Tumgik
#the link to Intro looks a bit shady bc the website is expired but i promise it IS actually from there i didn't make it up
tiesandtea · 4 years
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Brett Anderson of Suede photographed by Sandra Stein. Featured in the German music magazine Intro, posted on its website on 27th September 2002. 
An interview with Brett and Mat that was done during their one day A New Morning press trip to Germany. Written by Alexander Jürgs. 
Original text in German under the cut. It actually says some nice words about ANM! The Suede, though. (Deleted that myself.)
Im richtigen Leben angekommen
Hype. Keiner erzählt so schön von ihm wie die britische Musikpresse. Keiner hievt Newcomerbands so hoch in den Pophimmel wie die Redakteure des NME: vom Proberaum zu "Top Of The Pops" in einem Stolpern. Was den britischen Musikjournalismus so besonders macht, ist, dass er sich so emphatisch für Musik begeistern kann, dass er den Mut zur Entscheidung besitzt, eine vollkommen unbekannte Band aufs Titelblatt zu heben und zu loben, bis die Balken krachen. Begeisterung im Superlativ. Remember The Vines. Remember The Strokes.
Remember Suede. 1992 schaffen sie es als unbekannte Newcomer auf den Titel der mittlerweile eingestellten, damals mindestens zweitwichtigsten britischen Musikzeitschrift Melody Maker. Obwohl (oder gerade weil) die Band bis dahin noch keine Platte veröffentlicht hatte, heißt die Headline: "The best new band in Britain".
Die Nachricht von den neuen Helden des Britpop verbreitet sich naturgemäß wie ein Lauffeuer. Nach drei Singles bringt die Band 1993 ihr Debütalbum raus - und steigt auf Platz Eins der Charts ein. Diese junge, neue Band ist sexy, ihre Mitglieder sehen entsprechend gut aus, es gibt Frauengeschichten zu erzählen (Sänger Brett Anderson ist kurz mit Justine Frischmann liiert, die später Elastica gründen und mit Damon Albarn von Blur zusammen sein wird), kurzum: diese Band ist so erfolgreich, wie sie eben nur sein kann.
Glamour ist der große Traum von Pop, und Suede leben ihn mit ganzer Seele. Sie geben sich androgyn, es sind die Tage, in denen Männer ganz selbstbewusst Kajal und Lidschatten auftragen. Euphorie und Aufbruch erstrahlt aus ihren Songs, aufgedreht und überdreht. Suede leben den Hedonismus der Neunzigerjahre perfekter als alle anderen. Ich bin ich, und ich will Spaß, Spaß, Spaß. Das ganze Rock'n'Roll-Leben, Suede genießen es. Drogen, Ekstase, Sex, Boulevard - es wird mitgenommen, was mitzunehmen ist. Und dann gibt es natürlich auch das: Streit in der Band, Zerwürfnisse, bitteres Ende von Männerfreundschaften. Bei den Aufnahmen zum zweiten Album "Dog Man Star" trennt sich Bernard Butler, musikalischer Kopf der Band, von Suede. Weitere Rauswürfe folgen.
Die fabelhafte Welt des Brett Anderson
Und heute? Die fetten Jahre sind vorbei, in jeder Hinsicht. "Das ist eine typische Journalistenlüge: Die Platte hat nicht eine Million Pfund gekostet", stellt Bassist Mat Osman gleich am Anfang des Interviews klar, "sie hat weniger als die Hälfte gekostet, viel weniger als die Hälfte." Mat Osman und Sänger Brett Anderson sind für einen Promotiontag in Deutschland, alles muss schnell gehen, 30 Minuten und eineinhalb Liter Evian pro Reporter. "Ich bin jetzt im richtigen Leben angekommen, keine Drogen mehr, kein Alkohol mehr, nicht mal Zigaretten - das verändert einen", sagt Brett Anderson. Die fetten Jahre sind vorbei, die guten fangen gerade an. "A New Morning", das neue Album von Suede, ist bemerkenswert. Man hört der Platte sehr genau an, dass die Band sich verändert hat, dass es einen Bruch gegeben hat. "A New Morning" ist ein großartiges Werk, vielleicht kein Meisterwerk, aber wer will das schon so genau sagen, so kurz nach Erscheinen. "A New Morning" ist viel mehr Songwriting als früher, weniger Klamauk und Glamour, weniger Elektronisches, weniger Keyboards als noch bei "Head Music", dem letzten Suede-Album, das vor drei Jahren erschienen ist.
