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#tab(u)linum
fabiansteinhauer · 2 years
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Tische, Stühle und Kippsale
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fabiansteinhauer · 2 years
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Campus Bockenheim
Seit dem 18. August zieht die Bibliothek, die zuletzt in diesem Gebäude untergebracht war, das war nun die Kunsthistorische Bibliothek, in das neu eröffnete Gebäude auf dem Campus Westend um. Die nächsten Tage muss ich in das Gebäude und diese Räume noch einmal anders als mit dem Handy und durch das Fenster fotografieren.
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fabiansteinhauer · 2 years
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fabiansteinhauer · 2 years
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Tab(u)linum
1.
Das tablinum oder tabulinum ist ein Teil der römischen Architekur und besteht aus horizontalen und vertikalen Tafeln, also auch aus Bildern, Tischen und Regalen. Im römischen Haus bildet es ein Sekretariat, es wird unter anderem von Plinius im Zusammenhang mit dem ius imaginum beschrieben. Das ist eine Verwaltungsarchitektur.
Plinius beschreibt das tab(u)linum so, dass es nur Teil eines Raumes, also zum Beispiel eine Ecke oder eine Wand sein kann. In anderen Passagen der römischen Literatur wird das tab(u)linum sogar selbst als Raum beschrieben. Man fand dort unter abderem die imagines, die Bilder der Ahnen, sowie das Familienarchiv. Der Begriff tab(u)linum ist mit der Tafel verbunden. Die Tafeln des tab(u)linms können also Bilder, Tische oder Teile von Gestellen und Möben sein. Sie können sogar ein pegma sein, also jenes Brett, das von einem Juristen des Humanismus zu einem Konkurrenzbegriff zum Emblem gemacht wurde: Auf das pegma wurden Bilder und Texte, Dokumente und Akten, eventuell ein Consulardyptichon gestellt.
In einer Archäologie der Kanzlei bildet das tab(u)linum einen Teil der römische Schicht. Das hat private und öffentlich Funktion, als Raum wäre es eine Art home office. In seiner Ethnographie des französischen 'Verwaltungsrates' widmet Bruno Latour einem Raum besondere Aufmersamkeit, der ein Nachfolger des tab(u)linum ist. In der deutschen Übersetzung heißt dieser Raum der Fächersaal. Das isr ein Raum, in dem im Gericht/Ratsgebäude die Post verteilt wird und man an den Tabellen der Fächer auch die Positionen und die Karrieren der Richter, Räte und Sekretäre ablesen kann.
Die Abbildung oben zeigt einen Fächersaal. Das Foto stammt von der juristischen Fakultät der Universität Münster, wo ich mal einen Lehrstuhl vertreten habe. Das ist eine römische Version des tab(u)linums: Imagines (aber nur der Lehrstuhlinhaber) plus tabellarisch organisiertem Gestell für die Schreiben, die rein gehen. Mit Lässigkeit hat man das Gestell vor Fotos der Lehrstuhlinhaber gestellt, nachträglich, wie man an dem seltsamen Höhenverhältnis erkennt.
2.
An der Wand, vor der ich stehe, um das Foto zu machen,, gab es noch ein elektrisches Gerät, in das man morgens, zu Dienstbeginn, eine Karte schob, damit war man registriert, das wurde mit einem hellen Ton belohnt, so kann man überhaupt nur in sein Büro. Ich habe beantragt, den elektronisch schrillen Pieper oder Fieper durch das silberne Schellen kleiner Glöckchen zu ersetzen, die dem Klang der römischen Liturgie bei der Transfiguration näherkommen. Das fand der Hausmeister dann doch etwas übertrieben, den Antrag wollte er nicht annehmen und nicht sagen, ob der Antrag offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet gewesen wäre.
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fabiansteinhauer · 2 years
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fabiansteinhauer · 2 years
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Brandi
1.
Mit dem Fotoapparat und der 8mm Kamera hat sich verändert, vielleicht erweitert, was man die Biographiepflicht nennt. Solche Apparate sind auch bei den Brandis eingezogen, um 1900 die Kleinbildkamera und das sorgfältig geführte Fotoalbum, um 1920 die 8mm Kamera mit sorgfältig geschnittenen, sogar mit Zwischentitel versehen Filmen und den dazugehörenden Filmabenden.
Seitdem Hermann Brandi zum Geheimen Regierungsrat wurde und sein ältester Sohn Karl Brandi Professor für Geschichte in Göttingen, war aber die schriftlich geführte Biographiepflicht Bestandteil der Familienerziehung, selbst wenn man eher bei den Söhnen darauf achtete, dass sie dem nachkamen.
Die Filme resultieren auch aus einer Biographiepflicht. Sie protokollieren diplomatisch: Einzüge und Auszüge, denn ohne Züge kommt kein diplomatisches Protokoll aus, das sind die Schlangen dieses Materials, in ihnen drehen und kehren die Leute zum Beispiel ihre Köpfe, schauen vor und zurück.
Man blickt darauf, wie die Brandis und ihre Gesellschaft sich an Tische setzen oder aufstehen und winken. Man verfolgt Begrüßungen, Badende, Sport, Tanz und sieht immer Väter, Mütter, Kinder, inklusive der Rituale ihrer Bindung. Man sollte nicht so engstirnig sein, an dieses Material das Dogma der Großen Trennung heranzutragen, also zum Beispiel zwischen uns und den Anderen, zwischen Menschen und Tieren oder zwischen Lebendem und Totem groß zu unterscheiden. Man sieht in den Filmen durchaus etwas von römischem Recht, von römischer Verwaltung, von römischer Staatlichkeit und römischer Disziplin, also allem dem, aus dem sich so ein Dogma der Großen Trennung entwickelt haben mag.
Hermann Brandi präsentierte wohl durchaus selbst- und mythenbewusst Francesco Brandi als den Ahnherrn der Brandis, nicht weil der etwas gehabt hätte, ganz im Gegentei. Der hatte nichts und flüchtete. Darum, wegen der Flucht ja der fast vergilsche Stolz. Und immer wieder wird von den italienischen Wurzeln in den Bergen bei Genua erzählt. Aber Gegensätze und Widersprüche, die mit solchen Erzählungen wie von selbst kommen, die sind nicht so groß, wo es sie gibt, durchziehen sie die römische Familie selbst und lassen sie auch schrumpfen, wie Ventile sorgt so etwas für den Druckausgleich der Stolzen.
2.
In Referenzen wie Rom oder Staat verkümmert etwas, wenn man sie so liest, wie etwa Karl-Heinz Ladeur die Texte von Bernhard Siegert liest oder wie Thomas Vesting die Texte von Cornelia Vismann und Friedrich Kittler liest. Siegert ist ein Medienwissenschaftler, Vismann eine Undwissenschaftlerin römischer Assoziationen, also auch römischer Staaten, Gesellschaften, Geschlechter und Personen. Darum werden sie auch von manchen Staatsrechtslehrern gelesen. Ihre Worte kommen aber nicht so an, wie sie abgeschickt werden. In der Lektüre der beiden Staatsrechtslehrer werden Wörter wie Rom und Referenz, Staat und Disziplin oder auch Passagen über die römischen gründlichen, diagrammatischen, durchziehenden Linien wie das sog. pomerium platt oder einseitig, etwa als 'nur und nichts als staatliche, nur und nichts als disziplinäre' oder primär politische Akte verstanden.
Solche Wörter sind Reizwörter, etwas freiheitsbedrohendes soll dort angeblich auftauchen, suggerieren Ladeur/ Vesting. Das sei keine Wissenschaft für liberale Gesellschaften, legen die beiden sogar nahe. Weder bei Foucault, noch bei Siegert oder Vismann wird das Wörtchen Staat als großer Gegenbegriff zum Wörtchen Gesellschaft aufgerufen. Für die Brandis wäre das auch eine seltsame Vorstellung, den Staat gegen die Gesellschaft oder die Gesellschaft so in Stellung zu bringen, wie das Ladeur und Vesting in ihren kurzen polemischen Momenten oder Zügen machen, um sich von Vismann und Siegert zu distanzieren und die Wissenschaft auch so nochmal liberaler zu gestalten. Man macht doch sowieso nur was nach und sowieso nur was vor, mit Staat und Gesellschaft, mit sich und den Anderen. Nur, aber immerhin.
