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#siegfried maaß
prseiten · 7 years
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Mord nach dem Beichtstuhl, ein Fast-ein-Jahrhundert-Leben, kein Visum für den Westen und wer ist eigentlich Nikolai Bachnow? – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag
Kennen Sie sich vielleicht mit dem Beichtgeheimnis aus? Und was würden Sie anstelle eines Priesters tun, wenn Sie während der Beichte von einem angekündigten Mord hören? Schweigen oder handeln? Aber wie? Genau das sind die Fragen, vor der Kaplan Berger aus dem ersten von fünf Deals der Woche steht, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de eine Woche lang (Freitag, 23.02.18 – Freitag, 02.03.18) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind. Die Entscheidung von Kaplan Berger können Sie in dem Krimi „Ich morde heute zehn nach zwölf“ von Steffen Mohr nachlesen. Und dann ist da übrigens noch Frau Klepzig, Bergers Haushälterin. Aber das nur nebenbei … Eine andere Frau und ihr fast 100 Jahre währendes, nicht einfaches Leben steht im Mittelpunkt der Erzählung „Fast ein Jahrhundert. Das lange Leben der Alma M., geborene S.“ von Ingrid Möller. Ein unspektakuläres, aber dennoch spannendes und dennoch lebenswertes Leben. Ebenfalls um Lebensfragen und um schwierige Entscheidungen eines Pfarrers zu DDR-Zeiten geht es in der Novelle „Sonntagspredigt oder Heimkehr auf die Insel“ von Siegfried Maaß. Und noch einmal steht ein Menschenschicksal im Mittelpunkt eines Buches, diesmal allerdings ein ausgesprochen weibliches und noch dazu ein höchst ungewöhnliches, das einer Zeitreisenden. Auch im elften von insgesamt 16 Teilen dieser Zeitreisenden-Saga von Hardy Manthey geht es um Maria Lindström alias Aphrodite und die außergewöhnliche Lebensgeschichte dieser Frau. „Zum Ursprung – 15 000 Jahre zurück“, so lautet der Titel dieses fantastischen Romans. Das fünfte und letzte Angebot dieses Newsletters stammt von einem gewissen Nikolai Bachnow, der von einem gestohlenen Tierreich in einem Zauberland erzählt. Aber wer war oder ist eigentlich Nikolai Bachnow? Doch bevor wir eine erste Antwort auf diese Frage am Ende dieses Newsletters geben, zunächst einmal zurück zu Kaplan Berger und zum Beichtgeheimnis. Erstmals 1980 erschien in der Blaulicht-Reihe des Verlages Das Neue Berlin als Heft 206 die Kriminalerzählung „Ich morde heute zehn nach zwölf“ von Steffen Mohr: Der junge, fortschrittliche Kaplan Berger erfährt im Beichtstuhl von einem geplanten Mord und kann den gerade aus der Haft Entlassenen nicht von seinem Vorsatz abbringen. Was soll er tun? Er kann doch das Beichtgeheimnis nicht brechen. Da er Zeitpunkt und Ort kennt, begibt er sich an den künftigen Tatort. Aber es ist schon zu spät. Bei der Vernehmung durch die Kriminalpolizei schweigt er natürlich. Wie kann er nur den Täter seiner gerechten Strafe zuführen, ohne das Beichtgeheimnis zu verletzen? Hier die erste Begegnung mit Kaplan Berger: „O Herr, lass mich durchhalten, dachte der für einen Kaplan vielleicht zu gut gewachsene und mit einem zu schönen Gesicht begabte junge Mann. Natürlich kam ihm sein Aussehen, die braunen Augen zum Beispiel und das, rotblonde an Tippy Honnigans Wuschelkrause erinnernde Haar, gerade in einer Großstadtgemeinde zugute. Wusste man doch, dass die Jugend von Popstars wie Honnigan und Konsorten schwärmte. O Herr, barmte er innerlich, aber auf seinen Gesichtszügen malte sich nichts weiter als unbeschwerte Freundlichkeit. Im Miniradio lief mit angemessener Lautstarke das Pokalspiel Erfurt gegen Jena, das Kaplan Berger langweilte. Der große Zeiger der Sakristeiuhr klickte und zog langsam auf fünf. Flüchtig sah der junge Priester auf die Uhr, die über dem kleinen römischen Kreuz hing. Dann schaltete er das Radio aus, versteckte es in der untersten Lade des Paramentenschranks und streifte sich den glänzend schwarzen Talar über Pulli und Jeans. Nun ähnelte Kaplan Berger doch einer geistlichen Person. Von der Krause abgesehen, glich er fast aufs Haar einer der milden Heiligengestalten auf den großen bunten Bildern des Fräulein Klepzig. Zu ihrem Ärger waren diese bonbonsüßen Darstellungen heiliger Männer und Frauen vor einem Dutzend Jahren aus der Kirche entfernt und durch, wie sie unentwegt mäkelte, „hässliche moderne Fratzen“ ersetzt worden. Seitdem lehnten sie nebeneinander an der dem Fenster gegenüberliegenden Wand des Wäschebodens. Die gute Pfarrhaushälterin vergaß bei keiner großen Wäsche, auf ihrer Ausstellung Staub zu wischen. Das alles wusste der Kaplan. Es interessierte ihn ebenso stark, wie ihn weibliche Wesen überhaupt interessierten. Lutz Berger hatte sich, eigentlich bereits ab seinem fünfzehnten Lebensjahr, den Idealen seines Berufes verschrieben. Dazu passte nun einmal keine Frau, war sie nun reizvoll und attraktiv oder eine alte Jungfer. O Herr, seufzte er noch einmal und schritt, als der große Zeiger auf eine Minute vor die Zwölf rückte, durch die niedrige Sakristeitür hinaus in die Kirche. Punkt fünf Uhr begann an jedem Sonnabend die Beichte. Erwartungsgemäß fand Kaplan Berger das Gotteshaus leer. Durch die Scheiben des Seitenschiffs drang gedämpftes Licht. Das reichte im Sommer voll aus, um den Gläubigen, die bis sieben beichten kamen, das Lesen im Gebetbuch zu erleichtern. Den Kindern half es, die Krakelschrift auf ihren Sündenzetteln zu erkennen. Tiefere Dämmerung herrschte dagegen im Beichtstuhl. In dessen mittleren Teil nahm Berger Platz und zog sogleich den violetten Vorhang hinter sich zu. Er schaltete ein schwaches Lämpchen ein. Das wollte er beim Eintreten eines Beichtkindes in den Seitenteil selbstverständlich wieder ausknipsen. Der Kaplan mochte die Beichte nicht, weil er der Auffassung war, es sei richtiger, sich mit seinen Mitmenschen an einen Tisch zu setzen, um normal und bequem über alle Probleme zu reden. Freilich bestand diese Möglichkeit. Und wie oft hatte er junge Leute in seinem Zimmer unter dem Dach empfangen, damit er ihnen eine Last abnehmen oder gar einen Weg weisen konnte, Schwierigkeiten in der Lehre, zu Hause oder in der Schule zu klären! Leider gab es diese mittelalterliche, die sogenannte Ohrenbeichte noch, zu der man sich in eine „Holzkiste“ zwängen musste und das Beichtkind in die „Kiste“ nebenan kroch. Da kniete es nieder, während er, der Priester, saß, und wisperte einem das Register seiner Sünden durch ein Gitter in der Trennwand ins Ohr. Unnatürlich. Unnormal. Was wollte man machen? Die Gläubigen selbst verlangten nach solcher Geheimniskrämerei. Lutz Berger verstand sie nicht. Er hatte ein in braunes Leder gebundenes Buch vorgenommen, das hier immer lag, und sann über die Worte nach: „Wahrlich, Petrus, ich sage dir: Ehe der Hahn heute Nacht kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Es war reiner Zufall, dass der Kaplan gerade über diesen Text meditierte. Das rote Leseband hatte an der Stelle gelegen. Irgendwo oben, vielleicht im Himmel, verhallte der letzte Schlag der Kirchturmuhr. Der junge Geistliche hörte trippelnde Schritte, die sich dem Beichtstuhl näherten. An der Art, wie diese Schritte mit Andacht auf dem steinernen Boden auftraten und doch jenen Krach veranstalteten, den mit Eisen benagelte Schuhe in einer leeren Halle hervorrufen, erkannte er die Haushälterin, Fräulein Klepzig.“ Erstmals 2012 veröffentlichte die edition NORDWINDPRESS Dalberg-Wendelstorf die Erzählung „Fast ein Jahrhundert. Das lange Leben der Alma M., geborene S.“ von Ingrid Möller: Am 15. Dezember Anno Domino 1902 wurde in Straßen bei Eldena dem Büdner Heinrich Schult und seiner Ehefrau Anna geborene Bergmann ein Mädchen geboren und getauft auf den Namen Alma. Ein langes Leben - ja, aber kein besonderes - mag mancher sagen, der die Erzählung liest. Aber den Alltag zu bewältigen in diesem 20. Jahrhundert, das zwei Weltkriege, Inflation und Mangeljahre einschließt, verlangte den Menschen viel ab. Und so prägte sich ein Verhalten, das heute mitunter Stirnrunzeln auslösen mag, aber in der Generation in dem mecklenburgischen Landstrich nicht untypisch ist. Herkunft und Erziehung prägten Wertmaßstäbe, die erhalten blieben, auch außerhalb des Dorfes und der dortigen Familie. Wir sind also in Straßen. Moment mal, wo bitte sind wir? „Straßen ist ein kleines Dorf. So klein, dass es kaum in einem Lexikon zu finden ist. Es liegt im Südwesten Mecklenburgs, in der sogenannten Griesen Gegend, nahe Eldena. Für Anna Schult aber ist es die Mitte der Welt, ihrer Welt. Hier, in der Büdnerei Bergmann, wurde sie am 3. Januar 1861 geboren, hat am 27. Januar 1888 den Eldenaer Landwirt Heinrich Schult geheiratet, der den kleinen Hof übernahm. Vor ihm war sie gewarnt worden, denn sein Vater Christian stand in einem denkbar schlechten Ruf. Zwei Ehefrauen – eine geborene Graf die erste, Rose die zweite, mit der er fünf Kinder hatte - hatte er vom Hof gejagt und dennoch eine dritte - geborene Möhring - gefunden. Doch den Spitznamen „De Düwel“ hatte er weg. Anna Bergmann aber befand, dass sich die Bosheit auf den Sohn nicht vererbt hatte. Kindersegen war ihr reichlich beschieden. Jetzt, Mitte Dezember 1902, soll sie ihr neuntes Kind gebären. Mit nahezu zweiundvierzig Jahren. Das erste war ein Junge und kam ungebeten, als sie noch jung und unverheiratet war. Schon lange hat sie ihn nicht mehr gesehen. Früh musste er aus dem Haus. Mit siebenundzwanzig heiratete sie. Am 1. April 1888 kam ihr erstes gemeinsames Kind zur Welt, Otto. Im Abstand von zwei Jahren gebar sie die übrigen: Ida, Minna, Wilhelm, Heinrich, Emma und Richard. Und nun? Was dies wohl wird? Eigentlich schon peinlich, in ihrem Alter. Sie schreit nach der Hebamme, denn die Wehen haben eingesetzt. Ja, ja. Sie kommt gleich. Dann geht es schnell. Das Kind ist winzig. „Ne lütte Diern! (Ein kleines Mädchen)“, sagt die Hebamme. Aber ihre Stimme klingt irgendwie anders als sonst, während sie das Kind wäscht und ihm den Klaps auf den Po verpasst. Sie muss kräftiger zulangen, bis das Würmchen einen zaghaften Laut von sich gibt. „Wies mi de Lütt! (Zeig mir die Kleine)“, sagt die Wöchnerin argwöhnisch. Die Hebamme wickelt ein Leinentuch um den kleinen Leib und reicht das Neugeborene der Mutter. Die seufzt. Wenn das Awmarachen man nicht umsonst war! „Kümmt de dörch? (Kommt sie durch)“ Die Hebamme zuckt die Schultern. „Berrer, se ward gliek döfft (Besser, sie wird gleich getauft).“ Man läuft, den Pastor zu holen. Der ist nicht erreichbar. Dann den Lehrer. Eine Bibel ist im Haus, eine Schüssel Wasser von der Pumpe auch. Es eilt. „Woans sall se heiten (Wie soll sie heißen)?“ „Alma“. Na dann! Die Formalitäten werden schriftlich festgehalten: Am 15. Dezember Anno domini 1902 wurde in Straßen bei Eldena dem Büdner Heinrich Schult und seiner Ehefrau Anna geborene Bergmann ein Mädchen geboren und getauft auf den Namen Alma. Die Einzelheiten - wie die sonstigen Vornamen - kann der Pastor dann später im Kirchenbuch eintragen. Anna Schult atmet auf. Eine Heidin ist die Lütte nun nicht mehr, falls ... Aber allen Unkenrufen zum Trotz zeigt das schwache Kind einen starken Lebenswillen. So hat es mit der offiziellen Taufe Zeit bis zum 5. Januar 1903. Sie erhält die zusätzlichen Namen Johanna und Marie. Sobald Alma laufen kann, wuselt sie um die Mutter herum. Die reagiert genervt: „Gah mi vor de Fäut weg! (Geh mir vor den Füßen weg)“ Aber einmal kommt sie in der Küche doch nicht schnell genug weg und wird verbrüht. Ihr Leben lang wird sie überzeugt sein, dass sie deshalb so dünne Haare hat. Dann läuft sie hinter den Geschwistern her, was ihr auch nicht immer gut bekommt. Am sichersten ist sie noch bei der Oma, an deren Schürzenzipfel sie sich nun hängt. Die Oma ist gäuding zu ihr, warnt sie aber ein bisschen zu viel vor den Gefahren des Lebens. Möchte Alma den Jungen nach in den Wald, heißt es: Dort gibt es Räuber und andere fremde Leute. Wenn die Jungen zur Elde baden gehen, heißt es „Bliew du man bi Oma’n, lat de Jungs man versupen! (Bleib du man bei Oma, lass die Jungs man ersaufen)“ Oder wenn sie auf Bäume klettern und Krähennester ausnehmen: „Lat de man dalplumpsen und sick dat Genick bräken! (Lass die man runterplumpsen und sich das Genick brechen)“ Alleinsein und Dunkelheit geht natürlich gar nicht, da spuken ja die Gespenster rum. Als Alma vier ist, zieht die Familie um nach Eldena auf eine Bauernstelle. Nun sind sie keine Büdner mehr, sondern was viel besseres, nämlich Bauern. Stolz dürfen sie jetzt den „Buernweg“ (Bauernweg) benutzen. Allerdings verschulden sie sich hoch. Die Felder liegen weit auseinder, sind nur zeitraubend zu bewirtschaften. Gespart wird an allem. „Gaud Bodder“ (Gute Butter) kommt nicht auf den Tisch. Dafür Pökelspeckschwarte in Eintopf. Alma schmeckt das so wenig wie ihren Geschwistern. Heimlich steckt sie Schwarten in ihre Schürzentasche oder wirft sie gleich unter den Tisch zu den Hunden, wenn die nicht vorher durch den Befehl „Hunn’n rut!“ (Hunde raus) rausgejagt worden sind. Für Gäste - wenn es denn mal welche gibt - hat die Mutter einen aufmunternden Spruch parat „Esst, leiwe Gäst, schont de Wust und langt äwer den Bodder weg!“ (Esst, liebe Gast, schont die Wurst und langt über die Butter weg) Holzpantoffeln - hölten Tüffel - müssen möglichst lange halten. Wenn es einigermaßen warm ist, heißt es „barst“ (barfuß) lopen. Aber es gibt auch Feste. Weihnachten zum Beispiel. Da schlägt der Vater eine Fichte im Wald, stellt sie in der Stube auf, hängt Äpfel und steckt Kerzen dran. Und wenn die Glocke ertönt, dürfen die Kinder kommen. Alle fassen sich an und wandern um den Tannenbaum, wobei sie Weihnachtslieder singen. Dann dürfen sie ihre Geschenke auswickeln. Bei den Jungen ist es immer ein Pferdegespann, das der Vater geschnitzt hat. Bei den Mädchen eine Puppe mit Lehmkopf, festgenäht in einem Schuhkarton. Immer wieder zur Vorsicht ermahnt, dürfen die Kinder die Festtage über damit spielen, dann wird alles wieder eingesammelt, bis zum nächsten Jahr, wo sich die Zeremonie wiederholt. Als Alma zur Schule kommt, kann sie ganz sicher kein Wort Hochdeutsch (denn das konnten die Kinder der nächsten Generation noch nicht einmal), aber sie kommt gut mit. Es kränkt sie, dass die Kinder ihr „Dickhals!“ nachrufen, denn ihr wächst ein Kropf. Ihr Vater tröstet sie, kauft ihr neue Kleider, die sie dann im Kuhstall auf dem Melkschemel vorführen muss. „Dreih di nochmal!“ (Dreh dich noch mal) heißt es dann, und „Du büst noch de Hübschte von allen!“ Das bringt sie auf den Gedanken, ihre Mutter zu bitten: „Kannst mi nich eins awnähmen laten?“ (Kannst du mich nicht mal fotografieren lassen) „Woans kümmst du up sowat! Dat wier ja rutsmeten Geld! Nu segg mal sülwst: wotau wist du‘n Foto von di hebbn? - „Tau’n Ankieken.“- „Dann kiek man in’n Pisspott, dor kannst du di ok ankieken.“ („Wie kommst du auf so was! Das wäre ja rausgeschmissenes Geld! Nun sag mal selbst: Wozu willst du ein Foto von dir haben?“ - „Zum Angucken.“ „ Dann guck in den Nachttopf, da kannst du dich auch angucken.“)“ Ein knappes Jahrzehnt vor der Jahrhundert-Biographie von Alma, 2004, brachte Siegfried Maaß im BK-Verlag Staßfurt erstmals seine Novelle „Sonntagspredigt oder Heimkehr auf die Insel“ heraus: Brückstedt - eine fiktive Kreisstadt in der realen DDR. Ein alleinstehender Mann beantragt ein Reisevisum, um seine schwer erkrankte Mutter in Westdeutschland besuchen zu dürfen. Das Visum wird ihm verweigert „Wenn Sie wenigstens verheiratet wären“, wird ihm lakonisch erklärt. Aber der Antragsteller ist katholischer Pfarrer Jahre später kann er endlich das Grab seiner Mutter besuchen und zugleich seine jüngere Schwester, die einst mit ihrem Freund nach Westdeutschland floh. Doch sie glaubt nicht, was er ihr berichtet und hält ihm vor, sich zwar um das Seelenheil anderer zu kümmern, aber seiner eigenen Mutter in ihren letzten Stunden nicht beigestanden zu haben. Der schon in der gemeinsamen Kindheit im Elternhaus entstandene Konflikt zwischen den Geschwistern spitzt sich zu; die von einem freudlosen Leben gezeichnete Schwester, vereinsamt und dem Alkohol zugeneigt, bietet keine Chance zu einem geschwisterlichen Ausgleich. Enttäuscht und mit sich selbst unzufrieden und sich zugleich seines Anteils an dem endgültigen Bruch mit seiner Schwester bewusst, verlässt der Pfarrer vorzeitig den Wohnort seiner Schwester. Während der nächtlichen Bahnfahrt begegnet er einer schwarz gekleideten Dame, die sich auf dem Weg nach Brückstedt zur Beerdigung ihrer Mutter befindet. Es ist die ehemalige Polizistin, die damals zu ihm gesagt hatte: „Wenn Sie wenigstens verheiratet wären ...“ Eine scheinbar ganz private Geschichte mit einem politischen Hintergrund, vor dem sich der Konflikt von einst zu einem ganz aktuellen ausweitet und seine Konsequenzen fordert. Hören wir den Anfang dessen, was der alleinstehende Pfarrer berichtet: „Gestern bin ich aus S. zurückgekehrt. Einen Tag früher als beabsichtigt. Ich glaube, niemals zuvor hatte ich eine solche Erleichterung bei der Heimkehr von einer Reise empfunden. Als wäre ich auf der Flucht gewesen und endlich an einem sicheren Ort angekommen. Den sicheren, mir gut bekannten Ort hatte ich wirklich erreicht. Aber war ich vor Marie, meiner Schwester, tatsächlich geflohen? Oder gar vor Lydia? Ich wusste es nicht und wollte jetzt auch nicht darüber nachdenken. Während der ganzen langen Fahrt hatte mich kaum etwas anderes beschäftigt als mein Verhältnis zu meiner Schwester Marie. Wäre nicht die schwarz gekleidete Frau mit dem Schleier vor ihrem Gesicht zu mir ins Abteil gekommen, hätte ich wahrscheinlich noch während der Fahrt etwas Abstand gewonnen und auch etwas schlafen können. Doch ohne Marie zu kennen und von unserer gestörten Beziehung zu wissen oder auch nur zu ahnen, auf welche Weise ich meine Schwester verlassen hatte, lenkte sie meine Gedanken ungewollt in die entgegengesetzte Richtung unserer Fahrt – nämlich zurück zu Marie und damit auch in jene Zonen meines Bewusstseins, die ich gern endgültig hinter mir lassen wollte. Erst nachdem sich unsere Wege getrennt hatten, gelang es mir, ruhiger zu werden und mich auf meine Heimkehr zu freuen. Durch keine weiteren belastenden Überlegungen wollte ich meine Freude trüben lassen. Auf dem Markt unserer kleinen Stadt verließ ich den Bus, mit dem ich aus unserer Kreisstadt gekommen war. Es erschien mir als glücklicher Zufall, dass er abfahrbereit am Bahnhof gestanden hatte, als ich die Stufen hinab stieg und schwer an meinem Koffer schleppte. Auf diese Weise entging ich der Entscheidung, mit einer Taxe fahren zu müssen, was für mich eine verschwenderische Ausgabe bedeutet hätte. Vom Busfenster aus beobachtete ich meine ungebetene Reisegefährtin, von der ich mich bereits im Zug verabschiedet hatte. Flüchtig genug, um erkennen zu lassen, dass meinerseits kein weiterer Gesprächsbedarf bestand. Jedoch ausreichend beherrscht, um nicht als unfreundlicher und nachtragender Schwarzkittel, der einmal erlittenes Unrecht nicht verzeihen kann, in Verruf zu geraten. Offenbar war sie bereits am Bahnsteig von ihrem Bruder in Empfang genommen worden; eindringlich, als wäre es von besonderer Bedeutung, hatte sie mich wissen lassen, dass er sie abholen wolle. Mit einem großen, kräftig wirkenden Mann sah ich sie aus dem Bahnhofsportal heraustreten. Er trug einen dunklen Anzug und eine schwarze Krawatte auf weißem Hemd. Den Koffer seiner Besucherin behandelte er, als sei er völlig leer und wechselte ihn leichthändig und schwungvoll auf die andere Seite, um seine Schwester mit der rechten Hand unterfassen zu können. Noch bevor mein Bus abgefahren war, hatten die beiden mit einem Taxi bereits den Bahnhofsvorplatz verlassen. Für die etwa zwanzig Minuten währende Fahrt bis Burghausen richtete ich mich auf meinem Platz so bequem wie möglich ein. Von der langen Bahnfahrt schmerzte mich jede Faser meines Körpers. Am liebsten wäre ich im Mittelgang auf- und abgelaufen, unterließ es jedoch der anderen Fahrgäste wegen. Vielleicht konnte ich mich am Nachmittag mit Gartenarbeit wieder etwas in Schwung bringen. Doch mit dieser stillen Hoffnung betrog ich mich selbst. Auf meinem Schreibtisch würde ein Berg Arbeit auf mich warten. Und auch meine Sonntagspredigt schrieb sich nicht allein. Zu dieser Stunde war der Bus aus der Kreisstadt nahezu leer. Nur einige Frauen fuhren mit mir, die mich beim Einsteigen erstaunt angesehen hatten. Sie arbeiten als Kassiererinnen in unserem ländlichen Supermarkt. Auf der Rückfahrt würde der Bus gut besetzt sein, weil viele Pendler in die Kreisstadt fahren. Obwohl mir die Augen zufallen wollten, blickte ich während der Fahrt aus dem Fenster. In der waldlosen und flachen Landschaft, in der Fremde kaum Sehenswertes entdecken können, fühlte ich mich sofort wieder heimisch. Seit meiner Kindheit bin ich es gewöhnt, weit ins Land blicken zu können und kann Gebirge kaum länger als eine Urlaubswoche ertragen - schon bald spüre ich dann Beklemmungen, fühle mich eingezwängt und sehne mich nach der Ebene zurück. Ähnlich erging es mir auch in S. Eingebettet in einen Talkessel, der von dichten Wäldern umgeben ist, erlaubt die Stadt keinen Blickkontakt mit dem Horizont. Lediglich vom Schloss aus, dem höchsten Punkt der Stadt, kann man über die Wipfel hinwegsehen. Aus dem Bus heraus erkannte ich nun die Turmspitzen der beiden Burghausener Kirchen, die mir stets wie ungleiche Geschwister erschienen. Hoch aufragend und erhaben der Turm der evangelischen St. Petrikirche, eines romanischen Bauwerks, mit dem nicht allein die Gemeinde, sondern auch die Stadt renommiert. Dagegen der kurze, gedrungene Turm „meiner“ Kirche - als stünde sie, schlicht und unansehnlich, ganz im Schatten der anderen. Dennoch erkannte ich auch „meinen“ Turm, dessen Schieferdach sich im Maimorgenlicht dunkel abhob. Von diesem Augenblick an konnte ich es kaum erwarten, endlich mein Ziel zu erreichen. Außerdem war ich neugierig zu sehen, wie Juliane auf meine verfrühte und damit unerwartete Ankunft reagierte.“ Erstmals 2013 veröffentlichte die EDITION digital die 2., überarbeitete Auflage des 11. Teils der nur als E-Books erscheinenden Zeitreisenden-Reihe von Hardy Manthey. Der Titel des fantastischen Romans lautet „Zum Ursprung – 15 000 Jahre zurück“: Ein Leben voller Abenteuer liegt hinter unserer Zeitreisenden. Was musste Maria Lindström, die sich selbst stolz Aphrodite nennt, nicht alles überstehen! Auf dem Flug zum Pluto wurde sie ohne ihre Zustimmung als Versuchsperson benutzt und unfreiwillig schwanger. Das war aber nur der Anfang einer langen Leidensgeschichte. Der Sturz durch Raum und Zeit in die Vergangenheit sollte die Leidensfähigkeit der Zeitreisenden auf eine harte Probe stellen. Ihr Schicksal in der Sklaverei und ihre erzwungenen Hurendienste sind für sie unvergessene traumatische Erlebnisse. Es war ein ewiger Überlebenskampf, der sie tief in ihrem Herzen geprägt und für immer geformt hat. Dass sie später zu Macht und großem Reichtum gelangte, hat daran nichts geändert. Am Ende blieb ihr nur die Flucht. Ihr Leben danach auf dem Planeten der Frauen war ebenso spektakulär. Vielleicht hat sie es aber doch geschafft, dort das Rad der Geschichte ein Stück weiter zu drehen. Die Abenteuer in der Zukunft hätten sie beinahe das Leben gekostet. Doch ihr Wirken hat auch dort für ein Umdenken gesorgt und die Macht der Unsterblichen für immer gebrochen. Zurück in ihre Welt, die Welt des 23.Jahrhunderts, war ebenfalls kein Spaziergang. Die Freude, Bruder und Schwester zu sehen, wurde schnell von dunklen Machenschaften verschiedener Kreise getrübt. Für den Entschluss, zurück in die antike Zeit zu reisen, wurde sie nicht belohnt. Das Land der Pharaonen wollte sie ebenfalls nicht haben. Nun soll sie den Kampf gegen außerirdische Zivilisationen in einer fernen Vergangenheit, in der Steinzeit, aufnehmen. Wird ihr das gelingen? Zunächst einmal aber lernen wir am Anfang des Buches Aphrodite in all ihrer weiblichen Schönheit kennen, die durch keinerlei Kleidung verhüllt wird – gänzlich nackt: „Aphrodite schlägt die Augen auf und sieht, wie sich der Sarkophag gerade öffnet. Wie gewohnt steigt sie aus und streift sich dabei mit den Händen den letzten Rest der grünen Flüssigkeit vom Körper. Dabei stellt sie überrascht fest, dass sie nicht die geringsten Spuren der Schwangerschaften und der Geburt der beiden Kinder an sich erkennen kann. Sie hatte sich damit abgefunden, dass eine hässliche Narbe vom Kaiserschnitt zurückbleibt. Doch ihr Körper erscheint perfekter denn je. Sind auf Wunsch der Männer ihre Brüste noch größer geworden? Nicht dass die Brüste ihr jetzt zur Last werden! Die Männer sind mit ihren Fantasien scheinbar maßlos geworden. Sie denken nicht daran, dass zu viel des Guten für eine Frau zu einer echten Belastung werden kann. Am Po hat sie auch zugelegt. Oder war sie schon immer so gebaut? Was solls, sie muss sich nehmen, wie sie eben ist. Sie schaut sich um. Überrascht stellt sie fest, dass die Sarkophage auf der anderen Seite auch schon offen sind. Hat sie etwas verpasst? Wo sind die Kinder? Sie hört eine unbekannte tiefe Stimme hinter sich sagen: „Hallo, Mutter. Wie geht es dir? Bist du wohlauf?“ Aphrodite dreht sich um und sieht einen jungen Mann vor sich stehen. Der hübsche schlanke junge Mann trägt eine Kombination aus einem silbrig schimmernden Stoff. Er hat einen prächtigen schwarzen Lockenkopf und strahlend blaue Augen. Aphrodite weiß, es sind ihre Augen, die sie ihrem Sohn mitgegeben hat. Der junge Mann vor ihr hat sehr viel Ähnlichkeit mit ihren anderen Söhnen. Nur hat dieser pechschwarzes Haar und scheint auch größer als ihre Söhne Alexander und Adam zu sein. Woher er wohl die schwarzen Haare haben könnte? Aber der junge Mann gefällt ihr auf den ersten Blick und darum sagt sie: „Hallo, Söhnchen! Hallo, Marotti! Du siehst gut aus. Wie geht es dir? Komm zu deiner Mama und lass dich umarmen!“ Jetzt geht sie auf ihren Sohn zu. Auch er kommt ihr entgegen und schaut sie dabei nur so komisch an. Aphrodite drückt ihn fest an ihre Brust. Sie spürt es jetzt ganz deutlich, das ist ihr Sohn. Plötzlich wird Aphrodite bewusst, dass sie immer noch völlig nackt ist. Aha, darum hat ihr Söhnchen so komisch geguckt. Er ist mein Kind, er darf mich so sehen, entschuldigte sie sich und genießt die Nähe des jungen Mannes. Der junge Marotti bekommt einen roten Kopf, ihm gefällt aber auch spürbar ihre innige Umarmung und er sagt: „Mutter, du bist einfach nur umwerfend. Du fühlst dich richtig gut an. Alles an dir ist so herrlich weich und warm. Jetzt begreife ich, warum Männer in deiner Nähe den Verstand verlieren.“ Er löst sich zaghaft von ihr. „Aber du solltest erst einmal unter die Dusche gehen und dir dann etwas anziehen. Auch wenn du meine Mutter bist, bleibst du immer noch eine wahnsinnig schöne Frau. So eine schöne Frau, wie du es nun mal bist, darf nicht völlig nackt vor einem Mann herumlaufen. Du bist Verlockung und Lust pur. Auch oder gerade deshalb solltest du deinen Sohn nicht so sehr verwirren!“ „Ach, neuerdings stört es dich, wenn ich nackt vor dir herumlaufe? Ja, ich sehe es jetzt auch, du bist ein richtiger Mann geworden!“, sagt Aphrodite spöttisch, löst sich ganz von ihrem Sohn und geht unter die Dusche, die wie aus dem Nichts aus der Wand kommt. Sie genießt die Dusche und seift sich extra ein. Ihr Sohn: „Soll ich dir den Rücken einseifen?“ „Das wäre lieb von dir, mein Sohn, ich meine Marotti!“, sagt sie und hält ihm schon ihren Rücken hin. Mit viel Gefühl wird jetzt ihr Rücken eingeseift. An ihren Po traut er sich aber nicht heran. Aphrodite genießt seine sanften Hände. Nach der Dusche stellt sie wie immer die Luftdusche an. Der angenehm warme Luftstrom duftet nach Kräutern, die in den Bergen Siziliens gedeihen. Mit geschlossenen Augen glaubt sie, in ihrem Palast in Syrakus zu stehen. Für einen kleinen Moment fühlt sie sich gar ins antike Syrakus zurückversetzt. Doch die Illusion ist nur von kurzer Dauer. Etwas traurig steigt sie aus der Dusche. Ihr Sohn empfängt sie mit einem Tuch und reibt sie jetzt auch sorgfältig ab. Der junge Mann braucht dafür auffallend lange. Er nutzt das Tuch, um seine Mutter gründlich zu erkunden. Man merkt ihm an, dass er mit viel Genuss ihre Rundungen ergründet. Aphrodite nimmt es locker und genießt seine Aufmerksamkeit. Plötzlich fühlt er sich ertappt und reicht Aphrodite, verlegen geworden, das Tuch: „Mutter, du bist wirklich eine schöne Frau!