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#vague assoziationen
fabiansteinhauer · 7 months
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Vague Assoziationen
1.
In Brasilien habe ich zwei Vorträge über die Geschichte und Theorie vaguer Assoziationen gehalten, natürlich am Beispiel von Aby Warburgs Staatstafeln, weil es gerade so nahe liegt. Wozu das, wozu vague Assoziationen?
Wenn polis polos ist, dann helfen vague Assoziationen. Wenn die Assoziationen, die wir Gesellschaft nennen, zwar gebaut sind oder sonstwie auf künstliche, technische oder kunstvolle Art das Leben behausen lassen, sich aber dennoch drehen und wenden, kippen und kehren, dann ist polis polos, dann sind Assoziation auch Kehren und Wendungen, Kippen und Drehungen.
Polis ist polos, wenn zum Beispiel die Polizei nicht unbedingt dein Freund, wenn sie nicht unbedingt dein Feind ist und wenn eine Unterscheidung wie diejenige zwischen Freund und Feind nichts entscheidet, dafür aber meteorologisch oder unbeständig ist, wenn sie also, wie Thomas Hobbes sagt, kommt und geht (geht und kommt), und wenn ihr Erscheinen so wie ihre Entfernung schwer kalkulierbar bis unberechenbar bleibt.
2.
Dann habe ich noch einen Vortrag in Rio Nach dem Gesetz gehalten, der Vortrag war aber nur ein Kommentar zu einem Film, und im übrigen recherchiert, vor allem zur Geschichte von Boaventura de Sousa Santos Dissertation. Recherche heißt auch Protokoll, Protokoll heißt auch Fotografie (wozu hat der Mensch zwei Augen?), denn: kein Tag und Nacht ohne Linien, keine Linien ohne Wellen, also ohne Vagues. Man soll den Apparat füttern.
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fabiansteinhauer · 8 months
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Vague Assoziationen
1.
Die normative Kraft des Kontrafaktischen muss nicht stabilisierend sein. Das Ziel des Distanzschaffens und der Formeln, Akte, Protokolle muss nicht sein, Verhaltenserwartungen zu stabilisieren. Gesellschaft muss nicht im Gleichgewicht sein, kein Gleichgewicht haben. Der einzelne muss nicht im Gleichgewicht sein und Gleichgewicht haben.
Gleichzeitigkeit ist ohnehin ein Gerücht, immerhin zwar normatives Material, aber gleichzeitig sieht man, wie die Kubisten treffend sagen, nichts, alles nur voreinander und nacheinander, denn das Sehen braucht und verbraucht Zeit. Würden Zeiten nicht durch Räume und Räume nicht durch Zeiten gehen, müsste man keine Worte darum machen, keine Tempel und Städte bauen, keine Gerichte und keine Parlamente. Nicht nur der Kopf ist rund, damit dass Denken die Richtung wechseln kann. Die Erde ist auch rund, damit sie sich besser drehen kann.
Was für Niklas Luhmann ein Problem ist, das ist auch für Aby Warburg ein Problem, nur reagieren beide unterschiedlich. Trivial zu sagen, aber nicht trivial zu verstehen. Auf seinen Zetteln, die sich mit dem Gleichgewicht befassen und die insofern Referenzen zu Seneca, Lipsius und Alberti sein können (dafür muss man sie assoziieren) prägt Niklas Luhmann den Begriff der vaguen Assoziation. Er benutzt diesen Begriff so, wie man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Für Luhmann ist das ein Begriff, der nichts begreift. Darum meint er, müsse man aus vaguen Assoziationen Assoziationen machen, die nicht vague sind.So feilt er an seiner Systemtheorie.
2.
Das macht Warburg anders. Der assoziiert vague. Wie sein Bruder, der von dem Historiker Vagts gefragt wurde, ob die Warburgs bereit seien, die SPD zu unterstützen, um gegen die Nazis vorzugehen, auf diese Frage angeblich damit reagierte, dass er Segeln ging, reagierte Aby Warburg auf seinen Kontakt mit dem Schlangenritual, dass er eine Kreuzfahrt machte mit dem Juristen Melchior. Der machte das Selbe, aber nicht Gleiche, denn er machte das Selbe verkehrt oder umgekehrt. Et vice versa: und die Sünde wie vollbracht, und die Laster verkehrt, aber auch ok. Der Bruder von Aby sagt nicht nein, nicht ja. Das heißt nicht, dass er nicht gegen die Nationalsozialisten oder für die SPD war. Der hat vague reagiert, sogar implizit und explizit, der hat wortwörtlich vague reagiert und bildlich vague reagiert, als er mit seinem Boot auf das Wasser ging und den Sozialdemokraten Vagts stehen liess.
Das ist bei Aby das Selbe, auch wenn es nicht das Gleiche ist. Vague Assoziation ist nicht unbestimmt, ist nicht leer. Wenn sie Negation ist, dann in Adolf Reinachs Sinne; ein Akt der Verhandlung, der sich zur Handlung so verhält, wie ein Versprechen zum Sprechen. Diese Negation spricht man vielleicht besser englisch als deutsch aus, um das beweglich, das Mobile der Aktion und der Reaktion zu verstehen. Das ist nicht die Leere, nicht das Nichts. Was ist das dann? Man kommt mit dem Versprechen wie mit der Verhandlung auf eine schräge, transversale, diagonale oder quere Bahn. Was in Handlung und Sprechen eine Richtung hat, bekommt in Verhandlung und Versprechen mehr und weniger als eine Richtung. Differenz muss im Sprechen und im Handeln operationalisiert werden, wie im Versprechen und im Verhandeln. Man kann auch sagen, ob eines mehrdeutiger oder eindeutiger ist. als das andere, in allen Techniken ist aber beides möglich und in allen Techniken ist das nur möglich, weil Differenz operationalisiert wurde, nicht weil sie erzeugt oder beseitigt wurde. Differenz nimmt nicht zu, nicht ab, wie der Mond. Das Sichtbare und das Unsichtbare schieben ihre Linien vor. Im Versprechen und im Verhandeln sind die Richtungen anders als im Sprechen oder Handeln. Im Versprechen und Verhandeln können diese Richtungen vague, polar sein: sie verkehren, sie verzehren.
2.
Wenn die Warburgs vague assoziieren und wenn Aby Warburgs Bild- und Rechtswissenschaft nicht auf ein Recht oder auf ein Bild zielt, das kontrafaktisch stabilisiert und nicht kontrafaktisch stabilisierend ist, dann sind das keine Einzelfälle.
Die Verhandlung ist Technik, das Versprechen ist Technik. In Adolf Reinachs Sinn und in Sigmund Freuds Sinn sind Verhandlungen und Versprecher keine Handlungen und kein Sprechen, aber nur in einen bestimmnten Sinn, nämlich, dass sie das nicht ganz sind, nicht vollständig. Sie kreuzen etwas im Sprechen, wechseln die Bahnen im Sprechen oder wechseln die Züge der Hände. In Stücken handeln die doch, in Stücken sprechen sie doch. In Akten sprechen und handeln sie doch, auch wenn der Akt ein Stück und in Stücken ist.
Aby Warburgs Expertise entwickelt sich nicht an Theorien und Geschichten der Fragmentierung, nicht an einem Verlust oder einem Gewinn der Eindeutigkeit. Sie entwickelt sich am Verlust und Gewinn jeder Deutung und das in doppelter Buchführung. Seine Expertise entwickelt sich an Fragen der Zeitmessung, an der Astrologie und der Astronomie. Das ist Bild- und Rechtswissenschaft aus dem Geist der Kanzleikultur, die nicht an großen Referenz hängt, nicht eingangsfixiert ist (man kommt nie rein, weil man nie raus kommt und immer rein, weil man immer raus kommt) und nicht am Eigentum festhält. Eigentum ist in dem Sinne das Übertragbare, das Teilbare, das Wechsel- und Verwechselbare, das Durchgehende oder das Reproduzierbare. Das Eigene wird gar nicht als Festhaltung begriffen. Diese Kultur wechselt, wechselt aus und ersetzt, stellt von hier nach da. Die sortiert immer, aber das sie eine symbolische Ordnung habe oder sei, dass sie die Ordnung sei oder in Ordnung sei, das wäre zuviel gesagt, wenn man sie an auch nur an einer Referenz festhalten wollte.
Die Frage nach dem Akt und seinen Fähigkeiten, nach dem Sprechen und Handeln und deren Fähigkeiten stellt Warburg im Hinblick auf Bewegungen, der er als polar versteht. Insofern nenne ich ihn einen Polarforscher, der forscht an polaren Bewegungen, also solchen, die kippen, wenden, winden, drehen, falten, kehren. Das ist aber auch eine Geschichte der vaguen Assoziationen, in der der Begriff des Vague dem Begriff phagein, dem Begriff des Verschlingens verwandt ist - und der Geschichte eines Wissens, das explizit wendig, drehend, kreisend sein soll, schon weil sein Gegenstand das sein soll. Luhmann sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht: Er sieht nicht die reiche Geschichte, in denen Assoziation ist, was Welle machen kann. Wenn er so an Stabilisierung und Gleichgewicht interssiert ist, muss er das nicht unbedingt sehen. Es sei denn, dass die Frage nach dem Gleichgewicht sich auf einem Ungleichgewicht heraus stellt. Und das sollte sie, zumindest auch. wenn Luhmann den Wald vor lauter Bäumen nicht sah und keine Theorie vaguer Assoziation, sondern Systemtheorie entwickelte und alles gut ging, dann ist gut. Dann hat er eventuell Glück gehabt. Vorsorglich sollte man vorbauen, für Fälle in denen es nicht gut geht, wenn man nicht vague assoziiert.
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fabiansteinhauer · 6 months
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Denkraum/ space of spes and fession/ fashion
1.
Eyal Sivan könnte auf der documenta inzwischen eine persona-non-grata sein, sicher bin ich mir nicht, sicher ist im Moment aber keiner. Auf der documenta persona-non-grata zu sein ist leicht, denn in Zeiten, in denen nichts garantiert ist, wird fast jeder leicht zur persona non grata.
Eyal Sivan hat dafür einiges getan, nämlich sehr lange geübt, eine Person für ungarantierte Zeiten zu sein. Wenn er ein Person für jede Gelegenheit ist, dann, indem er geübt hat, eine Person für ungarantierte Zeiten zu sein. Er hat geübt, persona non grata zu sein. Der hat sich in Antisemitismus geübt, aber nicht wie die Flaschen. Nicht wie die Flaschen, die sich in Antisemitismus üben, indem sie üben, ihn zu definieren und ihn Flaschen zu packen. Er hat sich im Antisemitismus geübt, in dem er ihn gefilmt hat. Der hat ihn durch bewegte Bilder geübt, durch Regen und Regung.
2.
Unter anderem hat Sivan einen Film zur Prozeßbeobachtung gemacht, einen Film zu Hannah Arendt, einen Film zu Eichman in Jerusalem. Damit ist er in der Rechtsgeschichte und Rechtstheorie bekannt geworden.
Da wurde er bereits in weiten Kreisen auch persona non grata, in weiten Kreisen in allen den Ländern, von denen man sagt, dass sie gelobt sein sollen und das Volk dort ausgewählt sein soll. Das ist nun wirklich nicht nur Israel. Wir sind alle Juden, zumindest alle Deutschen, zumindest die, die ich kenne, mal bildlich, mal wörtlich. Wir sind alle Antisemiten, wenn wir nicht können, was wir wollen, nämlich wenn wir selbst in einem gelobten Land ausgewählt sein wollen und nicht wollen, das andere das auch sind und wenn wir dann Mal wieder, wenn was schief geht, alles auf höhere Mächte schieben. Dann sind wir alle Eichmann, auch alle Eichmann in Jerusalem. Et in Jerusalem Ego. Auch das Begehren kreist, auch das Begehren ist mimetisch. Auch das Verzehren kreist, auch das ist mimetisch. Auch das Verkehren kreist,dann auch das ist mimetisch. Die Bild- und Rechtswissenschaft Warburg kann dazu mehr sagen, ein andern mal.
3.
Ein Problem war damals, als Sivan in der Rechtsgeschichte und Rechtstheorie bekannt wurde, dass er nicht gelobt und nicht ausgewählt hat, der Sivan. Der hat vorgeführt, Eichmann in Jerusalem. Sivan ist einer, der Instrumente hat. Das ist einer, der, soweit er Instrumente hat, kein Instrument ist. Soweit er power hat, ist er nicht in der Hand einer Macht über ihm, unter ihm oder hinter ihm. Der macht mit. Macht macht gern er mit - und soweit das reicht, lingt das.
