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#Exzellenz eine Wiesbadener Kariere
taunuswolf · 4 months
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PETER HEILIGENTHAL – ZU LEBZEITEN VERKANNT – HEUTE FAST VERGESSEN
Vor 25 Jahren starb in Wiesbaden der Historiker, Verleger, Schriftsteller und Buchhändler PETER HEILIGENTHAL (1940-1999).  Mit der Novelle „Exzellenz – eine Wiesbadener Kariere“ die wenige Jahre vor seinem Tod 1994 erschien, hätte er fast einen Skandal ausgelöst, denn die darin vorkommenden Personen waren trotz fiktiver Namen leicht zu identifizieren. Mit ein wenig Glück und vor allem guten Beziehungen zu den Granden des Literaturbetriebes wäre aus Peter Heiligenthal vielleicht ein zweiter Thomas Bernhard (Holzfällen) geworden, so aber blieb das als Paperback in einem Kleinverlag erschienene Meisterwerk mehr oder weniger ein lesenswerter Geheim-Tipp, ein Schelmenroman, der es verdient hätte in die Bestsellerliste aufgenommen zu werden. Ein zweiter biografischer Roman, der sich vor allem mit der schwierigen, stellenweise traumatischen Kindheit des Autors befasste, blieb leider ein Fragment.
Peter Heiligenthal, geboren im September 1940 in Darmstadt verlor bereits mit drei Jahren seinen Vater. Der Offizier starb während eines Fliegerangriffs auf dem Weg zu seiner Familie, als er gerade seinen kurzen Heimaturlaub antreten wollte. Ein zweites einschneidendes Erlebnis war der Aufenthalt in einem katholischen Internat, wo der 10jährige schwere körperliche und seelische Misshandlungen erlebte, die ihn zeitlebens beschäftigten. Nach der Schulzeit studierte Heiligenthal in Münster Geschichtswissenschaften und war an einem Forschungsprojekt über die Wiedertäufer beteiligt. Trotz seines enormen Engagements an der Universität blieb ihm die akademische Laufbahn der Alma Mater verwehrt. Heiligenthal wechselte in die Verlags-Branche. Mit der Neu-Herausgabe von Daniel Paul Schrebers „Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken“ gelang dem inzwischen Wahl-Wiesbadener 1973 ein Achtungserfolg, für den sogar der SPIEGEL lobende Worte fand.               
Peter Heiligenthal war der Typus des so gut wie ausgestorbenen humanistischen Universalgelehrten. Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie, Literaturwissenschaft, Theologie, vergleichende Religionswissenschaften bis hin zu Mystik und Okkultismus; es gab kaum ein Gebiet im Bereich Geisteswissenschaften in dem der Buchhändler und Antiquar sich nicht auskannte. Von Peter konnte jeder etwas lernen. Der Stammgast des legendären BUMERANG in der Wellritzstraße war oft umringt von jungen Zuhörern, die im Dauerqualm der Reval ohne Filter an seinen Lippen hingen. Dass er gesundheitlich schwer angeschlagen das Millenium nicht mehr erlebte, war absehbar aber dennoch für viele ein Schock. Er war eine Institution innerhalb der Buchhändler-Brache und ein Spezialist in Sachen literarischer Kostbarkeiten und Raritäten. Die Beziehung zu seinen Mitmenschen war nicht immer einfach. Nicht jeder konnte mit seiner ehrlichen, direkten, manchmal schroffen Art umgehen.  
Zur Beerdigung auf dem Südfriedhof erschienen viele Kollegen, Freunde und Bewunderer. Die Grabrede hielt ein ranghohes Mitglied des Mainzer Domkapitels. Peter Heiligenthal ist das Klassische Beispiel für einen Menschen, der sich nicht verbiegen lassen wollte und dann letztendlich an seinem Idealismus scheiterte. Sein 120 Seiten langer Schelmenroman ist auch nach 30 Jahren ein zeitloser Genuss. Wer Autor und Buchtitel eingibt, stößt auf zahlreiche Onlineangebote im antiquarischen Buchhandel.                 
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