“ „Für deine Gefühle brauchst du dich nicht zu schämen. Dass eine Frau bei einem Mann allein durch ihre Erscheinung, ihre Anwesenheit Gefühle auslöst, ihn erregen kann, ist etwas ganz Natürliches. Für dich, der solange körperlos gelebt hat, ist es etwas Neues. Du musst lernen, damit umzugehen. Jeder Mann muss lernen, seine Gefühle zu kontrollieren und sich nicht wie ein Tier, nur vom Trieb gesteuert, auf die Frau, das Lustobjekt in seinen Augen, zu stürzen. So wie ich jetzt aussehe und beschaffen bin, das habe ich euren Künsten zu verdanken. Ich bin euer Fantasieprodukt. Ihr wolltet es doch so, dass ich als Frau mit allen weiblichen Attributen üppig ausgestattet werde. Die Macht, die ihr über mich habt, hat das möglich werden lassen. Oder irre ich mich?“, behauptet Aphrodite. Sie weiß nicht, ob es wirklich so gut ist, Produkt ausufernder Männerfantasien zu sein. Sie ist es, die mit diesem Körper leben muss.“ Erstmals 2003 veröffentlichte ein Nikolai Bachnow bei der bei LeiV Buchhandels- und Verlagsanstalt als Band 8 Aljonna und Klaus Möckel „Das gestohlene Tierreich“: Etwas Unvorstellbares passiert im Zauberland: das Tierreich mitsamt seinem König, dem Tapferen Löwen, wird gestohlen. Ein Riese streut Schrumpfpulver über dem Wald aus, so dass Bäume und Sträucher, aber auch die Tiere um ein Vielfaches kleiner werden. Dann rollt er alles wie einen Teppich zusammen und schleppt es als Spielzeug für seine Kinder in die Berge. Das Unglück könnte nicht schlimmer sein! Während die Tiere größte Mühe haben, sich an ihre neue Lage anzupassen, stehen der Scheuch, Betty, Jessica und andere, die ein Waldfest besuchen wollten, dem Ereignis fassungslos gegenüber. Sie nehmen die Spur des Riesen auf, doch wie sollen sie helfen? Wieder einmal müssen sie unerwartete Hindernisse überwinden, gefährliche Abenteuer bestehen. Sie geraten in die Fänge doppelköpfiger Geier und Jessica mit Betty sogar in die Gefangenschaft des Riesenmädchens Bomm. Doch mit Hilfe eines Steinbocks und eines klugen Marabus gelangen sie schließlich ans Ziel. Gemeinsam mit den Tieren kann letztendlich die schwierige Aufgabe der Rückverwandlung in Angriff genommen werden. „Mit dem letzten Band der Reihe beweist Nikolai Bachnow noch einmal, zu welch fantastischen Ideen er fähig ist. Die Geschichte vom Tierreich ist toll und macht dieses Märchen zu etwas ganz Besonderem“, hieß es in einer begeisterten Rezension von Karolin Kullmann. Dieses Buch, 2003 bei LeiV (Leipzig) mit Illustrationen von Hans-Eberhard Ernst schienen, ist das achte von mehreren Büchern, die an die bekannte Reihe des Russen Alexander Wolkow anschließen. „Endlich befindet man sich wieder in Gefilden, die nicht mehr futuristisch oder abstrakt anmuten", lobte Kritikerin Karolin Kullmann. Und so geht es los: „Erster Teil: Das unheilvolle Pulver Der Riese Ein dumpfes Geräusch ertönte in der Ferne, ein Stampfen, das sich wiederholte und immer lauter wurde. Der Tapfere Löwe, Herrscher des mitten im großen Zauberland gelegenen Tierreichs, hob den Kopf. Er hatte nach einem ausgezeichneten Mahl am Fuße seiner Felsenburg in der warmen Mittagssonne gedöst, doch nun wurde er wach. Die Laute waren ungewöhnlich, wenn nicht sogar beunruhigend. Der Hase hoppelte herbei, einer seiner Minister. „Hörst du das Trampeln, Herr?“, rief er aufgeregt. „Es scheint näher zu kommen. Was mag das sein?“ Der Löwe erhob sich. „Das möchte ich auch gern wissen. Ganz schön unverschämt, so unsere Mittagsruhe zu stören.“ Er gähnte. Das Geräusch verstummte, erscholl aber nach einigen Minuten erneut und noch stärker. Ein Trapsen wie von Riesenstiefeln, die Gehölz niederwalzten, Baumstämme zerbrachen. Dem Hasen zitterten vor Angst die Pfoten, der Puschelschwanz und die langen Löffel. „Das klingt wie ein Schritt. Als stapfte ein Riese heran!“ „Ein Riese bei uns? Bist du noch bei Verstand? Wo soll der herkommen?“ Inzwischen flatterten erschrocken Vögel durch die Luft, verkrochen sich in ihren Nestern und Baumhöhlen. Wildschweine, Füchse, Rehe flüchteten ins Unterholz. Nun waren die Schritte schon ganz nahe. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, jagte der Hase davon, verschwand in seinem Bau. Der Löwe dagegen stieß ein wütendes Gebrüll aus. Er würde es dem Eindringling zeigen. Doch er kam nicht dazu, den Feind ins Auge zu fassen. Ein Schatten verdunkelte die Sonne, eine Schuhsohle, fast so groß wie der Vierbeiner selbst, senkte sich auf ihn herab, so dass er mit einem jähen Satz zur Seite springen musste, wenn er nicht zertreten werden wollte. An der Stelle, wo er gerade noch gestanden hatte, wurden ein Strauch zermalmt, ein paar mächtige Steine in den Boden gedrückt, als sei der aus Wachs. Eine Stimme, die das Löwengebrüll um ein Vielfaches übertönte, sagte dröhnend: „Das ist lustig. Das wird den Kleinen gefallen.“ „Wer bist du? Wer ist das, die Kleinen? Was soll ihnen gefallen?“, wollte der König des Tierreichs fragen, verstummte aber bereits nach den ersten Worten. Der Kerl, der wie ein Turm vor ihm stand, griff nämlich in einen Sack und streute mit weitem Schwung, so als säe er Korn aus, ein graues Pulver in die Gegend. Über die Wälder, die Wiesen, die Tiere und Vögel. Der Löwe duckte sich, versuchte auszuweichen – vergebens. Das schrecklich stinkende Zeug rieselte in dichten Schwaden auf ihn, die Pflanzen und Steine ringsum herab. Der hat Schlimmes mit uns vor, will uns vielleicht sogar ersticken, schoss es dem Löwen durch den Kopf. Doch weiter kam er mit seinen Gedanken nicht. Die Beine knickten ihm weg, der Kopf wurde schwer, die Augen fielen ihm zu, und ohne etwas dagegen tun zu können, sank er betäubt zu Boden. Genau wie die anderen Wald-, Sumpf- und Steppenbewohner, die Vierbeiner und Vögel, die Schlangen, Echsen und Lurche. Selbst wenn sie sich gerade in ihren Höhlen aufhielten oder in letzter Minute dorthin geflohen waren, konnten sie nicht entrinnen. Das Pulver und sein beißender Geruch verbreiteten sich überall, drangen in jedes Loch, jede Ritze. Höchstens trat die Wirkung manchmal später ein, war ein bisschen schwächer. Auf jeden Fall aber reichte sie aus, den Tieren das Bewusstsein zu nehmen, so dass sie stumm dalagen, sich nicht mehr regen und keinen Laut mehr von sich geben konnten. Aber noch etwas anderes, ganz Eigenartiges geschah! Es betraf neben Tieren und Vögeln auch die Bäume, Büsche, Pflanzen und sogar die Steine. Niemand außer dem Kerl, der das Pulver verstreut hatte, bemerkte anfangs die Veränderung, dämmerten doch alle in tiefer Benommenheit dahin. Und selbst als der Löwe wieder zu sich kam, begriff er die neue Lage nicht. Um ihn herum war es stockfinster, er fühlte sich eingequetscht, der Boden unter ihm schwankte und es kam ihm vor, als trüge man ihn davon. Ich bin in einen großen Teppich eingerollt, dachte er, der Riese hat mich betäubt und ein Tuch um mich geschlagen, er will mich in seine Höhle schleppen, vielleicht um mich am Spieß zu rösten. Ich muss mich unbedingt befreien. Nach und nach gelang es dem Vierbeiner, sich etwas Raum zu verschaffen. Er streckte die Pfoten aus und kroch langsam ins tiefe Dunkel hinein - er sah nirgends Licht. Nein, da war nicht bloß eine Decke um ihn und allein war er hier auch keineswegs: Er stieß auf Steine, Gesträuch, Bäume, genau wie bei sich zu Hause. Vögel flatterten vor ihm auf und ein Reh sprang über moderndes Holz. Denn in Wirklichkeit hatte der Riese nicht nur ihn, sondern den ganzen Wald eingepackt. Als Spielzeug für seine Zwillinge. Er beherrschte einige Zaubertricks und hatte das Pulver so zusammengemixt, dass alle Lebewesen und Gegenstände auf eine ihm genehme Größe schrumpften. Zufrieden hatte er zugeschaut, wie das gesamte Tierreich unter ihm kleiner und kleiner wurde, bis es sich nur noch als großer grüner Teppich darbot. Mit groben Händen hatte er diesen Teppich vom steinigen Untergrund gelöst und ihn mit allem, was darauf wuchs, fleuchte oder kreuchte, zu einer riesigen Rolle geformt. Ähnlich wie man den Kunstrasen in einem Fußballstadion zusammenwickelt. Dann hatte er den Packen unter den Arm genommen und war davongestapft, auf sein weit entferntes heimatliches Tal zu.“ Nun wird es aber wirklich Zeit, die Identität von Nikolai Bachnow zu klären, des würdigen Nachfolgers und kräftig-in-die-Fußstapfen-Treters von Alexander Wolkow. Allerdings gibt es gar keinen Nikolai Bachnow – jedenfalls nicht einen einzigen, sondern gewissermaßen zwei. Lassen Sie mich dazu der Einfachheit und Bequemlichkeit halber das komplette Vorwort zu dem gerade vorgestellten Band 8 der Nikolai-Bachnow-Bücher „Das gestohlene Tierreich“ zitieren: „Als Alexander Wolkow Mitte des vorigen Jahrhunderts seine Bücher über das Zauberland jenseits der Weltumspannenden Berge veröffentlichte, in denen er sich am berühmten „Zauberer von Oz“ des Amerikaners Lyman Frank Baum orientierte, konnte er nicht ahnen, welchen Erfolg er damit haben würde. Nicht nur in der damaligen Sowjetunion fanden die Geschichten vom Mädchen Elli, dem Weisen Scheuch, dem Tapferen Löwen und dem Eisernen Holzfäller zahlreiche Leser, sie wurden auch in viele Sprachen übersetzt. In der DDR wuchsen Generationen von Kindern mit den sympathischen Helden auf, und die Wolkow-Bücher überlebten schließlich sogar die Wende. 1992 wurde der „Zauberer der Smaragdenstadt“ im LeiV Verlag Leipzig neu herausgebracht und stand, genau wie einige weitere Bücher der Märchenreihe, in den Bestsellerlisten für Kinderliteratur lange an vorderster Stelle. Es ist nicht erstaunlich, dass sich in Russland und anderswo bald Autoren fanden, die an diesen Erfolg anknüpfen wollten. Nach einigen Experimenten mit russischen Schriftstellern, die, den neuen Zeiten Rechnung tragend, die Wolkowschen Gestalten zum Teil auf ferne Atolle und ins Weltall schickten, kam der Verlag auf die Idee, wieder die ursprüngliche Wirkungsstätte in den Mittelpunkt zu rücken. Klaus und Aljonna Möckel, die sich als Schriftsteller bzw. Übersetzerin in der DDR einen Namen gemacht hatten, übernahmen unter dem Pseudonym Nikolai Bachnow (Nikolai als russische Version von Klaus; Bachnow nach dem Mädchennamen Bach der Übersetzerin), die Aufgabe, weitere Geschichten für die sympathischen Helden zu erfinden. Natürlich sollten die Leser – Kinder und Erwachsene, die diese Bücher früher verschlungen und inzwischen selbst Kinder hatten - den Bezug zum bisherigen Geschehen herstellen bzw. den Übergang nachvollziehen können. Neue Gestalten waren schon in den letzten Wolkow-Bänden aufgetaucht, Söhne und Nichten der ursprünglichen Heldin Elli bestanden gefahrvolle Abenteuer, und in drei Bänden des Nachfolge-Autors Kusnezow wirkten weitere Helden mit. Doch das ursprüngliche Zauberland rückte dadurch in den Hintergrund, war kaum noch fassbar, das Geschehen oft verwirrend und zu abstrakt dargestellt. Um diese Situation, die von vielen Lesern als unglücklich empfunden wurde, zu beenden und gleichzeitig die wichtigsten Verbindungen fortzuführen, konzentrierten sich Aljonna und Klaus Möckel erneut auf die Grundzüge der Zauberland-Serie. Sie hielten, zumindest in den ersten Bänden, an einigen der neueren Figuren wie dem Kapitän Charlie oder Chris Tall, Ellis Sohn, fest, stellten aber die vertrauten Gestalten wieder mehr ins Zentrum. Mit der Zeit formte sich ein neues Ensemble, in dem neben dem Scheuch, dem Löwen und dem Holzfäller besonders Goodwins Enkelin Jessica und die Puppe Prinzessin Betty, die der Scheuch zur Frau genommen hatte, herausragten, zu dem aber auch witzige Gestalten wie der Hobbyzauberer Pet Riva, die starke Spinne Minni oder der schlaue Mäuserich Larry Katzenschreck gehörten. 1996 kam es zur Veröffentlichung des ersten Bachnow/Möckel-Bandes „In den Fängen des Seemonsters“, in dem sich die Bewohner des Zauberlandes mit einer Verschmutzung im Muschelmeer, dem Reich der Fee Belldora, auseinandersetzen müssen. „Manches hat sich im Zauberland verändert“, schrieb seinerzeit die Kritikerin Karolin Kullmann im Internet, „aber dennoch hat man von der ersten Seite an das Gefühl, wieder im wundervollen Märchenreich zu sein ... Mit dem Autor Nikolai Bachnow, der von nun an das Schreiben neuer Geschichten übernimmt, hat die Reihe viel dazu gewonnen.“ Und die Rezensentin, die auch zu den späteren Büchern Kritiken verfasste, sprach am Ende die Hoffnung aus, „dass auch die Nachfolger mithalten können“. Von dem Autorenpaar entstanden in den Jahren 1996 bis 2003 acht Bände, die nun auch digital vorliegen. Aljonna und Klaus Möckel hatten sich vorgenommen, gut verständlich, spannend, mit Fantasie und Humor zu erzählen, so wie es für Kinder (und Erwachsene) sein sollte. Der Leser mag nun selbst urteilen, ob sich die Hoffnung der Kritikerin erfüllt hat.“ So, das war jetzt vielleicht ein bisschen ausführlich. Aber nun ist hoffentlich alles ge- und erklärt. Und es bleibt nur noch die bekannte Schlussformel unserer wöchentlichen Newsletter mit den aktuellen Deals der Woche der EDITION aus Godern nahe der Landeshauptstadt Schwerin: Viel Spaß beim Lesen und bis demnächst. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3909 sowie http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books (vorwiegend von ehemaligen DDR-Autoren) Kinderbücher, Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Firmenkontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr Godern Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/ Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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Mord nach dem Beichtstuhl, ein Fast-ein-Jahrhundert-Leben, kein Visum für den Westen und wer ist eigentlich Nikolai Bachnow? – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag
Kennen Sie sich vielleicht mit dem Beichtgeheimnis aus? Und was würden Sie anstelle eines Priesters tun, wenn Sie während der Beichte von einem angekündigten Mord hören? Schweigen oder handeln? Aber wie? Genau das sind die Fragen, vor der Kaplan Berger aus dem ersten von fünf Deals der Woche steht, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de eine Woche lang (Freitag, 23.02.18 – Freitag, 02.03.18) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind. Die Entscheidung von Kaplan Berger können Sie in dem Krimi „Ich morde heute zehn nach zwölf“ von Steffen Mohr nachlesen. Und dann ist da übrigens noch Frau Klepzig, Bergers Haushälterin. Aber das nur nebenbei … Eine andere Frau und ihr fast 100 Jahre währendes, nicht einfaches Leben steht im Mittelpunkt der Erzählung „Fast ein Jahrhundert. Das lange Leben der Alma M., geborene S.“ von Ingrid Möller. Ein unspektakuläres, aber dennoch spannendes und dennoch lebenswertes Leben. Ebenfalls um Lebensfragen und um schwierige Entscheidungen eines Pfarrers zu DDR-Zeiten geht es in der Novelle „Sonntagspredigt oder Heimkehr auf die Insel“ von Siegfried Maaß. Und noch einmal steht ein Menschenschicksal im Mittelpunkt eines Buches, diesmal allerdings ein ausgesprochen weibliches und noch dazu ein höchst ungewöhnliches, das einer Zeitreisenden. Auch im elften von insgesamt 16 Teilen dieser Zeitreisenden-Saga von Hardy Manthey geht es um Maria Lindström alias Aphrodite und die außergewöhnliche Lebensgeschichte dieser Frau. „Zum Ursprung – 15 000 Jahre zurück“, so lautet der Titel dieses fantastischen Romans. Das fünfte und letzte Angebot dieses Newsletters stammt von einem gewissen Nikolai Bachnow, der von einem gestohlenen Tierreich in einem Zauberland erzählt. Aber wer war oder ist eigentlich Nikolai Bachnow? Doch bevor wir eine erste Antwort auf diese Frage am Ende dieses Newsletters geben, zunächst einmal zurück zu Kaplan Berger und zum Beichtgeheimnis. Erstmals 1980 erschien in der Blaulicht-Reihe des Verlages Das Neue Berlin als Heft 206 die Kriminalerzählung „Ich morde heute zehn nach zwölf“ von Steffen Mohr: Der junge, fortschrittliche Kaplan Berger erfährt im Beichtstuhl von einem geplanten Mord und kann den gerade aus der Haft Entlassenen nicht von seinem Vorsatz abbringen. Was soll er tun? Er kann doch das Beichtgeheimnis nicht brechen. Da er Zeitpunkt und Ort kennt, begibt er sich an den künftigen Tatort. Aber es ist schon zu spät. Bei der Vernehmung durch die Kriminalpolizei schweigt er natürlich. Wie kann er nur den Täter seiner gerechten Strafe zuführen, ohne das Beichtgeheimnis zu verletzen? Hier die erste Begegnung mit Kaplan Berger: „O Herr, lass mich durchhalten, dachte der für einen Kaplan vielleicht zu gut gewachsene und mit einem zu schönen Gesicht begabte junge Mann. Natürlich kam ihm sein Aussehen, die braunen Augen zum Beispiel und das, rotblonde an Tippy Honnigans Wuschelkrause erinnernde Haar, gerade in einer Großstadtgemeinde zugute. Wusste man doch, dass die Jugend von Popstars wie Honnigan und Konsorten schwärmte. O Herr, barmte er innerlich, aber auf seinen Gesichtszügen malte sich nichts weiter als unbeschwerte Freundlichkeit. Im Miniradio lief mit angemessener Lautstarke das Pokalspiel Erfurt gegen Jena, das Kaplan Berger langweilte. Der große Zeiger der Sakristeiuhr klickte und zog langsam auf fünf. Flüchtig sah der junge Priester auf die Uhr, die über dem kleinen römischen Kreuz hing. Dann schaltete er das Radio aus, versteckte es in der untersten Lade des Paramentenschranks und streifte sich den glänzend schwarzen Talar über Pulli und Jeans. Nun ähnelte Kaplan Berger doch einer geistlichen Person. Von der Krause abgesehen, glich er fast aufs Haar einer der milden Heiligengestalten auf den großen bunten Bildern des Fräulein Klepzig. Zu ihrem Ärger waren diese bonbonsüßen Darstellungen heiliger Männer und Frauen vor einem Dutzend Jahren aus der Kirche entfernt und durch, wie sie unentwegt mäkelte, „hässliche moderne Fratzen“ ersetzt worden. Seitdem lehnten sie nebeneinander an der dem Fenster gegenüberliegenden Wand des Wäschebodens. Die gute Pfarrhaushälterin vergaß bei keiner großen Wäsche, auf ihrer Ausstellung Staub zu wischen. Das alles wusste der Kaplan. Es interessierte ihn ebenso stark, wie ihn weibliche Wesen überhaupt interessierten. Lutz Berger hatte sich, eigentlich bereits ab seinem fünfzehnten Lebensjahr, den Idealen seines Berufes verschrieben. Dazu passte nun einmal keine Frau, war sie nun reizvoll und attraktiv oder eine alte Jungfer. O Herr, seufzte er noch einmal und schritt, als der große Zeiger auf eine Minute vor die Zwölf rückte, durch die niedrige Sakristeitür hinaus in die Kirche. Punkt fünf Uhr begann an jedem Sonnabend die Beichte. Erwartungsgemäß fand Kaplan Berger das Gotteshaus leer. Durch die Scheiben des Seitenschiffs drang gedämpftes Licht. Das reichte im Sommer voll aus, um den Gläubigen, die bis sieben beichten kamen, das Lesen im Gebetbuch zu erleichtern. Den Kindern half es, die Krakelschrift auf ihren Sündenzetteln zu erkennen. Tiefere Dämmerung herrschte dagegen im Beichtstuhl. In dessen mittleren Teil nahm Berger Platz und zog sogleich den violetten Vorhang hinter sich zu. Er schaltete ein schwaches Lämpchen ein. Das wollte er beim Eintreten eines Beichtkindes in den Seitenteil selbstverständlich wieder ausknipsen. Der Kaplan mochte die Beichte nicht, weil er der Auffassung war, es sei richtiger, sich mit seinen Mitmenschen an einen Tisch zu setzen, um normal und bequem über alle Probleme zu reden. Freilich bestand diese Möglichkeit. Und wie oft hatte er junge Leute in seinem Zimmer unter dem Dach empfangen, damit er ihnen eine Last abnehmen oder gar einen Weg weisen konnte, Schwierigkeiten in der Lehre, zu Hause oder in der Schule zu klären! Leider gab es diese mittelalterliche, die sogenannte Ohrenbeichte noch, zu der man sich in eine „Holzkiste“ zwängen musste und das Beichtkind in die „Kiste“ nebenan kroch. Da kniete es nieder, während er, der Priester, saß, und wisperte einem das Register seiner Sünden durch ein Gitter in der Trennwand ins Ohr. Unnatürlich. Unnormal. Was wollte man machen? Die Gläubigen selbst verlangten nach solcher Geheimniskrämerei. Lutz Berger verstand sie nicht. Er hatte ein in braunes Leder gebundenes Buch vorgenommen, das hier immer lag, und sann über die Worte nach: „Wahrlich, Petrus, ich sage dir: Ehe der Hahn heute Nacht kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Es war reiner Zufall, dass der Kaplan gerade über diesen Text meditierte. Das rote Leseband hatte an der Stelle gelegen. Irgendwo oben, vielleicht im Himmel, verhallte der letzte Schlag der Kirchturmuhr. Der junge Geistliche hörte trippelnde Schritte, die sich dem Beichtstuhl näherten. An der Art, wie diese Schritte mit Andacht auf dem steinernen Boden auftraten und doch jenen Krach veranstalteten, den mit Eisen benagelte Schuhe in einer leeren Halle hervorrufen, erkannte er die Haushälterin, Fräulein Klepzig.“ Erstmals 2012 veröffentlichte die edition NORDWINDPRESS Dalberg-Wendelstorf die Erzählung „Fast ein Jahrhundert. Das lange Leben der Alma M., geborene S.“ von Ingrid Möller: Am 15. Dezember Anno Domino 1902 wurde in Straßen bei Eldena dem Büdner Heinrich Schult und seiner Ehefrau Anna geborene Bergmann ein Mädchen geboren und getauft auf den Namen Alma. Ein langes Leben - ja, aber kein besonderes - mag mancher sagen, der die Erzählung liest. Aber den Alltag zu bewältigen in diesem 20. Jahrhundert, das zwei Weltkriege, Inflation und Mangeljahre einschließt, verlangte den Menschen viel ab. Und so prägte sich ein Verhalten, das heute mitunter Stirnrunzeln auslösen mag, aber in der Generation in dem mecklenburgischen Landstrich nicht untypisch ist. Herkunft und Erziehung prägten Wertmaßstäbe, die erhalten blieben, auch außerhalb des Dorfes und der dortigen Familie. Wir sind also in Straßen. Moment mal, wo bitte sind wir? „Straßen ist ein kleines Dorf. So klein, dass es kaum in einem Lexikon zu finden ist. Es liegt im Südwesten Mecklenburgs, in der sogenannten Griesen Gegend, nahe Eldena. Für Anna Schult aber ist es die Mitte der Welt, ihrer Welt. Hier, in der Büdnerei Bergmann, wurde sie am 3. Januar 1861 geboren, hat am 27. Januar 1888 den Eldenaer Landwirt Heinrich Schult geheiratet, der den kleinen Hof übernahm. Vor ihm war sie gewarnt worden, denn sein Vater Christian stand in einem denkbar schlechten Ruf. Zwei Ehefrauen – eine geborene Graf die erste, Rose die zweite, mit der er fünf Kinder hatte - hatte er vom Hof gejagt und dennoch eine dritte - geborene Möhring - gefunden. Doch den Spitznamen „De Düwel“ hatte er weg. Anna Bergmann aber befand, dass sich die Bosheit auf den Sohn nicht vererbt hatte. Kindersegen war ihr reichlich beschieden. Jetzt, Mitte Dezember 1902, soll sie ihr neuntes Kind gebären. Mit nahezu zweiundvierzig Jahren. Das erste war ein Junge und kam ungebeten, als sie noch jung und unverheiratet war. Schon lange hat sie ihn nicht mehr gesehen. Früh musste er aus dem Haus. Mit siebenundzwanzig heiratete sie. Am 1. April 1888 kam ihr erstes gemeinsames Kind zur Welt, Otto. Im Abstand von zwei Jahren gebar sie die übrigen: Ida, Minna, Wilhelm, Heinrich, Emma und Richard. Und nun? Was dies wohl wird? Eigentlich schon peinlich, in ihrem Alter. Sie schreit nach der Hebamme, denn die Wehen haben eingesetzt. Ja, ja. Sie kommt gleich. Dann geht es schnell. Das Kind ist winzig. „Ne lütte Diern! (Ein kleines Mädchen)“, sagt die Hebamme. Aber ihre Stimme klingt irgendwie anders als sonst, während sie das Kind wäscht und ihm den Klaps auf den Po verpasst. Sie muss kräftiger zulangen, bis das Würmchen einen zaghaften Laut von sich gibt. „Wies mi de Lütt! (Zeig mir die Kleine)“, sagt die Wöchnerin argwöhnisch. Die Hebamme wickelt ein Leinentuch um den kleinen Leib und reicht das Neugeborene der Mutter. Die seufzt. Wenn das Awmarachen man nicht umsonst war! „Kümmt de dörch? (Kommt sie durch)“ Die Hebamme zuckt die Schultern. „Berrer, se ward gliek döfft (Besser, sie wird gleich getauft).“ Man läuft, den Pastor zu holen. Der ist nicht erreichbar. Dann den Lehrer. Eine Bibel ist im Haus, eine Schüssel Wasser von der Pumpe auch. Es eilt. „Woans sall se heiten (Wie soll sie heißen)?“ „Alma“. Na dann! Die Formalitäten werden schriftlich festgehalten: Am 15. Dezember Anno domini 1902 wurde in Straßen bei Eldena dem Büdner Heinrich Schult und seiner Ehefrau Anna geborene Bergmann ein Mädchen geboren und getauft auf den Namen Alma. Die Einzelheiten - wie die sonstigen Vornamen - kann der Pastor dann später im Kirchenbuch eintragen. Anna Schult atmet auf. Eine Heidin ist die Lütte nun nicht mehr, falls ... Aber allen Unkenrufen zum Trotz zeigt das schwache Kind einen starken Lebenswillen. So hat es mit der offiziellen Taufe Zeit bis zum 5. Januar 1903. Sie erhält die zusätzlichen Namen Johanna und Marie. Sobald Alma laufen kann, wuselt sie um die Mutter herum. Die reagiert genervt: „Gah mi vor de Fäut weg! (Geh mir vor den Füßen weg)“ Aber einmal kommt sie in der Küche doch nicht schnell genug weg und wird verbrüht. Ihr Leben lang wird sie überzeugt sein, dass sie deshalb so dünne Haare hat. Dann läuft sie hinter den Geschwistern her, was ihr auch nicht immer gut bekommt. Am sichersten ist sie noch bei der Oma, an deren Schürzenzipfel sie sich nun hängt. Die Oma ist gäuding zu ihr, warnt sie aber ein bisschen zu viel vor den Gefahren des Lebens. Möchte Alma den Jungen nach in den Wald, heißt es: Dort gibt es Räuber und andere fremde Leute. Wenn die Jungen zur Elde baden gehen, heißt es „Bliew du man bi Oma’n, lat de Jungs man versupen! (Bleib du man bei Oma, lass die Jungs man ersaufen)“ Oder wenn sie auf Bäume klettern und Krähennester ausnehmen: „Lat de man dalplumpsen und sick dat Genick bräken! (Lass die man runterplumpsen und sich das Genick brechen)“ Alleinsein und Dunkelheit geht natürlich gar nicht, da spuken ja die Gespenster rum. Als Alma vier ist, zieht die Familie um nach Eldena auf eine Bauernstelle. Nun sind sie keine Büdner mehr, sondern was viel besseres, nämlich Bauern. Stolz dürfen sie jetzt den „Buernweg“ (Bauernweg) benutzen. Allerdings verschulden sie sich hoch. Die Felder liegen weit auseinder, sind nur zeitraubend zu bewirtschaften. Gespart wird an allem. „Gaud Bodder“ (Gute Butter) kommt nicht auf den Tisch. Dafür Pökelspeckschwarte in Eintopf. Alma schmeckt das so wenig wie ihren Geschwistern. Heimlich steckt sie Schwarten in ihre Schürzentasche oder wirft sie gleich unter den Tisch zu den Hunden, wenn die nicht vorher durch den Befehl „Hunn’n rut!“ (Hunde raus) rausgejagt worden sind. Für Gäste - wenn es denn mal welche gibt - hat die Mutter einen aufmunternden Spruch parat „Esst, leiwe Gäst, schont de Wust und langt äwer den Bodder weg!“ (Esst, liebe Gast, schont die Wurst und langt über die Butter weg) Holzpantoffeln - hölten Tüffel - müssen möglichst lange halten. Wenn es einigermaßen warm ist, heißt es „barst“ (barfuß) lopen. Aber es gibt auch Feste. Weihnachten zum Beispiel. Da schlägt der Vater eine Fichte im Wald, stellt sie in der Stube auf, hängt Äpfel und steckt Kerzen dran. Und wenn die Glocke ertönt, dürfen die Kinder kommen. Alle fassen sich an und wandern um den Tannenbaum, wobei sie Weihnachtslieder singen. Dann dürfen sie ihre Geschenke auswickeln. Bei den Jungen ist es immer ein Pferdegespann, das der Vater geschnitzt hat. Bei den Mädchen eine Puppe mit Lehmkopf, festgenäht in einem Schuhkarton. Immer wieder zur Vorsicht ermahnt, dürfen die Kinder die Festtage über damit spielen, dann wird alles wieder eingesammelt, bis zum nächsten Jahr, wo sich die Zeremonie wiederholt. Als Alma zur Schule kommt, kann sie ganz sicher kein Wort Hochdeutsch (denn das konnten die Kinder der nächsten Generation noch nicht einmal), aber sie kommt gut mit. Es kränkt sie, dass die Kinder ihr „Dickhals!“ nachrufen, denn ihr wächst ein Kropf. Ihr Vater tröstet sie, kauft ihr neue Kleider, die sie dann im Kuhstall auf dem Melkschemel vorführen muss. „Dreih di nochmal!“ (Dreh dich noch mal) heißt es dann, und „Du büst noch de Hübschte von allen!“ Das bringt sie auf den Gedanken, ihre Mutter zu bitten: „Kannst mi nich eins awnähmen laten?“ (Kannst du mich nicht mal fotografieren lassen) „Woans kümmst du up sowat! Dat wier ja rutsmeten Geld! Nu segg mal sülwst: wotau wist du‘n Foto von di hebbn? - „Tau’n Ankieken.