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#karl heinz ladeur
fabiansteinhauer · 7 months
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Latour, Ladeur, Ladder, Letter, Leiter, Litter, Luder and Luther
1.
In einem Kommentar zu Bruno Latour hat Karl-Heinz Ladeur in Analogie zu Leibniz' "gewissen Staats-Tafeln" von einer gewissen Vereinfachung (Einfalt, Simplizität) gesprochen.[1]
Diese Einfalt sei eine Behauptung, die sich machen lasse. Es lasse sich behaupten, dass das westlichen Denken bis zur Neuzeit das praktische Wissen vernachlässigt habe, so Ladeur in dem Kommentar zu Latour: Ein Nachlässigkeit lässt sich mit Nachlässigkeit behaupten, das ist ein Nachlass (Erbe/ Übertragenes) der Form, und zwar einer Form, die zügig scheint und damit etwa (über-)trägt oder betrachtbar macht.
 Ladeur spricht also von dieser gewissen Einfachheit oder Einfalt, sichtet sie (er beobachtet nämlich, was er ein westliches Denken nennt, erfindet diese Behauptung nicht, weist sogar eine Quelle nach) und greift diese Behauptung  auf. Er behauptet also selbst in gewisser Vereinfachung/ Einfalt  etwas über das westliche Denken. Ladeur behauptet gewiss einfältig, dass das westliche Denken das praktische Wissen bis in die Neuzeit vernachlässigt habe.  Von der chinesischen Kultur, sage man, sagt Ladeur (gewiss einfältig, aber auch in der Weise eines Gerüchts), sie habe das praktische Wissen völlig ignoriert.
Ob Ladeur einfältig ist und die Gerüchte stimmen, das ist eine Frage, die nicht im Zentrum der folgenden Überlegungen stehen sollen, aber einleitend sein soll. Ladeur spricht nämlich nicht nur qualitativ von einer Einfalt, legt nicht nur nahe, dass diese Behauptung in ihrer Vereinfachung nicht vielfältig denke, sondern nur vereinfacht denke. Er spricht auch technisch einfältig, in der Form diplomatisch, weil er eine Unterscheidung einführt: die zwischen theoretischem und praktischem Wissen, die er gleichzeitig doppelt schichtet, nämlich als Unterscheidung zwischen niederem/ minorem Wissen und höherem Wissen auf Zeiträume und Denkräume der Wissenschaft bezieht. Früher, in Zeiten (die noch nicht so weit waren und nun weiter entfernt und noch weiter entfernt als die Neuzeit gewesen seien), die in dem Sinne niedere Zeiten waren, hätte die Theorie die Praxis noch stärker vernachlässigt und weiter entfernte Räume (China) hätten die Praxis dem Gerücht nach sogar völlig ignoriert. Theoretisch hat die chinesische Kultur die Praxis völlig ignoriert, auf jeden Fall theoretisch, ob auch darüber hinaus, das ist ungewiss, vielleicht war es historisch und praktisch anders, aber in der Theorie Chinas (ein kooperativer Genitiv ist hier gemeint, also Ladeurs Theorie Chinas) soll so eine Vernachlässigung auf jeden Fall der Fall gewesen sein.
2.
Ladeur leitet mit einer normativen, kooperativen und rekursiven Passage den Kommentar zu Bruno Latour ein. Die Passage ist normativ, nicht nur, weil in ihr Gerüchte auftauchen, also dasjenige, von dem Bachofen sagt, dass es das normative Material der (Rechts-)Geschichte sei. Die Passage ist normativ, weil sie Differenz operationalisiert, anders gesagt: weil sie differenziert, um mit einer Differenz umgehen zu können, der sie sich konfrontiert sieht.
Die Passage ist kooperativ, Ladeur gibt Wissen zu Wissen, indem er Wissen zu wissen gibt, durch Operationen, die mehr als eine Operation sind und dabei durch Stellen laufen, die mehr als eine Stelle, mehr als ein Medium, mehr als ein Objekt, mehr als ein Subjekt, mehr als ein Akt, mehr als ein Zug sind – und trotz diesem Mehr zur Einfachheit und Einfalt parat stehen. Die Passage ist insofern kooperativ – und rekursiv, weil sie das, von dem sie spricht, auch macht und dasjenige, was sie macht, auch sprechen lässt, also aus dem Bestand ist, den sie durchgehen lässt, um noch mit den aporetischen Stellen (ihren Paradoxien), Passage zu bieten.  Nachlässig wird von Nachlässigkeit geschrieben, Ladeurs Passage ist ein Letter.
3.
Wir haben kompliziert beschrieben, was sich vereinfacht sagen lässt: Ladeur spricht von der Unterscheidung zwischen Theorie und Praxis selbst sowohl theoretisch als auch praktisch. Was er sagt, ist nicht das, wie er es sagt. Das eine ist auch nicht der Inhalt des anderen. Aber die Formen, in denen und mit denen er schreibt, sind Züge, die faltig sind.  Seine Diagnose der Vernachlässigung, die wollen wir dabei affirmativ aufgreifen – zu einer weiter Beschäftigung mit dem, was er das praktische Wissen nennt und auf dasjenige bezieht, was seit Cornelia Vismanns Arbeiten zu den Akten juristische oder juridische Kulturtechnik genannt wird.  
Unser Interesse gilt Praktiken, genauer gesagt normativen, kooperativen und rekursiven Praktiken, die wir als minore Praktiken verstehen. Besonders gilt unser Interesse dabei minoren Objekten, also praktischen und technischen Objekten, die minor sind, die etwas lassen, indem sie gelassen sind. Die Objekte nennen wir Letter. Ihre Minorität kann aus einer Vernachlässigung rühren, aber auch aus Auslassungen, aus Kürzungen, aus einer Verzettelung, aus Frivolitäten, aus Verwechsel- und Austauschbarkeit, dank derer ihr Wert nicht hoch oder groß, dafür aber niedrig, klein, leicht oder schwach geschätzt werden kann und damit minderwertig erscheint.
Im Hinblick auf die normative, kooperative und rekursive Anlage soll es sich also um Objekte handelt, die lassen, indem sie gelassen sind. Wir unterstellen, dass Ladeur nicht nur von Handlungen oder Subjekten spricht, sondern auch über Objekte, die vernachlässigt sein sollen und darum vernachlässigen.  Sie machen zum Beispiel Geschichte einfältiger, einfacher, als sie in Wirklichkeit ist, sie vernachlässigen die Komplexität der Geschichten. Ihre Nachlässigkeit mag einen Mangel darstellen, aber die Einfalt technischer Objekte macht diese Objekte pointiert.  Ladeur vernachlässigt vielleicht nicht nur die Geschichte des westlichen Denkens oder der chinesischen Kultur. Er macht dies aber nur, um eine Unterscheidung zu pointieren, um Objekte überhaupt minor sein und dann normativ, kooperativ und rekursiv sein zu lassen.
Die Nachlässigkeit hat einen doppelten Sinn: Sie ist beschränkt, eröffnet den Blick aber auf eine gründliche Linie, die nach Ladeur nicht nur zwischen Praxis und Theorie verlaufen soll, sondern auch zwischen chinesischer Kultur und westlichem Denken sowie zwischen alter Zeit und Neuzeit.  Wir sagen: der Zug, der durch die Passage bei Ladeur läuft, ist selber ein minores Objekt, ein Letter.
4.
Latour, Ladeur, Letter: Wenn es sich hierbei um Dreierlei handelt (was sein kann, aber nicht sein muss), dann gehen wir davon aus, dass es sich auch um drei Details handelt, von denen jedes für sich kontrahiert und distrahiert, damit kein Detail eine Urform der anderen Details ist. Latour, Ladeur und Letter erscheinen eventuell mit kleinen Variationen, Selektionen zueinander, in der Liste, die Latour, Ladeur und der Letter bilden, mag man sogar auch Stabilisierung, eventuell sogar sinnvolle Stabilisierung von Sinn wahrnehmen.
Von Abweichung möchten wir mangels Urform nicht sprechen, wollen Ladeur nicht als Abweichung von Latour verstehen und die Passage, mit ihrem Letter, nicht als Abweichung von Ladeurs Denken uns vorstellen. Das wollen wir nicht deswegen, weil die Anzahl der Operationen, mit denen aus Latour Ladeur und aus Ladeur ein Letter wird, nur klein ist. Auch eine kleine Anzahl von Operationen kann ein Abweichung bilden. Wir wollen das nicht, weil wir nicht von einer Urform ausgehen wollen und darum die Abweichung nicht markieren wollen.
Uns interessieren Bewegungen und Regungen, dabei wiederum Züge, die durchgehen, auch wenn sie varriierend, selektiv und stabil erscheinen mögen. Die rigide Zeitlichkeit, Räumlichkeit und Mobilität von Vorübergehendem interessiert uns, und zwar aus folgendem Grund: Weil wir besonders an einem Recht (seiner Geschichte, Theorie und Praxis) interessiert sind, das unbeständig, polar und meteorologisch ist. Wir wollen das nicht lebendes, sondern regendes Rechts nennen. Was daran selbstreferentiell ist, das wollen wir auf die Technik hin befragen, die der russische Formalist Shklovskij Kunst und Verfahren genannt hat, und die insoweit also auch verfremdet. Was daran einfältig ist, wollen wir auf seine Diplomatie und Klugheit hin befragen. Was daran dicht oder verdichtet ist, wollen wir auf jene Pathologie hin befragen, die nach Aby Warburg keine Auf- oder Abweichung von Rationalität, sondern deren Umgang mit Unbeständigkeit, Meteorologie und Polarität ist. Latour, Ladeur, Letter: leidenschaftlich und insoweit leidend (wir möchten die Einfalt nämlich lieber für Quatsch halten und besser über alte Zeiten und China denken) halten wir die Passage leider nur für eine Leiter, a ladder. Ladeur markiert einen Aufstieg der ANT und des praktischen Wissens, wo Aufstiege erscheinen sind umgekehrt Abstiege beobachtbar und so glauben wir, dass Ladeur den Text geschrieben hat, um besseres Recht einzufordern, in dem Sinne zu klagen oder zu begehren. Wir haben die Passage gesichtet, fassen sie griffig zusammen: In ihr werden Auf- und Abstieg verkehrsfähig oder verkehrbar, in einem Pendelsinn, den der Polarforscher Warburg in einem amtlichen Schreiben als vierfachen, nämlich historischen, geographischen, gesellschaftlichen und psychischem Sinne entfaltet hat. Latour, Ladeur, Letter: Die Passage erscheint uns als Treppenszene, die in entfernte Denkräume führt. Unsere Lektüre wittert dabei l'odeur des fauves, ein Wild- oder Bildwissen, dessen Expertise bei Warburg liegt, weil er Polarforscher ist.
[1] Karl-Heinz Ladeur, Bruno Latour und die Kreativität des Rechts, in: Twellmann (Hg.), Wissen, wie Recht ist, Konstanz 2016
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fabiansteinhauer · 3 months
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Robinsons Kräuseln
1.