2.
Die Brandis sehen römische Assoziationen und deren puissance lockerer, aber nicht total locker, ungefähr so wie den Weihnachtsmann oder Fronleichnam. Siegert und Vismann halten das, wie übrigens auch Foucault, auch so, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Die Produktivität oder das, was Vesting Kreativität und Wissensgenerierung nennt, wird solchen Einrichtungen nicht abgesprochen. Aber auch die Kosten, der Verbrauch, das Verschlingen, das alles wird auch nicht ignoriert.
Dass man den Institutionen und erfolgreich erprobten Freiheitsräumen mehr Vertrauen schenken sollte, da schwanken die Brandis so wie die Kamera, die ein bisschen wackelt, die aber auch weniger wackeln kann und mehr wackeln kann. Die Biographiepflicht ist in dieser doch auch sehr deutschrömischen Familie instituiert. Natürlich, d.h. routiniert, schreibt Karl Brandi sein Hauptwerk als Biographie von Karl V., römisch-mimetischer geht es kaum. Natürlich, d.h. routiniert, erzählt man auf Familientreffen, warum ich Fabian heiße und warum mein Bruder Cajus heißt, warum meine Schwester Anja und warum man behauptet, der Name sei schwedisch. Römische Assoziationen sind auf mimetischen Routen angelegt, da ist alles sekundär.
Es gibt für die Biographiepflicht (natürlich seitdem die Generation um Karl Brandi das Ruder übernahm) ganz speziell alle drei Jahre ein Treffen, inklusive Konvent, Vortrag und inzwischen auch aufwendiger Filme, vor allem seit auch Filmprofis von der Familie einverleibt wurden. Dieses Treffen richtet an wechselnden Orten dasjenige ein, was Plinius ein Tab(u)linum nennt, ein mehr oder weniger spontanes Gestell mit Bildern, Tafeln und Texten aus dem Familienarchiv. Seitdem die wunderschöne Sabine gen. Sabienchen vor den Spontantafeln spricht, gehört vertiefte Familienaufklärung zum Programm. Seitdem auch Friedrich Küppersbuch zur 'Clanität' Brandi gehört, sind manche Berichte auch dominikanisch, scharf, analytisch und gleichzeitig kynisch distanziert geworden. Witzig waren sie auch vorher schon.
Solche Institutionen produzieren keine schwarzen Schafe, sie produzieren keine Totalausfälle und kein Scheitern, sie produzieren auch nicht die weissen Schafe und den Erfolg. Ihre Produktivität liegt in ihrer Effektivät, wie in mythologischer Kausalität, in Wahrnehmbarkeiten, die nicht aufhören, meteorologisch zu sein und wie Hochdruck- und Tiefdruckgebiete zu funktionieren. So machen römische Institutionen die Brandis sichtbar, auch für sich, wahrnehmbar untereinander, immer noch Leute, die man daran erkennt, dass an ihnen manchmal ein Faden absteht.
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fabiansteinhauer · 1 year
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Religieren
1.
Reliquienkalender: tabellarisch gegliedert, ein mobiles Sortiment für Körperteile von Vorbildern, die Namen haben und heilig sein sollen. Wie Lukas Fuchsgruber vielleicht sagen könnte: So ein Kalender ist touch-art, eine Art Kneif- oder Greifkunst. Das wäre in diesem Fall Kontakttechnik, also Adressenverwaltung. Man nimmt damit an unterschiedlichen Zeitpunkten zu unterschiedlichen Vorbildern Kontakt auf. Das Sortiment ist nicht die Ordnung. Was man hier das Jahr über in auf- und absteigender Intensität (nur) betrachten, (auch) antippen oder (sogar) greifen kann, das wird Kompositkörper nimmermehr. Man berührt einer der Gelenkknochen des kleinen Zehs einer vor 721 Jahren gegrillten Frau aus Nordafrika, den Splitter eines Zahns eines vor 383 Jahren in Dänemark geräderten Mannes. Man berührt mehr als geteilte, nämlich zerteilte, dafür aber hochdistinkte, heilige Tugend. Man streift durch Normativität in Stücken und sie streift an einem vorbei zurück, das liebe lange Jahr hindurch, während der Besitzer dieses Kalenders auch pendelt, er reist durch seinen Verwaltungs-, Regierungs- und Gerichtsbezirk, den Kalender immer dabei, damit die Kontaktmöglichkeiten nicht abbrechen, denn das Gesetz des Kontaktes ist ohnehin schon die Trennung, da sollen nicht noch die Möglichkeiten abbrechen.
2.
Solche Objekte sind für einen Kommentar zu Warburgs Staatstafeln wichtig, weil die Referenzstruktur, die ihn interessiert und die er "Nachleben" nennt, nicht nur in dem stattfindet, was nach herrschender Meinung als Bild oder Motiv, als Geste oder Figur gilt. In den Objekten lebt auch an niederen Stellen Antike nach, das heißt auch in Objekten, deren Status als Bild nicht gesichert erscheint. Die Antike lebt im tabula picta, also sowohl in pictura als auch in tabula nach. Das Nachleben läuft nicht allein durch menschliche Akteure, es läuft auch durch nichtmenschliche Akteure. Es läuft nicht nur durch Subjekte, es läuft auch durch Objekte. Es läuft auch in technichen und schwachen Bildern, also auch in Objekten, deren Status als Bild unter dem Radar ikonklastischer Begriffe liegt, die nicht unter die höheren Begriffe des Bildes, nicht unter das Ikonische oder Imaginale subsumiert werden. Auch dieses Objekt ist Bild, selbst wenn es unterhalb der Schwelle höherer Bildlichkeit liegt. Mit Warburgs Staatstafeln zu arbeiten verlant nicht nur, Bilder mit Bildern zu verknüpfen, es verlangt auch die Bildgründe mit den Bildgründen zu verknüpfen, also Tafeln mit Tafeln, Möbeln mit Möbeln, Schreine mit Schreinen, Akten mit Akten. Die Protokolle, die Warburg verfolgt, sollen auch durch das führen, was im römischen Recht gerade nicht pictura, sondern tabula genannt wird, sie sollen durch alle, die höheren und niederen Objekte des tab(u)linum und des tabulatorium, durch alle Tabellen und Tabletts geführt werden. Sie sollen nicht nur durch die Oberschicht der Bilder, sondern auch durch die Unterschichten der Bilder geführt werden.
Der Aschaffenburger Reliquienkalender soll als Verwandter von Warburgs Staatstafeln betrachtet werden, denn wie sie ist er ein diplomatisches und adminisitratives Objekt, wie sie religiert er, sortiert er, wie sie ist er ein vages und polares Objekt. Wie sie ist er aktenförmig.
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fabiansteinhauer · 2 years
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Diplomatisches Material
1.
Das diplomatische Material ist dasjenige Material, was man in römischen Architekturen in einem tab(u)linum oder Tabulatorium finden würde.
Das sind die Schreiben, Chroniken, Urkunden und Bilder, die man braucht, um nicht nur sein zu können, was man ist, sondern das auch belegen und im Zweifel vielleicht sogar gegen Widerstände durchsetzen zu können. Mit so einem Material kann man sich sogar die Freiheit einrichten, nicht sein zu müssen, was man ist. Dann übernimmt nämlich das diplomatische Material die Identität und macht einem die Distanzierung davon noch leichter. Mehr noch: ein Diplom zum Beispiel bekommt man nur, wenn man was mitgemacht hat. Das diplomatische Material reicht auch weiter in die technisch-dynamischen Fähigkeiten der Leute zurück. Die Leute sind Diplomaten ihrer selbst, sie selbst gehören zum Bestand des diplomatischen Materials, weil sie selbst aus Diplomiertem bestehen. Manche wedeln darum gerne und/oder spöttisch mit alten Lichtbildausweisen oder mit dem Seepferdchen.
Diplomatisches Material braucht man zum Distanzschaffen. Das diplomatische Material schleppt darum man bei jedem Umzug mit, solange man umzieht. Es hat die Eigenschaft 'äußerst äußerlich' und äußerst wichtig zu sein. Es lässt einen gesandt sein. Man kann sich mit ihm aus dem Kreissaal entfernen, man kann den Geburtsort verlassen und zuhause ausziehen. Man hat zum Beispiel mit einem Diplom oder einer Gebursturkunde eine Biographie, eine mehr oder weniger geschickte Geschichte und kommt nicht mehr aus dem Nichts und ist nicht nichts. Oder sagen wir so: etwas sein oder nicht sein zu können, das geht mit diplomatischem Material einfach schneller und sicherer zugleich.
