Tumgik
#Abhängigkeitserkrankung
agatha-abstinent · 8 years
Text
Tag 701 / Ich fühlte mich immun gegen Neuromarketing. Ich fühlte mich immun gegen Sucht.
Vom Neuromarketing hatte ich verstanden, dass starke Marken das Gehirn entlasten. Unter Tausenden von Produkten im Supermarkt, unter Hunderten von Getränkemarken hebt sich eine profilierte Marke entscheidend ab. Sie erleichtert mir den Einkauf, verkürzt den Kaufentscheidungsprozess, spart Energie und Gehirnkapazität. Vom Neuromarketing hatte ich auch verstanden, dass Marken Schlüsselbilder nutzen, Schlüsselreize aktivieren. Der Jever-Mann lässt sich entspannt in die Dünen fallen; auf der Bacardi-Insel tanzt, lacht, feiert, schmust die Clique; ein Freundinnentreffen gelingt am besten mit Jules-, ein Date am besten mit Rotkäppchen-Sekt. Marken können Erinnerungen und die damit verbundene Gefühlswelt wachrufen. Entspannung, Zufriedenheit, Gemeinschaft, Fröhlichkeit, Zugehörigkeit, Glück, Spaß, Erfolg, Selbstbewusstsein, Attraktivität, Loslassen und so weiter. Für Marken alkoholischer Getränke trifft das ja auch de facto zu, und das sogar doppelt: a) In den meisten meiner Konsumsituationen war ich nicht alleine. Ich war unter Freunden, Verwandten, Mitschülern, Kommilitonen, Fußballfans, Kollegen, ich war unter Leuten oder mit einem Jungen, später Mann zusammen. Meine Gardinentrinkerzeit gesellschaftslos zu Hause ist vergleichsweise kurz gegenüber den zwei Jahrzehnten, in denen ich in Gemeinschaft trank und dabei meist lachte, tanzte, redete, knutschte, feierte, entspannte. b) Alkoholische Getränke aktivieren ab dem ersten Schluck die Ausschüttung von Dopamin. Dieser Neurotransmitter sorgt für Zufriedenheit, Spaß, Glück, Fröhlichkeit. Dass die Abende mit Joschi und Aaron, mit Ronny und Erna, mit Raphael oder Ulrike schön, geil, cool waren, lag also nicht nur daran, dass wir uns alle so sehr mochten und super zusammenpassten, sondern auch daran, dass der Alkohol uns in einen Dopaminmantel der Zufrieden- und Heiterkeit hüllte.
Eigentlich wusste ich spätestens seit dem Biounterricht in der Schule, dass Lernen über Wiederholung funktioniert. Vokabeln, Hochsprung, Autofahren - ich erlebte das ja selbst. Je öfter ich etwas tue, desto stabiler werden die neuronalen Verbindungen. Dass ich aber durch die stetige Wiederholung der gleichen Handlung - Biertrinken mit Freund/en - auch Schaden anrichte, konnte ich mir nicht vorstellen. Ich fing also in recht jungen Jahren, auf dem Weg vom Mädchen zur Frau an, durch mein mit dem Alkohol verbundenes Verhalten und Erleben ein neuronales, emotionales Suchtgedächtnis auszubilden und zu speichern. Jede Wiederholung meines Verhaltens - Trinken auf dem Schützenfest, im Stadion, beim DVD-Gucken, auf Kursfahrt, in der Disko - hat die neuronale Verbindung gestärkt, Strang für Strang hinzugefügt. Und weil dieses Trinken regelmäßig und meist mit großer emotionaler Intensität stattfand, wurden umso mehr Stränge gleichzeitig integriert und die mit meinem Trinkverhalten verbundenen Gefühle gefestigt. Es ist eine Standleitung für die mit meinem Alkoholkonsumverhalten verknüpften positiven Emotionen entstanden. Das ist meine Autobahn (Tag 99), meine Verhaltensroutine, die ich automatisch und kontinuierlich eingeschlagen habe.
Mich haben diese Woche mehrfach beim Einkaufen im Supermarkt die Biermarken angesprochen, "meine" Biermarken. Beck's, Heineken, Berliner Pilsner, Astra. Als würden die sagen: "Hey, wir hatten doch immer eine gute Zeit. So viel Spaß zusammen... weißt du noch?" Wissenschaftlich erwiesen ist, dass im Gehirn eines trockenen Alkoholikers der Anblick eines Bierglases deutlich mehr Aufmerksamkeit aktiviert als bei Nichttrinkern. Bei mir ist es nicht nur ein frisch Gezapftes, es sind zur Zeit auch die verschlossenen Flaschen in den Regalen und Kisten. Ich assoziiere nicht Kotze mit Beck's, weil ich auch vor den Alkoholvergiftungssymptomen Spaß hatte, weil ich mich mit Dopamin im Rausch befand, weil nicht auf jeden Beck's-Konsum Erbrechen folgte, aber bei jedem Beck's Dopamin ausgeschüttet wurde und in den meisten Fällen vor den 2010ern andere dabei waren. Vor zehn Tagen schrieb ich noch: "Wein ist mir weniger egal als Bier." Als Getränk, vom Geschmack her mag das stimmen. Doch ich merke Bier aktiviert bei mir wesentlich mehr positive Erinnerungen und angenehme Gefühlszustände. Mit Bier habe ich eine sehr viel längere Beziehung gehabt als mit Wein.
