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#opfer von rassismus
bga-koeln · 2 months
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Erklärung zur angekündigten Teilnahme autoritärer und antizionistischer Gruppen am Colognepride
Auch in diesem Jahr findet die CSD-Demonstration des Colognepride unter dem Motto „FÜR MENSCHENRECHTE. Viele. Gemeinsam. Stark!“ statt. 
Am 21.07.24 werden sich unterschiedliche queerpolitische Initiativen, Community-Vereine, Selbsthilfegruppen und Unternehmen der Demonstration anschließen. Angesichts des aktuellen gesellschaftlichen Klimas ist es dringend geboten, ein deutliches Zeichen gegen Homo- und Queerfeindlichkeit und für die Gleichberechtigung aller sexueller Lebensweisen zu setzen. 
Für eine pluralistische Gesellschaft bleibt zudem ein konsequentes Eintreten gegen Rassismus und Antisemitismus unverzichtbar. 
In den sozialen Medien haben in diesem Jahr dezidiert antizionistische und links-autoritäre Gruppen ihre – gegenüber der Demonstrationsleitung nicht angemeldete – Teilnahme an der CSD-Demonstration angekündigt und reklamieren einen „revolutionären Block“ für sich, u.a. unter dem Slogan „No Pride in Genocide“. 
Da in diesem Zusammenhang mit aggressiven und einseitigen, israelfeindlichen Stellungnahmen oder antisemitischer Bildsprache gerechnet werden muss, sehen wir uns zu einer deutlichen politischen Positionierung veranlasst.
Wir stellen daher klar:
Der Hamas-Angriff auf Israel am 07. Oktober 2023 ist auch für jüdische Communities in Deutschland eine Zäsur und hat zu einer qualitativ neuen antisemitischen Bedrohungslage beigetragen. 
Wenn antizionistische und israelfeindliche Gruppen nun gegen ein vermeintliches „Pinkwashing“ beim CSD aufrufen, Israel faktenwidrig als „siedlerkoloniales Projekt“ bezeichnen und fordern, „Palästina ganz zu befreien“, dann droht die CSD-Demonstration an dieser Stelle zur Plattform der Propaganda (nur vermeintlich) „pro-palästinensischer“ Akteur:innen zu werden. Im äußersten Fall muss in diesem Kontext zudem mit entsprechenden Störaktionen gegenüber dem CSD gerechnet werden.
Dramatisch sind aber vielmehr die Folgen, die von dieser Hetze auf queere Jüdinnen:Juden ausgehen können. Für alle, die sich als jüdisch, israelisch oder israelsolidarisch zu erkennen geben, wird die CSD-Demonstration dadurch zu einem potentiell unsicheren und gefährlichen Raum. 
Wir stellen uns daher gegen die versuchte Instrumentalisierung des CSD durch antizionistische Gruppen und ihre israelfeindliche Agenda. 
Ein konsequentes Eintreten gegen Antisemitismus muss sich, einmal mehr seit den Terrorakten vom 07.10.2023, auch gegen dessen israelbezogene Variante richten: In dieser wird Israel als jüdischer Staat u.a. delegitimiert, dämonisiert und doppelte Standards an diesen angelegt. Israel gilt so als „Jude unter den Staaten“ (Léon Poliakov) und wird zum Grundübel, während etwa Hamas und Fatah und ihre queerfeindliche und islamistische Politik dethematisiert werden. Getragen werden solche Positionen im Falle links-autoritärer Gruppen oftmals von einem unterkomplex antiimperialistischen Weltbild, das dichotom in Gut und Böse bzw. in Opfer und Täter einteilt. Derlei Vereinfachungen können weder der Komplexität des Nahost-Konflikts gerecht werden noch tragen sie zu einer vernünftigen Kritik von Diskriminierung und Minderheitenfeindlichkeit bei.
Darunter leiden letztlich nicht nur ganz konkret Jüdinnen:Juden, die sich die Frage stellen müssen, ob und wie sie am CSD teilnehmen können, sondern auch weitere marginalisierte Gruppen: Beispielsweise führen solche Weltbilder zur Illusion, dass die „Befreiung Palästinas“ auch zum Ende der Queerfeindlichkeit in Palästina führen würde.
Soll die diesjährige CSD-Demonstration nicht zu einem unsicheren Ort für Jüdinnen:Juden werden, müssen wir Antisemitismus und Israelhass konsequent entgegentreten. Nur so können Bedingungen geschaffen werden, unter denen die Perspektiven der jüdischen LGBTIQ* Community angstfrei sichtbar werden können. 
Einen pluralen CSD kann es nur ohne Rassismus, Antisemitismus und Israelfeindschaft geben.  
Wir möchten alle Teilnehmer:innen der CSD-Demonstration, insbesondere in diesem Jahr, dazu auffordern, ganz in diesem Sinne am Colognepride teilzunehmen.
Bündnis gegen Antisemitismus Köln im Juli 2024
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ich will nicht so sein aber diese neu aufkommende welle von posts über tatorts queerfeindlichkeit gibt mir echt super zu denken und ich muss da mal einen kleinen rant loswerden
[TL;DR: der tatort fandom hat ein kleines rassismus/white feminism problem]
dass tatort queerfeindlich ist, ist absolut nicht neu und ich glaube auch nicht, dass die posts, die darüber reden, dass tatort uns zwar "queere representation" gibt, aber nur in form von queeren opfern/kriminellen, nicht darauf abzielen zu behaupten, es sei ein brandneues phänomen. es ist allerdings sehr interessant die konversation erst jetzt zu sehen - erst jetzt, wo gequeerbaitet wird, erst jetzt, wo es offen queere figuren gibt, die (mit)täter sind.
erst jetzt und nicht als das problem beispielsweise rassismus war (bzw. immernoch ist).
