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#luciusburckhardt
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Die gute Form ist tot
Burckhardt, Lucius
in Design = Unsichtbar. Ostfildern 1995. Cantz Verlag. Herausgegeben von Hans Höger für den Rat für Formgebung/German Design Council. 52-115
54 Es wird die Hochschule für Gestaltung in Ulm, an der Max Bill lehrte, beschrieben.
[...] je weniger Fremdes in unsere Klause eindringt, desto leichter lässt sich die Welt nach unserem Bilde formen. In jene Zeit fiel der Besuch Reyner Banhams. Dieser scharfsinnige [...] Architekturkritiker vertritt die (hier ungebührlich vereinfachte) These, dass die den künstlerisch geschulten Betrachter geschmacklos anmutenden Produkte unserer Zeit, etwa übertriebene Automobilformen, Kinoreklame, Pin-up-Girl-Zauber, eine Art Volkskunst seien, Verbrauchskunst für das Volk, über die Ulm um so weniger hinwegsehen dürfe, als es selber der Konsumabilität der Form - dem plötzlichen modischen Verleider - nichts entgegen zu setzten habe.
55 Obwohl die Designs aus Ulm, z.B. das Braun-Radio, sehr beliebt waren, wurden sie nicht viel gekauft. Nur Personen höherer Schichten, die sowieso einen Hang zu teuren Designobjekten hatten kauften die Produkte.
Diese [die jungen Designer und deren Kunden] hält man für die Stellvertreter der Zukunft und schweigt von den übrigen 97% der Menschen, die mit ihrem natürlichen Bedürfnis nach wechselnder Zier- und Renommierformen das Getriebe der Wirtschaft in Gang halten.
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Kriterien für ein neues Design
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Materialfarbe: das rote Käppchen von Rotkehlchen, rot gemalt, ist Materialfarbe
Symbolfarbe: Der rosa Schimmer über dem Horizont der Landschaft wäre Symbolfarbe
der Unterscheid ist höchst fraglich. gerade diejenigen Maler, die im 19. Jahrhundert auszogen, um einmal die Wirklichkeit selbst zu malen, also Materialfarbe zu verwenden, schufen die moderne, symbolische Farbwelt
Denn die Lichtstärke der Wasserspiegelung der Sonne kann nicht mit Farben imitiert werden. Die gemessene reale Lichtstärke Lumen kann nicht in einem Gemälde reproduziert werden.
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3 Beispiele:
Mode: Beispiel anhand der stone-washed Bluejeans, die (Bluejeans) nun an Bedeutung gewinnt durch das vermeintlich getragen sein.
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weitere Beispiele Essgeschirr und Kunsttoffplatten
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Erst der Theologe Bernhard  Duhm stellte diese Vorstellung richtig, indem er sagte, die Propheten redeten von der Gegendwart. Etwas moderner ausgedrückt hieße dies, sie analysieren, sie untersuchen den Ist-Zustand zbd stellen fest, inwieweit er sich zum Soll-Zustand entfernt hat.
Extrapoleure, Wissenschaftler in den 1960er die glaubten, dass die Zukunft gleich bleibt. Sie dachten, dass sich Wachstum oder Schrumpfungsprozesse weiter gleichbleibendes  fortführen. Doch dies nicht gradlinig sondern exponentiell. Siehe den Club of Rome.
Sie sagten: Weil der Fahrradbestand zwischen 1960 und 1962 um soundso viel zurückgegangen ist, wird es ab 1975 keine Fahrräder mehr geben. 
Man merkte damals nicht, dass diese Behauptung des Gleichbleibens der Wachstums- und Schrumpfungsraten rasch ins Absurde führt. Sie führt ins Absurde, aber keineswegs in die Wirkungslosigkeit, solange noch jemand daran glaubt. Denn aus diesem Grund sprechen wir darüber, was die Leute in ihren Köpfen haben, wie geplant, gebaut und entschieden wird. Sie glauben nicht nur, es gebe keine Fahrräder mehr, sie entfernen die Fahrradständer.
Und damit werden ihre Prophezeiungen tatsächlich teilweise selbsterfüllend.
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Mit diesen “Prophezeiungen” muss man sich beschäftigen, denn sie sind es, die sich in den Köpfen jener Fachleute befinden, die auf unsere Zukunft Einfluss haben.
Die Studentenrevolten beendeten die Ära der Extrapoleure. Sie zerfielen in drei Gruppen, die Burckhardt die Unvollendeten, die Postis und die Szenarier nennt.
Die Unvollendeten: Sie glauben Dinge sind unvollendet und durch ihre Vollendung schließt sich das Gesamtsystem und alle Probleme sind gelöst.
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Die Postis: Sie glauben, dass nach etwas etwas kommt und glauben das etwas besseres folgt. Sie gliedern die Geschichte in Phasen (Barock, Renessaince...) und wollen vorraussagen was in Zukunft kommen wird. Jedoch werden Stile, Epochen immer nur im nachhinein definiert!