Das ist erst mein zweiter trockener Januar gewesen, mein zweiter trockener Februar hat gerade angefangen. Das Üben abstinenter Verhaltensweisen findet noch immer auf einem neuronalen Trampelpfad in meinem Gehirn statt. Ich habe diese neue Vereinbarung mit der Therapeutin - Jeden Tag eine Stunde bewusst ausruhen - und ich schäme mich dafür, dass es nötig ist, mir das in meinem Kalender einzutragen, vorher festzulegen, was ich in der Stunde mache, nachzubesprechen, ob und wie es gelang. 2014 versuchte ich kontrolliert zu trinken und nun erinnert mich das "Kontrollierte Entspannen" an diese Zeit. Ich schäme mich aber auch, dass diese scheiß Biermarken mich immer noch anmachen, triggern, reizen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die mehr in mir auslösen als SpreeQuell Vital, als Vio, als fritz Rhabarberschorle, als Apollinaris Apfelschorle, als Adelholzener Birne-Rhabarber. Ich habe mit den alkoholfreien Getränkemarken noch nicht so viel erlebt. 700 Tage - und nicht an jedem dieser Tage ein Vio wie jedoch an tausenden von Tagen Zellgiftgetränke. Die neuen gesunden Verhaltensweisen muss ich immer wieder aktivieren - substanzfrei Ausruhen, Loslassen, Entspannen, Abschalten; mit alten oder neuen Freunden Kaffeetrinken Gehen; unterwegs oder zu Hause mit Limonade Erfrischen. Die Etablierung des Abstinenzalltags. Und dabei hilft mir kein Neuromarketing. Jedoch ein wenig das Wissen darüber.
1 note · View note
Text
Das Böse: Die Psychologie der menschlichen Destruktivität von Reinhard Haller
Das Böse: Die Psychologie der menschlichen Destruktivität von Reinhard Haller
Der Code des Bösen
Es entlädt sich in spektakulären Verbrechen, abscheulichen Gräueltaten, Gewalt, Sadismus, Vergewaltigung, Schul-Amokläufen oder sogenannten „Familientragödien“. Doch wie entsteht das Böse? Und: Existiert es in jedem von uns?
Der Gerichtspsychiater Reinhard Haller hat sich auf die Suche nach den Wurzeln des Bösen begeben. Tausende Stunden saß er im Gefängnis Schwerstverbrechern…
View On WordPress
0 notes
drug-mythology · 3 years
Text
Mythos #10: “Verteilung”
🇩🇪 Version von “Yo24hua / B. Gegenhuber” (Erweitert):
„Sucht ist gleich verteilt in der Gesellschaft.“ (Drogenkonsum ist gleich Drogensucht).
Substanz-Konsum ist in der Gesellschaft gleich verteilt, chronische Sucht, Abhängigkeit, bzw. „Substanzgebrauchsstörungen“ (SUD) jedoch nicht immer.
Obwohl jeder betroffen sein kann, betrifft chronisch „problematischer Drogenkonsum“ (PDU) tendenziell überproportional diejenigen, die mit niedrigen sozioökonomischer Status (z.B.: minderer Bildung und geringes Einkommen) benachteiligt sind. Psychisch belastete Personen (z.B.: Opfer von traumatischer Misshandlung) können davon betroffen sein. Viele bestehende Risikofaktoren, so auch einhergehender Stress durch Leistungsdruck während der Lern-, Bildungsphase und beruflicher Arbeit etc., können bei psychisch vulnerabel (verletzlich), sensiblen bzw. empfindlich veranlagten Personen Einfluss darauf nehmen. Sowie diejenigen, die schon vor dem problematischen Drogenkonsum erhebliche Schwierigkeiten in ihren Leben hatten, neigen eher dazu „Störungen im Substanz-Gebrauch“ (SUD) zu entwickeln.
Diesen Menschen fehlen oftmals die Ressourcen, Möglichkeiten und Unterstützung, um sich von ihren Problemen zu erholen sowie Ausgleich zu finden, was zu einer chronischen Sucht, bzw. Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung führen kann.
Anmerkungen:
Niemand sollte für dessen Konsumverhalten stigmatisiert (gebrandmarkt) werden, den jeder Mensch hat ein Recht darauf, gleichwertig behandelt zu werden. Man soll Substanzgebrauchsstörungen (SUD) auch als „Gleichberechtigung“ verstehen, die jeder haben darf. Dies ist das Prinzip der „Chancengleichheit“ in der Gesellschaft.
🇩🇪 Version von “Yo24hua” aus der 🇬🇧 »Urfassung«:
„Sucht ist in der Gesellschaft gleich verteilt.“ (Drogenkonsum ist gleichbedeutend mit Drogensucht).
Drogenkonsum ist in der Gesellschaft gleich verteilt, chronische Sucht jedoch nicht. Obwohl jeder betroffen sein kann, betrifft chronischer „problematischer Drogenkonsum“ (PDU) vergleichsweise unverhältnismäßig Menschen mit Ungleichbehandlung und sonstigen Barrieren im Leben, die schon vor dem riskanten Drogenkonsum erhebliche Sorgen und Nöte hatten.
Diesen Menschen fehlen die Ressourcen, Möglichkeiten und Unterstützung, um sich zu regenerieren, was zu einer dauerhaften Sucht führt.
🇩🇪 Version von “Dr. F. P. Steinmetz” aus der 🇬🇧 »Tweet-Fassung«:
„Sucht ist in der Gesellschaft gleich verteilt.“ {Drogenkonsum ist mit Drogensucht identisch}.
