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#wolfgang tillmanns
fabiansteinhauer · 2 years
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Bildzensur
In der Essayreihe Digitale Bildkulturen (hg. von Annekathrin Kohout und Wolfgang Ullrich) ist 2022 ein Text von Katja Müller-Helle über die Bildzensur erschienen. Der Text reagiert auf ein Phänomen, das man auch auf tumblr beobachten kann. Das hat zum einen mit einr strengeren Fassung der Benutzerrichtlinien zu tun, die anders als zuvor bestimmte Inhalte als anstößig definieren und von der Plattform ausschließen sollen. Zum anderen hat es mit den technischen Routinen zu tun. Die reagieren auf Signale schnell, schwer zu sagen woraus sie langsamer reagieren. Vorsichtig ausgedrückt: Bilder und Schlagworte werden schneller gelöscht. Die Bilderkennungssoftware erkennt zum Beispiel automatisch nackte Haut und Körperteile, die sexuell konnotiert sind. Die Löschung erfolgt inneralb von Sekunden. Von dem Moment an, an dem z.B. die Fotografie aus einer Auststellung von Wolfgang Tillmans in der Tate Modern gepostet ist bis zur Sperrung des Bildes dauert es unter 60 Sekunden. Man kann gegen die Sperrung Einspruch einlegen, das Verfahren dauert noch einmal unter 60 Sekunden. Von Entscheidungsgründen erfährt man nur, tumblr sehe in dem Bild sexuell anstössige Inhalte. Auf Details der Unterscheidung, des Kontextes und der Interpetation lässt sich in dem Verfahren nicht eingehen. Durch Probe kann man herausfinden, was einfacher durchgeht und was schwerer duchgeht: Marmor geht einfacher durch, wenn etwas im Foto schon zur Skulptur gemacht ist, geht es einfacher durch. Brüste gehen einfacher durch als Hintern. Texte gehen einfacher durch als Bilder. Mythos geht einfacher durch als Alltag. Das sind aber vermutlich am alles Daumenregeln. Die sog. Cleaner sitzen oft in Niedriglohnländern, pro "Fall" oder Vorgang gibt es wenige Sekunden Verfahrenszeit.
2.
Katja Müller-Helle spricht von einem Formwandel der Zensur und verbindet das Phänomen mit dem Begriff der Algorithmic Governance. Eines der Elemente dieser Verwaltung ist viel beschrieben und kommentiert: diese Bildzensur ist nicht (direkt) beobachtbar. Man kann sich an das Verfahren herantesten, keine der Plattformen lässt aber zu, dass das Verfahren beobachtbar oder diskutierbar wird. Damit fehlt, was Normativität in einem kulturtechnischen Sinne auszeichnet, nämlich das Verfahren, zu Unterscheiden und dem Unterscheiden eine Form zu geben, die beobachtet werden kann. Die Kriterien der Sperrung sind intransparent. Treffend geht Katja Müller-Helle davon aus, dass man diese Verfahren vor dem Hintergrund der Geschichte und Theorie des Zensierens/ der Zensur beschreiben, analysieren und kritisieren sollte. Die Autorin schlägt vor, zwischen legitimen Zensurvorwürfen und der Instrumentalisierung für politische Zwecke zu unterscheiden, das könnte man überlegen, wenn man sich fragt, ob man die Zensur unterstützt oder aber nicht. Im Ausgangspunkt ist das Zensieren aber immer ein technischer und normativer Vorgang, damit ist die Zensur sowohl effektiv (und nur effektiv), sie hat auch die Konsistenz eines Gerüchtes - und die reale, physikalische Umsetzung ist (nur) ein Aspekt, nicht unbedingt wesentlicher Teil der Zensur. Zensur ist nicht nur Vernichtung oder Verhinderung und Verbot eines 'Medienkontaktes); Zensur ist ein unabweisbarer Teil des Musterungen, Messungen und der Schichtungen, mit denen Gesellschaften wahrnehmbar und ihre Sinnlichkeiten geteilt werden. Die Frage danach, ob eine Zensur legitim ist oder aber nicht, ist u.a. eine verfassungsrechtliche Frage, also nur und immerhin eine verfassungsrechtliche Frage. Aber die Frage nach dem Wesen der Zensur, die als Frage nach ihrer illegitimen Fassung gestellt wird, sie gibt keine vollständige Antwort darauf, was Zensur ist, weil das schon eine Frage nach dem Zensor ist und weil der Zensor nicht nur zensiert, sondern auch zensiert ist. Die Zensur als Position eines Machthabers zu beschreiben, ist die Hälfte der Wahrheit. An der Zensur teilen sich die Leute vielleicht auch darin auf in solche, die Macht haben und solche, die sie nicht haben. Als Teil juridischer Kulturtechniken ist das Zensieren aber nicht notwendig auf einen Durchsetzungsapparat angwiesen. Auch weil das Zensieren selbst ein Übersetzungsvorgang ist, mit dem also auch etwas anderes als Zensur vorgeht und mit dem etwas anderes als Zensur vorgehen soll sollte man Zensur nicht an der Verhinderung von Medienkontakten, nicht den Durchsetzungen eines Verbotes festmachen. Man sollte sie daran festmachen, wie Gesellschaften Wahrnehmung mustern, messen und schichten. Dass Gesellschaften dabei großzügiger oder freiherziger geworden seien, das halte ich selbst für ein Gerücht.