2.
Das diplomatische Material ist durch Techniken präpariert, mit denen dieses Material gefaltet, gebogen, geknickt ist. Das Material ist wie mit einer Kippe versehen. Was sage ich? Die Prägungen, das Stanzen, die Knicke: dabei kippt man wirklich etwas.
Dem diplomatischen Material sind gründlich Linien eingezogen. Man hat die Linien sorgfältig gezogen, und sie machen aus dem Material Dokumente, mit denen man etwas begründen kann. Irgendwo an dem Material ist etwas 'eingekehrt', wenn man so einmal die Spuren beschreiben will, die ein Siegel oder eine Signatur oder eben auch die Faltung einer Urkunde eintragen und die an sich der Schrift oder dem Bild fremd sind. Alleine aus Schrift und Bild und dann wiederum aus Schreib- und Bildgründen sollen Urkunden nicht bestehen. Das diplomatische Material soll nicht glatt sein, als soll plastisch sein. Noch der Autopen des Souveräns gewährleistet darum, dass sich in den Unterschriften des Präsidenten Kerben und Flecken finden. Wenn die Kerben und Flecken eine stumme Metapher sind, dann sind sie nicht nur eine stumme Metapher.
Es soll beweisbar und wahr sein, dass eine Differenz operationalisiert wurde, dass man Normativität durchgesetzt hat. Man vollzieht auf der Ebene des Materials einen Vorgang, der auf der Ebene menschlicher Körper zum Beispiel mit der Beschneidung vergleichbar ist. Solche Vorgänge gehören auch vor der Sprache zu den elementaren juridischen Scheidekünsten. Die römische Diplomatik entsteht auch aus (und gegen) die normative Praxis der jüdischen Vorbilder und Phasen, also aus und gegen eine Praxis, die Pierre Legendre als somatische Technik (Technik, die durch Körper geht) beschreibt. Sie entsteht durch "Rom-Zentrierung", durch die Umwidmungen, ducrh die aus Juden und Nicht-Juden Christen wurden, Phasen des Verlustes einer konkreten praktischen Normativität, die durch den Import römischen Rechts und römischer Verwaltung ausgeglichen wurden und in der sich entwickelt haben soll, was Pierre Legendre die psycho-somatische Technik nennt. Das ist eine Technik, die durch Körper und Geist geht und auf diese Weise noch Körper und Geist unterscheiden soll. Mit dieser Technik soll sich die Vorstellung (eine beherrschte Phantasie und ein Phantasma) monumentaler oder abstrakter Personen entwickeln. Am diplomatischen Material wird etwas gemacht, was Vorgängen entsprechen soll, die die Menschen an sich selbst auch machen können, darum soll das diplomatische Material ja überhaupt für Menschen einstehbar sein.
Dem diplomatischen Material gegenüber kann man sich römisch verhalten. Ist man römisch konditioniert, muss man das vielleicht sogar. Darum, zu Ehren Roms auch die Snapshots aus einem Film von Abel Ferrara. Das ist erstens ein Vampirfilm und zweitens ein Akademikerfilm, vielleicht der einzige Film in so einer Kombination, obschon das so nahe liegt. Den Vampiren 'erlauben' auch römische Gesellschaften anthropofage Praktiken. Zumindest heißt es dort, dass Vampire sowas machen sollen (in römischen Gesellschaften sind Gerüchte und Normen nicht gut voneinander isoliert).
In The Addiction bekommt man wenigsten was direktes von Anthropofagie und Universität zu sehen (vermutlich kennt Rembert Hüser noch 78 vergleichbare Filme). Ferraras Filme kommen mir oft so vor wie die kindlichen Nachmittage, an denen man bei Freunden zu Gast war, die dann plötzlich die Lust am Spielen verloren. Solche Nachmittage waren dann trotz so mancher sinnloser Abbrüche und Pointenlosigkeiten toll. Man geht aus Filmen von Ferrara so manches mal mit dem Eindruck raus, das sei was nicht durchgezogen worden, ab einem bestimten Punkt ist man sich nicht sicher, ob man was verpasst hat. Aber es war trotzdem super.
3.
Auch wenn das diplomatische Material Makulatur ist: selbst soll man es nicht abgeben. Wenn, dann sollen einem andere das nehmen. Ich glaube, dass zum Beispiel meine Urkunde als Privatdozent sich in einer deutlichen Spannung zum 'Sachverhalt' befindet. Man kann sagen, dass da Normen und Fakten nicht zusammenpassen. Verzichten würde ich trotzdem nicht darauf. Die Universität entzieht sowas aber auch nicht. In beiden Fällen schiebt sich eine römische Haltung in den Vordergrund, bevor etwas für alle Beteiligten peinlich werden könnte. Die römische Haltung , mit der man das Material äußerst äußerlich und äußert wichtig nimmt, die ist schon okso. Wenn sie dann noch in so schöne kleine Racheszenen gegenüber den Institutionen oder anderen großen Angelegenheiten wie bei Abel Ferrara umschlägt, um so besser.
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fabiansteinhauer · 1 year
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"Das zweite Warburg-Institute" (Dorothea Hauser)
1.
Das tablinum oder (die Schreibweisen variieren) tabulinum ist das römische Modell eines Büros oder Sekretariates.
In seinem Haus bewahrt der pater familias dort die Tafeln, die Akten, die Tabellen, die Rollen, die Codices oder auch einen codicillus auf. Das konnte ein gesamter Raum oder aber ein Ecke oder eine Seite, eine Wand in einem Raum sein. Auch diejenige tabula picta , die angepinnte Tafel, die mit dem ius imaginum einhergehen soll, also das Bild des Ahnen, soll im tab(u)linum aufgestellt werden. Am besten präsentiert als Stammbaum. Hier stellt sich das Geschlecht her- und dar, weil so eine Kombination aus Her- und Darstellung von Niklas Luhmann als Verfahren bezeichnet wird kann man das tab(u)linum nicht nur als Architekur des Ordnens verstehen, es ist selber ein Verfahren. Von der tabula hat das tab(u)linum seinen Namen. Tab(u)linum als Verfahren heißt: Das Büro ist dort, wo graphisch getafelt wird.
Das heißt: was man oben im Bild sieht, das ist ein zeitgenössisches tab(u)linum. Es befindet sich in einem Haus auf dem Kösterberg in Hamburg. Links ist die Wand mit Bildern von Ahnen, zentral steht ein großer Schreibtisch, an den Wänden stehen Regale mit Akten, Tafeln und Tabellen. Man sieht unter anderem, was ein pegma ist (jenes Brett, von dem sich der Name Pegmatik, d.i. ein anderes Wort für Emblematik, also Schildtechnik, ableitet, denn Regale bestehen aus solchen Brettern, man kann auch sagen: Das sind in gewisser Hinsicht Stellbretter, Gestelle, denn sie dienen dazu, etwas zu aufzustellen, an die richtige Adresse, seinen Platz). Die Regale sind dort nummeriert, die Fächer nummeriert, die Objekte tragen Signaturen, das ist ein professionell betriebenes, privates Hausarchiv. Vom Modell her entspricht es ein em antiken tab(u)linum, denn das Modell fordert nur Raum, Wände für Regale und Wände für Bildtafeln, Tische, und dann Akten und Tafeln, egal in welchem Material.
Das tab(u)linum ist ein antikes Modell der Bürokratie und der Studiokratie. Wenn man unter einem Büro nur denjenigen Ort versteht, wo Schreiben produziert oder wo Reden und Unterhaltungen geführt, nicht aber Bilder produziert werden, dann sollte man Büro- und Studiokratie begrifflich unterscheiden.
