Aphasie
Aphasie
- Aphasien sind Sprachstörungen, die durch eine Beeinträchtigung der Sprachproduktion und des Sprachverständnis im ZNS entstehen
betroffene Bereiche:
die Sprachgestalt (Morphologie)
die Wortbedeutungen (Semantik)
den Wortschatz (Lexikon)
die Satzbildung (Syntax)
die Sprachlaute (Phonologie)
ICD-10-Klassifikation
F80.1: Entwicklungsbedingte Dysphasie oder Aphasie, expressiver Typ
F80.2: Dysphasie oder Aphasie, rezeptiver Typ, Wernicke-Aphasie
F80.3: Erworbene Aphasie mit Epilepsie (Landau-Kleffner-Syndrom)
G31.0: Progressive isolierte Aphasie
R47.0: Dysphagie und Aphasie
Ursachen
- pathologische Veränderungen im ZNS:
Apoplexie (Schlaganfall)
Hirnblutung
Aneurysmen
Angiome
Schädel-Hirn-Trauma
Hirntumore
Entzündungen (Encephalitis, Meningitis)
Einteilung
Globale Aphasie
Broca-Aphasie (motorische Aphasie)
Wernicke-Aphasie (sensorische Aphasie)
Amnestische Aphasie
Transkortikale Aphasie
Leitungsaphasie
Nicht klassifizierbare Aphasien
1. Amnestische Aphasie
- oft durch temporoparietale Läsionen hervorgerufen
- leichteste Form der Aphasie.
Symptome
- Wortfindungsstörungen bei gut erhaltenen Kommunikationsmöglichkeiten
- richtige Prosodie (gemeint sind: Tonhöhe, Betonung, Lautdauer)
- oft vorkommende inhaltsarme Redefloskeln
- gering gestörtes Sprachverständnis
- Satzbau ist weitgehend intakt
- Wortfindungsstörungen auch beim Schreiben
- oft Strategien, um dem Gesprächspartner die Störung nicht bemerken zu lassen ( Füllwörter, Oberbegriffen für den gesuchten Begriff)
- geringer Informationsgehalt
- Pat. können Objekte zu erkennen/identifizieren
Ursachen
Schlaganfall
Schädel-Hirn-Trauma
Hirntumor
Diagnose
- Aachener Aphasietest
Nachsprechen
Schreiben
Lesen
Benennen
Sprachverstehen
Therapie
- kausale Therapie durch Wiederherstellung der geschädigten Areale ist nicht möglich
- therapeutische Reaktivierung der gestörten Sprachfunktionen unter Anleitung eines Logopäden
2. Broca-Aphasie /motorische Aphasie
- Läsionen des Broca-Sprachzentrums
Symptomatik
- gestörte Sprachproduktion im Sinne einer Dysarthrophonie (Störung der Sprachmotorik und der Sprachkoordination)
- verlangsamte, stockende Spontansprache
- Bildung kurzer Sätze im Telegrammstil (Agrammatismus)
- große Anstrengung beim Sprechen
- Lautverwechslungen (phonematische Paraphasie)
- Verständnis der Sprache kaum eingeschränkt
- häufig Probleme bei der Zuordnung von Funktionswörtern ("sie", "sich", "seinen" etc.).
Pathogenese
- meisten Fällen vaskulär bedingte Läsionen des Broca-Sprachzentrums (Brodmann-Areal 44; motorisches Sprachzentrum) der dominanten Großhirnhemisphäre zurückzuführen
- häufig ein Verschluss der Arteria praerolandica (Ast der Arteria cerebri media)
Agrammatismus
= Störung der Sprachproduktion, die durch Fehlen grammatischer Strukturen charakterisiert ist
-> Sätze mit vereinfachter Syntax (Telegramm-Stil: 1-3 Wörter pro Satz)
- keine grammatischen Zusammenhänge unter den Satzbestandteilen (z.B. Subjekt-Objekt-Beziehung)
- keine Unterscheidung in Haupt- und Nebensätze
- fehlen von Beugungsformen und Funktionswörter (z.B. Artikel, Hilfsverben, Pronomen, Präpositionen)
Abgrenzung
a) Kortikale Dysarthrie
= Sprechstörung infolge Störung der Sprachmotorik beteiligten Strukturen
- verlangsamte Sprechflüssigkeit
- phonematischer Paraphasien
- Dysarthrophonie.