das erste, was mir damals aufgefallen ist, als ich nach dem tumblr hype angefangen hab tatort zu schauen war der offene (und offensichtliche) rassismus. alle gezeigten russischen figuren waren prostituierte, alle polnischen figuren waren putzhilfen, alle tschechischen haben drogen gedealt, alle türkischen waren dönerladenbesitzer:innen, niemand konnte richtig deutsch und falls doch dann nur in einem sehr überspitzten akzent, oft hatten sie keine aufenthaltsgenehmigung und immer waren sie entweder opfer oder täter:in (oder zumindest kriminell). (meine kritik an den hier genannten berufen hat nichts mit einer wertung der berufe zu tun sondern bezieht sich auf die stereotypen). ich hab diese observation erstmal damit abgetan, dass ich selbst nicht deutsch bin und mich außerdem viel mit linkspolitischen theorien wie intersektionalität befasse. vielleicht bin ich so übersättigt von dem thema, dass ich nirgendwo mehr etwas anderes sehen kann.
aus spaß hab ich mit einigen meiner nicht-deutschen freund:innen ein paar folgen tatort geschaut und jedes mal kam schon nach einigen minuten der jeweils ersten folge der kommentar "oha ? das ist voll rassistisch ?" von ihnen, ohne dass ich selbst darauf hingewiesen hab oder ihnen gesagt hab, warum ich das mit ihnen schauen will. und das auch von freund:innen, die sich persönlich als relativ uninformiert über politische theorien einschätzen.
mit deutschen habe ich ebenfalls darüber geredet (wenngleich ich keine tatort-session mit ihnen einlegen musste, weil das anscheinend echt in der kultur verankert ist, was ich v.a. von menschen in meinem alter echt nicht gedacht hätte man lernt nie aus) und ich habe eigentlich nur die reaktion bekommen "ist mir noch nie aufgefallen". (das kann natürlich an meinem umfeld liegen, aber selbst von menschen, die sich links genannt haben, war das linkeste was kam ein "ja, ist mir aufgefallen und find ich nicht gut aber so ist die deutsche medienlandschaft halt"). diese reaktionen können natürlich viele faktoren haben (wie die schon genannten persönlichen politischen ansichten meiner "testgruppe", die emotionale bindung an die serie, die situation etc.), ist aber dennoch interessant.
mit der neuen saarland folge hat sich einiges getan und hier beginnen die punkte, die ich eigentlich ansprechen wollte
1) das war die erste folge tatort (die ich gesehen habe) in der es gute representation gab. und ich mein wirklich gute. "nicht-deutsche" figuren gab es schon öfter, aber diesmal waren es keine "nicht-deutschen" figuren, sondern figuren und oh nebenbei sind sie "nicht-deutsch" (ich hätte das auch schon weiter oben anmerken können, aber ich mache das jetzt mal hier: ich find das wort "nicht-deutsch" bisschen scheiße - was ist deutsch? was ist nicht deutsch? ab wann ist mensch deutsch? nur weil jemand z.B. POC ist macht einen das nicht weniger deutsch und so weiter. ich habe ihn bis jetzt trotzdem als platzhalter benutzt, weil es ein begriff ist, den ich zum beispiel am ehesten für mich verwenden würde, weil ausländer noch beschissener ist. POC beinhaltet nur menschen mit anderer hautfarbe, was für weiße "nicht-deutsche" nicht zutrifft. weil es mir aber bis jetzt um die gesamtheit aller "nicht-deutschen" ging, ob sie als nicht deutsch gelesen werden oder sich selbst so identifizieren, habe ich das verwendet - im folgenden wird daraus POC, weil es spezifisch um die saarland folge und die POCs darin geht.) die POCs waren natürlich da, sie hatten keine stereotypischen rollen/akzente/berufe/usw., sie waren dreidimensionale figuren und waren weder da um opfer noch um täter zu sein. ich war komplett begeistert und hab sofort meinen freund:innen geschrieben. props an tatort, props an ard. natürlich gab es rassisten, denen diese representation nicht gepasst hat, aber es hat mich sehr gefreut zu sehen, dass die generelle reaktion (in meiner bubble zumindest) positiv war. aber dann war ich auf tumblr und hab paar posts gesehen, nach denen mir bissl schlecht geworden ist ngl. da haben wir schon eine folge, die nicht rassistisch ist, und einige von euch denken sich so "fine, guess i'll have to do it myself". (ich werde hier keine spezifischen posts nennen, weil es mir nicht darum geht, einzelne menschen/gedankengänge zu attakieren wenn es um ein system geht. ich werde mich nicht mit streitereien um genaue wortlaute in einzelnen posts aufhalten, weil es um das große ganze geht). das waren auch keine kleinen posts von unbedeutenden leuten, die posts haben sehr viel positive traction bekommen. naja, wie dem auch sei
2) in den letzten tagen ist eine gänzlich andere sorte posts gekommen: beschwerden über die schlechte queere representation. posts, die sich darüber beschweren, wie tatort queerbaitet und uns statt canon kommissaren-ships queere figuren gibt, die am ende opfer oder kriminell sind. was interessant ist. als es dasselbe problem bei "nicht-deutschen" figuren gab (und immernoch gibt !!) war es still (und ist es auch immernoch !!). sobald dasselbe mit queeren figuren geschieht, wird alles laut. something something white feminism. deutsche sehen unterdrückung nur, wenn es sie selbst betrifft, auch wenn sie sich noch so links und intersektional nennen. sie lieben es anti-rassistische posts zu rebloggen und sie als kämpfer darzustellen aber wenn offen rassistische stereotypen reproduziert werden bleiben ihre augen geschlossen. erst wenn identitäten betroffen sind, mit denen sie sich identifizieren, wird gekämpft. und es sollte gekämpft werden. die aufruhr ist gut. sie sollte nur nicht mit queeren figuren beginnen und mit queeren figuren enden.
puh ok das ist jetzt viel auf einmal aber ich denke schon sehr lange drüber nach (tatsächlich spätestens seit "das herz der schlange") und bevor ich das weiter in mich reinfress muss das jetzt in dieser uneloquenten form raus, auch wenn ich mich morgen ins knie beißen werde, dass ich es nicht nochmal korrektur gelesen hab oder so. aber tbh: wenn ich es nicht jetzt poste, werde ich es nie tun (hab bisschen angst hihi).