Die Szenarier: Sie bieten mehrere Zukünfte an und haben damit immer teilweise recht. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird es eines der dargebotenen Szenarien so ungefähr eintreffen; ärgerlich nur, dass man die anderen, nicht eingetroffenen, auch selber verfasst.
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Man kann die Zukunft nicht vorraussagen, aber wenn man die Gegenwart genau analysiert, erkennt man dass der eigene Entwurf auch ein Entwurf von Organisationen ist. Design ist verbunden mit Wahrnehmungsproblemen. Zeichen, Interpretationen. Unsichtbar ist die Art, wie wir die Wirklichkeit interpretieren, und unsere Interpretation ist die Vorraussetzung dafür, wie wir sie in Anspruch nehmen.
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fenster9-blog · 7 years
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Frittenbuden tangieren UNS ALLE. Aus diesem Grunde möchten wir vom Fenster9 Euch gerne am kommenden Dienstag den 27.06. um 18:00 Martin Schmitz vorstellen. Er hält einen Vortrag über sein Diplom bei Lucius Burckhardt, dem Begründer der Promenadologie - der Spaziergangswissenschaft, dessen Arbeiten auch auf der diesjährigen documenta14 zu sehen sind. Martin Schmitz ist Diplom Ingenieur, Autor des Buches "Currywurst mit Fritten – Über die Kultur der Imbißbude" und lehrt seit 2013 an der Kunsthochschule Kassel. Wir freuen uns auf unseren Gast, Euch und einen Vortrag mit Expertenwissen zur Frittenbudenthematik! ;) Bis Dienstag Abend! Eure 5 Beuys vom Fenster9
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Design ist unsichtbar
Burckhardt, Lucius
in Design = Unsichtbar. Ostfildern 1995. Cantz Verlag. Herausgegeben von Hans Höger für den Rat für Formgebung/German Design Council. 15-41
ACHTUNG ZITATION KOMPLIZIERT
15 Natürlich kann man sie sehen, die Gegenstände des Designs [...]. Der Designer gestaltet sie in sich logisch und gebrauchsfertig, wobei er gewisse äußerer Randbedingungen annimmt.
So kann man die Welt als eine Welt von Gegenständen auffassen und sie einteilen in [...] Häuser, Straße, Verkehrsampel, Kioske
Die Konsequenz aus dieser Einteilung ist aber, dass Designer sich ihren eigen definierten Rahmenbedingungen unterwirft. Nur innerhalb diesen Rahmens wird entworfen. Geräte werden “nur” verbessert oder verschönert. Nicht alle Aspekte erkannt. siehe die Gute Form des 50er Jahre Designs
                Designgegenstände als Aktanten nach Latour verstehen?
[...] die Welt anders einteilen [Pattern Language], so hat das Christopher Alexander dort versucht. Sein Schnitt liegt nicht zwischen Haus, Straße und Kiosk, um bessere Häuser, Straßen und Kioske zu bauen, sondern er scheidet den integrierten Komplex Straßenecke gegen andere städtische Komplexe ab;
Straßenecke ist nur die sichtbare Umschreibung des Phänomens, darüber hinaus enthält es Teile organisatorischer Systeme; Buslinien [...]
Auch diese Einteilung der Umwelt gibt einen designerischen Impuls. Aber dieser bezieht die unsichtbaren Teile des Systems ein.
16 Erklärung des Unsichtbaren Designs anhand des Beispieles: Krankenhaus
17 Erklärung des Unsichtbaren Designs anhand des Beispieles: Nacht
Aber die Nacht ist doch nur ein Naturphänomen [...]
Anne Cauquelin hat als erste die Hypothese vorgeschlagen: die Nacht ist gemacht. Und in der Tat ist es die menschliches Verhalten, das entlang menschengemachter Einrichtungen die Nacht so oder anders gestaltet.
Die Nacht also, die ursprünglich wohl einmal etwas mit Dunkelheit zu tun hatte, ist ein menschengemachtes Gebilde, bestehend aus Öffnungszeiten, Schließzeiten, Tarifen, Fahrpläne, Gewohnheiten und auch aus Straßenlampen.
Laut Burckhardt muss die Nacht wie auch das Krankenhaus einem Re-Design unterworfen werden.
19 Jede Nachdenkerei über das Design hat sich mit zwei Phasen zu beschäftigen: mit der Phase des Entwurfes bis hin zur Produktion, und mit der Phase der Konsumtion bis hin zum Ende im Mülleimer oder im Museum.
Traditionellen Thesen über die zwei Phasen werden zwei Gegenthesen gegenüber gestellt.
Traditionelle Hypothese:
Entwurf: Gesucht ist das zweckmäßige Objekt
Konsumtion: Die Technik und die technischen Gegenstände sind neutral; ihr Missbrauch kommt von bösen Menschen.
20 Burckhardts Gegenthese:
Entwurf: Die Objekte erhalten ihre Gestalt durch die Interaktionen des Entwurfsprozesses
Konsumtion: Die Produkte wirken aktiv in die Interaktion der Gesellschaft zurück; die Dinge sind nicht neutral, sondern es gibt (Illich !) [Ivan Illich] Tools of Conviviality und auch ihr Gegenteil, [...]