Drogenkonsum ist in der Gesellschaft gleich verteilt, Abhängigkeiten (Substanzgebrauchsstörungen) nicht. Letztere treffen statistisch eher Menschen mit Traumata und anderweitigen Schwierigkeiten. [18.11.2021,Twitter].
🇬🇧 Urfassung (Julian Buchanan):
“Addiction is an equal opportunity employer.” (Drug-use equals drug-addiction).
Drug use is an equal opportunity employer,  but chronic addiction isn’t. While anyone can be affected, chronic “problematic drug use” (PDU) tends to disproportionately affect those with disadvantaged and damaged lives that had significant difficulties before PDU and these people lack the resources, opportunities and support to recover, resulting in chronic addiction.
Added Notes:
Nobody should be stigmatized (branded) for their consumption behavior, because everyone has the right to be treated equally. Substance use disorders (SUD) should also be understood as “equal rights” that everyone is allowed to have. This is the principle of “equal opportunity” in society.
🇬🇧 Tweet-Fassung (Julian Buchanan):
“Addiction is an equal opportunity employer.” (Drug-use is synonymous with drug-addiction).
Drug use is an equal opportunity employer, but chronic addiction isn’t. Chronic problematic drug use disproportionately affects people who had difficult, disadvantaged and damaged lives before using drugs. [03.11.2021,Twitter].
Verweise:
Anfrage: https://twitter.com/yo24hua/status/1472219458261426177 (18.12.2021). * Dr. F. P. Steinmetz: “Drogenkonsum ist in der Gesellschaft gleich verteilt. ...“: https://twitter.com/docsteinmetz/status/1472267847489445897 (18.12.2021). * Barbara Gegenhuber (M.A. Psychologie): “Psychische Belastungen, Traumata, ...“: https://twitter.com/bagehu/status/1472458786367365120 (19.12.2021).
About addiction:  https://julianbuchanan.wordpress.com/2015/03/23/supporting-rat-park-and-the-dislocation-theory-of-addiction/; “Addiction: A Response to Enduring Personal Pain and Alienation“ (23.03.2015).
Erstellt am: 10.11.2021, Bearbeitet am: 11.06.2024.
Persönliche Bemerkung: Die englische Satzbildung mit „equal opportunity” und „employer” ist ein recht markanter »Slang«. Hierfür sind gute Kenntnisse und kreative Übersetzung nötig.
Schlagworte: Menschenrechte; Gleichberechtigung; Psychologie, Psyche (Stress-Psychose).
0 notes
gesundheitsbotenrw · 5 years
Text
Der erste Schritt aus der Abhängigkeit
Tumblr media
Dr. Stefan Albrecht ist Inhaber und Leiter der gleichnamigen Gesundheitsakademie im bayerischen Bad Birnbach. Mit individuell angepassten Therapien werden Alkohol-, Medikamenten- und Drogen­sucht gezielt behandelt. Wie sich ein Aufenthalt in der Akademie gestaltet und wie sich die Einrichtung von anderen Kliniken unterscheidet, erzählt uns der Arzt und Sucht­mediziner im Interview. Herr Dr. Stefan Albrecht, wofür und für wen steht die „Gesundheitsakademie Dr. Albrecht“? Die Gesundheitsakademie steht für ein vollkommen eigenständiges, unabhängiges und in seiner Struktur singuläres Therapiekonzept in der Suchtbehandlung. Im Brennpunkt unserer Arbeit steht ganz zuvorderst der Mensch als Individuum mit all seinen Facetten, Stärken und Schwächen. Suchttherapie kann nur im Fokus der Gesamtpersönlichkeit des Einzelnen unter Berücksichtigung aller individueller Einflussfaktoren – wie beispielsweise der detaillierten Vorgeschichte, individueller Entwicklungen, Wünsche, Ziele und Sehnsüchte – erfolgreich und nachhaltig sein. Die vorbehaltlose Akzeptanz der Erkrankung bei Betroffenen und Therapeuten, menschliche Nähe und Empathie,  die wirklich lupenreine Identifikation mit den Zielen und Methoden der therapeutischen Maßnahmen und Notwendigkeiten, sowie die notwendige Zeit für jeden einzelnen Teilnehmer sind dabei essentiell. Unsere primäre Intention ist es, den Betroffenen mit einem Minimum an zeitlichem Aufwand ein Maximum an effektiver, individueller und exakt auf die Nöte, Bedürfnisse und zukünftigen Entwicklungen des Einzelnen abgestimmte Therapie zur Hand zu geben, welche nicht nur momentan stabilisierend wirkt, sondern in die Zukunft gerichtet nachweisbar zu einer zufriedenen und selbsterhaltenden Abstinenz führt. Für Ihre Einrichtung haben Sie bewusst die Bezeichnung „Gesundheitsakademie“ gewählt, wo liegt der Unterschied zu herkömmlichen Sucht-Kliniken? Wir firmieren und betrachten uns ganz bewusst nicht als Klinik. Ein institutioneller Rahmen, Personal in Funktionskleidung, sowie Unterbringung und Verpflegung auf Krankenhausniveau sind keine günstigen Bedingungen zur Gesundung seelisch erkrankter Menschen. Wir sehen unsere Teilnehmer nicht als zu therapierende Subjekte, sondern als Gäste, uns selbst als Dienstleister. Erzählen Sie uns bitte etwas über das -Therapie- und Behandlungskonzept. In unserem Haus werden Patienten mit manifester