“- „Dann kiek man in’n Pisspott, dor kannst du di ok ankieken.“ („Wie kommst du auf so was! Das wäre ja rausgeschmissenes Geld! Nun sag mal selbst: Wozu willst du ein Foto von dir haben?“ - „Zum Angucken.“ „ Dann guck in den Nachttopf, da kannst du dich auch angucken.“)“ Ein knappes Jahrzehnt vor der Jahrhundert-Biographie von Alma, 2004, brachte Siegfried Maaß im BK-Verlag Staßfurt erstmals seine Novelle „Sonntagspredigt oder Heimkehr auf die Insel“ heraus: Brückstedt - eine fiktive Kreisstadt in der realen DDR. Ein alleinstehender Mann beantragt ein Reisevisum, um seine schwer erkrankte Mutter in Westdeutschland besuchen zu dürfen. Das Visum wird ihm verweigert „Wenn Sie wenigstens verheiratet wären“, wird ihm lakonisch erklärt. Aber der Antragsteller ist katholischer Pfarrer Jahre später kann er endlich das Grab seiner Mutter besuchen und zugleich seine jüngere Schwester, die einst mit ihrem Freund nach Westdeutschland floh. Doch sie glaubt nicht, was er ihr berichtet und hält ihm vor, sich zwar um das Seelenheil anderer zu kümmern, aber seiner eigenen Mutter in ihren letzten Stunden nicht beigestanden zu haben. Der schon in der gemeinsamen Kindheit im Elternhaus entstandene Konflikt zwischen den Geschwistern spitzt sich zu; die von einem freudlosen Leben gezeichnete Schwester, vereinsamt und dem Alkohol zugeneigt, bietet keine Chance zu einem geschwisterlichen Ausgleich. Enttäuscht und mit sich selbst unzufrieden und sich zugleich seines Anteils an dem endgültigen Bruch mit seiner Schwester bewusst, verlässt der Pfarrer vorzeitig den Wohnort seiner Schwester. Während der nächtlichen Bahnfahrt begegnet er einer schwarz gekleideten Dame, die sich auf dem Weg nach Brückstedt zur Beerdigung ihrer Mutter befindet. Es ist die ehemalige Polizistin, die damals zu ihm gesagt hatte: „Wenn Sie wenigstens verheiratet wären ...“ Eine scheinbar ganz private Geschichte mit einem politischen Hintergrund, vor dem sich der Konflikt von einst zu einem ganz aktuellen ausweitet und seine Konsequenzen fordert. Hören wir den Anfang dessen, was der alleinstehende Pfarrer berichtet: „Gestern bin ich aus S. zurückgekehrt. Einen Tag früher als beabsichtigt. Ich glaube, niemals zuvor hatte ich eine solche Erleichterung bei der Heimkehr von einer Reise empfunden. Als wäre ich auf der Flucht gewesen und endlich an einem sicheren Ort angekommen. Den sicheren, mir gut bekannten Ort hatte ich wirklich erreicht. Aber war ich vor Marie, meiner Schwester, tatsächlich geflohen? Oder gar vor Lydia? Ich wusste es nicht und wollte jetzt auch nicht darüber nachdenken. Während der ganzen langen Fahrt hatte mich kaum etwas anderes beschäftigt als mein Verhältnis zu meiner Schwester Marie. Wäre nicht die schwarz gekleidete Frau mit dem Schleier vor ihrem Gesicht zu mir ins Abteil gekommen, hätte ich wahrscheinlich noch während der Fahrt etwas Abstand gewonnen und auch etwas schlafen können. Doch ohne Marie zu kennen und von unserer gestörten Beziehung zu wissen oder auch nur zu ahnen, auf welche Weise ich meine Schwester verlassen hatte, lenkte sie meine Gedanken ungewollt in die entgegengesetzte Richtung unserer Fahrt – nämlich zurück zu Marie und damit auch in jene Zonen meines Bewusstseins, die ich gern endgültig hinter mir lassen wollte. Erst nachdem sich unsere Wege getrennt hatten, gelang es mir, ruhiger zu werden und mich auf meine Heimkehr zu freuen. Durch keine weiteren belastenden Überlegungen wollte ich meine Freude trüben lassen. Auf dem Markt unserer kleinen Stadt verließ ich den Bus, mit dem ich aus unserer Kreisstadt gekommen war. Es erschien mir als glücklicher Zufall, dass er abfahrbereit am Bahnhof gestanden hatte, als ich die Stufen hinab stieg und schwer an meinem Koffer schleppte. Auf diese Weise entging ich der Entscheidung, mit einer Taxe fahren zu müssen, was für mich eine verschwenderische Ausgabe bedeutet hätte. Vom Busfenster aus beobachtete ich meine ungebetene Reisegefährtin, von der ich mich bereits im Zug verabschiedet hatte. Flüchtig genug, um erkennen zu lassen, dass meinerseits kein weiterer Gesprächsbedarf bestand. Jedoch ausreichend beherrscht, um nicht als unfreundlicher und nachtragender Schwarzkittel, der einmal erlittenes Unrecht nicht verzeihen kann, in Verruf zu geraten. Offenbar war sie bereits am Bahnsteig von ihrem Bruder in Empfang genommen worden; eindringlich, als wäre es von besonderer Bedeutung, hatte sie mich wissen lassen, dass er sie abholen wolle. Mit einem großen, kräftig wirkenden Mann sah ich sie aus dem Bahnhofsportal heraustreten. Er trug einen dunklen Anzug und eine schwarze Krawatte auf weißem Hemd. Den Koffer seiner Besucherin behandelte er, als sei er völlig leer und wechselte ihn leichthändig und schwungvoll auf die andere Seite, um seine Schwester mit der rechten Hand unterfassen zu können. Noch bevor mein Bus abgefahren war, hatten die beiden mit einem Taxi bereits den Bahnhofsvorplatz verlassen. Für die etwa zwanzig Minuten währende Fahrt bis Burghausen richtete ich mich auf meinem Platz so bequem wie möglich ein. Von der langen Bahnfahrt schmerzte mich jede Faser meines Körpers. Am liebsten wäre ich im Mittelgang auf- und abgelaufen, unterließ es jedoch der anderen Fahrgäste wegen. Vielleicht konnte ich mich am Nachmittag mit Gartenarbeit wieder etwas in Schwung bringen. Doch mit dieser stillen Hoffnung betrog ich mich selbst. Auf meinem Schreibtisch würde ein Berg Arbeit auf mich warten. Und auch meine Sonntagspredigt schrieb sich nicht allein. Zu dieser Stunde war der Bus aus der Kreisstadt nahezu leer. Nur einige Frauen fuhren mit mir, die mich beim Einsteigen erstaunt angesehen hatten. Sie arbeiten als Kassiererinnen in unserem ländlichen Supermarkt. Auf der Rückfahrt würde der Bus gut besetzt sein, weil viele Pendler in die Kreisstadt fahren. Obwohl mir die Augen zufallen wollten, blickte ich während der Fahrt aus dem Fenster. In der waldlosen und flachen Landschaft, in der Fremde kaum Sehenswertes entdecken können, fühlte ich mich sofort wieder heimisch. Seit meiner Kindheit bin ich es gewöhnt, weit ins Land blicken zu können und kann Gebirge kaum länger als eine Urlaubswoche ertragen - schon bald spüre ich dann Beklemmungen, fühle mich eingezwängt und sehne mich nach der Ebene zurück. Ähnlich erging es mir auch in S. Eingebettet in einen Talkessel, der von dichten Wäldern umgeben ist, erlaubt die Stadt keinen Blickkontakt mit dem Horizont. Lediglich vom Schloss aus, dem höchsten Punkt der Stadt, kann man über die Wipfel hinwegsehen. Aus dem Bus heraus erkannte ich nun die Turmspitzen der beiden Burghausener Kirchen, die mir stets wie ungleiche Geschwister erschienen. Hoch aufragend und erhaben der Turm der evangelischen St. Petrikirche, eines romanischen Bauwerks, mit dem nicht allein die Gemeinde, sondern auch die Stadt renommiert. Dagegen der kurze, gedrungene Turm „meiner“ Kirche - als stünde sie, schlicht und unansehnlich, ganz im Schatten der anderen. Dennoch erkannte ich auch „meinen“ Turm, dessen Schieferdach sich im Maimorgenlicht dunkel abhob. Von diesem Augenblick an konnte ich es kaum erwarten, endlich mein Ziel zu erreichen. Außerdem war ich neugierig zu sehen, wie Juliane auf meine verfrühte und damit unerwartete Ankunft reagierte.“ Erstmals 2013 veröffentlichte die EDITION digital die 2., überarbeitete Auflage des 11. Teils der nur als E-Books erscheinenden Zeitreisenden-Reihe von Hardy Manthey. Der Titel des fantastischen Romans lautet „Zum Ursprung – 15 000 Jahre zurück“: Ein Leben voller Abenteuer liegt hinter unserer Zeitreisenden. Was musste Maria Lindström, die sich selbst stolz Aphrodite nennt, nicht alles überstehen! Auf dem Flug zum Pluto wurde sie ohne ihre Zustimmung als Versuchsperson benutzt und unfreiwillig schwanger. Das war aber nur der Anfang einer langen Leidensgeschichte. Der Sturz durch Raum und Zeit in die Vergangenheit sollte die Leidensfähigkeit der Zeitreisenden auf eine harte Probe stellen. Ihr Schicksal in der Sklaverei und ihre erzwungenen Hurendienste sind für sie unvergessene traumatische Erlebnisse. Es war ein ewiger Überlebenskampf, der sie tief in ihrem Herzen geprägt und für immer geformt hat. Dass sie später zu Macht und großem Reichtum gelangte, hat daran nichts geändert. Am Ende blieb ihr nur die Flucht. Ihr Leben danach auf dem Planeten der Frauen war ebenso spektakulär. Vielleicht hat sie es aber doch geschafft, dort das Rad der Geschichte ein Stück weiter zu drehen. Die Abenteuer in der Zukunft hätten sie beinahe das Leben gekostet. Doch ihr Wirken hat auch dort für ein Umdenken gesorgt und die Macht der Unsterblichen für immer gebrochen. Zurück in ihre Welt, die Welt des 23.Jahrhunderts, war ebenfalls kein Spaziergang. Die Freude, Bruder und Schwester zu sehen, wurde schnell von dunklen Machenschaften verschiedener Kreise getrübt. Für den Entschluss, zurück in die antike Zeit zu reisen, wurde sie nicht belohnt. Das Land der Pharaonen wollte sie ebenfalls nicht haben. Nun soll sie den Kampf gegen außerirdische Zivilisationen in einer fernen Vergangenheit, in der Steinzeit, aufnehmen. Wird ihr das gelingen? Zunächst einmal aber lernen wir am Anfang des Buches Aphrodite in all ihrer weiblichen Schönheit kennen, die durch keinerlei Kleidung verhüllt wird – gänzlich nackt: „Aphrodite schlägt die Augen auf und sieht, wie sich der Sarkophag gerade öffnet. Wie gewohnt steigt sie aus und streift sich dabei mit den Händen den letzten Rest der grünen Flüssigkeit vom Körper. Dabei stellt sie überrascht fest, dass sie nicht die geringsten Spuren der Schwangerschaften und der Geburt der beiden Kinder an sich erkennen kann. Sie hatte sich damit abgefunden, dass eine hässliche Narbe vom Kaiserschnitt zurückbleibt. Doch ihr Körper erscheint perfekter denn je. Sind auf Wunsch der Männer ihre Brüste noch größer geworden? Nicht dass die Brüste ihr jetzt zur Last werden! Die Männer sind mit ihren Fantasien scheinbar maßlos geworden. Sie denken nicht daran, dass zu viel des Guten für eine Frau zu einer echten Belastung werden kann. Am Po hat sie auch zugelegt. Oder war sie schon immer so gebaut? Was solls, sie muss sich nehmen, wie sie eben ist. Sie schaut sich um. Überrascht stellt sie fest, dass die Sarkophage auf der anderen Seite auch schon offen sind. Hat sie etwas verpasst? Wo sind die Kinder? Sie hört eine unbekannte tiefe Stimme hinter sich sagen: „Hallo, Mutter. Wie geht es dir? Bist du wohlauf?“ Aphrodite dreht sich um und sieht einen jungen Mann vor sich stehen. Der hübsche schlanke junge Mann trägt eine Kombination aus einem silbrig schimmernden Stoff. Er hat einen prächtigen schwarzen Lockenkopf und strahlend blaue Augen. Aphrodite weiß, es sind ihre Augen, die sie ihrem Sohn mitgegeben hat. Der junge Mann vor ihr hat sehr viel Ähnlichkeit mit ihren anderen Söhnen. Nur hat dieser pechschwarzes Haar und scheint auch größer als ihre Söhne Alexander und Adam zu sein. Woher er wohl die schwarzen Haare haben könnte? Aber der junge Mann gefällt ihr auf den ersten Blick und darum sagt sie: „Hallo, Söhnchen! Hallo, Marotti! Du siehst gut aus. Wie geht es dir? Komm zu deiner Mama und lass dich umarmen!“ Jetzt geht sie auf ihren Sohn zu. Auch er kommt ihr entgegen und schaut sie dabei nur so komisch an. Aphrodite drückt ihn fest an ihre Brust. Sie spürt es jetzt ganz deutlich, das ist ihr Sohn. Plötzlich wird Aphrodite bewusst, dass sie immer noch völlig nackt ist. Aha, darum hat ihr Söhnchen so komisch geguckt. Er ist mein Kind, er darf mich so sehen, entschuldigte sie sich und genießt die Nähe des jungen Mannes. Der junge Marotti bekommt einen roten Kopf, ihm gefällt aber auch spürbar ihre innige Umarmung und er sagt: „Mutter, du bist einfach nur umwerfend. Du fühlst dich richtig gut an. Alles an dir ist so herrlich weich und warm. Jetzt begreife ich, warum Männer in deiner Nähe den Verstand verlieren.“ Er löst sich zaghaft von ihr. „Aber du solltest erst einmal unter die Dusche gehen und dir dann etwas anziehen. Auch wenn du meine Mutter bist, bleibst du immer noch eine wahnsinnig schöne Frau. So eine schöne Frau, wie du es nun mal bist, darf nicht völlig nackt vor einem Mann herumlaufen. Du bist Verlockung und Lust pur. Auch oder gerade deshalb solltest du deinen Sohn nicht so sehr verwirren!“ „Ach, neuerdings stört es dich, wenn ich nackt vor dir herumlaufe? Ja, ich sehe es jetzt auch, du bist ein richtiger Mann geworden!“, sagt Aphrodite spöttisch, löst sich ganz von ihrem Sohn und geht unter die Dusche, die wie aus dem Nichts aus der Wand kommt. Sie genießt die Dusche und seift sich extra ein. Ihr Sohn: „Soll ich dir den Rücken einseifen?“ „Das wäre lieb von dir, mein Sohn, ich meine Marotti!“, sagt sie und hält ihm schon ihren Rücken hin. Mit viel Gefühl wird jetzt ihr Rücken eingeseift. An ihren Po traut er sich aber nicht heran. Aphrodite genießt seine sanften Hände. Nach der Dusche stellt sie wie immer die Luftdusche an. Der angenehm warme Luftstrom duftet nach Kräutern, die in den Bergen Siziliens gedeihen. Mit geschlossenen Augen glaubt sie, in ihrem Palast in Syrakus zu stehen. Für einen kleinen Moment fühlt sie sich gar ins antike Syrakus zurückversetzt. Doch die Illusion ist nur von kurzer Dauer. Etwas traurig steigt sie aus der Dusche. Ihr Sohn empfängt sie mit einem Tuch und reibt sie jetzt auch sorgfältig ab. Der junge Mann braucht dafür auffallend lange. Er nutzt das Tuch, um seine Mutter gründlich zu erkunden. Man merkt ihm an, dass er mit viel Genuss ihre Rundungen ergründet. Aphrodite nimmt es locker und genießt seine Aufmerksamkeit. Plötzlich fühlt er sich ertappt und reicht Aphrodite, verlegen geworden, das Tuch: „Mutter, du bist wirklich eine schöne Frau!“ „Für deine Gefühle brauchst du dich nicht zu schämen. Dass eine Frau bei einem Mann allein durch ihre Erscheinung, ihre Anwesenheit Gefühle auslöst, ihn erregen kann, ist etwas ganz Natürliches. Für dich, der solange körperlos gelebt hat, ist es etwas Neues. Du musst lernen, damit umzugehen. Jeder Mann muss lernen, seine Gefühle zu kontrollieren und sich nicht wie ein Tier, nur vom Trieb gesteuert, auf die Frau, das Lustobjekt in seinen Augen, zu stürzen. So wie ich jetzt aussehe und beschaffen bin, das habe ich euren Künsten zu verdanken. Ich bin euer Fantasieprodukt. Ihr wolltet es doch so, dass ich als Frau mit allen weiblichen Attributen üppig ausgestattet werde. Die Macht, die ihr über mich habt, hat das möglich werden lassen. Oder irre ich mich?“, behauptet Aphrodite. Sie weiß nicht, ob es wirklich so gut ist, Produkt ausufernder Männerfantasien zu sein. Sie ist es, die mit diesem Körper leben muss.“ Erstmals 2003 veröffentlichte ein Nikolai Bachnow bei der bei LeiV Buchhandels- und Verlagsanstalt als Band 8 Aljonna und Klaus Möckel „Das gestohlene Tierreich“: Etwas Unvorstellbares passiert im Zauberland: das Tierreich mitsamt seinem König, dem Tapferen Löwen, wird gestohlen. Ein Riese streut Schrumpfpulver über dem Wald aus, so dass Bäume und Sträucher, aber auch die Tiere um ein Vielfaches kleiner werden. Dann rollt er alles wie einen Teppich zusammen und schleppt es als Spielzeug für seine Kinder in die Berge. Das Unglück könnte nicht schlimmer sein! Während die Tiere größte Mühe haben, sich an ihre neue Lage anzupassen, stehen der Scheuch, Betty, Jessica und andere, die ein Waldfest besuchen wollten, dem Ereignis fassungslos gegenüber. Sie nehmen die Spur des Riesen auf, doch wie sollen sie helfen? Wieder einmal müssen sie unerwartete Hindernisse überwinden, gefährliche Abenteuer bestehen. Sie geraten in die Fänge doppelköpfiger Geier und Jessica mit Betty sogar in die Gefangenschaft des Riesenmädchens Bomm. Doch mit Hilfe eines Steinbocks und eines klugen Marabus gelangen sie schließlich ans Ziel. Gemeinsam mit den Tieren kann letztendlich die schwierige Aufgabe der Rückverwandlung in Angriff genommen werden. „Mit dem letzten Band der Reihe beweist Nikolai Bachnow noch einmal, zu welch fantastischen Ideen er fähig ist. Die Geschichte vom Tierreich ist toll und macht dieses Märchen zu etwas ganz Besonderem“, hieß es in einer begeisterten Rezension von Karolin Kullmann. Dieses Buch, 2003 bei LeiV (Leipzig) mit Illustrationen von Hans-Eberhard Ernst schienen, ist das achte von mehreren Büchern, die an die bekannte Reihe des Russen Alexander Wolkow anschließen. „Endlich befindet man sich wieder in Gefilden, die nicht mehr futuristisch oder abstrakt anmuten", lobte Kritikerin Karolin Kullmann. Und so geht es los: „Erster Teil: Das unheilvolle Pulver Der Riese Ein dumpfes Geräusch ertönte in der Ferne, ein Stampfen, das sich wiederholte und immer lauter wurde. Der Tapfere Löwe, Herrscher des mitten im großen Zauberland gelegenen Tierreichs, hob den Kopf. Er hatte nach einem ausgezeichneten Mahl am Fuße seiner Felsenburg in der warmen Mittagssonne gedöst, doch nun wurde er wach. Die Laute waren ungewöhnlich, wenn nicht sogar beunruhigend. Der Hase hoppelte herbei, einer seiner Minister. „Hörst du das Trampeln, Herr?“, rief er aufgeregt. „Es scheint näher zu kommen. Was mag das sein?“ Der Löwe erhob sich. „Das möchte ich auch gern wissen. Ganz schön unverschämt, so unsere Mittagsruhe zu stören.“ Er gähnte. Das Geräusch verstummte, erscholl aber nach einigen Minuten erneut und noch stärker. Ein Trapsen wie von Riesenstiefeln, die Gehölz niederwalzten, Baumstämme zerbrachen. Dem Hasen zitterten vor Angst die Pfoten, der Puschelschwanz und die langen Löffel. „Das klingt wie ein Schritt. Als stapfte ein Riese heran!“ „Ein Riese bei uns? Bist du noch bei Verstand? Wo soll der herkommen?“ Inzwischen flatterten erschrocken Vögel durch die Luft, verkrochen sich in ihren Nestern und Baumhöhlen. Wildschweine, Füchse, Rehe flüchteten ins Unterholz. Nun waren die Schritte schon ganz nahe. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, jagte der Hase davon, verschwand in seinem Bau. Der Löwe dagegen stieß ein wütendes Gebrüll aus. Er würde es dem Eindringling zeigen. Doch er kam nicht dazu, den Feind ins Auge zu fassen. Ein Schatten verdunkelte die Sonne, eine Schuhsohle, fast so groß wie der Vierbeiner selbst, senkte sich auf ihn herab, so dass er mit einem jähen Satz zur Seite springen musste, wenn er nicht zertreten werden wollte. An der Stelle, wo er gerade noch gestanden hatte, wurden ein Strauch zermalmt, ein paar mächtige Steine in den Boden gedrückt, als sei der aus Wachs. Eine Stimme, die das Löwengebrüll um ein Vielfaches übertönte, sagte dröhnend: „Das ist lustig. Das wird den Kleinen gefallen.“ „Wer bist du? Wer ist das, die Kleinen? Was soll ihnen gefallen?“, wollte der König des Tierreichs fragen, verstummte aber bereits nach den ersten Worten. Der Kerl, der wie ein Turm vor ihm stand, griff nämlich in einen Sack und streute mit weitem Schwung, so als säe er Korn aus, ein graues Pulver in die Gegend. Über die Wälder, die Wiesen, die Tiere und Vögel. Der Löwe duckte sich, versuchte auszuweichen – vergebens. Das schrecklich stinkende Zeug rieselte in dichten Schwaden auf ihn, die Pflanzen und Steine ringsum herab. Der hat Schlimmes mit uns vor, will uns vielleicht sogar ersticken, schoss es dem Löwen durch den Kopf. Doch weiter kam er mit seinen Gedanken nicht. Die Beine knickten ihm weg, der Kopf wurde schwer, die Augen fielen ihm zu, und ohne etwas dagegen tun zu können, sank er betäubt zu Boden. Genau wie die anderen Wald-, Sumpf- und Steppenbewohner, die Vierbeiner und Vögel, die Schlangen, Echsen und Lurche. Selbst wenn sie sich gerade in ihren Höhlen aufhielten oder in letzter Minute dorthin geflohen waren, konnten sie nicht entrinnen. Das Pulver und sein beißender Geruch verbreiteten sich überall, drangen in jedes Loch, jede Ritze. Höchstens trat die Wirkung manchmal später ein, war ein bisschen schwächer. Auf jeden Fall aber reichte sie aus, den Tieren das Bewusstsein zu nehmen, so dass sie stumm dalagen, sich nicht mehr regen und keinen Laut mehr von sich geben konnten. Aber noch etwas anderes, ganz Eigenartiges geschah! Es betraf neben Tieren und Vögeln auch die Bäume, Büsche, Pflanzen und sogar die Steine. Niemand außer dem Kerl, der das Pulver verstreut hatte, bemerkte anfangs die Veränderung, dämmerten doch alle in tiefer Benommenheit dahin. Und selbst als der Löwe wieder zu sich kam, begriff er die neue Lage nicht. Um ihn herum war es stockfinster, er fühlte sich eingequetscht, der Boden unter ihm schwankte und es kam ihm vor, als trüge man ihn davon. Ich bin in einen großen Teppich eingerollt, dachte er, der Riese hat mich betäubt und ein Tuch um mich geschlagen, er will mich in seine Höhle schleppen, vielleicht um mich am Spieß zu rösten. Ich muss mich unbedingt befreien. Nach und nach gelang es dem Vierbeiner, sich etwas Raum zu verschaffen. Er streckte die Pfoten aus und kroch langsam ins tiefe Dunkel hinein - er sah nirgends Licht. Nein, da war nicht bloß eine Decke um ihn und allein war er hier auch keineswegs: Er stieß auf Steine, Gesträuch, Bäume, genau wie bei sich zu Hause. Vögel flatterten vor ihm auf und ein Reh sprang über moderndes Holz. Denn in Wirklichkeit hatte der Riese nicht nur ihn, sondern den ganzen Wald eingepackt. Als Spielzeug für seine Zwillinge. Er beherrschte einige Zaubertricks und hatte das Pulver so zusammengemixt, dass alle Lebewesen und Gegenstände auf eine ihm genehme Größe schrumpften. Zufrieden hatte er zugeschaut, wie das gesamte Tierreich unter ihm kleiner und kleiner wurde, bis es sich nur noch als großer grüner Teppich darbot. Mit groben Händen hatte er diesen Teppich vom steinigen Untergrund gelöst und ihn mit allem, was darauf wuchs, fleuchte oder kreuchte, zu einer riesigen Rolle geformt. Ähnlich wie man den Kunstrasen in einem Fußballstadion zusammenwickelt. Dann hatte er den Packen unter den Arm genommen und war davongestapft, auf sein weit entferntes heimatliches Tal zu.“ Nun wird es aber wirklich Zeit, die Identität von Nikolai Bachnow zu klären, des würdigen Nachfolgers und kräftig-in-die-Fußstapfen-Treters von Alexander Wolkow. Allerdings gibt es gar keinen Nikolai Bachnow – jedenfalls nicht einen einzigen, sondern gewissermaßen zwei. Lassen Sie mich dazu der Einfachheit und Bequemlichkeit halber das komplette Vorwort zu dem gerade vorgestellten Band 8 der Nikolai-Bachnow-Bücher „Das gestohlene Tierreich“ zitieren: „Als Alexander Wolkow Mitte des vorigen Jahrhunderts seine Bücher über das Zauberland jenseits der Weltumspannenden Berge veröffentlichte, in denen er sich am berühmten „Zauberer von Oz“ des Amerikaners Lyman Frank Baum orientierte, konnte er nicht ahnen, welchen Erfolg er damit haben würde. Nicht nur in der damaligen Sowjetunion fanden die Geschichten vom Mädchen Elli, dem Weisen Scheuch, dem Tapferen Löwen und dem Eisernen Holzfäller zahlreiche Leser, sie wurden auch in viele Sprachen übersetzt. In der DDR wuchsen Generationen von Kindern mit den sympathischen Helden auf, und die Wolkow-Bücher überlebten schließlich sogar die Wende. 1992 wurde der „Zauberer der Smaragdenstadt“ im LeiV Verlag Leipzig neu herausgebracht und stand, genau wie einige weitere Bücher der Märchenreihe, in den Bestsellerlisten für Kinderliteratur lange an vorderster Stelle. Es ist nicht erstaunlich, dass sich in Russland und anderswo bald Autoren fanden, die an diesen Erfolg anknüpfen wollten. Nach einigen Experimenten mit russischen Schriftstellern, die, den neuen Zeiten Rechnung tragend, die Wolkowschen Gestalten zum Teil auf ferne Atolle und ins Weltall schickten, kam der Verlag auf die Idee, wieder die ursprüngliche Wirkungsstätte in den Mittelpunkt zu rücken. Klaus und Aljonna Möckel, die sich als Schriftsteller bzw. Übersetzerin in der DDR einen Namen gemacht hatten, übernahmen unter dem Pseudonym Nikolai Bachnow (Nikolai als russische Version von Klaus; Bachnow nach dem Mädchennamen Bach der Übersetzerin), die Aufgabe, weitere Geschichten für die sympathischen Helden zu erfinden. Natürlich sollten die Leser – Kinder und Erwachsene, die diese Bücher früher verschlungen und inzwischen selbst Kinder hatten - den Bezug zum bisherigen Geschehen herstellen bzw. den Übergang nachvollziehen können. Neue Gestalten waren schon in den letzten Wolkow-Bänden aufgetaucht, Söhne und Nichten der ursprünglichen Heldin Elli bestanden gefahrvolle Abenteuer, und in drei Bänden des Nachfolge-Autors Kusnezow wirkten weitere Helden mit. Doch das ursprüngliche Zauberland rückte dadurch in den Hintergrund, war kaum noch fassbar, das Geschehen oft verwirrend und zu abstrakt dargestellt. Um diese Situation, die von vielen Lesern als unglücklich empfunden wurde, zu beenden und gleichzeitig die wichtigsten Verbindungen fortzuführen, konzentrierten sich Aljonna und Klaus Möckel erneut auf die Grundzüge der Zauberland-Serie. Sie hielten, zumindest in den ersten Bänden, an einigen der neueren Figuren wie dem Kapitän Charlie oder Chris Tall, Ellis Sohn, fest, stellten aber die vertrauten Gestalten wieder mehr ins Zentrum. Mit der Zeit formte sich ein neues Ensemble, in dem neben dem Scheuch, dem Löwen und dem Holzfäller besonders Goodwins Enkelin Jessica und die Puppe Prinzessin Betty, die der Scheuch zur Frau genommen hatte, herausragten, zu dem aber auch witzige Gestalten wie der Hobbyzauberer Pet Riva, die starke Spinne Minni oder der schlaue Mäuserich Larry Katzenschreck gehörten. 1996 kam es zur Veröffentlichung des ersten Bachnow/Möckel-Bandes „In den Fängen des Seemonsters“, in dem sich die Bewohner des Zauberlandes mit einer Verschmutzung im Muschelmeer, dem Reich der Fee Belldora, auseinandersetzen müssen. „Manches hat sich im Zauberland verändert“, schrieb seinerzeit die Kritikerin Karolin Kullmann im Internet, „aber dennoch hat man von der ersten Seite an das Gefühl, wieder im wundervollen Märchenreich zu sein ... Mit dem Autor Nikolai Bachnow, der von nun an das Schreiben neuer Geschichten übernimmt, hat die Reihe viel dazu gewonnen.“ Und die Rezensentin, die auch zu den späteren Büchern Kritiken verfasste, sprach am Ende die Hoffnung aus, „dass auch die Nachfolger mithalten können“. Von dem Autorenpaar entstanden in den Jahren 1996 bis 2003 acht Bände, die nun auch digital vorliegen. Aljonna und Klaus Möckel hatten sich vorgenommen, gut verständlich, spannend, mit Fantasie und Humor zu erzählen, so wie es für Kinder (und Erwachsene) sein sollte. Der Leser mag nun selbst urteilen, ob sich die Hoffnung der Kritikerin erfüllt hat.“ So, das war jetzt vielleicht ein bisschen ausführlich. Aber nun ist hoffentlich alles ge- und erklärt. Und es bleibt nur noch die bekannte Schlussformel unserer wöchentlichen Newsletter mit den aktuellen Deals der Woche der EDITION aus Godern nahe der Landeshauptstadt Schwerin: Viel Spaß beim Lesen und bis demnächst. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3909 sowie http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books (vorwiegend von ehemaligen DDR-Autoren) Kinderbücher, Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Firmenkontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr Godern Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/ Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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prseiten · 8 years
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Die Diktatur ist die Täterin - Bücher zum Gedenken an den 27. Januar bei EDITION digital
