Tumgik
sarya-nadina-fark · 6 years
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Die PROPHETIN
2.  Kapitel  - Ein kleines Abenteuer
995 J.n.K – Mithrali
Die Jahre vergingen und Mira wuchs zu einem willensstarken und intelligenten Kind heran. Sie war von heller Haut, beinahe so blass wie die Unterseite einer Wüstenechse, und übersät mit Sommersprossen. Eine Haut, wie man sie hier in der Wüste nur äußerst selten zu Gesicht bekam. Die meisten Familien waren von dunklerem Hauttyp, resistenter gegenüber der unbarmherzig herabdonnernden Sonne. Doch noch ein weiteres, unverkennbares Merkmal machte Mira zum außergewöhnlichsten Kind des Dorfes: Ihre lockig roten Haare, die ungestüm in alle Richtungen abstanden und im Sonnenlicht zu züngeln schienen. Sie verliehen ihr eine unbändige und wilde Schönheit. Sie war eine Erscheinung, die so gar nicht in das fade Leben der Dorfbewohner passte. Denn wenn etwas verhasst war, so war es Andersartigkeit und Bruch der Tradition. Gespaltene Zungen lästerten hinter vorgehaltener Hand über das Unheil des Feuerkindes und sagten ihm üble Omen voraus. Doch da sie die Tochter des Sehers war, galt es zu schweigen. Zu leugnen war es jedoch nicht, denn das Mädchen war besonders. In ihrer Art lag etwas ruhiges, tiefsinniges, wie man es niemals bei einem Kind ihren Alters erwartet hätte. Sah sie einen an, so verspürte man ein Gefühl der Blösse, als hätte sie die Fähigkeit das Innenleben nach aussen zu kehren. Hinter ihren blauen Augen verbarg sich nicht nur Intelligenz, sondern auch eine gewisse Kälte.  Sie war ein Kind, das nicht viel von sozialen Interaktionen hielt. Stattdessen hatte sie einen unbändigen Drang nach Wissen. Mira konnte sich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang mit alten Schriftrollen aus dem Archiv ihres Vaters beschäftigen. Sie pflegte sich niederzulassen auf dem staubigen Boden der Bibliothek und ein Buch aufzuschlagen. Dann, ganz sanft und behutsam, fuhr sie über den ledernen Einband und blätterte nach und nach die vergilbten Seiten durch, als wäre jede eine Kostbarkeit, die man keinesfalls auch nur umknicken durfte. Ihre Freizeit verbrachte sie hauptsächlich draußen in der Wüste, oder lesend in der Bibliothek. Bald schon war sie belesener als mancher Erwachsene im Dorf. Doch einige Bücher und Schriften entzogen sich ihrem Wissensdurst, waren sie doch von einer anderen Sprache. Malitha, Miras Mutter, war eine der wenigen, die nebst dem Seher und der Dorfältesten dieser Sprache mächtig war. Auf das stetige Drängen ihrer Tochter hin, brachte Malitha ihr schließlich die alte Sprache bei, welche längst nicht mehr gesprochen wurde. Sie war bei einigen verhasst, gar verpönt, denn sie erinnerte an die Schindereien und Untaten der blutigen Vergangenheit. Doch gerade zur Weitergabe alten Wissens war die Kenntnis von ’Englisch’ unabdingbar. Malitha lehrte ihre Tochter gerne, doch sie befürchtete oft, Mira würde sich nicht integrieren können in die Gesellschaft, so verschlossen und anders wie sie war. Sie spielte kaum mit anderen Kindern. Zeitweise wanderte sie in die Wüste hinaus, ganz alleine, und kam erst Stunden später zurück. Wenn die Sorge um Mira zu groß wurde, stellte ihr Vater einen Suchtrupp zusammen. Doch wenn Mira nicht gefunden werden wollte, so fand man sie nicht. Manchmal, wenn der Kummer zu stark wurde, fragte sich Malitha, ob die Dörfler wohl doch recht hatten, mit ihren albernen Geschichten. Die Sorge bedrückte sie wie meterhohe Sandschichten und machte ihr das Atmen schwer. Bekümmert und beschämt wandte sie sich von Zeit zu Zeit an ihren Gatten, den Seher, und bat ihn um Rat. Doch dieser, wohlwissend um die Eigenart seiner Tochter, tröstete sie mit liebevollen Worten darüber hinweg. Erst einige Jahre später, zu Beginn des offiziellen Unterrichts, lernte Mira jemanden kennen. Ein Mädchen, welches von nun an nicht von ihrer Seite weichen sollte. Ihre Gefährtin hörte auf den Namen Hassia. Sie wurde nur zwei Nächte vor Mira geboren, am ersten Tag des Frühlings. Doch obgleich die beiden Mädchen beinahe dasselbe Alter zählten, so gegensätzlich waren ihr Aussehen und Charakter. Hassia hatte seidenglattes, schwarzes Haar, war von kleiner Gestalt mit bronzefarbener Haut. Ihr Wesen war aufgeschlossen und gesprächig, das unanfechtbare Gegenteil von Mira. Doch so unterschiedlich sie auch waren, die beiden vervollständigten sich gegenseitig wie Tag und Nacht. Denn wenngleich sie sich nicht ähnelten, so vermutete man doch ein Band, welches sich sonst nur zwischen Schwestern fand. Hassia bewunderte Mira für ihre Weisheit und hielt zu ihr mit einer Loyalität, die keine Grenzen kannte. Ihre Freundschaft war ehrlich und rein. Zwei Seelen, die sich gefunden hatten und so dicht miteinander verwoben waren, wie es auch ihre Schicksale sein sollten.