Alkohol-Abhängigkeitserkrankung unter Berücksichtigung aller derzeit etablierten, medizinischen und psychotherapeutischen Verfahren mittels einer umfassenden und nachhaltigen Methodik zu einer zufriedenen und autoregulatorischen Abstinenz geführt. Hierzu werden sämtliche zur Alkoholabhängigkeit führenden Faktoren aus Vergangenheit und Gegenwart aufgearbeitet, in einem sinnvollen und zielführenden Kontext mit bestehenden Persönlichkeitsstrukturen eine valide Problembewältigungsstrategie entwickelt, und ein detaillierter Plan für die zukünftige, strukturierte und erfolgreiche Entwicklung eines zufriedenen und wertbestimmten, abstinenten Lebens etabliert. Dies geschieht individuell auf die Vergangenheit und die persönlichen Eigenschaften, Stärken und Potentiale des einzelnen Betroffenen abgestimmt in Einzeltherapie-und Einzelcoaching-Sitzungen. Ergänzende Seminare, erlebnispädagogische Elemente und eine ebenfalls individuell abgestimmte physische Regeneration mit Bewegungs-, Ausdauer- und Gleichgewichtsübungen unter -besonderer Berücksichtigung der zentral- und periphernervösen pathologischen Veränderungen durch die schädliche Wirkung des Suchtmittels, tragen zum holistischen Konzept unserer Behandlung mit dem Ergebnis einer zufriedenen und autore-gulatorischen Abstinenz bei, und ergänzen diese. Aus wem setzt sich das Team der Gesundheitsakademie zusammen? Herr Dr. Helmut Schmidbauer ist der Begründer und geistige Mentor der Gesundheitsakademie. Seine umfangreiche berufliche Expertise, seine überreiche Lebenserfahrung, sowie sein menschliches Einfühlungsvermögen faszinieren und überraschen mich immer wieder. Frau Peggy Schmidbauer hat durch ihren klaren, wachen Verstand und ihren empathischen, freundlichen, therapeutisch sehr direkten Umgang mit den Menschen einzigartige Fähigkeiten, verschüttete und verworrene Denkstrukturen, wie sie für suchtkranke Menschen nicht untypisch sind, herauszuarbeiten und konkrete Lösungsansätze zu entwickeln. Herr Eugen Hohenwarter ist unser geschätzter und unverzichtbarer Lehrer für die physische Gesundung. Seine breite Ausbildung reicht von Aufbau und Erhaltung allgemeiner körperlicher Fitness über individuelle Rehabilitationsmaßnahmen zu speziellen Trainingsansätzen, die spezifisch suchterkrankte Menschen betreffen. Im medizinischen Bereich kommt meine eigene langjährige ärztlich- internistische und suchtspezifische Erfahrung zum Tragen, in einem für Behandler und Behandelten erbaulichen und befriedigenden Rahmen. Zeitliche oder terminliche Vorgaben sind in meiner ärztlichen Tätigkeit dankenswerterweise keine Kategorien, der Patient bekommt die Zuwendung die er braucht. Wir alle können nur deshalb so intensiv arbeiten, weil wir und unsere Gäste von unserem Haus-Team rundum liebevoll, einfühlsam und auf höchstem Niveau ergänzt und umsorgt werden. Ein ganz besonderer Geist beseelt die „Gesundheitsakademie“, den man erleben muss und nur sehr unzulänglich beschreiben kann. Ein Bestandteil der Suchttherapie ist die Behandlung mit Neuro-Elektrischer Stimulation (NES). Was genau verbirgt sich dahinter? Die Stimulation definierter Hirnareale durch Gleichstrom bestimmter Frequenz und Stärke ist schon sehr lange, in der letzten Zeit aber intensiver beforscht worden. Lern- und Merkfähigkeit, Stimmung und andere geistig-seelische Funktionen können hierdurch (positiv und negativ) beeinflusst werden. In der Suchttherapie spielt die sogenannte neuroelektrische Stimulation eine wichtige, aber letztlich nur beigeordnete Rolle. Gesicherte, evidenzbasierte Daten liegen meines Erachtens lediglich zur Linderung des akuten Entzugssyndroms vor. Das deckt sich auch mit unseren persönlichen Erfahrungen. Leider fehlen insgesamt nachvollziehbare Effekte in der Lern- und Erhaltungsphase der Abstinenz, was den Einsatz der NES als unspezifisches Verfahren limitiert. Nach Beendigung der Suchttherapie kehrt der Besucher meist in sein gewohntes Umfeld zurück. Wie wichtig ist die Nachsorge? Entscheidend ist hierbei die Vorsorge. Unsere Teilnehmer werden ab der zweiten Woche ihres Aufenthaltes bei uns auf diese „Zeit danach“ intensiv vorbereitet. Übergangslos und ohne Änderungen der Umstände in das vorbestehende Umfeld zurückzukehren, stellt wahrscheinlich den Hauptgrund für einen mangelhaften Therapieerfolg dar. Zusätzlich bieten wir unseren Gästen die Möglichkeit, sich in der ersten, vulnerablen Phase telefonisch oder schriftlich mit uns in Verbindung zu setzen. Viele Probleme können in einem persönlichen Gespräch gelöst werden. Natürlich stehen wir unseren Patienten auch im Anschluss der Behandlung in unserem Haus für Nachsorgetermine, Auffrischungsseminare und zum Auffangen eines eventuellen „Rückfalls“, also einer Unterbrechung der Abstinenz, kurzfristig und unbürokratisch zur Verfügung.
