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#Begräbnis
schottisreisetagebuch · 5 months
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Der andere Raum
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Der andere Raum
Der Trauerredner Carl Achleitner, Maurer Friedhof, Friedensstraße 16, 1230 Wien
Also fahre ich hinaus nach Mauer, wo man im Sommer gerne ein Gläschen trinkt oder zwei und inmitten der hochgezogenen Weinreben der Buschenschenken hockt - dort wo die gute Laune zu Hause ist und das schnelle Vergessen. Heute aber, heute habe ich anderes vor. Friedensstraße heißt mein Ziel. Was für eine trostspendende Adresse für ein ummauertes Stück Land, in dem die Verstorbenen aus dem Süden Wiens ihre letzte Ruhe finden. Der Sechziger fährt von der Kennedy-Brücke geradewegs zum Totenort. Die vielbefahrene Brücke trug schon so manchen Namen, ihren aktuellen erhielt sie zum Angedenken an jenen jungen, charismatischen Präsidenten Amerikas, die Lichtgestalt der frühen Neunzehnsechziger Jahre, der in Wien die sowjetische ‚Kanonenkugel‘ Nikita Chruschtschow zu entschärfen versuchte. Im ‚Kalten Krieg‘ war das heiße Kuba zum Epizentrum des Gefahrenherdes geworden.
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Der Trauerredner
Am Samstag, den 23. November 1963, zwanzig Stunden nachdem in Dallas drei Schüsse fielen, hielt mein Vater an einem kalten Wintermorgen vor der Stadtbahnstation Schönbrunn, nicht weit entfernt von der damals noch ‚Hietzinger Brücke‘ benannten Wienfluss-Traverse. Der Bub sprang aus dem Wagen und griff nach der Zeitung, die an diesem Tag als Sonderausgabe verteilt wurde. Der Express titelte ‚Funkbildbericht – Kennedy ermordet!‘ Die Nachrichtenkanäle krochen damals noch im Schneckentempo dahin. 
Die Straßenbahn schaukelt mich in Richtung Rodaun. Heute ist es ähnlich kalt wie damals, als der Elfjährige mit der Zeitung in der Hand zu seinen entsetzten Eltern ins Auto hüpfte, während der Vater aufs Gas stieg und die Mutter mit leiser Stimme die Neuigkeiten vorlas, die die Welt in Richtung Abgrund führten. 
An der Friedensstraße verlasse ich die Bim und schlendere an jener Mauer entlang, die das Reich der Toten von dem der Lebenden trennt. Raben schnarren ihr ewig gleiches Lied und aus den umliegenden Baumwipfeln klingen die Antworten ihrer Artgenossen wie düstere Rufe aus dem Jenseits. Die Äste sind heute gut besetzt, als hätten sie über Nacht dunkle Schwingen bekommen. Ich durchstreife einen Gang in der ‚Sechsten Abteilung‘. Ein Hilfsarbeiter ist gerade damit beschäftigt einen Haufen Lehm neben einem offenen Grab abzusichern. Er legt die Schaufel zur Seite, zündet sich eine Zigarette an und starrt hinunter in die akkurat ausgehobene Grube. 
„Wie tief?“, frage ich. „Geht so“, sagt er. Früher hat er das mit der Hand geschaufelt, heute macht die Arbeit ein Bagger. Der Mann scheint meine Gedanken zu erraten. „A klana.“ Er deutet missmutig auf das Fahrzeug, das mich mit seinen amphibienartigen Auslegern an einen Wasserläufer erinnert. „Wieviel?“, frage ich und blicke ins Grab hinunter. „Vier. Und a paar Urnen.“ Hier ist Platz für eine ganze Familie. Ich schieße ein paar Fotos von der Totengräbermaschine und wende mich dann wieder der Grube zu. „Anverwandter?“, fragt er. „Nein“, sage ich. Die Antwort schmeckt ihm nicht. Orte wie diesen besucht man nicht ohne Grund. Ich möge mich gefälligst ‚schleichen‘ und anderswo meine Fragen stellen, meint er unwirsch und wuchtet ein paar Querbalken neben das Grab, das Absenkgestell braucht Halt. Ich ‚schleiche‘ mich also, um meine Fragen anderswo zu stellen. Weiter vorne bleibe ich stehen und blicke zurück. Er fuchtelt mit der Schaufel. „Verschwind‘!“, ruft er. Und das tue ich jetzt auch. 