Am 27. Januar 1945 hat die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland offizieller „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. Am 3. Januar dieses Jahres war er durch Proklamation des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführt und auf dieses Datum festgelegt worden. In seiner Proklamation hatte Roman Herzog ausgeführt: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“ Eine besonders wirkungsvolle künstlerische Form, die Erinnerung in die Zukunft wirken zu lassen und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenzuwirken, bietet die Literatur. Die EDITION digital hat dazu eine Reihe von E-Books in ihrem Programm – von Siegfried Maaß bis Helga Schubert. 2005 war beim Projekte-Verlag Halle die Druckausgabe von „Adolfchen und der `doofe´ Arm“ von Siegfried Maaß erschienen: 1935 kündigt sich in einer mitteldeutschen Kleinstadt die Geburt eines Jungen an. Die Hebamme soll diese aber bis zum Anbruch des 20. April verzögern. Dann kann der neue Staatsbürger den Namen des „Führers“ bekommen. Doch aus dem Jungen wird kein Adolf, sondern nur ein „Adolfchen“, das nicht einmal den rechten Arm erheben kann. Zwei Jahre später erschien vom selben Autor im Dorise-Verlag Burg erstmals „Das Versteck im Wald“: Eines Tages im späten Herbst trifft Tobias auf Jan, den jungen Polen, und er muss allen Mut zusammennehmen. Denn Jan befindet sich in großer Gefahr. Auf die Spur der Geschehnisse an einer heute kaum noch bekannten und beachteten Grenze hat sich Katharina Schubert in ihrem erstmals 1992 im Gertraud Middelhauve Verlag Köln und Zürich veröffentlichten Buch „Fluchtweg Eifel“ begeben: Fast nichts deutet an der Grenze zu Belgien heute noch darauf hin, dass dies einmal ein scharf bewachtes Gebiet war. Das Buch erzählt von Flüchtlingen und Fluchthelfern zur Zeit des Faschismus sowie davon, wie ein Dokumentarfilm entsteht. Und von den Ferien von Felix. Bereits 1966 kam im Kinderbuchverlag Berlin erstmals „Stefan – Mosaik einer Kindheit“ von Walter Kaufmann heraus. Stefan – das ist Walter Kaufmann. Aus der Sicht des jüdischen Jungen erzählt der Autor vom Alltag im faschistischen Deutschland und von den wachsenden Schikanen gegenüber den Juden, aber auch von Solidarität, von seiner Flucht nach England und seiner Deportation nach Australien. Eines der wichtigsten Bücher von Helga Schubert ist ihr noch in der DDR fertiggestellter und zuerst 1990 im Westen im Luchterhand-Verlag veröffentlichter Titel „Judasfrauen. Zehn Fallgeschichten weiblicher Denunziation im Dritten Reich“. Darin beschreibt Schubert, wie die Diktatur diese Frauen verführte, zu Täterinnen zu werden - oder wie eine Zeitung treffend schrieb: „Die Diktatur ist die Täterin“. Alle diese E-Book-Bücher sind in Online-Buchhandlungen sowie unter edition-digital.de zu haben. Die vor 22 Jahren von Gisela und Sören Pekrul gegründete EDITION digital hat sich seit 2011 verstärkt dem E-Book verschrieben, verlegt aber inzwischen auch zahlreiche gedruckte Bücher – zumeist gleichzeitig als gedruckte und digitale Ausgabe desselben Titels. Zudem bringt sie Handwerks- und Berufszeichen heraus. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot derzeit fast 860 Titel (Stand Januar 2017) von 120 DDR- und anderen Autoren, wie Wolfgang Held, Klaus Möckel, Wolfgang Schreyer und Erik Neutsch sowie den SF-Autoren Carlos Rasch, Heiner Rank, Alexander Kröger und Karsten Kruschel. Nachzulesen ist das Gesamtprogramm unter www.edition-digital.de. Jährlich erscheinen rund 100 E-Books und gedruckte Bücher neu. Titelbilder können Sie unter http://www.edition-digital.de/Presse/ herunterladen. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3732 sowie http://www.edition-digital.de/Presse/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books Bücher über Mecklenburg-Vorpommern und von Autoren aus dem Bundesland heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen. Firmenkontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr Godern Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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prseiten · 7 years
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Verrückte Geschichten, Napoleon in Dresden, Kurbel in Kattuhn und andere Erinnerungen – Sieben E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
Auf den ersten Blick ist es schwer, eine oder auch zwei Gemeinsamkeiten der sieben Deals der Woche zu finden, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de eine Woche lang (Freitag, 06.10. 17 – Freitag, 13.10.17) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind. Dazu scheinen die Zeiten und Orte der jeweiligen Handlung zu unterschiedlich zu sein. So lässt uns Siegfried Maaß an einer merkwürdigen Beziehung zwischen einer noch jungen Lehrerin und einem ihrer Schüler teilhaben, der auf eine verrückte Idee kommt – verrückte Geschichten schreibt das Leben mitunter. Mit dem Leben des später berühmten Malers Adrian Ludwig Richter, der schon als kleiner Junge vom Glück ohne Ende träumt, befasst sich Ingrid Möller. Ebenfalls von Malern, aber auch von großer und kleiner Politik in einer großen und bedeutenden deutschen Stadt Anfang des 16. Jahrhunderts – also kurz nach dem Ende des Mittelalters – erzählt Renate Krüger. Zwei Bücher über junge Leute in der DDR, die beide sogar von demselben DEFA-Regisseur verfilmt worden waren, steuert Joachim Nowotny bei. Spannend wie immer schreibt Wolfgang Schreyer über einen Mann und seine mehrfachen Leben. Gerade steht er vor einer ganz neuen Herausforderung. Und schließlich geht es noch einmal um Träume. Mit der gebürtigen Königsbergerin Elisabeth Schulz-Semrau besuchen wir zum dritten Mal ihre ostpreußische Heimatstadt und erfahren von Lebensschicksalen „russischer und deutscher Kinder aus den letzten Kriegstagen und den sich anschließenden Wirren der Nachkriegszeit, deren Lebensweg sie bis in die Gegenwart hinein verfolgt hat“. Und wahrscheinlich ist es dieses eine Wort, welches das Gemeinsame der aktuellen sieben Deals der Woche ausmacht: Lebensschicksale. In jedem der sieben Angebote geht es um Lebensschicksale, die unterschiedlicher in Zeiten und Orten kaum sein können. Sie alle aber haben doch eines gemeinsam: sie berühren uns … Erstmals im Jahre 2001 erschien im dr. Ziethen Verlag Oschersleben der Roman „Zeit der Schneeschmelze“ von Siegfried Maaß: Verrückte Geschichten schreibt das Leben. Da verehrt ein Schüler, der sich in seiner Familie und seiner Umwelt nicht mehr angenommen fühlt, seine Lehrerin, fühlt sich von ihr bestärkt in seinen Lebenswünschen. Und gerade deshalb entführt er sie, sperrt sie in einem Abrisskeller ein, gefährdet am Ende ihr Leben. Was treibt ihn dazu, sich gerade zu dieser Frau so zu verhalten? Siegfried Maaß geht in seinem Roman dieser Frage nach, betrachtet sie in dem Geflecht von Beziehungen, in dem der Junge und seine Lehrerin verstrickt sind. Für den Leser steht nicht die Frage, ob dies hätte verhindert werden können, die man sich in ähnlichen Fällen so oft zu spät stellt, sondern erkennbar wird, dass hier Wünsche und Sehnsüchte unter Umständen aufeinandertreffen, die fast zwangsläufig unglücklich ausgehen müssen. Und gleich am Anfang dieses Buches begegnen wir der entführten Lehrerin, die Angst hat, große Angst und die versucht, sich irgendwie verständlich zu machen - vergeblich: „Montag Anna-Marie Der schmale Streifen Tageslicht, der sich dort abzeichnete, wo die schwere Eisentür über der obersten Stufe der Kellertreppe endete, stellte die einzige Orientierungshilfe für sie dar. Doch die Wintertage waren kurz, und die junge Frau in dem dunklen Verlies fürchtete bereits die lange Nacht, die bald auch diesen einzigen Sichtpunkt auslöschen würde, der sie mit der Welt dort draußen verband. „Hallo! Hört mich jemand? Ich bin hier unten im Keller! Helft mir!“ Wie oft hatte sie diesen oder einen ähnlichen Ruf schon hinausgeschrien? Längst war sie heiser, sodass sie nur noch flüstern konnte. Es kam ihr sogar vor, als wären ihre Stimmbänder inzwischen zu dicken Seilen angeschwollen. Sie schmerzten und schienen sie fast zu ersticken. Niemand hatte sie gehört, und sobald sie in Gedanken den Weg nachvollzog, den der Junge sie geführt hatte, begriff sie, dass es aussichtslos war zu hoffen, sie könnte mit ihren Rufen irgendwen auf sich und ihre Notlage aufmerksam machen. In diese abgelegene Industriebrache verirrte sich niemand, und wäre Ben durch irgendein unbeeinflussbares Ereignis daran gehindert, sie weiterhin notdürftig zu versorgen und irgendwann wieder freizulassen, würde sie womöglich das Tageslicht nicht wiedersehen. „Ich will hier raus!“, sagte sie, so gut es ging. „Ich will nicht sterben, ich bin erst 32 Jahre alt, im vorigen Monat hatte ich Geburtstag.“ Ängstlich beobachtete sie den Lichtstreifen, dessen eigentümliche Färbung ihr verriet, dass es später Nachmittag war und sie für heute ihre letzte Verbindung zur Außenwelt bald verloren hätte. „Ich heiße Anna-Marie Tetzlaff ...“ Ich bin es wirklich, dachte sie. Aber mit einer fremden Stimme. An meiner Stimme kann mich niemand mehr erkennen. Auch Jens könnte es nicht. Jens ... „Nicht einmal zum Geburtstag hat er mir gratuliert. Ich wäre ganz allein gewesen, wenn mich nicht meine Chefin überrascht hätte. Plötzlich stand sie vor der Tür. Darum wurde es auch kein so trauriger Geburtstag, wie ich befürchtet hatte ...“ Anna-Marie lauschte ihren Worten nach. 32 Jahre ... Ich bin jung, dachte sie, und habe noch alles vor mir. Wer gibt Ben das Recht, mir die Hoffnung auf ein langes und erfülltes Leben zu nehmen? „Manche Leute behaupten, ich würde bedeutend jünger aussehen. Dann lache ich zwar jedes Mal und bin verlegen, aber in Wirklichkeit habe ich es mir immer wieder gern angehört ...“ Sie war froh, ihre eigenen Worte vernehmen zu können, mit denen sie nicht gegen die schmerzhafte Stille ankämpfen konnte, die sie aber ahnen ließen, dass diese nicht allmächtig und unüberbrückbar war. Geräuschlosigkeit fürchtete sie seit ihrer Kindheit ebenso wie Lichtlosigkeit. Dieser, die sie jetzt wie ein Kokon umgab, war sie allerdings völlig wehr- und machtlos ausgesetzt. Der kaum noch wahrnehmbare Streifen unter der Tür schien ihre Erkenntnis zu bestätigen. „Ja, ich habe es jedes Mal wieder gern gehört, wenn man mich jünger schätzte. Was sollte mir daran auch nicht gefallen? Besonders von Jens gefiel es mir. Es war für mich das schönste Kompliment.“ Gleich an ihrem ersten Abend hatte sie es zu hören bekommen, nachdem er ihr ganz geschickt ihr Alter entlockt hatte, sodass sie es nicht einmal als frech und uncharmant empfand. „Dann sind Sie ja schon richtig erwachsen!“, fügte er noch hinzu und lachte, und später hatte sie sich immer dann an dieses jungenhafte Lachen erinnert, wenn sie einen Anlass sah, einen Vergleich zu jenem Abend zu ziehen, der für sie zu einem Maßstab künftiger Gemeinsamkeit geworden war. Sie waren in der geräumigen Gaststätte die einzigen Gäste. Als sie zögernd eingetreten war und sich nach einem Platz umgesehen hatte, der sie nach Möglichkeit von dem jungen Mann auf der Fensterseite deutlich genug trennte, hatte er ihr sofort zugewinkt und dann einladend auf seinen Tisch gewiesen. Ob sie dem Wirt vielleicht zusätzliche Mühe bereiten wolle, noch an einem anderen Tisch bedienen zu müssen? Er hatte ihr bereits einen Stuhl zurechtgerückt, sodass sie es als sehr ungefällig empfunden hätte, seine freundliche Einladung auszuschlagen. So hatte es mit ihnen begonnen ...“ Eine Eigenproduktion von EDITION digital ist „Der Traum vom Glück ohne Ende. Aus dem Leben des Malers Adrian Ludwig Richter“ von Ingrid Möller, der dort sowohl als gedrucktes Buch wie als E-Book erschienen ist: Adrian Ludwig Richter (1803-1884) war der Sohn eines Dresdner Kupferstechers. Als Kind schon beobachtet er die Erwachsenen um sich herum, hört ihren Gesprächen zu und grübelt dabei, wie sein eigener Lebensweg einmal aussehen mag. So mühsam plagen wie sein Vater möchte er sich nicht. Ein großer Held möchte er werden, einer der Kriegshelden, die alle Welt rühmt. Er schwärmt für Napoleon, den er in Dresden hoch zu Pferd sieht. Zum 10. Geburtstag wünscht er sich, ein Schlachtfeld mit eigenen Augen zu sehen. Der Schock ist so groß, dass er sich in die Welt der Märchen flüchtet. Später - zum Maler und Kupferstecher ausgebildet - sucht er sein Glück in der Feme, besonders in Rom, wo er viele deutsche Kollegen trifft. Zurückgekommen in die Heimat, wächst sein Ruhm. Doch zufrieden mit sich ist er selten. Sein Lebensweg führt über Höhen und Tiefen, Irrtümer und Selbstzweifel. Falsche Einschätzungen müssen über Bord geworfen werden. Er schafft eine friedliche Gegenwelt in seinen Bildern und zahlreichen Druckgrafiken, die in Alben „Für's Haus“ weite Verbreitung fanden und besonders die Kinder begeisterten. Seine Lebenserinnerungen verraten viel über ihn, auch wenn er sie nicht mehr zuende bringen konnte. Als einladende Leseprobe aus dem Buch von Ingrid Möller mag die dienen, in der von der Begegnung des kleinen Adrian Ludwig mit einem Großen der Weltgeschichte erzählt wird, als dieser noch groß und noch am Siegen war: „Napoleon in Dresden Heute ist Pfingstsonnabend. Das Kalenderblatt meldet den 16. Mai 1812. Heute soll Napoleon Bonaparte leibhaftig Dresden durchqueren auf seinem Feldzug nach Russland. Seit dem frühen Morgen hat Adrian Ludwig am Fenster Posten bezogen, auch wenn die Truppen erst gegen Abend erwartet werden. Die Aussicht ist günstig: Hinweg über Stadtgraben, Wälle, Stadtmauer, Schanzen und hohe Bäume lässt sich die ganze Amalienstraße bis zum Pirnaischen Tor überblicken und nach rechts den Elbberg hinab bis zur Neustadt. Vorbeikommen wird Napoleon hier allerdings nicht, aber Adrian Ludwig wird es nicht entgehen, wenn die Einwohner in Scharen aufbrechen, um dem Schauspiel beizuwohnen. „Müssen wir nicht los, Vater?“, fragt er wohl schon zum zehnten Mal. „Nein, noch nicht!“ Immer die gleiche monotone Antwort. Da wird die Geduld auf eine harte Probe gestellt. „Vater! Jetzt sind schon ganz viele unterwegs! Sie werden uns die besten Plätze wegnehmen!“ „Das werden Spaziergänger sein, die vom Stammtisch kommen!“ Ist der Vater denn durch nichts aus der Ruhe zu bringen! Kann er sich denn für gar nichts begeistern? Erst nach dem Mittagsschläfchen fängt der Vater an, sich langsam und umständlich umzuziehen. Auch für Adrian Ludwig liegen endlich die Ausgehsachen bereit. Draußen wimmelt es von Menschen. Je näher sie der Innenstadt kommen, desto größer wird das Gedränge. Die Bürgergarde bildet Spalier an den Straßenrändern. „Lass uns man hier stehen bleiben“, sagt der Vater am großen Platz vor dem Zwinger. Und wieder heißt es: warten und geduldig sein. Zu beobachten gibt es allerdings so einiges. Straßenkehrer spicken Papierfetzen auf. Fliegende Händler verkaufen Brezeln und heiße Würstchen. Berittene Beobachter galoppieren vorbei. Eine Dame mit auffällig geschnürter Taille droht in Ohnmacht zu fallen. Gerade noch rechtzeitig findet ihr Begleiter das Riechfläschchen in ihrem Pompadour. Oh, diese Hitze! „Aber, meine Liebe, wer geht da auch ohne Sonnenschirm aus!“ Ein Säugling schreit. Ein Hund schlängelt sich durch die Menge und beschnüffelt jeden. Ganz bestürzt wirkt er, weil er sich nicht alle Gerüche merken kann. „Achtung!“ Ein Raunen geht durch die Menge. Irgendeine wichtige Nachricht muss durchgesickert sein. Alle spitzen die Ohren. „Von Freiberg her werden sie kommen!“ Von Südwesten also, über Freital. Aber wusste man das nicht schon längst? Adrian Ludwig ist umringt von Mänteln, Rockschößen und Seidenkleidern. Viel sehen kann er nicht. Ein vielstimmiges Gemurmel mit einzelnen Satzfetzen dringt an sein Ohr. Unterschiedliche Gerüche umnebeln ihn. So hat er sich das nicht vorgestellt. Gut, dass Vater nicht auf mich gehört hat, denkt er. Mir ist schon jetzt ganz schlecht. Hoffentlich nimmt Vater mich nachher auf die Schultern. „Die Höhen des Rosstals sind schwarz vor Menschen!“, heißt es plötzlich, „Bald müssen sie hier sein!“ Die Spannung steigt. Die Gespräche werden abgebrochen. Schließlich sind Trommelgerassel und Feldmusik aus der Ferne zu hören. Die Vorhut rückt an, völlig mit Staub überpudert. Es folgen die Regimenter. Darüber beginnt es zu dämmern. Fackeln werden entzündet und Metallkörbe mit brennenden Kienkloben an den Straßenrändern aufgestellt. Der rötliche Feuerschein reißt die angestrahlten Gestalten aus dem Dunkel und lässt Gesichter und bunte Uniformen aufleuchten. Welch ein Schauspiel! Adrian Ludwig ist hellwach. Der Vater hat ihn hochgehoben, damit er alles genau sehen kann. So, ja genauso hat er sich Helden vorgestellt: bunt und imposant. Ich muss mir alles genau merken, überlegt er, zu Haus mal ich dann alles in mein Skizzenheft. Mit Farben natürlich. Wenn ich nur alles behalten könnte! Und er starrt auf die prunkvollen Garden, die polnischen Ulanen mit den silbernen Kokarden. Immer exotischer wird der Zug. Auch Mamelucken sind dabei. Schließlich der Höhepunkt: die Karosse mit dem Kaiserpaar! Trompeten schmettern, Trommeln rasseln, alle Glocken der Stadt läuten, Kanonen donnern. Manche Leute schreien: „Vivat!“, oder „Vive l'Impereur!“. Manche aber pressen die Lippen zusammen. Was nun noch kommt, ist von geringerem Interesse: Nachhut, Feldküche, Marketenderinnen. Die Menge zerstreut sich. Adrian Ludwig lässt sich widerwillig von seinem Vater an die Hand nehmen. Er hätte nichts dagegen, wenn er ihn tragen würde. Er ist so müde, dass er richtig taumelt. So lange darf er sonst nie auf sein. Die Bilder aber flimmern noch immer vor seinen Augen, bunt und wild durcheinander. „Ist das jetzt jeden Tag so?“, fragt er. „Tja, eine Weile werden wir wohl noch Zuschauer am Rande des Weltgeschehens sein.“´ Bereits 1974 veröffentlichte Renate Krüger im Union Verlag Berlin ihr Buch „Nürnberger Tand. Historia eines Narren, eines Stummen und dreier gottloser Maler“. Wir sind jetzt knapp 300 Jahre vor Napoleon in Dresden: „ANNO DOMINI 1523 wird in der Reichsstadt Nürnberg drei jungen Malern der Prozess gemacht. Die Stadt befindet sich ökonomisch, politisch und kulturell auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung und ist ein geistiges Zentrum in Europa. Das wirtschaftlich starke Patriziat hat das Stadtregiment fest in der Hand und weiß, wie mit Oppositionellen zu verfahren ist. Da gibt es die Brüder Barthel und Sebald Beham und ihren Freund Georg Pencz. Es sind Schüler des in der Stadt besonders angesehenen, hoch berühmten Meisters Albrecht Dürer. Doch jetzt stehen sie als Aufrührer vor Gericht, die gefährlichen und verderblichen Lehren von göttlicher Gerechtigkeit für den gemeinen Mann anhängen. Schlimmer noch: Die Menschen selber müssten die Gerechtigkeit schaffen auf Erden, so meinen sie. Und die Obrigkeit, die das nicht zulasse, müsse als ungöttlich verworfen werden. Gottlose Maler also, wie ihre Ankläger es wollen? Die Autorin schildert die geistigen Auseinandersetzungen und Kämpfe, die der revolutionären Erhebung der Bauern vorangingen. Sie führt uns von der weiten ungarischen Puszta, in der eben ein Bauernaufstand blutig niedergeworfen wurde, in das Gewimmel der wohlhabenden großen Stadt, in die Häuser der Patrizier wie Willibald Pirckheimer und in die Hütten der Armen, in die Werkstadt Dürers und in das Wirtshaus in der Wöhrd, den Treffpunkt derer, die Unrecht nicht mehr dulden wollten. Ein reicher Narr, der eine neue nürnbergische Weltchronik schreiben will, lernt von den drei gottlosen Malern und einem ungarischen Bauern, den die Herren grausam verstümmelt haben, dass nicht heiteres Darüberstehen und Spottlust eine neue Welt schaffen, sondern die Klarheit des Gedankens und der Mut zur Entscheidung. Schauen wir als erstes in die Puszta und nach dem ungarischen Bauern: „Auf dieser weißgrauen Erde liegt ein bestaubter Körper. Ein Mensch. Ein Mann. Er heißt Bálint, aber das wird vielleicht nie jemand erfahren. Eigentlich könnte man sagen: er hieß Bálint; seine Vergangenheit trug diesen Namen. Seine Gegenwart ist namenlos, und die Zukunft wird ihm einen anderen Namen geben. Aber immerhin - er hat eine Zukunft. In seiner Vergangenheit hat auch er die Erde aufgegraben und Bäume gefällt, Sensen und Sicheln geschliffen und neue Zähne in den Rechen eingesetzt. Der Bauer Vörös Mihály war stolz auf seinen nunmehr neunzehnjährigen Sohn gewesen. Bálint verstand sich auch darauf, ein kleines Boot aus einem Baumstamm auszuhauen und einen Zaun aus Weidenruten zu flechten. Er konnte einen Hammel schlachten und, wenn man es so weit brachte, auch eine Kuh. Bei der Jagd war er unentbehrlich. Er verstand es, die Schnepfen und Reiher mit seiner Blechscheibe so geschickt aufzuscheuchen, dass der gnädige Herr sie unmöglich verfehlen konnte. Du bist ein tüchtiger Kerl, Bálint ... Ja, er hatte sogar einen Namen beim gnädigen Herrn. Elf oder zwölf Jahre alt mochte er wohl gewesen sein, also fast schon erwachsen. Du bist ein tüchtiger Kerl, Bálint ... Das ganze Dorf hatte darüber gesprochen. Einem tüchtigen Kerl gebührt eine goldene Zukunft, in der er die Früchte in reicher Fülle auch ernten darf, deren unscheinbare Samenkörner er hinter Pflug und Egge der braunen Erde anvertraut hat. Einem tüchtigen Kerl gebührt ein eigenes Haus, davor ein rund gemauerter Backofen, aus dem die Frau die duftenden Brote ziehen kann wie Schätze aus einer verborgenen Höhle. Ihm kommt ein Weinberg zu, von einem geflochtenen Zaun umgeben, der unerwünschten Kreaturen den Zutritt verwehrt. Wie gut, dass er ein tüchtiger Kerl war. Aber nun war er müde und matt und so benommen, dass er nicht denken, sich nicht bewegen konnte. Steif und schwer lag er auf der Erde, als hätte man ihn von einem hohen Turm herabgeworfen. Arme und Beine waren so liegen geblieben, wie sie zu Boden gefallen waren. Sie hatten so viel Gewicht, dass die verbrannte Erdkruste zu dünn schien, um sie tragen zu können. Es kam dem Bauernburschen Bálint so vor, als hätte er den Sturzweg erst zur Hälfte zurückgelegt, als müsste er noch tiefer eindringen in diesen weißgrauen Staub, als müsste er darin untergehen wie ein Weizenkorn. Aber ist es möglich, dass aus dieser toten Erde je wieder neues Leben hervorbrechen wird? Sie alle hier sind von schlechten Ackersleuten ausgesät, hingestreut auf einen unbestellten Acker. Welch ein Wahnsinn! Sie sind nur Fraß für die Vögel. Wann werden sie kommen? Noch haben sie die Beute nicht erspäht, oder es ist selbst ihnen dieses Land zu unwirtlich. Auch Vögel lieben bunte Farben. Bálint öffnet mühsam die Augen, um nach den Vögeln auszuschauen. Leer ist der Himmel. Bálint sieht in die Ferne. Der Horizont ist keine verschwommene Linie, sondern eine Brücke in neue Fernen, in denen Tausende von Vögeln leben. Nicht die schwarzen Aasvögel, die den Himmel verdunkeln, wenn sie in der Luft verharren und mit ihren durchdringenden Augen nach Beute spähen. Nein, dort in der Ferne gibt es noch die kleinen frohen Farbflecken, die leben und sich bewegen, auch auf kahlen Bäumen und im Schnee, die kleinen bunten Vögel, die vielen Familien der Meisen und Finken und Rotkehlchen. Schon ihre Namen zaubern ein Lächeln auf das Antlitz des Alltags. Bunt sind die Vögel, bunt wie der türkische Teppich, den Bálint im Zelt des Feldhauptmanns gesehen hat. Bálint meint aus der Ferne riesige Farbflächen auf sich zuströmen zu sehen. Ist es ein Heer von winzigen Vögeln? Ein unbeschreiblich großer türkischer Teppich? Oder gar das türkische Heer? Nun, dann kann diese sinnlose Saat völlig zerstört werden, dann wird man sie in den verkrusteten Boden einstampfen, tief, immer tiefer ... Die Farben wachsen und wechseln. Bald schiebt sich das aufdringliche Gelb in den Vordergrund, bald leuchtet allein das satte volle Rot. Bald spannt sich eine blaue Wand auf, als wolle sie den weißgrauen Himmel trösten. Nun schieben sich grüne Streifen dazwischen, gleich wieder verdrängt von kaltem Weiß. Bálint schließt die Augen, aber auch so kann er sich gegen das Gaukelspiel der Farben nicht wehren. Sie sind ja nicht in der Ferne, sondern in ihm selbst. Sind es die Schmerzen, die in seinem hingestreckten Körper wühlen? Plötzlich wird es ihm wieder bewusst, dass er Schmerzen leidet, nein, dass er selbst ein einziger großer schreiender Schmerz ist. Er schreit, und es löst sich doch kein Ton von seinen Lippen. Das Schreien rieselt in das Innere des Mannes zurück, verdichtet und verhärtet sich dort, legt sich um Herz und Lungen wie ein Panzerkleid. Und nichts dringt hindurch, nicht nach innen und nicht nach außen. Oder fast nichts ...“ Kehren wir mit den nächsten beiden Büchern von Joachim Nowotny wieder in die Gegenwart zurück, jedenfalls näher an die gegenwärtige Gegenwart des 21. Jahrhunderts, immerhin in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts und nach Deutschland, genauer gesagt in die DDR. Im Jahr des 20. Jahrestages ihrer Gründung, 1969, erschien erstmals im Kinderbuchverlag Berlin „Der Riese im Paradies“ von Joachim Nowotny: Der dreizehnjährige Klaus Kambor, Kurbel genannt, hat seine ganz persönlichen Schwierigkeiten. Die einen meinen, er wär schon erwachsen, und verlangen von ihm, dass er sich entsprechend benimmt, die anderen behandeln ihn wie ein halbes Kind, möchten ihm am liebsten jeden Schritt vorschreiben (täglich eine Stunde Schönschreiben üben zum Beispiel, wegen seiner entsetzlichen Klaue). Wo lebt Kurbel? In Kattuhn, einem Dorf irgendwo in der DDR, genauer: im sorbischen Gebiet. Kattuhn steht plötzlich im Mittelpunkt aufregender Ereignisse. Zunächst nur ein Gerücht, vage, schwer zu greifen, verdichtet sich immer mehr, was mit Kattuhn und der ein wenig abseits gelegenen Buschmühle geschehen soll: Standort eines Großkraftwerkes soll es werden. Aber in der alten Buschmühle leben doch Menschen: der alte Schuster Jubke, Rodewagens, Familie Honko, Kambors .:. Während sich das Leben der Buschmühlenleute ganz allmählich verändert, während die Männer vom Bau ihrerseits den Ton anzugeben versuchen, muss Kurbel sehen, wie er fertig wird, mit seinen Geheimnissen, wozu seine Verehrung für Daniela Greiner ebenso gehört wie sein Paradies, muss damit fertig werden, dass man ihn bei einer wichtigen Veranstaltung einfach außer Aktion setzt, denn Kurbel, das ist doch der, der den Waldbrand verursacht hat ... Das spannende Buch für Leser ab 13 Jahre wurde 1974 in der Regie von Rolf Losansky von der DEFA unter dem Titel „...verdammt ich bin erwachsen“ verfilmt. Aber schauen jetzt in den Anfang des Buches, wo die Hauptperson, der literarische Held, also Kurbel, zu fehlen scheint: „ERSTES KAPITEL 1 Hier fehlt Kurbel. Denn: Paul Honko ist da, er steht schwarz und mit gefährlich funkelnden Augen vor der Durchfahrt, hat links neben sich ein altes Mühlrad, rechts eine Holzfeie, vor sich die Hundehütte mit Prinz an der Kette - dieser Paul Honko also zieht ein Scheit aus der Feie, so ein knorriges Kiefernscheit, an dem noch Aststumpen stehn, das schmeißt er jetzt zu Prinz hin. Der kann zwar ausweichen, jault aber trotzdem, springt auf die Hinterbeine, prügelt in seiner Angst die Luft mit den Vorderpfoten, das hilft ihm nichts, schon das nächste Scheit trifft ihn am Kopf. Na gut, Prinz ist eigentlich kein ordentlicher Hund, mehr so eine Promenadenmischung aus Fox und Spitz, krumme Beine, bärtige Schnauze, ein Ohr hoch, eins lappig herabhängend und Haare wie ein schwarzes Lamm - aber Hund ist Hund, jedenfalls ein lebendes Wesen, dem so etwas weh tut. Man müsste eigentlich eingreifen, müsste der armen Kreatur helfen. Wo ist denn bloß Kurbel? Ja doch, hier in der Buschmühle wohnen noch andere Leute, aber die sind alle unterwegs. Der Meister Jubke zum Beispiel, der Flickschuster, trägt die reparierten Schuhe aus. Herr Rodewagen steht vor dem breiten Backstubenfenster, träumt ein bisschen in die Sonne und knetet dabei langsam den Semmelteig durch. Seine dicke Frau trinkt indessen die zweite Tasse Kaffee, denn der Konsum ist von eins bis drei geschlossen, da hat sie Pause. Paul Honkos Frau Melanie dagegen hockt nichts ahnend zusammen mit Frau Kambor, Kurbels Mutter, in einem Erdloch vor dem Dorf Kattuhn. Beide lesen Saatkartoffeln aus der Miete, es ist höchste Zeit, dass sie in die Erde kommen. Weit weg im Dubowitzer Forst rollt Peter Honko, der Sohn Pauls, ausgelängte und geschälte Riesenstämme auf den Rungenwagen; nicht mehr lange, und er donnert mit dem schweren Traktor auf den Ladeplatz des Dubowitzer Güterbahnhofes. Von dort ist es nicht weit zum Glaswerk, der kalte Ofen liegt gleich neben der Rampe, an ihm mauert Josef Kambor, Kurbels Vater, herum. Er teilt gerade einen Schamottstein kunstgerecht in vier ziemlich gleiche Viertel. Bliebe noch Elisabeth. Elisabeth Honko, die hübsche Schwester Peters, der Stolz von Melanie, der Liebling von Paul Honko. Die sitzt im Augenblick mit ihrer Freundin in der kreisstädtischen Eisdiele und isst in aller Ruhe Halbgefrorenes. Die Schule ist aus, und der Zug fährt erst nach zwei zurück. Kurz und gut: All die Buschmühlenleute haben ihre Beschäftigung, keiner weiß von