ich werd mich in zukunft ein bisschen (sehr) von tatort fernhalten, dies ist ein polizeiruf świecko haushalt (dużego buziaka dla mojego syna adaśka <333333)
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black-mosquito · 7 months
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Kein Vergessen. Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland nach 1945
»Über 300 Menschen wurden nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland durch rechtsmotivierte Gewalttäter gejagt, verfolgt, verprügelt, gefoltert, misshandelt und getötet. Zu Opfern wurden die ermordeten Menschen – Jüdinnen, People of Color, Sintize und Rom*nja, Punks, Obdachlose, Antifas – einzig und allein aufgrund ihrer Herkunft, ihres Aussehens, ihrer Religion, ihrer Lebensweise oder ihres politischen Engagements. Kein Vergessen ist die erste vollständige Dokumentation bekanntgewordener tödlicher Gewalttaten durch Rechte in Deutschland nach 1945.
Jede einzelne Falldarstellung enthält neben der Beschreibung des Tathergangs auch Informationen zur juristischen Strafverfolgung, zur Täterstruktur und zu den Tatmotiven. Ergänzt wird sie jeweils durch ein illustriertes Porträt des Opfers.
Das Buch will nicht nur der Opfer gedenken, sondern auch auf die unvermindert drohende Gefahr durch rechte Gewalt aufmerksam machen. Der Autor erklärt daher einleitend, was genau rechte Gewalt ist und wie sie sich von anderen Gewaltverbrechen abgrenzen lässt. Tatmotive wie Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus oder auch Sozialdarwinismus werden erläutert und Statistiken zu Gewaltverbrechen aufgeführt.«
Das Buch aus dem Unrast Verlag gibt es bei uns im Shop – unter dem Link findet sich auch eine Leseprobe und die Vorlage des Posters zum Download:
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unfug-bilder · 4 months
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Sich (als KommunalpolitikerIn) in dieser Situation "zurückzuziehen" halte ich für vollkommen richtig. Merkwürdig ist nur, dass die CSU das nicht (in diesem Tempo) tut, wenn Nazis oder andere Rechte mitwirken.
Die SPD hätte wahrscheinlich gar nichts unternommen, unterliegt nun aber dem durch die CSU gesetzten Druck.
Aufgelöste Gleichung: Die CSU zog sich eilig zurück, um die SPD unter Druck zu setzen.
Zudem sind dadurch die zugrunde liegenden Problematiken in keiner Form auch nur angegangen, geschweige denn, gelöst.
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shape · 8 months
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Die deutsche Beschäftigung mit der Shoah sei „provinziell“
Dass die Deutschen einen „Judenknax“ haben, ist gegen jede Evidenz ein Artikel im postkolonial inspirierten Evangelium. Die Fixierung auf den Antisemitismus sei von einem Übereifer bestimmt und lenke die Aufmerksamkeit vom Rassismus gegenüber anderen Minderheiten, insbesondere Muslimen, ab. Wer sich zu viel mit Hass auf Juden befasse, habe keine „Empathie“ für die Opfer von Kolonialismus übrig und sei nicht „weltoffen“ genug. Die deutsche Beschäftigung mit der Shoah sei „provinziell“. Es sind Behauptungen, für die es weder Belege noch eine logische Begründung gibt. Wer das Übel des Antisemitismus erkennt, versteht auch das potenziell ebenso mörderische Übel des Rassismus sehr gut. Nur in die umgekehrte Richtung gibt es offenkundig Probleme.
Warum muss die postkoloniale Theo­rie die Existenz des Antisemitismus verdrängen, negieren, als irrelevante Unterform des Rassismus deklarieren oder im schlimmsten Fall sogar reproduzieren? Weil er ihre Grundannahmen bedroht und weil sie selbst eine Tendenz zum antisemitischen Denken hat. Juden waren weder gemäß der amerikanischen Rassenlehre „Weiß“, noch dürften sie gemäß der postkolonialen Theorie, die diese Rassenlehre nicht etwa kritisiert, sondern identitär reproduziert, als „Weiß“ gelesen werden. Wenn die postkoloniale Theorie keine Ideologie wäre, sondern Wirklichkeit beschreiben würde, müsste sie Jüdinnen und Juden als Persons of Color definieren. Stattdessen erklärt sie Jüdinnen und Juden zu „Weißen“ Kolonisatoren im Land der „indigenen“ Palästinenser.
Jüdische, aber auch jesidische und muslimische Opfer des Islamismus haben von der postkolonialen Theorie keine „Empathie“, nicht einmal Aufmerksamkeit zu erwarten. Die Juden, weil sie angeblich „Weiß“ sind, Jesiden und emanzipierte Frauen im Iran, weil ihre Folterer und Mörder keine „Weißen“ sind.