3.
Katja Müller-Helle beschreibt, wie sich in der digitalen Öffentlichkeit eine Zensur von oben mit einer Zensur von unten verbindet, und dies durch "kleinteilige Prozesse distribuierter Machtverteilung". Zensur ohne Zensor, Zensur ohne eine adressierbare Person, dafür als Infrastruktur. Sie sei, da bin ich nicht so sicher, immer erzwungen, daher Disruption, Willkür, die bloße Repräsentation der Macht des Stärkeren, erzwungender Stillstand. Da bin ich nicht so sicher.
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jinxproof · 12 days
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© Wolfgang Tillmanns (1993)
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fernpapst · 1 year
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Wolfgang Tillmanns, Speedmaster #2, 2011
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beyondthespheres · 2 years
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Lagos, 2022, Wolfgang Tillmanns
pop magazine #47 autumn/winter 2022
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collectionarchive · 4 years
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by Wolfgang Tillmanns
source: curatedsphere.tumblr.com
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aviel · 6 years
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Wolfgang Tillmanns - Freischwimmer
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0297 · 3 years
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corn and pasta for dinner
partying with wolfgang tillmanns 2.0 and munich girls
left the club feeling worthless in a good way
i want to marry my boyfriend
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verenawulf-visuals · 4 years
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Extremely Loud and Incredibly Close
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The first time I saw Wolfgang Tillmans’s photography was actually here in Dublin, in the IMMA.
He is famous for capturing night life and the club scene and shooting scenes of intimacy and vulnerability. He brings images to light that usually remain in the dark. 
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Detail of Love (Hands in the Air), 1989. Available at phaidon.com
Though one could argue that technically many of his photographs are not great, they do, however, grant the viewer admission into a part of a life they would usually not have access to.
And some of his images capture you in a way you cannot turn away from, because they reveal such closeness and intimacy you get the impression you share the emotions with the subject in the image.
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Wolfgang Tillmanns, Frank Ocean. Available at reddit.com
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attimidipinti · 4 years
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Wolfgang Tillmann
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sophia22blog · 4 years
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Wolfgang Tillmanns im Städel
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Wer möchte kann sich ausgewählte Originale aktuell in der Ausstellung “Zurück in die Gegenwart” im Städel anschauen :)
Seine Fotografie Freischwimmer 54 ist laut Tillmanns “Fotografie in seiner reinsten Form.” Hier wird die Fotochemie an sich abgebildet, sonst nichts. Nur ihr eigener Entstehungsprozess: Der Fotograf belichtet Fotopapier in der Dunkelkammer ab und entwickelt sie im Anschluss. Wird hier nun die Realität abgebildet oder erschafft Tillmanns eine neue abstrakte Realität? 