An diesem Tag, der sich bereits jetzt mit einer schweißtreibenden Hitze ankündigte, wanderten Hassia und Mira in die Wüste hinaus, um die Nachtwanderer beim Schlafengehen und die Tagwanderer beim Aufstehen zu begrüßen. Die dick besohlten Kinderfüße trippelten dumpf auf dem dampfenden Sand und ein paar vereinzelte Wüstenechsen flohen vor den Vibrationen. Die Luft war dick und flimmerte im Licht der aufgehenden Morgensonne. „Schnell, Hassia, die Hitze holt uns bald ein! Wenn wir die Fenneks noch erreichen wollen bevor sie sich in ihren Bau verkriechen, müssen wir uns beeilen!“ Hassia seufzte, aber beeilte sich gleichwohl. Mira hatte natürlich Recht, die Hitze würde bald unerträglich werden und die beiden Mädchen zur Umkehr zwingen. Zudem war heute Miras Namenstag – und der Seher hatte bestimmt etwas besonderes geplant. Hassias Eltern, beide angesehene Jäger in Mithrali und loyale Anhänger des Sehers, hielten nicht viel von Hassias Freundschaft zu Mira, dem Feuerkind. Feuer, so musste man wissen, war ein trügerischer Freund der Menschen und wurde vielerorts mit Argwohn begegnet. Viele Dörfler waren nach wie vor gläubig und huldigten den alten Natur-Göttern, obwohl deren Abwesenheit schon lange gemunkelt wurde. Die Furcht vor dem Gesandten des Feuergottes, welcher seine Hände im Spiel gehabt haben soll im Untergang der Zivilisation, pflegte das Zeichen der Flammen sein Eigen zu nennen. Nichts, was mit ihm in Verbindung gebracht werden konnte, und sei es noch so abwegig, war den Dorfbewohnern geheuer. So wurde Mira von den meisten Kindern ihres Alters gemieden, zweifellos aufgrund der Warnungen ihrer Eltern. Doch Mira kümmerte dies nicht, das wusste Hassia. Dass Hassia beliebt war, war dagegen kein Geheimnis. Trotz ihrer engen Freundschaft mit Mira, hatte sie es noch immer vermocht durch ihr charmantes und offenes Wesen die misstrauischsten der Dorfbewohner auf ihre Seite zu ziehen. Etwas, was unabdingbar war, um mit den Streichen und Regelbrüchen davon zu kommen, die sie mit Mira von Zeit zu Zeit beging und ’ihr kleines Abenteuer’ nannte. So waren sie auch heute auf eigene Faust unterwegs, ohne die Erlaubnis ihrer Eltern. Hastig eilten sie über den warmen Sand zu den Hügelkuppen außerhalb des Dorfes. Feste Sandschichten türmten übereinander und waren ausgehöhlt mit Gängen und Tunneln, wie ein alter Termitenbau. Mira bremste unwillkürlich ab und signalisierte Hassia mit einer Handbewegung es ihr gleich zu tun. Langsam, nun auf allen Vieren, krochen die beiden Mädchen voran und robbten auf den Bau zu, die Ellenbogen mit Sand verkrustet, die Gewänder schmutzig und feucht. Miras Haare machten dem feuerroten Sand Konkurrenz, während Hassias schwarzer Schopf einen starken Kontrast zum Untergrund darstellte. „Psst…Hassia, schmiere dir Erde ins Haar. Die Fenneks erkennen dich sonst von Weitem!“, zischelte Mira ihr zu. Hassia verdrehte die Augen, „Bisher hat es sie nie verscheucht, und ich habe sonst schon genügend Ärger am Hals. Außerdem hast du gut reden! Du musst dir ja keinen Sand in die Haare schmieren!“ Mira hätte beinahe aufgelacht, aber konnte sich eben noch davon abhalten und kaute nun, sich ein Schmunzeln verkneifend, auf der Zunge herum. Dann, plötzlich, machte sich ein erregter Ausdruck auf ihrem Gesicht breit. „Hassia, schau, da vorne! Es scheint, die Mutter hat Welpen bekommen!“, flüsterte Mira mit vor Aufregung bebender Stimme. Ihre Augen glänzten vor Freude. Auch Hassia starrte nun unverwandt auf die großohrigen Fuchskinder, die durch den Sand tobten und sich spielerisch attackierten. Gebannt verharrten die Mädchen in ihrer unbequemen Position und verfolgten das Schauspiel mit offenen Mündern. Ein kleiner Welpe entfernte sich von der Gruppe und tapste mutig auf die Mira zu, die nach wie vor stillhielt. Zögerlich schnüffelte es an Miras Haaren und begann an ihren wilden Locken herum zu knabbern. Hassia hielt es nicht länger aus, ein quietschendes Lachen entfloh ihren zusammengepressten Lippen. Der Welpe schreckte zurück und die Fuchsmutter warf ihnen einen misstrauischen Blick zu, bevor sie sich ebenfalls näherte. Erst vorsichtig, dann mutiger, erkundete sie Mira und Hassia, bis sie die beiden anscheinend erkannte und sich merklich entspannte. Kaum hatten sie sich versehen, spielten fünf kleine Wüstenfüchse um sie herum und die Fuchsmutter hatte sogar neben Hassia Platz genommen und den Mund mit den vielen, scharfen Zähnen zu einem weiten Gähnen aufgerissen. Die Mädchen strahlten vor Glück und trauten sich hin und wieder das weiche, orangene Fell eines Welpen zu streicheln.  