- Syntax, Morphologie, Benennleistung, Sprachverständnis intakt
b) Sprechapraxie
= Störung der Initiierung + Exekution der für das Sprechen notwendigen Bewegungsabläufe.
- Sprechapraxie tritt meist gemeinsam mit Broca-Aphasie
Ursachen
- nicht reversible Zerstörung von Gehirngewebe infolge von linkshemisphärischen ischämischen Schlaganfällen bzw. Hirnblutungen
- Hirntumore, Schädelhirntraumata oder neurochirurgische Eingriffe
Symptome
- Initiierungsproblematik, phonetische Entstellungen und intonatorische Auffälligkeiten und Suchbewegungen.
- „Outputstörung“
- Lesen, Schreiben und Sprachverständnis intakt
- keine Störung der Muskelkraft
- Häufig gleichzeitig eine Dysarthrie
3. Wernicke-Aphasie / sensorische Aphasie
- fehlendes Sprachverständnis
Symptomatik
- Störung des Sprachverständnisses
- Spontansprache ist flüssig, jedoch inhaltsleer
- Gesprochene Sätze werden häufig abgebrochen
- Wortfindungsstörung
- Satzteile verdoppelt (Paragrammatismus)
- Wörter verwechselt + neu erfunden
- ungehemmter Redefluss mit sinnlosem Inhalt (Paraphasie)
- können sprachbegleitende Kommunikationsfaktoren (Unterschiede in der Tonhöhe zwischen Fragen und Antworten oder Mimik) erkennen
- Paragrammatismus -> Regelabweichungen bei Kombination von Satzteilen: Sätze auffallend lang, Satzteile falsch verbunden/brechen ab, Verdopplungen von Satzteilen, eingeschobene nichtssagende Äußerungen
- Paraphasie -> Lautstruktur von Wörtern verändert: Laute umstellen, auslassen, hinzufügen
- verwechseln v. Wortbedeutungen, verwenden falsche Wörter
Pathogenese
- Läsionen dorsaler Anteile des Gyrus temporalis superior -> Wernicke-Sprachzentrum (Brodmann-Areal 22; sensorisches Sprachzentrum)
Ursache
- Schlaganfall der Arteria cerebri media
Paraphasie
= Wortverwechslungsstörung ohne es zu bemerken
semantischer Paraphasie:
- benutzte Wörter stehen im Kontext des Gesagten (zum Beispiel: Mantel für Jacke, Tasse für Kanne, Wurst statt Käse).
entfernte semantische Paraphasie:
- benutzten Wörter sind im Deutschen existent, stehen aber in keinem Zusammenhang des Gesagten (zum Beispiel: Blume für Aquarium, Creme für Tiger; auch Wortneuschöpfungen sind möglich, zum Beispiel: Leuchtelicht für Lampe).
semantische Jargon:
- im Deutschen existente Wörter benutzt, diese aber völlig kontextfrei zusammenstellt
phonematischer Paraphasie:
- Neologismen, die das gemeinte Wort erahnen lassen (zum Beispiel: Tummel statt Tunnel, Bulme statt Blume) oder dieses völlig entstellen (zum Beispiel: Puschima für Flasche).
phonematische Jargon:
-Patient reihen ausschließlich Neologismen aneinander
formaler Paraphasie:
- korrekte Semantik, allerdings wird eine besser abrufbare Wortform abgerufen (z. B. will das Wort „Tisch“ abgerufen werden, es wird aber eine formal und semantisch ähnliche Wortform wie „trinken“ abgerufen).
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