Dann wäre das Studio der Ort, wo Bilder produziert werden. Aber so haarspalterisch muss man nicht sein. Bürokratie geht auch als Begriff einer Herrschaft durch Schreiben, Unterhaltungen und Unterhandlungen, durch Bilder, Tafeln, Regale, Leitungen, Tabellen und Tische durch. Der Begriff der Bürokratie ist hier und da diskreditiert, sogar der Begriff der Herrschaft und der Macht ist diskreditiert, man muss nur lesen, wie manche Leute über Foucault oder Vismann sagen, die seien so machtfixiert und dabei sagen wollen, die seien nix. Das kann man getrost als Denkfaulheit und Kritikfaulheit verbuchen oder schlicht als Ausdruck eines Reflexes gegen Bockige. Nur weil bei manchen die Macht diskreditiert ist muss man die Macht ja nicht auch diskreditieren. Sie ist effektiv, auf ihre Seite oder gegen sie sich zu stellen kann man, aber sie geht ohnehin durch das durch, was sie befördert und was sie limitiert.
Dass Warburgs sog. Bildwissenschaft eine Wissenschaft aus dem Geist der Kanzleikultur und der Bürokratie ist, dass sie von Organisationsfragen, Apparaten und Technik besessen ist, das ist gerade ihr Vorteil, das ist ihre Rationalität und Produktivität, gerade auch dann, wenn Abt Warburg sich als Rechtswissenschaftler und Polarforscher betätigt. In dem Sinne besteht die Modernität der Institution Warburg gerade darin, in einem Sinne 'niemals modern gewesen zu sein', nämlich darin, das Dogma der großen Trennung niemals mitgemacht und nie von großer Anreicherung, großer Bereicherung, großer Vermehrung, großer Beschleunigung oder sonst eine Vergrößerung behauptet zu haben, niemals ein Datum für eine Take-Off festgelegt zu haben.
2.
Das tab(u)linum oben im Bild ist das tab(u)linum der Institution Warburg, nicht derjenigen in London, sondern derjenigen in Hamburg, dem, wie Dorothea Hauser treffend sagt, zweiten Warburg Institute. Das sagt sie so treffend, weil hier die Sekundarität Prinzip ist, wenn man so will: das Primat hält. Es ist nicht wichtig, erster zu sein, wichtig ist Folgen zu lassen und etwas folgen zu lassen. Noch hilfreicher als Originalität ist Reproduktion. Das zweite Warburg-Institute wäre danach nicht gleich das eigentliche oder wesentliche Warburgs Institute, aber das Institute vor dem Institute in London: Es ist seine Grundlage und sein Untergrund in einem gewesen, sein Träger, sein Zulieferer. Der Saal ist elliptisch, wie der Lesesaal in der Heilwigstraße 116. Anders als dort kann man hier, auf dem Kösterberg, genau studieren, dazu noch live und in Farbe, dass Warburgs sog. Bildwissenschaft aus dem Geist der (römischen) Kanzleikultur und Bürokratie entstanden ist. Dass der legendäre Deal zwischen Aby und Max Warburg eine Trennung und ein Austauschmanöver war, die zwar Distanz geschafft, aber Distanz nicht zurückgelegt haben, die den Abstand zwischen der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek und dem Bankgeschäft nicht vergrößert, sondern diese doppelte Institution als Schlinge angelegt, das Verhältnis verschlungen und verschlingend gemacht hat, das heißt konkret, dass der Deal eine Bildwissenschaft ermöglicht hat, die zwar durchgehend differenziert, aber ausdifferenziert ist, die nicht die Kunst oder die Kultur oder das Recht oder die Politik, den Staat und die Gesellschaft als große (Selbst-)Referenzen einrichten und auf Abstand dazu achten. Der Deal, in Wirklichkeit kein Vetrag zwischen Aby und Max, sondern ein dauerhaftes und lebenslanges, manchmal im Stress und den Reibereien wie lebenslänglich wirkendes Zusammenwirken der ganzen Familie, also auch Eltern und der übrigen Brüder und Schwestern, ebnet die Bahn für eine Bildwissenschaft aus dem Geist der Kanzleikultur und Bürokratie.
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fabiansteinhauer · 1 year
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Die Akte Vismann II
1.
Die Akte ist ein umstrittenes und ein bestrittenes Objekt, das teilt sie zum Beispiel mit dem Bild. Die Akte ist ein Objekt dank der und durch die Verfahren und Techniken, die dieses Objekt bestreiten, die es (auch im Konflikt) händeln. Die Akte ist in dem Sinne kein Objekt, dessen Bestand im Objekt selbst liegt. Das scrinium eine Akte, die Tafel eine Akte, der codicillus eine Akte, die Tabelle eine Akte, das Tablett eine Akte, das tab(u)linum eine Akte, das tabulatorium eine Akte, das pegma eine Akte (die Pegmatik eine Aktendisziplin), Phryne ein Akt und ein Akte, der Aktant und der Akt, sowieso Akten. Was eine Akte auszeichnet, kommt in Objekten vor, die der Form nach identisch, auch nur der Form nach identisch sein können, aber nicht sein müssen. Die Akte kommt in Objekten vor, die untereinander durchgehend (in allen Details) ähnlich und/ oder durchgehend unähnlich (in keinem Detail ähnlich) sein können. Die notitia dignitatum sammelt schon Objekte als Akten und in sich als Akte, deren Vielzahl nur dann verwirrend ist, wenn man Einzahl erwartet.
2.
In der 'German Media Theory' war die Entwicklung von dem Label Medientheorie zu dem Label Kulturtechniken unter anderem ein Mittel, um von einer Orientierung an großen Objekten wie der Sprache, der Schrift, dem Bild, dem Buch oder dem Computer auszusteigen und die damit vor allem durch Teile der Toronto School nahegelegten großen Trennungen zu unterlaufen, wie etwa diejenige, die Schrift und das Buch hätten eine Vorsprünglichkeit eingerichtet. Dort standen teilweise bestimmte Medien für bestimmte Gesellschaften oder Gesellschaftsmodelle ein, das macht die Trennungen wechselseitig groß. Die Figur der sekundären Oralität etwa spielt eine unselige Rolle, weil sie (etwa bei Stephan Kossmanns Arbeiten über den Souverän und die Stimme) zu einer Figur für Korruption und Dekadenz wird. Sekundäre Oralität, das legt Kossmann nahe, sei da, wo nicht richtig groß getrennt würde, da würde der Mensch zum Unwesen, diesen Gedanken legen seine Ausführungen zu sekundären Oralität im Stalinismus nahe. Nicht ganz so radikal, aber im Prinzip zustimmend, beutet auch Ladeur die Medientheorie und Mediengeschichte so aus. Wofür braucht man Medientheorie, wenn man dann letzlich nur bestätigt, was man auch ohne Medientheorie schon glaubt, sei es an die Vorsprünglichkeit eines liberalkreativen Selbstverständnisses namens Westen oder was auch immer?
Kulturtechnik statt Medien: das war und ist der Versuch, aus dem Dogma der großen Trennung auszusteigen und in Verfahren 'minderer Wissenschaften' wie etwa der minderen Anthropologie einzusteigen, in dem man das, was ein Medium sein soll, in Operationsketten zerlegt, die durch unterschiedliche Objekte gehen, auch durch Personen, Dinge, Handlungen oder Kommunikationen, die alle in der Beobachtungen und dem Zugriff zum Objekt werden, auch wenn sie das nicht sich selbst verdanken. Mit einer Verfeinerung der Technik-Analysen entkomme man, schreibt Walter Seitter, dem Dilemma, etwas für entweder allmächtig oder ohnmächtig zu halten. Mit einer Technik-Analye verennt man sich nicht in der Aporie, normative Grundlagen entweder für gegebene institutionelle Mächte oder für frei verfügbare konstitutionelle Mächte zu halten.
Schlichte und Haaf nennen Vismanns Ansatz in ihrem Kommentar zu Vismann einen pragmatischen Ansatz: die Praxis formiere des Medium. Die Rechtspraxis gehört dazu, darum ist es eine rhetorische Figur zu behaupten, die Bilder würden ins Recht eindringen: Das ist ein Aussage darüber, wie Juristen mit ihren Mitteln und Verfahren in einmal Fall dabei kooperieren, bestimme Objekte als Bild erscheinen zu lassen, während sie es im anderen Fall nicht tun.
3.
