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rathertomorrow · 5 years ago
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Leider schlecht III
An sich finde ich es gut, dass das Thema Sexismus und sexuelle Gewalt gegen Frauen es anscheinend endlich in den Fokus deutscher Popkultur geschafft hat. Fragwürdig ist aber zunächst einmal der Weg, den diese Message nehmen musste. Ein so ernstes und die Hälfte der Menschheit direkt betreffendes Thema in ganzen 15 Minuten Sendezeit einer Sendung zweier weißer Showbiz Männer, auf einem Kanal der sonst mit Sendungen wie Germanys Next Topmodel die versexualisierung von Frauen anheizt anzusprechen wirkt unauthentisch und und kann von mir unter den Rahmenbedingungen schon kaum ernst genommen werden. Sich mit der Ansprache einer „Randgruppenproblematik“ Ablass zu erkaufen und sein Image aufzubessern wirkt herablassend und beleidigend auf alle Opfer der Thematik, und diejenigen, die täglich versuchen die Problematik zu bekämpfen. Eine Problematik, die die Ausgeburt jahrhundertelanger Unterdrückung der halben Menschheit ist, scheint nur schwierig auf die gönnerhaft wirken wollenden 15 Minuten herunterbrechbar.
Auch schwierig ist die Herangehensweise, der Geschichte einen Enthüllungs- und „Horror“ Charakter zu geben. Ein Sachverhalt, der für beinahe alle Frauen Alltag, und nicht bahnbrechender Skandal ist, wird dadurch auf ein Podest gehoben, auf den er nicht gehört. Sexismus geschieht jeden Tag. Er ist sichtbar, strukturell und überall. Übrigens passieren die in Video aufgezeigten Dinge nicht nur hübschen, erfolgreichen, jungen weißen Frauen, sondern auch Frauen anderer ethischer Herkünfte, Sexarbeiterinnen und Burkaträgerinnen. Im Gegenteil: In vielen anderen Kulturen sind Penisbilder zu bekommen ein Luxusproblem, da Frauen mit der strukturellen Entmündigung durch die Gesellschaft zu kämpfen haben oder auch mit Bedrohungen wie Ehrenmord. Das Narrativ ist nicht divers genug gewählt, sicher nicht, um den ohnehin schon von dem Thema unangenehm berührten Zuschauer nicht noch mehr zu provozieren.
Vor allem bei den schockierten Reaktionen auf das Video schwingt ein beklemmendes „Wir haben von nichts gewusst“ Narrativ mit. Wirklich unverständlich scheint eine auch nur annähernd schockierte Reaktion auf die Inhalte. Ist es im Jahr 2020 wirklich noch erschreckend, dass Frauen täglich vergewaltigt und versexualisiert werden? Die Aussage, dass die Inhalte schockierend sein sollen, ist ignorant und herabsetzend gegenüber allen Frauen die täglich strukturelle Gewalt und Benachteiligung durchleben. Den gewünschten „Schock“ Effekt, der so verheißungsvoll anmoderiert wird bleibt aus. Es ist nichts neues an den Informationen. Im Gegenteil: Schockierend wäre beispielsweise der Hinweis auf über 200 Femizide die letztes Jahr in Deutschland begangen wurden oder die strukturelle Unterdrückung eines ganzes Geschlechts in legislativen Hierarchien. Leider scheint diese Information für die 15 Minuten Sendezeit nicht relevant genug. Stattdessen bekommen wir männliche Genitalien zu sehen, und das Geschlecht wird noch einmal offiziell, von prominenter Seite darauf aufmerksam gemacht, dass solche Bilder wirklich unschön sind. Schockierend!
Es scheint unpassend, dass ein so wichtiges Thema erst durch die Güte zweier weißer Männer und deren PR-Team in die Mitte der Gesellschaft gerückt werden soll. Wieso muss erst ein solches Medium das Thema ansprechen, damit Frauen sich scharenweise dazu entscheiden ein Video das Sexismus anprangern soll in ihre Instagram Story zu posten. Die Auseinandersetzung mit der Kontroverse scheint dadurch unauthentisch. Nur weil eine Meinung von zwei weißen Showbiz Männern zum Konsens erklärt wurde, ist sie auf einmal teilenswert?
Wirklich stark und mutig von zwei jüngst selbst in die Kritik geratenen Männern sich so einem kontroversen Thema zu widmen!
