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11. August 2023
OsmAnd und ich, Liebe und Hass
Im Juli 2021 habe ich im Techniktagebuch darüber geschrieben, wie mühsam es immer noch ist, mit dem Fahrrad zu navigieren. In der Zwischenzeit habe ich mich weiter in die Eigenheiten von OsmAnd eingearbeitet, der OpenStreetMap-App für Android. Es ist eine großartige App, die absolut alles kann: Navigation in Gegenden ohne Handyempfang! Höhenlinien! Die Karte selbst ändern! Detaillierte Einstellung aller Vorlieben beim Fahrradfahren! Aber einfach macht sie es nicht.
Bei jeder geplanten Fahrradunternehmung sage ich: Jetzt könnt ihr euch unbesorgt auf mich verlassen, der Weg wird nicht wieder über Schotterstraßen und Treppen führen, ich hab endlich rausgefunden, was man in welchem entlegenen Untermenü einstellen muss. Ich hab die App jetzt im Griff! Meine Mutter (für die es aus Altersgründen wichtig ist, ausnahmslos auf befestigten Straßen zu fahren) macht dann skeptische Bemerkungen. Zu Recht, denn meine Behauptungen haben sie bereits mehrmals in Situationen gebracht, in denen ich ihr Fahrrad über Hindernisse tragen musste.
Anfang August bin ich mit OsmAnd erfolgreich im Allgäu herumgefahren und habe mich dabei gefragt, was eigentlich 2021 mein Problem war. Alles ist voll mit unübersehbarer Fahrradwegbeschilderung, die App zeigt (in ihrem Fahrrad-Modus) farbig an, welche Straßen gute Fahrradstraßen sind, und das sind sie dann auch.
Aber ich bin nicht im Navigationsmodus durchs Allgäu gefahren, sondern einfach den farbigen Fahrradstraßen der App gefolgt. Heute ist das anders, ich will in einer anderen Gegend an einen weit entfernten und relativ kompliziert zu erreichenden Ort. Ich gebe Start, Ziel und meine Vorlieben (keine Hauptstraßen, nur geteerte Wege) ein. Ich starte die Navigation aber nicht (was für das Folgende vielleicht relevant ist, vielleicht auch nicht), sondern sehe beim Fahren einfach meinem Punkt dabei zu, wie er die vorgeschlagene Linie entlangwandert. Das Handy ist mit zwei Einmachgummis am Lenker befestigt, weil das 2021 bestellte "Rubberman" viel zu winzig für mein Handy ist und ich immer noch keine passende Halterung besitze.
Die zwei Einmachgummis bewähren sich gut. Ab und zu will ich in eine andere App hineinsehen, und danach startet OsmAnd, wahrscheinlich aus Speicherplatzgründen, jedes Mal neu. Kein Problem, Start und Ziel sind erhalten geblieben, das Neuanzeigen der Strecke geht schnell.
Nur leider springt die App nach jedem Neustart in den Fußgängermodus. Ich merke das erst, als ich vor einem Wald stehe, in den ein fast nicht sichtbarer Weg hineinführt. Umkehren ist keine Option, die Strecke führt bergauf und ist so lang, dass der Fahrradakku vielleicht nicht reichen wird. Die nächste halbe Stunde fahre ich auf Wiesen- und Waldwegen, die sich vielleicht für ein unbeladenes Mountainbike eignen, aber nicht für ein voll beladenes Stadtrad. Dabei hadere ich laut mit der App. Allmählich fühlt es sich wie ein persönlicher Krieg zwischen uns an, dabei weiß ich, dass es nur ganz normale schlechte Usability ist. Die kann ich niemandem vorhalten, denn OpenStreetMap und OsmAnd werden von Freiwilligen betrieben – unter anderem von mir –, und es ist ein Wunder, dass fast alles fast immer fantastisch funktioniert. Nur eben nicht, wenn ich auf asphaltierten Nebenstraßen Fahrrad fahren möchte. Außerdem ist die Alternative Google Maps vor allem deshalb so problemlos zu nutzen, weil es fast keine Einstellungsmöglichkeiten hat und die Existenz aller Verkehrsmittel, die nicht Auto heißen, weitestgehend ignoriert.
Auf dem Rückweg passiert mir dasselbe noch mehrmals, diesmal aber aus anderen (unklaren) Gründen. Am unteren Ende einer steilen Schotterpiste im Wald begegne ich einem anderen Fahrradfahrer, der stehengeblieben ist und auf sein Handy schaut. "Zweimal hab ich schon versucht, diesen Weg zu fahren, zweimal bin ich an der Stelle gescheitert", sagt er. Ich frage ihn nicht, welche App er verwendet.
(Kathrin Passig)
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