Plötzlich zuckten die Ohren der Mutter nervös hin und her. Sie hob den Kopf und ihre bernsteinfarbenen Augen musterten argwöhnisch die umliegenden Dünen. Dann, als hätte eine Wüsten-wespe sie gestochen, jaulte sie auf, floh samt Welpen zum nächstgelegenen Bau und verschwand im Dunkel des Tunnels. Hassia warf Mira einen verwunderten Blick zu, eine Augenbraue fragend hochgezogen. „Sag bloß nicht es waren meine schwarzen Haare“, witzelte Hassia. Doch das Lächeln erreichte ihre Augen nicht. Auch sie war nervös. „Nein, Hassia, irgendwas hat sie verscheucht – und es war nicht die Morgenhitze.“ Mira kniff ihre wasserblauen Augen zusammen und suchte die langsam erwachende Wüstenlandschaft ab, bis ihr Blick an einer nur ein paar Ellen entfernten, blutroten Sandverwerfung hängen blieb. Eine schlängelnde Bewegung hatte ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Mit eleganten Windungen bewegte sich eine Hornviper auf die beiden Mädchen zu. Beinahe anmutig und doch gefährlich, denn der zuletzt gebissene Dorfbewohner hatte das eskalierte Zusammentreffen mit einer solchen Schlange nicht überlebt. Mira erinnerte sich nur zu gut an den Jäger, der nach einer langen Jagd zurückgebracht werden musste, weil eine Hornviper sich mit ihren langen Giftzähnen in seinen Unterschenkel verbissen hatte. Ihr Vater hatte Mira befohlen sich in die Hütte zurück zu ziehen, denn dies sei kein Anblick für ein kleines Mädchen. Doch Mira hatte nicht auf ihn gehört und einen Blick erhascht auf den schweißnassen, sich vor Schmerz aufbäumenden Körper des Opfers. Schwarz und klumpig hatte die Wunde ausgesehen, das Blut geronnen, die Haut angeschwollen und blassbläulich verfärbt. Dann hatte ihn das Fieber ergriffen und die Schreie waren lauter geworden, die Ruhepausen kürzer. Zwei Nächte lang hatte man ihn stöhnen und schluchzen gehört, bis er schließlich verstummte, mit dem letzten Schlag seines Herzens. Umso mehr Respekt hatte sie nun vor den Königinnen der Wüste. Vipern waren keine angriffslustigen Tiere, doch wenn sie sich bedroht fühlten, so bissen sie zu – und nicht selten mit einem Jagd-Biss. Langsam, um die Schlange nicht zu provozieren, robbte Mira rückwärts, die Augen stets auf das Tier fixiert. Hassia tat es ihr gleich und Mira war froh, dass Hassia keine schwachen Nerven besaß, wie viele andere Mädchen im Dorf. Ihre Gefährtin wusste, wann man Ruhe bewahren musste. Die gespaltene Zunge der Schlange schoss in unregelmäßigen Abständen hervor und schmeckte die Luft, misstrauisch, suchend. Sie war nur noch eine Handbreite von Mira entfernt, als Hassia plötzlich ihren Dolch zückte und der Schlange mit einem einzigen Hieb den Kopf abschlug. Dickflüssiges Blut quoll aus dem Stumpf hervor und versickerte im Sand. Hassia sprang geschmeidig auf die Füße, packte den Kopf der Viper und stopfte ihn in ihren Lederbeutel. Mira, nach wie vor wie gelähmt und in ihrer Position verharrend, hatte die Augen weit aufgerissen, der Mund war zu einer Linie zusammengepresst. Ihr Gesicht war einer Maske aus Schock und Wut gewichen. „Warum hast du sie getötet, Hassia? Wie konntest du nur! Sie hätte uns mit Sicherheit nichts Böses gewollt.“ Hassia schien unbeeindruckt und musterte Mira mit ihren grauen Augen. „Dies“, sie hob den Kopf der Schlange hoch, „ist eine Hornviper. Eine Giftschlange, die uns sehr wohl hätte gefährlich werden können. Ich habe dich nie für jemanden gehalten, der Blut nicht sehen kann.“ In ihrer Stimme schwang Enttäuschung mit und gekränkter Stolz ließ die Worte bissiger klingen, als Hassia beabsichtigt hatte. Mira kaute störrisch auf ihrer Unterlippe herum, sprang nun ihrerseits auf die Füße und entriss den Vipern-Kopf Hassias Blut-verklebten Händen. Sie trug ihn zur Stelle, wo bereits der Körper der Schlange lag und immer noch leicht zuckte, kniete sich daneben nieder und grub im Sand. Schließlich legte sie sowohl Körper wie auch Kopf der Viper andächtig in die Grube und schob Sand darüber, bis der tote Schlangen-Körper vollständig begraben war. Hassia hatte sie mit abschätzigen Blicken beobachtet und trat unruhig näher. „Du misst diesem Tier zu viel Bedeutung bei, Mira. Es war nur eine Schlange.“ „Eine Schlange, die nicht hätte sterben müssen!“, entgegnete Mira. „Hätte ich sie nicht getötet, so wären wir vielleicht gebissen worden!“ Mira blickte zu Hassia hoch, die ihre Arme defensiv verschränkt hatte. „Ich verstehe deine Gründe, Hassia. Es ist nur schade, dass du die meinen nicht verstehst.“ Dann stand sie auf und trat den Heimweg an.