Tumblr media Tumblr media Tumblr media Tumblr media
Read the full article
0 notes
petrabelschner · 4 years
Text
Alkoholismus Teil 1
Rolf Bollmann empfiehlt
Alkoholentwöhnung
Das Wort Alkoholentzug wird häufig verwendet um den Versuch der Beendigung einer Abhängigkeitserkrankung vom Alkohol zu beschreiben. Das stimmt nur bedingt. Um dies klar zu stellen, wollen wir versuchen den Unterschied zwischen einem Alkoholentzug und einer Alkoholentwöhnung zu erklären.
Der Alkoholentzug ist der erste Schritt eines chronisch kranken…
View On WordPress
0 notes
pressecop24 · 6 years
Text
Keine Suchtrehabilitierung von Strafgefangenen auf Kosten von Krankenkassen und Beitragszahlern!
Strafgefangenen
  Nachdem die baden-württembergische Landtagspressestelle am 6. Dezember 2018 eine Pressemitteilung aus dem Sozialausschuss veröffentlichte, der zufolge “der Justizvollzug (…) kein geeignetes Umfeld zur Überwindung einer Abhängigkeitserkrankung” sei und “Reha vor Strafe” gehen müssen, fordert Emil Sänze, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der AfD im Landtag von…
View On WordPress
0 notes
agatha-abstinent · 6 years
Text
Tag 1138 / Suchtdruck und Leistungsdruck
Ja, vielleicht kann ich einigermaßen gut schreiben. Und es geht mir hervorragend von der Hand und den Fingern, wenn ich direkt schreibe, was ich denke und fühle. Oder, was ich erlebt habe. Unzensiertes, unintendiertes Schreiben. Schreiben für mich. Für die Seele. Für den Frieden in mir. Schreiben und es auch noch posten. Mit dem Posten einen Abschluss des Geschriebenen finden. Einen würdigen Rahmen verleihen. Ein eigenes, kleines Online-Archiv der Gedanken, Gefühle, Eindrücke und Erlebnisse pflegen.
Für dieses eine Praktikum konnte ich nicht so gut schreiben, fand ich. Auch, wenn das in dem Zeugnis anders dargestellt wird. Für das bevorstehende Vorstellungsgespräch kann ich noch schlechter schreiben. Ich habe keine Ahnung von dem Thema. Zumindest nicht auf deren Theorieebene. Ich mag keine Begriffe einbauen, die ich nicht verstehe. Dabei lebt dieses Thema von Denglisch und Fachchinesisch. Auf dem Fahrrad heute Morgen habe ich wieder so gute Sätze formuliert, die ich der Angreiferin von Sonntag gerne sagen oder sie mir zumindest aus der Seele schreiben würde. Wenn es nicht irgendwas direkt mit mir zu tun hat, kann ich nicht gut schreiben. Ich bin eine Tagebuchschriftstellerin, keine Redakteurin, keine Journalistin. Ich kann nur schreiben wie ein Künstler, ein Maler, der es sich aus der Seele malt. Etwas kreieren, hinter dem ein tiefes, inneres Bedürfnis, ein Schaffensdrang steht.
Das erste Mal wieder richtige Suchtdruckmomente seit langem. Leider mehrfach. Daher den Text für das bevorstehende Gespräch Text sein lassen. Ab ins Meeting. Auf dem Weg dorthin gedacht, ich gehe vielleicht auch nicht tanzen, auf Familienfeiern, Straßenfeste, Ausstellungseröffnungen etc., weil ich nicht stark genug wäre. Nicht nur, weil der Alkohol mich stören würde. Ich gehe nicht hin, weil ich mir selbst nicht traue. Und dass ich Glück hatte bisher, niemandem aus dem Bekanntenkreis zu begegnen, der mich einlädt zum Mittrinken, der mir etwas entgegenstreckt, der nichts von Agathas Abstinenz weiß. Eine Abstinenz, für die ich heute den NA-Schlüsselanhänger für mehrjährige Cleanzeit entgegennehme. Lieber gute Leistung im Trockenbleiben als in Arbeitsproben für Stellenausschreibungen.
0 notes
agatha-abstinent · 7 years
Text
Tag 809 / Näh und gut
Ich hab's nicht vorbesprochen und trotzdem angesprochen. Diplomatischer sein können durch Abstinenz. Nichts mehr schlucken. Und trotzdem nicht ausfällig werden. Dass mir vieles nachgegangen ist. (Tag 804)
Sie kann das annehmen und verstehen. Es sei gut, dass ich es anspreche. Nun vom einen Extrem ins andere: Letzte Woche war ich noch eine unter vielen mit Sucht"problemen". Heute: "Sie sind ja wirklich schwerstabhängig. Ich habe gerade ihren Befundbericht gelesen. Sie haben ja immer getrunken. Das ging bei Ihnen schon so früh los." Und dann kommt dieses, was ich nicht mehr so sehen kann und hören will, seit ich trocken bin: "Sie haben ja so viel geleistet trotz Konsum. Wie haben Sie das nur geschafft? Ich hab das auch eben Frau Fachbereichsleitung gesagt wie beeindruckend das ist, was sie alles..." Die Tatsache, dass man sehr lange als Alkoholiker mit den Anforderungen des Lebens klar kommt, die Tatsache, dass man ein "funktionierender Alkoholiker" ist, das Studium abschließen kann, die Arbeit noch hat, die Tatsache, dass im privaten und beruflichen Umfeld viele hinwegsehen über den übermäßigen Alkoholkonsum, weil man ja "so viel leistet", hindert total, massiv, kolossal, sich vom Alkohol abzuwenden.