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Der letzte Weg
Vor der Aufbahrungshalle hält ein Wagen. Blank polierte Schuhe setzen auf dem Kiesweg auf, in ihnen steckt ein ernst drein blickender Mann, der Star unter den Trauerrednern der Stadt. Die Autotür klackt sanft ins Schloss, lässig kommt der ‚fesche Zapfen‘, wie man hierzulande sagt, näher. Sein Gesicht erinnert an einen Filmstar. Carl Achleitner ist tatsächlich ausgebildeter Schauspieler, seit neuestem hat er auch mit der Schriftstellerei begonnen. Für seinen Erstling hat der Mann, der vornehmlich mit dem Tod beschäftigt ist, einen überraschend lebendigen Titel gewählt: ‚Das Geheimnis eines guten Lebens‘. Ich habe mir das Buch im Vorfeld besorgt, der Text hat mir Einblick in eine Welt gewährt, die mir fremd war, die, der professionellen Trauer. „Weshalb sollte der Tod nicht auch eine heitere Seite haben?“, sagt Herr Achleitner und sieht mich stirnrunzelnd an. 
Es ist neun Uhr morgens und wir sitzen in einem kleinen, notdürftig geheizten Raum neben der ‚Aufbahrung‘, indes sich die Trauergemeinde drüben nach und nach versammelt. „Von der Bühne zum Sarg, das verdanke ich meiner Frau.“ Der Satz könnte aus einem der coolen 007-Drehbücher stammen. „Wir hatten uns bei den ‚Letzten Tagen der Menschheit‘ kennengelernt.“ Er senkt seine Stimme und ich denke, er könnte wunderbar Daniel Craig synchronisieren oder umgekehrt. Auch der junge Roger Moore wäre seine Stimmbandweite. Carl, wir sind bereits per Du, kaut die Worte bedächtig, er ist es gewohnt vor Publikum zu stehen. Über zweieinhalbtausend Trauerreden hat er schon gehalten, flüstert er mir zu und das bedeutet, dass er in seinen neun Dienstjahren täglich zumindest eineinhalbmal gesprochen hat. Beeindruckend. So viel Text können die Herren James-Bond-Darsteller in dieser Zeit nie und nimmer gesprochen haben. „Hochzeitsreden waren auch dabei?“, frage ich. „Nein. Zu traurig“, sagt er und blickt mich an, als wäre er der Clown Grock. Oder ist es doch Pierce Brosnans Nespresso-Gesicht? Ich lächle für den Fall, dass es scherzhaft gemeint war, und dann erzählt er, weshalb er macht, was er macht. „Ich möchte den Hinterbliebenen eine möglichst angenehme Erinnerung an ihren großen Tag schenken.“ Klingt leichter als es ist, denke ich. „Die Verstorbenen verlassen uns ja nicht, sie befinden sich nur einem anderen Raum. Mit Sicherheit aber sind sie um uns herum. Und das bleiben sie auch. Für immer.“ 
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Der Maurer Friedhof
Die Stimmen draußen werden lauter. „Sind Sie nervös?“, frage ich. „Das bin ich immer“, sagt er, „Ich habe ja keinen festgelegten Text wie die Kollegen vor der Kamera. Ich schreibe ja jede Zeile selbst, also trage ich auch die Verantwortung. Versprecher sind verboten und die Namen müssen stimmen. Für kurze Zeit bilde ich mit den Hinterbliebenen eine Übereinkunft: Ich spreche das aus, wozu sie auf Grund ihres Schmerzes nicht in der Lage sind. Für die Momente der Trauer gehöre ich zur Familie. Ich vermittle zwischen ihnen und dem Verstorbenen. In der Regel bereitet sich der Sterbende ja auf seine Reise vor und erlebt den Abschied als Erlösung. Für ihn ist Trauer keine Kategorie. Im Gegensatz zu seiner Familie. Also versuche ich Leichtigkeit in die schwere Stunde seines Abschiedes zu bringen.“ „Ist es ein Abschied?