Mira sprach kein Wort auf dem Weg nach Hause. Die mittlerweile drückende Hitze und das Fehlen jeglichen Windes trugen nicht zur Erheiterung der Stimmung bei. Die Sonne brannte auf der nackten Haut und bewegte sich bereits auf den Zenit zu. Hassia beobachte Mira aus den Augenwinkeln, verkniff sich jedoch einen verärgerten Seufzer in der Gewissheit, dass sich die sonst bereits geladene Atmosphäre nur noch verschlimmern würde. Eine gewitterartige Entladung in Form eines Streitgespräches lag weder in ihrem, noch im Interesse ihrer Freundin. Mira konnte wohl schlichtweg nicht begreifen, wie ernst die Lage gewesen war. Eine Hornviper war giftig, das wusste sie. Ihre Eltern waren erfahrene Jäger und nicht selten hatte sie ihr Vater von ebensolchen Begegnungen gewarnt. Sie war aufgewachsen mit dem Verständnis, dass es besser war einmal zu viel, als einmal zu wenig Vorsicht walten zu lassen, was – wie sie ebenfalls wusste – manchmal den Tod eines Tieres bedeutete. Mira hatte wohl als Tochter des Sehers nie eine solche Ausbildung genossen und sah die Dinge etwas anders. Hassia hatte nach wie vor großen Respekt vor Mira und deren Ansichten, doch sie beide waren noch nicht einmal vierzehn Winter alt, da galt es eben doch ab und an auf die elterliche Weisheit zu vertrauen. Der aufregende Ausflug zum Bau der Wüstenfüchse hatte nun einen bitteren Beigeschmack, trotz dem unvergesslichen Erlebnis mit den Fuchswelpen. Doch Hassia entschied sich, die Dinge ruhen zu lassen. Sie war ein harmoniebedürftiges Wesen und verabscheute diese kalte, abweisende Stille, die nun zwischen den beiden Mädchen herrschte. „Entschuldige, Mira, ich schätze das Leben der Viper, das weißt du. Ich schätze nur das unsere noch mehr.“ Mira drehte sich nicht um, doch ihre Haltung wirkte entspannter, gelöster. „Ich verstehe…“, war alles, was sie entgegnete. Dann fügte sie jedoch hinzu, „wir sollten die Schlange nicht erwähnen gegenüber unseren Eltern.“ Hassia nickte, und in gemeinsamem Einverständnis erreichten sie schließlich das Dorf.
Die Sonne stand hoch am Himmel und donnerte unbarmherzig auf die vier Gestalten nieder, die in ein Streitgespräch verwickelt am Rande des Hüttenkreises standen. Hassias Eltern hatten die beiden Mädchen bereits verzweifelt erwartet und schalten ihre Tochter für ihr rücksichtsloses und leichtsinniges Verhalten. „Hassia, weißt du denn nicht, wie gefährlich es ist, wenn ihr zwei alleine die Wüste erkundet? Ihr hättet umkommen können.“ Hassia ließ den Kopf leicht hängen und starrte, scheinbar schuldbewusst, auf ihre verdreckten Kleider und geschundenen Füße. „Es tut mir leid, Mutter, Vater, es wird nicht wieder vorkommen“, versprach sie. Doch bevor sie weiter antworten konnte, hatte sie ihr Vater mit großen Händen am Unterarm gepackt und schleifte sie in Richtung ihrer Lehmhütte davon. Mira blieb wie angewurzelt an Ort und Stelle stehen. Sie hatte kein Wort gesprochen, denn sie wusste, dass Hassias Eltern ihren Worten nichts abgewonnen hätten. Langsam schlenderte sie zwischen den Hütten hindurch, an der Räucherei und Gerberei vorbei, bis sie schließlich den Dorfplatz erreichte. Ihr Vater erwartete sie bereits, doch sein Blick war streng und seine starken Arme verschränkt. „Mira, du weißt wie sehr sich Hassias Eltern sorgen, wenn du sie auf deine morgendlichen – und verbotenen – Erkundungsmissionen entführst! Und das an deinem Namenstag! Es tut mir leid dir dies sagen zu müssen, doch dieser wird heute nicht gefeiert werden. Strafe muss sein.“ Doch Mira kümmerte dies nicht sonderlich. Sie legte keinen Wert auf ihr öffentliches Ansehen, noch auf dörfliche Festivitäten. Schon gar nicht, wenn sie im Mittelpunkt stand und den misstrauischen, oftmals verachtenden Blicken der Dorfbewohner ausgeliefert war, die nur Interesse vorgaukelten, um den Seher nicht zu verärgern. „Es tut mir leid, Vater, dass Hassias Eltern kein Verständnis für die Aktivitäten ihrer Tochter aufbringen können. Ich entführe sie nicht, es war ihre Entscheidung mir zu folgen.“ Der Seher seufzte. Er würde seiner starrköpfigen Tochter niemals beibringen können, warum es wichtig war, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Doch nebst seinen Sorgen, so fühlte er auch einen Funken Stolz aufkeimen. Sie bewies Rückgrat, verteidigte ihre Entscheidungen und war sich nicht zu schade dafür einzustehen. Wenn nur Issel und Haron nicht bereits ein schlechtes Bild von seiner Tochter hätten... Oft hatte er sie beruhigen müssen, ihnen erklärt, dass Mira keine bösen Absichten hegte und keinesfalls im Schilde führte, Hassia in gefährliche Dummheiten zu verwickeln. Auch wenn dies wohl, so musste er sich eingestehen, nur halbwegs den Tatsachen entsprach. In Mira loderte ein Feuer, welches man aufgrund ihrer introvertierten, manchmal kühlen Art nicht vermuten würde.