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wheel-queer · 1 year
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Deutschlands Assimilationszwang - Ein unsichtbarer Schatten im Rassismus
Das größte Glück was man als Nachfahrin einer polnischen Geflüchteten haben kann ist entweder perfekt assimiliert in einer privilegierten, nach deutsch gebumsteten Familie aufzuwachsen und nie von der polnischen Herkunft zu erfahren, oder, dass man in einem polnischen Umfeld in einer isolierten polnischen Gemeinschaft rein geboren wird, in der zumindest die Herkunft vermittelt werden kann. Leider war es bei mir der Fall, dass meine Großmama an einen deutschen Nationalidioten gelangt ist, die sie und die gemeinsamen Kinder mit körperlicher Gewalt zur Assimilation gezwungen hat, mein Erzeuger aus Scham und Trauma sich dem deutschen Nationalsozialismus wendete und meiner Großmama untersagte, mit mir über ihre Herkunft zu reden. Dank damaliger Gesetze wurde ihr gezwungener Weise die polnische Staatsangehörigkeit entzogen, musste die deutsche annehmen, sodass mir nichts bleibt, außer die geheimen Kurzgeschichten von ihr, die sie mir immer wieder erzählte, wenn ich notdürftig bei ihr übernachten konnte. Ich wünschte, ich hätte damals schon verstanden, den Rassismus, das System davon, wie die Rechtslage war, ich hätte sie so viel mehr gefragt. So vieles bleibt leider für immer unbeantwortet. So vieles durch die Assimilation ausgelöscht. Für immer. Dabei war ich erst 15, als sie von uns ging.. Klar, immerhin kann ich durch die Assimilation nicht direkt verfolgt werden, da keine offiziellen Dokumente zur Nachvollziehbarkeit mehr existieren, aber für welchen Preis? Leider wird nie darüber gesprochen, wie allgegenwärtig und auch wie schädlich Assimilation ist. Dieser Moment, früher, mit "deutschen" Deadname, als Leute dachten, nur, weil jemand mit assimilierten Namen mit ihnen rumhängt, wäre es in Ordnung, sog. "Polenwitze" zu machen. Sich über deutsche Märchen, über die stehenden, kriminellen Pol*innen machen zu können, ohne, Dass einem bewusst ist, dass direkt neben einem jemand ist, der diese Wörter sehr weh tun. Nie aufsprechen zu können, aus Angst, man würde als assimilierte Person anderen den Raum wegnehmen. Die Angst, selbst vom indirekten zum direkten Opfer zu werden. Immer diese scheiß Maske tragen zu müssen und so zu tun, als sei man nur indirekt betroffen, weil "nicht cool bro auch wenn ich deutsch bin Rassismus ist nicht ok", während man als Betroffene am liebsten schreien würde, wie verletzend die Pol*innenfeindlichkeit gewesen ist. Nie selbst in die deutsche Sozialisation reinpassen zu können, weil man weiß, man fühlt, dass man selbst nicht willkommen ist in diesem Land, stattdessen als was niedrigeres angesehen wird, was sich gefälligst anzupassen hat, unsichtbar zu werden, eine Uniformität anzunehmen. Einerseits bin ich froh, dass ich heute soweit bin, dass ich die Möglichkeit habe, mein polnisches selbst für mich neu zu entdecken. Gleichzeitig jedoch die Angst, mit Hinblick auf politische Ereignisse, genau davor. Ich bin freier, gleichzeitig eingesperrter denn je - und ich weiß, vielen Pol*innen und jene Nachfahren hier in Deutschland geht es ebenso. Dennoch bleiben wir leise, aus Angst, man würde unsere Herkunft anzweifeln, aufgrund mangelnder Beweise, jene Folgen damaliger Politik Deutschlands. Aus Angst, unsere Sicherheit würde dahingleiten. Aus Angst, indirekte Gewalt würde sich direkt gegen uns wandeln. Allein die Tatsache meines richtigen Namens ist eine eigene Gefahr für sich selbst. Für mich selbst. Zeitgleich aber auch eine Chance für mich, nicht mehr still sein zu müssen. Endlich ein stückweit mehr ich selbst sein zu können. Ich habe keinen passenden Abschluss für diesen Blog. Ich möchte ihn nicht auf einer schlechten Note enden lassen, jedoch würde auch das Ende auf einer guten Note das gegenwärtige Problem komplett verblenden. Faktisch wurde in Deutschland zu keinem Zeitpunkt all jene Rassismen aufgearbeitet, gleichauf gegen welche Minderheitengruppe. Ich habe keine Partoutlösung für irgendwas. Alles was mir derzeitig bleibt, sind all die unterdrückten Emotionen, die Ängste, das Leid und der Schmerz.
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Frauen und Internet
Als zu großen Teilen im Internet sozialisierte Frau, die sich immer in männerdominierten Foren und Imageboards rumgetrieben hat, gab es für mich wahrscheinlich keinen anderen Weg, als sich früher oder später dem Radikalfeminismus zuzuwenden.
Pr0gramm, 4Chan, Krautchan, 8Chan, Kiwifarms, Lachschon, Teamspeak, Discord: Ich hab die Scheiße gesehen, ich weiß genau wie unverhohlen entmenschlichend Männer in diesen virtuellen Räumen über Frauen sprechen, ich weiß wie sie mit Pornografie umgehen, ich weiß was für abartige Wichser es gibt, die sich sicher fühlen in ihrer Anonymität.
Klar könnte man beide Augen zudrücken und denken „Boys will be boys“ und „So sind sie halt untereinander“, und das habe ich auch getan. Aber ich habe verstanden, dass die gesamte Gesellschaftsordnung und mein Leben als Frau innerhalb dieser von diesem Verhalten massiv beeinflusst wird, dass die Sicherheit und das Wohlergehen aller Frauen gefährdet und missachtet wird dadurch - und wenn man die Systematik hinter Frauenhass im Internet und die Implikationen dessen in der echten Welt durchschaut, dann kann man nicht länger die Augen zu lassen.
Die Überlebensmechanismen in Form von Schweigen und Ignorieren oder dem Mitlachen aus Angst, selbst Opfer zu werden, funktionieren nicht mehr. Weil mir der Respekt vor und die Empathie mit meiner eigenen Geschlechtsklasse (und damit auch vor mir selbst) wichtiger ist als männliche Bestätigung. Was bringt es mir sonst, mich selbst derart zu verraten? Es hatte nur negative Auswirkungen auf mich und mein Denken.
weil es nahezu keine frauenräume im internet gibt, aber jeder raum im internet ganz selbstverständlich ein männerraum ist, leben frauen im internet mit der andauernden sexualisierung, der misogynie, dem rassismus und dem antisemitismus des netzes, denn wir haben keine wahl - entweder wir schalten aus, oder wir müssen mit dem hass umgehen lernen. Die Misogynie im Netz ist nicht hinnehmbar und Frauen werden systematisch ausgegrenzt - doch es ist kein Verlust, sich dem nicht länger auszusetzen. Für mich war es ein Gewinn.
Ich habe die Misogynie der Männer lange verinnerlicht. Ich habe mir eingebildet, ich wäre anders als die Frauen, die lächerlich gemacht werden. Ich habe verdrängt, dass sie mir das ohne mit der Wimper zu zucken auch antun würden. Nur damit ich weiter die lustigen und unterhaltsamen und absurden Forenbeiträge lesen konnte, die neben dem ganzen Revenge Porn, der Hardcore-Pornografie, den von vorn herein uneinvernehmlich entstandenen Creepshots und Videos, der Kinderpornografie, den Hasspredigten, den Beschimpfungen standen.