“, frage ich. „Der Tod meint es gut mit dem Neuankömmling, vermutlich empfindet er ihn als eine Art Erlösung“, sagt er und erhebt sich. Ich frage, ob er gläubig ist. „Nein“, sagt er, „das einzige woran ich glaube, ist das Gute im Menschen. Wenn ich erreiche, dass die Trauernden nach der Verabschiedung mit erhobenem Kopf ins Leben hinaustreten, habe ich es richtig gemacht. Wie oft sagten mir Freunde, ich möchte meinen Job möglichst lustig gestalten, wenn es bei ihnen soweit ist. Daran denke ich, ohne es auf die leichte Schulter zu nehmen.“ Welche Verabschiedung er sich selbst wünscht? „Und tschüss!“, sagt er und blickt auf die Uhr. Bevor Herr Achleitner den Raum verlässt, wirft er noch einen Blick in den kleinen Wandspiegel, atmet tief ein, zwinkert sich selbst zu und sagt kaum hörbar: „Und tschüss.“ 
Drüben ist der Saal ‚bereit‘. Die kleine Trauergemeinde sitzt auf ein paar wenigen Stühlen und blickt scheu auf den, mit Kerzen umstellten Sarg. Verabschiedungen fühlen sich kühl an. Niemand weiß wohin mit sich, die Nähe des Todes macht befangen. Manche der Trauernden halten einander an den Händen. Der Trauerredner nickt dem ‚Herrichter‘ zu, so wird der Zeremonienmeister des Todes genannt, und der drückt auf einen Knopf. Musik. An den Sarg sind zwei Kränze gelehnt. Auf einer der beiden Schleifen steht: ‚Unvergessen und beweint. Gattin‘. Schlichter kann man‘s nicht ausdrücken. 
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Carl Achleitner, der Filmstar
Auftritt Sir Carl. Er schreitet den Mittelgang entlang, verneigt sich vor dem Toten, dann wendet er sich den Lebenden zu. Die Pause vor dem ersten Wort ist so entscheidend, wie jener Moment, da sich im Theater der Vorhang hebt. Sein Blick ruht auf den Hinterbliebenen und, man glaubt es kaum, er lächelt. Dann spricht er über den Verstorbenen, über seine Vorlieben, die Stärken, die Schwächen und es klingt, als wäre er seit langem mit ihm bekannt gewesen. Ein Freund, der keineswegs verstorben ist, einer, der mithört, mitlächelt. Die Angehörigen nicken mit den Köpfen. Die Gattin weint. Auch ich bin ergriffen. Herr Achleitner hat mit aller Selbstverständlichkeit, mit allem Respekt ausgesprochen, was alle denken. Der Verstorbene ist in einen anderen Raum gegangen. So simpel. So wahr. Andrea Bocelli singt ‚Time to say Goodby‘. 
Der Trauerredner mit dem Filmschauspielergesicht blickt die Hinterbliebenen an, sie blicken ihn an, er blickt zu mir, nach hinten in die letzte Reihe und - er lächelt. Oder bilde ich mir das nur ein? Dann verlässt er die Aufbahrungshalle. Jetzt weiß ich, woran mich sein Gang erinnert: An jene Filmszene, in der Sean Connery über das Rollfeld schreitet, direkt auf die Maschine mit der Aufschrift ‚United States‘ zu, die Gangway hinauf schlenzt, um gleich darauf in einen weißen Lederstuhl zu sinken.  Triebwerke heulen auf, James Bond lächelt in die Kamera. Hinter ihm steht - Goldfinger. Jetzt erst löse ich mich von meinem Platz und blicke nach draußen. Die Limo rollt auf das große Tor zu und biegt in die Friedensstraße ein. 
Reihe sechs. Ein letztes Mal einmal gehe ich am offenen Grab vorbei. Noch ist es leer, der Raum nebenan aber ist schon bezogen. Der Totengräber steht da und hält seine Schaufel in der Hand wie ein Paddel, als wäre er der Fährmann, der den Reisenden über den Fluss Styx ins Reich der Unterwelt übersetzt hätte. Feindselig blickt er mich an. Ich sage: „Ich gehe jetzt.“ „Wiederschau‘n“, brummt er mit heiserer Stimme. Aus seinem Mund hört es sich an wie eine Drohung. 