Mira füllte einen Eimer mit Wasser aus dem Dorfbrunnen und machte sich auf den Weg zu ihrer eigenen Hütte. Ohne weitere Worte ließ sie ihren Vater auf dem Dorfplatz stehen. Sie verspürte keinen Drang sich weitere Mahnungen anzuhören, oder die Geschehnisse zu diskutieren. Zu oft hatte sie sich bereits mit Warnungen, bösen Gerüchten und Halbwahrheiten herumschlagen müssen. In einem so kleinen, isolierten Dorf wie dem ihren sprach sich alles sehr schnell herum, egal ob es der Wahrheit entsprach oder bloße Annahmen waren. Seit ihrer frühesten Kindheit war sie die Außenseiterin gewesen. Die Dorfbewohner mieden sie aus Argwohn und ihr Vater behandelte sie, als wäre sie bereits erwachsen - verlangte ihr deswegen viel zu viele Pflichten ab, denen sie kaum gerecht werden konnte -  während ihre Mutter mit ihr umging wie mit einem fragilen Vogelei, welches man ja nicht zerbrechen durfte. Nur Hassia begegnete ihr stets offen und ehrlich, ohne Vorurteile und ohne vorgehaltene Hand. Sie zeigte Mira gegenüber weder Furcht noch übertriebene Vorsicht, und dies wusste Mira sehr zu schätzen. Auch die Situation des heutigen Morgens mit der Hornviper hätte gründlich schiefgehen können, das musste sie sich eingestehen. Miras versonnene, beinahe abwesende Art hätte die beiden schon öfters in ausweglose Situationen geführt, wäre nicht Hassia zur Stelle gewesen, um einzugreifen. Ihr Scharfsinn, aber auch ihre Impulsivität, waren, wenngleich nicht immer, so doch meistens, von Vorteil. Ihre unverkennbar handlungsorientierte Weise zeugte jedoch auch von einer Gewaltbereitschaft, die Mira fremd war.
Immer noch ihren Gedanken nachhängend, erreichte Mira die Lehmhütte ihrer Eltern, schob den schweren Ledervorhang beiseite und quetschte sich durch den halb geöffneten Schlitz hindurch ins Dunkel der Hütte. Es roch nach gebratenem Fleisch: ihre Mutter hatte bereits gekocht. Erst jetzt merkte Mira wie hungrig sie sich fühlte und ein gut vernehmbares Knurren ihrer Magengegend unterstrich dies noch zusätzlich. „Mira…“, seufzte ihre Mutter mit sanfter Stimme. Sie wusste, dass ihre Mutter sich Sorgen machte. Das hatte sie schon immer. Doch im Verlaufe der letzten wachsenden und schwindenden Monde hatte sich diese Sorge verstärkt. Malitha war bleicher, kränklicher als zuvor, mit glasig verschleierten Augen und dünnem Haar. Ihre Mutter hatte ein sanftes Gemüt, welches im Angesicht von kleinen Hürden bereits zu leiden begann. Doch dieses Mal schien sie noch schwächer und ausgelaugter zu sein, sodass sich nun Mira ihrerseits Sorgen machte. Mira hatte die Taufe im Verdacht, welche jedes Dorfmitglied zu Beginn des Eintritts in die Erwachsenenwelt bestehen musste. Erst ein paar Nächte zuvor hatte ein Junge die Feuertaufe absolviert – und bestanden. Ihr Vater, als Seher, und ihre Großmutter, als Dorfälteste, hatten die Zeremonie vorbereitet und geleitet. Mira wusste nicht, welche Prüfungen bestanden werden mussten, dies war ein wohl gehütetes Geheimnis des Dorfes, doch Malitha fürchtete sich bereits jetzt vor dem Zeitpunkt, wenn Mira als Prüfling antreten musste. Warum, das wusste sie nicht. Doch es lag im Wesen ihrer Mutter, den Quälgeist der Schwermut an sich nagen zu lassen.   „Mutter, ich habe Wasser geholt.“ Malithas Blick war abwesend, wie so oft in den letzten Tagen. „Danke, Mira. Du warst heute Morgen wieder so früh weg. Ich dachte…“, ihre Stimme brach. „Mutter, du kennst mich doch, mir passiert nichts. Ich verspreche es dir, ich werde immer zurückfinden.“ Es waren Worte des Trostes, aber auch Worte der Lüge. Doch beim Anblick des tristen Zustandes ihrer Mutter brachte Mira es nicht über sich, ihr noch mehr Grund zur Sorge zu bieten. „Na dann, iss etwas, Kind. Du bist so dünn, du darfst bei deinen Abenteuern nicht vergessen, dass der Körper Nahrung benötigt!“ Mira nickte und nahm sich dankbar eine Hasenkeule, die im kochenden Wasser schwamm.
Der Tag verging eilends schnell und beim gemeinsamen Abendessen an der Feuerstelle inmitten des Dorfes war die morgendliche Aufregung bereits vergessen. Mira und Hassia saßen beieinander und Hassia berichtete ihr von den Jagdfolgen ihrer Eltern, während Mira Hassia Geschichten aus den alten Schriften vortrug. Der Seher unterhielt sich mit seiner Mutter, äußerst bedacht darauf, dass niemand mithörte. „Du weißt, sie hat noch Zeit. Außerdem, nichts ist in Stein gemeißelt, weder du noch ich können mit absoluter Sicherheit sagen, dass Mira in der Prophezeiung erwähnt wird“, bemerkte der Seher. Seine Augen leuchteten im flackernden Licht des rot glimmenden Feuers und seine Stimme hatte einen ungehaltenen Unterton. „Mein Sohn, selbst du kannst deine Augen nicht vor dem Offensichtlichen verschließen. Für einen Seher bist du gar blind. Mira ist etwas besonderes. Wir müssen uns darauf einstellen, dass sie für mehr bestimmt ist, als du es dir wünschst.“ Doch der Seher unterbrach sie. „Was“, flüsterte er, nun beinahe ängstlich, „was, wenn sie nicht besteht?“ Eine drückende Stille umhüllte die zwei Gestalten. Schliesslich sprach die Dorfälteste erneut. Ihre Stimme war scharf und bestimmt. „Es liegt nicht in unserer Hand. Was sein wird, wird sein. Wenn sie nicht besteht, so war dies vorbestimmt und wir alle werden die Konsequenzen tragen…“ Doch der Seher unterbrach sie erneut, „Ich werde sie NICHT fortschicken. Du und ich wissen beide, was...“ Doch diesmal unterbrach ihn die Dorfälteste. Ihr durchdringender Blick gebot ihm zu schweigen. „Es ist dir verboten dies anzusprechen, seine Forderungen waren klar. Nun schweige, beschwöre ihn nicht mit deinem ängstlichen Gefasel.“ Damit war die Diskussion beendet. Die Blicke beider Personen ruhten auf Miras rotem Haarschopf. Mira spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten. Sie fühlte sich beobachtet. Ihre Augen huschten weg von Hassias Gesicht und versuchten die Ursache für ihr mulmiges Gefühl in der Dunkelheit auszumachen. Doch im faden Licht des unregelmäßig flackernden Feuers konnte sie keine Gesichter erkennen. Ein Schaudern durchfuhr ihren Körper und die innere Kälte, die sie spürte, hatte nichts mit den sinkenden Temperaturen der nächtlichen Wüste zu tun.