Gelingen tut es nur ihm allein, ganz alleine. Wenn andere ihn loben, ist ihm das furchtbar peinlich. Vom Typus her ist Silvan nicht Gentleman, nicht Manager, nicht Homo Digitalis. Vom Typus her ist er Artist, so, wie sie sich zum Beispiel im Florenz des 14. oder 15. Jahrhunderts auch dann ballten, wenn jede Ballung damit einher hing, auch mal die Fäuste in den Taschen zu ballen.
Eyal Sivan wurde einmal von Cornelia Vismann auf eine legendäre Tagung zu Recht und Bild in London eingeladen, wegen dieses Films. Das war im Birkbeck, mein 'Elberfeld von London', nur 100 Meter vom Warburg Institut entfernt. Die Geschichte dieser Tagung ist entfernt, aber nicht weg, die Tagung ist völlig unerledigt geblieben. Mit einem Beitrag über Doppelgänger und Bildrecht (der später teilweise in Bildregeln, teilweise in Das eigene Bild einging und umso mehr unerledigt blieb) wurde ich dort eingeladen und bekam furchtbar den Kopf gewaschen, von allen inklusive Cornelia. Fühlte mich auch gleich als persona-non-grata, also wolle mich keiner, weil alle mir was wollten. Harte Forschung, Eyal Sivan hat teilgenommen und mir furchtbar den Kopf gewaschen. Schlimmer als das kann nur eins sein: Schweigen oder höfliches Lob, um nichts sagen oder fragen zu müssen. Das ist dann die Hölle. Das andere ist nur Fegefeuer. Da, an dieser Tagung, könnte ich nicht nur sofort wieder teilnehmen. Ich tue es auch, immer wieder, wenn ich daran denke, denn so etwas prägt einen, weil es einem eingeprägt ist.
Später fragt man sich was, immer too late, weil auch auf so einer Tagung, die wirklich mal eine Tagung ist, ein echte Tagung mit echter Dämmerung [und nicht bloß so ein huschhusch Neonlight], alles too much ist. Wenn too much ist, dann tagt was, dann ist Denkraum, verschiebt auch die Nacht. We always transmiss to soon and always translate too late.
Unter anderem frage ich mich seit dem zu spät, was spes in Anbetracht so eines Spezialisten wie Eichmann ist (spes wie auf Warburgs Staatstafel). Was ist Fession oder Fashion in Anbetracht so eines Profis, wie Eichmann es ist? Sivan hat das angestossen, dafür musste der Film anstößig sein. Denkraum ist alles andere als safe space, da fühlt man sich alles andere als wohl.
Kann man, wenn so einer wie Eichmann auftaucht, hoffen, kann man sich so verzweigen, professionell verzetteln zum Beispiel, wenn so einer auftaucht?
Die Antwort ist nach langen Jahren Übung ganz lange übend einfach, Zen: Man könnte es können und man sollte es können, solange man das übt. Das ist eine vague Antwort, sogar eine Antwort, die en vogue sein kann, die wellenweise nichts anders als fashionable, passend und passierend sein kann. Üben hilft. Üben, eine Flasche zu sein, hilft Flasche zu sein. Der Stadtteilrater, Mitglied des Sowjets der Urbanpartisanen Norbert hat mich glücksweise an die Flaschen erinnert. Der hat das gestern, als ich vor der Tür einer Art Drogerie stand, um rhizomatische Rauschmittel, besser gesagt Verrauschmittel zu kaufen. Vor der Tür hat er das Bilder- oder Wortefahrzeug von der Flache gebraucht, wie immer zu richtigen Zeit am richtigen Ort (er hat auch gleich erklärt, wie die Rauschmittel funktionieren).
Norbert hat gesagt, die Flaschen wollen den Antisemitismus definieren, um ihn in die Flasche packen zu können, um ihn zu beherrschen. Sivan macht nichts besser, nichts schlechter als die Flaschen. Der übt aber, da bin ich ziemlich sicher (nur soweit es sich ziemt), lässiger. Darauf ein Pilz an der Bar.
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fabiansteinhauer · 7 months
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Vague Assoziationen
Er fertig Listen an, in dem er Wellenlinien zieht. An der Stelle kommentiert Vismann Levi-Strauss, indem sie die Schreibstunde der Nambikwara mit der notitia dignitatum assoziiert.
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fabiansteinhauer · 2 months
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Warburg, ein Systemtheoretiker
1.
Wie kommt ein Bild, über das Warburg sein Interesse an einer Bild-und Rechtswissenschaft auf Fragen der Meteorologie und Polarforschung ausgedehnt hat, auf das Cover eines Buches über einen Rechtswissenschaftler?
Das Bild auf dem Cover stammt zwar aus Thüringen, bildet in gewisser Hinsicht aber das, was Warburg auch mit dem Begriff der Pathosformel meinte, nämlich eine Formel, mit der entfernte, polare und meteorologische Zeit- Denk- und Spielräume wieder gesichtet und aufgegriffen werden. Werner Tübke hat für das Monument in Thüringen auf ein altes Motiv aus der Zeit der Bauernkriege zurückgegriffen, in dem auch Luthers Erscheinen mit einer jener Fluten assoziiert wurde, die das Fundament der Monoarchismen unterspülen sollen, seitdem man versucht, an normativen Referenzen Monopole zu errichten. Man könnte als anständiger Demokrat das Bild heute so verwenden: heute sei Höcke die aufziehende Apokalypse, der den Turmbau zu Babel, diesmal als globalen Bau einer bereits multiplen, vielspachigen Welt auf den Boden und in den Blutpool des Nationalen einstürzen lasse. Pathosformeln tauchen erregt, in hoher Erregung auf und lassen eine entfernte, meteorologische und polare Zeit nachleben. Darum entziehen sie sich einer exklusiven Verwendung. Man könnte auch eine Gegenfigur zu Höcke als heiliges Fischchen oder apokalyptisches Wunderwesen einsetzen.
Das Cover auf dem Buch von 2019 wiederholt einen alten iconic turn und eine alte Bilderflut und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Warburg hatte zu dem Motiv publiziert, eventuell ist Werner Tübke über Warburgs Publikation auf das alte Motiv gestossen.
Teubner, ein Polarforscher, hat mit der Formel "Gerechtigkeit als Transzendenzformel" nicht nur eine Formel von Niklas Luhmann verwendet, also auch verkehrt und verzehrt. Er hat auch die Pathosformel von Aby Warburg verkehrt und verzehrt. Teubner, ein Wildwissenschaftler (Bild- und Rechtswissenschaftler) Luhmann, ein Warburgianer; Warburg,ein Systemtheoretiker. Kafka, ein Jurist: Diese Figuren zeichnen Karrieren und Biographien nach, die zwar unter dem Komplex einer komplexen Gesellschaft arbeiten, aber nur bedingt darunter leiden. Sie alle machen Züge und haben Züge, bei denen die Trennungen und die Assoziationen, di sie durchziehen, anhaltend und durchgehend skalierbar bleiben. Sprich: die Trennungen können groß gemacht werden und klein gemacht werden. Der Abstand zwischen Warburg und Teubner, kann maximal, kann minmal sein - in jedem und durch jedes Detail. Die Trennungen und Assoziationen können sich in einer großen Anzahl von Operationen systematisch halten und in einer kleinen Anzahl von Operationen an minoren Objekten halten. Keine der Figuren ist mit den Wenden, Kehren und Kippen, die sie vollzogen haben, losgeworden, was sie wechselten: Warburg nicht das Bankgeschäft, Kafka nicht die Versicherungsanstalt, Luhmann nicht den Krieg und seinen entfernten Kameraden, der Herrnhuter Teubner nicht den Katholizismus, in dessen geschmeidiger Wendigkeit nichts fragmentiert, alles aber biegsam und gebeugt bleibt. Mussten sie auch nicht und wollten sie vielleicht auch gar nicht, Teubner etwa pendelt gerne in römische Zonen am Mittelmeer zurück.
Wenn die komplexe Gesellschaft die Gesellschaft ist, die nicht mehr alles mit allem verbinden kann und nicht mehr alle mit allen verbinden kann, dann ist MultipliCity (die oder das zwar eine Gesellschaft sein kann, aber keine Gesellschaft sein muss), etwas, in dem Recht, Pastorale und Urbanität, historische und multiple Reiche, Regierungen, Regungen und Regime kooperativ und koextensiv erscheinen und in dem allem durchgehend und anhaltend passieren kann, involviert zu werden. Alles ist verwickelt.
Wenn Luhmann in seinen Notizen zur Konstanz und zum Gleichgewicht glaubt, die vaguen Assoziationen, die Unbeständigkeit mit einer Theorie oder Praxis der Homöostase oder Autopoiesis hinter sich gelassen zu haben, dann können ihn vague Assoziationen und Unbeständigkeit dennoch einholen. Wenn Teubner glaubt, Luhmann hinter sich gelassen zu haben oder Warburg hinter sich gelassen zu haben, können beide ihn einholen. Wenn Warburg glaubt, das System hinter sich gelassen zu haben, kann das System ihn einholen.
Man kann Luhmanns Satz, das Recht sei kontrafaktisch stabilisierte Verhaltenserwartung auch so lesen: Dass die Stabilisierung nicht erfolgt, nicht verwirklich wird, sondern nur Kontrafaktisch bleibt, Illusionen aufsitzt, nur durch Kontrafakturen zu sichten ist und packen kann. Das Kontrafaktische muss nicht das Irreale, Ideale, Ausgedachte oder Abstrakte sein: Das können graphische und choreographische Gegenzüge sein, also selbst faktische Züge, deren Widerständigkeit und Insistenz nur die Richtung kehren, wenden oder kippen lassen.
Ich bringe Aby Warburg nicht unbedingt ins Spiel, um ihn gegen die Systemtheorie auszuspielen (knüpfe aber durchaus an dem alten Gespräch zu Widerständen der Systemtheorie an), sondern um mit einem Vergleich zwischen Warburgs bild- und rechtswissenschaftlichen Summe (den beiden Staatstafeln) einerseits sowie Luhmanns und Teubners Ideen zu Formeln andererseits einen entfernten Systembegriff zu restituieren, den man sogar mit dem römischen Recht und dem Begriff tabula picta assoziieren kann. Der Begriff tabula picta bezieht sich auf graphische und choreographische Züge, die sich dadurch auszeichnen, zweischichtig und damit zweideutig zu bleiben. Was daran Schreiben ist, ist Schreiben im Sinne von Graphik und Choreographie, die Unterlagen haben, und es ist Schreiben im Sinne von etwas, was einen Zug macht und darum einen Zug hat, also als Trakt und Tracht erscheint. Wenn dieses Schreiben Schrift ist, dann ist Schrift in diesem Sinne die Einfalt der Differenz von Auf und Ab, die Einfalt der Differenz von Hoch und Runter, die Einfalt der Differenz von Vor und Zurück, die Einfalt der Differenz Upside/Down und damit vague Assoziation und vague Trennung, wie Cornelia Vismann das brilliant am Beispiel der Verwaltung in den Traurigen Tropen gezeigt hat.
Ich sage Einfalt, nicht Einheit, weil ich das vom Horizont diplomatischer, juridischer und bürokratischer Kulturtechniken sehe - vor allem auch als etwas, was in seiner Zügigkeit (und damit auch unausgefüllten und unerschöpften Zeit) Komplexität gerade darum nicht reduziert, weil es unterkomplex ist und Komplexität gar nicht anrührt.
Wenn das römische Recht jemals systematisch war und den Begriff tabula picta jemals systematisch verwendet hat, dann ist das System das Verkehrende, Verkehrsfähige und Verkehrbare, das Vague und das Vogue. Ich denke, dass Marta Madero das in hinreichender Schärfe rekonstruiert hat. Der Begriff tabula picta dient nicht dazu, Unterscheidungen, Skalierungen oder Musterungen festzustellen und einrasten zu lassen, sondern sie verkehrend, verkehrsfähig und verkehrbar zu halten. Was sich durchsetzt, ist durchsetzt von seinem Anderen, also von dem, gegen das es sich durchsetzt. Durchsetzung ist insofern transgressiv, transversal oder aber diagonal, aber weder Verwirklichung noch Lösung des Problems. Darum baut sich an Pathosformeln eine Geschichte nur und immerhin als ein Geschichte auf, indem entfernte Zeiten, die man längst überwunden dachte, plötzlich vor einem stehen. Nanu, mitten auf dem Cover von Teubner ein Babel-Fisch, ein übersetzender Warburger Zug, man sagt, ein Steinhauer sei involviert gewesen, den Warburg dahin zu bringen. et in systema ego und in sozialen Systemen Warburg. Der Mund ist rund, damit man die Worte darin verdrehen kann. Das Rigide verstehe ich insofern als Teil einer Technik, deren Name Dogmatik ist, die aber nicht unbedingt Stoppregeln verlangt, nur ein Regen, das rigide reicht und einen Regen, der rigide reicht. Nicht das Stoppen ist dogmatisch. Das etwas reicht, das ist dogmatisch. Das Genügen lässt das Selbe ziehen, die Saturiertheit bleibt unersättlich. Einen Vorschlag, den Gratian im Decretum, also im kanonischen Recht gemacht hat, aufgreifend gehe ich davon aus, dass so eine Dogmatik dem Lex Satyrica untersteht.