Manuel Manjolo ist ein Rechthistoriker und Rechtstheoretiker aus Angola, genauer gesagt wohnt er meist in Benguela, seit ungefähr aber einem Jahr mit mir zusammen in der sog. Polisophienstraße. Das ist eine Geschichte-und-Theorie-WG, nämlich meine Geschichte-und-Theorie-WG, hier bin ich der Souverän, der Herr im Haus - und ich genieße es, auch einmal, wenigstens an einer Stelle auf der Welt souverän und Herr im Haus zu sein. Hier bin ich Eigentümer mit fetten Persönlichkeitsrechten, mit meinen Grundrechten und meinen bürgerlichen Rechten. Diese Zone verteidige ich mit Händen und Füßen, mit meinen Zähnen und Krallen. Da kommen nur Leute rein, die ich da haben will, da bin ich meine eigenen Frontexagentur. Heute kommen Robert Ohrt und Axel Heil hier hin, die dürfen das, das sind Warburgianer, die sind immer willkommen, die sind Anarchisten, pedantische Anarchisten und Polarforscher. Jeder der das ist, darf an meiner Tafel fressen. Manuel Manjola ist das auch, der wohnt hier super, er zahlt auch dafür, wie ich, auch ich zahle dafür, mit ihm hier wohnen zu dürfen.
Einmal im Jahre gehe ich mit der Geschichte-und-Theorie-WG wandern. Den Rest das Jahres wandert die WG nur im übertragenen Sinne, dann wohnt diese WG in der erwähnten Polisophienstraße, der vielweisen und ballweisen, stabweisen Straße. Seit einem Jahr wohnt Manual Manjolo mit mir zusammen, der promoviert über das Recht der Archive in den afrikanischen Staaten, die portugiesisch sprechen. Manjolo ist ein Kollege vom MPI, an meinem Institut für wahrscheinliches und unwahrscheinliches Recht, an meinem Trauminstitut. Manjolo ist ein Kollge, ich bin Zweitbetreuer seiner Disseration.
2.
Wenn ich dem Manjolo von Ladeur erzähle, dann findet der Ladeur ziemlich komisch. Wenn ich mit dem Luhmann lese, findet der Luhmann komisch, besonders den Text über Kausalität im Süden, vor allem mit den Witzen, die Luhmann gleich am Anfang über den Süden macht: Die im Süden verschwenden das Geld und stecken es in die eigenen Tasche. In Wuppertal sagte man früher: Itas, Türken, Griechen, alle tun sie riechen. Inzwischen sagt man auch: Idioten gibt es viele, am Rheine und am Nile. Oder: Überall viel Leichen, alle tun sie reichen, kalte kalte Keller, denken tun wir schneller.
Luhmann, so hoffen wir doch, meint den inneren Süden, also jene süddeutsche Heimat, in der wir alle Römer sind - und damit den Vorteil besitzen, nicht nur eine Moral zu haben, sondern gleich eine doppelte Moral zu haben. Mankann nie genug von allem haben, auch von der Moral und von den Systemen. Wem muss man das sagen: Je mehr Systeme, desto besser! Dem Luhmann muss man das nicht sagen, der ist der ironische Blitz der Systemtheorie schlechthin. Die Protestanten finden das ja nicht so gut mit der doppelten Moral, die finden Luhmann teilweise auch gar nicht witzig, sagen sich dann, dass Luhmann mit Süden nur den Süden meint, nichts als den Süden, und dass der mit Kausalität nur Kausalität und nichts als Kausalität meint. Die Römer sagen zu allem gerne ja und Amen, die sind ein karnevaleskes Imperium. 95 Thesen, dann sind zwar viel zu viel, aber ok, kriegen wir auch noch hin.
3.
Ich bin auch Römer, pflege meine doppelte Moral sorgfältig, lese also Ladeur Passagen über Kausalitäten im Süden auch als Passage über Einrichtungen und Ausrichtungen im Süden, sogar über Sitzecken im Süden, sogar über Sitzdecken im Süden meiner WG. Manuel Manjolo haben wir vorsorglich im Süden unserer WG platziert (im sog. Südflügel) weil er aus dem Süden kommt, da wo man nach Ladeur noch heute die Schattenseiten, die dunklen und schwarzen Seiten der Form sieht, die schwarzen, schattigen und dunklen Seiten jenes Informell und einer Information, die mit Form zügig rauscht und von nördlicher Seite als informell markiert wird, obschon auch sie in Form rauscht und informiert. Süden ist da, wo man die Blockaden und die Gewalt heute noch beobachten kann und wo die Leute heute noch so beobachten werden können wie die Leute früher im Norden. Das nennt Flusser die Phänomenologie der Unterentwicklung, eine Phänomenologie der Minoren, der Unteren und Südlichen, zum Beispiel der Brasilianer. Das ist auch eine Phänomenologie Angolas.
Ladeurs Passage ist ein Schreiben im Zug, wie die Schreiben, in denen unsere Kollegen, hier Namenlose, behaupten, wir seien teilweise furchtbar und unsere Arbeit sei ein Kündigungsgrund, und diese Botschaft dann nicht, wie beabsichtigt, an dritte Kollegen, sondern plötzlich an uns selber mit ihrer Aufklärung und dem grellgeilen Licht senden. Solche purloined Letter sind ein Geschenk, eine Gabe. Warum? Weil sie so unendlich komisch sind, dass sie uns herzlich Kräuseln machen. Was der Thrakerin ihr Lachen ist, das ist dem Robinson und dem Freitag ihr Kräuseln, nämlich: Komik, die ins Gesicht geschrieben ist.
Im Süden lassen sich auch heute noch die Schatten beobachten, wenn man aus dem Norden blickt. Im Norden lassen sich die Schatten beobachten, wenn man aus dem Süden blickt. Schattenbetrachtung, das ist Chatten, d.i. mails rauschhaft an Leute senden, für die Botschaften nicht bestimmt sind und gerade darin das treffende Geschenk. Das Informelle rauscht informativ im Süden, wenn man im Norden steht, es rauscht und informiert im Norden, wenn man im Süden steht.
Wozu Rechtstheorie? Nach Aby Warburg: damit man Wörter nehmen und geben kann, damit man Bilder nehmen und geben kann, damit man sich und andere orientieren kann und damit man handeln und händeln kann.
Wozu dann aber Ladeurs Rechtstheorie? Er ist der vielleicht nicht der einzige Staatsrechtslehrer seinen Generation, der zu Vagheit und zur Polarität arbeitet, aber ein gewichtiger von ihnen. In meiner Generation bin ich im Moment der einzige deutsche Staastrechtleher, der zur Anthropofagie, Vagheit und Polarität arbeitet, ich kann garantieren, dass ich der einzige bin. Lade ich nämlich zu Tagungen in MPI ein, um über Anthropofagie zu forschen, halten das die Kollegen entweder für einen Wtz und nur ein Wtz oder wie so oft für, peinlich, von der Uni Frankfurt kommt kein Kollege. Das ist dann wohl gut so, dann haben wir nur internationale Forschung im Raum, keine Nationalbibliothekare. Wir sind dann auf dem epistemischem Mond und in der wissenschaftlichen Atacamawüste ...und hoffen sogar, dass die Kollegen nicht plötzlich doch von mimetischen Begehren erfasst werden und hinterher doch alles ganz toll finden und hinterher, sobald es die Preise dafür gibt, immer schon wussten, wie wichtig die Anthropofagie und decorum und Kontrafakturen und Fiktionen waren.
Ladeur ist so witzig und wütend, dass ich ihn manchmal verteidigen muss, zum Beispiel gegenüber unserem südlichen, schattigen und schwarzen Tafelgenosssen und Lebensform-Partner Manuel Manjolo, gegenüber seiner Frau und seiner Tochter gegenüber. Die Drei finden den Süden schon auch schlimm, aber den Norden auch, dann muss ich Manuel sagen: Du musst Ladeur bolisch übersetzen, wie den Luhmann. Wenn die Süden sagen, dann heißt das unter anderem Norden, je nachdem, von welchem kalendarischen Zeitpunkt und von welchen kartographischen Punkt aus man den Text liest. Man kann Texte unbeständig, meteorologisch und polar lesen, dann kann Süden auch Norden und Osten auch Westen heißen. Es geht sogar nicht, sie anders als so zu lesen, das ist aber nur eine These, nur meine These.
Et beim Italiener ego (Nikolaus Pusseng).
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fabiansteinhauer · 3 months
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Gretchenfrage und Grätschenfrage
1.
Die schönste Grätschenfrage seit eh und je: Wie hälst du es mit dem Kontrollverlust?
Grätschenfragen sind Gretchenfragen, das sind Fragen nach dem Glauben. Die Frage nach dem Glauben kann eine religiöse Frage sein, muss aber keine religiöse Frage sein. Es kann eine Frage nach der mantis religiosa, nach den Insekten, dem Fangschrecken und dem Schreckenfang sein. Die Frage nach dem Glauben kann auch eine Frage nach dem Bestand des Wissens in Anbetracht des Fangens und Schreckens sein. Die Frage nach dem Glauben kann die Frage nach Gregor Samsa und nach seinem Befinden sei. Die Frage nach dem Glauben, die Gretchenfrage, ist und bleibt auch dann die Frage, ob man der festen Überzeugung von etwas ist. Dann ist die Gretchenfrage auch Frage nach dem Dogma und nach dem Recht, danach ob man vom Recht überzeugt sei. Wenn dann diese Frage nach dem Bestand des Wissens eine nach dem Dogma und eine nach dem Recht ist, dann kann das eine säkularisierte Frage sein.
Die Gretchenfrage ist eine Grätschenfrage, wenn die Frage nach dem Bestand des Wissens auch eine nach dem Kontrollverlust und nach den Kreuzungen ist, nach den Kontrafakturen und den klammen Stellen, an denen der Bestand des Wissens etwas trennt, etwas assoziiert und etwas austauschbar hält und dort zum Beispiel etwas am Bestand wechselt. Das Grätschen, so sagen die Gebrüder Grimm sei ein Kreuzen oder Kreten. Das muss eines von dem Scratchen sein, von dem man erstens in Discotheken zu hören bekommt (nämlich wenn die Platten in der Spielrichtung verkehrt werden und der Reigen trotzdem taktvoll weitergeht) und von dem man zweitens bei Cornelia Vismann zu hören bekommt, nämlich in dem Aufsatz starting from a scratch.
Vismann und Steinhauer sind Dark Ladeurs, Dark Vestings, Dark Augsbergs, Dark Fans von Yan Thomas und Marta Madero. In ihrem Schatten arbeiten sie zu der Selbstorganisation des Rechts und zu dem Kontrollverlust, so schattig, dass die Schattenspender noch Distanz dazu halten, immer wieder mit Distanzgesten sagen, die wollten nicht tun, was wir tun. Vesting sagt es immer wieder brav, Augsberg noch einmal in seinem Buch zum Kassiber, Ladeur singt es wie Kafkas Sirenen. Kontrollverlust ja, auch limiert, Fiktion ja (...). Für die Disneygucker unter den Kindern der Staatsrechtslehre: Während Ladeur, Vesting und Augsberg die zitierbaren Yediritter sind, sind Vismann und Steinhauer die unzitierbaren Sithlords of the Staatsrechtslehrerversum. Man muss dazu wissen, dass manchen Kollegen schon schwindelig wird, wenn sie nur die Namen Ladeur, Vesting oder Augsberg hören, bei denen im Schatten erleben sie vermutlich ein Quäntchen Kontrollverlust zu viel.
2.
Der Unterschied, einer der Gründe, warum Ladeur, Vesting und Augsberg die dunkle Seite dunkel lassen und warum dem Ladeur plötzlich der Islam als Problem einfällt, nicht aber die Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer, der liegt daran, woran vieles liegt: an der Stelle, der er aufsitzt und an dem achronologisch geschichteten Material, dem Ladeur triebhaft verflochten ist.