Es ist bitterkalt. Die Krähen rufen ihr Lied von Baum zu Baum. Eine Glocke weist den Trauernden den Weg zum Grab. Schlussklappe. Drehschluss.  
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friedrichwill · 2 years
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Der Poet
... und sein Schatz trägt heut das Kleid, das er liebte, blau mit weiß. (Schöne, Poetisches Begräbnis)
Während einer Zigarettenpause bei der Arbeit fragte ich meinen Kollegen wie es seiner Schwester geht. Erschrocken schaute er nach mir. Nach einer Weile: sie ist gestorben.
Am selben Tag noch traf ich mich mit meinem Betreuer im Park. Er hatte wie üblich Kaffee in einer Thermoskanne mitgebracht. Diesmal auch eine Decke. Er legte sie auf eine Bank. Unsere Themen wechselten schnell. Dann redeten wir über Sterbehilfe, dann Trauerfeiern, dann über ein mögliches Gottesgericht am Ende eines gelebten Lebens. Im Gespräch wurde deutlich, dass er - aus eigenen Erfahrungen - das Sterben möglichst kurz zu halten wünscht. Und obwohl er vielleicht sowas ähnliches wie Agnostiker sei, wäre er schon gespannt darauf, was danach komme. Und sollte dann nichts kommen, könnte er sich nicht mehr darüber ärgern.
Mit blauen Lippen bekannte ich: Ich habe keine Angst vorm Sterben, aber vor dem Tod.
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pressmost · 8 months
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Ardagger - Frühstücksnews - Montag, 11.9.2023
Sehr geehrte Gemeindebürgerin! Sehr geehrter Gemeindebürger! Auch das vergangene Wochenende war ein Landjugendwochenende. Die Landjugend ARDAGGER, bei der vor allem Jugendliche aus Ardagger Markt und Ardagger Stift dabei sind, hat beim Projektmarathon mitgemacht und dabei den Donauwellenpark in 42 Stunden “Marathonzeit” richtiggehend “auffrisiert”. Beim Skaterplatz, bei der Pumptrackstrecke und…
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editionriedenburg · 1 year
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Dann war sie weg, die Sonne. Und für manche Kinder heißt es: Papa lebt ab jetzt für immer in den Wolken-Bergen. Ein traurig tröstender Titel der SOWAS!-Sachbuchreihe für alle Kinder, die ihren Papa verloren haben. Oliver ist glücklich, wenn er mit seinem Papa wandern kann. Viele Touren haben die beiden bereits gemacht. Aber jetzt müssen Oliver und die Berge warten. Denn sein Papa ist zum Bergsteigen mit dem Flugzeug ganz weit weggeflogen. „Am letzten Schultag bin ich wieder zu Hause“, hat er beim Abschied gesagt. Doch dann kommt Papa nicht zurück, und alle fragen sich besorgt: „Was ist passiert?“ „Papa in den Wolken-Bergen – Das Bilder-Erzählbuch“ ist für Kinder, die einen geliebten Menschen verloren haben. Es begleitet sie in ihrer Trauer und hilft, über das Unfassbare zu sprechen. Die Mit-Mach-Seiten ermöglichen, die verstorbene Person in lebendiger Erinnerung zu behalten und ihr so einen neuen Platz zu geben. Für Kinder ab etwa 8 Jahre. Von Sigrun Eder. Mit Illustrationen von Evi Gasser. https://www.editionriedenburg.at/buecher/buchreihen/sowas/papa-in-den-wolken-bergen-das-bilder-erzaehlbuch-fuer-kinder-die-einen-geliebten-menschen-verloren-haben-sowas-band-9-bilder/ #kindertrauer #kinderträume #kindertrauma #kindertrauerbegleitung #trauerbegleitung #kinderbuch #bilderbuch #sterben #tod #verlust #bestatter #bestattung #bestattungsinstitut #sarg #begräbnis #beerdigung #trauergottesdienst #sowasbuch #sowasreihe #editionriedenburg (hier: Salzburg, Austria) https://www.instagram.com/p/Ck6b6EEro1c/?igshid=NGJjMDIxMWI=
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danielanoitz · 2 years
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(via Adele feiert Begräbnis (2))
Adele hatte ihren Willen bekommen und war die schönste untote Leiche, die in dieser Kapelle je aufgebahrt wurde. Ob das gut geht?