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fabiansteinhauer · 4 months
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Akten
Nächste Deadline: Warburgs Akten. In dem Aufsatz, der in einem Sammelband zur Geschichte und Theorie der Akten erscheint, schreibe ich zur Frage, inwiefern Aby Warburgs Tafeln Akten sind.
Im November 2022 hatte ich dazu in Wien einen Vortrag gehalten; im Wiener Staatsarchiv und im Militär- bzw. Kriegsarchiv Archiv hatte ich gleichzeitig zu einer der vielen Herkunftslegenden, man kann sagen: der ursprünglichen Legenden über Warburgs Tafeln geforscht, nämlich zu der Behauptung von Gombrich, dass Warburg diese Tafeln von Fritz Saxl, der wiederum von der österreichischen Armee übernommen hätte. Es gibt einige Vorbilder für die Tafeln.
Das sind also zum Beispiel die Tafeln, die Saxl als Ausbilder u.a. für die Artillerie, wo er im ersten Weltkrieg hochdekoriert eingesetzt wurde und von denen ich nach Studium der Personalakten Saxls mir spekulativ vorstellen kann, dass er dort auch Graphen für Projektile und andere Geschosse oder aber mathematische Formeln zeichnete, deren Ernst und deren Bedeutsamkeit für den Einsatz im Krieg (man zielt damit auf die Richtigen, nicht auf die Falschen) es auch rechtfertigt, diese mathematischen Formeln Pathosformeln zu nennen, zeichnete. Saxl war guter Mathematiker, das half ihm nicht nur für seine kunsthistorische Expertise, die insbesondere Rembrandt, aber auch der astrologischen und astronomischen Literatur und Bildgeschichte galt. Der konnte Kurven und Ellipsen berechnen, egal ob das jetzt Planeten oder Meteore oder Granaten waren. Saxls Tafeln können dem Warburg ein gutes Vorbild gewese sein. Dann gibt es, besonder gut erläutert, dasjenige Vorbild, das Thomas Hensel nach ein Vorbild für Warburgs Tafeln war, nämlich ein Klapptisch, eine Art Reißbrett. Auch das kann dem Warburg ein gutes Vorbild gewesen sein, fantastisch auch die Beweisführung, die Thomas Hensel quasi auf den Tisch gelegt hat und die ich seitdem nicht mehr ignorieren, quasi aus dem Blick wieder löschen kann.
Ich gehe davoon, dass Vorbilder Referenzen sind, die vague oder vogue sind, die also vagabundieren und pendeln können. Für Warburgs Tafeln kommt ein Vorbild in Betracht, das durch heterogene Objekte gewandert ist, das also durch seinen Tisch und Saxls Tafeln gewandert sein kann. das Vorbild kann auch durch die Einrichtung in den Räumen der Warburgs gewandert sein, die römisch tabulinum oder tablinum genannt wird und zwischen privater und öffentlicher Sphäre einen Arbeitsraum, ein 'home office', ein Sekretariat, ein Büro oder eine Kanzlei bildet. Dort standen bei den Warburgs Tische und Regale (also horizontale und vertikale Tafeln) und an den Wänden hingen noch einmal vertikale Tafeln und Tabellen. Weiter noch kann das Vorbild auch durch römische Akten gewandert sein, durch den Kalender des Filocalus von 354, den Warburg im Atlas verwendet und der ein Modell derjenigen Akten ist, die primär kalendarisch, zeitmessend, zeitgliedernd und zeitverwaltend arbeiten. Als zweites wichtiges Vorbild kommt die notitia dignitatum in Betracht: das Vorbild der Akten, mit denen auch Körperschaften gliedern und gegliedert werden. Dort finden sich auch Bilder von Tafeln, auf denen Tafeln stehen.
Soll man von einem Vorbild oder von Vorbildern für Warburgs Tafeln sprechen? Weil die Voraussetzungen, von denen ich ausgehe, differenztheoretisch genannt werden (ich nämlich davon ausgehen, dass alles das, was vorgeht und immer wieder nachrückt Differenz ist und Identität insofern Differenz aufsitzt und sekundär ist) ziehe ich den Singular vor, spreche also von einem Vorbild, nur eben von einem, das wandert und dessen Form vague und vogue assoziiert bleibt. Die differenztheoretischen Annahmen sollen die Frage nach dem Selben nämlich schärfen, nicht entschärfen. Sie sollen die Frage nach den Übersetzungen und Verstellungen, nach dem Artifiziellen und dem Stellvertretenden, die nach Assoziationen und ihrem Unbeständigen (das weder leer ist noch einer Leere aufsitzt) schärfen und nicht entschärfen.
Mir scheint, dass die Verwendung des Plurals eine Reaktion darauf ist, dass einige den auf Knopfdruck spielen oder aber die große Trennung (man müsse doch unterscheiden!) wie auf Knopfdruck schon bei leichtesten Problemstellungen zücken und anderen darum ebenso leicht als Replik den Plural verwenden. Sagt jemand, warum jemand anderes eigentlich immer vom Recht spreche, das Recht sei doch so unterschiedlich und Wissenschaftler hätten inzwischen mehr als 146 Rechtsbegriffe gezählt, jeden Tag würden Juristen mit neuen Rechtsbegriff aus der Tasche Zaubern und suggerieren, das sei alles Recht, immer wieder das Recht, was ein erlaubter, aber auch billiger Trick, eben Nominalismus auf Knopfdruck ist, dann zücken andere den Pluralisierungsjoker und sagen, das wüssten sie auch alles und sähen es auch als Problem an und würden darum sorgfältig von der Vermehrung und Vervielfältigung der Rechte sprechen. Da kann man auch beim Singular bleiben.
2.
Ich würde von einem Vorbild für Warburgs Tafeln sprechen. Das ist jene Akte, die ein minores Objekt ist und insofern Bilder, Wort und Schrift, Speisen und Getränke, Körper und Geistergeschichte tragen und tragen lassen kann, trachten und trachten lassen kann.
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fabiansteinhauer · 5 months
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Was ist vague und vogue?
Statt abstrakt von Vagheit zu sprechen, wie das Ladeur in seinem Buch zu Recht und Kultur macht, schlage ich vor, konkret und am Detail orientiert vom Vaguen und vom Voguen zu sprechen, also von vaguen und voguen Assoziationen, von wegenden und regenden Kulturtechniken, vom letzten Schrei vom letzten Samstag zum Beispiel.
Das Vague und Vogue, das nicht abstrakt aufgestellt ist, das ist laufende Regung, die nicht leer und unbestimmt, nicht spurenlos daherkommt und nicht aus dem Nichts kommt. Die schöpft aus der Fülle eines Alltages, der wie der Igel immer schon vor dem Juristen, dessen Phobien und Melancholien, dessen Utopien und Hoffnungen da ist und insofern kein weißes Blatt Papier, keine unbeschriebene Tafel, keine bisher ignorierte und unberührte Zone ist, sondern der auch schon mit Rissen, Schichten und Mustern, nicht flach sondern plastisch daher kommt.
Man kann diesen letztlich schon verkehrten und faltigen Alltag gerade auch dann mitmachen, wenn alle normativen Versuche, ihn in den Griff zu bekommen, schon einmal gescheitert sind.
Begriffe sind nicht vaguer/ voguer als Bilder und auch nicht weniger vague/ vogue als Bilder. Dass sie es sind, liegt nicht an Abstraktion oder Einfühlung, nicht an ihrer Form, nicht an einer mangelhaften Füllung mit Inhalten. Sie sind vague und vogue, weil sie durch ihre Form in Regung sind. Ohne Form wären sie nicht in Regung, aber die Form ist nicht die Regung, so, wie die Phobie nicht der Affekt, sondern das Treiben der Affektionen ist.
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fabiansteinhauer · 5 months
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Wozu Kontrafakturen?
1.
Exempla trahunt: Das Photo oben ist in mehrfacher Hinsicht eine Kontrafaktur. Das Foto zeigt einen promovierenden Rechtsrefrendar in einer leicht zu großen Uniformjacke, die aus dem vollständig aufgelösten Bestand der nationalen Volksarmee kommt und seitdem unbeständig herumgereicht wird. Das Foto ist aus demJahr 1997, der Referendar ist 26Jahre alt, hat eine russische Gefährtin, einen Sohn, einen Dackel (Jonas), seine Vater ist tot, die Mutter und die Geschwister leben. Sein Talent: Melancholie, passioniert und mit großer Rückschlagkraft. Seine Schwäche: er ist klein, schon die Jacke im Bild passt ihm nicht, er weiß von allem zu Großem und Unpassendem und weiß es jeweils im Komplex, nur komplex. Er ist schwach, ändert laufend seine Meinungen und Ansichten, will sowohl dies als auch das, unbedingt, und immer noch nicht akzeptieren, dass von zwei Dingen nur eines zu haben sein soll. Da tendiert er zu Größenwahn. Erwachsen wird der noch lange nicht sein, da muss er seiner Negation erst einmal in Form drohenden Todes, in Lebensgefahr begegnen, das geschieht erst viele Jahre später Vorher schützt er sich mit geschickter Melancholie, ist immer hin und weg, wenn auch nicht für gleiche Zeit.
Wissenschaft ist kein Militär, Forscher sind keine Kürassiere, aber staatlich und ständisch, immer wieder, ständig kommen auch die Wissenschaft und ihre Subjekte. Die Objekte bringen sie mit und helfen ihnen, zu erscheinen und zu scheinen. Da kann die Wissenschaft von strategischem Wissen lernen, von Uniformität und Informiertsein zum Beispiel. Zum Beispiel soll in der Wissenschaft, anders als in der Armee, keiner Uniform und Befehlsträger sein, alle aber sollen informiert sein, gut so, das ist toll, damit kann man tollen. Der Wissenschaftler soll Subjekt sein, nicht Uniform und Objekt. Also muss man das üben.
Der Refrendar war ich, auf dem Weg, Kulturtechnikforschung als Bild- und Rechtswissenschaft zu entwickeln. Erster Schritt: zweimal promovieren, das erste mal in Kulturwissenschaft. Da erschien 1999 das Foto, in der ersten Dissertation. Man kann dabei von null anfangen, wenn man kontrafaktisch anfängt. Das mache ich immer. Das war alles Plan, bis heute, alles Plan in Form einer Tracht, die lacht. Der Mensch tracht, so sagt man auf älteren Sprachen, dass er planen würde. Trachten und tragen meinen unter anderem Linienzüge, im Vertrag und in der Betrachtung sowie in der Alltagsprache des Jiddischen lebt etwas von dieser älteren Sprache nach, es kann sein, dass man auf der Straße irgendwo, etwa im East End in New York oder im Westend von Moskau noch das Sprichwort aufschnappt Der Mensch tracht, Gott lacht.
Auf der Bahn lachender Götter läuft ein Mensch, der entweder trachtet oder Tracht ist, der ist entweder total verplant oder total planfrei, auf jeden Fall wendig und windig. Für Kulturtechniken, die vom Bild und vom Recht zu wissen geben, ist das im allgemeinen nicht wichtig. Wenn es aber um Polarität und Polarisierung, um Unbeständigkeit, vague und vogue Assoziationen geht, dann können solche Kulturtechniken helfen. Man kann mit ihnen vertragen, sich oder etwas oder aber sich mit anderen vertragen. So lassen sich Verträge schließen und durchhalten, vor allem in polarisierten Extremlagen lassen solche Technik wenden. Beibringen kann man nur das Können, ob die Leute wollen oder sollen, müssen sie selbst wissen. Man kann mit solchen Kulturtechniken auch verfassen, sich und anderes, von klein auf über kleine Texte bis zu den großen Verfassungen großer Gesellschaften.
2.
Jetzt kommt die abstrake Definition, aber Geduld, abstrakte Definitionen versteht man nur übend.