Jeder hält sich im Symbolischen und Imaginären auf, im Realen. Jeder lebt in seiner Normalität. Dem Ladeur fällt es einfach, zu glauben, er sei kein Muslim und er würde nicht an den Islam glauben - andere täten das. Das ist wohl nicht völlig falsch, aber richtig ist es auch nicht. Einen Sinn dafür, was es ist (unter anderem: schwer zu sagen), den haben die Melancholiker, den hat der liebe Gott (der immer lacht, wenn der Mensch tracht), den hat der Aby Warburg, dem es nach langem Training leicht fallen könnte, in Ladeur auch eine Kontrafaktur zu erkennen, sogar die Kontrafaktur einer Muslima oder eines Muslims oder eines Muftis. Ladeur, der einen Sinn für l'odeur des fauves hat, der hat auch einen melacholischen Sinn, sagt es aber nicht immer, der kann auch im iranischen Muftis die Kontrafaktur Ladeurs erkennen. Sagen wir so: Es ist eine These, nur eine These. Die Tracht des Rechts, das fair messende Übertragen/Vesting, das musternde Übertragen, die geschickten Kassiber, die gebogenen Gassen: ihr Treiben ist unstillbar.
3.
Man soll den Kontrollverlust akzeptieren, limitiert akzeptieren. Wie limitiert Ladeur den Kontrollverlust akzeptiert, das ist hier die Gretchenfrage und die Grätschenfrage. An welche Quellen er sich traut, wen er sich noch traut zu zitieren, wenn es um den Rechts- und Regenwald der Theorie und Geschichte zu zitieren, das ist Gretchen- und Grätschenftrage. Traut er sich den Yan Thomas zu zitieren, wenn es um Fiktionen geht? Traut er sich, den Steinhauer zu zitieren, wenn es um Fiktionen geht? Traut er sich, den Kelsen zu zitieren? Welche Quellen lassen den Ladeur zitieren, welche lassen ihnstandhaft überzeugt sein? Traut er sich, Atlan oder Möllers zu zitieren? Traut ihm, wenn er sich traut - und wenn er sich nicht traut, dann traut ihm auch nicht. Ils sont sensible, s'ils sont sensible. Traut sich Ladeur, die islamische Literatur zu Fiktion zu zietieren, zum Beispiel die irrtierenden Diagramme aus der Bodleian Library zu den Mondhäusern, deren Entstehung man auf das 14. und 15 Jahrhundert datiert und von denen es heißt, dass sie in Baghdad entstanden seien - und die doch den standhaften Überzeugungen von der Erkennbarkeit des Religiösen, des Westlichen, des Östlichen, des Rechtlichen, des Eigenen und des Anderen leichten Kontrollverlust bescheren könnten? Traut sich Ladeur Warburg zu zitieren?
Der Westen, so Ladeur, kann sich selbst irritieren, aber nur limitiert - und er kann dabei nicht nur sich selbst irritieren und ist nicht nur von sich selbst irritiert. Die Westen, die Trachten, das Trachten jeder Normativität kann sich selbst limitiert irritieren. Im Schatten Ladeurs arbeitet es sich gut, im Schatten Ladeurs arbeitete Vismann auf eine, so sage ich mal, wildere Weise an den gleichen Themen wie Ladeur. Mit Warburg gesprochen war Vismann die Nymphe und Ladeur ist und bleibt ein Flussgott. Wie limitiert der Kontrollverlust bleibt, wie limitiert die Irritation bleibt, wie sehr man trotzdem Ladeur trauen kann, obschon er so irritierend und mit Kontrollverlust schreibt, sieht man schon daran, dass er die wirklich schlimmen Quellen des Denkens nicht zitiert, sondern auch einen sorgfältig gepflegten Zitiergarten pflegt, der wie jeder Garten, sogar wir prds, ein Troja, ein Trümmerberg und ein satyrischer Haufen ist.
Gute Rechtstheorie erkennt man daran, dass sie komisch ist und einen damit wüten und Witze machen lässt. Ladeurs Rechtstheorie ist so mit das Komischste, was ich aus der Staatsrechtslehre zu lesen bekomme, jede Seite lässt mich wüten und Witze machen. Der Kommissar Schneider ist gut. Der Rechtstheoretiker Ladeur ist gut.
Auch die Grätschenfrage ist die Frage nach dem Vertrauen, sie ist die schönste Frage nach dem Vertrauen, nämlich die kasuistische Fassung dieser Frage: Sie fragt nach dem Vertrauen im Fall.
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fabiansteinhauer · 3 months
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Regel und Fiktion
Die normative Kraft des Kontrafaktischen: Das ist die Tracht des Rechts - und die Tracht des Rechts ist wie etwas, das überträgt und übertragen wird. Die Tracht des Rechts ist zum Beispiel eine Jacke, die sich ein junger Mann anzieht, um Staatsrechtslehrer zu werden. Das Kontrafaktische und die Fiktionen, das sind nicht Ideen, die sich einzelne Ausdenken: Das sind Kreuzungen. Regel und Fiktion. Zur normativen Kraft des Kontrafaktischen ist ein rechtstheoretischer Text, der allerdings an einem kulturwissenschaftlichen Fachbereich geschrieben wurde - in Auseinandersetzung mit jenem Teil der Frakfurter Schule, die kritische Theorie als ästhetische Praxis propagiert.
Die Tracht des Rechts: Ein unstillbares Übertragen, wie jenes Übertragen, das Ino Augsberg Kassiber nennt. Die Tracht des Rechts ist musterhaft, sie lässt das Recht mustern. Die Tracht des Recht kann wie ein Fluss reissen, wie ein Architekturzeichnung mitreissen und wie ein scharfer Spruch an einer Bar jemanden aufreissen. Die Tracht des Rechts kann Textil und Text sein, sie kann Fabrik/ Fabrikation sein, wie Latour sagt. Die Tracht des Rechts, ein tragender, trahierendes, traktierender Zug des Rechts kann ein Akt sein, wie Vismann sagt und kann Performanz sein, wie Sabine Müller Mall sagt. Die Tracht des Recht kann eine Tafel sein. Ein Beispiel kann eine Tracht sein, denn exempla trahunt. Für alles gibt es gute Beispiele, zum Beispiel franzözische Texte von Yan Thomas, und für alles gibt es böse Beispiele, zum Beispiel deutsche Fotos von Fabian Steinhauer:
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fabiansteinhauer · 3 months
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Wozu Lanze?
Eine Lanze ist ein Stab, ein kosmographisches Objekt. Das Handy/ Mobile ist Lanze/ Stab und Tafel in einem: ein kosmographisches Objekt, mit dessen Hilfe Worte gegeben und genommen werden können, Bilder gegeben und genommen werden können, man sich und andere orientieren, händeln und handeln kann. Die Lanze ist ein Stab, ein Stock, ein Griffel, ein Stift und ein Speer. Die Lanze lanciert Graphien und Choreographien; sie balanciert Graphien und Choreographien. Wer mehr über Lanzen wissen möchte, vor allem auch, welche Rolle sie in juridischen Kulturtechniken spielen sollte Bianca Lanz aka Cornelia Vismann lesen: alle Passagen, in denen es um gründliche Linien wie etwa das pomerium geht. Es gibt auch ein schönstes Buch zu Lanzen, von einem Autor, den aus Rechtstheorie nur Karl-Heinz Ladeur mit seinem Sinn für den l'odeur des fauves empfiehlt: Philippe Descolas Lanzen der Dämmerung, ein Buch über Leben und Sterben am Amazonas: Les lances du crépuscule. Relations Jivaros, Haute Amazonie. 
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fabiansteinhauer · 10 months
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Verschwinden
1.
Nichts verschwindet von selbst, alles nur durch Entfernung. 'Ein letztes Aufflammen' ist vermutlich ein kalendarisches, rhytmisches und taktvolles Geschehen, vergleichbar mit der Apokalypse und anderen Terminen, die jeden Donnerstag drohen. Das tradierte Ordnungsmodell, von dem Ladeur in einer Passage zur Geschichte und Theorie des Rechts spricht, könnte also dasjenige letzte Aufflammen sein, ein Fackeln oder Torkeln, wie es Giordano Bruno in den heroischen Passionen beschreibt. Ein Aufflammen, das zwar regelmäßig stattfindet, jedesmal aber das Licht ist, von dem man sagt: Das ist ja wohl das Letzte! Benehmt euch!
Und dieses tradierte Ordnungsmodell, ein Aufflammen, das ja wohl das letzte ist und sich nicht gehört, das könnte kalendarisch zu den Donnerstagen (auch im Sinne Loriots) gehören, die sich an den Ryhtmus von shavout, dem hellgeistigen Pfingsten oder Luna, also ans Mondlicht halten.
2.
Ladeurs dichte Sätze machen es nicht einfach (niemand macht sich etwas einfach), sie machen aber auch nicht unmöglich, zu destillieren was genau den Ladeur nicht überzeugt und was er "dies" nennt. Was einen Autor überzeugt, was er gut und schlecht findet, ist ja ohnehin nur von limitiertem Interesse. Man soll aber wissen, welche Spuren er aufgreift und welche er hinterlässt. Das ist, wie bei allen, auch bei Ladeur nicht einfach. Begriffe ja/ Mythen nein?
Ladeur greift mit dieser Unterscheidung zwischen der Vagheit der Begriffe und der Vagheit der Mythen ein ikonophobes Projekt auf, er greift einen Bilderstreit auf (den man etwa über Pierre Klossowski zu dem Baseler Archäologen Bachofen und dessen Geschichte und Theorie des Mutterrechts oder aber zu Robert Ranke Graves Arbeiten zum Mondlicht zurückverfolgen könnte).
Ladeur greift einen melancholischen Diskurs auf, in dem etwas droht, verloren zu gehen, nämlich die operationale Seite des Rechts und die Rechtssubjektivität als Lebensform. Ladeurs Ansichten und Aussagen sind unwiderlegbar, sie sind gut bestreitbar, das geht Hand in Hand. Vielleicht, Herr Ladeur, verstehen andere unter dem Gesetz, dem Souveränen oder der Polizei, unter einen Gewalt und einer Unterbechung noch etwas anderes - und vielleicht geht mit diesem anderen Verständnis nicht gleich die operationale Seite des Rechts oder Rechtssubjektivität als Lebensform verloren.
Ist das, was bei den einen Autoren Polizei ist, bei Ladeur Polemik? Dreht sich einfach die Erde, während die einen schreiben und die anderen lesen? Kommen Wörter anders, nämlich verdreht, an, als sie abgeschickt werden? Sind Wörtetr details, die Boliden sind? Ja, das sind sie.
Vielleicht ist also das, was Ladeur in seinen Texten öftes als "Reduzierung" markiert, so reduziert, wie man eine gute Sauce reduziert, also vielleicht handelt es sich nicht um eine Ignoranz oder die Entsorgung von Komplexität, sondern nur um ihre dichte Form.
2.
Ladeur ist vermutlich der einzige deutsche Rechtstheoretiker, der das Vague und das Polare im Recht explizit nicht als etwas begreift, was ausgeschlossen oder abgestellt werden müsste. Ich halte ihn für einen Autor zum Geruch der Wilen, für einen Warburgianer.
Das macht ihn aus der Riege seiner Generation nicht zum einzigen Stichwortgeber für eine Geschichte und Theorie, die sich aus Warburgs Staatstafeln extrahieren liesse, aber doch zu einem wichtigen Stichwortgeber.