Ich habe den Abgrund der männlichen Devianz gesehen. Ich würde so weit gehen und sagen, dass es mich traumatisiert hat. Es ist nicht zuträglich für eine gesunde Psyche, solch grauenvollen Inhalten während der Adoleszenz ausgesetzt zu sein. Und es tut weh zu wissen, dass jeder Mann in dieser Gesellschaft das Potential in sich trägt, einer derer zu sein, die täglich Frauenhass und weitere strafbare Inhalte verbreiten. Aber es bringt mir nichts, die Augen vor dieser Tatsache zu verschließen und daran teilzuhaben. Seitdem ich mich konsequent fernhalte von diesen Räumen des Internets - insbesondere von Pornografie - ist mein Selbstwertgefühl gestiegen und mir fällt es viel leichter, die Gemeinsamkeiten zwischen mir und anderen Frauen anzuerkennen und zu schätzen.
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akkoeln · 2 years
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Aufruf zum Trans Day of Remembrance | 2022 | Köln Demo am 20.11.22, 16 Uhr, Ottmar-Pohl-Platz, Köln Kalk
(English below)
CN: Transfeindlichkeit, Gewalt, Krieg
Was ist der Trans Day of Remembrance? Der TDoR ist ein Tag, an dem wir gemeinsam der Opfer transfeindlicher Gewalt gedenken. Seit 1998 kommen wir alljährlich zusammen und verlesen die Namen derer, die wegen Transfeindlichkeit ihr Leben verlieren mussten. Besonders gefährlich wird Transfeindlichkeit in Kombination mit anderen Gewaltformen wie Rassismus und Klassismus. Unter unseren ermordeten trans Geschwistern finden sich deshalb überproportional oft trans Menschen of Color.
Aufruf zur Demo am 20.11.22, 16 Uhr, Ottmar-Pohl-Platz, Köln Kalk
Wir sind voller Trauer und Wut! Im letzten Jahr hat sich die Situation noch weiter verschärft. Immer wieder erleben wir Anfeindungen auf der Straße, hören Berichte von trans Personen, die zusammengeschlagen und sogar ermordet werden. Besonders schlimm ist die Lage dort, wo gerade Krieg geführt wird. Unsere Gedanken und Solidarität sind bei allen trans Personen, allen Widerständigen, und allen Betroffenen von patriarchaler Gewalt in Kurdistan, im Iran, in Afghanistan und der Ukraine.
Wir wollen unsere Wut gegen Transfeindlichkeit gemeinsam auf die Straße bringen. Wir wollen uns gegen transfeindliche Strukturen verbünden - wie z.B. das veraltete und entwürdigende "Transsexuellengesetz", das Asylsystem, das Transfeindlichkeit nicht als legitime Fluchtursache anerkennt, oder die Polizei, die insbesondere für queere Personen of Color keinen Schutz bietet, sondern eine lebensbedrohliche Gefahr darstellt.
Wir wollen aber auch Mut spenden und Kraft schenken, denn wir sind nicht allein und wollen weiter für unsere Rechte einstehen und kämpfen. Wir wollen eine Welt ohne Transfeindlichkeit. Auf dem Weg dahin ist viel zu tun, aber wir sind stärker und mehr denn je. Wir laden euch ein, den Weg mit uns zu gehen.
Call for Trans Day of Remembrance | 2022 | Köln Demo: 20.11.22, 4 PM, Ottmar-Pohl-Platz, Köln Kalk
CW: Transmisia, Violence, War
What is the Trans Day of Remembrance? TDoR is a day for us to mourn the victims of transmisic violence together. Since 1998 we come together every year and read out the names of those who lost their lives to transmisia. Transmisic violence is particularly dangerous and deadly when it intersects with other forms of violence like racism or classism. Our murdered trans siblings are disproportionally often trans People of Color.
Call for Demo at 20.11.22, 4PM, Ottmar-Pohl-Platz, Köln Kalk
We are filled with Anger and Rage! The situation got even worse over the course of last year. Again and again we are subjected to harassment on the streets and hear about trans people getting beaten up and even murdered. The situation is especially dire in all of the places where wars are being waged. Our thoughts and Solidarity are with all trans people, all dissidents and everyone subjected to patriarchal violence in Kurdistan, Iran, Afghanistan and the Ukraine.
We want to carry our rage against transmisia to the streets together We want to form alliances against transmisic structures like the humiliating and outdated "Transsexuellengesetz", the asylum system, that still does not recognize transmisia as a valid reason to seek asylum or the cops, who do not protect queers of color especially, but poses a danger to life to them.
But we also want to come together to share courage and power with another, because we are not alone and we want to keep fighting for our rights. We want a world without transmisia. It is a long way until we are there, but we are more and we are stronger than ever before! We invite all of you to walk this way with us.