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   Freischwimmer 54, 2004
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joeinct · 8 years
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Pablo Gruber, Photo by Ulrich Tillmann and Wolfgang Vollmer, From Meisterwerke der Fotokunst, 1984
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collectionarchive · 4 years
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by Wolfgang Tillmanns
source: curatedsphere.tumblr.com
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aviel · 6 years
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Wolfgang Tillmanns - Freischwimmer
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mentaltimetraveller · 7 years
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Wolfgang Tillmanns, 2001 Star Struck #3 The Metropolitan Museum of Art
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gans-oder-kranich · 6 years
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Elephant man, Wolfgang Tillmanns (2012)
Elephant woman, Aenne Adomßent (2018)
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mordopolus · 2 years
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Liste: Die 25 besten Songs 2021
Im vergangenen Jahr hat mich ein sehr guter Freund darauf hingewiesen, mehr Pop als 2020 habe es nie in einer Liste mit den besten Songs des Jahres gegeben. Selbiges gilt wohl für 2021, und vermutlich liegt das vor allem an mir und gar nicht so sehr an der Musiklandschaft. Andererseits gab es ja zuletzt durchaus Soundverschiebungen im Mainstream, Blogs positionieren sich anders zu großen Künstler*innen, Hyperpop hat eh alles nochmal von unten durcheinander gewirbelt - womöglich ist die große Zahl an konsensfähigen Songs im Folgenden also doch irgendwie zu größeren Aussagen befähigt. Vor allem reiht sich da unten aber, mal ganz idiosynkratisch gesprochen, konsensfähig Hit an Hit an Hit - gespickt mit ein, zwei Idiosynkrasien sicher auch. Aber entscheidet ihr!
25. Donovan feat. David Lynch/Gimme Some A That
Herrliche Balance zwischen sonnigem Donovan-Gefolke und wirren Lynchismen, oder anders: ein gülden kostendes Stück Psych-Folk-Jangly-Pop, gezwirbelt in eine knisternde Hülle, die dem Ganzen erst den rechten Glanz verleiht.
24. Jerry Cantrell/Black Hearts & Evil Done
Ich bin kein ausgewiesener Grunge-Nostalgiker, umso kälter haben mich die warmen Sonnenstunden auf Jerry Cantrells Veranda erwischt. Dort lag ich zu Füßen des Alice-In-Chains-Gitarristen, während er schaukelnd von früher erzählt hat und dabei herrlich zufrieden-sehnender Rockkitsch wie "Black Hearts & Evil Done" rauskam.
23. Layla/Dichter
Laylas gegenwärtiger Status ist irgendwie unklar, "Dichter" auf dem Rücken von Missy Elliot dennoch eine gezielte Trademark-Schelle. Das Gelsenkirchen-Barock-Rasur-Video mit OG Keemo war da nur das Uff-Adlib hinter der treffenden Line (bildlich gesprochen).
22. Tommy Genesis/a woman is a god
Der Minimalismus fiept, die Hook leiert den Kopf kaputt.
21. Caroline Polacheck/Bunny Is A Rider
Außen locker gepfiffen, innendrin lockend verrätselt.
20. Willow/Naive
Leute, die es nervt, wie sehr es im Pop um Personen geht, haben oft besonders große Probleme mit bestimmten Personen im Pop; z.B. der Tochter von Will Smith. Und wenn die dann auch noch Rock macht, und sei es auch nur Pop-Punk mit Travis Barker im Jahr 2021, wo man ja schon recht intensiv nach Leuten suchen muss, die Pop-Punk ohne Travis Barker machen! Auch ich musste meine zahllosen Zeilen wider die Authentizität et al nochmal überdenken, als ich das Album mit dem großartigen Titel "lately i feel everything" anklickte, doch verdammt - wer "Naive" nicht fühlt, hat Teenage Angst nie gelebt.
19. Peggy Gou/I Go
Lockeres Tackern, treibend, mit leicht weggetretenem Blick genau richtig platziert zwischen 80s Pop und Club.
18. Wolfgang Tillmanns/Late For The Webinar
Klar, das ist hier ist schon alles etwas viel 2021, andererseits: Kann man dieses titelgebende Gefühl besser treffen als mittels Tillmanns großäugigem Blökens über diesen dröppelnden Klicker-Murmel-Beat? Verloren im Home-Office-Digikapitalismus, aber immerhin mit Kaffee und Option auf Ausschlafen.