Die Kontrafaktur ist eine kontrafaktische Kulturtechnik, die das kontrafaktische Objekt erscheinen und scheinen lässt. Das Kontrafaktische ist die Technik einer Kreuzung, die unter anderem als Austausch oder Verwechslung, als Bindung oder Schmuggel wahrnehmbar ist. So wird die Kontrafaktur unter anderem als Austausch in der Form verstanden. Das Beispiel oben zeigt das ziemlich häufig, mehr als einfach, multiple. Die Form der Wehrmachtsuniform (freudianische Autokorrektur Wahrmachtsuniform) taucht als ähnliche Form in der Arme der Nationalen Volksarmee auf, einmal kapitalistisch, einmal sozialistisch, einmal faschistisch, einmal antifaschistisch. Das ist eine wendige und windige Form, auch wie sie ganz starr ist. Soldat raus, Wissenschaftler rein: Noch eine Kontrafaktur. Seriöser Staatsrechtslehrer oder doch wenigstens die Referendarversion davon raus, kindischer Schlingel rein, noch eine Kontrafaktur. Ostkind raus, Westkind rein: noch so eine Kontrafaktur, diesmal mit der Verschiebung von Osten nach Westen schon recht warburgesk, aber ich habe ihn auch seit dem ersten Semester intensiv gelesen.
Ab Ovo Überraschungen, die eiern, mindestens drei in diesem Bild. In dem Text gab es, keine Sorge, noch mehr Beispiele für Kontrafakturen auch von der documenta, da war ich nicht während des Referendariats, da war ich während des Praktikums am Amtsgericht. Das Foto war ein kleiner Schritt, um mich in die Staatsrechtslehre und an das MPI zu schmuggeln und dabei immer verbindlich zu bleiben. Und dann soll man auf Glück hoffen, auf Fürsprecher hoffen, die Problem teilen, statt sie abschiebend zu lösen. Dann, auf einer Stelle, kann man das tun was alle versprechen: Dass man das man das alles nicht für dich, sondern nur für die anderen mache. So fabriziert man Stellvertreter und Ratgeber, insgesamt sind die Details viele.
3.
An Kontrafakturen interessiert mich besonders alles Unbeständige, Instabile, Meteorologische und Polare, sei es, weil es präzise oder weil es prästabil ist. Präzise, das ist vor der Entscheidung, vor dem Scheiden. Prästabil, das ist vor der Stabilität. Wußte ich das damals alles schon? So oder so weiß man immer alles, haftet vor allem für alles. Manches von dem Wissen macht man mute, stumm, planfrei und sinnfrei. So wie ich heute das Foto rechtfertige, hätte ich es damals nicht gerechtfertigt, auch wenn in dem Text schon Kelsen, Vaihinger und Warburg vorkamen. Das Wissen kann anthropofag sein, so nennt man das in Brasilien, man macht das Wissen im Verschlingen mit, auch ohne es im Spiegel zu begreifen. Reflexion wäre hier der falsche Begriff. Ich glaube, dass jeder Wissenschaftler nur ein, zwei Fragen hat, das sind die, die ihn beunruhigen. Das sind nur ein zwei Fragen, darum schreiben zumindest die Wissenschaftler, die ich pathologisch vergöttere immer nur ein Buch, oder sie lassen jeden ihrer Zettel nur einen Zettel sein. Anderes ist hilfreich, auch die, die ihre Arbeitsbiographie mit lauter Lösungsbücher umstellen, als seien sie nackt und das schlimm wäre. Wenn es der Wahrheitsfindung dient, soll es mir Recht sein. Aber das kann ich nicht pathologisch vergöttern.
In Bochum hätte ich heute über Aby Warburg und die Begriffe von Norm und Form sprechen sollen, also auch über Kontrafakturen. Auf den Staatstafeln vertragen und verfassen die Kontrafakturen einen neuen römischen Staat, sie tragen und trachten - in zwei Richtungen, kontrahierend und distrahierend. Warburg entwirft diese Technik auf der ersten Tafel kalendarisch - und aus dem Wissen um römisches Verwaltungsrecht,römische Kanzleikultur, auf Tafel 78 zeigt er das meisterhaft in Form eines diplomatischen Protokolls. Er entwift die Kontrafakturen weiter elliptisch kreisend, polaroid verzehrend, meisterhaft auf Tafel 79.
Leider arbeite ich seit Wochen etwas zu intensiv am Buch, es pressiert manisch das Buch Der Körper schlägt zurück, ich liege mit Erkältung, ratterndem Kopf schlaflos im Bett. Pause, wie kann man noch pausieren? Ich habe inzwischen fleissig geübt, abzusagen statt einfach dicht zu machen. Nicht immer gelint mir das, passieren immer noch Peinlichkeiten. Aber ich übe weiter, immer Anfängerübung.
Wozu Kontrafakturen? Um anfangen zu können, immer wieder und trotz allem, und um Zukunft haben zu können, immer wieder und trotz allem. Die Technik instituiert. Den Leuten, die zu Luhmann arbeiten, brauchen meine Beispiele und Erklärungen, was eigentlich ein Recht sein soll, das Verhaltenserwartungen kontrafaktisch stabilisiert ....nicht. das Selbverständliche arbeitet von Selbst und, wie Luhmann so glänzend formuliert: funktioniert! Da braucht man keine Verückungen und Probleme, keine Haarspalter und Rabulisten. Das ist doch gut so, dann haben sie nämlich ein Problem weniger, und das ist jedem zu wünschen :problemlos durch das Leben zu gleiten. Mein Terminkalender ist voll, man braucht mich nicht anrufen, wenn man jemanden sucht, der funktioniert. Mich soll man als Experten im Kreisen anrufen, wenn man jemanden braucht, der nicht funktioniert. Die Ministerien rufen mich auch an, zum Beispiel das Wiener für den öffentlichen dienst, aber nur, wenn sie jemand braucht der ihnen hilft, sich kontrafakatisch zu stabilisieren. das bin ich Spezialist. Wenn es Mal nicht funktioniert: Allzeit vague bereit, mit freundlichen Grüßen, ihr nöselnd genießender und insoweit ihr ....
Genüsse Fähnlein Steinhauer von der Kompanie Warburg, Abteilung III Rechtstheorie,
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fabiansteinhauer · 6 months
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Missionstatement
Wir sind ein Ort für das Nachdenken über Recht.
I have a missionstatement, therefore I miss.
1.
Wir, das ist eine austauschende und austauschbare Gruppierung von Leuten, sind Überdenker und Überrechtler, wir sind Überortler und Überführer. Wir sind im übrigen Leute, die über sind. Wir sind nicht die ersten, nicht die letzten, die tun, was wir tun. Wir sind rest- und rastlos, wer wir sind.
Wer wir konkret sind, kann und soll man in Details sagen, man kann das abstrakt und sogar allgemein sagen, man kann das fallweise, stellenweise, phasen- und phrasenweise sagen, also mit aller Weisheit für den Fall, für die Stellen, für die Phasen und Phrasen.
2.
In meinem Fall bin ich zur Stelle und gerade in einer Phase, in der ich das Überdenken und das Überrechteln mit dem Übermenschen von Nietzsche assoziiere. Wir sind im Modell Übermenschen.
Unruhe? Wer das liest, soll ruhig seine Unruhe bewahren. An den Übermenschen zu denken, das ist gerade meine Stelle, denn meine Forschungsstelle bezieht sich auf die Arbeit zur Bild- und Rechtswissenschaft. Da arbeite ich momentan an vaguen (verschlingenden und verschlungenen) Assoziationen (weil der Bild- und Rechtswissenschaftler Aby Warburg das nahegelegt hat).
Das ist moment auch meine Phase, weil ich in diesem Sommer in Sils Maria Nietzsche als Zeitgenossen Warburgs gelesen habe und weil ich deshalb gerade immer noch in der selben [!] Hochstimmung bin, in der Nietzsche acht mal im Sommer in Sils Maria war. Rhetorisch gesagt: Ich bin gerade im Pathos tanzend, mir passt es gerade, scheint mir passend, passioniert zu sein, das ist phasenweise so. Mit Warburg gesagt: bin gerade in Pathosform, mir pathosformuliert's gerade vom Kopf über die Knie in die Füße, steigt mir wieder auf, lässt mich in die Knie gehen und wieder aufsteigen. Ich bin gereget.
Vor dem Hintergrund also assoziiere ich an meiner Stelle und in dieser Phase den Überdenker und Überrechtler mit dem Übermenschen. An anderen Stellen und in anderen Phasen wäre das anders.
3.
Wer wir sind? Nachdenker über Recht, und über uns: alles groß, still und hell (Nietzsche). Das scheint mir in solchen Phasen und an solchen Stellen auch ein Überdenken und Überrechteln, ein Überrichten oder Überurteilen, ein Übersetzen und Überwältigen (um auch in die administrative und exekutive Seite des Rechts zu übergehen).
Was Nietzsche mit dem Übermenschen hätte meinen können und hätte meinen sollen, das erscheint im Lichte des Missionstatements noch einmal anders. Das ist nämlich ein richtiges, richtendes, ordentliches, orderndes Missionstatement. Das missioniert, sendet aus, aber nicht als erstes und nicht als letztes mal. Das sendet wellenweise, also auch vague, verschlungen und verschlingend zurück - so reflektiert sich etwas von Nietzsche im Missionstatement und etwas vom Missionsstatement in sommerlichem Hochgebirge, am Ort namens Sils Maria, hoch geborgen, hochbirgend, hochbergend. Viel fällt darunter also, in vielfältigen Subversionen sind wir, was wir sind.
4.
Wir sind örtliche Überjuristen, vielleicht klingt das so maßvoller. Wir sind juristische Überortler, vielleicht klingt das so nicht nur maßvoller, sondern auch maßhöher. Ich werde nicht rabulistisch, ich bin das schon lange.
We' are e not in law, it's just a silly phrase we' are going through. Ein Missionstatement ist phasen- und stellenweise eine Phrase. Die besteht zum Beispiel aus Worten, das müssen aber nicht unbedingt Worte sein, können auch Bilder oder Gesten sein. Die Phrase hat kein fest reserviertes Medium, die taucht vielleicht bevorzugt in Millieus auf, kleineren oder größeren Biotopen, Soziotopen oder Intellektuellotopen. Kulturtechnisch betrachtet kann man aus allem, auch einem Reiskorn, einem Reissack oder einem Schmetterling in China phraseologisch eine Phrase machen.
Das Missionstatement ist darum auch nicht nur eine Phrase, wo es Phrase ist, ist es zur Phrase gemacht, aus etwas, das keine Phrase ist und keine Phrase bleibt. Das Statement besteht zwar auch aus Worten, die man als Worte und Wörter nehmen soll, die man wörtlich und bildlich verstehen kann, die man antößig und anstoßend wahrnehmen kann. Es besteht aber nur in dem, zu dem es gemacht wird - im Schreiben und Lesen, in der Übertragung und Teilung immer wieder gemacht wird.
5.
Ein Missionstatement missioniert ständig. Stellt ständig anständig was auf, aber immer anders, immer wieder anders. Das geht vorüber. Nietzsche schreibt, dass man an dem vorübergehen solle, was man nicht lieben könne. In demjenigen, in dem man nicht sein kann, in der Liebe, in der man nicht sein kann, in dem Recht, in dem man nicht sein kann, an dem solle man vorübergehen, indem man vorübergehen soll. Wenn Statements drücken, dann drehe dich, drehe sie, dann ziehen sie. Wenn sie ziehen, dann drehe dich, drehe sie, dann drücken sie. Da ist nichts in der Welt, was nicht dämmern könnte.
Über Recht nachzudenken ist in dem Sinne ein Vorübergehen, härter gesagt: ein Vergehen. Wir sind auch Verbrecher. Die Schriftenreihen des MPI könnten grundsätzlich auch im Verbrecher Verlag erscheinen, sollten das können, sonst denken wir nicht durchgehend nach.
6.
Ein Missionstatement ist Senderegung, dynamisch wie Dynamit. Im Moment ist überall viel Sprengstoff im Einsatz, was daran liegt, dass auf der Welt, die sich dreht, immer viel Sprengsatz im Einsatz ist. Immer ist was im Moment, im Moment ist immer was.
Während meiner Gastprofessur in Brasilien wurde meine Nachbarin Bianca erschossen, Bianca hatte als schwarze Transfrau eine Lebenserwartung von 24 Jahren. Ihren 24. Geburtstag haben wir gemeinsam auf der Straße gefeiert, auf der sie lebte - 5 Wochen später war sie tot, statistische Lebenserwartung erfüllt. Ich habe, daran erinnere ich mich und andere immer, immer wieder, damals gesagt, dass diese Gesellschaft bald explodieren würde.