Im deutschsprachigen Raum ist auch Teubner mit seinen Vorstellungen des Verschlingens und des Kreischens/Schreiens auch ein Stichwortgeber. Die Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass jeder Rechtstheoretiker in seiner Arbeitsbiographie auf Spurrillen gerät, die ihn in nachvollziehbare Positionen zu anderen Leuten bringt. Aus Gelegenheiten haben sich Gegnerschaften entwickelt, müßig, das ausradieren zu wollen, müßig dem Ladeur seine Melancholie und seine Kritik am Islam, den Grünen, Habermas oder dem Kittlerkreis austreiben zu wollen - wir werden auch älter und faltiger und unsere Auseinandersetzungen schreiben sich auch in unser stolzes und kurzes Gedächtnis ein. Das sind nur Schwierigkeiten: man kann dem Ladeur sein Denken bestens entwenden, das ist die Lebenform Subjektivität, mit der das geht. Das ist ein Teil immer operationable Weise des Rechtes, dass jedes Wort von Ladeur auch gegen Ladeur verwendet werden kann. Das macht die Melancholie und die Phobie weder größer noch kleiner, so schubst und wendet man sich durch die Tage.
3.
An manchen Tagen ist die Ikonophobie die tragfähige Übersetzung der Melancholie, tragfähig durch ein simples Aufsteigen ans Tageslicht.
An sich ist die Ikonophobie jener Teil minorer Epistemologie und minorer Ästhetik, an dem das Fest der Begriffe weiche Knie bekommt.
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fabiansteinhauer · 3 months
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Wozu Rechtstheorie?
Nicht nur, aber auch zur Verwaltung von Fussnoten. Goldene Daumenregel: Traut Euch, zu zitieren, aber nur diejenigen, die Ihr Euch traut, zu zitieren, damit man euch traut. Fußnoten haben sich zu den vertrauensbildenden Schreibformen schlechthin verwandelt. Der Ladeur traut sich, ein Sonderheft der Verwaltung zu zitieren, mutig, mutig!
Das moderne Schriftbild (das nach einer berühmten These von Klaus Röhl das Bild verdrängt, also ein Bild so vor die Nase stellt, als ob es dort nicht stünde), das setzt diese Fussnoten oft kleiner, als stünden sie im Vergleich zu dem Hauptext in größerer Entfernung.
Füße zu notieren, das ist eine Scheidekunst, man Bedarf der Mut weil man mit dieser Kunst eine Illusion produziert, mit der wiederum man eine unsichere Zukunft hat, bis man stirbt. Füße zu notieren ist eine Graphie und eine Choreographie - eine Kunst zügiger Formen, wie sie Aby Warburg auf den Staatstafeln vorführt. Das ist Protokoll und moderne Zeremonialwissenschaft. Fußnoten zu schreiben ist ähnlich dem Vorgang, Messdiener über den Platz vor St. Peter ziehen zu lassen. Die Messdiener sind auf den Staatstafeln von Aby Warburg Fußnoten, Fußnoten im Kommentar zu den Lateranverträgen.
Die Fußnoten sind nicht nur Schreiben, nicht Wort geben und nehmen sie, auch Bild nehmen und geben sie. Ladeur schreibt in dem Beispiel oben eine große Passage, die zum Kontrollverlust des Rechts führt, also zu dem Thema hinführt, hoffentlich ohne die Kontrolle über die Führung des Lesens zu verlieren.
Aber sicher ist sicher: Ladeur traut sich zu zitieren, freilich nur die, die er zitiert, damit man ihm traut. So löst man römische Fragen, nämlich nur im Vertrauen. Also führt diese Passage zwar zum Kontrollverlust des Lesens, aber aus der Entfernung rückt die Infanterie des schreibenden Fußnotenvolkes an (Messdiener) und versichert, dass dieser Texte abgesichert ist.
Vergleiche nur die Beträge in der Verwaltung, nur in dem, was Sonderheft ist, nur 2001, nur in dem Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen, und das zu den Aliens. Das ist sicher, aus der Entfernung nachrückender Fußnotenschreiber und -leser sicher, das da etwas Vergleichbares steht, und zwar über Influencer, Intervenierende, Kooperierende, von einer immanenzen Erosion ist dort zu lesen, also hier schon ist versichert, dass das Lesen und Schreiben zum Kontrollverlust führt. Dem kann man trauen, weil die Passage vertrauliche Informationen verrät. Darum verrate ich auch dauernd vertrauliche Informationen, von Kollegen und mir.
Sage ich doch: Ladeur ist derjenige, der Sinn für den l'odeur des fauves hat. Dass Ladeur hier diesen Sinn ausbreitet und mit einer Fussnote belegt und so zum Vergleich noch mehr beiträgt, und zwar mit einem Sonderheft der Verwaltung, das ist nicht nur komisch. Das ist urkomisch! Der Fußnotensteuermann heißt seit augusteischen Zeiten Kybernes, das ist derjenige, der über Bord geht.
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fabiansteinhauer · 3 months
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Wozu Rechtstheorie?
Damit es auch morgen noch etwas zu lesen gibt. Wozu Ladeur lesen? Für Mustererkennung a l'odeur des fauves.
1.
Man liest Rechtstheorie zur Mustererkennung, zum Scheiden-Schichten-Mustern, für eine faire Rechtsmesse.
Die rechtstheoretische Literatur von Ladeur stöbert unter anderem ein Muster auf, das mit Hemmung und Schub zu tun hat: irgendwo wird gesellschaftliche Selbstorganisation durch das, was fabrizierte Juristen machen, beschwingt, schwungvoll, ermutigt - und bekommt einen Schub. An anderen Stellen wird der rege Geist der Wissensproduktion (und Wissen ist Lust), also der rege Geist juridischen Begehrens durch das, was fabrizierte Juristen machen, blockiert.
Das Muster aus Regung und Blockade übersetzt Ladeur manchmal in das tradierte Ordnungsmuster aus dem Begriffspaar Gesellschaft und Staat, etwa in dem Buch über einen Staat, der nicht die Gesellschaft sei, dafür aber gegen die Gesellschaft sei. Dass man das Recht gut und schlecht finden kann, dass man zu ihm ja und nein, also sic et non sagt, das übersetzt Ladeur in Selbstorganisation und Blockade.
2.
Rechtstheorie unterscheidet, zeichnet Unterscheidungen ein, Rechtstheorie ist das Protokoll von Scheidewegen größerer und kleiner Geschichten, manchmal noch von Weltgeschichten - wie an den Passagen, an denen der Ladeurleser Vesting seine Theorie mit einer Referenz zu den Wegscheiden der Weltgeschichte abstützt.
Insofern scheidet auch Ladeurs Rechtstheorie, das Protokoll der gezogenen (drawn) Unterscheidungen zieht sich durch Ladeurs Buch über das Rechtsubjekt, wie es sich durch Aby Warburgs Staatstafeln zieht. Im Detail ist alles anders, das Selbe ist aber das Protokoll gezogener und damit ziehender Unterscheidungen.
Ladeurs Theorie spricht, wie Luhmann sagt, in Schichten von Schichten. Das Schreiben sitzt Trajans Gerechtigkeit auf, es sitzt nämlich einem achronologisch geschichtetem Material auf, dem der Schreiber, wie Warburg schreibt: triebhaft verflochten ist. Das Material, das wir uns nehmen und beschreiben, um überhaupt ins Schreiben zu kommen, ist grammatisch, engrammatisch (Warburg) und diagrammatisch schon strukturiert. Das Protokoll, das Ladeur nutzt, um zu unterscheiden und sein Schreiben abzuschichten, ist schon voller Unterscheidungen und es ist schon geschichtet. Ladeur, wie jeder Rechtstheoretiker, kreist mimetisch auf mimetischen Kreisen, auch auf dem, was Ino Augsberg aus Kreisen heraus in Sprachkrisen übersetzt oder was Aby Warburg auf den Staatstafeln aus einer kalendarischen Gliederung seines Protokolls in das elliptische Kreisen einer vaguen Geschichte und Theorie des römischen Rechts übersetzt.
Ladeur scheidet also, er schichtet - und er mustert, das ist eine passende und passierende Messung des Materials. Jeder hat Sinn für das decorum, Ladeur auch, er besonders für das, was am Material l'odeur des fauves ist, jenercGeruch des Wilden, der von Franzosen galant, wild und mild abgeschichtet, besungen wird: Ils sont sensibles, s'ils sont sensibles. Das heißt herrnhuterisch: tu quoque.
3.
Jede Rechtstheorie ist, jetzt hoffentlich einfacher gesagt: der Wahnsinn! Ein Rausch mit stimmenden Informationen, insgesamt aber auch etwas, an dem etwas zwar nicht stimmt, dafür aber dran ist. Jede Rechtstheorie kann insofern schnell erledigt werden, überall kann dem Autor vorgehalten werden, dass er nicht die Wahrheit, nicht die ganze Wahrheit auf den Tisch legt; jede Lesung kann damit blockiert werden, dass man nicht bereit ist, nicht bereit sei, sich auf den Rausch der Lektüre einzulassen. Jedem Schreiben kann passieren, was dem Melancholiker täglich passiert: dass dieses Schreiben gedreht wird und dass jene Seite, die eben noch schamvoll die innere Seite des Schreibens bewahrte, nach außen gedreht wird und dass die schamlose Seite des Schreibens nach innen gedreht wird. Der Leser, auch derjenige Leser, der der Autor selber ist, kann jedes Detail für oder gegen den Autor, für oder gegen den Leser verwenden, denn jedes Detail ist ein Bolide.
Man kann jedes Buch doof lesen und jedes Buch klug lesen. Wer sich an die Macht eines beherrschten Schreibens und Lesens (also die Macht eines verfolgten Schreibens und Lesens) klammert, glaubt, wenn man so etwas sage, könne man nicht recht haben, weil dann das Lesen und das Schreiben völlig beliebig und unverbindlich, unbegreifbar und nichts als mythologisch werden würden.
Das ist nicht der Fall. Das Gegenteil ist der Fall. Nur so kann man frei sein und Recht haben. Das Lesen und das Schreiben sind die freie Assoziation, von denen man Nachtprotokollen nach träumt und tagsüber etwas schreibt, von denen man also Tag und Nacht Linien zieht und damit klamme Stellen ein- und ausrichtet, die wüten und lieben, hemmen und schieben können.
Das ist so beliebig wir zwingend, so verbindlich wie trennend, so isoliert wie durchlöchert. Das Lesen und das Schreiben sind die freie Assoziation, die einmal als cauchemar uns zublitzt, dann den Himmel klärt, uns sonnig bestrahlt, um bald wieder donnernd ein Erdbeben in Chile anzukündigen. Man kann nicht nur, man soll Bücher auch unbeständig, meteorologisch und polar lesen, soll lesen, was an ihnen liebenswürdig und häßlich ist.
Wen es zu sehr beunruhigt, was die juridischen Kulturtechniken Lesen und Schreiben schon alles parat halten, der kann kalendarisch lesen und schreiben - also Ladeurs Theorie im Sommer sommerlich und venerisch lesen, im Winter winterlich und saturnalisch. Der Leser kann das Buch nutzen, um sich selbst zu organisieren und um sich zu blockieren, um zu wüten und zu lieben, zu hemmen und zu schieben.
Man kann die Geschwindigkeit von Schreiben messen. Auf einer Skala von 1 bis 10000 liegt meine Schreibgeschwindigkeit bei 8.327 BPM (Buchstaben/Beats pro Minute). Die Schreibgeschwindigkeit von Karl-Heinz Ladeur liegt bei 9.419 BPM.
Ich muss üben, üben, popüben, um so viel Bücher wie Ladeur schreiben zu können - oder aber weniger Zettel schreiben.
