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#dorfarchitektur
fabiansteinhauer · 1 year
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Wissenswallfahrt III
1.
Am MPI, das von denen einen das Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie, von den anderen das Institut für wahrscheinliches und unwahrscheinliches Recht genannt wird, organisiere ich regelmäßig Wissenswallfahrten.
Das sind Fahrten vor Mauern, die das Wissen wallen lassen sollen (sorry Mark Twain!). Wir kommen also immer zu Architekturen. Das sind Exkursionen, es geht raus, raus aus Kursen und Routinen, aber wir landen auf Routen. Jedes mal schauen wir uns Objekte einer Bild- und Rechtswissenschaft an, denn da liegt meine Expertise. Die Fahrten führens ins Außen, um im Außen das Außen zu denken. Wozu hat der Mensch zwei Augen? Wo er sie schon hat, kann er auch mal schauen.
2.
Zuerst waren wir in Würzburg, dann in Aschaffenburg und das dritte mal in Neresheim - mit einem Schlenker durch das Kochertal, mit seiner weitgehend durch Salz finanzierten fetten und schweren Steinarchitektur, die hier nicht aus dem roten frankischen Sandstein ist. Das, dieser Stein und die am Fluß entlang verlaufende Steinarchitektur war mir diesmal besonders auffällig, auch weil die sich so an der Kocher sammelt.
Ich denke, dass das eine Art Travertin ist, natürlich kein römischer Travertin aber wie in Rom Travertin, wenn auch nicht so fein. Das könnte Gauinger, Sonderbucher, Cannstatter oder Riedlinger Travertin sein, das sind typische Travertinsorten aus der Gegend. Man spricht von jungtertiären Süßwasserkalksteinen, die sind vor dem Anthropozän entstanden. Travertin ist kein Sandstein, das ist Kalkstein, vielleicht kann man diesen Stein darum als unreinen, leicht porösen und dochsehr stabilen Fastmarmor und insofern doch auch sehr feierlichen und festen Stein beschreiben. Der ist wesentlich fester als der rote fränkische Sandstein und insofern ist er auch nicht so lieblich, nicht so weich, der ist im ernsten festlicher und auf härtere Weise feierlich.
Das könnte teilweise sogar vulkanischer Stein sein, ich weiß das nicht genau. Am Härtesfeld, also in Neresheim, wurde dieser Stein zwar für die Fassade der Abteikirche verwendet (denke ich), aber die Dörfer auf dem Härtesfeld waren zu karg und zu arm, um sich diesen Stein leisten zu können. An der Kocher war das anders. Das ist nur ein Katzensprung, die Kocher entspringt wie die Jagst (die beiden größen Nebenflüsse des Neckar) am Rande des Härtesfeld, man fährt von Neresheim in wenigen Minuten zu ihr. Aber an ihren Ufern steht dann ganz andere Dorfarchitektur. Hier sind nicht nur die Fassaden großer Abteikichen aus dem Stein: Höfe, Lager, Brücken, Türmen. Werkstätten, Wohnhäuser: alles mögliche ist aus dem Stein. In kurzen Distanzen verändert sich dort, wie gesammelt und wie zerstreut der Reichtum der Gegend ist. Man sieht schon in der Abteikirche auf kurze Distanz Kontraktion und Distraktion. Aber außerhalb sieht man das wieder, das Selbe, nur anders. So muss man das aber sehen, weil man nichts sieht, wenn das Sehen nichts übersetzt. Außerhalb der Kirche sieht man Kontraktion und Distraktion, die durch Steine und Reichtum geht, beides bewegt. Innerhalb der Abteikirche ist Neumanns Umgang mit Kontraktion und Distraktion eine Übersetzung des Außen im Außen, denn man sieht das nur im Stil, nur im Protokoll, nur im Ausdruck und nur im Verfahren. Darum fahren wir rum und machen Wissenwallfahrten.
3.
Wenn man weiß, was die Grundlagen des Rechts sind, dann braucht man kein Institut für advanced studies und kein Institut für ein Recht, das vielleicht nicht auf der Höhe der Zeit und nicht advanced, aber immerhin Geschichte, theoretisch denkbar, wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist. Wenn die Grundlagen des Rechts möglicherweise Stein oder Sediment oder versteinertes Sediment sind, wenn es der Stein erloschener Vulkane sein kann, dann braucht man ein Institut, das die einen ein Insitut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie und das die anderen ein Institut für wahrscheinliches und unwahrscheinliches Recht nennen.
Schwäbisch Hall liegt an der Kocher, das war ab 1280 eine Reichstadt, reich genug war es geworden, durch Salinen. Aus Schwäbisch Hall kommt der Haller oder Heller, der ist da erfunden worden, um später noch als Heller und Pfennig Wort und Bild geben und zahlen zu können. Hermann Heller hat vermutlich daher seinen Namen, der kommt vermutlich wie, Bingo!, Aby Warburg aus einer Familie von Wechslern, die den Namen Heller noch hielten, als es sie dort schon lange nicht mehr hielt. Früher war Schwäbisch Hall Reichstadt, ein kapitales und kapitalistisches Städtchen ist es jetzt immer noch und Würth scheint nun ein Patron dort zu sein, zumindest hat er da ein ein Museum in einer Johanniterkirche für Alte Meister mitfinanziert, das jetzt aber nicht den Namen alter Meister oder Johanns, sondern seinen Namen trägt.
Der ist also nicht nur Patron sonden auch eine Art Frieder Burda oder Boros von Schwäbisch Hall. Das Museum ist fantastisch, das größe Meisterwerk dort vielleicht Holbeins Schutzmantelmadonna oder Riemenschneiders Lüsterweibchen, die größe Kopie istd ort eine Kopie von Matthias Grünewald die Meister Gothart-Nithart gemacht haben soll - und lauter faszinierende Maler aus den zweiten und dritten Reihen, die nicht so glatt sind wie Meister ja dann doch oft auch sind.
4.
Die vierte Wissenswallfahrt wird erst im Oktober stattfinden. Aber wohin? Amorbach wäre mal gut, Miltenberg auch. Oder endlich mal nicht idyllisch, ab nach Mannheim (ins Collini, so lange es noch steht!) und - irre - Ludwigshafen, also unter Brücken, denn 'New Ludwigshaven' ist die unterbrückte Stadt schlechthin, da schlafen fast alle unter Brücken, so scheint es manchmal. Mal schauen.
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schmurr · 4 years
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Qualcuno l'ha postata poco fa ma non so più chi... #casarustica #dorfarchitektur #landhaus #countryhouse #ruralhouse #casadicampagna https://www.instagram.com/p/CJp2hZ6FOus/?igshid=oaza4k8tj4kz
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kanzlei-job · 5 years
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Bahnhöfe in böhmischen Dörfern mit spanischen Vorkommnissen :-)
Bahnhöfe in böhmischen Dörfern mit spanischen Vorkommnissen :-)
Die Floskel: “Das sind böhmische Dörfer für mich” bezieht sich keines Falls auf Dorfarchitektur in Böhmen, vielmehr ist sie eine idiomatische Redewendung die Unverständnis ausdrückt.
Die “Böhmischen Dörfer” stammen aus der Zeit der Habsburger Monarchie, die damals Österreich und die Königreiche Ungarn und Böhmen regierte. In Böhmen sprach man jedoch, bis auf seltene Ausnahmen, z.B. im…
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