Diesen Zug, die Umstellung vom Begriff des Medium zu dem der Kulturtechnik, macht Vismann im Aktenbuch, weil sie die Akte und den Akt gemeinsam behandelt (darum gehört auch der Text über Phryne, diesen nackten Bild-Akt und diese weibliche Bildakte (denn auch nackt ist Phryne noch Hülle und Fülle), in den Kontext ihres damaligen Forschungsprojektes, auch wenn der Text kein Eingang in die Dissertation fand und statt dessen mit Texten von Kittler vermischt und in einem gemeinsamen Buch vom Griechenland und zu Ehren Pierre Klossowskis herausgegeben wurde, so dass Siegert bis heute sich öffentlich zu kleinen, eifersüchtigen Bemerkungen hinreissen lässt ("Eigentlich hätte ich dieses Buch mit Kittler schreiben sollen!", Anm. und Gekicher FS)).
Schüttpelz hat destilliert, dass die Technik, die Vismann dort rekonstruiert, vor allem als Rekursion und unter dem Paradigma der Selbstreferenz rekonstruiert wird. Das ist der Punkt, wo ich mit meiner Historisierung vor allem einsetzen würde. Was ist eine Akte, wenn sie nicht rekursiv ist oder wenn ihr Rekursion exzessiv ist? Gibt es so etwas wie exzessive Rekursion, Rekursion, die zwar kehrt, sich aber nicht innerhalb einer Selbstreferenz hält? Gibt es ein anderes Akten, eine andere Aktenführung, ein andere Aktenförmigkeit, in der die Rekursion, in der die Kehren zu schwach für Rekursion, aber immer noch Einfaltungen und Involvierungen sind? Wenn schon die Objekte, die als Akten bestritten werden, eine erstaunliche Spannbreite aufweisen und vom scrinium über ein codicillus bis hin zu Warburgs Staatstafeln reichen können, wie sinnvoll ist es dann noch, von der Akte wie von einer großen Referenz oder gar von einer Instanz zu sprechen? Akten, die Stanzen sind, keine Instanzen, die etwas durchgehen lassen, Akten die passieren (lassen): Akten als "epistemisches Objekt" (Rheinberger), als "apriores Objekt" (Siegert) - und gerade darum Akten als das, was sie immer schon und noch nie so richtig waren: als diplomatische und administrative Objekte, als polare und vage Objekte, die in ihren Differenzierungen und Wiederholungen mehr oder weniger fruchtbar herumeiern.
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fabiansteinhauer · 2 years
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Reinhard Mucha-Wartesaal (publication)-1982 - Galerie Max Hetzler
Institutionen
Institutionen sind es, wenn sie (er-)warten lassen. Der Wartesaal wird wieder zu sehen sein. 'Der Mucha' wird nämlich eine große Ausstellung in Düsseldorf haben, die treffender Weise noch einen juridisch-forensischen Untertitel hat: ein Anfangsverdacht. Nix wie hin. Treffend ist der Untertitel, denn Mucha arbeitet an den studio- und bürokratischen Apparaten, die eine Forensik begleiten. Seine Werke sind Tafeln und Regale, alles das, was im tab(u)linum und im tabulatorium stehen könnte und was man weiter zur Pegmatik, zur Regaltechnik zählen kann. Auch im Umfeld von Laboren sind seine schwerbeweglichen Möbel vorstellbar. Was Mucha baut, bildet Untergründe dessen, was dann als Grund für Verwaltung, Justiz, Gesetzgebung und Management und Wissenschaft herhalten muss. Darauf könnten Papiere, Scheine, Diplome, Akten oder Gutachten liegen. Und könnten sie das nicht, dann könnten sie drin stecken.
Seine Installationen sind dazu noch 'phantastische Digesten', der baut leicht magische Verdauungsinnenarchitekturen, die meist ein klein bisschen größer als klein sind, manchmal mittelgroß, manchmal ganz groß. Auf den beiden documentas der Neunziger, die so ein bisschen meine documentas waren, weil ich in jenen zehn Jahren beim Kunstbetrieb leidenschaftlicher Fan war, mitgefiebert habe und sogar Leuten und Veranstaltungen hinterhergefahren bin, da hatte er eindrucksvolle Auftritte. Ist zwar egal, aber ich sage es trotzdem: ich finde die Arbeiten, die ich von ihm kenne, richtig gut.
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fabiansteinhauer · 9 months
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Polarforschung
1.
Die Tafelszene ist älter als die Schreibszene. Das Tafeln ist älter als das Schreiben. Die Rechtswissenschaft beginnt nicht im 19. Jahrhundert mit Savignys Text über den Beruf unserer Zeit. Savigny beginnt den Beruf nicht und nicht unsere Zeit, als er den Text anfangen lässt. Und doch ist das ein grundlegender Text geworden.
Savigny, wie so viele, hat auch eine medienhistorisch informierte Theorie des römischen Rechts. Die begriffliche Systematik soll danach ein spätere Erscheinung sein. Das archaische römische Recht zeichne sich eher durch das aus, was Savigny in diesem Text ein symbolische Handlung nennt und als Formel, Akt, Protokoll oder Zeremonie beschreibt, Dazu ist die mancipatio ein Beispiel.
Sie ist actio und dabei ein Akt der aus Akten besteht, zum Beispiel aus Sprechakt, denn die Formel ist teilweise ein Satz, und aus Bildakt, denn Gaius nennt sie in den Institutionen ein Bild (imago) , und das kann mehrere Gründe haben. Bild ist die mancipatio, weil sie vor- oder aufgeführt wird, sie soll vor Zeugen stattfinden; sie ist aber auch mimetisch, sie ahmt ältere 'Übertragungsformen' nach, sie ist copia und darin sogar industria, sie ermöglicht blühende Geschäfte.
Die mancipatio ist auch ein choreographischer Akt, mehr als eine Person ist in sie involviert. Savigny ordnet solche Akte einer noch begriffs- und systemarmen, aber strengen, archaischen und - mit romantischen Zügen - einer ursprünglicheren Zeit zu. Die romantische Institution ist nach Koschorke eine Beamtenkarriere, die auf dem Land beginnt und in der Stadt endet. Sie kreuzt vom Pastoralen ins Urbane, über Linien, die Vismann Aktenakte nennt und die Mommsen vorgeschoben nennt. Sie kreuzt aus Schäferstündchen in Sprechstunden des Justizministeriums, zumindest bei Savigny. Sie kreuzt Tag und Nacht, nie ohne Linien, nie ohne Wellen.
2.
Die symbolische Handlung wird 1896 das Stichwort für die Gespräche, die Sally George Melchior mit Aby Warburg auf der kleinen Kreuzfahrt führen und die Warburg später als Teil seiner Arbeit zu den grundlegenden Bruchstücken begreift. Er notiert alles auf Zetteln. Kurz nach der Kreuzfahrt überträgt er einige Zettel, die er bereits seit einigen Jahren sammelte, in ein Geschäftsbuch. Er sammelt sie aus seinen Zettelkästen zusammen, sie kommen in einen eigenen Zettelkasten, dann werden sie das erste mal in einem Geschäftsbuch in gebundener Form verbunden.
1896 kommt Warburg also nicht nur aus Amerika zurück, er macht auch eine zweite Reise, weniger bekannt und kleiner als die erste, spricht mit einem Juristen und fängt ein neues Buch an, erstmal ein Geschäftsbuch. Warburgs Wissenschaft, seine Polarforschung ist aus dem Geist römischer Kanzleikultur, sie ist aus dem Geist des tab(u)linums, des tabulatoriums, der notitia dignitatum, aus dem Geist des Kalenders des Filocalus (den man im Mnemosyne Atlas findet). Seine Polarforschung ist aus dem Geist skalierbarer Tafeln und Tabellen, aus dem Geist dessen, was Vismann Akten nennt. Das ist aus dem Geist eines Wechselgeschäftes, das nicht nur Geld wechselt, sondern auch Truppenkörper gliedert und organisiert. Das ist aus dem Geist eines vexillums, das staatlich sein kann, aber nicht staatlich sein muss. Das kann ein hoher Geist, es kann ein niederer Geist sein. Warburg entfaltet diesen Geist in einer privaten Praxis öffentlicher Dinge, also kreuzend, unter anderem auf Kreuzfahrten.
So entstehen die grundlegenden Bruchstücke, deren Texte zwar teilweise vor 1896 entstanden, aber in diesem Jahr erst 'verbucht' in Geschäftsbuchform übernommen werden. Melchior und Warburg sprechen über die mancipatio, das ist die symbolische Handlung, der Akt, die Formel, das Protokoll oder die Zeremonie, über die sich beide austauschen.