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fabiansteinhauer · 10 months
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Kontrafaktische Züge
1.
Der normative Zug des Kontrafaktischen: Das Recht kreuzt. Cornelia Vismann hat eine Rechtsgeschichte und Rechtstheorie des Cancelns entwickelt, die meines Erachtens auch als eine des Kreuzens und des Kontrafaktischen zu lesen ist. Bis heute entzieht sich ihre Fassung der Nutzung von Juristen wie Ladeur. Der verweist treffend und passend auf Descombes Ideen der Ausstreichung, wie immer kurz und knapp - und gibt damit noch zu glauben, der Mensch habe anthropologische Konstanten. Der Mensch ist eventuell doch eher, so sieht das bei Vismann aus, unbeständig, vor allem auch in seinen Unterschieden zu dem, was nichts menschlich sein soll. Wo etwas knapp vorbei und völlig daneben liegt, entstehen scharfe Theorien.
2.
Vismanns Geschichte und Theorie des Cancelns (Kreuzens oder kontrafaktischer Züge) ist nämlich eine Theorie und eine Geschichte, in der die Melancholie nicht dem Westen und die Phobie nicht dem Osten eigen sein sollen und in der der Westen darum auch nicht total anders als der Islam erscheint.
Der von Ladeur sog. paradoxe Kontrollverlust ist dem Westen eigen und fremd und der ist dem Osten exakt auf die gleiche Weise eigen und fremd. Ordnung ist geschichtet, stratifiziert, arca-logisch und archäologisch und wird sowohl im Westen als auch im Osten gerne flacher und nicht-hierarchisch betrachtet. Was genau eines der Probleme des Islam ist, ist genau eines der Probleme des Westens. Das sieht nicht jeder so; ich tue es - mit einer an Vismann und Warburgs geschulten Lesart dessen, was den Westen auszeichnen soll.
Vismanns Geschichte und Theorie der gründlichen Linien lässt sich in meiner Lesart, die eventuell ebenfalls stark von Warburg beeinflusst ist, nicht als Theorie inwendiger Selbstbehauptung nutzen, sie lässt einen Juristen wie Ladeur (oder auch Vesting) in der Luft baumeln. Ich halte die Manöver, mit denen Vismann sowohl bei Ladeur als auch bei Vesting umgangen wird, für passend. Ladeurs Distanzierungsgesten sind passend (weil jede Distanzierungsgeste immer passend ist), in dem Fall weil Ladeur doch auch eine frohe Botschaft lösbarer Probleme und großer Produktivität verbeiten will , was erstens sein gutes Recht und auch seine Aufgabe als Ausbilder an westlichen juristischen Fakultäten ist.
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fabiansteinhauer · 1 year
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Mo(nu)mente
1.
Kann man Warburgs Tafeln als Staatstafeln bezeichen? Der Begriff stammt nicht von ihm, sondern aus den Arbeiten von Gottfried Wilhelm Leibniz.
Um eine Staatstafel anzulegen, was braucht das? Man muss Übersicht schaffen. Soll das heißen, dass man das Sehen im Sinne eines Trachtens und Tragens organisiert, dessen Subjekt wiederum monumental, eine Art Übermensch oder ein kaltes Ungeheuer (Staat) oder ein heißes Ungeheuer ( Leviathan) sein soll?
Mit der Übersicht könnte in diesem Sinne nicht ein erster, oberflächlicher Eindruck gemeint sein, oder anders gesagt: Wenn man sich an den Tafeln einen ersten und oberflächlichen Eindruck macht , dann könnte er in diesem Sinne auch prinzipiell und durchdringend, übermenschlich und ungeheuerlich sein, vielleicht durch Mark und Bein gehen. Die Übersicht müsste vielleicht aufgehoben oder abgehoben sein. Dass man beim Sehen etwas vom Staat sehen soll, müsste auf der einen Seite an den Tafeln, an der anderen Seite im Blick enden. Ich bin mir weder sicher wie Leibniz das im Einzlenen meinte, noch ob Warburg das so tut. Das steht in Frage. Die Geometrie der Beziehung zwischen Bild und Blick ist optischer Apparat, ist nicht gleich der optische Apparat und nicht nur (irgend-)ein optischer Apparat, sondern optischer Apparat, der auf Bestimmtheit und Unbestimmtheit eingestellt sein kann.
Die Zentralperspektive (derer Warburg sich nicht bedient, er organisiert die Optik tabellarisch, kalendarisch, protokollarisch und elliptisch) steht im Verdacht, auf die Reproduktion eines fixierten, eingerasteten, unbeweglichen und monokularen Beobachters und damit auf einen Apparat für monumentale Subjekte eingestellt zu sein. Der Staat steht unter dem Verdacht, ein monumentales Subjekt zu sein oder ohne monumentales Subjektes nicht auszukommen. Mit Verdacht meine ich nicht Denunziation, eher so etwas wie ein dringliche oder drängende Annahme.
2.
Es gibt auch andere Vorstellungen. Man muss den Staat nicht als einheitliches Subjekt verstehen, kann ihn zum Beispiel auch, wie Ladeur das 1981 einmal getan hat, als Kristallisationspunkt verschiedener, einander widersprechender gouvernementaler Strategien begreifen. Die Handlungslogik so eines Staates, schreibt Ladeur damals, sei nicht durch eine selbstprogrammierte Zielrationalität, sondern durch eine Strategie bestimmt, die zur Konzertierung mit und Reflexion von gesellschaftlich organisierten Entcheidungen und Strukturen gezwungen sei. Strukturen nennt Ladeur damals dasjenige, was Nicht-Entscheidungen seien.
Der Text ist in einer foucaultnahen Phase Ladeurs geschrieben. Ladeur hat dort Staatstheorie auch als Theorie der Apparate und der Diskursformation verstanden. Die Forschung zu den Kulturtechniken schuldet Foucault etwas. Diesen Text von 1981 kann man zum Anlaß nehmen, über Verh��ltnisse nachzudenken.
Ich würde den Begriff der Kulturtechnik mit Reproduktion assoziieren und Kulturtechniken beschreiben, weil mir Kreuzungen Fragen stellen. Dass man die Inkommensurabilitäten des Rechts nicht auslagern kann, nicht als Umwelt, Leere, Unbestimmtheit, Negation des Rechts identifizieren kann, und dass man die Kommensurabilitäten des Rechts nicht einlagern kann, weil alles, was im Recht und als Recht vorkommt, nicht nur übersetzt, ersetzt und ausgetauscht ist, sondern auch übersetzbar, ersetzbar und austauschbar bleibt, das stellt mir Fragen. Wie das Recht abgeschirmt und als Einzigartigkeit mit epistemischem Monopol verteidigt wird, wie seine Autonomie als unverzichtbar verteidigt wird, wie seine Selbstreferenz als evolutorische Größe behauptet und verteidigt wird, das stellt mir auch Fragen, wegen der Kreuzungen.
In dem Text, den Ladeur 1981 geschrieben hat, erkenne ich ein Erkenntnisinteresse, von dem ich sagen würde: Kenn' ich, will ich auch. Ladeur schreibt dort von Diskursformationen:
Mit diesem Begriff soll vorläufig ein Phänomen bezeichnet werden, dass durch das herrschende Methodenverständis stets mehr oder weniger verdrängt bleibt, nämlich der unlösbare Verweisungszusammenhang des Rechts mit einer Ökonomie der Macht, einer Gesamtstrategie der Reproduktion der politischen, ökonomischen Verhältnisse, die sich in den Rechtshorizont einschreiben und bestimmten, was von wem, wie - mit Aussicht auf Erfolg - gesagt werden kann.
Wenn Ladeur Macht schreibt, und das auch noch in einer foucaultnahen Phase, dann lese ich: Püsenz, das ist ein biegsamer Verwandter des pouvoir und der puissance (ein Wechselbalg?). Klingt wie ein Witz, ist es auch. Hoffentlich ist das auch nicht nur mir komisch oder komödiantisch, denn ich lese das so, um Leute in den Blick zu bekommen (diejenigen,an denen immer etwas absteht, zum Beispiel Haare, Ohren oder ein Faden) und dabei auf die Affinität zum Durchgehenden, Frivolen, Nichtmanifesten, Subtilen und Niederen zu achten. Ich würde über Macht keine Witze machen, um sie mir vom Hals zu halten oder als etwas zu denunzieren, das doch keine Probleme machen kann. Ich würde Witze daraus machen, um sie als etwas zu verstehen, was effektiv ist, gerade weil es nicht ruhig und nicht still in das aufgeteilt werden kann, das die einen haben und die anderen nicht. Wird Macht so aufgeteilt, bleibt etwas ungestillt und unruhig Wenn Warburg von Distanzschaffen spricht, verwendet er einen abstrakten, allgemeinen Begriff. Witze machen wäre nicht ganz so abstrakt, aber auch noch ein Distanzschaffen. Witzmachen basiert darauf, Gelegenheiten nicht zu verpassen. Man ergreift Witz, der als Technik Entfernung ist, man macht sie eigentlich nicht, die Witze.
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fabiansteinhauer · 1 year
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Wie sieht ein netzwerkgerechter Staat aus?
Die Frage nach dem Aussehen ist eine Frage für die Bild- und Rechtswissenschaft, wenn das zum Beispiel auch die Frage nach dem Aussehen des Staates ist. Das heißt, dass das auch eine blickwissenschaftliche, eine schirmwissenschaftliche und eine tafelwissenschaftliche, eine linien-, riss,- und schattenwissenschaftliche Frage ist. Das ist auch eine Frage danach, wie man etwas vor Augen lädt (a.A. Campe: stellt), was ein netzwerkgerechter Staat sein soll.
Also wie denn nun Vierstöckig? Elliptisch? Auf zwei Tafeln verteilt, eventuell mit einer dritten Tafel als Vortafel in der Art eines Präludiums oder einer Präambel noch dazu? Warburgesk sind die Fragen nach dem Aussehen das Staates auf eine Art und Weise beantwortet worden, die manche auch für netzwerkförmig und netzwerkgerecht halten (nämlich mit den Staatstafeln). Ich nicht, nicht nach reiflichen, wenn dabei auch schimmelreif käsig (und lecker?) gewordenen Überlegungen. Polobjektförmig, das wäre ein warburgeske Antwort auf die Frage nach dem Aussehen. Ladeurs Antwort lautet netzwerkförmig und verschliffen. Ich ist ein Anderer, aber nicht total anders. Wie sich sich Netzwerke zu Polobjekten verhalten, das weiß ich (noch) nicht.
2.
Ino hat dazu ein Buch herausgegeben, in einer Buchreihe, die inzwischen fast so viel Bände hat wie die Gesamtausgabe von Martin Heidegger. Fast? Mehr !Die Gesamtausgabe Heideggers dürfte bald bei Band 120 angelangt sein, also bei den Einkaufszetteln und Telefonierkritzeleien der Jahre 1949-1954. Wenn ich das so recht in Erinnerung, also gut gegoogelt habe, ist die Reihe von Rüdiger Voigt schon bei Band 171. Diese Buchreihe entwickelt sich besser als die Gesamtausgabe Heidegger.
Im Prinzip darauf angelegt, zum Staatsverständis aller jemals vorhandenen Männer einen Band zu veröffentlichen und allem ein Band zu widmen, was im Staat vorkommt und ihn damit ausmacht, ist die Reihe inzwischen bei Ladeur angekommen, nicht bei irgendwelchen Listen und Zetteln der Jahre 49 bis 54. Die Reihe steigt also an, nicht ab. Einen Band zu Heideggers Staatsverständnis gibt es schon, den zu Aby Warburg noch nicht, auch zu Margit Carstensens und Dame Ednas Staatsverständnissen gibt es noch keinen Band, aber einen Band zu einer Frau gibt es schon, die ist Rosa. Fehlt Lenin, fehlt Stalin?