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sarya-nadina-fark · 6 years
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Die PROPHETIN
1.  Kapitel  - Das Kind mit den roten Haaren
981 Jahre nach Katastrophe (J.n.K.)  – Mithrali
Der Morgen graute über Mithrali und verstieß allmählich die nächtlichen Schatten. Stille umhüllte die dürftig zusammengezimmerten Lehmhütten, die eng beieinander standen und einen Kreis bildeten. Nur aus einer drangen klagende Laute hervor. Eine schwache Brise ergriff die Schreie, trug sie weit über das flache Land bis zu den Hügelketten, wo sie schlussendlich abprallten und als dumpfes Echo zurückfanden. Doch die restlichen Dorfbewohner schienen trotz des Lärms tief und fest zu schlafen. Diese eine Lehmunterkunft, welche offenbar der Schreie Quelle war, befand sich de-zentriert im Osten des Hüttenkreises. Äußerlich betrachtet konnte man der Lehmhütte nicht ansehen, was sich in deren Inneren abspielte. Der Eingang war verhängt mit einem schweren Ledervorhang, der stark nach Fett und Rauch roch. Doch ein kleiner Spalt in der Öffnung gab die Sicht auf eine intime Szenerie frei. Ein großer, kräftiger Mann kniete mit gesenktem Kopf auf dem staubigen Lehmboden und hielt die Hand einer nackten Frau. Mit angewinkelten Beinen lag sie auf einem abgeschossenen Tier-Fell und warf sich mit schmerzerfülltem Gesicht unruhig hin und her. Ihr langes, schwarzes Haar war strähnig und ihr Körper glänzte schweißnass im faden Morgenlicht. Ringsum standen ungefähr ein dutzend verhüllte Frauen. Sie waren in weiße Leintücher gekleidet und murmelten unverständliche Worte. Die Stimmung schien angespannt, das Murmeln wurde schneller, beschwörender. Die Schreie wichen nun periodisch starkem Schnaufen, bis plötzlich eine weitere Stimme in die Klagelaute mit einstimmte. Hell und vorwurfsvoll übertönte sie alle anderen Geräusche und bildete das Zentrum aller Aufmerksamkeit. Das Kind war geboren. ,,Ein Mädchen“, bemerkte die älteste der Frauen mit einem wohlwollenden Lächeln und übergab ein kleines, rötliches Etwas in die Arme der entkräfteten Mutter. ,,Wie lautet ihr Name?“, fragte der Mann, welcher sich nun zu seiner glücklich strahlenden Frau setzte. ,,Mira soll sie heißen!“, sagte die Frau bestimmt. Zärtlich strich der Vater über den winzig kleinen Kopf seiner Tochter, der bereits dicht mit rotem Haar bewachsen war. ,,So soll es sein!“, erwiderte er. ,,Willkommen, Mira. Willkommen auf der Welt.“
Die Geburt eines Kindes war an und für sich nichts Ungewöhnliches, doch die Niederkunft der Dwami, der Ehefrau des Sehers, war etwas Besonderes. Dieser Moment würde eingehen in hunderte von Gedichten und Sagen. Obwohl zu dieser Zeit noch niemand davon wusste, so hatte doch die Erfüllung der Prophezeiung hier ihren Anfang gefunden. Hier, in der Mitte der Wüste. Das Dorf feierte noch bis spät in die Nacht. Die Bewohner zündeten ein großes Feuer an, indem sie die blutigen Tücher verbrannten, und hießen die kleine Feuertochter willkommen.  Der Dwami, Malitha, war der Trubel etwas zu viel. Die Geburt hatte sie sehr mitgenommen, sodass sie bereits vor Mitternacht darum bat, sich mit Mira ins Eigenheim zurückziehen zu dürfen. Müde und erschöpft trug sie ihre Tochter zur Hütte und legte sich mit ihr in die aufgespannte Hängematte aus weichem Leder. Sanft strich sie dem kleinen Geschöpf über die schmalen und zerbrechlichen Schultern. Ganze neun Monate hatte sie auf diesen Moment gewartet. Ki`hnaan, ihre Schwester, hatte ihr Kind nach dem siebten Vollmond verloren und war dabei an Blutverlust gestorben. Ein schreckliches Unglück, doch keinesfalls eine Seltenheit. Die karge Wüste bot nicht viel und stellte das Dorf auf eine harte Probe. Zu zehrend war das Leben hier. Je mehr das Dorf wuchs, desto schwieriger würde es werden dem Hunger zu entkommen. So war auch Mira alles andere als pummelig und rosig, sondern blass und knöchern. Doch jetzt, in diesem Augenblick, als Malitha sie liebevoll in den Armen wog, spürte die junge Mutter den brodelnden Lebensdurst ihrer Tochter, sodass all ihre Ängste mit einem Mal wie weggewaschen waren. ,,Alles wird gut, Mira“, flüsterte sie, und gab ihr einen Kuss auf den feuerroten Schopf. ,,Alles wird gut.“