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eminenz · 2 years
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Pfiat di Willi, pfiat di Kurti, und lossts eich nix gfoin do oben #williresetarits #abschied #zentralfriedhof #friedhof #cemetery #ostbahn #kurtostbahn #ostbahnkurti #pfiatdi #trauer #kurtologen #wien #vienna #igersvienna #wienmalanders #wienstagram #begräbnis (hier: Wiener Zentralfriedhof) https://www.instagram.com/p/CdQ2l9pMhqH/?igshid=NGJjMDIxMWI=
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anstandistsexy · 1 month
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"Mein Therapeut schreibt was auf und sagt: „Mh-hm, aha“
Ich freu' mich auf mein Begräbnis, denn da bin ich der Star"
K.I.Z
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writingsfromspace · 5 months
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Nebelige Straßen
315 words | Steampunk! Magic! Dinosaurs!
Prompt | Nebulous roads - @flashfictionfridayofficial
This is late (mostly, though, for logictic reasons!) and also in German, apologies. But! On the plus side! A glimpse into the life and times of Athanasios, one of the protagonists of my latest WIP! This might actually be the day the story starts, come to think about it...
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Als Athanasios an diesem Tag aus dem Ossuarium hervorschlich, war es so nebelig, dass kein Hinweis auf die Tageszeit zu erkennen war. Der Herbst war gekommen.
Tag war, das konnte er feststellen; wenn auch noch Nacht gewesen wäre, hätte man rein gar nichts mehr erkennen können. So bestand die Straße aus weißer Watte und ungefähr zwei Metern Häuserreihen.
Er hatte nichts dagegen einzuwenden; es passte zu seiner Stimmung. Es war kein guter Tag, sein Herz tat weh, als wären die Wochen, in denen es ihm schon besser gegangen war, nur ein Traum gewesen, und er hatte Hunger.
Er hatte noch ein paar Groschen, das war nicht das Problem, aber durch die verhüllten Straßen zu wandeln, gab ihm ein so unwirkliches Gefühl, wie er es seit dem Begräbnis nicht mehr gehabt hatte, und das machte es nicht besser. Viel lieber hätte er sich ebenso verkrochen wie offenbar jede andere Seele, die sich das leisten konnte; die Stille wurde nur gelegentlich von einem schläfrigen Vogelruf oder Flüchen auf das Wetter unterbrochen.
Er fand seinen Weg zu einem Straßenhändler, der dem Wetter trotzte - es gab trotz allem genug -kaufte sich eine Fleischtasche, obwohl das mit dem Fleisch fragwürdig war, und sah sich nach einem zufriedenstellenden Stehplatz um. Schließlich ließ er es sein und kletterte - der Nebel verbarg ihn ja ohnehin - einfach das nächste Haus hinauf. Er wusste aus dem Gedächtnis nicht genau, wie hoch es war - vier oder fünf Stockwerke - aber es besaß eine sehr hilfsbereite Regenrinne, so war es nicht so wichtig.
Als er am dritten Stock vorbeikletterte, riss der Nebel auf.
Er hätte eigentlich damit rechnen können. Das goldene Licht eines späten Herbstnachmittags ergoss sich über ihn, und als er am Dachfirst saß und das Nebelmeer unter ihm schimmerte und alle Kuppeln der Altstadt glänzten und er schließlich auch seine Tasche aß, hatte er das Gefühl, dass mit dem Tag vielleicht doch noch etwas anzufangen war.
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lux-vitae · 2 years
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Das Begräbnis eines Kreuzritters (The Burial of a Crusader) by Franz Ludwig Catel (1778-1856)
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friedrich-denker · 7 months
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Freitod
Es wäre gelegen 
Noch einmal darüber zu überlegen
Kein Platz zu finden unter dem Lichte
Wenn das eigene Leben sich düster lichte
So viele Worte zu sagen 
An den fremde Tränen sich zu nagen 
Viel zu oft erkoren zum Höchsten 
Und doch nieder des Selbst am Nächsten 
Sie sagen Worte in des Hall 
Singen Verse Oden unter dem drückenden Schall
Es wird nichts bleiben 
Alles Restliche der Welt sich zu verleiben 
Erde gibt, schenkt und nimmt
Zurück zur schwarzen Erde winden und trimmt
Schon in ein paar Generationen deinen Namen vergessen 
Enkel und Urenkel werden sich ohne dich an dieser Welt satt essen 
Furcht und Sturz 
Mut des Lebens so kurz 
Angst sich einnehmen 
Lügen nieder zu benehmen 
Kapitel und Geschichten 
Sich werden in Zukunft ohne dich richten 
Ist es der Schmerz der wird siegen ?
