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#das romanverbot ist nur zu begrüßen
philosophenstreik · 3 years
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der titel schimmert leicht durch das umschlagpapier mit programmatischem satz in roten lettern. auch an der seite ist der titel nur bedingt zu erkennen, ist er doch zum teil geschwärzt. victor balko holt das innere des romans von seiko ito auf die umschlaggestaltung. die ungewöhnlichkeit des romans spiegelt sich nicht nur wegen des roten satzes wider, sondern vor allem durch die irreführung des lesers den titel klar zu erkennen. dasselbe gilt für die im roman omnipräsente zensur, die balko dann auch auf der seite anwendet und den leser nur das romanverbot ungeschwärzt lesen lässt. ein guter roman verlangt nach einer guten umschlaggestaltung - hier funktioniert es optimal! (rezension zum roman im vorigen beitrag)
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philosophenstreik · 3 years
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das romanverbot ist nur zu begrüßen
roman von seiko ito
erschienen 2021
im cass verlag
isbn: 978-3-944751-26-9
(von tobias bruns)
wir schreiben das jahr 2036 und befinden uns auf dem ostperipheren archipel, das von der sogenannten “asiatischen union” unterworfen wurde. es handelt sich hier offensichtlich um japan, zumal von den silbenzeichen hiragana und katakana gesprochen wird, die eindeutig japan zuzuordnen sind (und welches archipel befindet sich denn sonst noch in der östlichen peripherie asiens?). allerdings darf das wort japan oder japanisch nicht mehr genutzt werden - es wird geschwärzt, denn das mutterland will es nicht... wie so einige andere worte, die in der asiatischen union nicht mehr erlaubt sind. erzähler ist ein 75-jähriger mann, der aufgrund seiner literarischen vergangenheit in einer sammeleinrichtung einsitzt. er hat aufgrund seines - wie er immer und immer wieder betont - vehementen eintretens für die einführung des romanverbotes in der asiatischen union, die erlaubnis bekommen, seinen füller wieder in die hand zu nehmen um einen essay für ein magazin für gefängnisinsassen. dieses literarische genre ersetzt in der union nun den roman. der mann, nur bekannt als nummer 86, beginnt nun die asiatische union und ihre entscheidung das romaneschreiben zu verbieten in den himmel lobend seinen essay. er setzt sich dabei mit der literaturgeschichte (dabei vor allem des romans) des westens aber vor allem japans auseinander. seine arbeit, die in den monatsausgaben erscheinen werden dabei grundsätzlich von der haftanstalt vor veröffentlichung zensiert, passagen oder worte, die nicht genehm sind werden geschwärzt und sanktionen gegenüber 86 werden festgelegt. doch so sehr nummer 86 auch versucht zu verbergen, dass er an sich einen roman schreibt und die union lobend eigentlich kritisiert, wird dies auch den behörden des autoritären regimes immer deutlicher.
“so einen seltsamen roman haben sie noch nie gelesen, glauben sie mir” steht in roten lettern auf dem einband - erst darunter ist leicht durch das papier scheinend der titel des romans zu erkennen. man kann es drehen wie man möchte: nach der lektüre glaube ich, dass ich einen so seltsamen roman tatsächlich noch nie gelesen habe! es ist eine hochinteressante dystopie, die sich hier zum einen direkt mit dem eigenen genre auseinandersetzt und zum anderen dabei wunderbar den umgang eines autoritären staates mit dem system nicht zu vereinbarenden inhalten und seinen kritikern zeigt. das methodische schwärzen, dass durch den inhalt aber doch eindeutige zuordnungen zulässt ist stark eingesetzt - zeigt es doch wie willkürlich und gleichzeitig sinnbefreit zensur ist - und macht die lektüre noch spannender. auch wenn die viele auseinandersetzung mit der literaturwissenschaft die lektüre stellenweise etwas trocken gestaltet - dieser roman, der im eigenen titel sein verbot begrüßt ist schon etwas ganz besonderes. absolut seltsam und ebenso lesenswert!
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