Zu derselben Zeit, nur ein stückweit entfernt, hockte das halbe Dorf in einer kauernden Position um das kokelnde und züngelnde Feuer und briet ein paar Fleischstücke. Glimmende Asche knisterte in der Luft wie kleine Lichtblitze. Leises Tuscheln und helles Gelächter schufen eine gelöste Atmosphäre, welche die Nacht fast so stark zu erhellen vermochten, wie der blassorange Feuerschein. Inmitten dieser heiteren Gesellschaft saß der Seher. Ihm kam die Pflicht des Gastgebers zu. Diese forderte, dass er die Dorfbewohner unterhielt und Geschichten erzählte, bis die ersten Strahlen des anbrechenden Morgens zwischen den Hütten hervorlugten. Doch der Seher war nicht richtig präsent. Dauernd schweiften seine Gedanken zurück zu seiner Hütte, zu seiner Frau und seiner neugeborenen Tochter. Die unbändige Freude und Zuneigung, die er empfand, waren kaum in Worte zu fassen. Eine wohlige Wärme breitete sich in seinem Brustkorb aus und strahlte bis in alle Enden seines Körpers. Doch Sorgen plagten ihn wie eisige Schauer, welche die Wärme zu verscheuchen suchten. Als Seher oblag es ihm, die alten Schriften zu deuten und die Prophezeiung zu verkünden. Seit seiner Jugend schauten die Bewohner von Mithrali ihn mit erwartungsvollen Augen an, als wäre er der Auserwählte. Doch in Wahrheit war er dies nicht, das wusste er. Er war ein Mensch der Familie. Kein Mann, der in die Schriften eingehen würde. Seine Fähigkeiten waren eingeschränkt. Seine Mutter pflegte stets zu sagen, ,,Du vermagst zu sehen, was du zu sehen bereit bist. Du vermagst zu erahnen, was du erahnen möchtest. Ist deine Sicht verschwommen, so ist es, weil du nicht klarer sehen willst.“ Eine weise Frau war sie, doch sie hatte Unrecht, denn er vermochte doch einige Wortfetzen der 900 Jahre alten Schriftrolle zu entziffern. Worte, die er nachträglich lieber vergessen hätte, so wie den Rest der Schrift, die sich ihm nicht preisgab, oder nicht preisgeben wollte. Nicht weil sie vergilbt oder verbleicht war, nein, weil er ihrer nicht würdig war. Was ihn jedoch weitaus mehr belastete als sein Versagen waren ebendiese Worte, die er zu entziffern vermochte. So hieß es dort: ,,... und beim ersten Morgenlicht des zweiten Frühlingstages ward ein Mädchen geboren mit Haaren wie lodernde Flammen und Augen so klar wie das Meer. Sie würde führen zu einer weißen Stadt und beenden das Leid der Niederen, in einem Kampf gegen die ewige Dunkelheit.“   Natürlich konnte es reiner Zufall sein, doch das glaubte er nicht. Selbst als schwacher Seher hatte er ein gutes Gespür für die Fäden im Netz der Zukunftsspinne. Und doch, so hoffte er, würde es nicht Mira treffen. Die Bürde eines Propheten war von solcher Größe, dass sie den Menschen komplett vereinnahmte und demjenigen ein glückliches Leben versagte. Er wünschte sich nichts sehnlicher für Mira, wie eine fröhliche Kindheit, eine liebevolle Familie und ein ehrliches Leben bis ins hohe Alter. So erzählte er niemandem von der Prophezeiung, verleugnete seine Gabe und ahnte nicht, dass er damit den Stein erst ins Rollen brachte.
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sarya-nadina-fark · 6 years
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Kea - Papagei in Neuseeland. Eine der interessantesten Vogelarten, der ich jemals begegnet bin. Neugierig, intelligent und verspielt. 
Für die Story dazu, klickt den Link an: https://www.saryafark.com/photo-stories
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sarya-nadina-fark · 10 years
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Die PROPHETIN
Prolog
Mira stand vor dem prunkvollen Tempel aus weißem Marmor, der wie ein Grabstein in den Himmel emporragte, und bestaunte voller Ehrfurcht die mit Gold verzierten Schriftzeichen, die sorgfältig in die Säulen eingraviert worden waren. Sie hatte geglaubt, sie wäre vorbereitet auf diesen Moment, hatte sie sich doch den Tempel Taàtil, das Ende ihrer langen und beschwerlichen Reise, immer wieder vor ihrem inneren Auge hochbeschworen. Niemals jedoch hätte sie erwartet, unter solch schwarzen Umständen ihr Ziel zu erreichen. Sie hatte Mithrali als Kind verlassen. Ein Seufzer entfloh ihren Lippen und Wehmut ergriff ihr Herz. Dies lag so lange zurück, dass sie sich kaum noch an ihr Dorf erinnern konnte, an die Unbeschwertheit, an ihre Familie. Es schien, als wären die Erinnerungen nichts als Eindrücke aus dem Leben einer anderen, glücklicheren Version von ihr, die sie wie durch einen dichten Nebel hindurch betrachten, aber nicht greifen konnte. Sie rieselten durch ihre Finger wie Treibsand. Nein, nach alldem, was sie erlebt und durchgemacht hatte, war sie längst kein Kind mehr. Die ungeheure Last der Trauer und Wut, die sie seit vielen Monden mit sich trug, hatten unsichtbare, aber doch tiefe, klaffende Wunden hinterlassen. Nun, da sie die Schönheit dieser letzten Tempelstätte erblickte, rissen sie erneut auf und sie verspürte den Schmerz aufwallen, der sie schon so lange plagte und ihr wie ein treuer Gefährte stets Gesellschaft leistete. 