Ohne die Liebe des Nahen sich zu wiegen ?
So oft teilen Leider dieses Schicksal 
So viele gibt es von Ihnen 
So oft gesehen und gehört
So oft geschehe dieser Akt
Was bringe Menschen dazu , zu diesem Schritte ?
Sich schwingen an einem neuen Phönix zum letzten Ritte ?
Der Phönix sich stetig neu erfinde und gedeihe
Aber der eigene Leib sich versande unter Myrre Weihe 
Glocken läuten zum Gedächtnis 
Doch die formelle Sünde sich verneige dem Vermächtnis
Ist der Selbstmörder ein Mörder, gar des Bösen ?
Oder ist er mutig sich der Lebenden zu lösen ?
Ein alter Mann stirbt und wird selig
Ein Selbstmörder dirbt und verdient wenig 
Zur des eigenen Geschichte sich alles darum Rinde 
Wie es geschah der letzte Akt der Bühne im gehässigen Winde 
Real und ehrlich sein 
Wie des Abends guter Wein
Doch das wahre Leben eine Lüge sei 
Einzig ehrlich sei die Geburt und der Tod nicht zum Schein 
Theater und Muse , Darstellung und Wendungen 
Begräbnis und Ruhe, Verstellung und Blendungen 
Am Ende wird er abseits des Heiligen begraben 
Selbst die heilige Kirche sich wird damit verraten 
So stehe es um die Gunst der Freitoden 
Sie zählen nicht zum Reiche der Toten und zu diesem Boden 
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whoevengaf · 2 years
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scholz kommt ganz adrett in anzug ich wett nen 10er
Hundert prozent bro..... Er wird so unendlich dumm aussehen 😭😭 bro spar mal den flug und anzug ein und mach was gegen die VIELEN krisen im land 😭 größte blamage ever bei ihrem begräbnis ist dass ein deutsches gekochtes ei antanzt
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mona-liar · 2 years
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Liebe diesen einen Trailer von DfL in dem ohne Kontext das Begräbnis von Mitro gezeigt wird, und weil dieser Hund halt in eine Decke eingewickelt ist und man nichts erkennt hab ich voll das Gefühl, Adam setzt gerade ein Baby/Kind bei
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atheistmediablog · 7 days
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Nawalny-Begräbnis: Patriarch Kyrill suspendiert Priester
Der Moskauer Patriarch Kyrill, mit dem Kreml eng verbundenes Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, hat den Priester, der einen Gedenkgottesdienst für den im Februar gestorbenen russischen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny im März leitete, vom Dienst suspendiert. (…) „Nach Ablauf der Bußzeit wird auf Grundlage der Rückmeldungen vom Ort des Gehorsams über die Möglichkeit seiner weiteren…
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pressmost · 1 year
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Ardagger - Frühstücksnews - Montag, 27.2.2023
(c) Johannes Grabenschweiger Sehr geehrte Gemeindebürgerin! Sehr geehrter Gemeindebürger! Zunächst muss ich heute leider mit einer traurigen Nachricht beginnen: Silvia Gebetsberger aus Stephanshart ist nach langer und sehr schwerer Krankheit am vergangenen Freitag im 59. Lebensjahr verstorben. Die Betstunde findet am Donnerstag, dem 2. März um 19.00 Uhr in der Pfarrkirche Stephanshart statt. Am…
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listeningto · 13 days
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Editha – Begräbnis einer Königin
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danielanoitz · 2 years
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(via Adele feiert Begräbnis (1))
Was wünscht sich eine Frau, die alles hat und sich etwas ganz Besonderes zum 50er schenken lassen will? Adele wünscht sich ihr Begräbnis. Aus welchem Grund, erfahrt ihr in dieser Geschichte.
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