Sie haben lange an der Platte gesessen, lange in eine Sackgasse hinein produziert. Der zunächst engagierte Produzent Tony Hoffer, der mit Beck "Midnight Vultures" aufgenommen hat, wird irgendwann und wohl viel zu spät entlassen und durch Stephen Street ersetzt. Street hat schon für die Smiths, Blur und die Cranberries gearbeitet und schafft es, dass "A New Morning" klingt, wie die Band sich das wünscht und sich selbst jetzt gerne sieht: einfach, natürlich, ehrlich. Anderson und Osman wiederholen diese Begriffe wie ein Mantra. Als ob sie sich selber noch überzeugen müssen, dass das jetzt ihre neue Welt ist, in der sie sich bewegen und in der sie sich wohl fühlen. Auf meinen Notizen stehen unzählige dieser Sätze: It's a simple record. It's a natural record. It's more much honest. Just me and my guitar.
"Hast du 'Die fabelhafte Welt der Amélie' gesehen?" fragt Brett Anderson. Er liebt die Figur der Amélie aus Marc Jeunets wunderbarem Film, sie ist ihm zum Vorbild geworden. Er mag, wie sie auf das Leben blickt, wie sie durch Paris zieht und sich an den einfachen Dingen erfreut. Er mag, dass ihr Ruhm und Geld nichts bedeuten. Es wirkt rührend, wenn er das erzählt. Und absurd. Weil Brett Anderson es nicht schafft, dich nicht arrogant anzugucken. Weil er den Dandy nicht an der Garderobe abgeben kann wie einen alten Hut.
Britpop Is Coming Home
Natürlich sind Suede noch die Alten. Natürlich haben ihre Songs noch immer diese grandiose Euphorie in sich, wie sie nur der gute alte Britpop kennt. Natürlich bereuen sie gar nichts. "Ich war es leid, berühmt zu sein", sagt Anderson, "aber versteh' mich bloß nicht falsch. Ich bin keiner dieser Idioten, die heute sagen: 'Ich wollte das alles nicht.' Ich bin keiner dieser Idioten, die sich beschweren, wenn sie auf der Straße fotografiert werden oder mit Fans reden müssen. Wir haben nie eine Rolle gespielt. Ich war immer ich selbst. Das war vielleicht eine extreme Version von mir, die da in der Öffentlichkeit stand, aber diese Person war definitiv ich. Ich habe den ganzen Scheiß geliebt, ich habe es einfach geliebt, berühmt zu sein." Und Mat Osman fügt hinzu: "Dieser Hype um eine neue Band, das ist so typisch britisch. Die Hälfte der Leute liebt dich abgöttisch, die anderen hassen dich. Für uns war die Sache großartig. Es hat uns geholfen, dass wir schnell bekannt geworden sind. Wir haben ja am Anfang niemanden gekannt, und auf einmal hatten wir diese großartige Presse. Ein paar Leute haben unsere Sachen gehört - und wollten uns groß machen. Und gleich darauf heißt es: 'They are sleeping with journalists.' Die Kehrseite des Hypes ist, dass du im Rampenlicht stehst, ohne dass die Leute Zeit gehabt hätten, dich wirklich kennenzulernen."
Suede sind zurück im großen Spiel. Die beachtliche Leistung von "A New Morning" ist, dass hier eine Band wieder zusammengefunden hat. Fünf Jungs, die gemeinsam Musik machen, gemeinsam spielen, gemeinsam eine Platte aufnehmen und bald auch wieder gemeinsam auf Tour gehen wollen. So banal, so schön. Den Zeitgeist treffen sie damit auch: Die klassischen Bands, die Geschichtenerzähler sind wieder da, während die Ära der elektronischen Musik ihren Zenit eindeutig überschritten hat. Gerade in England spürt man diesen Umschwung. Die großen Clubs wie Ministry Of Sound und Cream suchen ihr Publikum mittlerweile recht vergeblich, "Rezession auf dem Dancefloor" benennt Raphael Honigstein das Phänomen in der Süddeutschen Zeitung treffend. Auch aus Ibiza vermelden die britischen Partymacher erstmals rückgängige Besucherzahlen und Laune. Von den Bands des Britpop dagegen hört man nur Gutes: Oasis wieder vereint und erfolgreich, das neue Supergrass-Album wird vielerorts als sensationell abgefeiert. Und Suede - mit "A New Morning". "Du kannst jeden Morgen aufstehen und ein neues Leben beginnen", beschreibt Brett Anderson den Albumtitel und sein neues Lebensgefühl. Und wir dürfen dabeisein, daran teilhaben. Wie heißt der Hit der Platte? "Positivity".