Das Weiß des edlen Steins glitzerte und reflektierte die Strahlen des gleißenden Sonnenlichts, sodass Mira die Augen zu Schlitzen zusammenkneifen musste. Wunderschön, dachte sie sich. Doch dieser Eindruck war trügerisch. Das imposante Gebäude, etwas abseits der Stadt, war umgeben von karger Landschaft und warf lange Schatten über den verdorrten, mit Rissen übersäten Boden. Die leise Bedrohung, die von den abweisenden, weißen Mauern ausging, war unterschwellig und doch eindeutig wahrnehmbar. Miras Nackenhaare stellten sich auf und ein sanfter Schauer kroch ihr den Rücken hinab. Ihre Hände waren klamm, ihr Mund trocken und ihre Füße schmerzten. Sie ignorierte die Beschwerden und konzentrierte ihren Blick weiterhin auf die Tempelstätte. Bei genauerem Hinschauen erkannte sie, dass neben jeder Säule ein hochgewachsener Mann mit kahlem Kopf und muskulöser Statur stand, dessen nackte, sonnengegerbte Haut mit schwarzen Zeichen verziert war, die wie Ranken den Arm und Nackenbereich umwoben. Die Männer waren eingehüllt in eine rote Kutte und ein jeder war bewaffnet mit Speer und Dolch. Tempelwächter… seine Schergen, dachte sich Mira verächtlich. Ihr durchdringender Blick wurde entgegnet mit kalten, unbarmherzigen Augen. Sie alle waren auf den Fuß der Treppe gerichtet, auf die rothaarige, junge Frau, die dort in ihren Lumpen stand und wacker emporblickte. Mira fühlte, wie sich ihr Herz beschleunigte und in ihrer Brust zu flattern begann. Sie spürte die nagende Angst, die von innen heraus an ihrer Haut kratzte, wie ein Gefangener an den Mauern seines Käfigs. Doch es gab kein Entrinnen. Sie hatte sich entschieden und sie würde sich nicht davon abbringen lassen. Dies war die einzige Lösung. Langsam und gemessenen Schrittes erklomm sie die vielen Stufen, die zum Eingang des Tempels führten. Ihre blutverschmierten Füße rutschten auf dem glatten Marmor und hinterließen rötlich braune Schlieren. Im Vorbeigang erhaschte sie einen Blick auf die maskenhaften Gesichter der roten Wächter, die ihr mit ihren leeren, umschatteten Augen folgten. Der Aufstieg war beschwerlicher als gedacht und bald schon fühlte sie, wie Anstrengung und Angst ihre Knie zum Zittern brachten. Ihr Atem ging stoßweise und übertönte das donnernde Pochen ihres Herzens. Dann, endlich, erreichte sie die letzte Stufe. Vor ihr tauchte ein massives Eisentor auf, das eingelassen war in den reinen Marmor, wie ein Schlund, der ins Innere der Bestie führte. Zwei Wächter standen rechts und links des Tores und beäugten sie mit misstrauischen Blicken. Mira trat näher und fühlte die ihr bekannte, so verhasste Präsenz in ihrem Kopf. Tritt näher, Kind, flüsterte die höhnische Stimme. Widerwillig, aber fest entschlossen, gehorchte Mira. Das Eisentor gierte. Wie von Geisterhand schwang das massive Tor nach innen auf und gab den Blick frei auf eine schmale, steinerne Treppe, die hinab führte und sich in der Dunkelheit verlor. Für einen kurzen Moment erfassten sie Zweifel - und sie zögerte. Was würde Hassia von ihr denken? Doch dann, mit einem Mal, verspürte sie wie Erleichterung ihren Körper durchflutete und ihr jegliche Angst nahm. Dies war ihr letzter Auftritt, ihr letzter Marsch. Danach würde es keinen Schmerz und kein Leid mehr für sie geben. Bald hatte sie es überstanden. Nunmehr von Angst befreit, schritt sie an den Tempeldienern vorbei und setzte testend einen Fuß auf die oberste Treppenstufe. Der Stein fühlte sich kalt und feucht an. Dann setzte sie einen zweiten Fuß auf die nächste Stufe und stieg hinab, immer weiter, bis das Licht des Tempeleingangs auf einen klitzekleinen Punkt in der Ferne geschrumpft war. Wie ein Leuchtkäfer tanzte es hinter ihr her. Die Stille wurde bedrückender, der widerwärtig süßliche Geruch von Moder brannte ihr in Nase und Mund und die Kälte ließ sie schaudern. Sie fühlte sich, als wäre sie lebendig begraben worden in einem kalten, feuchten, steinernen Grab. Plötzlich vernahm sie ein dumpfes Knarren. Das schwere Eisentor schwang zu, löschte damit die einzige Lichtquelle aus und kappte somit auch ihre letzte Verbindung zur Welt über ihr. Undurchdringliche Schwärze umhüllte Mira. Der Tempel hatte sie verschluckt. „Ich bin hier“, flüsterte Mira.  Obwohl sie kaum vernehmbar gesprochen hatte, hallten die Worte von den kalten Steinmauern wider, die sie umgaben wie die Wände eines Verlieses. Und die Stimme antwortete in ihrem Kopf: Willkommen, Mira...es ist Zeit zu sterben.  
by Sarya N. Fark
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“Did you see the morning chasing the dark?"
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