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korrektheiten · 1 month
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Weiße als Opfer von Rassismus – Wider die strukturelle Dummheit
ScienceFiles:»Critical Race Theory ist keine Theorie, es ist eine Ansammlung mehr oder weniger sinnloser Annahmen, die allesamt auf dasselbe hinauslaufen: eine Rasse zur Überrasse zu stilisieren, alle anderen zu unterwerfen. Critical Race Theory ist gelebter Rassismus und eigentlich zu dumm, als dass […] http://dlvr.it/TCDLWC «
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mushroomnenna · 3 months
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Utopie bedeutet Abschied von der gerechten Welt
Ich glaube es war Nietsche, neben etlichen anderen Philosophen der Schwarzmalerei, der sagte, das Glück etwas ist was kaum zu erreichen ist in der Vollkommenheit ohne den Abschied von Konsum und Statussymbolen, aber das worauf ich eigentlich hinaus möchte was er sagte ist, dass Chancengleichheit und eine gerechte Welt nicht existieren darf um eine glückliche Welt zu schaffen. Aber worauf möchte ich hinaus? Das Rassismus, Diskriminierung, Mysogonie okay sind? Das wir ungerecht sein müssen um glücklich zu sein? Nein, das meine ich nicht. Aber wir müssen uns endlich davon verabschieden, dass die Welt im Kern doch irgendwo gerecht ist, denn sonst werden Opfer (ich mag das Wort Betroffene lieber, aber mir ist das nie passiert was ich nun aufführe und deswegen verwende ich die Worte Opfer und Täter) wie Natascha Kampusch die 10 Jahre entführt waren, sich aus eigener kraft gerettet haben zur Täterfigur, da der wahre Täter fehlt. Diese Falle müssen wir vermeiden um selbst in die Rolle der Verantwortung zu kommen. Wir dürfen unsere eigene Macht, Verantwortung unsere Gedanken nicht vorgeben lassen von Menschen mit starken Meinungen. Ich sage nicht man soll die neutrale Presse verteufeln oder überhinterfragen. Nein, das wäre das andere Extrem und wenn man das tut was ich vorschlage, eben mit Selbstreflexion und Verantwortung darauf schaut, dann weiß man das auch einzuschätzen worauf ich hinaus möchte und was man hinterfragen sollte. Wir hatten schon das Thema, das Wahrheit so subjektiv ist wie die eigene Gefühlswelt. Wir müssen lernen uns das bewusst zu machen. Wir müssen lernen zu akzeptieren wie die Welt ist, wir müssen lernen unsere Energie darauf zu verwenden Dinge die nun da sind zu optimieren nicht darauf etwas nachzuweinen was wir nie haben werden. Eine Dystopie ist stillstand. Bleib stehen und sieh zu wie die Welt zerbricht, nimm dir ein Glas Rotwein und schenk dir nach. Oder schaue in deinen eigenem Lebensumfeld wo du Veränderungen reinbringen kannst. jeder kann das, jeder hat diese Macht, und glaub mir, je unpriviligierter deine Situation desto mehr Einflussnahme hast du im Kleinen und somit im Großen. Die Menschen lieben Underdogs, sei der Underdog. Das ist das was ich meinte als ich sagte es wird wehtun wenn wir eine Utopie erschaffen wollen, und das was ich meinte als ich sagte du kannst ein Held sein, aber nicht ohne Opfer. Sei selbst das Vorbild. Falle nicht in eine toxische Positivität, aber dazu später mehr.
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toastertoasterextra · 4 months
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1 kleiner Appell
Eine Therapie löst nichts. Nichts in dem Sinn, in dem problemorientiertes Denken die Welt konstruiert: Ein Problem wird identifiziert und dann abgeschafft. Eine Psychotherapie kann helfen zu verstehen, wo wiederkehrende Schwierigkeiten liegen, aber sie macht nichts ungeschehen, schafft keine anderen politischen Umstände, sie bewirkt keine radikalen Umbrüche im Außen, vor allem nicht schnell, vor allem nicht eindeutig quantifizier- und messbar. Was eine Therapie im Idealfall schafft, ist, die eigenen Verhaltensmöglichkeiten zu erweitern. Eine flache Kritik an Therapie behauptet, sie sei nur dazu da, Menschen ins System einzupassen und funktionieren zu lassen. Andere sagen, sie brauchen einfach keine Therapie. Wie feige (ja, feige) diese Argumentation in vielen Fällen ist, wird vor allem daran erkennbar, wie die Lebensentwürfe der Nicht-Bedürftigen oder der Unangepassten in der Praxis aussehen. Die Lebenspraxis von vor allem Männern, denn es sind gut doppelt so viele Frauen wie Männer, die sich in Therapie begeben. 
Die Männer, die keine Therapie brauchen, würde ich anekdotisch so beschreiben: Sie trinken, rauchen und kiffen gern („gern“), arbeiten oder zocken bis zum Umfallen, haben ständig Angst vorm Versagen und können emotionale Bedürfnisse anderer kaum ertragen, geschweige denn Kritik ruhig aufnehmen. Die Männer, die keine Therapie brauchen, haben keine Ahnung, wie sie ihr Verhalten ändern könnten, wenn sie sich nicht durch Disziplin (read: Angst) irgendwohin peitschen können. Es ist ein Trauerspiel, und nicht nur für sie.
Vor allem für die linken Männer, die gern die „Individualisierung“ der Gesellschaft beklagen, sollte es eigentlich keine Überraschung sein: Ihr seid soziale Wesen. Ihr seid eingebunden in Beziehungen mit anderen Menschen. Dann, wenn ihr euch am meisten als lonely wolf fühlt, schaut euch um. Irgendwo am Horizont ist da eine Partnerin, eine Liebhaberin, eine Freundin, eine Tochter oder Mutter, meinetwegen auch eine besonders zugewandte Kollegin, die sich für euch interessiert, wenn es euch beschissen geht. Wenn die politischen Diskussionen mit den Genossen plötzlich nicht helfen können und die Witze von den Kumpels nicht landen. Es sind die Personen, die euch wirklich nah sind, die euch nah bleiben müssen oder wollen, die darunter leiden, dass ihr unangepassten und männlich fest im Leben stehenden Typen meint, keine Therapie zu brauchen.
Ich habe einem jungen Mann dabei zugesehen, wie er über mehrere Jahre all seine Freund:innen verlor und dabei der Meinung blieb, es seien andere, die Therapie bräuchten. Ich sehe Partnerschaften, in denen Männer sich lieber teure und zeitintensive Hobbies zulegen, als sich einem Gespräch über die Aufteilung der Kindererziehung zu stellen. 
Es heißt, Therapie setzt da an, wo der Leidensdruck zu groß ist. Aber wessen Leidensdruck, und von wessen gutem Leben wird hier ausgegangen, wenn es am Ende die Partnerin ist, die unter der Doppellast von Arbeit und Care-Work zusammenbricht, oder die Tochter, die depressiv wird oder die Kollegin, die jeden Tag mehr übernimmt und schließlich – eine Therapie beginnt? 