Hype. Keiner erzählt so schön von ihm wie die britische Musikpresse. Keiner hievt Newcomerbands so hoch in den Pophimmel wie die Redakteure des NME: vom Proberaum zu "Top Of The Pops" in einem Stolpern. Was den britischen Musikjournalismus so besonders macht, ist, dass er sich so emphatisch für Musik begeistern kann, dass er den Mut zur Entscheidung besitzt, eine vollkommen unbekannte Band aufs Titelblatt zu heben und zu loben, bis die Balken krachen. Begeisterung im Superlativ. Remember The Vines. Remember The Strokes.
Remember The Suede. 1992 schaffen sie es als unbekannte Newcomer auf den Titel der mittlerweile eingestellten, damals mindestens zweitwichtigsten britischen Musikzeitschrift Melody Maker. Obwohl (oder gerade weil) die Band bis dahin noch keine Platte veröffentlicht hatte, heißt die Headline: "The best new band in Britain".
Die Nachricht von den neuen Helden des Britpop verbreitet sich naturgemäß wie ein Lauffeuer. Nach drei Singles bringt die Band 1993 ihr Debütalbum raus - und steigt auf Platz Eins der Charts ein. Diese junge, neue Band ist sexy, ihre Mitglieder sehen entsprechend gut aus, es gibt Frauengeschichten zu erzählen (Sänger Brett Anderson ist kurz mit Justine Frischmann liiert, die später Elastica gründen und mit Damon Albarn von Blur zusammen sein wird), kurzum: diese Band ist so erfolgreich, wie sie eben nur sein kann.
Glamour ist der große Traum von Pop, und Suede leben ihn mit ganzer Seele. Sie geben sich androgyn, es sind die Tage, in denen Männer ganz selbstbewusst Kajal und Lidschatten auftragen. Euphorie und Aufbruch erstrahlt aus ihren Songs, aufgedreht und überdreht. Suede leben den Hedonismus der Neunzigerjahre perfekter als alle anderen. Ich bin ich, und ich will Spaß, Spaß, Spaß. Das ganze Rock'n'Roll-Leben, Suede genießen es. Drogen, Ekstase, Sex, Boulevard - es wird mitgenommen, was mitzunehmen ist. Und dann gibt es natürlich auch das: Streit in der Band, Zerwürfnisse, bitteres Ende von Männerfreundschaften. Bei den Aufnahmen zum zweiten Album "Dog Man Star" trennt sich Bernard Butler, musikalischer Kopf der Band, von Suede. Weitere Rauswürfe folgen.
Die fabelhafte Welt des Brett Anderson
Und heute? Die fetten Jahre sind vorbei, in jeder Hinsicht. "Das ist eine typische Journalistenlüge: Die Platte hat nicht eine Million Pfund gekostet", stellt Bassist Mat Osman gleich am Anfang des Interviews klar, "sie hat weniger als die Hälfte gekostet, viel weniger als die Hälfte." Mat Osman und Sänger Brett Anderson sind für einen Promotiontag in Deutschland, alles muss schnell gehen, 30 Minuten und eineinhalb Liter Evian pro Reporter. "Ich bin jetzt im richtigen Leben angekommen, keine Drogen mehr, kein Alkohol mehr, nicht mal Zigaretten - das verändert einen", sagt Brett Anderson. Die fetten Jahre sind vorbei, die guten fangen gerade an. "A New Morning", das neue Album von Suede, ist bemerkenswert. Man hört der Platte sehr genau an, dass die Band sich verändert hat, dass es einen Bruch gegeben hat. "A New Morning" ist ein großartiges Werk, vielleicht kein Meisterwerk, aber wer will das schon so genau sagen, so kurz nach Erscheinen. "A New Morning" ist viel mehr Songwriting als früher, weniger Klamauk und Glamour, weniger Elektronisches, weniger Keyboards als noch bei "Head Music", dem letzten Suede-Album, das vor drei Jahren erschienen ist.