dem betrunkenen Mann, niemand ahnt etwas davon, dass Paul Honko wieder einmal seinen Koller hat. Der Buschmühlenhof liegt weitab vom Dorfe Kattuhn in ziemlicher Einsamkeit, nahe am endlosen Kiefernwald, da kann der dicke Rodeländer Hahn ruhig empört spektakeln, die Ziege Meta kann meckern, wie sie will, der Hund Prinz noch so heulen und wimmern, das hört keiner. Aber die Scheite fliegen. Und wie sie fliegen! Pauls langer Körper schwankt zwar auf steifen Beinen, die schwarzen Haare hängen ihm ins Gesicht, doch zielen kann er noch. Ein Scheit trifft Prinz am Hals, ein zweites an der Hinterpfote, ein drittes überm linken Ohr. Daneben geht keins. Kurbel muss her! Vielleicht hockt er oben unter der Dachkappe des alten Mühlengebäudes. Das macht er manchmal, aber bloß abends, wenn die Sonne rot und rund hinter der Kiefernheide versinkt. Vielleicht steckt er auch am Mühlgraben, gegenüber der Stelle, an der sich früher das große Schaufelrad drehte. Dort steigen im stillen tiefen Wasser immer noch ein paar lichtscheue Schleie auf. Es kann auch sein, dass er sich in Meister Jubkes Schusterwerkstatt geschlichen hat, jetzt wäre es gerade günstig, Kurbel könnte endlich sein Taschenmesser an der elektrischen Schmirgelscheibe schärfen. Das wollte er schon immer mal tun, bloß der Meister Jubke lässt ihn da nicht ran, der traut sich ja selber kaum. Ginge es nach Kurbels Mutter, der energischen Frau Kambor, dann müsste der Junge jetzt in der Wohnstube am runden Tisch sitzen und Schönschreiben üben. Vier Seiten jeden Nachmittag. Und wehe nicht! Frau Kambor traut sich ja nicht mehr ins Dorf, seit alle Welt weiß, dass ihr Sohn in letzter Zeit so eine Klaue hat. Aber Kurbel sitzt natürlich nicht in der Wohnstube am runden Tisch. Noch viel weniger übt er das Schönschreiben. Irgendwo wird er wohl stecken. Josef Kambor, der Hüttenmaurer, bildet sich ein, dass sein Sohn im Augenblick im Schuppen hinter dem ehemaligen Pferdestall Holz hackt. Der wird schon die Bescherung sehn, wenn er heimkommt. Nicht ein Scheit ist gehackt, nicht eins. Der Herr Sohn drückt sich vor der Handarbeit, er will später bloß auf lauter Knöpfe drücken und die Maschinen mit einem Fingerschnipsen regieren, arbeiten will er natürlich nicht. Also: Kurbel ist immer noch nicht gefunden. Der kleine Hähnel wartet auch auf ihn. Da hat man nun eine ganz passable Bude gebaut, aus Latten und Schalbrettern, ziemlich gut versteckt auf der schmalen Mühlteichkaupe, die dreiseitig von Wasser umspült wird, mitten im Buschwerk steht die Bude, wie gesagt, also kaum erkennbar. Aber wozu eigentlich? Jetzt könnte man allerhand anstellen, etwas stibitzen und hier verstecken, jemanden, der auf dem Mühlteich zu tun hat, könnte man heimlich beobachten, vielleicht hat wirklich mal einer hier was zu tun. Und wenn nicht, dann ließe sich die Bude zu einem Steuerhaus umträumen, die Kaupe zu einem Riesenschiff, der Teich zum großen Meer. Der kleine Hähnel würde sich ganz gern mit dem Rang eines Ersten Offiziers begnügen und das Kapitänsamt dem Kurbel überlassen, wenn der bloß da wäre. Aber er ist nicht da. Nirgends ist er. Und der arme Prinz heult immer noch, die Scheite fliegen, Paul Honkos Augen flackern böse. Junge, Junge! würde Piepe Jatzmauk aus Kurbels Klasse sagen, der ist ganz schön blau. Aber auch Piepe Jatzmauk ist nicht da. Was soll bloß werden? Prinz endlich findet einen Dreh. Er zieht den Schwanz zwischen die Beine und verkriecht sich in der Hütte. In die äußerste Ecke kriecht er. Einen Moment steht Paul Honko verdattert da, wen soll er nun malträtieren, wo er doch so einen Rausch hat und einfach jemanden malträtieren muss? Dann aber reißt es seinen Oberkörper nach vorn, das macht Schwung, nimmt die langen Beine mit, auf die Hütte zu, quer über den buckligen Hof, vielleicht fällt der Mann hin. Aber er fällt nicht, sondern greift sich eine rostige Eisenstange von der Mühlenrampe, die hat dort zwischen Moos und Mauerritzengras gelegen, jahrelang, nun muss sie dazu herhalten, Prinz aus seinem Versteck zu stochern. Der Hund quiekt in seiner Angst wie ein Ferkel, schießt dann aber plötzlich aus der Hütte, springt in rasender Wut auf Honko los, aber die kurze Kette reißt ihn zurück. Taumelnd knickt er in den Knien zusammen. Paul Honko lacht, lautlos, nur mit auseinandergezerrten Lippen lacht er, dabei schlägt er mit der Eisenstange auf den Hund los. Das nimmt kein gutes Ende. Wenn wir nur Kurbel endlich fänden! Wir finden ihn. Zufällig sehen wir mal zu der Stelle, wo sich der Mühlgraben wieder mit dem Flüsschen Schwinde vereinigt. Dort wächst im Sommer Schilf einen ziemlich behäbigen Damm hoch, oben auf dem Scheitel wuchert fleischiges Grünkraut, auf der dem Wasser abgewandten Seite aber duftendes Sauergras. Jetzt freilich zeigt alles erst ein paar schüchterne Spitzen, nur das Sauergras bildet schon einen gelbgrünen Teppich, das hat es im Frühjahr immer etwas eilig. Und hier liegt nun auch Kurbel. Kopfüber liegt er. Erst kommen die Füße oben auf dem Dammscheitel, dann die Beine in Nahthosen, endlich der graue Pullover und dann das Kinn, der Nasenrücken und der dunkle Haarschopf unten im Gras. Wie kann man sich bloß so hinlegen! Uns steigt gleich das Blut in den Kopf.“ Zwölf Jahre nach dem „Riesen im Paradies“, also 1981, brachte Joachim Nowotny bei der Edition Holz im Kinderbuchverlag Berlin das Buch „Abschiedsdisco“ heraus: Angenommen, dieser Henning Marko wachte eines Tages mitten im Urwald auf und könnte sich einen Menschen herbeiwünschen. Mit wem möchte er das Abenteuer bestehen? Mit Mutter? Sie ließe sich von der Schlange beißen, nur damit sie mich nicht beißt. Mit Vater? Er würde immer vorangehen, immer die Richtung bestimmen wollen. Lutz? Sobald die Batterien des Rekorders leer wären, hätte er alle Lust am Abenteuer verloren. Und Gundula Fischer? Das ließe sich denken, wenngleich ich nicht wüsste, wie sie sich angesichts eines ausgewachsenen Ochsenfrosches aufführt. Der junge Polizist fällt mir ein. Mit dem könnte man, falls vorhanden, möglicherweise Pferde stehlen. Der schnauzbärtige MZ-Mann würde vermutlich seiner Maschine nachtrauern, sich aber bei einer überraschenden Begegnung mit dem weiblichen Teil der Ureinwohner als sehr nützlich und umgänglich erweisen. Oder Magda, von der sich lernen ließe, wie man mit der Einsamkeit fertig wird. Und der Mann mit dem Ortsschild? Er würde eine Siedlung gründen, ihr Gesetze und einen Namen geben, sich dann in den Schatten setzen, rauchen und darüber nachdenken, woher er gekommen ist, mehr noch: Wer er eigentlich ist. Mit seiner Art, das Mögliche zu tun, ohne sich aus lauter Ehrfurcht vor dem Geschaffenen selbst auf die Hosenbeine zu treten, müsste sich eigentlich ganz gut leben lassen. Das ist das vorläufige Ergebnis der Überlegungen Hennings nach einem Tag voller Eindrücke in dem fast schon toten Dorf Wussina, das der Braunkohle weichen muss. Im Lichte dieses Abschieds verlaufen die Begegnungen mit den wenigen Leuten, die er trifft, überraschend und rätselhaft. Der 15-Jährige muss all seine Kräfte zusammennehmen, um dem Ansturm der Ereignisse und Gefühle standhalten zu können. Er beginnt zu ahnen, wie schwer die Prüfungen des Lebens mitunter sind, und fühlt die Kraft in sich wachsen, sie zu bestehen. Dabei denkt er natürlich auch an Dixie, die hinter ihm läuft, schon Busen hat, immer ein wenig nach Windeln riecht, weil sie kleine Geschwister zu versorgen hat. Sie wäre der ideale Kumpel; sie müsste nur etwas hübscher sein. Auch dieses spannende Jugendbuch wurde wiederum von der DEFA verfilmt und zwar 1989 wiederum in der Regie von Rolf Losansky, der auch das Drehbuch verfasste, und diesmal unter dem Original-Titel des Buches – „Abschiedsdisko“. Und da die Kapitel des Buches so kurz sind, bringen wir hier gleich die ersten drei: „1. Kapitel Leider gehöre ich nicht zu den Jugendfreunden, bei denen der Geist unentwegt sprüht. Gewöhnlich benötige ich Anlauf, ehe mir etwas einfällt. Es kann mit einem Traum beginnen. Zeitig früh im Bett: Jemand wird von jemandem geprügelt. Etwas, was es eigentlich nicht mehr gibt. Man hört es von früher oder aus anderen Weltgegenden. Weshalb ich davon träume, kann ich nicht erklären. Jedenfalls quält es mich. Ich werfe mich herum, ich ... Aber das erzähle ich nicht mal Lutz. Noch im Halbschlaf höre ich plötzlich Mutter reden. In ihrer Stimme ist etwas ungewohnt Keifendes. Es muss ganz schön was los sein, drüben in der Küche. „Ich hab’s gewusst, dass es so kommt. Ich hab’s gewusst!“ „Und?“, höre ich Vaters barschen Bass, „was hat es geholfen, dass du es wusstest? Der Alte hockt immer noch dort.“ „Sprich nicht so von meinem Großvater!“ „Ist er vielleicht nicht alt?“ „Deshalb musst du ihn nicht gleich abschreiben.“ „Als ob das ginge! So ein eigensinniger alter Zausel, der bringt sich schon in Erinnerung.“ „Zausel, aha!“ „Ich muss mich auf der Straße ansprechen lassen: Warum geht er nicht endlich ins Altersheim, wo er aufgehoben wäre. Warum bleibt er dort? Als letzter. Das riecht doch nach Provokation!“ „Wenn er nicht will.“ „Was heißt, nicht will? Wer fragt mich denn, was ich will. Ich muss mir die Vorwürfe anhören. Das war einer von der Kreisleitung, Mädchen.“ Wenn Vater zur Mutter Mädchen sagt, ist es entweder ganz gut oder ganz schlimm. Das kann ich mir ja nun aussuchen. Mutter jedenfalls weiß, woran sie ist. Sie nimmt ihre Stimme zurück. „Und wenn du nun doch noch mal hinfährst? Mit ihm sprichst?“ „Ich denk nicht dran! Damit er mich wieder stehen lässt, wie einen dummen Jungen. Außerdem fahren wir morgen ins Riesengebirge, basta!“ 2. Kapitel Dieser herzerfrischenden Unterhaltung folgt jenes Schweigen, aus dem geschickte Leute ganze Romane machen. Ich wälze mich im Bett, als wäre ich es, der die Schläge empfangen hat. Endlich kann ich mich von mir selbst losreißen. Endlich schaffe ich es, aufzustehen. Unter der Tür krächze ich etwas, was nur bei viel gutem Willen als Gruß gedeutet werden kann. Der Wille ist nicht vorhanden, also wird mir keine Antwort zuteil. Als ich aus dem Bad komme, hat sich die Szene verwandelt. Mutter klappert munter mit den Tassen, Vater kaut und liest dabei die Zeitungsrubrik „Auch das gibt’s!“ Sie steht auf der vorletzten Seite unten links. Ansonsten aber ist die Welt in Ordnung. Ich würde ihnen gern zeigen, dass ich das Spiel durchschaue. Aber noch fällt mir nichts ein. So greife ich die Tasche und gehe wortlos. 3. Kapitel Später dann Deutsch bei Fräulein Brode. Sie ist die reine Zuversicht. „Henning, ich weiß, du hast dich heut vorbereitet.“ Um sie nicht allzu sehr zu enttäuschen, stehe ich wenigstens auf. Gleich früh muss ich zur schärfsten Waffe greifen, muss ich den Naiven mimen. Man sagt mir dünnes blondes Haar und treue blaue Augen nach. Wenn ich in den Spiegel sehe, finde ich das leider bestätigt. Niemand indes weiß, dass ich das nicht bin. In mir steckt ein brauner, beinahe nachdenklicher Typ, der im entscheidenden Augenblick schnell zuschlagen kann. Ein solcher Moment ist nicht. Auf Fräulein Brodes Zuversicht kann man nur blauäugig reagieren. „Ich hab gedacht, wir haben das nicht auf.“ Beinahe enttäuscht stelle ich fest: Sie glaubt mir. Sie tut ein übriges, ruft Gundula Fischer auf. Die kann. Kann immer alles. Während sie redet, füllt sich Fräulein Brodes Zuversicht mit viel guter Meinung über den Leistungswillen der Schüler von heute. Noch später Sport. Dieser Sprung über das Pferd längs. Ich lege ihn hin, als müsse das so sein. Lutz stößt einen rauen Triumphschrei aus. Gundula Fischer sieht, ganz Bewunderung, aus der anderen Turnhallenseite zu mir herüber. Habich schreibt eine Eins ein. Nur ich weiß, dass der Sprung ungültig ist. Ich kann ihn nicht. Ich fürchte ihn und lande immer mit dem Hintern auf dem letzten Drittel des Pferdes. Es war reiner Zufall, dass ich dieses einzige Mal hinüberkam. Aber wer will das hier wissen? Dann Stabü bei Katscher. Die Stunde zieht sich wie Gummi. Katscher referiert über die Rolle des Staates und stemmt sich gegen unsere Müdigkeit. Der Staat sind auch wir. Der Staat bin auch ich. Wenn ich Katscher richtig verstehe, dann will er vor allem den Blauäugigen in mir. Wenn er wüsste, wie anstrengend es ist, andauernd so treudeutsch in die Gegend zu blicken. Man lernt es, mit offenen Augen zu dösen. Ehe ich einen Einfall haben kann, gerate ich unversehens in den Frühtraum, höre ich Vater und Mutter, sehe ich Fräulein Brodes Zuversicht, erlebe ich die Angst vor dem Sprung. Herr Katscher ist gerade bei der allseitigen Stärkung, der Einfall wäre fällig. — Doch bevor er kommt, ertönt die Klingel.“ In dem anderen deutschen Staat, der damaligen Bundesrepublik Deutschland, der BRD, spielt der Roman „Die fünf Leben des Dr. Gundlach“ von Wolfgang Schreyer. Die Druckausgabe erschien ein Jahr nach der Abschiedsdisko“ von Joachim Nowotny,1982, im VEB Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik Berlin und setzt zwei Jahre zuvor ein: Köln, Herbst 1980. Hans Gundlach, Werbemann der Rheinischen Industriebau AG, fliegt nach El Salvador, um die Auslösung des dort entführten Filialleiters zu überwachen. Ein Detektivbüro soll ihn für 1,5 Millionen Dollar freikaufen. Gundlach kümmern nicht die politischen und sozialen Kämpfe in dem kleinen Land, er sieht nur seinen Auftrag; erledigt er den, steigt er auf der Leiter des Erfolgs noch höher. Also schaltet er aus, was ihn stört, handelt ganz auf eigene Faust. Im Dschungel des Machtkamps setzt er alles aufs Spiel und verliert die Existenz. Doch Hans Gundlach steht immer wieder auf. Zwei Anläufe hat er schon hinter sich: als Teilnehmer der Studentenunruhen 1968 und als linker Journalist; später als junger Mann der Konzernführung. Nun wagt er von neuem den Sprung in die Politik. Ihm ist als habe er fünf Leben. Nichts scheint unmöglich. Er kann sich eine Geheimdienst-Laufbahn ebenso vorstellen wie ein Wirken für die Befreiungsbewegung. Ist ihm jeder Start recht? Sind Taktik, Karriere und Träume vom Erfolg die Leitlinien seines Handelns? Und so fangen die fünf Leben des Dr. Gundlach an: „I. The Troubleshooter oder Der Durchreißer 1 „Herr Doktor“, sagte die Sekretärin, als Gundlach vom Essen kam, „Herr Direktor Winter bittet Sie in zehn Minuten zu sich. Er hat auch etwas geschickt, drinnen auf Ihrem Schreibtisch...“ „Was will er denn?“ Achselzucken, wie üblich; diese Frau wusste niemals mehr, als man ihr sagte. „Es klang sehr dringlich.“ Bestimmt wieder ein Feuerwehreinsatz, Trip ins Ausland, etwa in dieses Drecknest Kairo. Oder nach Übersee, Indien oder Schwarzafrika, wo es dauernd haperte... Ach, er hatte es satt. Die Rheinische Industrie AG stand da in Ländern wie Zaire und Mali als Lichtbringer im Chaos. Und nahm der Ärger überhand, schickte man gern ihn, Hans Gundlach, mit seinen drei Fremdsprachen und der Verhandlungsgabe, die ja bloß Einfühlung war, die Kunst, sich mehr intuitiv als vernunftmäßig in den Partner zu versetzen. Meist gab man ihm einen Wirtschaftsfachmann, Juristen oder Diplomingenieur mit, jemanden aus der Projektierung oder vom Personalbüro, je nach Art des Problems. Er war der vierte Mann in der PR-Abteilung des Konzerns, sein eigener Kram, die Öffentlichkeitsarbeit in der Dritten Welt, blieb dann liegen, aber was half’s: Der Gundlach wird's schon richten. Er griff nach der „Frankfurter Allgemeinen“, die da von Winter kam; er hatte Reiseunterlagen erwartet. Wichtiger übrigens als das Problem und das Ziel war ihm, wer diesmal mitkam. Hoffentlich nicht Winter selbst. Mitte Fünfzig war der, zwanzig Jahre älter, vierzig Pfund schwerer, zwei Firmenränge höher - na, da gab's halt kaum Kontakt. Gundlach hatte ihn einmal begleitet und davon noch genug! Privat schien Winter ein armer Hund, sexuell enttäuscht wie viele in dem Alter. Das ging Gundlach so recht erst beim Rückflug auf, als Winter nach zwei, drei Kognaks anfing, die Stewardess zu necken und auch die Namen der Fluglinien zu verballhornen. Aus Pan-Am machte er: „Passengers are not Allowed mating" - Passagiere dürfen sich nicht paaren, SAS hieß „Sex After Service“, und die Lufthansa wurde bei ihm zur Lusthansa; ein gestresster Manager eben, der unterwegs mal Dampf ablässt. Gundlach erinnerte sich daran bloß, weil er selber bei „Lufthansa“ noch eins draufgesetzt hatte, um den Mann zu erfreuen: „Let us fuck the hostess as no Steward available“ - treiben wir's mit der Hostess, da kein Steward verfügbar. Erbärmliches Gewitzel, geschmacklos, man konnte auch Anpassung übertreiben. Obendrein war er Winter gar nicht nähergekommen, dem gab jeder Flugkilometer heimwärts ein Stück seiner Würde zurück. Was sollte ihm das? Ein Jahr war die Zeitung alt, vom Dienstag, dem 16. Oktober 1979... Gundlach ging die Annoncen durch, sein Revier, doch die RIAG hatte in dieser Nummer überhaupt nicht inseriert. Dafür stieß er im Feuilleton auf eine zweiseitige Großanzeige, von Winters Grünstift angekreuzt. Unter der naiven Schlagzeile „An die Menschen der Welt“ sieben Textspalten, drei unscharfe Horrorfotos, eine Statistik und das Emblem einer ominösen „Revolutionären Partei Zentralamerikanischer Arbeiter“! Keine Produkt-, eher Sympathiewerbung; das Inserat warb um Verständnis für einen Umsturz in Mittelamerika. Übrigens entschuldigte die Redaktion auf Seite 2 den Abdruck mit Erpressung. Gundlach überflog den Text nur eben; eine Bleiwüste mit schaurigen Oasen. Zu verschroben klangen hier Kampfparolen wie „Lang lebe das Recht des salvadorianischen Volkes auf einen revolutionären Befreiungskrieg!“ und die bizarren Anklagen aus dem Blickwinkel eines fernen, tropischen Untergrunds. Was richtete so etwas in Deutschland denn aus? Den Rebellen fehlte offenkundig ein PR-Mann, der ihnen die Selbstdarstellung und das Feindbild aufpolierte, beides war irgendwie trüb, verschleiert, von Hass und Schwulst entstellt; jemand wie er, Gundlach, hätte es entzerrt und effektiv gemacht, dank seiner Vergangenheit war er genau der Mann dafür gewesen. Denn mit 53 250 Mark, dem Listenpreis für die „FAZ“-Doppelseite, hätte sich etwas publizieren lassen, das den Leuten unter die Haut ging... Was eigentlich bezweckte Winter jetzt damit? Sollte es mit der Arbeit in El Salvador zusammenhängen, etwa diesem Hafenausbau? Während Gundlach hinauffuhr in die Chefetage, kam ihm eine Erinnerung. Im vorigen Herbst waren zwei nordamerikanische Geschäftsleute dort an der Pazifikküste entführt worden; ihr Fahrer und der Leibwächter kamen bei der Sache um. Eine der fast schon alltäglichen Geiselnahmen in dem kleinen Land. Die Aktion hatte aber nicht nur wie sonst einen Berg Lösegeld gekostet, sie diente auch noch für einen Propagandacoup. Die Drohung mit dem Tod der Geiseln nämlich war der Hebel, mit dem die Täter ihr Manifest als Großinserat in die „Frankfurter Allgemeine“ pressten; übrigens auch in die „New York Times“, die „Los Angeles Times“ und ein Dutzend weiterer Blätter wie „Le Monde“ und den Londoner „Daily Mirror“, Englands Bildzeitung. Ja, nun fiel es Gundlach wieder ein: Beckman Instruments Inc., Los Angeles, hieß die leidtragende Firma; die zwei Geiseln waren ihre Filialleiter in El Salvador gewesen. Der Fall stand gar nicht einzig da. Vor zwei, drei Jahren schon hatte es solch ein Zwangsinserat argentinischer Guerrilleros in der "Süddeutschen Zeitung" gegeben, bezahlt von dem Konzern Bunge & Born in Buenos Aires. Die Entführung eines Mercedes-Direktors, auch in Argentinien, ergab eine Annoncen-Kampagne auf Kosten von Daimler-Benz. Und der Elektroriese Philips, dessen Manager in El Salvador gekidnappt worden war, musste in 32 Ländern eine zweiseitige Anzeige finanzieren, die dem Regime des Kaffeestaats das Übliche vorwarf: Demagogie und Verbrechen wie Korruption, heimliche Massaker und „bestialischen Sadismus“, belegt mit den Fotos Gefolterter, ganz wie hier... Mehrmals traf es auch japanische Konzerne. Doch jetzt sah es so aus, als sei die eigene Firma dran.“ Szenenwechsel. In Zeit und Raum. Erstmals 1995 erschien bei Langen Müller das Buch „Wer gibt uns die Träume zurück. Schicksal Ostpreußen“ von Elisabeth Schulz-Semrau: Mit „Suche nach Karalautschi“ (1984) und „Drei Kastanien aus Königsberg“ (1990) hat die gebürtige Königsbergerin Elisabeth Schulz-Semrau bereits zwei Titel vorgelegt, die sich mit der Geschichte ihrer Heimatstadt beschäftigen und die Autorin als kenntnisreiche Chronistin Königsbergs ausweisen. Die Rekonstruktion dieser Geschichte setzt sie in ihrem neuen Buch fort und hat mit viel Spürsinn und großer sprachlicher Sensibilität eine Reihe bewegender literarischer Porträts zusammengestellt. Es sind die Schicksale russischer und deutscher Kinder aus den letzten Kriegstagen und den sich anschließenden Wirren der Nachkriegszeit, deren Lebensweg sie bis in die Gegenwart hinein verfolgt hat. Es ist das große Verdienst der Autorin, dass dabei - aller Grausamkeit und allen Schrecken zum Trotz - keine Litanei des Leids entstanden ist, sondern die differenzierte und sich jeder Schematisierung entziehende Beschreibung von Lebensschicksalen. Dass der Mensch, trotz traumatisch gewordener Leiderfahrung, in der Lage ist, aus der Geschichte zu lernen, zeigt Elisabeth Schulz-Semrau, ausgewiesene Kennerin der ostpreußischen Geschichte, legt mit diesem Buch eine Reihe authentischer literarischer Porträts vor, die auf persönlichen Begegnungen basieren. Es sind die bewegenden Einzelschicksale russischer und deutscher Kinder aus der Endphase des Zweiten Weltkriegs, die in ihrer Gesamtheit ein plastisches Bild der jüngeren Geschichte Königsbergs und Ostpreußens ergeben. Und hier ein Auszug aus dem Buch, nicht ganz vom Anfang, aber bald danach: „Fangen wir also mit dem Jahr 1936 an, die Geschichte Rudolf Mietlewskis (Nachname natürlich auch fingiert) aus der Stadt Königsberg zu erzählen. Fünf Jahre ist er da, wie auch ich es war. Ich bin nur fünf Monate früher geboren. Vielleicht haben unsere Mütter im gleichen Krankenhaus gelegen, in der Langen Reihe? Zu schaffen hatten beide Frauen wohl kaum etwas miteinander. Wir haben im östlichen Teil Deutschlands gelernt, es Klassenunterschiede zu nennen ... Als sich Renate Mietlewski 1931 noch einmal schwanger fühlte, war sie zweiunddreißig. Heinz, ihr Erstgeborener, war zehn, gerade aus dem Gröbsten heraus. Und nun sollte alles noch einmal von vorn beginnen? Edgar, ihr Mann, vierunddreißig, hatte nach einer Durststrecke von zwei Jahren und fünf Monaten gerade wieder eine Arbeit bekommen, als Schlosser auf dem Flugplatz Devau. Vorübergehend, hatte man gesagt. Zu so einer Zeit also ein Kind? Aber es würde ja vielleicht ein Mädchen werden, Mädchen ließen sich billiger hübsch anziehen und waren im Alter eine Stütze. Als die Schwester ihr das Baby, männlichen Geschlechts, in den Arm legte, weinte Renate Mietlewski. Es war keine glückliche Erschütterung. Als sich Heinzi daheim in der Sackheimer Mittelstraße etwas verstört über den plötzlich hinzugekommenen Bruder beugte, zog die Mutter ihren nun Ältesten an sich, sagte tröstend, was Rudolfs ganzes Leben überschatten würde: Bleibst doch mein bestes Lorbasschen ... Die Wohnung besteht aus zwei Zimmern, einer Kammer, die als Zimmer für Heinz eingerichtet wird, das Vorderzimmer bleibt tabu, muss vermietet werden, das Bett des Schreihals’ wird erst einmal in der Küche untergebracht. Vater Mietlewski arbeitet inzwischen als Heizer, steigt zum Lokführer auf. Er tritt der Flügelradgewerkschaft der Eisenbahner bei, nicht aber der Partei, die sich rühmt, die Arbeitslosigkeit beseitigt zu haben, was ja für ihn zutrifft, und Deutschland zum Erwachen zu bringen. Er ist sozialdemokratisch eingestellt und religiös. Man besucht in der Sackheimer Kirche früh den sonntäglichen Gottesdienst, damit Vater Mietlewski anschließend noch Zeit hat, für die Volksfürsorge zu kassieren. Ein zusätzlicher Verdienst, die Familie hat also ihr Auskommen. Heinz wird in der Yorkstraße in der Sackheimer Mittelschule angemeldet. Als er 1935 konfirmiert wird, richtet der Vater das Zimmer für 20 Gäste her. Daran kann ich mich nur nach Erzählungen erinnern. Aber das größte und eindrucksvollste Fest meines Lebens war Vaters Beerdigung, sagt der jetzt Neunundfünfzigjährige. Das vergesse ich nie: Vater hatte selbst eine hohe Versicherung abgeschlossen, und so organisierte mein Onkel etwas ganz Besonderes: Drei Taxen fuhren uns und Hunderte von Eisenbahnern folgten dem Sarg. Wir hatten eine Grabstätte für zwei Personen gekauft. Für den Grabstein reichte dann allerdings das Geld nicht mehr. Wir stellten so’n bissel Bank auf ... Jedenfalls hatten die Träger schwarze Mäntel und Stiefel an. Als sie das Grab zuschaufelten, zogen sie die Mäntel aus, so seh ich sie bis heute. Wie viele Gäste sich dann in der Kneipe einfanden, weiß ich nicht, nur, dass wir viele waren. Immer war ich stolz darauf gewesen, dass wir so ein Fest feiern konnten! Mutter hätte wohl lieber von dem Geld was übrig behalten. >Onkel ist ein richtiger Lebemann<, lamentierte sie. Meine Mutter verstand sich mehr mit der Tante, beide waren sehr kirchlich. Mein ganzes voriges Leben ging durch die Kirche. Erst hier, nach 1947, musste ich aus der Kirche austreten. Meine Verwandten sagten: Für Kirchensteuer ist kein Geld übrig! Nach dem Tod des Vaters übernimmt Frau Mietlewski die Kassierung für die Volksfürsorge. Jeden Nachmittag ist sie von 16 bis 19 Uhr unterwegs. Wenn Rudi sie nicht begleitet, wartet er in der Küche am Fenster und spielt mit dem Schlittschuhnuddler Straßenbahn. Denn unbedingt würde er Straßenbahnfahrer werden - wie der Onkel, der ihn oft auf seiner Tour ohne Geld mitfahren ließ. 1938 in der Schenkendorfschule eingeschult, erlebt er eine kurze, glückliche Zeit mit einem Lehrer, der ... wie ein Vater... war. Er fuhr mit uns Kindern an die See, nahm auch die Mütter mit. Da musste auch meine Mama nett zu mir sein. Das war sie nämlich meist nicht. Sie hatte so eine Art, mir Dresche anzudrohen, indem sie den ganzen Weg kein Wort mit mir redete. Ich erinnere mich noch, wie wir auf der Weißgerberbrücke über den Schlossteich gingen, und ich bettelte: >Bitte, Mama, hau mich doch nicht, ich werd ’ auch ganz artig sein.< Ich küsste ihr sogar die Hand. Es half nichts, kaum schloss sich die Wohnungstür, bezog ich die obligatorische Kloppe. Sie liebte wohl bloß meinen Bruder. Der wurde 1939 eingezogen, geriet in englische Gefangenschaft und blieb nach dem Krieg in England. Im gleichen Jahr kam Rudi an die Bülowschule, die Lehrer unterrichteten in Uniform, und als sie eingezogen wurden, kam, so erinnert er sich, eine Lehrerin, die in einem schwarzen Kleid unterrichtete, dessen einziger Schmuck das Parteiabzeichen war. Als die Schule als Lazarett gebraucht wird, geht’s im Schichtunterricht an die Schenkendorfschule zurück. Überhaupt bewegt sich das Leben dieses Jungen, wie das der meisten anderen Kinder dieser Stadt, zwischen den unreflektierten Widersprüchen ihrer damaligen Historie. Vom Dach seines Hauses sieht Rudolf die Synagoge brennen, hört davon, wie man die jüdischen Waisenkinder barfuß, im bloßen Hemd durch die Straßen trieb. Seine Mutter ist nicht in der Partei, aber der FENSTERTEPPICH (ich lasse mich aufklären, dass es sich dabei um die Hakenkreuzfahne handelt) wird bei Feiern und Siegesmeldungen herausgehängt. Als alleinstehende Frau ... Oft hält die Grüne Minna in seiner Straße, Arbeiter werden eingeladen, es wird geflüstert, das seien diese berüchtigten Kommunisten, und einige Jungen verweigern sich der Hitlerjugend. Versuchen es zumindest. Rudolf kommt 1942 zum JUNGVOLK - es ist ihm wahrhaftig im Kopf geblieben: FÄHNLEIN 17, JUNGSTAMM 2. Aber da kann er von zu Hause weg, und die Mutter muss schweigen. Sie haben Dienst hinter der KDF-Halle, biwakieren in Rundzelten, und es macht ihm Spaß. Zuerst jedenfalls. Sogar die militanter werdenden Spiele wie Späher oder Melder sind nach seinem Geschmack. Bis - ja, bis darauf im Kampf um Königsberg ein Dreizehnjähriger „Soldat“ zu werden hat. Zweimal besucht er mit der Mutter Veranstaltungen in der KDF-Halle; eine hieß: Das ist die Berliner Luft! und dann fahren sie auch mit einem KRAFTDURCHFREUDESCHIFF nach Kahlberg, eine Kapelle spielt. Mutter Mietlewski hat sich schick gemacht, sie achtet nicht so auf Rudi - der Mieter des Vorderzimmers ist auch mit. Den mag der Junge, hat er ihm doch einen herrlichen Kaufmannsladen aus Streichholzschachteln gebaut. Er arbeitet in einem Zigarettenladen. Als er später eingezogen wird, zieht ein Polizist in das Zimmer, mit dem ist die Mutter besonders befreundet. Überhaupt beginnt der Krieg, die mütterliche Strenge aufzuweichen, und es werden einfache, normale Vergnügungen für den Jungen möglich. Er angelt mit Freunden am Kupferteich, hockt mit vier anderen in einem Kajütenboot am Pregel. Ihrem Piratenschiff. Oder - sie knüpfen von langsam dahingleitenden Flussschiffen den Rettungskahn ab und karjohlen damit tagelang auf dem heimatlichen FLÜSSCHEN. Ein Tennisball verhilft manchmal zwanzig Kindern zu einem Fußballmatch. Aber es gibt auch Straßenschlachten, wo sie mit Latten aufeinander losprügeln, eine Straße gegen die andere. Im Winter wird in den Glacis gerodelt und der Weihnachtsmarkt auf dem Paradeplatz unsicher gemacht. Im Sommer ist Rudis Lieblingsplatz auf der Treppe eines Bäckerladens. Da sieht er auch die Gefangenen, die ein P oder U auf dem Rücken haben und die darauf warten, dass ihnen einer ein Brötchen schenkt. Die Großmutter hat einen Gemüsekeller in der Manteufelstraße, so finden Verwandtenbesuche mal auf dem Tragheim, mal auf dem Sackheim statt. Einmal hat die Mutter aus diesem Anlass Rudolf Hose und Weste aus Vaters altem Anzug nähen lassen. Es bleibt einer der wenigen Pluspunkte für die Mutter in der Erinnerung des fast Sechzigjährigen ... Die Angriffe im August 1944 erlebt Rudolf als HJ-Melder beim Volkssturm zwischen Tragheimer Kirchenstraße, Steindamm, Paradeplatz. Als er in der Wrangelstraße von drei Kettenhunden angehalten wird, ruft er: Goldfisch. Und die antworten: Wasser. Hätte ich die Losung nicht gewusst, wär ich bestimmt abgeknallt worden ... , sagt er. Gegen Morgen heimkommend, findet er die Sackheimer Mittelstraße 13 nur noch als rauchenden Trümmerhaufen. Mutter und Sohn ziehen zu den Großeltern in die Tragheimer Pulverstraße. Im Herbst 44, als die Russen Ostpreußen Stück um Stück erobern, bauen beide an einer Panzersperre in der Wrangelstraße, Ecke Tragheimer Kirchenstraße mit. Als er dieses Detail erzählt, überlege ich, ob dieser Umstand nicht womöglich die Ursache dafür war, dass mein Haus in der Tragheimer Kirchenstraße 17, das die Terrorangriffe doch verschont ließen, für mich heute unauffindbar ist?“ Und, sie Sie berührt worden? Von dem einen oder anderen Angebot? Ganz sicher sprechen sie sieben Titel Leserinnen und Leser ganz unterschiedlich an – je nach Alter und Herkunft, eigener Lebens- und Leseerfahrung. Aber mindestens eines der Bücher dürfte wohl Interesse finden und zur ausführlichen Begegnung mit den jeweiligen literarischen Helden einladen. Apropos Begegnung. Zum Schluss noch ein kleines Gedankenexperiment: Stellen wir uns vor, wie es wäre, wenn sich die Hauptfiguren der sieben Bücher und vielleicht auch einige Nebenfiguren irgendwo träfen und sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten, ihre Freuden und ihre Schmerzen erzählten. Das dürfte wohl eine sehr aufschlussreiche und spannende, lustige und traurige Runde ergeben – mit drei Worten: ein literarisches Ereignis. Viel Vergnügen beim Weiterdenken dieses Gedankens und bis zum nächsten Mal! Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3848 sowie http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books Bücher über Mecklenburg-Vorpommern und von Autoren aus dem Bundesland heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen. Firmenkontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr Godern Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/ Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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prseiten · 7 years