Für 24h hat eine Frau, die sich sonst ja nicht mit „so Frauenthemen“ beschäftigt, dann keine Angst als unfickbare Feministin dazustehen, denn das Video haben ja schließlich auch Männer geteilt.
Feminismus ist laut und unangenehm. Feminismus ist leider kein 15 Minütiges Video, in dem sich zwei weiße Pop-Kultur Könige aus PR gründen damit schmücken, sich im deutschen Fernsehen getraut gesagt zu haben, dass Vergewaltigung falsch ist, und dass Schwanzbilder echt doof sind.
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rathertomorrow · 6 years ago
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Be my head
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ich hab dir nie gesagt, wie es für mich war, als du gestorben bist. Als ich es erfahren hab konnte mein Gehirn die Information nicht verarbeiten, nicht aufnehmen. Ich wusste nicht, was es heißt, wenn jemand stirbt. Und ich wusste nicht, dass ich dich jemals verlieren würde. Zu oft hatten wir darüber geredet, wie wir uns wieder sehen, wenn wir beide herausgefunden haben, was wir im Leben nicht wollen. Zu oft, hab ich mich gefragt was du machst und wie weit du wohl kommst. Vielleicht wärst du nicht ASAP geworden, wie wir es uns immer vorgestellt hatten in den Nächten im Zelt und den Nachmittagen im Bett von Joeys Schwester.
Erst hast du über mich gerappt.
Ich erinnere mich noch, an den ersten Tag, an dem du Morgens, in der Schule zu mir kamst und sagtest: Joey und ich, wir haben gestern gerappt. Du hast es mir erzählt wie ein kleines, aufgeregtes Kind, was grade zum ersten mal Riesenrad gefahren ist. Erst war es irgendwie nur ein Witz. So nach dem Motto; ich bin immerhin schwarz, alle schwarzen Kids müssen irgendwann mal rappen. Aber eigentlich bin ich zu schlau dafür. Eigentlich bin ich in einer Indie Band mit meinen beiden besten Freunden aus der Middle School. Eigentlich bin ich nicht dieser schwarze Junge im Basketball Jearsy und der Snapback. Eigentlich gehe ich auf eine Privatschule. Eigentlich trage ich Hosenträger und Kordhosen, färbe mir die haare blond und weine am Ende von „Of Mice and Men“. - Oder dachtest du doch, du müsstest das sein, was dein Schicksal immer versucht hat aus dir zu machen?
- Eigentlich weil mein Papa abgehauen ist bevor ich alleine aufs Klo gehen konnte. Eigentlich weil meine Mama erst 16 war als sie mich bekommen hat. Und jetzt muss sie 40 Stunden die Woche an einer Bar stehen und sich von Männern anfassen lassen, damit du später mal aufs Community College gehen kannst. Könntest. Gekonnt hättest. Du hättest gekonnt weil obwohl du das schwarze Kind ohne Dad, mit Teenie Mom ohne High School Abschluss warst, nicht das Bild warst, was das Schicksal aus dir gemalt hat. Du warst der Physik Nerd, du hast mir mit Fingerfarben den Pferdekopfnebel auf Leinwand gemalt. Du hast mir bei gebracht wie man Musik macht. Du hast mir meine erste Ukulele geschenkt, mein erstes Skateboard. Dustyn, du bist alles, jede einzelne Sache, die ich jemals sein wollte. Du bist nicht der Junge von der Straße im schwarzen Kaputzenpulli der noch am Tatort stirbt. Noch am Tatort. Die Kugel Springt von deinem Schlüsselbein direkt durch deine Rippen und durchfährt deine Lunge. Du erstickst an deinem eigenen Blut, weil du dich im Zimmer von deiner weißen Freundin versteckt hast. Weil du ASAP sein wolltest? Weil du an diesem einen Tag mit Joey diese Idee hattest, dann Soundoff gewonnen hast und auf einmal ganz Seattle wusste wer du bist? - Nein. Du wärst auch gestorben als Community College Student, mitten im Physik Studium, mit den besten Aussichten und einer stolzen Mom. Auch so hätte dich die Kugel vom Vater deiner schönen, schlauen weißen Freundin getroffen, weil du dich in ihrem Schrank versteckt hattest. Du warst nicht Schuld an deinem Tod, Niemand, nicht deine Mama, weil sie immer auf der Arbeit war und nie nach dir schauen konnte, nicht HipHop. Du bist gestorben, weil man in Amerika Waffen haben darf, und ein Ex Marine nicht dafür ins Gefängnis kommt, wenn er seine schöne. Schlaue, weiße Tochter, vor dem bösen schwarzen Mann beschützen will. Du warst für mich immer der Inbegriff davon, dass man in Amerika, wenn man es nur will, alles schaffen kann. Bis zum Ende. Jetzt bleibt deine Musik und jedes einzelne Wort. Neulich hast du mir im Traum Hallo gesagt und ich weiß, du hättest gerne gelebt um die Welt mit mir brennen zu sehen.