Sie haben lange an der Platte gesessen, lange in eine Sackgasse hinein produziert. Der zunächst engagierte Produzent Tony Hoffer, der mit Beck "Midnight Vultures" aufgenommen hat, wird irgendwann und wohl viel zu spät entlassen und durch Stephen Street ersetzt. Street hat schon für die Smiths, Blur und die Cranberries gearbeitet und schafft es, dass "A New Morning" klingt, wie die Band sich das wünscht und sich selbst jetzt gerne sieht: einfach, natürlich, ehrlich. Anderson und Osman wiederholen diese Begriffe wie ein Mantra. Als ob sie sich selber noch überzeugen müssen, dass das jetzt ihre neue Welt ist, in der sie sich bewegen und in der sie sich wohl fühlen. Auf meinen Notizen stehen unzählige dieser Sätze: It's a simple record. It's a natural record. It's more much honest. Just me and my guitar.
"Hast du 'Die fabelhafte Welt der Amélie' gesehen?" fragt Brett Anderson. Er liebt die Figur der Amélie aus Marc Jeunets wunderbarem Film, sie ist ihm zum Vorbild geworden. Er mag, wie sie auf das Leben blickt, wie sie durch Paris zieht und sich an den einfachen Dingen erfreut. Er mag, dass ihr Ruhm und Geld nichts bedeuten. Es wirkt rührend, wenn er das erzählt. Und absurd. Weil Brett Anderson es nicht schafft, dich nicht arrogant anzugucken. Weil er den Dandy nicht an der Garderobe abgeben kann wie einen alten Hut.
Britpop Is Coming Home
Natürlich sind Suede noch die Alten. Natürlich haben ihre Songs noch immer diese grandiose Euphorie in sich, wie sie nur der gute alte Britpop kennt. Natürlich bereuen sie gar nichts. "Ich war es leid, berühmt zu sein", sagt Anderson, "aber versteh' mich bloß nicht falsch. Ich bin keiner dieser Idioten, die heute sagen: 'Ich wollte das alles nicht.' Ich bin keiner dieser Idioten, die sich beschweren, wenn sie auf der Straße fotografiert werden oder mit Fans reden müssen. Wir haben nie eine Rolle gespielt. Ich war immer ich selbst. Das war vielleicht eine extreme Version von mir, die da in der Öffentlichkeit stand, aber diese Person war definitiv ich. Ich habe den ganzen Scheiß geliebt, ich habe es einfach geliebt, berühmt zu sein." Und Mat Osman fügt hinzu: "Dieser Hype um eine neue Band, das ist so typisch britisch. Die Hälfte der Leute liebt dich abgöttisch, die anderen hassen dich. Für uns war die Sache großartig. Es hat uns geholfen, dass wir schnell bekannt geworden sind. Wir haben ja am Anfang niemanden gekannt, und auf einmal hatten wir diese großartige Presse. Ein paar Leute haben unsere Sachen gehört - und wollten uns groß machen. Und gleich darauf heißt es: 'They are sleeping with journalists.' Die Kehrseite des Hypes ist, dass du im Rampenlicht stehst, ohne dass die Leute Zeit gehabt hätten, dich wirklich kennenzulernen."
Suede sind zurück im großen Spiel. Die beachtliche Leistung von "A New Morning" ist, dass hier eine Band wieder zusammengefunden hat. Fünf Jungs, die gemeinsam Musik machen, gemeinsam spielen, gemeinsam eine Platte aufnehmen und bald auch wieder gemeinsam auf Tour gehen wollen. So banal, so schön. Den Zeitgeist treffen sie damit auch: Die klassischen Bands, die Geschichtenerzähler sind wieder da, während die Ära der elektronischen Musik ihren Zenit eindeutig überschritten hat. Gerade in England spürt man diesen Umschwung. Die großen Clubs wie Ministry Of Sound und Cream suchen ihr Publikum mittlerweile recht vergeblich, "Rezession auf dem Dancefloor" benennt Raphael Honigstein das Phänomen in der Süddeutschen Zeitung treffend. Auch aus Ibiza vermelden die britischen Partymacher erstmals rückgängige Besucherzahlen und Laune. Von den Bands des Britpop dagegen hört man nur Gutes: Oasis wieder vereint und erfolgreich, das neue Supergrass-Album wird vielerorts als sensationell abgefeiert. Und Suede - mit "A New Morning". "Du kannst jeden Morgen aufstehen und ein neues Leben beginnen", beschreibt Brett Anderson den Albumtitel und sein neues Lebensgefühl. Und wir dürfen dabeisein, daran teilhaben. Wie heißt der Hit der Platte? "Positivity".
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