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Schlittenfahrt im Sommer oder wo liegt Afrastralien? - EDITION digital veröffentlicht neues Buch von Siegfried Maaß
Gleich in den ersten Sätzen seines jüngsten, jetzt bei der EDITION digital sowohl als Printausgabe wie auch als E-Bok erschienenen Buches „Das Mädchen aus dem Spiegel“ erklärt Autor Siegfried Maaß diesen Titel gleichsam für ungültig: „Das Mädchen aus dem Spiegel? Ebenso gut hätte ich die ‚Die Geschichtenerfinderin’ darüber schreiben können. Denn am meisten wird von einem Mädchen erzählt, das sich Geschichten ausdenkt. Fast überall, wo es sich aufhält. Für sich selbst, aber auch für andere und damit auch für euch. Nur so zu ihrem Spaß. Aber jeder, der sie bereits kennt und sich mit ihr unterhält, blickt sie zuerst immer zweifelnd an und fragt sich: Sagt sie jetzt die Wahrheit? Oder spinnt sie wieder und tischt mir eine ihrer Geschichten auf?“ Und während der Lektüre von „Das Mädchen aus dem Spiegel“ lernt man Stück für Stück nicht nur Dagmar Krämer, wie die schreibende Hauptfigur heißt, kennen, sondern auch einige ihrer Geschichten, manche so frisch erfunden, dass sie Daggy noch gar nicht aufgeschrieben hat. Und nicht immer weiß man beim Lesen so genau, stimmt das nun eigentlich, was man da gerade gelesen hat, oder stimmt es nicht. Und mehr und mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Antwort auf diese Frage eigentlich gar nicht so wichtig ist. Hauptsache der Autor lässt seine schreibende Hauptfigur wissen, was sie nun machen wird: „In diesem Augenblick wusste ich, worüber ich bald schreiben wollte: Über ein Mädchen, das sich im Spiegel selbst begegnet und sich mit seinem Doppel über das Leben unterhält und dabei keine Geschichte erfindet, sondern immer mit der Wahrheit auskommt. Ob es mir gelingt?“ Und wer außerdem noch wissen will, was es mit der Schlittenfahrt im Sommer auf sich hat oder wo genau Afrastralien liegt, der findet eine der beiden Antworten auf Seite 32: „irgendwo hinter den vielen Inseln im weiten Meer.“ Einer der sichersten Wege dorthin zu gelangen, das ist die Fantasie. Beide Ausgaben des „Spiegelmädchens“ sind ein kräftiges Plädoyer für die Fantasie und sowohl unter edition-digital.de, im stationären und Online-Buchhandel zu haben. Siegfried Maaß wurde am 6. Oktober 1936 in Magdeburg geboren, wuchs jedoch in Staßfurt auf, wo er auch die Schule besuchte und eine Lehre absolvierte. Nach einem Fachschulstudium in Halle war er als Vermessungstechniker im Bergbau und im Katasterwesen tätig. Zwischen 1960 und 1964 studierte er am Literaturinstitut Leipzig und arbeitete danach als Schauspieldramaturg am Salzlandtheater in Staßfurt. Seit 1971 ist Siegfried Maaß Freier Schriftsteller. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt seit 1996 in Hecklingen in Sachsen-Anhalt im Harzvorland am Rande der Magdeburger Börde, südlich von Magdeburg, westlich von Staßfurt und nordöstlich von Aschersleben. Zu seinen inzwischen mehr als 30 Büchern gehören „Ich will einen Turm besteigen“, „Keine Flügel für Reggi“ sowie „Das Haus an der Milchstraße“ und die drei Mäxchen-und-Pauline-Bücher. Das Titelbild können Sie unter http://www.ddrautoren.de/presse.htm herunterladen. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/editiondigital/news/3828 sowie http://edition-digital.de/Maass/Spiegel/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: Die vor 22 Jahren von Gisela und Sören Pekrul gegründete EDITION digital hat sich seit 2011 verstärkt dem E-Book verschrieben, verlegt aber inzwischen auch zahlreiche gedruckte Bücher – zumeist gleichzeitig als gedruckte und digitale Ausgabe desselben Titels. Zudem bringt sie Handwerks- und Berufszeichen heraus. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot derzeit fast 900 Titel (Stand August 2017) von 120 DDR- und anderen Autoren, wie Wolfgang Held, Klaus Möckel, Wolfgang Schreyer und Erik Neutsch sowie den SF-Autoren Carlos Rasch, Heiner Rank, Alexander Kröger und Karsten Kruschel. Nachzulesen ist das Gesamtprogramm unter www.edition-digital.de. Jährlich erscheinen rund 100 E-Books und 15 gedruckte Bücher neu. Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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prseiten · 7 years
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Naherholung und Fernerholung, eine Freiheitsberaubung, leere Blätter, Miss Betty und ein Zimmer für eine Nacht – Drei E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis sowie zwei Superpreis-Angebote für nur jeweils 99 Cent
Eine für DDR-Zeiten recht ungewöhnliche Biografie weist die Hauptfigur des ersten der drei Deals der Woche auf, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de eine Woche lang (Freitag, 16.02.18 – Freitag, 23.02.18) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind. Josef, Josef Neumann, war Fremdenlegionär und macht mit einer besonderen Fähigkeit auf sich aufmerksam. Zugleich bringt ihn diese offenbar während seiner Zeit als Fremdenlegionär erworbene Fähigkeit jetzt in der mittleren DDR in Schwierigkeiten – und andere Menschen auch. Mitunter ist es eben nicht so ganz einfach, eine Heimat zu finden. In ziemlichen Schwierigkeiten ist auch der Junge aus dem Roman „Und hinter mir ein Loch aus Stille“ von Siegfried Maaß. Denn dieser Junge hat seinen Vater getötet. Aber das sind nicht die ersten Probleme, die der Junge hat. Und auch die hatten mit Gewalt zu tun, mit Gewalt in der Familie. Wie geht eine Gesellschaft damit um? Gewalt spielt auch in dem Buch „Jeder Abschied ist ein kleines Sterben“ von Heinz Kruschel eine Rolle. Auch der Held dieses Buches muss sich entscheiden – zwischen schonungsloser Aufklärung und Geschehenlassen. Und für oder gegen seine Familie. Außerdem sind in dieser Woche jeweils ein Angebot von dem Ex-Kriminalisten und Krimiautor Ulrich Hinse und von dem Fantasy-Autor Johann Nerholz für eine Woche zum Superpreis von nur jeweils 99 Cents zu haben. Mehr dazu am Ende dieser Ausgabe. Erstmals 1970 erschien im Aufbau-Verlag Berlin der Roman „Zum Beispiel Josef“ von Herbert Otto: Wer ist ein Springer? Zum Beispiel Josef, Josef Neumann, Jahrgang 1940, ehemaliger Fremdenlegionär. Er leert die Jackentaschen, zählt die Schritte ab für den Anlauf und fliegt durch die Scheibe, die mit einem vollen und gediegenen Ton zerspringt. Ein schwieriger Fall, der Mann mit dem Tick, dem solche Sprünge in Algerien das Leben retteten, der sie im Bordell in Beirut und in den Gassen der Altstadt von Dakar als Attraktion zum besten gab und nun in dieser DDR nur Ärger damit hat und macht, Bruno, dem Brigadier, den Betonbauern und nicht zuletzt Julia, der jungen Frau, die ihn braucht. Es fehlt nicht an Auseinandersetzungen und Komplikationen, ehe Josef, der getriebene und sich treibenlassende Außenseiter, durch die behutsame, aber konsequente Hilfe der Menschen an seiner Seite erkennt, dass er, der bisher immer einer Hölle entkommen war, um in eine andere zu geraten, nun eine Heimat gefunden hat. Aus dem Springer wird ein Hydrauliker beim höchsten Schornsteinbau der Welt, ein Mann, der mit dem Kollektiv Verantwortung übernimmt. Und Julia sagt zu ihm: Weißt du, was du bist? Ein Heber. Hebst und hebst. Der Roman „Zum Beispiel Josef“ wurde 1974 in der Regie von Erwin Stranka von der DEFA verfilmt. Die Musik wurde von Uve Schikora komponiert und vom DEFA-Sinfonieorchester und der Uve-Schikora-Combo eingespielt. Die Hauptrolle des Josef spielte damals Jürgen Heinrich. Julia war Petra Hinze. Mit dabei ist übrigens auch die Sprecherin der DDR-Hauptnachrichtensendung „Aktuelle Kamera“ Christel Kern als Sprecherin der „Aktuellen Kamera“. Und so beginnt die vier Jahre vor der Verfilmung veröffentlichte literarische Vorlage von Herbert Otto – mit einer Weigerung: „Er wollte nicht zu Julia. Gestern hatte er daran gedacht, in die Stadt zu fahren, um in eines der großen Tanzlokale zu gehen. Es lohnte sich nicht, wenn es schnell und einfach ging, und wenn es versprach sich zu lohnen, ging es nicht schnell genug. Er war nicht gefahren und nicht zu Julia gegangen, sondern hatte geschlafen. Er konnte lange Zeit mit sehr wenig Schlaf auskommen, und dann konnte er wieder vierzehn Stunden durchschlafen, aufstehen für zwei, drei Bier, sich hinlegen und weiterschlafen. Manchmal ruhte er während der freien Tage überhaupt nicht aus. Und es wurden ganz wilde Tage. Diesmal lagen sie mitten in der Woche, von Montag bis Freitag, was selten vorkam. Eine Gitarre hatte er immer noch nicht gekauft, obwohl er in einen Laden gegangen war, um Instrumente anzusehen. Es war wohl noch zu früh. Das allererste Instrument damals war eine Laute. Die Schwester hatte außerdem eine Theorbe gehabt, eine vierzehnsaitige. Die war schwer zu spielen und hatte einen harten, brüchigen Klang, und später hat er nie wieder eine Theorbe gesehen. Er hatte keinen Plan gemacht für die freien Tage. Er hätte irgendwohin fahren können. An die Küste würde er irgendwann fahren, wieder Schiffe sehen und einen Hafen und langsam auf einer Mole hinausgehen, wenn der Wind von See kommt. Geruch von Weite, Salz und Fisch. Nicht dass er Sehnsucht gehabt hätte nach einem Schiff. Trotzdem wäre er gern an die Küste gefahren. Er wollte damit noch warten, bis es richtig Sommer war. Es war jetzt Mitte Mai. Die ersten beiden Tage verschlief Josef. Er wachte Mittwoch vormittag auf. Die Sonne schien. Unten im Hof saß Frau Billmann und putzte Grünzeug. Sie saß auf der Bank am Schuppen in der Sonne. Manchmal ließ sie ihre Hände ein Weilchen ausruhen. Er würde heute den Schalter reparieren. Wenn Sie das machen wollen, und wenn es Sie nicht belästigt. Sie freute sich rührend über so etwas, die alte Frau. Er würde heute eine Feder besorgen oder gleich einen neuen Schalter. Dann Mittagessen. Vielleicht am Bahnhof. Er traf Stefan in der Stadt. Was machst du? Nichts. Und du? Als sie vor drei Wochen ins Kino fuhren, mit dem Bus, den sie Gummidampfer nannten, hatten sie nebeneinander gesessen. Stefan gehörte nicht zur Brigade, war aber trotzdem mitgefahren. Seine Sache am Turm waren die Aufzugswinden. Das heißt alles Elektrische an den Winden. Sie nannten ihn den Südschweden. Er stammte aus einem Dorf in Mecklenburg. Auf der Baustelle sah man ihn nie ohne irgendwelches Zeug in den Händen: kleine Kartons, Draht, Kabel, Kneifzange. Die anderen Elektriker behaupteten von ihm: ein Tag, an dem er nicht irgendwo ein Relais einbauen kann, ist für ihn ein versauter Tag. Josef traf ihn gegenüber der Milchbar, und Stefan trug nichts bei sich und sah regelrecht nackt aus mit den leeren Händen. Er trifft also zufällig den Südschweden, Garten-, Ecke Bebelstraße, und alles wird anders weiterlaufen. Ereignisse werden kommen, die sonst nicht oder viel später gekommen wären, und es wäre mit ihm anders weitergegangen, schmerzlicher oder belangloser oder komischer. Was machst du so? Gar nichts. Und du? Noch kein Relais eingebaut heute? Wird nachgeholt. Heute scheint Sonne, und man sollte mit dem Boot aufs Wasser. Du hast ein Boot? Ich miete ein Boot. Mehr ein Kahn. Der große und der kleine Kolksee. Naherholungszentrum hinter Kolkwitz, wenn du das kennst. Kenn ich nicht. Naherholung. Kann nur das Gegenteil sein von Fernerholung. Erklär mir den Unterschied. Welchen Unterschied? Den zwischen Nah- und Fernerholung. Und wer sich fern erholt. So eine dumme Frage habe ich nie gehört. Fernerholung. Wie kommst du auf das Wort? Naherholung gibt es, und in unserem Falle liegt das hinter Kolkwitz. Alles, was weiter weg liegt, ist einfach Erholung. Am kleinen Kolksee mieten wir jedenfalls den Kahn. Am großen steht das Schloss. Da wohnt deine Tante? Da wohnen Kinder, und bei den Kindern arbeitet Loni. Heute bis um zwei. Viertel nach eins geht der Bus. Ich hol sie ab, und wir gehen still durch den Wald zum kleinen Kolksee und mieten dort das Boot. Ich habe nichts weiter vor, sagte Josef. Dann komm mit, sagte Stefan. Wir lassen uns schon nicht stören. Kann ja sein, es findet sich noch wer, der Lust auf Bootfahren hat. Loni arbeitet nicht alleine bei den vielen Kindern. Eine ihrer Freundinnen hat vielleicht Lust auf Bootfahren. Sie nahmen den Bus Viertel nach eins und standen auf der hinteren Plattform. Zwei Stationen später stieg sie ein. Er hatte sie sofort gesehen, als die Tür aufging. Dunkles Haar, halblang, das ihr Gesicht fast verdeckte, und er sah die kleine Kopfbewegung und wie das Haar nach beiden Seiten zurückfiel. Die Stirn und die Augen. Warum sah sie ihn nicht an. Vor ihr stieg eine Frau ein mit zwei kleinen Kindern, und er und Stefan hoben die Kinder in den Bus, halfen auch der Frau. Wo war das Mädchen? Er war erschrocken, dass sie plötzlich verschwunden war. Der Bus fuhr schon wieder. Alles nur Sekundenbruchteile. Eben stand sie noch da, blaurotes Kleidchen, sehr kurz, und sie hatte ihn nicht ansehen wollen. Sie war vorn eingestiegen. Da saß sie, und es war viel Platz ihr gegenüber und neben ihr. „Warum setzen wir uns nicht“, fragte Josef. „Sie arbeitet auch dort“, sagte der Südschwede. „Kennst du sie?“ „Flüchtig. Sie ist nie dabei, wenn irgendwas gefeiert wird oder beim Baden. Sie fährt immer sofort nach Hause.“ „Scheu“, sagte Josef. „Sie heißt Ute“, sagte Stefan. „Was weißt du noch?“ „Nichts. Hat Abitur gemacht und kam dann dorthin. Bleibt aber nicht. Sie will studieren.“ „Und noch?“ „Ihr Vater muss Arzt sein oder so was. Wenn ich sie mal im Bus sehe oder wenn sie zur Nachtwache kommt und Loni ablöst, immer hat sie ein Buch und liest.“ „Liest vielleicht zu viel“, sagte Josef. „Das gibt's. Und kommt nicht zum Leben. Jetzt guckt sie aus dem Fenster. Komm, wir setzen uns.“ Stefan schüttelte den Kopf. „Du stellst sie mir vor. Wir quatschen sie an.“ „Hat keinen Sinn.“ „Vielleicht fährt sie zum Bootfahren.“ „Sie fährt zur Arbeit. Um zwei.“ „Kann sein, ja.“ Und dann fragte Josef: „Wie lange fahren wir noch?“ „Zehn, zwölf Minuten.“ „Ich geh jetzt hin.“ Érstmals 2000 veröffentlichte Siegfried Maaß im dr. Ziethen Verlag Oschersleben seinen Roman „Und hinter mir ein Loch aus Stille“, in dem es um ein brisantes, keineswegs einfaches Thema geht: Ein Junge tötet seinen Vater. Eine Nachricht, die zu anderen Gewaltnachrichten zu gehören scheint, die uns täglich erreichen. Beziehungen zwischen Menschen, Familienbindungen scheinen nichts mehr zu gelten, Werte verloren zu sein. Doch Siegfried Maaß zeigt, dass das Leben nicht so einfach ist. Gerade an der Tat, die scheinbar bestätigt, dass familiäre Beziehungen keine Basis mehr haben, weist er nach, dass ein Mensch zum Täter werden kann, gerade weil ihm noch Werte vermittelt wurden, er mit der Tat diejenige rettet, der er vertraut und die er liebt. Er hat einen realen Fall gewählt, um den Ursachen nachzuspüren, zu prüfen, ob das, was sich so in den Vordergrund drängt, das Bild bestimmt, auch die Wirklichkeit ist. Siegfried Maaß schreibt über Gewalt in der Familie. Es ist kein einfacher Stoff, aber so, wie er ihn behandelt, macht er Mut und Hoffnung. Wir treffen den Jungen hinter einer verschlossenen Tür: „1. Sie hat die Tür hinter sich geschlossen und mir die leeren Blätter zurückgelassen. Einen dicken Stapel weißer Blätter. Als Tapete könnte die Menge für die halbe Wand ausreichen. Für die Wand in diesem miesen kleinen Loch, wo sie mich schmoren lassen, um mich kleinzukriegen. Das einem kaum genug Luft zum Atmen lässt, weil das einzige Fenster, das sich fast unter der Decke befindet, dicht verschlossen ist. Kein einziger Laut kommt von außen an mich heran. Dieses Loch aus Stille heißt bei ihnen Verwahrraum. Aber für mich bedeutet es: Freiheitsberaubung. Das Wort kenne ich von meinem Vater. Sie haben aber kein Recht dazu, mich hier einzulochen und darauf zu warten, dass ich schwarz wie Ötzi werde. Ich nicht! Eher sie selbst! „Da kannst du aber warten, bis du schwarz wirst!“ Das ist so ein Satz von Herta für alle Gelegenheiten, wenn sie mich entweder abwimmeln oder mir klarmachen will, dass es nicht gibt, was ich gern möchte. Wenn ich irgendwann etwas aufschreiben sollte, müsste ich ihnen dabei erklären, dass mit Herta meine Mutter gemeint ist Aber das wissen sie vielleicht schon. Wahrscheinlich wissen sie inzwischen alles und wollen nur, dass ich von mir aus sage, was ich weiß und sie gern hören möchten. Nämlich dass ich zugebe und gestehe, es getan zu haben. Sie wollen, dass ich mich selbst verrate. Oder Herta. Weil sie vielleicht doch noch im Dunkeln tappen? Aber nichts werden sie von mir erfahren. Weil ich nämlich nichts sagen werde. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt schon einmal etwas gesagt habe. Ich habe keine Stimme. Deswegen kam die Frau mit dem Papierstapel. Als ich sie sah, musste ich gleich an die Nixe denken, die ich als kleiner Junge auf einem bunten Bild in einem Märchenbuch entdeckt hatte. Herta hatte es mir geschenkt und es stellte meine ganze Bibliothek dar. Sie versprach mir damals, manchmal daraus vorzulesen, und immer, wenn ich sie daran erinnerte, fiel ihr eine andere Ausrede ein, und sie vertröstete mich auf den nächsten Abend. Bis ich nicht nur auf sie, sondern auch auf das Buch wütend war und es zerfetzte. Nur das Bild der Nixe rettete ich und heftete es mit einer Reißzwecke an die Wand neben meinem Bett. Bevor ich einschlief, unterhielt ich mich mit ihr und beichtete ihr alle meine kleinen Geheimnisse. Sie konnte gut zuhören, wie niemand sonst, und wenn ich auch ihre Stimme nicht vernehmen konnte, so verstand ich ihre Antworten trotzdem. Sie klangen freundlich und verständnisvoll und ließen mich beruhigt und zufrieden einschlafen. Im Schutz der Nixe erwachte ich dann am nächsten Morgen und blinzelte zu ihr hinauf ... So lange, bis mein Vater eines Tages das schöne Bild aufgebracht von der Wand riss und es zerknüllte. Er schimpfte Herta aus, weil sie es duldete, dass ich mir „Märchenfiguren“ hinhängte statt wie andere Jungen Fußballstars oder Rennfahrer. „So wird nie ein richtiger Kerl aus ihm!“, schrie er, und ich starrte auf die Stelle an der Wand, von wo aus mir noch vor Kurzem die Nixe zugelächelt hatte. Mein Vater wusste nicht, dass auch Herta das Bild an der Wand nicht gefallen hatte, doch aus einem anderen Grund - sie nahm es mir übel, dass ich das hübsche Buch zerrissen hatte. Inzwischen hatte ich meine Nixe längst vergessen. Doch durch diese Frau werde ich wieder an sie erinnert. Natürlich hat sie keinen Fischschwanz, sondern im Vergleich zu Herta ziemlich lange Beine, die in engen Röhrenhosen stecken. „Schreib einfach auf, was du erlebt hast und was du weißt. Das befreit, und dann kannst du auch bald wieder richtig Luft holen.“ Sie war schon an der Tür, als sie hinzufügte: „Und wenn du dich freigeschrieben hast, kannst du auch wieder sprechen. Danach reden wir dann über alles.“ Ich will aber nicht sprechen. Kein Wort. Ich bin sogar froh, keine Stimme mehr zu haben. Ein dicker Stapel leerer Blätter. Vor mir auf dem Tisch. Und auch mehrere Stifte dazu. Die Nixe hat an alles gedacht. Wenn ich eine Stimme hätte, könnte ich behaupten, nicht schreiben zu können. Aber sie wissen genau, dass ich es kann, denn ich habe meine alten Schulhefte bei ihnen gesehen, die sie aus unserer Wohnung mitgenommen haben. Wer weiß, wozu und warum. Haben ihnen vielleicht meine Geschichten gefallen, die darin aufgeschrieben sind? 2. In der Schule werden sie bestimmt auch gewesen sein, um sich nach mir und meinem Verhalten zu erkundigen. Wenn sie dabei an Körner, den sturen grauen Esel geraten sind, haben sie nichts Gutes zu hören bekommen. Für den bin ich einfach nur ein fauler Schwänzer, der die Schule und die Lehrer für so überflüssig wie sonst nichts weiter im Leben hält. Für den jede Mühe, die die Schule ihm bereitet, umsonst ist, weil sowieso nichts aus ihm werden kann. So denkt Körner von mir. Das hat er mir auf den Kopf zugesagt. Miss Betty wird jedoch gut für mich ausgesagt haben, Miss Betty, unsere Deutsch- und Englischlehrerin. Bei ihr beteilige ich mich gern am Unterricht, da schnipse ich schon mal mit den Fingern, weil ich die richtige Antwort weiß. Für Miss Betty sind wir keine wesenlosen Monster wie für Körner, die nimmt uns richtig ernst und macht trotzdem mal einen Spaß mit uns. Fragt auch nach unseren Vorstellungen vom Leben und unseren Wünschen. Von ihr werden sie erfahren haben, dass ich im Schreiben nicht schlecht bin, sogar über dem Durchschnitt liege. Früher, noch in der Grundschule, als an Miss Betty noch nicht zu denken war, hat es mir immer am meisten Spaß gemacht, mir irgendeine Geschichte auszudenken. Das war eine Lieblingsidee unserer Lehrerin. Danach haben mich die anderen oft gefragt, ob ich das alles erfunden hätte oder ob es die Wahrheit wäre. Dass ich mir das alles ausdenken konnte, haben sie mir nicht zugetraut. Aber die Wahrheit? Als ob es in Wirklichkeit vorkommen würde, dass eine Meute glitschiger Seehunde aus unserem schmutzigen Fluss heraufrobbt, dann über die Brücke patscht und den gesamten Verkehr lahmlegt. So war es nämlich in einer meiner Geschichten. Wohin man auch blickte - die Tiere glitzerten und glänzten im Sonnenlicht, als wenn die ganze Straße mit einer nassen Folie bespannt worden wäre. Langsam zog die Folie nun über Brücke und Straße und nahm einfach kein Ende. Als ich mit meiner Geschichte begonnen hatte, wollte ich nur beschreiben, wie ein Rudel Seehunde durch unsere Stadt zieht und die Kinder sich über den ungewöhnlichen Anblick freuen. Die Mutigsten von ihnen liefen zu den Tieren, um sie zu berühren. Andere aber rannten kreischend davon und blieben erst in sicherer Entfernung stehen, um sowohl die Seehunde wie auch die mutigen Kinder zu bestaunen. Es sollte ja auch eine Geschichte zum Staunen werden. Die man eben gern liest, weil etwas geschieht, das nicht alltäglich ist. Aber plötzlich kam es mir in den Sinn, die Menschen böse und angriffslustig zu machen, weil sie sich über die verstopfte Straße ärgerten und deshalb wütend über die Tiere herfielen. Grausam schlachteten sie die Seehunde ab und zogen ihnen schließlich die Felle über die Ohren, und Brücke und Straße glichen hinterher einem einzigen großen Blutmeer. Ich weiß noch ganz genau, wie mein Herz zum Hals hinaufschlug, als mich Frau Ruda, unsere Lehrerin, aufrief, weil ich meine Geschichte allen vorlesen sollte. Ihr Gesicht verriet mir leider nicht, was ihre Absicht dabei war. Hielt sie, was ich aufs Papier gebracht hatte, für so gut, dass es unbedingt jeder hören sollte? …“ Erstmals 1969 brachte der Deutsche Militärverlag das Buch „Jeder Abschied ist ein kleines Sterben“ von Heinz Kruschel heraus: Wolfgang Wittig stammt aus einer alten Offiziersfamilie und dient vor dem geplanten Kunststudium als Fähnrich bei der Bundeswehr. Aus humanistisch-ethischen Gründen strebte er ein Verfahren gegen den Soldatenschinder Unteroffizier Lingner an, der wegen seiner Jugend nur eine Bagatellstrafe erhielt. Aber Lingner sinnt nach Rache, die ihm zu gelingen scheint. Nachdem bei einem NATO-Manöver zwei Soldaten aus Wittigs und Lingners Verantwortungsbereich einen gesundheitlichen Dauerschaden erleiden und nur mühsam mit dem Leben davonkommen, gibt es für Wittig nur zwei Möglichkeiten: Die Herbeiführung eines Prozesses zur schonungslosen Aufdeckung der Probleme in der Bundeswehr und damit die Abkehr von der Wittigschen Familientradition. Oder die Nutzung der Beziehungen seines Vaters, um alles im Sande verlaufen zu lassen. Wird Wittig sich von seinem bürgerlichen Elternhaus lösen und vorbehaltlos zu seiner Freundin Doris Rappsilber und ihren in den letzten Kriegstagen desertierten, seitdem durch Ärztepfusch blinden Vater stehen? Wittigs Schulfreund Ingo, Kriegsdienstverweigerer und Redakteur einer sehr kritischen, linken Zeitung, unterstützt ihn dabei. Heinz Kruschel zeigt in dem spannenden Buch die Entwicklung junger Menschen vor dem Hintergrund dramatischer Ereignisse 1968 in der Bundesrepublik Deutschland, wie der Kampf gegen den Vietnam-Krieg, die geplanten Notstandsgesetze und die Durchsetzung der Bundeswehr mit Offizieren aus dem Zweiten Weltkrieg. Unsere erste Begegnung mit dem Helden des Buches findet in einem Hotel statt, präziser formuliert in einem christlichen Hospiz: „WOLFGANG Wo bin ich, wer bin ich, wie kann ich mich finden? Was habe ich mir dabei gedacht, Doris zu überreden, mit mir in ein Hotel zu gehen, in dieses christliche Hospiz am Hauptbahnhof mit der Bibel und der Zahlkarte für die Brüderschaft von Herrnhut auf dem Nachttisch? Ich habe sie beleidigt. Ich muss sie ja beleidigt haben, ein Zimmer für eine Nacht bitte, im ersten Stock, Nummer 187. Schnell an dem alten Portier vorüber. Möchten Sie noch etwas trinken, mein Herr, nur was Alkoholisches haben wir nicht. Die Morgenandacht findet um neun Uhr gleich im Hause statt ... Doris ist mitgekommen, still, fügsam. An den Zimmertüren vorüber, 182, 183, 185. Hohe Damenschnürschuhe stehen auf dem Gang, sieht traurig aus, so eine Reihe altgedienter Schuhe, die die knittrigen Schäfte hängen lassen, die Schuhe frommer Schwestern. Das letzte Zimmer, Nummer 187. Unser Zimmer, ein Spruch auf dem Radio: „Ich will ihr Trauern in Freude verwandeln und sie trösten und erfreuen nach ihrer Betrübnis …“ Kein Licht machen, Liebster. Aber das Fenster führt nach hinten hinaus, die riesigen Scheinwerfer einer Baugrube erhellen das schmale Zimmer, Maschinen stampfen, die Zahnputzgläser zittern, Bagger beißen in alte Kellermauern, widerwärtiges Geräusch. Vor dem Fenster ist kein Rollo. Doris’ Haut ist weiß und kühl, sie zieht die Decke bis zum Hals und hat die Augen geschlossen. Da hast du deinen Willen, Fähnrich. Meinen Willen? Wirklich meinen Willen? Ich liebe dich, ich schäme mich. Ich drücke auf die Taste des Radios. Jazzmusik, eine Frauenstimme singt, der Gesang ist unsentimental und herb, es ist die Fitzgerald; sie möchte ich einmal formen, eine Kleinplastik der Negersängerin, die Musikalität dieser kraftvollen Frau erfassen und gestalten können ..., aber das ist ein Traum, nichts als ein Traum. Warum denn ein Traum? Was hindert mich, wer hindert mich, das zu tun, wenn ich den Dienst hinter mir habe? Ich werde Doris heiraten, die Kunsthochschule besuchen, das ist möglich, und das werde ich tun ... Ein Traum. Ist Doris vielleicht ein Traum? Mein Vater ist dagegen, meine Mutter auch. Das ist klar, Mutter hat Vaters Meinung. Sie sind gegen meinen Wunsch, Bildhauer zu werden. Und auch gegen Doris. Das hat Vater nie direkt gesagt, aber ich weiß, dass er gegen sie ist. Nichts gegen die Freundschaft, aber alles gegen dieses kleine Mädchen aus dem Buchladen. Aber was kümmert mich mein Vater? Er lebt ohne mich sogar zufriedener. Bei Doris ist das was ganz anderes, ihr Vater ist blind, und er braucht sie ... Doris schlägt die Augen auf und sieht mich an. „Komm endlich von diesem Fenster weg und mach den Mund auf“, sagt sie, „was ist los mit dir? Du hast doch was, ich kenne dich …“ Ich setze mich auf den Bettrand und küsse sie und streichele sie, aber sie schiebt mich weg. „Bitte, Wolf“, sagt sie, „was ist geschehen?