3.
Als Aby Warburg 1923 seinen Vortrag über die Amerikareise hält und Saxl ihn in diesem Jahr fragt, wen man in die Bibliothek zu einem Vortrag einladen solle, regt Warburg an, Conrad Borchling einzuladen. Der Germanist wird über Rechtssysmbolik im Germanischen und Römischen Recht sprechen. Der Vortrag wird 1926 in Vorträge der Bibliothek Warburg 1923/1924 veröffentlicht.
Das kann man als die zweite Auseinandersetzung zwischen Warburg und der Rechtswissenschaft begreifen. Warburg lädt ein, ein Rechtswissenschaftler kommt, wie damals auf dem Schiff, wie damals nach den Schlangen, kurz danach.
Inzwischen war einiges passiert, auch ohne solche Gespräche oder Auseinandersetzungen. In Florenz hat Warburg zu Bildrechten der Sassetti und Tornabuoni geforscht, Testamente und Urkunden über Patronatsrechte studiert und dann später die Ergebnisse publiziert. In Ferrara hat er zur Verwaltung und zu Kalendern geforscht, dazu in Rom vortragen und ist so zum Star geworden. 1923 ist er schon der anerkannte, bekannte und berühmte Autor einer Bild- und Rechtswissenschaft, die ihr Objekt nicht als Ergänzung oder als ergänztes Objekt versteht, auch wenn das noch nicht und nie alle verstehen und Warburg weiter polarisiert. Warburgs Objekt ist spätestens seit 1912 schon das Polobjekt, unbedingt, aber nicht unbedingt mehr ein Bild oder ein Recht, auch wenn das Objekt in das kippen, sich in das wenden und in dem winden kann, was ein oder was das Bild, was ein Recht oder sogar das Recht sein kann.
Das Objekt kann sich aber weiterdrehen und herauswenden oder herauskippen aus dem, was ein oder das Bild, was ein oder das Recht ist. Warburg ist inzwischen Polarforscher geworden und arbeitet an dem, was man mit Niklas Luhmanns Worten zur Frage nach der Stabilität und dem Gleichgewicht eine vague Assoziation nennen sollte. Nur dass Warburg als Polarforscher auch nicht unbedingt aus Stabilisierung und Gleichgewicht zielt oder darauf, das Inkommensurable nicht im System, sondern der Umwelt zu verorten. Warburg zielt eher auf Bewegung und darauf, Polarisierung und Polarität wahrnehmen, auch (aus-)üben oder mitmachen zu können. Warburg zielt auf Routinen eines Mitmachens oder einer Kooperation, die da, durch Polarisierung und Polarität hindurch, noch Distanz schaffen können. Kn der Polarisierug und der Polarität heißt das aber nicht nur, Trennung zu vergrößern, sondern auch zu vermindern, Austausch zu vergrößern und Austausch zu vermindern.
3.
Die Bibliothek lädt Borchling ein, Borchling kommt. Borchling ist Germanist, kein Romanist. Der fängt seinen Vortrag nicht mit der mancipatio und den Römern an. Aber immerhin fängt er ihn mit symbolischen Handlungen an, das ist sein Gegenstand. Er fängt mit Handschuhen und in Frankfurt, mit Goethe und seinen, das sind in dem Fall auch dessen, Erinnerungen an. Borchling schildert einen Akt, in dem Fall eine 'wiederholende Szene', sie stammt aus Goethes Dichtung und Wahrheit. In der Szene kommt viel vor, auch das ist ein Akt, der aus Akten besteht, aus Sprech- und Bildakten, auch choreographischen Akten. Borchling pickt aber den Handschuh, besonders den Handschuh heraus. Wenn er es nicht mit der mancipatio assoziiert hat, explizit sieht man davon keine Spur, dann tun wir das jetzt. Borchling setzt von Rom nach Frankfurt über, er übersetzt etwas, aus der mancipatio wird ein Handschuh. Vom Handschuh aus kommt Borchling aber ebenfalls auf Geschichte zu sprechen, in der das andere älter seials das eine. Und so kommt Borchling af Stäbe zu sprechen.
Führen uns die Handschuhe in das Hochmittelalter, die Zeit des ausgebildeten Lehnswesens, so geht das den Handschuhen beigegebene weiße Stäbchen noch sehr viel weiter in die Vergangenheit zurück.
Der Stab ist älter als der Handschuh. Borchllng wird in der Bibliothek unversehens zum Polarforscher, zum Stabforscher. er insisitiert darauf, dass der Stab, den Goethe noch einen Gerichtsstab nennt, nicht als Gerichtsstab anzusehen wäre. Anders gesagt: Als Gerichtsstab ist dieser Stab nicht kreditierbar, nicht anzusehen. Er sah als Botenstab anzusehen schreibt Borchling. Das Bieten ist älter als das Richten. In dem Vortrag findet sich wenig bis keine Spuren für Schmeichelei. Ob Borchling kam, um den Gastgebern vorzutragen, was sie hören wollten, was ja nicht verwerflich wäre, nur Routine und Protokoll, das lässt sich schwer sagen, ich würde sagen: kaum. es kann also sein, dass Warburg zwar inzwischen sich in einen Polarforscher verwandelt hat, aber damit auch nicht besonders weit kam, sich zumindest nicht weit von er Rechtswissenschaft entfernte. Was nach einem Warburgschen klingt, weil Borchling schnell auf das Wandern und die Stäbe zu sprechne kommt, also auf Objekte, durch die Bewegung geht, das muss nicht eingeflüstert sein, das muss kein vorauseilender Gehorsam von Borchling gewesen sein. Das kann sein, für Gehorsam soll Borchling durchaus aus Sinn gehabt haben. Man sollte ihm einfach zutrauen, dass er weiß was er tut und will, was er tut. Ich ist ein Anderer, aber kein total Anderer. Borchling ist anders als Warburg, aber nicht total anders.
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fabiansteinhauer · 9 months
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Was ist eine Tafel?
Eine Tafel ist ein skalierbares Operationsfeld oder ein skalierbares operables Objekt. Durch eine Tafel können Differenzen operationalisiert werden, man kann zum Beispiel etwas übertragen oder etwas teilen. Man kann durch eine Tafel eine Kontroverse führen oder disputieren, man kann sich dort vertragen
Tafeln sind demjenigen verwandt, das Bonaventura de Sousa Santos ein research field (also ebenfalls Feld) nennt und das er so bezeichnet, um Kontoversen beobachten zu können, die ihm Fragen stellen. Man kann noch einen Schritt weiter gehen: Ein tab(u)linum ist größer als ein Bild, ein Tisch oder eine Holztafel, es besteht sogar aus einem Ensemble aus solchen kleineren Tafeln, die kommen dort horizontal, vertikal und diagonal vor. Das tab(u)linum ist in einem römischen Haus (oder einer villa) ein Vorgänger der späteren Sekretariate, der Büros oder des Home Office. Es ist eine administrative Einrichtung und insofern eine Institution.
Noch eine Nummer größer ist das tabulatorium, den Begriff würde man heute wohl mit Staatsarchiv übersetzen. Das sind immer noch, aber schon sehr große Tafeln. Eine taverne ist auch so was (und sie hat auch administrative Elemente). Das sind alles größere Tafeln, die as unterschiedlichen Tafeln bestehen und die das sogar immer noch im Begriff explizit tun. Insofern ist auch das research field von Bonaventura de Sousa Santos eine Tafel und nicht nur den Tafeln verwandt oder nicht weniger den Tafeln verwandt, als sie unter sich verwandt sind. Diese Tafel nennt der Autor Pasargada und bescheibt sie als ein Favela in Rio. Durch sie beobachtet er, wie Differenzen operationalisiert werden und bezieht das auf dasjenige, was man Recht nennt. Die Tafel lässt unter anderem tragen (zum Beispiel übertragen, vertragen, betragen oder Gründe geben, also tragend sein) und trachten (also zum Beispiel betrachten und Schlüsse ziehen).