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rathertomorrow · 6 years ago
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Weiße Wand II
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„und dann braucht man auch noch zeit um einfach da zu sitzen und die wand anzuschauen“
das hat astrid lindgren gesagt. mir war die allumfassende bedeutung dieser aussage nie bewusst.
Die weiße wand als etwas betrachtenswertes zu sehen, ist eine tugend, die nicht jeder beherrscht.  
Um in der weißen wand eine unübertroffe schönheit zu sehen, muss man der hässlichkeit der welt sehr lange und tief in die augen geschaut haben.
Die weiße wand; der heilsamste anblick der welt für ein auge, was in abgründe geblickt hat, die es nie zu sehen verlangt hat. Bilder ziehen vorbei. Die weiße wand ist eine leinwand, auf die wir alles projezieren, was nur dieser visuellen nicht beanspruchung entspringt. Der blick auf die weiße wand; immer wie eine persönliche kleine tagesschau, nur weniger faktenlastig.
Bei der symbolik der weißen wand geht es um leere, um neuanfang, um jungfräuliche gedanken. Es gibt nichts unschuldigeres als die weiße wand, und nichts schuldigeres als das, was der blick auf sie, unser inneres auge sehen lässt.
Die weiße wand wertschätzen zu können, ist eine fähigkeit die ich um keinen preis abgeben wollen würde. Denn der weg dort hin, war alles, was mich jemals bewegt hat.
Das hier ist eine geschichte die von gewalt handelt, und eine liebserklärung an weiße wände.
Bevor man die weiße wand lieben kann, muss man sich sehr weit von ihr entfernt haben. Man muss die wand vollgehangen haben mit fotos und kalenderblättern. Mit worten und bildern überdeckt haben, bis kein bisschen mehr von ihr zu sehen ist. Man muss sich eingebaut haben in einem konstrukt aus eindrücken und wahrnehmungen. Bis man kein weiß mehr sieht. Je mehr zeit vergeht, desto näher rücken die Wände um einen zusammen. Und die bilder, die auf den ersten Blick so schön und wie eine gute idee schienen schreien jetzt eifersüchtig nach augenkontakt. Egoistisch will jedes Wort jeder Spruch ständig gelesen werden. Und auf einmal fällt auf; die Fenster sind zu. Man hat sich plötzlich und doch so unauffällig langsam einsperren lassen von allem, was man auf den ersten blick für liebe gehalten hatte. Und jetzt merkt man plötzlich, dass man nicht mehr herr seiner eigenen schöpfung ist. Die tür liegt in scherben und die weiße wand weint leise durch die kunstseide der falschen bilder und worte hindurch. Die scherben haben tief geschnitten und das weiß ist jetzt rot. Man hat sich geschlagen gegeben? Nein, man ist entkommen. Man hat alles nieder gerissen um sich von der weißen wand wieder in den arm nehmen zu lassen. Man notiert sich zitternd: Ist etwas hässlicher ist als eine weiße wand, so hat es keinerlei Existenzberechtigung.
Und mit ein bisschen weitsicht, und ein paar blicken an die weiße wand, weiß man auf einmal wieder was liebe ist.
Liebe ist 8 sein, oder 7 und sonntags sendung mit der maus gucken und fischstäbchen essen. Die aussicht von papas schultern, das erste mal nachts heimlich raus und pascal treffen. Liebe ist der geschmack von morio muskat und eine drei in mathe schreiben. Und einmal um die Welt ohne Geld. Liebe ist sex mit fremden und das erste mal so richtig verletzt werden. Liebe ist keine sach und lach geschichte, liebe tut weh und schmeckt nach kotze und blut.