Meine Cicerone, die fantastische Ana Maria hat nüchtern geantwortet: Nein, das tut diese Gesellschaft (sie meinte die brasilianische) seit 500 Jahren, sie explodiert seit 500 Jahren, also seitdem das, was man als brasilianische Gesellschaft sich vorstellen kann, einem erscheint. Ana Maria hat nicht Frankfurter Schule variiert, hat nicht Adornos berühmten Ausspruch zur Suche nach dem Verlust der Ordnung "Mir nicht" varriert. Die Frankfurter Schule ist nämlich auch nur ein Ort, den man übergehen kann, weil er nicht so Spitze ist, wie man glauben will. Große Trennung? Große Anreicherung? Große Beschleunigung? Großer Austausch? Große Komplexe? Vielleicht zuviel Schnaps gesoffen.
Ana Maria hat gesagt, was ist. Sie hat damit einen Hinweis darauf gegeben, was auch dann ist, wenn wir sind, wer wir sind. Zu sagen was ist und wer ist, der er ist, das ist und bleibt durchaus eine revolutionäre Tat, auch wenn man dann selbst von Explosionen explosiv spricht. Wozu dann Gesellschaftstheorie? Doch wohl kaum, um Recht besser zu machen, als es ist. Um zu sagen, was funktioniert? Was funktioniert ist auch sowas, was ist, was es ist: kitschig wie im Liebesgedicht. Gesellschaftstheorie, unkitschig, beschreibt doch eher, wie die Gesellschaft wurde, was sie nicht ist: sie entfernt die Gesellschaft aus der Gesellschaft, wie das noch Türsteher im Berghain mit Leuten machen, die im Berghain es mit dem Berghain übertreiben können. Gesellschaftstheorie pustet aus, und Geselle Rechtstheorie pustet mit.
Wozu Technik? Um Ein- und Ausstiege wahrnehmen und ausüben zu können, um Kredit zu schaffen dafür, dass alle das können könnten, was man selber können könnte, um nichts und niemanden dumm oder doof zu halten.
6.
Wir sind ein Ort für das Nachdenken über Recht und glücksweise haben an diesem Ort alle, die an dem Ort sind, darüber etwas zu sagen und alle haben darüber das Sagen. Wenn sie das wollen, sollen die das tun.
Weil wir ein Missionstatement haben, können wir laut missionieren, leise missionieren, im Vorder- und Hintergrund missionieren. Wir können öffentlich und privat missionieren, immer missionieren, um zu nachzudenken.
Wir sind Nachdenkerei und Überdenkerei- und ich trage das Amt für die Arbeit an unlösbaren Problem aus der Berliner Denkerei in die Frankfurter Nachdenkerei hinein, in dem ich eine technische Perspektive einnehme. Ich kann es niemandem ersparen: Meine Expertise betrifft das Kreisen, das auch das Denken zur Krise, kritisch oder kreischend macht - und insofern als etwas erscheint, was unterhalb der Schwelle des Denkens liegt, schon weil es nur In Form stattfindet und äußert äußerlich erscheint . Der eine oder andere ahnt schon: Meine Expertise ist, etwas zur die Archäologie von Nietzsche, Warburg, Foucault und Vismann, zu Subversionen des Denkens sagen zu können und sagen zu haben. Meine Expertise ist das Unterdenken, da kann ich nix für, aber ich übernehme dafür trotz allem die persönliche Haftung und stehe dafür beruflich ein.
Kurz gesagt führe ich Ideen zur Prozeduralisierung des Rechts bis in die Spitzen, bis in die Lingerie juridischer Kulturtechniken, bis ins Untergewäsch des Denkens, dahin, wo das Denken nicht unbedingt gelingt, aber doch noch Lingerie ist, also immer noch lingt. Lingen, so assoziieren die Grimms im Wörterbuch, ist ein Verb und bedeutet, vorwärts zu kommen. Immer vorwärts, immer voran, immer nach vorne, denn es kehrt ohnehin schon genug zurück, es lebt ohnehin genug Antike nach. Weil ohnehin immer genug von Revolution, Wiederkehr, oder gar von ewiger Wiederkehr des Gleichen, weil ohnehin der Dämon des Selben anhaltend auftaucht kann und soll man durchgehend voran denken, vorwärts - am intensivsten da, wo das Nachdenken nicht gelingt, dafür nur lingt. Das deutsch Wort lingen ist dem englischen Wort to link verwandt, es ist mit verlinkt, assoziiert, verbunden, manche sprechen von einer historischen Verwandtschaft, einer Etymologie. In so etwas steckt immer a bisserl Logos und a bisserl Mythos, denn Worter sind darin verbunden, dass sie alle getrennt sind. Sie assoziieren, weil sie unterschieden sind und unterscheiden können. Sprachliche Verbindungen können nur beweisen, in dem sie Evidenzen schaffen, also etwas vor Augen stellen oder vor Auge laden. Wem das schon zwingend ist, könnte unter Augenzwang, Machtzwängen, Viszwängen oder Visualitätszwängen leiden oder darunter, schlichter gesagt, aktiviert und passioniert zu werden. Kann man, muss man aber nicht. Wenn man es soll, dann ist das Material dieses Sollens das, was der Archäologe Bachofen ein Gerücht genannt hat: 'Normativität ist Konjuktivität' Keine Angst vor dem Kontrollverlust des Denkens, denn Kontrolle ist ohnehin Quatsch.
6.
Ich arbeite an einer Rechtstheorie, die sich inhaltlich nicht anhaltend festlegen soll. Ich arbeite an einer rabulistischen Rechtstheorie, die von Form zu Form hüpfen soll - und Hoffnung als dasjenige versteht, als das Hoffnung auf Aby Warburgs Tafeln auftaucht: fröhlich organisierter Pessimismus, ein in der Hoffungslosigkeit tanzendes Hüpfen. Hoffnungslosigkeit, die nicht in Leere und die Unbestimtheit driftet, sondern Hoffnunslosigkeit, die Hoffnung los lässt. Ich habe das nicht erfunden, Dante macht so etwas schon zum Programm einer göttlichen Komödie.
Dazu kann ich auch inhaltlich was sagen, tue es aber aber nicht auf die Weise, für die ich persönlich hafte und beruflich einstehe. Da sage ich nur intim etwas zu. Nur intim sage ich zu, mich oder irgendetwas zu beinhalten oder einen Inhalt zu behüten. Inhalte verrate ich auch, aber nur intim. Nicht einmal in der privaten Praxis öffentlicher Dinge sage ich etwas davon, wo ich mich für einen echten und wahren Insider halte. Ich bin nur im Intimen ein wahrer Insider. Etwas dringt heraus, ich halte nicht dicht, verrate durchaus. Bin ich nicht intim, dann bin ich aber Pseudo: Pseudoinsider, Pseudooutsider.
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fabiansteinhauer · 6 months
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Geschichte und Theorie des Flüchtigen
1.
Welche Rolle spielen Bilder für das Flüchtige? Die bild- und rechtswissenschaftlicher Sicht stellt diese Frage auch als Frage nach den Kulturtechniken, also als Frage danach, was unterhalb der Schwelle von Recht und Gesetz liegt und trotz allem bei der Reproduktion von Recht und Gesetz kooperiert. Die Kooperation soll widerständig und insistierend sein, mit Affirmation und Negation einhergehen können. Der Mörder kooperiert, sein Anwalt, sein Richter und sein Henker auch. Kooperation muss nicht intentional getragen sein, das Tragen/ Trachten kann in viele Richtungen gerichtet sein.
Welche Rolle spielen Bilder im und für das Recht der Flüchtlinge? Die Frage nach den Kulturtechniken lässt sich auch als Frage nach dem Wissen stellen. Die Frage nach dem Wissen lässt sich wiederum auch nach der Wahrnehmung stellen und die Frage nach der Wahrnehmung als die nach den Sinnen und die wiederum als Frage nach den Gefühlen. Das Wissen ist sinnhaft und sinnlich. Das Wort Wissen ist dem Wort vis verwandt, das wiederum als Kraft oder Sichtbares d.h. Wahrnehmbares oder sinnlich Eindrückliches, als Blickbares, aber auch als Tragendes oder Trachtendes verstanden werden kann.
Klingt und liest sich relativ kurz und knapp. Um das, was ich gerade geschrieben habe, haben sich längere und exzessivere Auseinandersetzungen abgespielt.
Wenn Wissen und Gefühle vom Selben durchzogen sind, soll man dann das Wissen als Oberbegriff verstehen und das Gefühl nicht mehr im Oberbegriff vorkommen lassen, dafür aber noch im Unterbegriff Gefühle und damit das Gefühl als unteres oder minderes Wissen, nicht vollständig allgemeines Wissen dem Oberbegriff und dem allgemeinen Wissen unterstellen? Wird gemacht, wurde gemacht, aber soll das auch weiter gemacht werden? Das ist eine Frage die sich stellt und deren Antwort eine gewisse Antwort sein sollte, wie andere zum Beispiel ein gewisser Herr Müller sind: Form steht fest, die Relation rührt sich aber und wir uns mit. Ich denke, dass darum vague Assoziationen eine Herauforderung sind (darum arbeite ich auch zu Warburg und behaupte, er sei Rechtswissenschaftler).
Gibt es dann ein allgemeines, oberes Wissen, dass ohne Gefühl, ohne sinnlichen Eindruck oder Affektion, ohne Passion möglich ist? Das ist umstritten. Man kann in so einem Streit historische Episoden ausmachen und dann in diesen Episoden Positonen, Stellungnahmen markieren - etwa überlegen, welche Position Kant ode Arendt hier einnimmt. Aber ich denke, dass solche historischen Episoden übersetzt sind und übersetzt werden.
2.
Unterscheidungen, die Kant macht, macht Kant aus Übersetzungen heraus - und schon in Kommenaren zu Kant werden solche Unterscheidungn übersetzt.
Normativität, von der ich denke, dass sie Effekt operationalisierter Differenz ist, ist in dem Sinne historisch die Geschichte von Unterscheidungen, die übersetzt sind und übersetzt werden. Normatvität ist historisch die Geschichte von 'Scheidekünsten' (Ihering). Normativität ist historisch die Geschichte von Trennungen, die übersetzt sind und übersetzt werden. Normativität begreife ich insofern als Symbolisches, also als dasjenige, was durch Distanzschaffen reproduziert wird und seine Effekte, das, was auch missverständlich Macht genannt wird, als Trennungmacht entfaltet. Insofern glaube ich auch, dass Thoms Duves Begriff der Multinormativität gut ist, weil er auf etwas Historisches aufmerksam macht, unter anderem darauf, dass Normen immer multiple vorkommen, dass also auch Normativät ohne expliziten Zusatz immer schon multiple, vielfach, vervielfältigt ist und durch Reproduktion vorkommt. Aus gleichen Gründen finde ich Auers Begriff der Multidisziplinarität gut. Beides verleitet mich hoffentlich nicht dazu, zu glauben, dass irgendeine Disziplin rein und unreproduziert, unvermittelt und unübersetzt vorkäme. Dass es eine reine Rechtslehre gibt, das lässt sich zwar nicht bestreiten. Dass sie durch etwas vorkommt, was kein Recht ist, nämlich zum Beispiel durch ein Buch, durch Papier und Druckerschwärze, durch Bibliotheken, die mit viel Geld Bücher trocken und im Licht lesbar halten, das kann man auch nicht bestreiten. Man kann ja nicht einmal bestreiten, dass Kelsen das Widersprüchliche in der Lehre auffängt und in einer Norm, die fiktiv sein soll, grundlegend einfangen will - und dies im historisch nicht gelingen sollte.
3.
Eine Theorie der Normativität, auch jener Normativität, die Recht genannt wird, ist meiner Ansicht nach eine Theorie der Operationalisierung von Differenz. Solche Operationalisierung verstehe ich als Technik und nenne sie im Anschluss an Vismann Kulturtechniken. Warum nicht Rechtstechniken?
Warum nicht bloß Techniken? Das sind gute Frage. Man könnte sagen, dass ich davonausgehe, dass die Bezeichnung von etwas als Recht doch schon Effekt einer Unterscheidung ist, das Recht also schon übersetzt ist und das insoweit der Begriff der Kulturtechnik weiter oder allgemeiner gefasst wäre. Kein schlechtes Argument, denn das stimmt scheinbar, aber nicht so ganz. Denn warum soll Kultur allgemeiner sein als Recht?