Tafeln sind auch in dem Sinne skalierbar, dass sie einerseits als niederes und schwaches, minderes Medium oder andererseits als höheres, starkes und größeres Medium verwendet werden können. Insofern können sie dem affin sein, was sie nicht sind, sie können austauschbare medien der Austauschbarkeit, ersetzbare Medien der Ersetzbarkeit sein. Sie müssen nicht im Eigentum von jemandem stehen, nicht eigen und nicht eigentümlich sein. Sie können das aber, aber daszu müssen in Starke, Große und Höhere skaliert werden. In Akten tendieren Tafeln dazu, mindere und niedere Medien zu sein, sie werden dortnicht einmal signiert, von niemandem angeeignet; alles an ihnen bleibt austauschbar. Als Bild, gar als Kunstwerk, sind Tafeln schon groß skaliert, da gehören sie jemandem, sind eigentumsfähig, eigen und eigentümlich. Tafeln sind schließlich auch in dem Sinne skalierbar, dass sie Trennungen in unterschiedlichen Maßen möglich machen. In de Tardes Sinne muß der mimetischer Radius der Trennung für größe Trennungen weiter, für kleine Trennungen weniger weit kreisen. Die Trennungen müssen für große trennungen mehr und für kleine Trennungen weniger andere Trennungen übersetzen, ersetzen oder austauschen. So können Tafeln eben zur großen Trennung und zu kleinen Trennung eingesetzt werden und sich selbst untereinander oder von anderen Objekten größeroder kleiner unterscheiden.
Man kann an Tafeln den Unterschied ganzer Gesellschaft festmachen oder nur den Unterschied zwischen der Stellung des Mondes an einem Montag um 14.30 aus der Sicht eines Beobachters in Bochum und der Stellung eines Mondes am gleichen Tag drei Stunden später. Sousa de Santos könnte durch eine Tafel vermutlich sogar den Unterschied zwischen dem festmachen, was er im Anklang an Pole inzwischen (noch nicht 1977) den Süden und den Norden nennt. Zu allem dem muss man Tafeln nutzen. Den Gebrauch nenne ich eine juridische Kulturtechnik, weil er nicht nur bei Bonaventura de Sousa Santos dabei kooperiert, Recht zu reproduzieren.
2.
Considered fit: Was heißt considered fit? Die Formulierung übernimmt De Sousa Santos von einem Klassiker des Rechtspluralismus, von einer Übersetzung Hermann Kantorowicz'. Zurückübersetzt und gleichzeitig mit eine Gegenvorschlag versehen, der im Hinblick auf mein Interesse an Unbeständigkeit und [Bingo!] Aby Warburg erfolgt, würde ich diese Passage so formulieren:
Regeln, welche daran teilnehmen (are considered: kooperativ darin, Seiten einzunehmen und Perspektiven einzurichten) zu passieren, durchzugehen und durchgehen zu lassen. Man soll nicht nur den Blick auf das werfen, was passt, sondern auchauf das, was passiert, weil Normativität polar organisiert sein kann und durch bewegte und bewegende Formen laufen kann. Justitiabel (juridisch operationalisierbar) sind also unter anderem Regeln, die daran teilnehmen, Normativität zu durchgehen und durchgehen zu lassen - und das nach de Sousa Santos durch qualifizierte Organe in definierten Verfahren. Unter anderem, denn nicht nur Regeln sind Teil dieser Verfahren.
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fabiansteinhauer · 1 year
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Was ist ein Bild?
Das Bild ist ein umstrittenes und bestrittenes Objekt. Es ist unter anderem skalierbar, kann also in größeren und in kleineren Objekten, als größeres oder kleineres Objekt vorkommen. Es kann (hetero-)glossatorisch, also verschachtelt und geschichtet, als Bild-im-Bild oder als Bild-neben-Bild , Bild-unter Bilder, Bild-über-Bild etc. vorkommen.
Ein Bild ist nicht ein Medium, denn ein Bild kommt in unterschiedlichen Medien vor, zum Beispiel als Tisch, Mensch, Tier, Obstkorb, Landschaft, Stadt, Sprache, Zeichnung oder Malerei, sogar als Musik, als Bilder einer Austellung sind Bilder möglich. Es gibt Bilder, die blenden und Bilder in nicht-visuellen-Medien. Für das Bild gilt, was für Tafeln gilt (darum nennt man Bilder teilweise auch Bildtafeln oder schlicht Tafeln). Das Bild kann kleiner, als Tabelle oder Tablett vorkommen, es kann größer und komplexer vorkommen, als tab(u)linum oder gar tabulatorium (das ist nicht Modell des Hausarchives, sondern des Staatsarchives).
In der Institution Warburg ist es üblich, Tabellen als Bilder zu bestreiten, als Bilder wahrzunehmen, als Bilder einzurichten und auszuüben - et vice versa. Dass Aby Warburg die beiden Staatstafeln mit einem Protokoll beginnt, das tabellarisch und kalendarisch organisiert ist, das ist eine Übung, die auch in der Institution Warburg gepflegt wird. Deren Alltag ist von Tabellen besetzt. Consortienbücher, Depotbücher, Geschäftsjournale, Buchführungen, Kalender, Umrechnungstabellen etc.
In ihrem Archiv, also in Warburgs tab(u)linum, findet man sogar Tabellen, die mit einem Passepartout und einer Bildlegende sowie mit einem vergoldeten Rahmen aufgestellt oder aufgehängt werden. Solche Rahmen verwendet die Institution Warburg nicht nur für Tabellen, sondern auch für Bildnisse, also auch für Portraits. Heute würde man sagen: so rahmt die Institution Warburg menschliche und nichtmenschliche Akteure, so fabriziert sie Personen und Dinge. Das hat die Institution nicht von Aby Warburg, das Aby Warburg von der Institution, so werden Bilder und Tabellen auch schon bei Sara Warburg 'wahrgenommen, eingerichtet und ausgeübt'.
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fabiansteinhauer · 2 years
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Cache
1.
Was in der römischen Literatur tab(u)linum genannt wird, ist eine Formel für dasjenige, was am Conseil d'Etat salle de casier und in der deutschen Übersetzung der Analyse von Bruno Latour ein Fächersaal genennt wird. Das heißt, dass das tab(u)linum auch eine 'Formel' für das ist, wann man zum Beispiel cache nennt. Als Formel spielt das römische tabulinum nicht nur eine Begriffs-, Ideen -, Bild- oder Metapherngeschichtliche Rolle für die Geschichte der Kanzleien, Verwaltungen und ihrer Apparate. Es kooperiert dabei, alles das auch hervorzubringen: Begriffe, Ideen, Bilder, Metaphern und Geschichte selbst. Es ist ein Dispositiv. Das ist eine Formel, die weder Tradition noch Transmission garantiert. In Warburgs Sinne ist das eine Formel, in die man sich wie in eine Schlange einstellt, auf die man sich wie auf eine Schlange einstellt: die Verkettung ist 'ambigue', da kommt Zweideutigkeit soviel wie Eindeutigkeit vor, Kontinuität und Brüche kommen darin vor. Die Formel des tabulinum formatiert schon das, was das tabulinum speichert und überträgt, richtet aber keine gesicherten Referenzen ein. Alles, was hier gespeichert und übertragen wird, bleibt auch austauschbar, sogar verwechselbar. Im historischen Wandel laufen durch den Cache unterschiedlich dynamische, unterschiedlich träge Protokolle, die Verwaltung ist durchgehend historisch, eine römische Assoziation, z.B. eine Familie zu Plinius Zeiten ist etwas anders als z.B. der Conseil d' Etat. Alles ist detailiert, und im Detail ist alles anders, aber nicht ganz anders. Vor allem aber sitzen Austauschmanöver Austauschmanövern auf, das gilt nicht nur für juristische Referenzen wie persona, Augustus, Deo, Souverän, Subjekt und wieder Person. Autoren wie Bruno Latour, Yan Thomas, Marta Madero, Cornelia Vismann oder auch Aby Warburg, die sich für Linien römischer Asssoziationen interessieren, entwerfen Geschichte nicht als lebendige, (selbst-)erhaltende Ordnung oder gar System. Sie versprechen 'nur aber immerhin' etwas anders als "Befreiung, Überscheitung, Dekonstruktion oder Eigentlichkeit" (Manfred Schneider), etwas anderes als Ausdifferenzierungsschutz und Vernetzungsgerechtigkeit. Sie versprechen das entsicherte Wissen, das phanastische Artifizialität mit ihren Institutionen und ihrem Distanzschaffen liefern kann. Nicht mehr und nicht weniger, vor allem aber auch selbst weiterhin schichtbar, skalierbar, messbar und musterbar.