Sicher leiden auch Männer im Umfeld einer Person, die ihre Probleme externalisiert, unter einem Vater, Vorgesetzten, Kollegen. Aber es sind oft die Frauen, die den größten Teil von Pflegearbeit und emotionaler Arbeit übernehmen und dafür am wenigsten Wertschätzung erfahren.
Eine Therapie löst keine gesellschaftlichen Probleme, die üblichen Diskriminierungsformen machen auch vor therapeutischen Praxen keinen Halt. Wenn aber Männer, die keinen Rassismus und keine Queerfeindlichkeit zu befürchten haben, lieber Substanz-Finetuning betreiben, lieber in den totalen emotionalen Rückzug gehen, sich lieber als Opfer welcher Umstände auch immer sehen als eine Therapie zu beginnen, sehe ich darin nur ein feiges Stehlen aus der Verantwortung. 
Eine Therapie kann diejenigen Menschen, die uns am nächsten stehen, entlasten. Eine erfolgreiche Therapie sensibilisiert nicht nur für eigene Bedürfnisse, sondern auch dafür, was andere brauchen. Sie gibt Möglichkeiten an die Hand, wie miteinander anders umgegangen werden kann. Eine Therapie zu machen bedeutet oft schlicht, Verantwortung zu übernehmen. Nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Menschen, mit denen man das Leben teilt.
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missbookiverse · 4 months
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Die problematische Seite der True-Crime-Faszination
I Have Some Questions For You von Rebecca Makkai, erstmals 2023 bei Viking erschienen. Auf Deutsch unter dem Titel Ich hätte da ein paar Fragen an Sie bei Eisele verlegt.
Bei dem Hype, den True Crime – also Podcasts, Dokumentationen und Sachbücher über wahre Verbrechen – im Moment bzw. schon seit Jahren erfährt, ist es nicht verwunderlich, dass auch die kritischen Aspekte dieser Faszination für echte Fälle und Schicksale immer öfter in den Fokus rücken. Es gibt z. B. Kritik daran, dass es fast ausschließlich um weiße Opfer geht oder daran, dass Täter unnatürlich viel Beachtung für grausame Akte bekommen, was ihren Geltungsdrang bestätigt und zukünftige Täter bekräftigen könnte. Und dann wäre da natürlich noch der Punkt, dass Verbrechen zu Unterhaltungsformaten umfunktioniert werden, mit denen Geld gemacht wird, ohne zu beachten, dass es Hinterbliebene gibt, deren Angehörigen diese Verbrechen wirklich geschehen sind und die vielleicht nicht wollen, dass über ihr Leben, ihre Gedanke oder das ihrer Liebsten spekuliert und fantasiert wird.
Ich selbst hege kein großes Interesse an True-Crime-Dokus oder -Podcasts, was mich aber durchaus reizt, ist die Analyse der Faszination, die Hinterfragung dieses popkulturellen Konstrukts in Bezug auf identitäre Aspekte wie Gender und Race. Und wie ließe sich so etwas schöner erforschen als in einem Roman über ein Verbrechen und einen True-Crime-Podcast, der sich mit diesem befasst?
Bühne frei für Bodie Kane
In Rebecca Makkais I Have Some Questions For You geht es um Bodie Kane, Anfang 40, die an das Internat ihrer Jugend zurückkehrt, um einen Podcast-Kurs zu unterrichten. Eine ihrer Schülerinnen entscheidet sich im Rahmen des Kurses für ein True-Crime-Projekt, in dem sie den 23 Jahre zurückliegenden Mordfall um Bodies weiße, ehemalige Mitschülerin Thalia unter die Lupe nimmt. Festgenommen wurde damals, unter fadenscheiniger Polizeiarbeit, Omar Evans, der Schwarze Sportlehrer der Schule. Bodie ist Feuer und Flamme für Britts Projekt, da Thalias Mord und Omars vermeintlich ungerechte Verurteilung sie nie ganz losgelassen haben.
In einem Wechsel zwischen den Neunzigern und den 2020ern erfahren wir, wie es Bodie damals als Außenseiterin am Internat erging, wie sie Thalia und ihren tragischen Tod erlebte und wie sich ihr Leben seither entwickelt hat. Dieses Hin und Her erlaubt eine direkte Kontrastierung der Vergangenheit und Gegenwart in jeglicher Hinsicht. Wir erleben, was für Erwachsene aus Bodie und ihren damaligen Mitschüler*innen geworden sind und wie das traumatische Ereignis ihrer Schulzeit sie geprägt hat. Wir sehen, wie Erinnerung und Wahrnehmung sich verändern und ein Bild verzerren können und realisieren, wie viel sich innerhalb von zwei Jahrzehnten im Umgang mit Mobbing, Sexismus und Rassismus verändert hat. Anhand ihrer Schüler*innen und durch Social Media erfährt Bodie hautnah, welche Zustände heute viel eher angeprangert werden, über die 23 Jahre zuvor noch geschwiegen oder gelacht wurde, wodurch die Ereignisse aus ihrer Schulzeit in ein neues Licht gerückt werden.
Zugegeben, ich habe eine Weile gebraucht, um mit I Have Some Questions For You warm zu werden, aber nach einem Drittel war ich der Sogwirkung komplett verfallen – sei es durch die konstante Spannung der wechselnden Zeitebenen, dadurch wie neue Informationen aus der Vergangenheit die Situation in der Gegenwart zuspitzen oder durch die Wiederbegegnung mit Bodies nun erwachsenen Mitschüler*innen von damals, die auch wir vorerst nur an Bodies Teenager-Seite kennengelernt hatten. Bodie selbst birgt viel kompliziertes Menschsein in sich: Sie durchlebt eine Scheidung, sehnt einer Affäre hinterher, wird in einen #MeToo-Vorwurf hineingezogen und kann sich nicht den wahnhaften Kaninchenlöchern ihrer Internetrecherchen rund um Thalias Tod entziehen. Von außen fühlt sich ihr Verhalten oft ungesund an, aber wenn wir ehrlich sind, kennen viele von uns das manische Gefühl einer Hyperfokussierung und auch wir treffen nicht immer die besten Entscheidungen in zwischenmenschlichen Beziehungen.