Das gilt auch für den Begriff der Kulturtechnik, denn der Begriff der Kultur ist auch unterschieden und übersetzt. Weiter lässt sich einwenden, dass er tautologisch wäre, weil es keine Kultur ohne Technik gäbe und keine Technik ohne Kultur. Der Begriff der Technik ist schon Folge einer Unterscheidung und er ist übersetzt. Das ist alles richtig, nicht ganz richtig (nur differenztheoretisch richtend) - und ganz wunderbar schon durchdacht worden, bevor ich mir die Wissenschaft und Denken 'eingebrockt' habe. Im meinen Studienjahren war es unter anderem die Systemtheorie mit ihrem Umgang mit Selbstreferenz oder aber Michel Foucault (also sehr unterschiedliche Positionen) mit seinem Aufsatz über das Denken des Außen, das waren rechtswissenschaftlichen Autoren wie Gunther Teubner, Karl-Heinz Ladeur und Thomas Vesting und die Autorin Cornelia Vismann, die das alle schon durchdacht und auf eine Weise aufbereitet haben, dass ich das wie einen Apparat aufgreifen kann um den Fragen nachzugehen, die sich mir stellen. Komischer Apparat.
Das heißt zum Beispiel: Selbstreferenz kann nicht geleugnet werden, auf der Diganose kann man sich aber nicht ausruhen, weil Selbstreferenz nicht selbstgenügsam ist und keine stille, keine gestillte Referenz ist.
Selbstreferenz ist die Hälfte jener Referenz, deren andere Hälfte die Fremdreferenz ist und die weder eine totale noch absolute, keine garantierte und keine feststehende, keine fundamentale Referenz ist. Selbstreferenz ist Halbreferenz, eventuell so, wie Nietzsche vom Halbgeschriebenen schreibt. Das ist Referenz im Austausch, im Wechsel, in der Verwechslung. Daraus versuche ich Differenzierung oder Ausdifferenzierng nicht zu widerlegen, sondern der Unruhe der Differenzierung nachzugehen, zum Beispiel ihrer Unbeständigkeit oder ihrer Polarität.
Das Objekt, das als Bild auftaucht, das hat eine Geschichte, dazu gibt es Theorie, die aus rechtlicher Sicht mit der Unruhe, dem Unbeständigen, dem Bewegenden assoziert werden, vor allem seitdem das Recht auch an die Monotheistischen Religionen und an Formen großer Trennung wie etwa der mosaischen Unterscheidung oder der parmenidischen Unterscheidung geraten ist. Seitdem das Recht selbst monoreferentiell gedacht wird (und freilich darin bestritten wird) spielt auch Bilderstreit eine der Auseinandersetzungen, für die ich mit grundsätzlich - und in gewisser Hinsicht maßlos interessiere. Einseits will nicht widerlegen, dass das Recht irgendwann mit etwas angefangen hat, will mich damit aber auchnicht begnügen. Anfänge tauchen nämlich sebst wiederum als Bilder auf, als Gründungsszene etwas, als Mythos, als Geschichte vom Bismarckfall zum Beispiel.
3.
Der Flüchtling ist das fleischgewordenen, das menschgewordene Flüchtige, das personifizierte Flüchtige und das subjektivierte Flüchtige, das verkörperte Flüchtige und das geisternde Flüchtige.
Das Foto, das ich oben zeige, habe ich von der documenta 14, dort taucht das Flüchtige auch mit Flüchtlingen auf - und mit flüchtigen Medien, nämlich unter anderem dem Bild, das Foto ist, den Bildern, die Sprachbilder sind oder den Begriffen, die nach Kant leer oder blind sein können, aber nicht leer und nicht blind sein müssen.
Um der Leere und der Blindheit zu entgehen, brauchen nach Kant Gedanken einen Inhalt. Kant setzt hier vermutlich die Unterscheidung zwischen Form und Inhalt ein und legt nahe, dass der Gedanke ohne Inhalt eine Form sei und die Form etwas Inhaltsloses sein könne, etwas bloßes und Äußeres oder Äußerliches, dafür aber etwas Wahrnehmbares. Anschauungen können nach Kant blind sein. Obwohl man (vermutlich durch das Schauen und/ oder Hinschauen) anschaut soll man immer noch blind dabei sein. Die Anschauung kann in dem Sinne blendend sein, die Form kann sich blendend zeigen. Das etwas blenden aussieht, muss nicht schlecht sein, kann fantastisch sein - kann aber auch pouvoir sein, normativ, operationalisierte Differenz, Trennung des Sichtbaren vom Unsichtbaren und Einrichtung und Ausrichtung beider. Man muss Kant lesen, interpretieren, kommentieren - und dabei zum Beispiel tun, was Foucault tat.
Kant berücksichtigt Unbeständigkeit, er berücksichtigt auch das Flüchtige , aber noch in der Kritik der Urteilskraft erscheint das Unbeständige und Flüchtige nicht als Ideal, nicht in Form des Gesetz, nicht als Ziel seines Denkens. Dass Kritik eine Technik sei, zu kreisen oder zu kreischen, also auch Krach zu erzeugen, das steht bei Kant nicht, schon darum nicht, weil er Kritik nicht einsetzt, um zu Querulieren oder Krach zu machen. Muss er auch nicht.
Will, muss oder soll man das aber, dann sollte man vielleicht lieber Kleist als Kant lesen, um sich darauf vorzubereiten, was das Unbeständige und Flüchtige macht, auch mit einem macht (was etwa die Verzettelung mit einem macht und wie die Verzettelung einen noch dann verschluckt, wenn man am Schluss des Zettel schluckt, wie Kohlhaas das macht.)
Das Unbeständige und Flüchtige bietet bei Kant keine frohe Botschaft, man kann grob und plump sagen: darum lasse er das lieber weg. Das bietet bei Kleist alles anderes als frohe Botschaften, so bricht das Unbeständige und Flüchtige Kleists in einem Satz, der vor allem gemein, brutal und kurz ist (nasty, brutish and....short), sowohl aus als auch ab, sowohl ab als auch aus. Das Flüchtige bricht ab, aber es verflüchtigt sich damit nicht vollständig, bricht nicht nur ab, sondern auch aus. Das Flüchtige spitzt sich mörderisch zu, blödes Bild, denn der Mord hat weder Spitze noch Stufenbau, der skaliert nur als Eskalation. Kleist war ein eher verweifelter Kantleser, vielleicht sogar ein an Kant und durch Kant verzweifelnder Leser.
4.
Das Foto von der documenta tauchte dort im Zusamenhang mit einem berühmten Text von Hanna Arendt auf.
Der trägt den Titel We Refugees. Das englische Wort ist gegenüber dem deutschen Wort anders. Zum den Fugees (die aus auch gibt) kommt der Zusatz Re, wie in Reproduktion zum Beispiel. Der Titel von Arendt reproduziert sowieso etwas, denn er ist geschrieben und gedruckt, Arendt schreibt und 'spricht' - das ist Reproduktion.
Dazu kommt aber, dass der Titel assoziiert. Der Text ist zuerst in Amerika, m.E. in New York veröffentlicht worden. Es ist möglich, dass ein Leser den Titel We Refugees mit We the people assoziiert und dann fragt, warum Arendt denn nicht We the Refugees oder gleich We the people geschrieben hat. Arendt operationalisiert Differenz und tilgt oder löscht sie nicht. Arendt arbeitete an Diferenz und Wiederholung, sie kreist, durchaus auch mimetisch im Sinne von Gabriel de Tarde, weil sie eine politische Mainfestation imitiert, die wohl jeder Amerikaner kennt. Diese Mimesis ist aber nicht perfekt, sie ist unperfekt und imperfekt, sie ist unvollendet und...wie soll man das sagen: vergangen? Begangen? In Geschichte befangen? Im Vergehen? Ein Vergehen? Arendt opereriert mimetisch im Verstoß des Mimetischen. Der Titel ist schon flüchtig geschrieben. Man kann Arendts Schreiben meisterlich nennen, wenn es der Begeisterung dient, warum nich, ein Lob kann auch schräg sein und schräge Bilder verwenden, solange es dem Lob dient. Ist Arendts Titel ohne Artikel, ohne the, unbestimmter oder leerer, als er mit Artikel wäre? Das glaube ich nicht. Er ist freigesetzter, frei gesetzer.
Das Flüchtige bringt Arendt anfänglich und prinzipiell ins Spiel - und nicht, um es aufzulösen. Was ein Maifest oder eine Manifestion sein soll, wenn ein konstitutiver Satz, ein deklartiver Satz, was eine Verfassung sein soll, wie Kulturtechniken des Verfassens operieren sollen, das variiert schon dieser Titel.
5.
Es gibt Rechtswissenschaftler, die behaupten, das Rechtswissenschaft entweder systematisch wäre oder sie wäre nicht. I object, legally blonde (je suis Elle Woods)! I, Robot, arbeite daran, я работаю над этим .
Diese Behauptung ist mit Hilfe der parmenidischen Unterscheidung zwischen Sein und Nichtsein getroffen. Ich behaupte das nicht, schon weil zur Geschichte des Rechts nicht nur der Parmenides gekommen ist, sondern auch Hamlet, oder wie es bei den Muppets dann ist: Humpty Dumpty, the lead of Shakespeares Omlett. Rechtswissenschaft ist nicht nur Systemwissenschaft, ist nicht nur systematisch. Sie ist auch ab ovo, aus dem Ei, auch eiernd, auch gebrochen, auch gerührt. Das System und das Systematische muss man nicht widerlegen. Aber man kann an anderem als am System und am Systematischen arbeiten, schon weil viele deutsche Rechtswissenschaftler am System und systematisch arbeiten.
Man muss nicht systemsprengend arbeiten, weil man dazu systematisch oder am System arbeiten müsste und das nicht muss, weil es bereits so viele tun - und dabei dauernd etwas brechen. In meiner Perspektive ist Rechtswissenschaft nicht unbedingt systematisch, aber unbedingt technisch. Sie ist nicht unbedingt rechtmäßig oder legal, nicht unbedingt staatlich, nicht einmal unbedingt öffentlich. Wenn einem etwas fehlt, wenn das System fehlt, dann kann man statt systematisch zu arbeiten exemplarisch oder historisch, vergleichend oder kasuistisch, episodisch oder 'phasenweise', mit Weisheit für Phasen arbeiten. Zur Theorie des Flüchtigen kann man flüchtig arbeiten, was zwar gegen das Dogma der großen Trennung verstoßen kann, aber nicht muss - und neben dem Dogma gibt es immer auch normative Techniken, sogar noch andere Dogmen. Die Anthropofagie etwa folgt dem Dogma des Verzehrens (auf eine Weise, in der Subjekt und Objekt wechseln können).
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fabiansteinhauer · 6 months
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Verkehrung
Noch jemand hat ein tolles Buch, einen Essay geschrieben, nämlich Sylvia Sasse: Verkehrungen ins Gegenteil. Wir werden unser Forschungstreffen ausweiten müssen und in den nächsten Monaten Autorinnen und Autoren ans MPI einladen müssen, um ihre neuen Bücher dort vorzustellen und zu diskutieren. Das Importgeschäft interessiert mich besonders: keine üblichen Verdächtigen ins Haus holen, Außenseiter einladen, also Leute, deren Denken dem Recht im besten Fall äußerlich und sonst eher außen vor erscheint.
Verkehrungen ins Gegenteil ist ein wichtiger Beitrag zu den Diskussionen um Polarität und um vague Assoziationen: Sylvia Sasse hat sich in die 'Karnevalisierung des Staates' gestürzt: in den Betrieb um den großen Gopnik aka Vladimir Pushkin und in das, was auf der Welt seit ein bisschen immer aufpoppt und an der Verkehrung der Koordinaten im symbolischen Kosmos arbeitet: Nach dem Terrorangriff und den Morden der Hamas konnte man wieder beobachten, wie staatlich vernetzte Akteure ihre Verdrehungen anschwellen liessen, Beispiel können folgen, möchte ich aber ungern nennen, denn das Netz schüttet gerade jetzt wieder im Netz aus, wer in der Welt alles verdammt sei. Mich hat es ohnehin schon angesteckt. Lage beschissen. Laune: auf nach Turin, Esel umarmen.
Bei Matthes und Seitz ist der kleine Band von Sylvia Sasse zur Suvbversion von oben, also zur Subversion als Machttechnik (und Macht in einem engeren, an Staatsapparate gebundenen Sinne) erschienen, jetzt müssen wir es nur noch schaffen, sie einmal nach Frankfurt zu bringen.
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fabiansteinhauer · 7 months
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Tafeln
1.
Die Brasilianer organisieren ihre Architekturen so, wie sie ihre Tafeln und darauf ihre Täfelchen, also zum Beispiel die Teller organisieren. Das wundert niemanden. Alle Gemeinschaften seien Tischgemeinschaften, das sagt Bernhard Siegert. Alle Gesellschaften sind Tafelgesellschaften, und so, wie der Mensch ist, was er isst, sind Gesellschaften so, wie sie tafeln. Also bilden sich sich was ein, bilden was aus, bauen so, wie sie Tafeln bilden und bauen.