Gebrauch: Jeder neue Entwurf bewirkt im Gebrauch Änderungen, und diese Änderungen ziehen die Notwendigkeit neuer Entwürfe nach sich. Werden alle diese nacheinander sich öffnenden Probleme konventionell, nämlich als Einzelprobleme, gelöst, so entsteht Kontraprodktivität.
[...] der Designer die Welt einteilt nach Objekten anstatt nach Problemen. Dies beruht auf der lingusitischen Determination, welche die Benennung eines Übelstandes gleich zum Gerät seiner Abhilfe macht.
Der benannte Zweck wird direkt zur Abhilfe [...]
21 Diese Art der Problemlösung hat ihre Ursache in der Stellung des Designers innerhalb der Entscheidungsgruppen: als ein im Grunde von der Verantwortung befreiter Ideenlieferant.
22 Beim Verbrauch oder Konsum wollten wir hinweisen auf die Nicht-Neutralität der Objekte.
Dazu führt Burckhardt ein Beispiel an: Die Aufstellung von Briefkästen vor einer Bauernhofsiedlung verhindert, dass der BriefträgerIn nicht mehr das Haus betreten muss. Der BriefträgerIn aber bracht immer neue Nachrichten von den benachbarten Höfen und verbreitete sie bei seinen Hausbesuchen. Somit verhindert Briefkasten die Verbreitung von Informationen, obwohl er eig. zu deren Verbreitung beitragen sollte.
23 Güter sind dann schädlich wenn sie und von Systemen abhängig werden lassen, die uns am Ende ausplündern oder im Stich lassen.
Beispiel: das Auto
24-30 Wie kommt der Müll ins Museum?
30 Die Nacht ist menschengemacht. Beispiel des Unsichtbaren Design anhand der Nacht
32 Die Möglichkeit der nächtlichen Erleuchtung der Fabriken, verbunden mit dem hohen Preis des fixen Kapitals, also der in den Fabriken zur ausnützung und Verzinsung anstehenden Maschinen, verleitet zur Nachtarbeit.
33 Schichtarbeit, Nachtarbeit, ist das Schicksal eines großen Teils der Arbeiterschaft, und niemals ist die Nachtarbeit der Tagarbeit ganz gleich geworden
Tatsache, dass sich zwei Drittel dieser Arbeit zu einer Nachtzeit abspielt, zu der die bürgerliche Klasse frei hat. Noch Marx hatte die damals relativ junge Schichtarbeit als neue Form der Ausbeutung benannt, aber seine Nachfolger [hier die SPD mit gemeint?] scheint sie nur in tarifpolitischer oder allenfalls medizinischer Hinsicht interessiert zu haben.
In diesen Schichten sind Menschenschichten tätig, die mit den Schichten, die sie bedienen, in keinen Kontakt kommen. Man denke beispielsweise an die Müllabfuhr [...] oder an diese zweite Bürobevölkerung [gemeint sind Putzkräfte] 
34 Tag und Nacht, das scheint eine Hierachie zu sein. Die Mächtigen gehen nach Hause; wer nachts anzutreten hat, gehört meist zu den unteren Rängen.
Beispiel anhand der Nachtschicht in der Krankenpflege
Murray Melbin erforschte solche Veränderungen des zwischenmenchlischen Verhaltens [...]
37-38 [...] Zeitpläne, Öffnungszeiten, Schließzeiten, Tarife, Gesetze, Bestimmungen und - das Fehlen und die Abschaffung von Gesetzen. Hier findet sich der Rahmen, der unsere Lebensbedingungen mindestens ebenso stark bestimmt wie das Sichtbare und das Greifbare, wie Mauern und Tore. Wir nennen es das unsichtbare Design, um zu zeigen, dass auch solche Entschlüsse Entwurfscharakter haben und lebensgestaltend wirken.
38 Rein und unrein, wie du bei Mary Douglas nachlesen kannst, sind anthropologisch bestimmte Größen: Wir finden Katzen süß, Ratten ekelerregend, Zigeuner essen Igelfleisch, für einige Völker wäre ein Hasenbraten ein Greul.
41 Auch an der Hochschule sind die Probleme lösbar ohne Rest. Der Architekturprofessor stellt die Aufgabe: Jugendhaus am Paradeplatz. Das Bauprogramm ist gerade so, dass es auf der freien Parzelle Platz findet. In Wirklichkeit allerding baut dort eine Versicherungsgesellschaft ihren Sitz, und Jugendliche gibt es am Paradeplatz ohnehin kaum. Aber auf dem Papier stimmt alles, denn die Assistenten hatten ja in den Sommerferien ein Vorprojekt gemacht.
So lernen wir nirgendwo den Umgang mit aufgaben, die Rest ergeben, den Umgang also mit der Realität.
Wo immer der einzelne Entwurf ohne Rest geplant ist, ergibt sich an der Nahtstelle zum anderen, ebenfalls perfekt geplanten Entwurf, ein Rest.
                        Passen hierzu die Fettecken von Beuys?
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