar, auch da hakt er nach. Aber es ist eher ein “Ich weiß Sie schaffen das. Aber wir lieben diesen Job nun mal beide so und machen ihn immer zusammen. Ich will nur sicher gehen, dass Sie alles haben, was Sie brauchen.” Zumindest ist mehr Bemühen um Augenhöhe dabei. Alberich kontert ja dort auch sehr viel konsequenter.
Natürlich gibt es noch viele andere solcher Beispiele, auch in aktuelleren Filmen. In früheren Filmen fragt er sie durchaus sehr oft ernsthaft nach ihrer Expertise und bedient sich dieser nicht nur, um seine eigene Brillanz darzustellen. So zumindest kam mir das vor in dieser groben Durchsicht. Man erinnere sich nur daran, wie sie ihn während des Fernsehinterviews beruhigen muss oder dass er frei raus sagt, dass er ohne sie den Laden dicht machen könne.
Mir fehlt das einfach. Diese Augenhöhe. Irgendwie ist sie schon an ziemlich vielen Stellen verschwunden. Zumindest für mich. Aber das ist wirklich nur mein ganz persönlicher Eindruck, dem gern widersprochen werden darf. Und natürlich entwickeln sich die Figuren trotz der permanenten Gegenewart ja doch irgendwie bei 20 Jahren schon weiter. Nur vielleicht hier nicht so ganz in die Richtung, die ich favorisieren würde.
Folgen wie “Rhythm & Love” und “Des Teufels langer Atem” helfen da nur bedingt. Denn es bleibt der bittere Beigeschmack, dass er sich nur daran erinnert, wie abhängig er von ihr ist, wenn der Karren so richtig tief im Dreck steckt, ob nun durch sein Verschulden oder andere sei mal dahingestellt.
Was will ich also mit diesem viel zu langen Post überhaupt? Eigentlich will ich nur sagen, dass ich mir einfach ein bisschen mehr Augenhöhe zurückwünsche und das nicht mal nur in Bezug auf Alberich. Es wäre einfach schön, wenn sich die klassischen Boerne-Sprüche nicht so oft nur darin erschöpfen würden, wie brillant er ist und wie viel Kompetenz doch dem Rest der Welt fehlt.
Ich weiß, ich erzähle da nichts Neues. Diese Klage gibt es schon länger im Fandom. Aber sie fiel mir eben bei diesem Rewatch wieder sehr stark auf und sicher könnte man viel dagegen vorbringen, wenn Boerne z.B. mal weich wird und sich dem Wert seiner Mitmenschen bewusst wird. Ich hätte solche Momente eben nur mal gern ohne den Kontext, dass es ihm grottenschlecht geht oder er irgendetwas will.
Er könnte Alberich also ruhig öfter als seinen Goldstandard in Zuverlässigkeit bezeichnen, ohne dass er total gestresst von seinem eigenen Versagen ist. Oder auch mal Thiels Wert wieder mehr herausheben. (Was er sicher getan hat in MagicMom, aber ein Film macht noch keinen Sommer.) Vielleicht macht mir dann der Canon auch irgendwann wieder Spaß. Wer weiß. Ich liebe es z.B. sehr, wie er über Thiel in “Satisfaktion”spricht. Aber auch das eben ein Film älteren Datums. Q.E.D.
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