Es gibt einen zur Party im Staat, das ist glücklicherweise der über Zizek (da wird zumindest Lenin auftauchen); einen über Walter Benjamin (und damit zu ein paar Texten von Benjamin, die mir kläglich erscheinen (weil er doch so leicht schreiben kann wie der Maiwind und weil sie von einer Schnapsidee belastet sind, nämlich der Idee, er müsse sich akademisch qualifizieren) und zu einem Text, der zu den traurigsten und schönsten Texten gehört, nämlich zu den Zetteln mit den geschichtsphilosophischen Texten (also Zetteln, denen auch passiert ist, wovon sie erzählen). In dieser Reihe gibt es paar Bücher zu Carl Schmitt, bei dem die alte Apothekerweisheit ("Viel hilft") nach wie vor die Veröffentlichungspolitik der Verlage ja ganz grundsätzlich zu bestimmen scheint. Ein Wunder: Es gibt keinen Band zum Staatsverständnis von Christoph Möllers. Das Wunder ist nicht erklärlich, aber entzauberbar: Noch nicht.
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fabiansteinhauer · 2 years
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Polarforschung
1.
Karl Heinz-Ladeur ist der Polarforscher unter den deutschen Juristen und Staatsrechtslehrern. Da ist es kein Zufall dass ich ihn das erste mal in meinem Leben in der Heilwigstraße 116, also im Gebäude der K.B.W. getroffen habe, dem ehemaligen Zentrum für jene Polarforschung, die sich auch mit Normen und Referenzen, Texten und Bildern befasst. Ino Augsberg hatte damals zu seinem Geburtstag ein kleines Symposium zu dem nach Christoph Schlingensief klingenden Thema Ungewissheit als Chance organisiert.
2.
Ladeur kannte ich vorher über seine Texte, aber seitdem kenne ich ihn auch live und in Farbe, schätze ihn sehr und 'bestreite ihn gerne', auch so, wie man einen Haushalt bestreitet.
In Ladeurs historisch ausgreifenden, theoretischen Texten, die das Recht unter Bedingungen der Unbeständigkeit, der Ungewissheit, der Kreativität beschreiben, gibt es seit einiger Zeit (z.B. in Der Anfang des westlichen Rechts) auch Überlegungen zur Polarität, dort: (Multi-)polarität, die ich mit großem Interesse verfolge. Auch in seinen Überlegungen zur Medienverfassung, hier zur Einrichtung der von ihm sog. cyber courts, tauchen Vorstellungen zu Polarität auf. Die großen Plattformen, allen voran twitter, nennt Ladeur Medien der Polarisierung.
Ladeur hat nächstes Jahr schon wieder Geburtstag, was zwar grundsätzlich für jeden gilt, aber bei ihm überrascht es mich dann doch immer besonders, nicht nur bei runden Geburtstagen. Ladeur gehört halt zu den Typen, von denen man glaubt, sie hätten entweder jeden Tag oder nie Geburtstag. Das ist wohl vor allem die seltene Kombination aus Interesse an Instabilität und austrahlender Ruhe/ Beständigkeit, die diese Überraschung füttert. Ladeur ist Wuppertaler, was ich gerne zum Anlaß nehme zu behaupten, er sei wie ich, auch wenn ich vor allem die von ihm vorbildlich beherrschte Kombination noch einüben muss.
2.
Medien der Polarität, das sind Medien, die dasjenige, was sie vermitteln, auch verdrehen. Kommen die Begiffe nicht so an, wie sie abgeschickt werden, dann sind sie vermutlich über Medien der Polarität versendet worden. Das kann schon heißen, dass das Wort ein Medium der Polarität ist. Begriffe, deren Mehrdeutigkeit zu Zweideutigkeit aufgeladen sind, die sind in diesen Sinne von polaren Medien getragen. Auf solche Phänomene wird in der Rechtsphilosophie und der Rechtstheorie hingewiesen. Eine der meistkommentieren Passagen zur Zweideutigkeit der Begriffe findet man zum Beispiel in Hegels Rechtsphilosophie, in dem Paragraphen und den Zusätzen zum Begriff der Person. Hegel macht darauf aufmerksam, dass dieser Begriff eine hohe und niedere Seite hat.
Hegel schreibt im Zusatz zu § 35, das höchste des Menschen sei, Person zu sein, aber trotzdem sei die bloße Abstraktion schon im Ausdruck etwas Verächtliches. Die Person sei in einem das Hohe und das ganz Niedrige; es liege in ihr eine Einheit des Endlichen und schlechthin Unendlichen, der bestimmten Grenze und des durchaus Grenzenlosen. Das wird bei Hegel nicht mit einer Vorstellung von Polarität verknüpft, macht aber schon deutlich, dass die Person 'zwei Enden' haben kann (wie die Wurst), dass der Begriff der Person 'fundamental zweideutig' sein kann, also auch zweideutig und gerade damit fundamental, begründungstauglich. Die Person kann einem wichtig und Wurst sein, das muss noch nicht einmal als Gegensatz aufgefasst werden. Person ist ein Begriff, der Konflikte austragen kann. Hegel fasst die Spannungen darin dialektisch, also schon über Gegensätze. Das muss man aber nicht. Wenn man Zweideutigkeit nicht im Paradigma der Dialektik, der Aufhebung, des Einen und der Identität denkt, sondern im Paradigma der Reproduktion (also der Nachahmung und des Nachlebens), dann gilt für Polarforscher etwas, das Gilles Deleuze über Gabriel de Tarde gesagt hat; dann ist Differenz Ursprung und Ziel der Wiederholung.
Erst Aby Warburg fängt an, solche Spannungen wie die der Zweideutigkeit als Spannung der Polarität zu beschreiben, was unter anderem auch damit zu tun hat, dass Aby Warburg ein Wissen, das vorher in der Rhetorik kursierte (das Wissen über Pathos, Formeln, Affekte und enargeia) mit einem Wissen zu Spannungen der Elektrizität und einem Wissen über Energie verknüpfte. Warburg beschreibt Polarität an Bildern, die geladen sein und sich entladen können sollen. Energeia, ein Verfahren, das Rüdiger Campe noch mit der klassischen Formulierung Vor-Augen-stellen übersetzt hat, ist bei Warburg darum ein Verfahren, vor Augen zu bewegen und dabei vor Augen zu laden und entladen, vor Augen zu kippen.
Warburg verknüpft an Bildern unterschiedliche Wissenschaften, er nutzt sie als 'Grenzobjekte' im Sinne von Susan Leigh Star , also als Objekte, an denen unterschiedliches Wissen, unterschiedliche Wissenschaften und Disziplinen zusammen kommen, ohne im Objekt einen stabilen Träger zu finden und die darum auch ihr Wissen nicht verschmelzen, ihre Widersprüche und Differenzen nicht auflösen. Susan Leigh Star hat soziologisch von Grenzobjekten gesprochen, also unterschiedliche Gruppen im Blick gehabt, die ihr Wissen an einem Objekt koordinieren.
Aby Warburg ist, auch in der Phase seiner schizoiden Schübe, immer nur einer, immer nur Aby Warburg, aber sein Wissen, seine Wissenschaften sind auf eine Weise geteilt, dass man sein Treiben durchaus so beschreiben kann, als ob dort unterschiedliche Gruppen am Werk wären. Das Bild ist für Warburg also ein Grenzobjekt, an ihm koordiniert Warburg ein Wissen, da s aus der Kunstgeschichte, aus der Religionsgeschichte, aus der Mythologie, aus der Astrologie/Astronomie, aus der Philosophie, aus der Mathematik/ Geometrie/ Meteorologie, aus dem Recht, aus dem Bank- und Wechselgeschäft kommt. Prämissen, die das zusammenhalten könnten oder den Wissenbeständen ein systematisches Korsett geben könnten, die hat Warburg nicht.
3.
Was Warburg hat, das ist eine "Welt im Rücken", und zwar in dem Sinne, den der Schriftsteller Thomas Melle dieser Formulierung gegeben hat. Das ist eine Welt, die auch rückt, die einem aufrückt, wie das Leute machen können, die in der Schlange hinter einem stehen. Das ist eine Welt, der man nicht nur aufsitzt, sondern in der das Aufsitzen auch eine Aufdrängung sein kann.
Melle bezeichnet damit eine psychische Ausprägung von Polarität zu Symptomen, die man bipolar nennt und die damit einhergehen, dass der Bipolare Phasen hat, in denen er in die Zeichen eintaucht und in den Zeichen schwimmt, in dieser Phase auch alle Zeichen ihm nahe kommen und zusammenrücken. Er versteht dann alles, kann alles deuten und erkennen, kann zu allem Empathie aufbauen, wird zu einem Sherlock Holmes, seine Gesten und Artikulationen fallen fast alle ins Register der Umarmung. Die Welt wie eine gute Käsefondue, wie der herzliche Empfang in einem italienischen Garten, wie in Wiener Gasthöfen oder bei brasilianischer Live-Musik, wie in Wüsten, die kurz nach Sonnenuntergang und bei noch leuchtendem Himmel ihre Wärme auf reflektierte Weise zurückgeben, wie auf unberührten Schneefeldern vor Norilsk, das gibt es, manchmal gleichzeitig. In anderen Phasen aber spucken die Zeichen ihn aus und rücken von ihm ab. Nichts sagt ihm was, nichts lässt sich hören, nichts lässt sich blicken. Die Zeichen rücken nicht nur von ihm ab. Die Zeichen rücken ihn dieser Phase noch ihren nächsten Verwandten, ihren ähnlichsten Nachbarn und sogar den Zeichen ab, die mit ihnen 'in der Form nach' identisch sind. Man teilt den bipolaren Charakter heute in zwei Teile ein, eine Maniker und einen Depressiven (der Melancholiker umfasste historisch beide Seiten), das macht man der Übersichtlichkeit halber, denn das Mischungverhältnis ist noch einmal wesentlich komplexer, es geht mit allen denkbaren Affekten einher, verdreht sie auch alle, wie eine in Rage verdrehte Zuneigung. Melle nennt den bipolaren Charakter damit das entfremdete Subjekt schlechthin. Positiv gewendet: das ist das verfahrende und verfahrene Subjekt schlechthin, wenn man mit dem russischen Formalismus davon ausgeht, dass Verfremdung das Verfahren schlechthin ist und wenn man mit Friedrich Weber-Steinhaus davon ausgeht, dass das Verfahren diesen zwiefältigen Sinn hat, verfahrend und verfahren sein zu lassen.
3.
Ich kann Ladeur bei bestimmten Punkten nicht folgen. Das betrifft die Art und Weise, wie er die Figur der Fragmentierung einsetzt oder wie er immer wieder vom einem Vermehrung der Deutbarkeit spricht. Vielleicht, das wäre mir die beste Erklärung, blufft der Autor, der einmal Rechtssubjekt und Rechtsstruktur geschrieben hat, nur - um bestimmte Differenzen mit einer besonderen Dringlichkeit auszustatten.