Manchmal möchte man glauben, dass die Brasilianer ihre Architekturen und ihre Tafeln nicht diskret organisieren würden, die Deutschen würden es aber tun. Mein Teller, meine Tafel, mein eigen: bitte nicht berühren! Das wäre dann die deutsche Version, während in Brasilien auf der Tafel alles wandert und jeder sich von der Stelle was nimmt, von der auch ein anderer was nimmt. Manchmal glaubt man, die Deutschen hätten eine reinere Rechtslehre als die Brasilianer.
Manchmal glaubt man, die Deutschen würden am Tisch und in den Gebäuden alles sauber auseinanderhalten. Und die Brasilianer würden alles durcheinanderbringen, immer verschmelzen, immer vom Teller des anderen naschen und den Anderen sowieso vernaschen. Stimmt zwar, aber alles, was da passiert, passiert hier auch, nur in anderer Reihenfolge. Die Brasilianer tun es, die Deutschen aber auch, nur an anderen Stellen. Die Deutschen tun es, die Brasilianer aber auch, nur an anderen Stellen. Der Unterschied ist nicht unbedingt eine Frage der Identität, er ist eine Frage der Verwaltung.
Man kann unterscheiden, wie Brasilianer tafeln und wie es Deutsche tun. Man kann unterscheiden, wie eine Gesellschaft tafelt, die alles teilt und überträgt und mit Unbeständigkeit nicht mehr Probleme hat als ohne. Man kann diese Gesellschaft von einer deutschen Gesellschaft unterscheiden, in der die Leute vom eigenen Teller und dem Eigenen überhaupt manchmal wie besessen erscheinen und jeder seinen eigenen Teller hat. Man kann sagen, dass brasilianische Tafeln nicht ausdifferenziert und die deutschen Tische und Tellerchen ausdifferenziert wurden. Wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Das ist eine Grimmsche Frage, eine deutsche Frage, eine systematische Frage. Sie stellt sich in Brasilien anders, und an den Architekturen erkennt man das schon, so wie man Architekturen auch an Tafeln und durch das Tafeln erkennt.
2.
Auf Tafel 78 taucht ein Gebäude auf, das Casa della Automobile in Rom. Dem Warburg ist dieses Gebäude aufgefallen, weil es ein Haus für Fahrzeuge ist, ein verrücktes Haus also: eine Immobilie für Mobile. In Rom steht dieses Haus nicht mehr. Aber in São Paulo steht ein vergleichbares Gebäude. Das ist seit heute, seitdem ich es besucht habe, mein Favorit in São Paulo. Wenn man alle Gebäude von Lina Bo Bardi, von Oscar Niemeyer, von Paulo Mendes da Rocha, also von den Stars durch hat, dann beginnt erst der fantastische Wahnsinn brasilianischer Architektur, denn das wird es alltäglich und bleibt fantastisch. Dies Parkhaus sammelt viele Motive, aus denen heraus Warburg seine Geschichte und Theorie vaguer Assoziationen entwickelt. Sagen wir so: Es parkt Motive so, wie es Autos parkt, also unbeständig. Dieses Parkhaus sammelt Motive und spuckt sie wieder aus, es kontrahiert und distrahiert Motive - es motiviert schubhaft zu Hemmungen und Schüben und gehemmt zu Schüben und Hemmungen. Dieses Parkhaus parkt und behaust, was Motive sein können, was Motivationen sein können - und lässt sie fahren. Diese Architektur steht nicht grundlos da, es ist nicht motivationslos gebaut. Es ist grundfrei und motivationsfrei - und ein Modell der vaguen Assoziationen, zu denen Luhmann keine und Warburg eine Theorie hat.
Das ist vague Architektur, unbeständige Architektur, eine Art contubernium, eine flatterhafte Behausung. Aber es gibt soviel Diskretion wie Indiskretion. Die nächsten Tage, die wenigen Tage werde ich dieses Haus genauer studieren. And i finally found, what i am looking for.
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fabiansteinhauer · 8 months
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Die normative Kraft des Kontrafaktischen
Putin ist nicht doof, sagt man so. Kann sein. Der würde nie jemanden in oder mit seiner Handschrift ermorden, denn dann würde er ja als Mörder dastehen und so doof wäre Putin nicht. Wenn er jemanden töten oder ermorden würde, dann nicht in seiner Handschrift, denn dann steht er ja nicht als Mörder da. Der Mord an den zehn Leuten der Wagner Gruppe sei nicht Putins Handschrift, also sei er nicht der Mörder. Er würde zwar grundsätzlich nicht so morden, dass er als Mörder da stünde. Aber auch im Einzelfall würde er es nicht tun. Der Mord an Prigoshin wäre darum nicht die Regel, sondern eine Ausnahme: Obschon dieser Mord nicht die Handschrift Putins trage und Putin niemals so morden würde, dass er als Mörder dasteht, habe Putin ihn ausnahmsweise mal nicht umgebracht.
Das ist die normative Kraft des Kontrafaktischen, das ist kontrafaktisch stabilisiert, das ist bestechende Logik. Das geht. Kann man machen, sticht sogar ins Auge. Fehlschlüsse sind nicht die einzigen Schlüsse, die nichts schließen. Schlüsse, so Hamacher, schließen auch nichts. Sie sichern ein System für das System. Das funktioniert auch umgekehrt, man kann auch davon ausgehen, dass Putin morden kann und mörderisch ist und man ihn daran auch erkennen kann und man kann all das schlüssig darstellen.
Klingt plausibel. Man kommt in eine Referenz nicht hinein, weil man nicht hinauskommt. Das System ist das totale Asyl, der totale Bestand, die totale Erhaltung, auch ein System Putin wäre das. Man kann das von mir aus Selbstreferenz nennen, dann wäre das die Halbreferenz, deren andere Hälfte Fremdreferenz heißt.
2.
Ich denke, dass Legendres Überlegungen zum Phantasma, zu Bild und Recht äußerst ernst zu nehmen sind und nicht abzutun sind. Aber mir scheint auch, dass die Routinen, die Legendre zum Wechsel und Verwechslung anbietet, nicht ausgeprägt sind.
Das Paradigma der Spiegels, das Modell, die Idee, das Dispositiv des Spiegels entwickelt keine Routinen des Wechsels und der Verwechslung, weil er sie nicht entfaltet. Entweder ist der Spiegel aus unerbittlichem Glas oder er istaus Wasser und taucht dann bei Legendre als das auf, was ein Bild entweder da sein lässt oder nicht da sein lässt. Dasein oder Vernichtung des Bildes: die andere Möglichkeit, wie die Wellen das Bild vague asoziieren lassen, spielt Legendre als Routine nicht durch.
Die Routinen des Wechsels und der Verwechslung werden meines Erachtens besser dadurch entwickelt, dass man sie entfaltet: durch vague Assoziationen. Eduardo Viveiros de Castro spricht in dem Zusammenhang von einem Paradigma, das eine Alternative zu dem des Spiegels wäre. Das nennt er anthropogisch-anthropofagisch. Er bescheibt das an Leuten Amazonies, Leuten mit dem, was Levi-Strauss Schreibstunden nennt. Die vergehen dadurch, dass jemand Wellenlinien zieht. Meine These ist, dass auch Warburgs Bild- und Rechtswissenschaft eine Alternative zu dem anbietet, was Legendre anbietet. Man kann das auch zu einer Alternative zum System, sogar zum System Putin machen. Ich denke, dass man das bedenken sollte. Warburg macht mit Mussolini das, was man mit Putin machen kann. Mussolini hatte die Verantwortung für den Mord an Matteotti übernommen. Putin hat die Verwantwortung für den Mord an Prigohshin nicht übernommen. Das ist der Präsident, der für alles steht und für nichts einsteht, das ist eine orthodoxe Referenz, der total transzendente und total absolvierte Präsident. So oder so macht man das mit, aktiv oder passiv. Ich würde vorschlagen, das System zu wechseln und auszuwechseln, die Technik, die ich dafür vorschlagen würde, wäre unsystematisch.
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fabiansteinhauer · 9 months
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Verzehren und Bekehren
1.
Die Jesuiten bekehren, die Tupinamba verzehren. Beide tun das durch den Gebrauch juridischer Kulturtechniken, da heißt durch den Gebrauch solcher Kulturtecniken, die historisch auch im Recht mitgemischt haben und dabei kooperiert haben, das zu reproduzieren, was Gesellschaften für Recht halten. Viveiros de Castro ist einer der Autoren, die zeigen, dass die Tupinamba nicht bloß abergläubisch waren. Die Jesuiten hatten ihnen abgesprochen, eine Religion zu haben; sie hatten aber eine Religion. So wurde ihnen auch abgesprochen, Recht zu haben, hatten sie aber, auch ohne Menschenrechte. Ihre Anthropofagie ist Teil juridischer Kulturtechnik, wie etwa Lesen, Schreiben und Zählen auch Teil juridischer Kulturtechniken sind. Etwas sperrig gesagt macht die Anthropofagie Ahnen technisch reproduzierbar, kulturtechnisch. Es macht die Ahnen reproduzierbar, ist also genealogisch. Damit kann man assoziieren, auch sich mit einer Gruppe und die Gruppe selbst, sicher präzise, also limitiert. Die Technik lässt aber auch ahnen, also unsichere Assoziationen wahrnehmen, sie lässt diagnostizieren und prognostizieren. Sie ist nämlich Teil des Distanschaffens, das symbolisiert und den Kosmos damit wahrnehmbar und ausübbar, wir würden sagen: auf nützliche Weise lesbar und sichtbar macht, auch wenn er unsicher ist. Die Anthropofagie bildet. Das sind alles nur Teilaspekte, aber das sind sie auch.
Die Tupinamba lassen sich schwer bekehren, die Jesuiten lassen sich schwer verzehren. Aber gehen tut es. Die Mission und die Anthropofagie teilen eine Gemeinsamkeit, sie teilen das Selbe, nämlich auch vague zu assoziieren. Das heißt nicht, das sie leer und unbestimmt oder gar unverbindlich assoziieren. Das heißt, dass sie durch Vorgänge assoziieren, die erstens auch über solche Formen beschrieben werden können, durch die Bewegung geht (und durch die insofern Bewegung möglich wird, weil der Bewegung durch Form auch Wort und Bild, Orientierung und Aktion (Gründe/ Ursachen oder Intentionen: die Bewegung wird zur Aktion und Handlung) gegeben werden. Zweitens geht diese Bewegung mit Trennungen (also einem Distanzschaffen) und mit Austauschmanövern einher, die durch Verkehrung effektiv werden. Die Formen verdrehen, wenden, kehren und/ oder kippen. Meine These lautet, dass das Selbe, von dem ich hier spreche, polar ist. Sie lautet auch, dass polar ist, was vague ist und das vague ist, was polar ist.
2.
Es ist ein schöner Zufall, dass das Zehren und das Kehren auf eine Weise verwandt sind, die klärbar ist, zwar nicht restlos, aber rastlos. In dieser Verwandtschaft gibt es aus deutscher Sicht die selben Ahnen, griechische Fresser und römische Vagabunden, die zehren und kehren auch. Griechen und Römer sollen ohnein unsere Ahnen und damit ähnlich sein und uns ähnlich machen. Das sind kreisende Ahnen, sogar von klein auf.
Die Verwandtschaft der Kehrer und Zehrer ist ein schöner Zufall, weil die zu Polarität des Selben passt. Das Alphabet hat man so eingerichtet, dass es Stabilität liefern soll, das man nichtso ohne weiteres vom z (über das c?) zum k rutscht. Aber so kann man die Worte auch nicht ohne weiteres auseinanderhalten, nicht einmal das Reale und das Symbolische lassen sich ohne weiteres auseinanderhalten. Theater findet immerhin auch statt und Hunde wollen immerhin auch spielen. Um das Reale und das Symbolische auseinanderhalten zu können, gibt es Kulturtechniken, Sprechen und Alphabetisieren sind zwei davon.
3.