Spätnachmittags bis abends meinen ersten Elefanten genäht.
Beim Insbettgehen freue mich schon auf den Kaffee am Morgen. Auf den Geschmack. Auf den Moment.
/
Schnittmuster und Anleitung: http://birchfabrics.blogspot.de/2013/07/free-pattern-tutorial-henry-helga.html
0 notes
agatha-abstinent · 8 years
Text
Tag 675 / Neujahrsempfang der mächtigsten Killer
Treffen sich die übelsten Gangster. Fragt der eine: "Und wie viele hast du dieses Jahr in Deutschland umgelegt, Crystal?"
"Vier! Immerhin vier!"
Hämisches Lachen.
"Und du?" "Zehn, fünfzehn werden es gewesen sein." antwortete Speedy und fragte Koka:
"Sag schon, hast du mehr als im Jahr davor hingerichtet?" "Nein, leider nicht. Dabei hatte ich mir so große Mühe gegeben. Aber immerhin sind die Zahlen meiner Ofer im dreistelligen Bereich."
"Dreistellig und dennoch nicht so viele wie ich gekillt habe!" protzte Hero.
"Ach, ihr Luschen! Ihr werdet es nie in meine Obergangsterliga schaffen! Über achtzigTAUSEND Tote im letzten Jahr. Darunter auch endlich wieder ein paar mehr Kinder und Jugendliche. Und immer mehr Frauen, ha, ha!" "Ihr müsst euch einfach besser verkleiden", sagte der Alkohol zum Kokain, Heroin, Amphetamin und zum Crystal Meth.
"Wow! Du bist echt der Größte!" "Ja, eigentlich bin ich noch viel größer!" "2016 achtzigTAUSEND in Deutschland, dreieinhalb MILLIONEN weltweit - doch sind es viel, viel mehr die auf mein Konto gehen. Die können es mir nur nicht nachweisen.
All die Unfälle mit Todesfolge unter meinem Einfluss, all die Schlägereien, die Suizide im Suff, all die Krebsarten, die ich erzeugen und beschleunigen kann, mein Effekt auf das Herz... Dass die zweithäufigste Krankenhausdiagnose auf meinen Missbrauch an den Menschen zurückzuführen ist, geben sie immerhin zu in Deutschland, aber die zweithäufigste Todesursache verwehren sie mir noch. Zumindest offiziell."
0 notes
agatha-abstinent · 7 years
Text
Tag 841 / ..., dann können wir uns das sparen
Ich habe in meinem Brief zum Übergangsgeld von Appellen an Moral, Ethik und Verantwortung abgesehen. Die dramatische Lage, die insbesondere aus dem Alkoholismus resultiert, habe ich nicht in dem Maße betont, wie ich es grundsätzlich für richtig und wichtig halte. Lediglich in zwei Sätzen habe ich Passagen aus einem von der Institution erstellten Papier zitiert. Und zwar aus dem folgenden Absatz: „Die Teilhabe am Arbeitsleben ist gerade auch für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen von elementarer Bedeutung. „Berufstätigsein“ ist sichtbares Kennzeichen gesellschaftlicher Zugehörigkeit. Eine Erwerbstätigkeit zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ist von zentraler Bedeutung, darüber hinaus leitet sich ein großer Teil sozialer Beziehungen und Rollen aus der beruflichen Stellung ab. Arbeitslosigkeit ist unbestritten ein bedeutsamer „pathogener Faktor“ und stellt in der Rehabilitation von Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung ein erhebliches Hindernis dar. Demgegenüber kann die Rezidivwahrscheinlichkeit bei einer Abhängigkeitserkrankung durch eine Reintegration in das Arbeitsleben verringert werden.“
Wir können uns all die Bewilligungen, Bescheide und Maßnahmen, die vor einer Reintegration ins Arbeitsleben von Suchtkranken stehen, sparen, wenn wir diesen Menschen begleitend permanent Steine in den Weg legen, auf die Schwere ihrer Erkrankung keine Rücksicht nehmen.
Jetzt, am Samstag, wenn ich nicht ab 8.30 Uhr in der Maßnahme sitze und andere Inhalte in mein Hirn dringen, jetzt, am Samstag, wenn ich zu Hause bin, wenn ich länger schlafe, in gefühlter Strukturlosigkeit aufwache (Was mache ich denn heute wann?), kommt die Existenzbedrohung, die Verzweiflung und auch die Resignation, die Lebensverneinung wieder hoch.
Ich habe durch einen unachtsam angefertigten Bescheid, der eine Summe enthält, die nicht nur wie auch Hartz IV unter dem Existenzminium in Deutschland liegt, sondern sogar unter der Summe in meinem Hartz IV-Leistungsbescheid und eben deshalb auch noch nicht mal meine fixen Lebenserhaltungskosten deckt, eine komplette Woche in der ja durch die Institution bewilligten Rehamaßnahme verloren. Ich habe Beratungsstellen im Internet recherchiert, Öffnungs- und Sprechzeiten, ich habe telefoniert, Termine gemacht, ich habe diese Leitlinien (s.u.) im Netz gefunden wie auch den Rundbrief (s.u.), um mir selbst ein Bild von Regeln und Rechten zu machen. Ich habe mit großer Mühe Stellen recherchiert, in denen ich ohne Eintreten der lebensbedrohlichen und lebensumwerfenden Krankheit Alkoholismus, sowie ohne psychische Folgeschäden arbeiten könnte, um eben den von der Institution angenommen ortsüblichen Lohn in der Berechnungsgrundlage zu widerlegen. Ich habe einen vierseitigen Brief geschrieben, zwei Sitzungen mit meiner Einzelberaterin in der beruflichen Reha im Fortkommen bei der Integration ins Arbeitsleben verloren, weil wir mein weiteres Vorgehen und dieses von mir verfasste Schriftstück besprochen haben.