“ Geschehen. Geschehen ist eigentlich nicht viel. „Du erinnerst dich an Lingner?“, frage ich. „An diesen widerwärtigen Kerl? Er ist wieder da, er ist mir zugeteilt worden, als wohlbestallter Unteroffizier. Das ist doch Schikane …“ „Ich erinnere mich gut“, sagt sie, „es kann ein Zufall sein.“ Sie kennt die Gepflogenheiten nicht. Vor einem Jahr, ich war noch Gruppenführer, war ein junger Rekrut ins Krankenhaus eingeliefert worden, ich besuchte ihn und sprach mit dem Arzt. Der Rekrut hatte eine Bauchwunde und gab vor, hingefallen zu sein. Dem Arzt erschien das seltsam, mir auch. Ich sprach mit dem Rekruten. Er kam mir verängstigt vor, aber er blieb bei seiner Begründung. Ich redete mit seinen Kameraden. Es stellte sich heraus, dass der Unteroffizier Lingner ihn bestraft hatte. Der Rekrut hatte im Unterricht versagt und die Himmelsrichtungen verwechselt. Daraufhin ließ ihn Lingner unter den Stühlen nach Osten, Süden, Norden und Westen kriechen und bestellte ihn nach dem Unterricht zu sich. Ich ging wieder ins Krankenhaus und quetschte die ganze Geschichte aus dem Jungen heraus. Während der Rekrut fünfzig Liegestütze absolvieren sollte, war Lingner unaufmerksam oder tat nur so, als wäre er unaufmerksam, jedenfalls blieb der Soldat auf dem Bauche liegen und zählte nur noch. Lingner merkte das, ließ den Soldaten noch zwanzig Liegestütze nachholen und hielt ihm dabei das aufgeklappte Taschenmesser unter den Bauch. Der Rekrut machte schlapp und fiel in das Messer. Ich nahm mir den Unteroffizier vor und verlangte von ihm Rechenschaft. Lingner war erst achtzehn Jahre alt und sagte: „Ich bin auch so hart ausgebildet worden, und heute will ich gute, harte Soldaten ausbilden, der Formal-Dienst verlangt den Leuten viel zu wenig ab.“ Ich war einigermaßen entsetzt, weil ich erwartet hatte, einen zerknirschten Ausbilder anzutreffen, ich wollte mit ihm die Angelegenheit bereinigen, denn der Rekrut hatte mich gebeten, die Sache auf sich beruhen zu lassen, weil er Angst hatte. Aber nun machte ich eine Meldung und verlangte die Bestrafung Lingners. Nicht allen meinen Vorgesetzten war das recht, der Nagold-Prozess war erst vorbei, die Presse überschlug sich noch, das Ausland schlachtete die Vorfälle aus, nicht nur der Osten, auch unsere Verbündeten, und so wurde das Verfahren schnell „abgewickelt“. Fast alle Zeugen - bis auf den Unteroffizier Baer - rückten von mir ab, und der Unterausbilder wurde vom Oberamtsrichter für vier Wochen in den Jugendarrest geschickt. Er kam so milde davon, weil das Gericht der Meinung war, dass er „als Jugendlicher die Tragweite seiner Taten noch nicht recht begreifen konnte“. Ich verstand das nicht. Ich begriff auch nicht die Rekruten, die mir gegenüber immer verschlossener wurden. Aber Baer sagte zu mir: „Die Rekruten betrachten dich nicht als Freund, das werden sie nie tun. Du wirst bald versetzt, ein anderer wird kommen. Für die Rekruten bist du Offizier, die Obrigkeit, die Macht. Du setzt dich für sie ein. Aber davon hast du doch keinen Schaden. Sie haben nur den Schaden, wenn du dich für sie verwendest ...“ Baer stellte nach dem Prozess den Antrag, als Wehrdienstverweigerer anerkannt zu werden, und er schaffte es auch. Nach langen Verhandlungen kam er damit durch. Ich aber ließ mich in der Rüstzeit von Pfarrer Branstner, dem Geistlichen der Truppe, überzeugen, nichts zu unternehmen. Nun aber war Lingner wieder da, Unteroffizier Lingner ... Ich gebe zu, inzwischen hat sich manches in der Truppe geändert; die Ausbildung eines überzeugten Soldaten steht im Vordergrund, sagt der Kommandeur, Lingner aber ist ein Platzeck. „Du hättest sehen sollen, wie er vor mir stand, als er sich bei mir meldete, nein, er griente nicht, aber er hatte einen Ausdruck im Gesicht wie eine Eule bei Nacht. Ich habe das Gefühl, dieser Mann hat sich nicht geändert …“ „Er ist doch jung, er kann sich geändert haben, du bist ganz einfach fertig, Wolf“, sagt Doris. Sie küsst mich, ich möchte mich bei ihr entschuldigen, dass wir in dieses dämliche Hotel gegangen sind, aber ich vergesse das, während sie mich küsst, während das Radio den Straßenzustandsbericht sendet, während die Bagger schrappen und die Scheinwerfer ihr grelles Licht in das Zimmer gießen ...“ Und damit sind wir bei den beiden Super-Preis-Angeboten angelangt, die in dieser Woche für jeweils nur 99 Cents zu haben sind: Ein Band aus der Templer-Reihe von Ulrich Hinse und der zweite Teil der Fantasy-Geschichte über Nadja Kirchner von Johann Nerholz. Obwohl dieses Buch erst am 15. Februar erschienen ist, lagen bis dahin schon knapp 100 Vorbestellungen vor – offenbar hat der erste Teil kräftig neugierig gemacht. Aber zunächst zu dem 2015 bei der EDITION digital sowohl als E-Book wie auch als gedruckte Ausgabe erschienenen historischen Roman über die Südamerikareise der Templer „Der Traum des Templers und seine Reise über das Atlantische Meer“ von Ulrich Hinse – zugleich 2. Teil von „Das Gold der Templer“: Joao Lourenço, ein Templer, der als Johann Laurenz in der Nähe von Aachen groß wurde, hatte im Auftrag des Großmeisters Jaques de Molay einen Teil des Templervermögens nach Portugal gebracht. Mit Vertrauten des König Dionysius gelingt es, den in vielen christlichen Ländern verfolgten Templern eine neue Heimat in Portugal zu sichern und sie als Orden der Christusritter zu etablieren. Von dem Bischof von Lamego hört Joao, dass in Córdoba muslimische und jüdische Gelehrte Astronomie, Geografie und Kartenzeichnen unterrichten. Das interessiert ihn und er studiert die für Christen neuen Wissenschaften. Er kommt zu der Überzeugung, dass die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel und auch Jerusalem nicht der Nabel der Welt ist, wie es die christlichen Mönche vermittelten. Er ist sicher, dass hinter dem Horizont des Atlantischen Meeres im Westen noch anderes Land liegen muss. Joao träumt davon, dorthin zu fahren. Er erwirbt ein schnelles Templerschiff, lässt es durch Handwerker des Ordens umbauen und wirbt Templerbrüder an, die mit ihm ins Unbekannte fahren wollen. Joao Lourenço findet das von Jan van Koninck (siehe „Das Gold der Templer“) versteckte Gold und finanziert damit die Umsetzung seines Traums. Mit den herbstlichen Passatwinden fahren sie übers Meer nach Westen. Ein Roman aus der Zeit des tiefsten Mittelalters mit ehrenhaften Rittern, dogmatischen Klerikern, gelehrten Muslimen und erfinderischen Juden. Und natürlich mit fiesen Schurken. Wir treffen Johann Laurenz alias Joao Lourenço in einem traurigen Moment: „1. Kapitel Joao Lourenço war Tempelritter. Und er stellte etwas dar. Und das wusste er auch. Sein Selbstbewusstsein war groß, aber nicht so überzogen, dass er arrogant gewirkt hätte. Eigentlich hieß der große, kräftige, junge Mann gar nicht Joao Lourenço, sondern mit richtigem Namen Johann Laurenz, war Sohn eines angesehenen Kaufmanns und stammte aus der Nähe von Aachen. Er hatte sich im Zorn von seinem Elternhaus getrennt, war nach Paris gelangt und hatte dort zu den Templern gefunden, wo er zunächst bei dem Präzeptor Gerard de Villars als Knappe gedient hatte. Der Ritter hatte seine Gewandtheit und seine Intelligenz erkannt und so war er zum Ritter aufgestiegen und zusammen mit dem Flamen Jan van Koninck in den Orden aufgenommen worden. Mit Jan hatte er sich verbunden gefühlt, weil der ein ähnliches Schicksal erlitten hatte. Joao war bei den anderen Rittern beliebt, wegen seiner Umsichtigkeit geachtet und wegen seiner Körperkraft und Geschicklichkeit im Umgang mit den verschiedensten Waffen gefürchtet. Nicht zuletzt deshalb hatte Jaques de Molay, der Großmeister des Templerordens, den dunkelblonden Mann mit den ebenmäßigen Gesichtszügen aus dem kleinen Ort Heristal nahe Aix la Chapelle zu einem der Männer bestellt, die den Schatz der Templer in Sicherheit bringen sollten. Joao war knapp dreißig Jahre alt und deutlich größer als die meisten Männer seiner Zeit. Er überragte sie um mehr als eine Haupteslänge. Stolz trug er den weißen Mantel mit dem leuchtendroten Kreuz auf der Brust, den er erst vor gut einem Jahr von Jaques de Molay verliehen bekommen hatte, als er in den Orden aufgenommen worden war. Unter dem Mantel war das Kettenhemd zu erkennen und sein kräftiges, dunkelblondes, langes Haar wurde durch die Kapuze des Kettenhemdes verdeckt. Das Schwert an seiner linken Seite wurde nur unzureichend von dem Mantel verhüllt. Sein Gesicht war offen und wurde, anders als bei den meisten Tempelrittern, von einem gekräuselten Vollbart umrahmt. Er erschien allen, die mit ihm zu tun hatten, als ein freundlicher Mensch. Keiner hatte das Gefühl, sich vor ihm fürchten zu müssen. Wenn es aber sein musste, war er ein unerbittlicher, ja gelegentlich gnadenloser Streiter für den Glauben und seinen Orden. Es hatte ihm wehgetan, als er von Jaques de Molay von der bevorstehenden Verhaftung aller Templer in Frankreich in Kenntnis gesetzt wurde. Geehrt hatte ihn das Vertrauen seines Großmeisters, der ihn als Vertreter des Ritters Gerard de Villars einsetzte. De Villars wurde beauftragt, einen Teil des riesigen Ordensvermögens vor dem Zugriff des französischen Königs zu retten. Mit Schiffen des Ordens, die im Hafen der Stadt La Rochelle lagen, sollten sie nach Süden fahren. Das genaue Ziel kannte nur de Villars. Sein Freund Jan van Koninck, ein Ritter aus Flandern, der mit ihm zusammen im Temple de Paris ausgebildet und in die Reihen der Tempelritter aufgenommen worden war, sollte mit einem Wagenzug nach Kastilien und weiter zur Templerfestung Ponferrada. Ein weiterer Wagenzug der Templer sollte von der Kanalküste nach England übersetzen, um sich dort in Sicherheit vor ihren Verfolgern zu bringen. Knapp ein Jahr war vergangen, als sie sich von Paris aus in Bewegung gesetzt hatten. Nahe Orleans hatten sich die Wagenzüge getrennt. Villars und er waren Richtung La Rochelle weitergezogen, während Guido de Voisius und Jan van Koninck in Richtung der alten Westgotenresidenz Rennes le Chateau weitergefahren waren. Überraschend hatten sie sich im Sommer, der auf die Verhaftungen folgte, in der Templerfestung Ponferrada im iberischen Königreich Kastilien y Leon wiedergetroffen. De Villars hatte die Templerschiffe in einem kleinen Hafen in Asturien entladen lassen, um sie dann mit ihren Mannschaften nach, wer weiß wohin, zu entlassen. De Villars hatte Joao die Fracht und das Kommando übergeben und wollte allein auf dem Landweg nach Barcelona und von dort weiter zu den Ordensbrüdern nach Mallorca. Joao hatte sich für Portugal entschieden. Warum, wusste er nicht. Es war nur so ein Gefühl gewesen. Jetzt stand Joao Lourenço in einer kleinen Kirche in Galiziens Bergen gut eine Tagesreise südlich von Ponferrada und ebenso weit von der portugiesischen Grenze nördlich Bragança entfernt. Tränen rannen seine Wangen hinunter. Am Altar stand ein Mönch, der vor den Tempelrittern eine Totenmesse zelebrierte. Vor einer halben Stunde hatten sie vor dem Portal der kleinen Kirche seinen Freund Jan van Koninck beerdigt. Er war im Kampf gegen Söldner des französischen Königs, die ihn verfolgt hatten, um ihm das Gold der Templer abzunehmen, schwer verwundet worden. Die Hilfe durch Joao und seine Männer war eine halbe Stunde zu spät eingetroffen. Joao hatte zwar die Söldner niedergemacht, aber seine Ordensbrüder konnten nicht mehr gerettet werden. Jan hatten sie schwer verletzt vom Schlachtfeld geborgen und zu einem nicht weit entfernten Kloster gebracht. Aber die Mönche konnten auch nichts mehr für ihn tun. Auf seinen Wunsch hin hatten sie Jan von Koninck nach Santiago de la Requejada getragen, wo er vor dem Portal der kleinen Kirche bestattet werden wollte. Joao hatte sich zwar gewundert, aber der Wunsch seines Freundes war ihm Befehl gewesen. Der Abt hatte ihnen einen seiner Mönche als Wegkundigen mitgegeben, der auch die Totenmesse zelebrieren sollte. Und so waren Joao und seine Mannen den mühsamen Weg hinauf in die Berge geritten und an der kleinen, verlassenen Kirche angekommen. Verwundert hatte sich Joao umgesehen. Der Ort war ganz offensichtlich unbewohnt, die Häuser von allen Menschen verlassen. Einige wenige Ziegen grasten in der Nähe und ließen vermuten, dass Hirten anwesend waren. Zu sehen waren sie nicht. Seltsam war, dass genau hier in dieser Einöde Jan van Koninck hatte begraben werden wollen. Die heilige Messe war wie im Nebel an Joao vorbeigegangen. Zu sehr beschäftigten ihn seine Gedanken. Aus diesen wurde er gerissen, weil der Mönch zur heiligen Kommunion bat. Joao ging wie in Trance nach vorn und stieg die wenigen Stufen zum Altar hinauf. Dort kniete er sich nieder und wartete auf die Hostie. Nachdem er sie erhalten hatte, verneigte er sich vor dem Kreuz auf dem Altar. Sein Blick fiel dabei auf eine Ecke des Altarsockels. In dieser Kirche, die schon seit Jahren nicht mehr genutzt worden war und die jetzt erst wieder eine heilige Messe erleben durfte, starrte alles vor Staub. Nur die Ecke am Altar war sauber. Bevor Joao aufstand, sah er sich noch einmal um. Staub und Dreck, wohin er auch sah. Dann blickte er wieder auf die Sockelecke. Hier lag nicht ein Körnchen Dreck. Mit einem Schlag wurde ihm klar, dass der Altar und auch der Sockel darunter vor nicht langer Zeit bewegt worden sein mussten.“ Wenn das nicht spannend klingt … Sehr spannend und sehr fantasy-voll geht es im zweiten Teil der Nadja-Kirchner-Fantasy-Reihe von Johan Nerholz zu. „Nadja Kirchner und die gefährlichen Wesen der Halbwelt“ ist wie gesagt soeben bei der EDITION digital sowohl als E-Book wie auch als gedruckte Ausgabe erschienen: Die elternlose Nadja Kirchner lebt bei ihren Großeltern und hat Raben als Freunde, die in der trockenen Senke leben, die sich in der Nähe ihres Dorfes befindet. Sie ist die Bannherrin der Senke und trägt damit zum Schutz der Raben bei. Diese Raben sind magisch. Sie und weitere Gestalten, die mit den Raben verbündet sind, haben ihr vieles beigebracht, das kein normaler Mensch beherrscht. Damit kann sie sich in der Welt der Menschen besser behaupten. Seit einem Jahr haben die Raben ihren Frieden mit Korfylos geschlossen und auch Nadja kann wieder in Ruhe leben. Aber dann passiert etwas, dass man ihr unbedingt verheimlichen will. Nur durch Zufall erfährt sie davon. Kurz vor den Sommerferien erfährt sie, dass ihr einstiger Beschützer und Freund, der ehemalige Dämonenhund Takesch, bei der Verteidigung ihrer Welt und der der Geister und Raben in die Halbwelt entführt wurde. Er und seine Gefährtin Dinara lebten seit nunmehr einem Jahr an der Grenze dieser Welt und trugen zum Schutz der Welten bei, in der die Menschen, die Raben, Geister und alle anderen Gestalten leben. Niemand kann Takesch dort, wo er jetzt ist, noch helfen. Die Gefahr ist groß, dass er in der Halbwelt beeinflusst und als Waffe gegen die Raben und die Geister eingesetzt wird. Kaduro, der Herrscher der Halbwelt, will auch diese Welten einverleiben und beherrschen. Nadja beschließt, Takesch aus den Fängen des Herrschers der Halbwelt zu befreien. Dabei zieht sie sich den Zorn von Rontur, dem Anführer der Raben, zu. Heimlich bricht sie auf. Am Anfang begleitet sie der Hund Prutorius, der seinen Dämon abgeschüttelt hat. Nach und nach kommen immer mehr dazu, um ihr beizustehen. Auch in der Halbwelt findet sie Helfer. Sie erlernt weitere Strategien der Verteidigung und trotzdem ist sie am Ende froh, dass sie nicht allein in der Zwischenwelt ist. Es kommt zum entscheidenden Kampf, bei dem Geister, Raben und alle anderen Verbündeten zur Stelle sein müssen. Wird sie es schaffen, Takesch aus den Fängen des Kaduro zu befreien? Der zweite Teil der Nadja-Kirchner-Fantasy-Reihe von Johan Nerholz beginnt mit einem Tabubruch, wie die allererste Kapitelüberschrift lautet: „Der angebrochene Morgen war kalt. Leichter Nebel hatte sich gebildet. Das Gras war feucht und überall roch es frisch. An diesem Junimorgen herrschte am Rande des Gebirgszuges eine ungewöhnliche Stille. Es schien so, als warteten alle auf etwas. Zwei Personen standen bewegungslos in der Mitte der riesigen Grasfläche und starrten in eine Richtung. „Die Ruhe ist unheimlich.“ Der Mann, der das sagte, war ein alter Haudegen. Er hatte einen kahl rasierten Schädel. Das Gesicht war starr und regungslos. Die Augen blickten kalt und grausam. Unter der kurzärmligen Kleidung sah man muskulöse Arme mit vielen Narben. Die andere Person summte zustimmend. Sie sah in stoischer Gelassenheit nach vorn. „Die anderen sind bereit und warten auf deine Befehle!“ Der Haudegen sah sich um. „Etwas anderes habe ich nicht erwartet.“ Die Antwort war leise und heiser. „Wir müssen schnell sein. In kürzester Zeit sind sie sonst da.“ Der alte Haudegen sagte das mehr zu sich. „Ich weiß!“ Der andere Mann reagierte mit größter Gelassenheit. „Das ist mir klar!“ Der Narbige wendete sich nun dem anderen voll zu. „Machst du dir Sorgen?“ Prüfend wurde der Haudegen begutachtet. „Man weiß nie, was einen erwartet, wenn man in deren Welten ist. Gerade diese Raben haben einen siebten Sinn dafür entwickelt, wann es brenzlig wird. Deren Anführer ist mit allen Wassern gewaschen.“ Im Gesicht des Narbigen machte sich ein angeekelter Ausdruck breit. „Den siebten Sinn haben sie gelernt. Rontur ist klug und nicht umsonst ihr Anführer!“ Der andere Mann schien Verständnis zu haben. Aber der Narbige schien das nicht zu teilen. Er hatte jetzt einen hasserfüllten Gesichtsausdruck und sah zum Fürchten aus. „Die Raben waren mir immer unheimlich und beizukommen ist denen nicht. Sie sind schlimmer als die Pest, wenn sie erst da sind. Es gibt einfach zu viele davon.“ Der Narbige prüfte die Gegend vor sich, als wären sie schon da. „Sie werden alt, sind dennoch sterblich und wollen überleben.“ In der Stimme des anderen Mannes war immer noch Gleichmut. „Leider klappt das bei denen richtig gut. Wenn die erst hier sind, sind ihre Anhänger auch nicht weit. Dann wird es ungemütlich.“ Den anderen Mann schien das nicht sonderlich zu interessieren. „Damit werden wir fertig!“ „Trotzdem! Jeder von denen scheint sieben Leben zu haben.“ Der andere Mann hob die Arme an. „Sie wissen sich zu schützen.“ „Das kann man wohl sagen.“ Der Narbige schnaubte verächtlich. „Es wird nicht einfach. Dennoch werden wir es wagen.“ Der Mann klang entschlossen. „Hauptsache, sie merken nicht zu früh, was Sache ist!“ Der Narbige sah sich um. „Das werden sie und dann zahlreich erscheinen. Bis dahin ist hoffentlich alles erledigt.“ Der Angesprochene wendete nun seinen Blick hinter sich. Der Haudegen schien zu erraten, wonach sein Gesprächspartner suchte und in ihm kam Stolz hoch. „Du wirst keinen sehen. Sie haben sich bestens getarnt.“ „Das ist gut!“ Der andere Mann nickte bedächtig. „Aber sie werden schnell sein.“ Ein weiteres Nicken war die Antwort. Dann ging der andere Mann nach vorn. Der alte Haudegen war mit etwas Abstand gefolgt. Nun richtete er erneut das Wort an den anderen. „Wir müssen das Gebiet zügig sichern.“ „Das dürfte kein Problem sein. Das Gebiet ist klein und unscheinbar.“ Die leise Stimme klang gelassen. „Warum wir gerade dieses Gebiet einnehmen wollen, wirst du mir sicherlich nicht sagen.“ Der Narbige versuchte, in dem Gesicht seines Gesprächspartners zu forschen. „Wenn alles erledigt ist.“ Dann tastete er nochmals das Gebiet vor sich mit Blicken ab. „Wir brechen ein Tabu!“ Der Narbige sagte das mit Nachdruck. „Das ist mir nicht neu!“ „Raskara als Anführerin der Geister wird sich das nicht gefallen lassen.“ Der Angesprochene wendete sich erneut dem anderen zu. „Was will sie tun? Ehe sie sich mit dem Riesenraben Rontur und mit dessen Widersacher Korfylos verständigt hat, haben wir Tatsachen geschaffen.“ „Mit ihr ist nicht zu spaßen!“ Der Narbige sagte das mit Unbehagen. „Sie hat keine Chance.“ Der andere Mann klang teilnahmslos. Er wendete wieder seinen Blick von dem Narbigen ab. „Was ist mit Korfylos?“ Der Narbige schien es wissen zu wollen. „Hat auch keine Chance!“ „Ich dachte, du vertraust ihm!“ „Ich traue keinem und Korfylos ist schwach geworden.“ „Korfylos und schwach!“, rief der Narbige ungläubig. „Du hast richtig gehört!“ „Wie kommst du darauf?“ „Man erzählt, dass ihn vor einem Jahr beinahe ein Menschenkind besiegt hätte. Das war zu einem Zeitpunkt, als er auf sich allein gestellt war. Seitdem läuft er Gefahr, ein Spielball der Gegenseite zu werden. Wir werden ihn über kurz oder lang nicht mehr gebrauchen können!“ „Was hast du eben gesagt?“ Fassungslos sah der Narbenmann jetzt den anderen an. „Ich denke, du hast mich verstanden!“ „Ein Kind? Ich dachte immer, Korfylos ist unbesiegbar.“ „Das ist er nicht. Wenn man sich gegen ihn verbündet, kommt er auch nicht weit. Die Raben haben ihm seine Grenzen aufgezeigt. Auch Raskara hat sich eingemischt. Sein Image hat jetzt Risse. Er ist geschwächt.“ „Ausgerechnet ein Kind? Niemand hat das bisher geschafft!“ Der Narbige schüttelte ungläubig den Kopf. „Dieses Kind hat es geschafft, ihn zu demütigen. Dafür ist es aber nicht allein verantwortlich. Korfylos hat einen Riesenfehler gemacht.“ „Was gab es denn noch?“ „Er hat sich von einem Menschen, der sich die Unsterblichkeit verschaffte, manipulieren lassen.“ Der Haudegen sah noch erstaunter aus. „Korfylos als Manipuliermasse?“ Der andere Mann nickte. „Korfylos war sehr erbost. Aber er konnte den angerichteten Schaden nur noch begrenzen. Ungeschehen ließ er sich nicht mehr machen.“ „Woher weißt du das?“ „Es sollte ein Geheimnis bleiben. Das war aber so ungeheuerlich gewesen, dass doch irgendwer alles erzählte und so kam die Sache auch mir zu Ohren!“ Aus der Stimme des anderen Mannes konnte man einen leisen Triumph heraushören.“ Wie schon an diesem Anfang von „Nadja Kirchner und die gefährlichen Wesen der Halbwelt“ zu erkennen ist, wartet das Buch mit vielen Gefahren für Nadja und ihre Freunde auf. Und sie müssen sich jede Menge einfallen lassen, um diesen Gefahren Paroli bieten zu können. Einer Gefahr werden dagegen die Leserinnen und Leser wohl kaum entgehen können. Der Suchtgefahr. Der Weiterlesen-Sucht, um unbedingt zu erfahren, wie es weitergeht und ob es Nadja und ihren Freunden tatsächlich gelingt … Und wer ist und welche Rolle spielt denn nun eigentlich Korfylos? Viel Spaß beim Lesen und bis demnächst. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3907 sowie http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books (vorwiegend von ehemaligen DDR-Autoren) Kinderbücher, Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Firmenkontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr Godern Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/ Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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prseiten · 8 years
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Wenn eine Lokomotive singt oder Lächeln beim Lesen – Sechs E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