'Zehren' und 'Kehren' bezeichnen dasselbe, ein Selbes, das wendig ist, und sie bezeichnen es ordentlich. Polarität, so scheint es mir, erklärt man hoffentlich einfacher, in dem man Polarität über die Bewegung von Formen erklärt (und nicht über die Qualitäten von Energie oder ein Wesen der Kraft). Dass ich das Missionieren und die Anthropofagie dabei auch über Zeichen erkläre, die dem Vorgang äußerlich sind, nämlich über deutsche Worte (denen immerhin passiert ist, wovon sie sprechen), das ist Spielerei. Aber es ist nicht nur Spielerei, und die Spielerei die das ist, ist immerhin die Spielerei, aus der jener Teil des normativen, symbolischen Kosmos ist, den wir Sprache nennen. Das ist Spielerei, die äußere Verwandschaften auch äußerlich denkt. Das ist noch etwas anderes als Spielerei, weil man so Vorgänge zerlegt, die künstliche Welten zusammenhalten. Man analysiert sie. Man schiebt dabei aber nicht Inhalte unter die Formen (wie man das mit einem Ass und einem Haufen Spielkarten oder mit einem Tisch unter ein Papier machen kann, um mit einem einfachen Trick mehr Gründe zu gewinnen).
Man zerlegt Formen, um sie auf anderen Formen zu beziehen. Dabei, und das scheint ein Vorteil, steigt man mehr oder weniger bemerkt, aus dem Dogma der großen Trennung aus. Man steigt nämlich aus dem Stapel aus, in dem eine große Anzahl von Trennungen einer große Anzahl von Trennungen entsprechen, sie ohne Verlust übersetzen, sie tragen und eine Betrachtung ermöglichen sollen, deren Tiefe und Weite wie ein epistemischer Boulevard oder Prospekt angelegt sein soll. Das Dogma der großen Trennung lebt von hohen Stapeln, auch hohen Stapeln Papieren, es lebt auch auch davon, dass (sich) das Limit der Trennungen und Austauschmanöver in der Entfernung verläuft.
3.
Die anthropologische Lehre, die unter anderem Aby Warburg unmittelbar vor der Kreuzfahrt oder Schiffsreise mit dem Anwalt Sally George Melchior macht (und die meines Erachtens für Warburg der Auslöser dafür ist, Bildwissenschaft nicht nur als Kunstgeschichte, sondern auch als Rechtsgeschichte und Rechtstheorie zu betreiben) das ist unter anderem die Lehre, dass überall alles vorkommt, nur in immer anderen Reihenfolgen.
Gombrich behauptet in seiner Biographie, Warburg habe u,a. durch die Amerikareise seinen Fortschrittsoptimismus verloren. Wenn das stimmt, dann hat er dadurch die Möglichkeit gewonnen, das totale Asyl in Kreuzlingen auch wieder zu verlassen. Ich würde eher sagen, dass er gar nichts verloren hat und sich wendig und unbeständig wie von klein auf zeigte.
Kein Fortschrittsoptimismus mehr, dafür wieder Alltag und mitten im Leben, kein schlechter Tausch unbedingt wäre das, was Gombrich beschreibt, Wenn es den Fortschritt nicht gibt, dann gibt es den Austritt aus der totalen Institution, die ein Asyl ist, und das ist eine operativ geschlossene Anstalt, auch wenn dort Informationen frei ein und ausgehen können, sie also informationell und kognitiv offen ist. So, das glaube ich, ist das für Warburg gewesen, ich spekuliere, aber nicht in der Leere. Warburg gelingt der Austritt aus dem Wahn, nicht weil er den Wahn verliert, es gelingt ihm ein 'Wiedereintritt ins Außen', er kann schlicht wieder antreten, das heißt, das er den Wechsel und die Verwechslungen, den Austausch und den Ersatz wiederaufgreift, und das mit seiner Stärke, dem melancholischen Talent, einen deutlichen Polaritätssinn, einem Sinn für Drehungen, Wendungen, Kehren und Kippen. Er macht den Wahn weiter mit, hat die Aporien aber in Passagen verwandelt.
3.
Die Missionare und die Kannibalen machen zwar das Selbe, aber nicht das Gleiche. Was sie tun, bringt nämlich in andere Reihenfolgen und ist in andere Reiheinfolgen gebracht. Dadurch machen sie zwar auch das Selbe, aber nicht nur das Selbe.
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fabiansteinhauer · 9 months
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Luhmanns Polarforschung
1.
Unter der Nummer 80 seines Zettelkastens sammelt Niklas Luhmann 274 Zettel, die sich mit Gleichgewicht beschäftigen.
Zettel 80,2 und 80,3 sind die ersten Zettel dieser Passage im Zettelkasten, in denen Luhmann, der am Anfang seiner Passagen die Literatur zum Thema sammelte, grundsätzlich wird und einen kurzen Text zum Thema schreibt. Seine These lautet, dass das Gleichgewicht seinen Ursprung in der Mechanik (also zum Beispiel nicht in der Stoa oder der Neostoa, nicht bei Seneca oder Lipsius) hätte. In diesem Text macht er auch deutlich, dass er seine Beschäftigung mit dem Gleichgewicht als Arbeit an einer Geschichte und Theorie des Vagen versteht. Die Sozialwissenschaft arbeite bisher durchweg zu unsorgfältig und begnüge sich mit mehr oder weniger vaguen [sic!] Assoziationen.
2.
Mehr oder weniger vague/ vogue/ woke: Luhmann schreibt über Assoziationen, die auf eine Weise bewegt oder bewegend erscheinen, die man unter anderem als wellenförmig beschreibt.
Das sind Bewegungen, in denen auch Kehren, Wenden und Kippen vorkommen. Zum Beispiel geht es erst hoch, dann runter, wird erst schärfer, dann entspannter, rückt näher und dann ferner. In Zeichnungen würde man vague Bewegungen wohl kurvieren und Scheitelpunkte mitzeichnen, vielleicht sogar (schäumende) Brandungen. Mehr oder weniger vague: Nach Luhmann gibt es, so lese ich das, in dem Wissen des Sozialen, das sozialwissenschaftlich organisiert ist, mehr oder weniger Wellen, höhere und flachere Wellen, intensivere oder weniger intensive Bewegung. Vielleicht sind es auch Moden (oberflächliche Präsenzen) oder Rücksichtnahmen ohne echten Halt, das, was manche Leute heute unechtes, grundlos getriebenes Wachsein, bloß modisches Wellemachen nennen. Luhmannn wird nicht alles das meinen. Etwas davon wird er meinen. Er assoziiert die vaguen Assoziationen mit etwas, dem der Grund und die Gründlichkeit (noch) fehlt und das, so scheint es mir, darum kein ernstes, echtes Wissen liefert, kein Wissen, das Bestand hätte.
3.
Was Luhmann erstens der Sozialwissenschaft und zweitens der Mechanik zuordnet, das ist nicht nur der Sozialwissenschaft und der Mechanik zugeordnet. Das Wissen des Gleichgewichtes, ein Wissen, das vom Gleichgewicht bestehen, eventuell selbst gleichgewichtig bestehen soll, ist auch woanders organisiert. Unter anderem, that's a bingo!, bei Aby Warburg, dort als Polarforschung und, vor allem auf den Staatstafeln, als Wissen von theophagen, anthropofagen und 'statophagen' Kulturtechniken, also Techniken, deren Bestand ein Bestehen ist und deren Bestehen im Verzehr oder im Verschlingen liegt. Dieses Verzehren ist nicht römisch vague. Das ist griechisch phagein, aber das wiederum ist eine östliche Verwandtschaft römischer Assoziationen, zumal eine, die im Westen wilder, als Wilde und Übertreibende erscheint. Noch auf die Berichte, die Papst Pius XII vom Kardinal aus Lemberg über den Holocaust/ die Shoah erhält, reagiert der römische Apparat mit dem Kommentar, das nicht für bare Münze zu nehmen, denn der Kardinal käme aus dem Osten, man sagt, er sei Orientale. Wie an dieser Stelle der Osten vom Westen unterschieden wird, so wird auch unterschieden, was das Altgriechische als Fressen begreift und was die römische Begriffe als das Vague begreifen. Und doch ist das Verzehren den vaguen Assoziationen nicht nur verwandt, es kooperiert dabei, sie zu assoziieren und assoziieren zu lassen, und auch wild.
Das Verzehren lässt verschlungene Verhältnisse bestehen. Es operationalisiert darin Differenz, ohne verschlungene Verhältnisse zu zerreissen.
Warburg mag als Sonderling, als Aussenseiter erscheinen, so manchem Rechtswissenschaftler dürfte er so erscheinen. Aber seine Polarforschung greift nur auf, was sonst nicht in der Mechanik, sondern in der Meteorologie organisiert wird. Diese Meteorologie mag in Thomas Hobbes' Leviathan nur an kleinen Stellen eingehakt sein (nämlich ausgerechnet an einer ramistischen Tabelle, also an dem klapp- und faltbarem, selbst mehr oder weniger vague bewegbaren Polobjekt in dem Druck von 1651). Aber schon da und damit schon in die Mechanik ist die Meteorologie eingehakt. Obwohl das Wissen nicht in der Mechanik organisiert (nicht in ihr eingeschlossen) ist, ist es der Mechanik eingehakt oder zumindest verhäkelt.
4.
Inzwischen ist Luhmann Werk beendet. Wenn es beendet ist, soll es vollendet sein. Das sagt Gottfried Benn wie eine Forderung. Man kann es aber sagen, um zu lassen, zum Beispiel einfach loszulassen, etwa versöhnlich, wie einen letzten Segen, eine Absegnung.
Ist das Wissen vom Gleichgewicht inzwischen sorgfältiger, gründlicher, fester, sind die Assoziationen weniger vague geworden? Bissschen unfair und ein billiger Trick, sowas zu fragen. Das wäre nicht versöhnlich, kein Segen. Vor allem ist diese Frage unnötig, wenn man gerade ein Wissen der Unbeständigkeit entwickeln möchte, wenn man also zum Beispiel an einer Geschichte und Theorie des Vagen arbeitet und das Vage nicht als das versteht, was erstens mangelhaft und zweitens auszubügeln, quasi platt zu stampfen wäre.
Es geht dann auch nicht darum, dasjenige zu tun, was Koschorke und Vismann Luhmann in ihrem Text zu den Widerständen der Systemtheorie als einen Vorgang beschrieben haben, mit dem die Systemtheorie das Inkommensurable nicht oder niemals im System, sondern (stets) in der Umwelt verorten würden.
5.
Die Unbeständigkeit ist nicht homogen, sie ist nicht das Homogene, nicht das Unberührte, Unbegriffene, Ungriffige und Undifferenzierte, nicht der undurchdringliche Jungle und der Ozean. Sie ist nicht heterogen, nicht das Hybride oder dasjenige, das Unzüchtig oder ungezüchtet wäre. Sie kreuzt und Kreuzungen können homogen und heterogen sein. Die Unbeständigkeit ist nicht die Leere und sie ist nicht leer. Unbeständigkeit ist bewegt und bewegend, sie hat Formen und Formlosigkeit, vor allem aber vollzieht sie sich durch Wechsel, Austausch und Ersatz von Beständen.
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fabiansteinhauer · 5 months
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Bilder wegen
Bilder bilden, indem sie regen oder wegen. Die beiden Techniken des Regens und Wegens sind Animationstechniken und sie sind sehr gründlich, sogar grundgebend. Bilder regen etwas an und übernehmen dann die Haftung, es sind Objekte, die Ursachen werden oder Ursachen liefern können. Sie übernehmen duldsam die Schuld dafür, dass Betrachter angeregt oder erregt, dass sie bewegt sind. Wegen eines Bildes kommt der Betrachter den Dingen auf den Grund, weil das Bild ihn bewegt und ihn Gründe annehmen lässt.
Während die Animationstechnik des Regens sprachlich noch im Regieren, Reichen (wie anreichen) oder Richten (wie ausrichten oder einrichten) nachlebt lebt die Animationstechnik des Wegens noch im Begriff der Bewegung nach. Das Regen ist dem Regen verwandt, dem rain und dem reign. Das Wegen ist dem Wagen und dem Wogen verwandt, man muss es auseinanderhalten, sonst könnten dem einen oder anderen schwindelig und zu stürmisch in Kopf und Herzen werden.
Vague Assoziationen oder vogue Assoziationen sind phobisch besetzt, manche Leute reagieren sehr empfindlich auf das Leuchten und Dämmern, das Flimmrige am Wegen oder Regen. Darum packt man besser einmal das Wagen oder Wogen zu Seite und sagt den Leuten: Macht euch keine Sorgen, wir bleiben jetzt nur auf dem Weg des Wegens und driften nicht ins Wagen oder Wogen ab.
Der Bilder wegen schreibe ich, der Bilder wegen schreibt Aby Warburg, unter anderem die Grundlegenden Bruchstücke in dem es schon um kausative Kulturtechniken geht, Techniken, die Gründe geben und annehmen lassen, auch wenn sie zum Schwank oder Schwanken neigen.
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