Dennoch, ist liebe nicht; „wo bist du“, und „mit wem“, und „wieso hast du heute abend keine zeit?“
Sie ist nicht; „ich fass dir im club an den arsch damit alle sehen wem du gehörst.“ Liebe besitzt dich nicht, liebe ist nicht, „geh nicht in dem kleid zur arbeit, da schauen dir alle auf die titten.“, „Wieso machst du dich so schön, ihr seid doch nur freunde. Oder etwa nicht?“ - oder etwa nicht.
Liebe ist blut, aber nicht das,was dir langsam und warm den hinterkopf runter tropft, wenn er ihn zum 16. mal gegen die wand schlägt.
Liebe ist anders. Liebe ist kein beziehungskonzept, kein haben begriff. Liebe ist ein gefühl. Liebe ist sonntags die zeitung lesen. Und froh sein, dass man alleine aufwacht – weil der ewige „oder etwa nicht“ nicht mehr da ist. Und allein sein, mit der weißen wand, die nicht fragt wo man gewesen ist und wieso. Und ob dieser timo eigentlich auf einen steht.
Liebe ist die leere und die ruhe nach dem sturm. Und das ist die weiße wand. Der ewige stille, nichtssagende betrachter, zuhörer. Fast tröstend legt sie sich um einen, wenn einen sonst nichts mehr berührt. Und fragt nicht. Sieht und versteht.
Und wenn man alles richtig gemacht hat, kann man irgendwann wieder anfangen die weiße wand zu behängen. Diesmal mit den richtigen sachen. Schöne bilder, worte von liebe und kein „oder etwa nicht“. Morio muskat geschichten, und auch welche mit blut und kotze. Aber nie wieder den goldenen käfig. Nie mehr bilder, die man vorher nicht ganz genau angeschaut hat. Nur solche, bei denen man sich sicher ist; ja, du bist schöner als die weiße wand. Irgendwann braucht man die weiße wand vielleicht nicht mehr so oft als stillen zeitgenosse. Aber egal was kommt, jeden abend tagesschau. Das ist das Geheimnis der Liebe zur weißen wand; Wer sie wertschätzt, ist sehr wählerisch in dem, womit er sich umgibt. Und das ist eine Lebensqualität, die sich nicht aufwiegen lässt. Weiß ist die schönste Farbe. Danke wand.
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rathertomorrow · 6 years ago
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Sach- und Lachgeschichte
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Als Kind, das nicht geschlagen wurde und nur KIKA schauen durfte, besitzt man eine Verletzlichkeit, die durch fast nichts unterboten werden kann.
Man wächst auf, und ist sich der Hässlichkeit der Welt in keinster Weise bewusst.
Alle Sach- und Lachgeschichten sind gelogen.
Man liest die Bravo und denkt; Lisa (17), die fragt, was sie tun soll, wenn ihr Freund sie schlägt, - das ist völlig abstrakt. Das betrifft mich nicht. Leute die sich gegenseitig weh tun, das gibt es nur im Krimi und in der Tagesschau. Aber nicht bei mir zuhause.
Man tut es ab, sortiert es aus, nimmt axiomal an, dass man selbst niemals mit dieser Problematik konfrontiert werden wird. Denn man passt nicht ins Raster.
Gewaltopfer? Das sind doch Frauen die Drogen nehmen und sich Männer aussuchen, die schon so aussehen. Nicht ich; emanzipiert, schlau und sich ihrer selbst im vollsten Maße bewusst.
Ich dachte einen Mann, der mir etwas Böses will rieche ich 100 arrogante Blicke gegen sein Aftershave.
Bis der Tag kam, an dem das Gegenteil mir ins Gesicht Schlug.
M war sehr dünn und kaum größer als ich. Er machte irgendwas mit Design. Er fuhr einen Golf, manchmal Skateboard. Er kümmerte sich um seinen kranken Vater und konnte gut Nudeln mit Tomatensoße. Er konnte vieles gut. Er war 23 und völlig normal. Als mein 17 Jähriges Ich ihn auf dem Konzert ansprach, hätte ich niemals erraten, wie wir beide enden würden.
Und dennoch meinte ich im Nachhinein es besser gewusst haben zu können.
Jede zweite Frau war oder ist Gewaltopfer. Das heißt zwingend, dass sich einige davon in meinem Dunstkreis befinden. Aber  ich? Ich; Zahnarzttochter, hochbegabt, und nichts, was gegen eine strahlende Zukunft spricht.  Mein Leben – eine einzige Sach- und Lachgeschichte. Bis dahin.
Bis mein Kopf sich immer schneller der kalten, unnachgiebigen Wand nähert. Sprachtalent, 1 im Abi, Gewaltopfer.