2.
Man kann einwenden, es gäbe aber doch den Conseil d'Etat, den pater familias und die römische Familie auch ohne tab(u)linum, es gäbe doch auch Amtsträger und ihre Stellung auch ohne Cache, sie würde doch auch an ihre Schreiben kommen und ihre Stellung auch so halten können. Die Welt sei doch von selbst logisch, von selbst so eingerichtet, dass das Allgemeine einen anderen Platz hätte als das Besondere, dass von selbst der Mensch allgemeiner wäre als Didier-Roland Tabuteau (der jetzige Vizepräsident am Conseil d'Etat) oder dass die Menschheit von selbst natürlicher wäre als der künstliche bezeichnete Tabuteau. Von selbst stünden höhere Dinge über niederen Dingen, die Geschlechter teilten sich von selbst, Tauben seien von selbst Tauben und keine Spatzen, April sei selbst April und Schreiben von selbst Schreiben. Die Kommunikation kommuniziere von selbst, das Recht daran und die Politik daran, die Wissenschaft daran seien alle selbst was sie seien.
Wenn das der Fall wäre, dann wäre das aber nicht mehr Teil einer Rechtsgeschichte, die, wie Yan Thomas formuliert, sich für die Operationen des Rechts, seine Artifizialität und Technizität bis ins Material hinein und darüber wieder hinaus interessiert, ohne ein Dogma der großen Trennung, ohne Evolution oder Ausdifferenzierung zu unterstellen. Wenn das alles der Fall wäre, dann wäre es nicht Teil jener Bild- und Rechtswissenschaft, nicht Teil jener Kulturtechnikforschung, die sich ohne große Trennung für Assoziationen und Stellenvertretungen interessiert, von denen sogar unsicher ist, wie gewichtig an ihnen das Symbolische, das Imaginäre oer das Reale ist, wie echt oder wie erfunden, wie eigen und wie fremd, wie idiosynkratisch und wie verbreitet diese Assoziationen sind. Alles das interessiert, aber nur als entsichert und nur im Detail: Man muss es jedes mal im Detail beschreiben und kann nicht daraus, das etwas einmal effektiv wurde, im nächsten Moment noch auf seine Effektivität schließen. Wenn schon die Seeligsten nichts fühlen von selbst und in der Götter Namen teilnehmend fühlen ein anderer soll, dann soll das auch für die Bild- und Rechtswissenschaft so sein. Etwas weniger Hegel, weniger Aufhebung, weniger System, weniger Stabilisierung von Verhaltenserwartungen, dafür etwas rheinischer, rauschender und auch mal ekstatischer. Etwas weniger in sich, dafür auch mal außer sich: Zumindest Polarforschung.
Was am pater familias und überhaupt an Familien, Amtsträgern, Institutionen, Assoziationen natürlich ist, das interessiert zwar auch. Es soll nicht behauptet werden, ein Ausstieg aus der Natur sei gelungen, da habe eine große Trennung stattgefunden. Aber auch im Hinblick auf Natur interessiert Natur involviert - und es interessiert weiter, wie dort Operationsketten noch die natürlichen Anteile an Vätern, Subjekten, Richterinnen oder sogar juristischen Personen übertragen, teilen und verarbeiten.
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fabiansteinhauer · 2 years
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Tafeln
1.
Tafeln sind skalierbare Operationsfelder. In juridischer Hinsicht dienen sie auf mehreren Ebenen dazu, Differenzen zu operationalisieren. Sie sind also Teil derjenigen Techniken, die Jhering mit einer älteren chemischen Metapher die "Scheidekünste" nennt. Man kann durch Tafel nämlich etwas unterscheiden, zum Beispiel sortieren: männliche Zapfen nach links, weibliche nach rechts. Wie Walter Ong an Ramus besonders gut beschreiben hat, kann man mit Tafeln das Allgemeine von dem Besonderen unterscheiden: diese Begriffe nach oben, jene nach unten, oder aber (wie vor allem bei Ramus) das Allgemeine nach links, das Besondere nach rechts, Klammern dazu, fertig. Man kann mit diesen Tafeln auf der Grundlage von Unterscheidungen etwas entscheiden, man kann auch etwas verabschieden, zum Beispiel ein Gesetz: Auf die Tafel, (Kontra-)Signatur noch dazu und schon ist ein Gesetz fertig und 'verabschiedet', also eine Differenz so operationalisiert, dass das Gesetz nun unberührbar geworden sein soll oder aber ein Abstand zwischen dem Gesetz und seiner Lektüre und Anwendung eingerichtet sein soll. Wer das Gesetz jetzt noch umschreibt, ändert das Gesetz damit nicht mehr, er legt es nur noch aus.
2.
Man kann mit Tafeln 'scheiden', man kann mit ihnen aber auch etwas schichten, messen und mustern. Anders als die Techniken, die eine Differenz so operationalisieren, dass dieser Operation wiederum ein binäres Schema gegeben werden kann und die Operation auch dem Satz der Identität, dem Satz des Widerspruchs und dem Satz des ausgeschlossenen Dritten folgen kann, sind das Techniken, die etwas stratifikatorisch, skalierbar und in Bezug auf Muster 'passend und passierbar' differenzieren und die darum Differenzen entweder mehr oder weniger als 'binarisierbar' operationalisieren.
Für das rhetorische Muster, das mit dem Begriff decorum verknüpft wird, reichen zwei Werte nicht und reicht es nicht nicht, entweder von einem hohen oder einem niedrigen Still zu sprechen. Wie hoch, wie niedrig, wie nüchtern, wie erregt: in vielerlei Hinsicht stellt sich die Frage. Es gibt Operationen, deren Binarisierbarkeit nicht hinreicht, sie genauer zu beschreiben, aber solche Operationen können auch Polarität operationalisieren. Dafür braucht man an dem Operationsfeld seine Wendigkeit, Kehrbarkeit und Skalierbarkeit.
3.
Juristische Methodenlehren konzentrieren sich häufig auf zwei Kulturtechniken, die sich um die Sprache, die Schrift und den Buchdruck entwickelt haben: Das Definieren und das Auslegen. Man diskutiert, welchen Einfluß die griechische Logik und die römische Rhetorik auf die Definition von Begriffen und auf ihre Anwendung hat, man diskutiert den Einfluss der Scholastiker, der Schule von Bologna oder aber von Savignys vier Canones der Rechtsauslegung.
Man kann beide Techniken hinreichend über die äußert reiche und komplexe Geschichte und Theorie des Scheidens beschreiben. Die juridische Kulturtechniken gehen aber weiter, weil sie auch schichten, messen und mustern. Worauf schon Aby Warburg aber auch Bernhard Siegert aufmerksam gemacht hat, entwickeln sich diese Kulturtechniken eher um Bilder und Zahlen. Mit Bildern sind dabei nicht nur Ikonographien gemeint, sondern auch die nieder Gebrauchsgraphik, also Tafeln oder Tabellen etc. In meinen Worten: solche Kulturtechniken entwickeln sich auch über Polobjekte. Warburg beobachtet das besonders an dem Material der Dogmatiker der Zeit, also zum Beipsiel am Material der Astrologen und der Computisten, also am Material von Dogmatikern, deren Interesse an einer verbindlichen Ordnung der Zeit sowohl in den Mythos als auch in die 'reine rationale' Berechenbarkeit reicht und die ebenfalls, also wie etwa Zivilrechtler oder Strafrechtler, nicht nur auf Kausalität und Normativität angewiesen sind, sondern auch auf 'Effektivität'. Man muss etwas vor das Gesetz stellen, damit das Gesetz eindringlich wird. Das Gesetz braucht eine Struktur der Referenzialität (Türen und Türhüter), Äußerlichkeit und Wahrnehmbarkeit. Das gilt für das Gesetz 'doppelt beiderlei Gesetzlichkeit', also sowohl für das 'Zivilrecht und das kanonische Recht' als auch für die Naturwissenschaft und ihre Gesetze. Das gilt zumindest noch in Aby Warburgs Kosmos so, ob das heute noch so gilt, das ist eine Frage, aber keine rhetorische Frage.
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