17. Peter Doherty & Frédéric Lo/The Fantasy Life Of Poetry And Crime
Nach Frankreich zu ziehen und sich dort als gesetzter Poèt maudit zu inszenieren ist noch immer das Beste, was Doherty nach den beiden versöhnlichen Platten mit seinen wildzüngig-romantischen Indiebands machen konnte. In der neusten Auflage dieser Karrierephase legt Lo nun ein paar sehnende Streicher drunter, mehr braucht es nicht zum Glück.
16. Silk Sonic/Leave The Door Open
Bruno Mars, Anderson Paak, eiskalt-schlüpfrig-nostalgischer Retrofunk; irgendwie will man es ja blöd finden, aber es ist halt gut!
15. Placebo/Surrounded By Spies
Mit einem Placebo-Album war eigentlich nicht mehr zu rechnen, hatte sich die Band doch aus einem eigentlich recht ordentlichen Rhythmus vor einigen Jahren zum Duo zerlegt und in dieser Konstellation zunehmend das Erbe kuratiert, um sich von den Tantiemen in irgendwelche Synth-Pop-Projekte zu stürzen. Album Nummer acht hätte ein Phantom bleiben können, ist nun aber draußen, und leistet mehr, als es über die bloße Existenz des Albums hinaus zu hoffen gab - jedenfalls bis "Surrounded By Spies" als zweite Single erschien, ein Versprechen, düster, paranoid, gemurmelt, schwerfällig, von einem Flirren durchzogen, das sich irgendwann tatsächlich in einen D'n'B-Beat entlädt. Placebo werden nie wieder diese sexy Alternative-Band mit den flotten Hits sein, die ein bisschen zu clever für sich selbst sind. Hier schaffen sie es, sich trotz dieses Defizits und dem gescheiterten Reboot als Band mit guter Laune nicht nur souverän, sondern gerade in dieser altersmüden Akzentuierung frisch zu inszenieren.
14. Normani feat. Cardi B/Wild Side
Schläge in ein Flirren, schlüpfrige Zeilen, von Normani in einer beneidendswerten Nonchalance vorgetragen, die manche ihr zu Unrecht als Langeweile vorwerfen. Es ist ein Stil, ihr Quarkbacken!
13. Verifiziert/Schlaflos
Pop aus CH/D/Ö ist ein scharf geschnittenes Brot, und auf welche Seite dieser lauchig-loungige Somnambul-Pop mit HipHop-Flavour landet, das ist noch nicht ganz geklärt. Aha: 'nicht geklärt' ist ziemlich genau die Stimmung insbesondere dieses Songs, der so herrlich ziellos mit Sektflecken auf dem schwarzen Plüschmantel durch die Nacht stolpert. "Was hast du mit mir gemacht" - ja, was denn???
12. Wisborg/I Believe In Nothing
Auch was für die Nacht, aber eher im Sarg, mit Rotwein auf dem Cape, volles Programm, die Orgel im Anschlag, die Uhr schlägt zwölf, der Bass ruckelt, die Sisters-Of-Mercy-Gitarren malen den Himmel dunkelstblau, mittendrin Overacting, aber es ist geil, sitzt perfekt, wie alles an diesem Song, in dem Wisborg ihrem Goth-Rock Beine machen.
11. Olivia Rodrigo/Brutal
dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö! dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö! Und immer so weiter, stampfend durch die Selbstzweifel, die Gitarre genau so verzerrt, dass das alles irgendwie noch in einem Disney-Channel-Kinderzimmer aushaltbar ist, aber eben verzerrt genug um auszudrücken, dass das Zimmer selbst langsam nicht mehr aushaltbar ist. Nebenbei ein perfekter Selbstentwurf, der uns Sad Kids in ein Album spült, das es an anderer Stelle zu rühmen gilt.