Was ich mich als nächstes fragte: Hätte ich mich schützen können?
Bei der Suche auf die Antwort dieser Frage habe ich versucht alle Eventualitäten zu berücksichtigen.
Aber bevor man sich mit Sympthomatiken oder Schuldzuweisungen beschäftigt, sollte man nach dem Grund suchen, oder wenigstens nach dem Ursprung des Dilemmas.
Wieso tut M, 23, Produktdesigner so etwas. Den Grund kurz zu fassen fällt schwer und scheint der Situation nicht gerecht zu werden. Doch ein Wort passt besonders gut: Schwäche.
Die Pamflete der Polizei für Opfer häuslicher Gewalt hat recht: „Gewalt ist schwach“
Kommt ein Mann in eine Situation in der er sich mit seinen intellektuellen Waffen seinem Gegenüber nicht mehr ebenbürtig fühlt und seiner Stärke durch Worte keinen Ausdruck mehr verleihen kann, greift er auf ein Mittel zurück, welches ihm von der Gesellschaft zwar als eine unerwünschte, aber dennoch mögliche alternative antrainiert wurde: Gewalt.
M und ich haben manchmal, noch Kontakt. Jahre später fiel der Satz: „Es gibt keinen Tag, an dem ich mich nicht für das hasse, was ich dir angetan habe.“ - Und ich glaube ihm.
Nicht weil ich schwach bin, oder es für ein Kavaliersdelikt halte, sondern weil ich ihn nicht als einen Gewaltbereiten Unmensch in Erinnerung halten möchte, sondern als einen Mann, von dem ich sehr viel gelernt habe. Ich bin Ihm jeden Tag dankbar, für das was passiert ist, da er mich davor bewahrt hat, den größten Fehler meines Lebens zu begehen, indem ich diesen Mensch unter falschen Annahmen zu meinem Ehemann gemacht hätte. Ich glaube ich habe sehr viel Heilung darin gefunden mir klar zu machen, wie schwach M war und ist.
Im Nachhinein ist mir bewusst, dass unser Verhältnis schon die ganze Zeit ein sehr starkes Gefälle aufgewiesen hat, für welches ich nie Empfänglichkeit hatte.
Ich war die Abiturientin, angehende Akademikerin aus der Großstadt. M, aufwachsen ohne Mama, ein kranker Vater der ihn schlägt, immer grade so versetzt, Dorfjugend. Er konnte sich in seinem Leben nie behaupten, während ich kaum jemals in die Verlegenheit kam, dies tun zu müssen.
Immer Rückhalt meiner Familie, belesen, bereist, beliebt. Er sah in mir sicherlich viele Dinge, die er bei sich selbst als Defizite vorfand. Es war fast so, als wolle er sich meine Schönheit und Stärke zu Eigen machen. Er absorbierte mich, um seine Schwächen kompensieren zu können.
Doch es gelang ihm nicht. Ich wollte nicht das Pflaster seines Weltschmerzes sein, und ich konnte auch nicht.
Ich lebe um meines Selbst Willens, und nicht, um ein besonders hübsches, hilfloses Mädchen zu sein, mit dem er seine sinkende Titanic schmückt.
Doch still und leise machte er mich dazu, und alle merkten es, außer mir, vor lauter Liebe.
Der Schlag der mich weckte, war wahrscheinlich der einzige Weg zur Selbsterkenntnis. Wäre es auch nur ein kleines bisschen weniger schlimm gewesen, hätte ich weiter geschlafen. Ich glaube nicht, dass ich es auf einem Anderen Weg jemals verstanden hätte. Niemals wäre ich freiwillig von diesem sinkenden Schiff gesprungen. Und ich bin froh und erleichtert, dass er mich am ende nicht vor die Wahl stellte, und mich einfach hinunter schubste.
Die Kunst darin, kein Opfer zu werden, besteht also darin, den Moment zu erkennen, in dem es sinnvoll ist zu springen; in ein Rettungsboot zu steigen. Bevor man geschubst wird, oder noch schlimmer, bevor man in den Tiefen versinkt, ohne den Untergang überhaupt kommen gesehen zu haben.
Und trotz aller Analyse und Beschuldigung kann man eines in diesem Zusammenhang niemals tun: Dem Opfer die Schuld zuweisen.
Häusliche Gewalt ist so vieles, aber vor allem ist sie eins: Schwach.
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