Das sind Detailfragen, sicher wichtige Detailfragen, aber die spielen auch nicht immer eine Rolle. Es ist schwer zu klären, warum in älteren Medienverfassungen und Öffentlichkeiten, in anderen Medien weniger Polarität vorkommen soll als auf twitter. Sicher gibt es auch einfache Erklärungen, wie etwa den Umstand, dass twitter Milleus, Gesellschaften, Leute verbindet, die sonst im Alltag nicht die gleiche Zeitung lesen würden, niemals die gleiche Kneipe oder das gleiche Caféhaus benützen würden. Vielleicht ist die Erklärung, dass Alkohol, Zigarettennebel und Faustschläge, also letzlich Kater, Beulen und blaue Augen so etwas wie physikalische Limits der Polarisierung sind, die im Internet fehlen. Vielleicht ist es der Umstand, dass man den Leuten am nächsten Tag unter anderen Vorzeichen wieder begegnet, man darum auch selbst wendiger sein muss und der Spruch Pack schlägt sich - Pack verträgt sich, weniger ein Spruch oder Urteil als ein moralisches Gebot oder eine Pakt- und Vertragstheorie ist.
Aber diese Erklärungen sind meist nicht besonders robust. Vielleicht ist es schlicht ein quantitatives, kein qualitatives Phänomen, dass eine Plattform wie twitter ein Phänomen unrobuster Erklärung, während der Dr. Flotte in Bockenheim (eine bekannte Eckkneipe) ein Phänomen robuster Erklärung ist. Vielleicht ist das ein Frage von Zeit und Raum. Aber wie dem auch sei: Mir scheint es auch so, dass twitter eines der Phänomene ist, an denen man Gedanken zur Polarität weiter entwickeln soll. Dass dann vielleicht auch Beobachtungen auftauchen, dass andere Zonen auch nicht so eindeutig, auch nicht so friedlich, auch nicht so konsensual, auch nicht so beständig sind, wie ihnen mit dem Recht eine Form gegeben wird, das halte ich nicht für ausgeschlossen, eher für wahrscheinlich, aber das soll auch nicht davon ablenken, bei twitter anzufangen.
4.
Eine meiner Thesen aus der juristischen Dissertation ("Bildregeln") war, dass das Konzept der Angemessenheit, wie man es auch im Bildrecht findet, als Übersetzung bildrhetorischen Wissens, als Übersetzung dessen, was die Rhetorik decorum nennt, verstehen muss und dass decorum dabei auch eine Technik der Adressierung und Polarisierung ist.
Und da glaube ich nach wie vor, was ich auch damals geglaubt habe, unter anderem also auch, dass es in der Rechtswissenschaft einer Theorie und Geschichte der Polarität und der Polarisierung bedarf. Und bei aller Unbeirrbarkeit freut es mich dann doch immer sehr, wenn andere gleiche Fragestellungen haben. Es gibt für die Wissenschaft wenig was besser und schöner ist, als Probleme zu teilen, Auseinandersetzung zu führen und hier und da zu kollidieren. Und da freut es mich sehr, mit Ladeur ein Problem, die Frage nach der Polarität zu teilen. Wie schon in der Dissertation denke ich, dass auch juristische und juridische Verfahren und Techniken auch Polarität operationalisieren und in dem Sinne auch polarisieren. Das Recht steigt aus der Polarität nicht aus, es ist ein Teil davon. Polarität, systemtheoretisch gesprochen, ist nicht etwas, was nur in der Umwelt oder in anderen Systemen als dem Rechtssystem mitläuft. Polarisierung ist nicht das, was immer der Andere oder das Andere des Rechts machen. Meine These: man kann Differenzen nicht operationalisieren, ohne zu polarisieren. Man kann Streit nicht lösen, ohne Bestreitbarkeit zu übertragen. Insofern muss man, wenn man über Polarität oder Polarisierung nachdenkt, auch über Adressierung, etwa Adressierung von Verantwortung und so auch über über Neutralität nachdenken, das heißt: Neutralität relativieren, so wie man Polarität relativiert.
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fabiansteinhauer · 3 months
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Manta
Der Manta ist, spätestens jetzt, ein Bilderfahrzeug, in das man schlüpfen und in dem man eine Strecke abfahren kann, dann steigt man wieder aus. Davon hat der Manta seinen Namen, man kann rein und rausschlüpfen, er transportiert einen. In seiner Affinität zur Mantis, zur Semantik und zu Mänteln ist er historisch betrachtet der Zeitfahrzeuge einer Geschichte, an der zwar etwas nicht stimmt, aber dafür etwas dran ist. Das, an dem etwas nicht stimmt, dafür aber dran ist, das ist sowohl der Forschungsgegenstand von Johann Jacob Bachofen als auch der von Jean Starobinski, von Aby Warburg oder auch Thomas Schestag. Das ist der Forschungsgegenstand von Cornelia Vismann, Ino Augsberg und mir, von Pierre Klossowski, Maria Muhle, Johan(nes) Horst und Ricardo Spindola, von Roger Caillois auch, ganz sicher der von Karl-Heinz Ladeur. Am Ding stimmt etwas nicht, dafür ist etwas dran: Die genannten 'Mantafahrer und Beifahrer im Geiste' sind Mantiker.
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fabiansteinhauer · 4 months
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ProTestieren: Piazza del Campo
1.
Was ist eigentlich ein Protestcamp und warum stehen da immer soviele Polizisten herum? Bolische Übersetzungen: Piazza del Campo ist der Platz des Protescamps, einer diplomatischen Situation, die vorher testen, vorzeugen oder vorzeigen soll, was passiert. Vor dem Zeugen, vor dem Zeigen, vor dem Test, vor den Testikeln, vor den Boliden: da steht man auf dem Piazza del Campo - und man steht auf Venus' Muschel, man steht auf ihr und manche steh'n d'rauf, geht auf ihr und manche steh'n d'rauf. Piazza del Campo ist ein Begehrsplatz, ein Verkehrsplatz, ein Verzehrsplatz, ein Kehrplatz.
Piazza del Campo ist der Platz des Platzens in einer Stadt, die urbs heißt, also Kreisstätte, und die vom pomerium umzogen wurde, damit alles in ihre bolisch, zivilisiert (a-)dressierbar und pol(aris)ierbar bleibt. Ladeur hat es leider mit Lettern gesagt, mit Mahlen und klammen Sendungen: Den Westen erkennt man besonders daran, dass er da anfängt, wo er sich selbst noch irritieren kann, nicht nur die anderen. Mit Witz verankert Ladeur in in seinem Buch über die Anfänge des westlichen Rechts das Prinzip in der Selbstirritation, also im Prinzipienlosen. Der Westen fängt da an, wo er seine Prinzipien los wird. Selbst irrisierend und mit gesättigt chromatischer Aberration an den Rändern sieht man, wie der Westen anfängt, nämlich da, wo etwas aus dem Norden, Süden und Osten herzieht um in den Osten, Süden oder Norden zu pendeln. Ladeur riecht förmlich und leider/ leidend (passioniert und aktiviert) nach l'odeur des fauves: Mit dem Geruch der Wilden kann man an ihm schnüffeln, um zu lesen, was an ihm der gewisse Karl-Heinz ist. Der gewisse Karl Heinz kommt wie ein gewisser Karl-Heinz Steinhauer aus Wuppertal, sogar von der selben Schule (mein Großvater war dort Lehrer, er Schüler, das ist achronologisches Material dieses Schreibens, meiner Zettelwirtschaft).
Selbstirritation ist eine Pathosformel, mit der Ladeur den Anfang westlichen Rechts fasst. Man kann die Formel von der Selbstirritation irrisierend lesen, das heißt symbolisch, diabolisch, hyperbolisch, parabolisch und wie immer bolisch fächern. Mit Ladeurs Thesen vom Anfang des Westens kann man anfangen, Piazza del Campo zu übersetzen, ich würde erstmal beim bolischen anfangen, bevor es mehr oder zuviel wird.
Der Piazza del Campo ist im selbstirritierenden Westen ein Platz, an dem vom Osten, Norden und Süden das Begehren durchzieht, zum Beispiel ein Klagebegehren. Auf dem Platz des Platzens geht es laut zu, wer zur Nervosität neigt, sollte ihn meiden oder umgehen. Wer platzt und dafür Platz braucht, der sollte hingehen. Im Endeffekt passiert, was immer passiert: etwas passiert und wird mit Norm und Form belegt. Die Leute feiern den Piazza del Campo und feuern ihn, finden ihn unheimlich erhaben, wenn er nur schön in der Entfernung liegt und sonst, wenn er in nicht so schön in der Nähe liegt, nur unheimlich. Man gibt ihm gerne entfernte Bezeichnungen, wenn die Passion einem zuviel wird, das behauptet Warburg, nutzt man antike Pathosformel. Hohe Passionen würden lieber mit Fremdwörter bezeichnet, vielleicht stottern Teenies darum lieber i love you als ich liebe dich . Vielleicht sagen deswegen einige Iurisprudenz statt Recht und Regen. Zumindest wenn sie sonst eher versyltet und auf deutliche Weise Deutsch sind, basteln sie sich Fremdwörter und Fremdbilder wie kuschelige Sandburgen am sonnigen Strand zusammen .
Warburgs These ist meteorologisch, wenn es da ein System gibt, dann das der Meteorologie.
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fabiansteinhauer · 7 months
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Operative Praxis
1.
Am Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie hat sich eine informelle Gruppe gebildet, die Vismann-Studien aufgreift und weiterführt. Vismann-Studien nennen wir Studien zu den juridischen und juristischen Kulturtechniken, das heißt zur normativen, kooperativen und rekursiven Anlage des Rechts. Was Karl-Heinz Ladeur die "operative Praxis des Rechts" nennt (und auf die historischen Forschungen von Yan Thomas und Bruno Latour bezieht ), das beziehen wir weiter noch auf zeitgenössische Forschungen von Cornelia Vismann und diejenigen, die sich von ihr haben inspirieren lassen.
Diese informelle Gruppe ist Teil der Theoriemosaik, der Marietta Auer in der Abteilung für Rechtstheorie mit Mitteln des Leibnizpreises den Boden bereitet hat. Im letzten Jahr startete die Gruppe mit einem von Ricardo Spindola, Panu Minkinnen und mir organsisierten Workshop zu Recht und Anthropophagie, in dem es um Techniken vaguer Assoziation und ihr Verhältnis zur brasilianischen Moderne ging. Panu Minkinnen hat im Januar eine Tagung zu Cornelia Vismann in Helsinki organisiert. Nun greifen wir das Projekt der Vismann-Studien wieder und größer in Frankfurt auf.
2.
Im Mai findet die nächste Tagung statt, die nun von Nathaly Mancilla Ordenes (Helsinki), Ricardo Spindola (Frankfurt am Main), João Tiago Freitas Mendes (Bruxelles) und mir, Fabian Steinhauer, organisiert wird.
Diese Tagung widmen wir Lettern, also unter anderem Buchstaben, Briefen und anderen kurzen oder knappen Unterlagen. Letter definieren wir als minore Objekte, die etwas lassen, indem sie gelassen sind. Letter sind Objekte einer Rekursion, durch sie und dank ihrer geht ein Lassen, das aktive und passive Züge hat und diese Objekte auch als Medien der Rekursion erscheinen lässt.
Wir interessieren uns auf der Tagung für alle Weisen des Lassens (auch das Hinterlassen, Überlassen, Entlassen, Auslassen, Unterlassen, Verlassen) und damit auch für alle Weisen der Lässigkeit (auch die Nachlässigkeit, Zulässigkeit oder Verlässlichkeit). Letter wollen wir als ermöglichende Objekte begreifen. Als minore Objekte sind Letter Unterlagen oder Situierungen. Ein phänomenologischer oder ontologischer Zugriff auf Letter wäre also gleichzeitig Zugriff einer situativen Phänomenologie und Ontologie.