10. Tocotronic feat. Soap & Skin/Ich tauche auf
Ja, spätestens jetzt sind die Tocos im souveränen Spätwerk angekommen, die Trilogie-Struktur (wenn es sie je gab) ist ausgefranst, nun geht es um virtuose Variation, und sich zu just diesem Zweck Anja Plaschg ins Boot zu holen, zu einer schauerromantischen Ballade von nicht lebbarer Liebe, war eine wirklich hervorragende Detailentscheidung - die "Ich tauche auf" im Folgejahr zu einem wichtigen Stück im zerpuzzelten 13. Album der Gruppe machen wird, so viel Vorgriff sei erlaubt.
9. Heave Blood & Die/Kawanishi Aeroplane
Ein Zufallsfund von schlafwandlerischer Qualität: Heave Blood & Die haben dem ewigen Kreisen im Sludge entsagt und aus dem klebengebliebenen Schlamm wolkige Gitarrenbausche gemacht. "Kawanishi Aeroplane" fühlt sich an wie dieses Knistern, wenn einem ins Ohr geflüstert wird - aber die gut-unangenehme Variante davon.
8. Low/Days Like These
Den Trick kennen Brennies schon von "Describe", dem besten Song aus 2020; Low lassen nun aber nicht Shoegaze ausbrennen, bis nur noch Wölkchen übrig sind, sondern schneiden mit scharfer Schere Gospelmomente aus, bis nur noch Fetzen übrig sind.
7. Japanese Breakfast/Posing In Bondage
Ein Blick in die Listen der Anderen zeigt: "Be Sweet" war der Konsenshit von Michelle Zauners Konsensalbum, und ja, diese etwas zu süße Melodie im Refrain schockt in wirklich herrlichem Maße. Mir persönlich ging diese wabernd-gehauchte, mäandernde und doch hittig-geknotete Sehnsuchtsballade aber doch noch ein entscheidendes Stück näher. Vorschlag zur Güte: Wenn "Be Sweet" schelmisch aus "Jubilee" rausragt, hängt "Posing In Bondage" sinister im Unterholz rum, und beides zusammen markiert dann irgendwie die Größe dieses Albums.
6. Këkht Aräkh/Swordsman
Larmoyanter Black Metal, mit Corpsepaint und von Burzum geborgtem Künstlernamen und allem - schwer, dabei keine Bauchschmerzen zu kriegen. Und sowieso kann und darf und muss man das alles vielleicht auch kitschig finden, den kratzigen Sound auf "Pale Swordsman", den das Klavier immer wieder in Richtung Spieluhr zerrt - spätestens in diesem melancholischen Finale, in dem der titelgebende bleiche Schwertsmann sich endgültig und ja auch frei von jeglichem Black Metal und doch durch diesen ästhetisch eingefärbt und gedeckt über menschenleere Landschaften schleppt, in einem kruden Heroismus, der hier aber wahnsinnig groß und glockenhell-zerbrechlich auf den Punkt gebracht wird? Vermutlich, ja. Bürde und Privileg des ästhetischen Urteils ist, sowas aushalten zu können, wenn das Urteil denn kickt. Und mich hat es schlichtweg aus den Latschen gehauen, in den Schnee, direkt neben die Ledergaloschen dieses einsamen Romantikers. Vorschlag zur Güte: Kritische Distanz muss auch von dort aus möglich sein.
5. Ja, Panik/Apocalypse or Revolution
01. Januar 2021, Katerstimmung, aber nicht wegen Party. Es gäbe schlechtere Momente, um sich vom Zeitenwende-Fatalismus der gealterten Burgenländer*innen anstecken zu lassen, und auch wenn das große Comeback nicht gelingen wollte (wohl auch, weil Ja, Panik bereits vor 2014 hörbar mit der Form der Fortsetzung ihrer Karriere haderten und ihnen in der Zwischenzeit einfach die Infrastruktur weggebrochen ist, es zudem sowieso gar kein so breites Interesse mehr an Indie, dessen knuspriger Rand sie irgendwie ja waren, gibt), bleibt "Apocalypse or Revolution" ein erschreckend treffendes Bekenntnis zum Zaudern in einer Intensität, in der sich kein Leben gestalten lässt, das aber ab und an in Form von Stücken wie diesem aufzusuchen gut tut.