Ich konnte mich über eine Woche nicht dem widmen, wozu diese Leistungen zur Teilhabe da sind, keine Praktika recherchieren, aus denen möglicherweise die gewünschte Festanstellung oder eine Richtung für eine Weiterqualifizierung resultiert.
Die Institution pinkelt sich ans eigene Bein.
Wir können uns das alles sparen.
Wir brauchen den Alkoholikern gar nicht mit kostenintensiver Therapie (12 bis 15 Wochen) plus Nachsorge (1 bis 2 x 6 Monate) helfen, trocken zu werden, wenn wir Alkohol an jeder Straßenecke verkaufen, auf jeder öffentlichen und privaten Veranstaltung anbieten. Und genauso widersinnig sind jetzt diese Beschwerlichkeiten.
Verdammte Scheiße, was ist mit der Bewilligung des Fahrtkostenerstattung? Was mit der Mittagessenpauschale? Wovon soll ich leben? Wie soll ich da Mut fassen, dass mich mit dieser Lebenslauflücke und dieser manifesten psychischen Schwerbehinderung je ein Arbeitgeber einstellt?
Ich verstehe das auch alles nicht.
Wenn ein Mitpatient in der Suchtklinik eine Adaption beantragt hat, dann kam die Bewilligung bereits während seines Klinikaufenthalts. Dafür ist ja auch die Adaption gedacht - nahtloser Übergang. Wenn ich aber Leistungen zur Teilhabe beantrage, dann warte ich dreieinhalb Monate auf die Bewilligung, werde zu 8-Stunden-täglich-Maßnahmeanbietern geschickt, obwohl in meinem Entlassungsbericht eine Teilzeitarbeitsfähigkeit bemerkt ist, muss noch zur medizinisch-beruflichen Reha, weil durch meinen Einspruch alles erneut in Frage gestellt wird und beginne im 16. Monat nach Suchtklinik-Entlassung die Maßnahme, wegen derer ich die Entwöhnungstherapie überhaupt von Anfang bis Ende durchgezogen habe.
Es gab Mitpatienten, die bauten Rückfälle in der Klinik und wurden trotzdem ohne Umwege in die kostenintensivere Adaption geschickt. Es gibt eine rückfallfreie Agatha, die aber immer ehrlich ist und sagt, dass der Alkohol eigentlich jeden Tag in ihrem Kopf ist, die zugibt, ans Trinken zu denken, alles hinzuschmeißen, sich dem Suffelend hinzugeben, weil der Abstinenzweg eben auch ein beschwerlicherer ist, weil man die Beschwerlichkeiten ungedämpft, ungefiltert wahrnimmt.
Während Sie, die unachtsam mal irgendeine Summe in die Berechnungsgrundlage eintragen, Ihre bedrückende Verantwortung für die Lebensexistenz (ehemals) Schwersterkrankter am Wochenende vielleicht mit einem Viertelchen Wein, mit zwei Schnapserln oder drei Radlern vergessen können, ist bei mir am Wochenende, heute hier, der volle Umfang dieser Kackscheiße spürbar. Vor zwei Wochen überlegte ich, mich zu prostituieren, um mit einem halbwegs annehmbaren Stundenlohn mein Übergangsgeld aufzubessern. Heute erinnere ich mich wieder daran. Und ich erinnere mich daran, dass ich als Abhängigkeitskranke, nicht nur unabhängig von bewusstseinsverändernden, tödlichen Substanzen, sondern auch unabhängig von Finanzierung durch Institutionen (Jobcenter, Rentenversicherung, Elternteil) und den damit verbundenen Nebenwirkungen leben möchte.
Wir können uns dieses ganze Toleranzgesülze sparen, dieses jeden mit seinen individuellen Schwächen annehmen und respektieren, diese Schwerbehindertensitzplätze in U-Bahnen, diese barrierefreien Zugänge, wir können uns Ausbildungen zum Diversity-Trainer, „Liebe statt Hass“-T-Shirts, Demos für das offene Europa, eine pluralistische, multikulti-Gesellschaft, die Eine Welt sparen, wenn wir gleichzeitig nicht auf Alkoholiker, auf psychisch Kranke, die (bisher) nicht gewalttätig und gemeingefährlich waren, auf Menschen mit ganz basalen Grundbedürfnissen Rücksicht nehmen.
Wie soll der Alkoholiker trocken bleiben, wenn er so wie er trocken ist, nicht angenommen wird? Nur unter Seinesgleichen angenommen wird? Wenn selbst grünwählende Verwandte sich abwenden, zu Saufzeiten aber zweimal jährlich zu Besuch waren?