Ein minores Objekt ist ein kleines, niedriges, schwaches, kurzes, unteres oder leichtes Objekt. Der CfP zu dieser Tagung wurde im Hinblick auf die normative, kooperative und rekursive Anlage der Forschung selbst als Letter versendet - und reagiert wurde deutlich, implizit und explizit.
Als Gäste der Tagung begrüßen wir Anna Polze (Bochum) mit ihrer Forschung zu forensic architecture und Tischeffekten, Stefanie Rüther (Frankfurt) mit ihrer Forschug zu Passierscheinen, Anna Clara Lehmann Martins (Frankfurt) mit ihrer Forschung zum kanonischen Recht, Migration und Bescheidenheit , Claas Oberstadt (Berlin) mit seiner Forschung zum transatlantischen Sklavenhandel und Listen, Friedrich Weber-Steinhaus (Berlin) mit seiner Forschung zu Karl Krauss' Akten, , Ari Marcelo Solon (Sao Paulo) mit seiner Forschung zu Carl Schmitt und Hieronymus Bosch, Arthur Barrêtto de Almeida Costa (Frankfurt) mit seiner Forschung zu Assessment Centern und Wissenschaft, Andityas Soares de Moura Costa Matos (Coimbra) mit seiner Forschug zu Andreas Alciatus und Alchemie, und Ino Augsberg (Kiel) mit seiner Forschung zu Luthers Sendbriefen
Die Organisatoren ergänzen das Programm, João Tiago Freitas Mendes (Bruxelles) mit seiner Forschung zum Sozialbaren, SimpliCity und Fluginstruktionen, Ricardo Spindola mit seiner Forschung zu den flatterhaften Anfängen des Bundesverfassungsgerichtes, Nathaly Mancilla Ordenes zu Eigenheiten der Briefe und ich zu zwei Lettern auf Aby Warburgs Staatstafeln (nämlich einem Kardinal und einem Scharnier).
Die Gäste und Gastgeber werden also ihre historischen und theoretischen Forschungen zu Lettern vorstellen, das sind in dem Fall teilweise Briefe, teilweise Buchstaben und Satzzeichen, teilweise Bilder. Die Tagung ist babylonisch, mehrsprachig, unter anderem wird dort englisch, portugiesisch und deutsch gesprochen - als übersetzende Basslinie werden englische Passagen mitgeliefert.
3.
Wir gehen davon aus, dass Vismanns Arbeiten zu den Akten bereits Arbeiten zu minoren Objekten sind, sprich: dass auch die Akte als ein Letter in Betracht kommt. In den letzten Jahren ist in der internationalen Rezeption der Arbeiten unserer ehemaligen Kollegin eine 'kreative Praxis' der Grundlagenforschung zu Geschichte und Theorie des Rechts deutlich geworden: Die Leute experimentieren, ohne sich wechselseitig Geltung zu versichern. Mehr noch als die Arbeiten von Yan Thomas zeigen die Arbeiten von Marta Madero (die methodisch allerdings an Yan Thomas anschließt), dass die operative Praxis des Rechts eine kooperative Praxis und diese Kooperation ein Händeln oder Bestreiten ist, das mit einem Verkehr oder einer Verkehrung von oberen und unteren Schichten einhergeht. Marta Madero hat die kooperative Praxis des Rechts anhand eines Objektes mit zwei Lagen oder Schichten untersucht, nämlich anhand des Objektes, das lateinisch tabula picta (angepinnte Tafel; englisch painTing) und mit deutschem Schmelz einfältig 'Bild' genannt wird. Madero zeigt in ihren Arbeiten zum 'Bildrecht', dass dasjenige, was Anspruch auf Systembildung erheben könnte, eine Verkehrbarkeit und Verkehrsfähigkeit von Lagen ist, eine situative Mobilität, die durch Objekte läuft, die wiederum wie von einem Scharnier durchzogen sind, anders gesagt: von einer Falte, die das Objekt nicht nur zu einem Grenzobjekt (boundary object) macht, an dem das rechtliche Wissen mit anderem Wissen und anderem als Wissen geteilt wird, sondern auch zu einem diplomatischen Objekt, an dem verhandelt und in kontrahierenden und distrahierenden Details alles bestritten werden kann.
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fabiansteinhauer · 8 months
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Gefühle ordnen I
1.
Bilder regeln, Worte isolieren, Reden schneiden, Tafeln gehen: Das sind Titel von verschiedenen Texten, einmal von einem Buch gewesen (wurde dann aber Bildregeln), dreimal sind das Kapitelüberschriften. Alle Formulierungen folgen einem Muster, das mit einem Motiv der Forschung zu Kulturtechniken zu tun hat, und das Vismann in einem Aufsatz ("Kulturtechnik und Souveränität") unter anderem am Begriff des Mediums erläutert hat. Das Motiv zielt darauf, einen rekursiven (zirkulären oder kreisenden) Vorgang zu beschreiben, in dem Bilder zwar geregelt werden aber auch regeln. Ob Juristen über Bilder oder Bilder über Juristen entscheiden, dass läst sich darin nicht entscheiden. Ob die Juristen mehr Macht über Bilder oder die Bilder mehr Macht über Juristen haben, lässt sich darin nicht entscheiden. Nicht in einer Forschung und nicht mit einer Forschung, die von Rekursion ausgeht. Worte isolieren und werden isoliert, Reden schneiden und werden geschnitten. Und Tafeln gehen? Das war das letzte Kapitel aus meiner Frankfurter An- und Abtrittsvorlesung, nach der man dem Brauch nach den Zuhörern Essen und Trinken anbietet, man baut dann immer ein kleines Buffet vor dem Hörsaal in Frankfurt auf. Der letzte Titel weicht scheinbar das Muster auf, aber nicht wirklich. Er bringt es auch auf den Punkt, weil er normative und operative Vorgänge mit dem Verschlingen und Verzehren verbindet. Ich bin schon schon länger von Aby Warburg begeistert, nicht erst, seitdem ich das Buch darüber schreibe; schon länger auch von Theophagie (bin katholisch getauft) und Anthropofagie, bin inzwischen brasilianisiert.
Kurz gesagt: die Stelle der Macht wandert in den Schleifen der Rekursion. Macht ist ein Effekt und sekundär, Macht folgt und lässt folgen. Normen folgen und lassen folgen. Recht folgt und lassen folgen. Wissen folgt und lässt folgen. Die Schelifen der Rekursion beschreibt die Kulturtechnikforschung über Operationsketten. So beschreibe ich im ersten Kaptel von Bildregeln nicht einfach die Macht, die ein Bild haben soll oder wie ein Bils ins Recht eindringt. ich beschreibe Vorgänge, in denen etwas zu einem Bild gemacht wird - und dabei Gerichte, Anwälte, Redaktionen, Zeitungen, Gesetze involviert sind. Die Grenze zwischen dem, was ein Bild sein soll und dem, was Recht sein soll, wird mit Bildern und Rechten und nicht nur nur mit Bildern und Rechten gezogen. Und so weiter und so fort. Mit Begeisterung lese ich immer wieder das erste Kapitel von Gunther Teubners Buch über Autopoiesis und Recht, eine geschichte, die sich in den Schwanz beisst und von dem erzählt, was entanglement genannt wird, auch weil es an Rekursion hängt. Obwohl ich mich am Begriff der Selbstreferenz störe, teile ich Teubners Vorstellungen über Referenz und Rekursion.
2.
In Vismanns Umfeld hieß es einmal Medien bestimmen die Lage, Vismann schrieb damals in der ersten Hälfte des Aufsatzes, die Medien seien der Erbnehmer des Souveräns (was in der zweiten Hälfte des Aufsatzes wieder relativiert wurde). Die Kulturtechnikforschung beschreibt was sie beschreibt normativ und operativ - und 'nicht ohne Rekursion', also auch nicht ohne das, was zum Beispiel Karl Heinz Ladeur eine Verschleifung nennt. Das Subjekt ist in Bezug auf die Unterscheidung vom Objekt und in Bezug darauf, wie es das Objekt beobachtet, wahrnimmt, an dem oder mit dem Objekt etwas macht (etwas ausübt zum Beispiel) vom Objekt trennbar, aber das ist nicht das, was Jack Goody eine große Trennung nennt. Das ist keine absolute Trennung, das Subjekt ist nicht absolut und das Objekt ist nicht absolut. In die Trennung zwischen Subjekt und Objekt sind Subjekt und Objekt involviert. Ein Hammer wird beherrscht, wenn man nu nutzen weiß, was er als Gebrauch vorgibt. Wenn ein Handwerker sich vom Hammer unterscheidet und denn Hammer nutzt, ist der Hammer nicht nur in die Nutzung des Hammers involviert. Der Hammer macht den Handwerker dann nicht nur Hämmern (und nicht Schrauben oder Schreiben), der Hammer ist sogar schon darin involviert, sich vom Handwerker zu unterscheiden. Der Hammer hat eine Form, die Bruno Latour ein black box nennt, weil in sie eingeschlossen ist, was dem Handwerker entzogen ist. Das Holz hat er nicht geschlagen, nicht geschliffen, den Stahl nicht gegossen, der hat den Hammer nicht hergestellt und muss nicht einmal wissen, wie man das macht.
Müsste man erst verstehen, was Strom ist, wie er funktioniert und wie ein LED Leuchtmittel funktioniert, bevor man das Licht einschaltet, bliebe es in weiten Deutschlands heute sehr lange dunkel, nicht nur heute. Kulturtechniken setzen nicht unbedingt Hermeneutik voraus. Man muss den Hammer nicht verstehen, um Hämmern zu können, muss die Technik nicht verstehen, um sie gebrauchen zu können. Das geht so weit, dass sogar das Lesen, Schreiben, Denken und der Gebrauch von Bildern nicht unbedingt hermeneutisch erläutert wird. Dafür gibt es ja Hermeneutik, aber man muss texte nicht verstehen, um sie zu nutzen. Das klingt radikal, gut so, aber muss nicht so radikal sein - wenn Theorien Beschreibungen liefern, bleibt ja ohnehin erstmal alles mehr oder weniger an seinem Platz. Der Mensch ist nicht Herr im eigenen Haus, der Theoretiker nicht der Beherrscher der Welt. Der Theoretiker macht nur etwas wahrnehmbar - und wenn für ihn gilt, was er über den Handwerker und Hammer sagt, dann wird die Kulturtechnikforschung an Kulturtechniken hängen, die wieder rekursiv den Theoretiker in etwas einbinden - zum Beispiel in das Schreibzeug, dass er nutzt.
3.
Aby Warburgs Geschichte und Theorie des Rechts, die 1929 in den Staatstafeln ihre Summe findet, ist ohne die Tafeln und ohne die Technik, die Warburg in der Einleitung Distanzschaffen nennt, die er aber an andere Stelle auch Gestellschieberei nennt nicht nur nicht denkbar, sie ist ohne diese Tafeln und die Technik nicht wahrnehmbar. Diese Summe denkt sich Aby Warburg nicht alleine, die Tafeln und die Fotos denken mit, sie lassen Denken. Wie in den Medientheorien von Walter Ong und Jack Goody, wie in dem berühmten Satz von Freidrich Nietzsche, dass das Schreibzeug bei unseren Gedanken mitarbeite, sind die Objekte in das Distanzschaffen involviert. Das Objekt ist daran beteiligt, sich vom Subjekt zu unterscheiden.
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