4. Charli XCX/Good Ones
Die Synthesizer liegen halt schon dreist nah an den Eurythmics, der Grabestanz in Nachbarschaft von "Helena", und sowieso war "Good Ones" im ersten Moment knackig-nett, aber nicht mehr - ein Snack, aber kein Auftakt zu einem neuen Albumzyklus. Nun, Letzteres hat sich faktisch widerlegt, die Sache mit der Qualität des Songs hingegen geschmacklich, denn irgendwann fräst sich das ins Heulen gestreckte 'Go' in den Kopf, und wenn das erstmal da sitzt, steckt auch der poppige Frust an, immer einfach an die Falschen zu geraten. Und spätestens als Perfume Genius das Ganze mit dem Kopf so lange in den Matsch drückt, bis die Hölle sichtbar wird, offenbart der Song sein volles Potenzial im Pop-Rhizom.
3. Magdalena Bay/Chaeri
Der Beat schiebt, die Melodien ziehen vorbei, immer in der Erwartung, das gleich was kommt, vorerst aber getaucht in die düstere Verlorenheit der Tanzfläche - oder halt des Lockdowns. Mit "Chaeri" ist den Hyper-Pop-Alumnen Magdalena Bay zwischen allem Schabernack ein Stück trister Musik zur Zeit gelungen, dessen obligatorische Explosion angenehm-unangenehm brennt im Brustkorb, während Mica Tenenbaum fragend um eine Freundschaft ringt und so leidet und an sich und der Welt bis zur Klimax verzweifelt, wie es sonst eigentlich Lovesongs vorbehalten ist. Ein Vexierbild, klar, aber umso herrlicher ist es, da eintauchen zu dürfen.
2. Paula Hartmann/Trumann Show Boot
Hinten im Auto, von Burger King zu McDonalds, leicht durchgeschüttelt, die Lichter einer neuen Ampelanlage schimmern zwischen den Köpfen alter Freunde hindurch, und in der Musikanlage läuft etwas, das ich noch nicht kenne, das mich zögern lässt, obwohl es eigentlich tief in mir drin schon reinkickt. Die nächsten Wochen und Monate werden für Paula Hartmann vielleicht zur Probe, das Marketing dreht schon die richtigen Schrauben, doch diesen ersten Lauf an Singles, diese Stimmung, die in diesem Format tatsächlich richtig aufgehoben war und vielleicht in "Truman Show Boot" wirklich ihre traurig-kullernde Erfüllung fand, nimmt uns niemand mehr.
1. Billie Eilish/Happier Than Ever
Irgendwie habe ich es geschafft, den Song "Happier Than Ever" erstmal zu verpennen. Die ultraleise erste Hälfte passte vielleicht zu gut in das restliche Vorab-Single-Understatement des zweiten Billie-Eilish-Albums, irgendwie hatte ich nach den ersten Durchgängen wohl auch einfach schon andere Favoriten ausgemacht und möglich ist auch, dass die Dramaturgie des Videos, das eine meiner ersten Rezeptionen leitete, mir etwas zu plastisch vor Augen führte, was scheinbar erst beim Hören einen ungeahnten Sog entwickelt. Nämlich wie Eilish, kurz vor Ende dieses Albums von ungeahnter Pop-Grandezza, fast ihre Stimme verliert, nur noch raunt, verblasst, gurrt, bis die Gitarren anziehen, entweder Eilish zur Aktion zwingen (wie die ins Haus dringenden Wellen im Video) oder von ihrem Unmut über all die verlorene Liebesmüh überhaupt erst rekrutiert werden, sich all das jedenfalls steigert und entfaltet bis es unvermeidlich, aber umso wuchtiger knallt; weil der Song mehr oder minder in sich selbst kracht, mit aufgerauter Gitarre, Eilish mit sich selbst im Chor, alles sowieso aufgedreht, Arme ausgestreckt in einem wirren Wirbel, befreites Schreien in einem zerstäubten Song, der am Ende einfach weggesaugt wird. Wenn man es so liest eigentlich komisch, dass es erst brauchte, um zu zünden. Gut möglich aber auch, dass genau an diesem Punkt der Funke entspringt, der so ein beispiellos ans Herz gehendes Lied auszeichnet.
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