Darf man mit Katzen in die USA auswandern? Dort ist doch das öffentliche Trinken weniger verbreitet. Dort rennen Menschen mit einem organischen und einem prothetischen Bein in kurzen Shorts herum wie ich gestern erfuhr, weil sie ganz offen zu demonstrieren scheinen: Ich bin anders und das ist gut so. Ich habe eine Behinderung und schäme mich nicht. Ich nehme alle Hilfsmittel, die mir geboten werden, um ein selbstbestimmtes, freies Leben führen zu können. Und gerade wegen des letzten Satzes befinde ich mich in dieser beruflichen Rehabilitation. Weil ich mir nicht zutraue, ohne Hilfsmittel wieder ins Berufsleben zu starten, weil es Mut kostet, Hilfe anzunehmen, man aber stärker ist, wenn man dies tut. (“It takes a lot … to ask for help“, Damien Rice, Tag 678)
Ben Affleck, Brad Pitt, Michael Phelps, Robin Williams, Macklemore. Alle suchtkrank. Fast alle schon mal eine Rehabilitationsklinik von innen gesehen. Alle offen, ehrlich, geoutet in puncto Sucht. Alle mit dem 12-Schritte-Programm mehr oder weniger verbunden. Kann mir dieses Programm jetzt helfen? Soll ich hinnehmen, was ich nicht ändern kann - dieses weniger Geld? Soll um Kraft bitten, es zu ändern?
Dienstag noch dachte ich, ich habe es abgegeben, es liegt jetzt in deren Händen, in Gottes Händen. Aber das Warten auf Antwort zermürbt. Der ganze Trockenheitsweg ist ein einziges Warten.
Bei Macklemore’s facebook Account gibt es ein Video. Ein recht langes Video. Eigentlich ein Werbevideo für eine Sportmarke. Gepostet Anfang Februar diesen Jahres. Bei Minute 1:40 etwa sagt er, was wirklich wichtig in seinem Leben für ihn ist: ...being a good dad, being a good partner, doing the right thing, staying sober, battling addiction...
Dieses „battling addiction“, „staying sober“, das mache ich auch, jeden Tag. Ich mache MEINEN Teil für die Reintegration ins Arbeitsleben, dafür, dass nach der stoffbezogenen auch die finanzielle Unabhängigkeit folgt, dafür dass meine Rezidivwahrscheinlichkeit immer weiter sinkt. Und ich würde dieser behäbigen, trägen, verstaubten, stoischen Institution so gerne an die Wände schreiben, ins Gesicht schreien: Macht, verdammt noch mal, EUREN Teil. Macht euren Job, denkt nach, bevor ihr sowas rausschickt. Zuviel Mit- und Vorausdenken, gibt es selten. Vielleicht überhaupt mal denken. Hirn benutzen...
oder wir uns das sparen uns das Ganze.
/
Leitlinien zur Rehabilitationsbedürftigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben https://tinyurl.com/y7w3g97l
Gemeinsames Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld https://tinyurl.com/ydd8v2fd
0 notes
agatha-abstinent · 9 years
Text
Tag 364 / “Das schaffen die Wenigsten.”
Sagte die Ärztin zu meiner ehemaligen Mitpatientin aus der Reha heute. Zweimal hatten die Mediziner auf der Intensivstation die Frau mit Leberzirrhose und Hepatitis aufgegeben, nicht mehr geglaubt, dass sie die Nacht überlebt, es schafft. Aber darauf bezieht sich die Ärztin mit ihrer Aussage heute gar nicht. Das, was die Wenigsten schaffen, ist die langfristige Abstinenz vom Suchtmittel. Von einem anderen Patienten aus dem letzten Jahr weiß die Internistin, dass er auch noch trocken ist. Mehr nicht. Zwei Patienten also insgesamt.
"Das schaffen die Wenigsten." Sagen die bei den Anonymen Alkoholikern. Ein neues Leben anzufangen mit all dem, was kommt. Sich dem zu stellen. Es nüchtern erleben. Ohne Selbsthilfegruppen schaffen es die Wenigsten.
"Das schaffen die Wenigsten." Trotz Hartz IV. Trotz Doppeldiagnose. Trotz Single. Trotz sozial zurückgezogen. Trotz bisweilen schwieriger familiärer Situation.
"Das schaffen die Wenigsten." Mit so vielen schweren Tagen. Mit all der Gefühlsintensität. Mit Wut, Traurigkeit, Verzweiflung, Angst, Einsamkeit, Selbsthass. Mit all den nicht endenden physischen Beschwerden. Wieder und wieder Antibiotika. Nahrungsmittelunverträglichkeit. Zyklusstörungen. Ohne dass enorme Verbesserungen eintreten bei Gewicht, Haut, Fitness, Ordnung.
"Das schaffen die Wenigsten." Aber wir schaffen es bis heute. Wir schaffen das.
0 notes
agatha-abstinent · 9 years
Text
Tag 163 / Ich packe meinen Koffer...
... und nehme mit: ein Kamel fünf Duschgelsorten drei Shampoos ein Blaues Buch ein leeres Abstinenzkalenderblatt viele, bunte Aufkleber Malsachen eine Kuscheldecke abriebfeste Hallensportschuhe mit größtenteils heller Sohle einen neuen Bademantel fünf Schals Ohropax Ladekabel Briefmarken leider keine Badelatschen mit Noppenfußbett Notizbücher Liebesspielzeug 80 Wattepads eine Stange Zigaretten zwei Badehandtücher eine Mütze ... meine Angst mein Übergewicht meine Medikamente meine Sorgen meine Unsicherheit ... meine Abhängigkeitserkrankung
0 notes