(Pinnow 11.11. 2016) Man sagt, das Schönste, was einem Menschen nach seinem Tode passieren kann, sei, dass man lächelt, wenn man sich seiner erinnert. Das gilt selbstverständlich auch für Schriftsteller und für deren Werk. Vielleicht etwas leichter als eher ernst schreibende Kollegen haben es da jene Autoren, die auch humorvolle Texte hinterlassen haben – wie der erst Ende Oktober leider ziemlich einsam verstorbene C.U. Wiesner, der Erfinder des Berliner Frisörmeisters und Kommentators der kleinen und großen Welt Kleinekorte, wobei die beiden Buchstaben C.U. für die beiden Vornamen Claus und Ulrich stehen – nicht von Kleinekorte, sondern von Wiesner. Jener wurde übrigens im letzten Monat der Weimarer Republik, am Neujahrstag 1933, in Brandenburg geboren und verfasste in der DDR vielgelesene, weil humorvolle und mitunter recht überraschend kritische Texte. So wunderte sich ihr Verfasser später selber, dass solche Texte wie „Zitronen aus Kummersbach“ oder „Spuk auf der Lichtung“ dem Zensor durch die Lappen gingen. Auch diese beiden, zunächst in der Satirezeitschrift „Eulenspiegel“ veröffentlichten Texte lagen erstmals 1974 zusammen mit 23 anderen Kurzgeschichten unter dem Titel der den Band eröffnenden Geschichte „Die singende Lokomotive“ im Berliner Eulenspiegel Verlag vor. Das E-Book „Die singende Lokomotive“ ist der erste von sechs aktuellen Deals der Woche der EDITION digital, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de acht Tage lang (Freitag, 18.11. 16 - Freitag, 25.11. 16) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind. In diesen Texten von C.U. Wiesner geschehen komische, skurrile, alberne und abgründige Dinge. So verabredet sich ein unglücklich verliebter junger Mann mit der Dame seines Herzens zum Schlittschuhlaufen, obwohl er noch nie solche Eisen unter den Sohlen gehabt hat. Ein paar neunmalkluge Männer machen eine bahnbrechende Erfindung, mit der man sich das Rauchen abgewöhnen könnte. Und in Leipzig und zwar vor der Thomaskirche steigt Johann Sebastian Bach von seinem Sockel, um mit ein paar Musikstudenten nächtlicherweile zu jazzen. Apropos Musik: Da ist natürlich noch die bereits erwähnte eingangs- und titelgebende Geschichte von der Lokomotive, die es sich in den Schornstein setzte, das Singen zu erlernen. „Immer wenn sie des Abends in ihren Schuppen gesperrt wurde, begann sie leise zu üben. Sie hatte sich ein besonders schönes Lied ausgedacht. Es enthielt alles, was sie auf ihren Fahrten aus den Transistorradios aufgeschnappt hatte: Ein bisschen Beat, ein bisschen Walzer, ein paar Takte Herbert Roth und ein paar Töne von Frank Schöbel, zwei Kinderreime und einen halben Wirtinnenvers (den kannte sie vom Quarmbrücker Stationsvorsteher), eine Zeile aus einem Shanty und den Kehrreim aus einem Pionierlied, und dazu wollte sie leis mit dem Glöckchen was Russisches bimmeln.“ Aber es sollte nicht dazu kommen. Warum nicht? „Leider ist aus alledem nichts geworden“, erfahren wir vom Autor. „Kurz vor ihrem musikalischen Debüt wurde die kleine Lokomotive außer Dienst gestellt, denn ihre Strecke hat sich als veraltet und unrentabel erwiesen. Heute verkehren nur noch Autobusse zwischen Hoppenstedt und Quarmbrück. Da niemand wissen konnte, dass es sich um die einzige singende Lokomotive der Welt handelte, sollte sie verschrottet werden. Um das zu verhindern, habe ich die zuständige Reichsbahndirektion gebeten, mir die kleine Lokomotive wenigstens als Titel und Zugkraft für meine fünfundzwanzig Kurzgeschichten zu überlassen. Nun warte ich geduldig auf Antwort“, schloss C.U. Wiesner die erste seiner 25 Kurzgeschichten. Und wenn das kein dafür Beweis ist, dass man lächeln muss, wenn man ihn liest … Eher härter zur Sache geht es dagegen in zwei Büchern von Jan Flieger zu. So weiß sich Hauptmann Kellermann, der stellvertretende Leiter der Morduntersuchungskommission, in dem erstmals 1986 im Mitteldeutschen Verlag Halle veröffentlichten Krimi „Tatort Teufelsauge“ anfangs keinen Rat. Am dem so bezeichneten, abgelegenen dunklen Tümpel im Wald haben spielende Jungen die Leiche eines siebzehnjährigen Mädchens entdeckt. Routiniert laufen die Ermittlungen an. Zugleich stellt sich heraus, dass das Mädchen als vermisst gemeldet worden war. Trotzdem gestaltet sich die Suche nach dem Täter so kompliziert, wie es sich Hauptmann Kellermann schon am Teufelsauge gedacht hat. Zumal die Obduktion der Toten für die Kriminalisten auch noch eine Überraschung bringt … Ein Jahr später erschien ebenfalls im Mitteldeutschen Verlag das Buch „Die Hölle hat keine Hintertür“ mit zwei sehr spannenden Kriminalerzählungen von Jan Flieger aus dem Jahre 1987. In der Titelgeschichte geht es um einen Unfall, in dessen Folge ein junger Mann noch im Krankenwagen stirbt, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Den Polizisten fallen einige Unstimmigkeiten auf. Offenbar muss ein Auto den Mann noch einige Meter mitgeschleift haben. Aber so sehr die Kriminalisten auch suchen, sie können kein Auto finden, das für diesen Umfall infrage kommt. Es scheint wie vom Erdboden verschwunden zu sein … Die zweite Geschichte beginnt mit einer verzweifelten Frau, die sich an einem Sonnabend um11 Uhr 45 an einen Polizisten im Volkspolizeikreisamt wendet: „Meine Töchter sind weg.“ Sie habe sie am Freitag um 16 Uhr 15 mit den Fahrrädern von Friedebach nach Kleinen zum Bruder geschickt, wo sie die Nacht verbringen sollten, weil sie selbst in die Oper gehen und erst am nächsten Vormittag zurückkehren wollte. Dabei mussten die Mädchen durch den Wald fahren. Am nächsten Tag, sagte die Frau, habe sie von einer Freundin ihrer älteren Tochter gehört, dass diese nicht in der Schule gewesen seien. Ihr Bruder bestätigte am Telefon, dass ihre Töchter nicht angekommen seien und er der Meinung war, sie hätte es sich anderes überlegt und die Mädchen doch in Friedebach gelassen. Die Bewohner zweier Dörfer suchten bereits, die Funkstreife, der ABV und VP-Helfer … In dem erstmals 2013 im Dresdner Verlag Schumacher-Gebler erschienenen Roman „Federschnee“ macht uns http://edition-digital.de/Maass/ mit dem Zwillingspaar Sebastian und Mathias bekannt, das gemeinsam mit Leonie, die anfangs der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu ihnen in die Siedlung am Rande einer ostdeutschen Kleinstadt zieht, glückliche Jahre der Kindheit verbringt. Ihre Freundschaft soll ein Leben lang Bestand haben. Doch je älter die Brüder werden, desto deutlicher spüren sie, dass sich ihr Verhältnis zu dem jungen Mädchen verändert hat. Die bisher gesicherte Zusammengehörigkeit der Zwillinge bekommt einen tiefen Riss, nachdem Leonie eine Entscheidung trifft, die ebenfalls ein Leben lang Bestand haben soll. Eine Entscheidung trifft auch Quirl. Quirl ist Kapitän der Hockeymannschaft, nimmt wenige Minuten vor einem wichtigen Entscheidungsspiel aus Angabe an einem 800-Meterlauf teil und belegt - allerdings ohne Wertung - den 2. Platz. Dabei beobachtet ihn eine Trainerin, die ihn für den Leistungssport gewinnen will. Nach reiflicher Überlegung nimmt Quirl das Angebot an und verlässt seine Mannschaft, um nun Leichtathletik zu trainieren. Dafür nimmt er den Verlust der Freundschaft mit seinen Mannschaftskameraden und mit seinem Hockeytrainer und sogar ihre Verachtung für ihn in Kauf. Ab jetzt verfolgt Quirl neben seiner Lehre nur ein Ziel: Er will zu den besten Mittelstreckenläufer der DDR gehören, sogar zur Europa- und Weltspitze aufsteigen. Spannend, einfühlsam und überzeugend beschreibt das Buch von Wolfgang Held den Weg des Jungen mit dem Spitznamen Quirl zum Europameister und Teilnehmer am Endlauf bei den Olympischen Spielen in Rom. Und an dieser zeitlichen Einordnung kann man erkennen, dass die Erstveröffentlichung von „Quirl hält durch“ schon eine Weile zurück liegen muss. Die Olympischen Sommerspiele von Rom fanden vom 25. August bis 11. September 1960 statt. Und das in der Reihe „Robinsons billige Bücher“ des Kinderbuchverlages Berlin erschienene Buch war tatsächlich erstmals 1964 zu kaufen. Auf den Mittelstrecken dominierten damals in Rom übrigens Läufer aus Ozeanien. Über 800 Meter übersprintete der noch weitgehend unbekannte Neuseeländer Peter Snell den favorisierten Belgier Roger Moens. Über 1500 Meter gewann mit Weltrekord und Riesenvorsprung der Australier Herb Elliott, der als Erwachsener nie ein Rennen über 1500 Meter oder die Meile verlor. Auch über 5000 Meter siegte mit dem Neuseeländer Murray Halberg ein Läufer vom fünften Kontinent. Hans Grodotzki aus der DDR erhielt sowohl über 5 000 Meter als auch über 10 000 Meter Silber. Im Marathonlauf gewann der barfuß laufende Äthiopier Abebe Bikila die erste olympische Goldmedaille durch einen Schwarzafrikaner, hinter ihm holte Rhadi Ben Abdesselam als Zweitplatzierter die erste Medaille für Marokko überhaupt. Schließlich soll noch von etwas ganz anderem als singenden Lokomotiven, Kriminalfällen und sportlichem Ehrgeiz die Rede sein – „Von Klöstern und Burgen“, so der Titel des erstmals 1986 auch im Kinderbuchverlag Berlin veröffentlichten Buches von Bernd Wolff, welches seinen jüngeren und vielleicht auch schon älteren Leserinnen und Lesern „Ein Kulturbild aus der Zeit der Romantik“ präsentiert. Romanik, das sind für die heute lebenden Menschen zerfallende Burgen, Klosterruinen mit idyllischen Kreuzgängen, massige Dome und wuchtige Wehrkirchen. Das sind merkwürdig starre Plastiken, kaum Bilder, kostbare handgeschriebene Bücher in den Museen. Romanik, das ist tausend Jahre her. Aber auch damals lebten Menschen, arbeiteten, liebten und hassten und veränderten die Welt. Die Leserinnen und Leser erfahren von Landleuten und Bergknappen, Köhlern, Erzgießern, von Salzsiedern und Zeidlern, von Fürsten und Kaisern, und eine versunkene Zeit wird lebendig. Und jede Menge Fragen erheischt Antworten: Wie waren die Menschen damals, unsere Vorfahren? Was dachten, was fühlten, was taten sie? Wie verbrachten sie ihren Tag? Wie gingen sie miteinander um? Für einen besseren und anschaulicheren Einstieg in diese weit zurückliegende Zeit sorgen Schwarz-Weiß-Abbildungen, welche spätere Nachzeichnungen der zwischen 1175 bis 1185 fabrizierten farbigen Bilderhandschrift „Hortus deliciarum“ der Herrad von Landsperg sind. In jenem Werk findet sich auch eine der ältesten Darstellungen des Glücksrades. Bei dem „Hortus deliciarium“ – die deutsche Übersetzung aus dem Lateinischen bedeutet so viel wie „Garten der Köstlichkeiten“ - handelt es sich um die erste nachweislich von einer Frau abgefasste Enzyklopädie. Ihre Verfasserin war zwischen 1167 und 1195 Äbtissin des Klosters Hohenburg auf dem Odilienberg im Elsass war. Leider verbrannte das Original in der Nacht vom 24. auf den 25. August 1870 bei der Belagerung von Straßburg während des Deutsch-Französischen Krieges in der Universitätsbibliothek Straßburg, wo es in dieser Zeit aufbewahrt wurde. Inzwischen ist es aber gelungen, einen großen Teil der Miniaturen und den begleitenden lateinischen Text so wiederherzustellen, dass es noch heute möglich ist, einen lebendigen Eindruck von diesem einzigartigen Zeugnis mittelalterlicher Kultur- und Geistesgeschichte aus dem Elsass zu gewinnen. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3703 sowie http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books Bücher über Mecklenburg-Vorpommern und von Autoren aus dem Bundesland heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen. Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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prseiten · 8 years
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Wie dem Stress entgehen? Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis - Mehrere Neuerscheinungen von Siegfried Maaß diese Woche bei EDITION digital
Manchmal ist es einfach wie verhext: Mit allem ist man unzufrieden – mit dem Mann, mit der Frau, mit den Eltern oder mit den Kindern, kurzum unzufrieden mit dem ganzen Leben. Schuld daran ist der alltägliche Stress. Wie aber kann man diesem Stress entgehen? Ein guter Begleiter auf der Suche nach Antworten darauf ist das E-Book „Die Zweiflerin“ von Karin Hinse, das im E-Book-Shop www.edition-digital.de wie weitere elektronische Bücher für eine Woche (26.8.-Freitag, 2.9) zu einem stark reduzierten Preis zu haben ist. In der „Zweiflerin“ beschreibt die Autorin, eine REIKI-Meisterin und REIKI-Lehrerin, humorvoll, verständlich und leicht nachvollziehbar die Suche nach einem Weg, der zu Ausgeglichenheit, innerer Harmonie, Gesundheit, Lebensfreude und heiterer Gelassenheit führt. Und wie es schon der Titel ihres Buches andeutet, lässt Karin Hinse im ihrem sehr persönlichen Reisebericht zum REIKI auch die eigenen Zweifel, Wege und Irrwege, falsche und richtige Entscheidungen nicht aus. Im Übrigen ist auch der Mann der Autorin, Ulrich Hinse, ein erfolgreicher Autor des Verlages EDITION digital. Ebenfalls dem Thema Wellness gewidmet ist der Titel „Wunderkind der neuen Zeit“, in dem die Entspannungstrainerin Susanne Christa Hüttenrauch Methoden aufzeigt, um entspannter und damit glücklicher zu werden. Mit Hilfe von Gedankenreisen können sich die Leserinnen und Leser selbst in den Olymp der inneren Zufriedenheit katapultieren! Auf der Liste der Deals der nächsten Woche von EDITION digital stehen außerdem drei Kinderbücher: In „Der Zauberlöwe“ von Hildegard und Siegfried Schumacher muss Tine zu ihrem Geburtstag anfangs eine große Enttäuschung hinnehmen. Statt des gewünschten richtigen Löwen bekommt sie nur den Kater Bimbo. Aber das ist natürlich noch nicht das Ende der zauberhaften Geschichte. Ein Zusammenstoß mit weitreichenden Folgen passiert in dem Buch „Der kleine Drache auf dem Berg“ von Maria Seidemann. Scheinbar niemand kann dem kleinen Drachen helfen – schließlich kann er nicht mal ordentlich Feuer spucken. Aber dann stößt er über einer Wiese mit einem Papierdrachen zusammen. Und plötzlich wird alles ganz anders. Nicht zuletzt durch die gleichnamige Fernsehproduktion aus dem Jahre 1979 und dem daraus geschnittenen, überaus erfolgreichen Kinofilm wurde „Spuk unterm Riesenrad“ von C. U. Wiesner zu einem Buch mit Kultstatus. Auf einem Staubsauger fliegen sie durch die Lüfte vom Alexanderplatz zur Burg Falkenstein im Harz: Hexe Emma, Riese Otto und der böse Zwerg Rumpi, lebendig gewordene Figuren aus einer Berliner Geisterbahn. Umbo, Tammi und Keks, die drei pfiffigen Enkelkinder des Schaustellers, machen sich auf zu einer atemberaubenden Verfolgungsjagd. Für ihr E-Book konnte die EDITION digital auf die Originalfassung des Kinderbuchverlages von 1984 zurückgreifen. Jede Woche gibt es außerdem fünf digitalisierte Berufs- und Zunftzeichen zum ermäßigten Preis. Nachdem bereits in der Vorwoche fünf E-Books von Siegfried Maaß aus Hecklingen in Sachsen-Anhalt neu erschienen waren, folgten dieser Woche noch einmal so viele Neuerscheinungen, darunter „Und hinter mir ein Loch aus Stille“ sowie „Zeit der Schneeschmelze“ – zwei packende Bücher über die nicht immer ganz einfachen Beziehungen zwischen Menschen. In „Und hinter mir ein Loch aus Stille“ tötet ein Junge seinen Vater. Eine Nachricht, die zu anderen Gewaltnachrichten zu gehören scheint, die uns täglich erreichen. Beziehungen zwischen Menschen, Familienbindungen scheinen nichts mehr zu gelten, Werte verloren zu sein. Aber stimmt auch, was wir glauben? Ein Buch, das trotz der schwierigen Thematik Mut macht und Hoffnung transportiert. Und in dem Roman „Zeit der Schneeschmelze“ erzählt Siegfried Maaß eine verrückte Geschichte: Da verehrt ein Schüler, der sich in seiner Familie und seiner Umwelt nicht mehr angenommen fühlt, seine Lehrerin, fühlt sich von ihr bestärkt in seinen Lebenswünschen. Und gerade deshalb entführt er sie, sperrt sie in einem Abrisskeller ein, gefährdet am Ende ihr Leben. Was treibt ihn dazu, sich gerade zu dieser Frau so zu verhalten? Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3652 sowie http://www.edition-digital.de/Presse/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books Bücher über Mecklenburg-Vorpommern und von Autoren aus dem Bundesland heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen. Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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prseiten · 9 years
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„Flaschendrehen“ oder die Magie der Möglichkeiten - „Mäxchen und Pauline“ 2 von Siegfried Maaß bei EDITION digital
GODERN bei Schwerin – Wer „Mäxchen und Pauline“ von Siegfried Maaß gelesen und liebgewonnen hat, der will natürlich gern wissen, wie es weitergeht. Das ist jetzt als Buch und E-Book möglich. Denn unter dem Titel „Flaschendrehen“ hat die EDITION digital aus Godern bei Schwerin soeben die Fortsetzung des beliebten Buches des Autors aus Sachsen-Anhalt herausgebracht. Das beginnt auch für bislang Uneingeweihte mit einem „Zuvor“, als an einem Sommertag vor einigen Jahren Max und Pauline zum ersten Mal aufeinandergetroffen waren. Sie waren sogar regelrecht aufeinander gestoßen. Mitten auf der Straße. Inzwischen sind Max und auch Pauline etwas älter geworden und besuchen beide das Gymnasium. Und beide leben wie Bruder und Schwester in einer neuen Familie. Meist in Frieden und Eintracht. Aber da ist auch Corinna, die „Mäxchen“ für sich zu gewinnen versucht. Und da ist auch noch das titelgebende Flaschendrehen. Pauline hat dieses Spiel für alle Situationen eingeführt, in denen es darum geht, sich zwischen mehreren Möglichkeiten zu entscheiden. Jeweils „dran“ ist der, auf den der Flaschenhals wie ein Zeiger verweist. Und „dran“ ist meist Max, der Träumer, der am liebsten ein Weltfahrer sein will, neue Pfade und im Regenwald die „Zunge Gottes“ entdecken und Pauline am Amazonas vor fresswütigen Krokodilen retten möchte. Die will in der Wirklichkeit Profifußballerin werden und hat sich heimlich am Landessportgymnasium beworben. Wird sie es schaffen? 160 Seiten voller Veränderungen. Wie gesagt: „Was in der neuen Familie weiter geschieht, wird Euch nun erzählt.“ Ihr müsst es nur noch lesen …- ab sofort ist das Kinderbuch für Kinder ab 10 Jahre im Buchhandel, unter www.ddrautoren.de, bei Thalia, Apple, Google und Amazon zu haben. Siegfried Maaß wurde am 6. Oktober 1936 in Magdeburg geboren, wuchs jedoch in Staßfurt auf, wo er auch die Schule besuchte und eine Lehre absolvierte. Nach einem Fachschulstudium in Halle war er als Vermessungstechniker im Bergbau und im Katasterwesen tätig. Zwischen 1960 und 1964 studierte er am Literaturinstitut Leipzig und arbeitete danach als Schauspieldramaturg am Salzlandtheater in Staßfurt. Seit 1971 ist Siegfried Maaß Freier Schriftsteller. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Hecklingen in Sachsen-Anhalt im Harzvorland am Rande der Magdeburger Börde, südlich von Magdeburg, westlich von Staßfurt und nordöstlich von Aschersleben. Neben dem eigenen Schreiben engagierte sich der Schriftsteller außerdem ein Jahrzehnt lang für den Autoren-Nachwuchs und leitete von 2005 bis 2015 den Schreibwettbewerb des Friedrich-Bödecker-Kreises „unzensiert und unfrisiert“ für Schüler – von Erstklässlern bis zu Abiturienten. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Schreibwerkstätten wird der Autor nach eigenen Angaben aber auch künftig weiter verfolgen. So fanden zum Beispiel im vergangenen Jahr solche Schreibwerkstätten an drei Standorten in Löderburg, Aschersleben und Bernburg statt. Fast 100 Grundschüler nutzten dort die Gelegenheit, von Siegfried Maaß aus erster Hand zu erfahren, worauf es beim Schreiben ankommt und wie sie ihre eigenen Werke zum Erfolg führen können. Warum er das macht, kommentierte Maaß so: „In erster Linie bin ich Schriftsteller.“ Die Projektarbeit sei ihm aber ebenso wichtig, auch weil sie eng mit dem Schreiben selbst verbunden sei. Denn die Wettbewerbe und Workshops „führen zu vielen interessanten Begegnungen“ und davon leben schließlich auch die Texte, die dabei oder danach entstehen – wie zum Beispiel Mäxchen und Pauline. Die vor 20 Jahren von Gisela und Sören Pekrul gegründete EDITION digital hat sich seit 2011 verstärkt dem E-Book verschrieben. Als erstes digitales Erzeugnis war 1994 die CD-ROM „Mecklenburg-Vorpommern digital“ erschienen. Als erstes tatsächliches E-Book legte der Verlag zur Leipziger Buchmesse 2011 „Schloss Karnitten“ von Manfred Kubowsky vor. Heute sind es mehr als 750 Titel (Stand März 2016) von 100 DDR-Autoren, wie Wolfgang Held, Klaus Möckel, Wolfgang Schreyer und Erik Neutsch sowie den SF-Autoren Carlos Rasch, Heiner Rank und Karsten Kruschel. Nachzulesen ist das Gesamtprogramm unter www.ddrautoren.de. Jährlich erscheinen rund 200 E-Books, aber auch 10 gedruckte Bücher neu. Als sein nächstes Projekt beginnt der Verlag mit der Edition des Gesamtwerks des Ingenieurs und Autors Alexander Kröger, Jahrgang 1934, einem der erfolgreichsten und dienstältesten deutschen Schriftsteller wissenschaftlich-phantastischer Romane und Stories als E-Books. Kröger-Texte, insgesamt 35 Bücher, sind auch ins Polnische, Ungarische, Russische, Sorbische und Chinesische übersetzt worden. Seine Fan-Gemeinde reicht über Europa hinaus bis nach China und Australien. Alexander Kröger ist im Übrigen das Pseudonym für Dr. Helmut Routschek. Titelbilder können Sie unter http://www.ddrautoren.de/presse.htm herunterladen. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3573 sowie http://www.ddrautoren.de/Maass/Flaschendrehen/flaschendrehen.htm. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books Bücher über Mecklenburg-Vorpommern und von Autoren aus dem Bundesland heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen. Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.ddrautoren.de
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prseiten · 10 years
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Glück mit Rollstuhl oder keine Reise nach Sibirien - EDITION digital verlegt alle DDR-Bücher von Siegfried Maaß
GODERN bei Schwerin – Da ist Reginald Tischmeier, genannt Reggi, junger Lehrer für Deutsch und Sport, der nach einem schweren Verkehrsunfall an den Rollstuhl gefesselt ist, seine Freundin Gabi verliert und einen neuen, jedoch eher ungeliebten Beruf erlernen muss – Uhrmacher. Zwei Jahre verbringt Reggi, die Hauptfigur des wohl bekanntesten Romans von Siegfried Maaß, in der „Burg“, einem Rehabilitationszentrum, wo man ihm den Weg in ein neues Leben ebnen will. Aber Reggi, der früher einmal eine Reise nach Sibirien unternehmen wollte, will weder Mitleid noch Kontakte zu anderen Menschen und schon gar nicht zu Frauen. Eine seltsame Sperre hindert ihn daran. Dann kommt er zurück in seine Heimatstadt, wo er während seiner Arbeit als Uhrmacher im Dienstleistungskombinat einer jungen Kollegin begegnet, die sich trotz seiner Behinderung für den „Krüppel“ – so seine Selbstbezeichnung – zu interessieren scheint. Ob es Karen Bernot, dreiundzwanzig und ohne jegliche Bindung, gelingen wird, seine Antennen wieder auf Empfang zu stellen? Und wird Reggi eines Tages doch wieder als Lehrer arbeiten und allen Widrigkeiten zum Trotz nach Sibirien reisen? In seinem zuerst 1984 im Verlag Neues Berlin veröffentlichten Roman setzte sich der Autor als einer der ersten DDR-Schrifsteller mit den Alltags-Schwierigkeiten von Menschen mit Behinderungen auseinander und sparte auch sensible Themen wie Sexualität und Suizidgefahr nicht aus. Die berührende Lebens- und Liebesgeschichte „Keine Flügel für Reggi“ ist so wie weitere sechs Bücher von Siegfried Maaß ab sofort unter www.ddrautoren.de, bei Thalia, Apple, Google und Amazon als E-Books zu haben. Dazu gehören die Titel „Lindenstraße 28“ und „Abschied von der Lindenstraße“, Lebensgeschichten junger Leute aus den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in der ostdeutschen Provinz, und „Adolfchen und der doofe Arm“, eine teilweise satirisch überzeichnete Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten eines am 20. April 1935 – Hitlers 46. Geburtstag – in einer mitteldeutschen Kleinstadt geborenen Jungen, der wegen einer Behinderung seinen rechten Arm nicht zum „Deutschen Gruß“ erheben kann. Ein Umstand, der ihm Spott und Verachtung einbringt. Dennoch behauptet sich das „Adolfchen“. Siegfried Maaß wurde am 6. Oktober 1936 in Magdeburg geboren, wuchs jedoch in Staßfurt auf, wo er auch die Schule besuchte und eine Lehre absolvierte. Nach einem Fachschulstudium in Halle war er als Vermessungstechniker im Bergbau und im Katasterwesen tätig. Zwischen 1960 und 1964 studierte er am Literaturinstitut Leipzig und arbeitete danach als Schauspieldramaturg am Salzlandtheater in Staßfurt. Seit 1971 ist Siegfried Maaß Freier Schriftsteller und veröffentlichte 25 Bücher. Die vor nunmehr 20 Jahren von Gisela und Sören Pekrul gegründete EDITION digital hat sich seit 2011 verstärkt dem E-Book verschrieben. Wie Verlagschefin Gisela Pekrul erläuterte, bestehe der Vorteil der E- Books vor allem darin, dass man immer ausreichend Lektüre bei sich habe, die Schrift vergrößern und sich mit manchen Geräten die Bücher sogar vorlesen lassen könne. Außerdem seien digitale Bücher oft preiswerter als gedruckte. Als sein erstes digitales Erzeugnis hatte der Verlag 1994 die CD-ROM „Mecklenburg-Vorpommern digital“ herausgebracht. Als erstes tatsächliches E-Book legte EDITION digital zur Leipziger Buchmesse 2011 „Schloss Karnitten“ von Manfred Kubowsky vor. Insgesamt umfasst das E-Book-Programm inzwischen mehr als 550 Titel (Stand Dezember 2014) von 100 DDR-Autoren, wie Wolfgang Held, Klaus Möckel, Wolfgang Schreyer und Erik Neutsch sowie den Sience-Fiction-Autoren Carlos Rasch und Karsten Kruschel. Nachzulesen ist das Gesamtprogramm unter www.ddrautoren.de. Jährlich erscheinen rund 200 E-Books neu, so als Nächstes Anfang des neuen Jahres mehr als ein Dutzend Bücher von Hildegard Schumacher, die am 10. Januar 90 Jahre alt geworden wäre. Titelbilder können Sie unter http://www.ddrautoren.de/presse.htm herunterladen. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3170 sowie http://www.ddrautoren.de/Maass/maass.htm. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books Bücher über Mecklenburg-Vorpommern und von Autoren aus dem Bundesland heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen. Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.ddrautoren.de
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prseiten · 10 years
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Glück mit Rollstuhl oder keine Reise nach Sibirien - EDITION digital verlegt alle DDR-Bücher von Siegfried Maaß
GODERN bei Schwerin – Da ist Reginald Tischmeier, genannt Reggi, junger Lehrer für Deutsch und Sport, der nach einem schweren Verkehrsunfall an den Rollstuhl gefesselt ist, seine Freundin Gabi verliert und einen neuen, jedoch eher ungeliebten Beruf erlernen muss – Uhrmacher. Zwei Jahre verbringt Reggi, die Hauptfigur des wohl bekanntesten Romans von Siegfried Maaß, in der „Burg“, einem Rehabilitationszentrum, wo man ihm den Weg in ein neues Leben ebnen will. Aber Reggi, der früher einmal eine Reise nach Sibirien unternehmen wollte, will weder Mitleid noch Kontakte zu anderen Menschen und schon gar nicht zu Frauen. Eine seltsame Sperre hindert ihn daran. Dann kommt er zurück in seine Heimatstadt, wo er während seiner Arbeit als Uhrmacher im Dienstleistungskombinat einer jungen Kollegin begegnet, die sich trotz seiner Behinderung für den „Krüppel“ – so seine Selbstbezeichnung – zu interessieren scheint. Ob es Karen Bernot, dreiundzwanzig und ohne jegliche Bindung, gelingen wird, seine Antennen wieder auf Empfang zu stellen? Und wird Reggi eines Tages doch wieder als Lehrer arbeiten und allen Widrigkeiten zum Trotz nach Sibirien reisen? In seinem zuerst 1984 im Verlag Neues Berlin veröffentlichten Roman setzte sich der Autor als einer der ersten DDR-Schrifsteller mit den Alltags-Schwierigkeiten von Menschen mit Behinderungen auseinander und sparte auch sensible Themen wie Sexualität und Suizidgefahr nicht aus. Die berührende Lebens- und Liebesgeschichte „Keine Flügel für Reggi“ ist so wie weitere sechs Bücher von Siegfried Maaß ab sofort unter www.ddrautoren.de, bei Thalia, Apple, Google und Amazon als E-Books zu haben. Dazu gehören die Titel „Lindenstraße 28“ und „Abschied von der Lindenstraße“, Lebensgeschichten junger Leute aus den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in der ostdeutschen Provinz, und „Adolfchen und der doofe Arm“, eine teilweise satirisch überzeichnete Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten eines am 20. April 1935 – Hitlers 46. Geburtstag – in einer mitteldeutschen Kleinstadt geborenen Jungen, der wegen einer Behinderung seinen rechten Arm nicht zum „Deutschen Gruß“ erheben kann. Ein Umstand, der ihm Spott und Verachtung einbringt. Dennoch behauptet sich das „Adolfchen“. Siegfried Maaß wurde am 6. Oktober 1936 in Magdeburg geboren, wuchs jedoch in Staßfurt auf, wo er auch die Schule besuchte und eine Lehre absolvierte. Nach einem Fachschulstudium in Halle war er als Vermessungstechniker im Bergbau und im Katasterwesen tätig. Zwischen 1960 und 1964 studierte er am Literaturinstitut Leipzig und arbeitete danach als Schauspieldramaturg am Salzlandtheater in Staßfurt. Seit 1971 ist Siegfried Maaß Freier Schriftsteller und veröffentlichte 25 Bücher. Die vor nunmehr 20 Jahren von Gisela und Sören Pekrul gegründete EDITION digital hat sich seit 2011 verstärkt dem E-Book verschrieben. Wie Verlagschefin Gisela Pekrul erläuterte, bestehe der Vorteil der E- Books vor allem darin, dass man immer ausreichend Lektüre bei sich habe, die Schrift vergrößern und sich mit manchen Geräten die Bücher sogar vorlesen lassen könne. Außerdem seien digitale Bücher oft preiswerter als gedruckte. Als sein erstes digitales Erzeugnis hatte der Verlag 1994 die CD-ROM „Mecklenburg-Vorpommern digital“ herausgebracht. Als erstes tatsächliches E-Book legte EDITION digital zur Leipziger Buchmesse 2011 „Schloss Karnitten“ von Manfred Kubowsky vor. Insgesamt umfasst das E-Book-Programm inzwischen mehr als 550 Titel (Stand Dezember 2014) von 100 DDR-Autoren, wie Wolfgang Held, Klaus Möckel, Wolfgang Schreyer und Erik Neutsch sowie den Sience-Fiction-Autoren Carlos Rasch und Karsten Kruschel. Nachzulesen ist das Gesamtprogramm unter www.ddrautoren.de. Jährlich erscheinen rund 200 E-Books neu, so als Nächstes Anfang des neuen Jahres mehr als ein Dutzend Bücher von Hildegard Schumacher, die am 10. Januar 90 Jahre alt geworden wäre. Titelbilder können Sie unter http://www.ddrautoren.de/presse.htm herunterladen. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3170 sowie http://www.ddrautoren.de/Maass/maass.htm. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books Bücher über Mecklenburg-Vorpommern und von Autoren aus dem Bundesland heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen. Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.ddrautoren.de
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