Täter und Opfer
In ihrer Ich-Perspektive richtet Bodie ihren gesamten Bericht in direkter Ansprache an ihren ehemaligen Lehrer und Mentor Mr. Bloch, der für sie immer eine positive Bezugsperson war. In der Retrospektive der erwachsenen Bodie wird er plötzlich zum möglichen Täter und die ungeklärte Frage darüber, wie viel an diesem Verdacht dran ist, trägt zusätzlich zur Spannung bei. So viel will ich aber verraten und loben: Obwohl das Geheimnis um den Mord gelüftet wird, gibt es nicht die eine saubere Lösung. Stattdessen werden die Komplexität der Umstände, das Zusammenspiel zahlreicher Komponenten und systemische Probleme offenbart.
Aber weg von den Schuldigen und hin zu den Opfern. I Have Some Questions For You schafft es, zahlreiche True-Crime-Aspekte zu kritisieren, z. B. wie leicht die eigenen Erkenntnisbedürfnisse über die der Hinterbliebenen gestellt werden (Bodies Aufklärungsdrang scheint ihr wichtiger zu sein als die Wünsche von Thalias Familie zur Niederlegung des Falls). Am deutlichsten macht Makkai die Kritik aber in Bezug auf Sexismus und die #MeToo-Debatte der letzten Jahre. Eine Auseinandersetzung findet in zahlreichen Handlungssträngen statt, von Bodies Privatleben bis zu eingeschobenen, zynisch formulierten Nachrichtenschnipseln über weibliche Opfer und die abfällige, kühle Art, mit der über sie diskutiert und berichtet wird:
It was the one where fifteen women accusing the same man of the same thing was too much of a coincidence; they must have coordinated their stories. It was the one where the witness wasn’t considered credible because six years earlier, she’d accused another man of the same thing, and it was easier to believe she was lying than that lightning loves a scarred tree. (S. 127)
Die fehlende Nennung von Namen verdeutlicht, wie austauschbar diese Frauen sind, wie normalisiert die Gewalt an ihnen geworden ist und was für ein großes gesellschaftliches Problem das birgt. Jede Person, die sich schon mal näher mit diesem Thema beschäftigt hat, wird auch auf den Rassismus der Berichterstattung gestoßen sein. Geschrieben wird in erster Linie über weiße Frauen und Mädchen; über weiblich gelesene Personen of Color wird deutlich seltener berichtet. Diese Problematik greift der Roman auf, als Bodies Schülerin Britt über ihr eigenes Podcast-Vorhaben reflektiert:
Britt said, “Like, also, me as a white person, if I wanted to tell the story of a white person’s murder, then I’m ignoring the violence done to Black and brown bodies. But I can’t tell a story of violence against people of color, because I’m white and that would be appropriation.” (S. 37)
Schön und gut, dass dieser Punkt angesprochen wird, aber am Ende fühlt es sich wie Lampshading an: Das Problem wird zwar aufgezeigt, aber nicht gelöst. Der Roman bringt immerhin noch einen zweiten, Schwarzen Podcaster mit ins Spiel und hinterfragt definitiv die rassistischen Motive an der Festnahme des Sportlehrers Omar, aber die Geschichte ist und bleibt von einer weißen Autorin geschrieben, deren weiße Protagonistin versucht, den Mord an einem weißen Mädchen aufzuklären. Selbst mein Review kann sich diesem Zyklus nicht entziehen und nur auf diesen problematischen Sachverhalt hinweisen.
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Reading Buddy Ein Buch, das sich ebenfalls mit grausamen Verbrechen auseinandersetzt, aber mehr mit der Darstellung des Täters beschäftigt und dabei den Opfern viel Raum gibt, ist das ebenso grandiose Notes on an Execution.
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heplev · 7 months
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Just sayin'... (nicht nur) unsere Regierung
Malca Goldstein-Wolf, X/twitter, 23. Februar 2024
Die Werte, für die ich stehe, werden von einer Regierung torpediert, der ich in keinsterweise vertraue.
Ich will kein Demokratie-Fördergesetz, das woke-linke NGOs unterstützt, die mit meinen Steuergeldern versuchen, das deutsche Bürgertum mit durchschaubaren Kampagnen auf Regierungslinie zu bringen und konservative Meinungen undemokratisch außen vor lassen.
Ich will keine Regierung, die vorsätzlich von dem eigenen Versagen ablenkt, in dem sie, mit Hilfe linker #ÖRR-Berichterstattung einen Fokus auf eine rechte Gefahr lenkt, die im Gegensatz zu der brandgefährlichen unkontrollierten Einwanderungspolitik zu vernachlässigen ist.
Messerstechereien, Gefahr für Leib und Seele ungeschützter Bürger sind inzwischen Gegenstand täglicher Nachrichten.
Leben in deutschen Städten wird für Bürger zur täglichen Gefahr.
Die Angriffe auf Deutsche werden vertuscht und wir müssen dafür auch noch bezahlen.
Ich wehre mich gegen Akteure, die dafür entlohnt werden, muslimische Angriffe auf unsere Werte zu verleugnen.
Ich verachte Politiker, die sich statt dem Schutz der Bürger mit Nebenkriegsschauplätzen beschäftigen, die das eigentliche Problem nicht angehen.
Ich will nicht für dumm verkauft werden, will nicht, dass nur Besserverdiener in der Lage sind, ihre Kinder zu schützen, weil sie so privilegiert sind, dass sie ihre Kinder auf Privatschulen schicken können.
Es macht mich wütend, dass von antimuslimischem Rassismus schwadroniert wird, obwohl die Fakten zeigen, dass in den seltensten Fällen Muslime von deutschen Nicht-Muslimen angegriffen werden und eine offensichtliche Täter-Opfer-Umkehr betrieben wird.
Ich begreife nicht, dass ein Großteil der Bürger intellektuell nicht in der Lage ist, dieses miese Spiel zu durchschauen.
Es ängstigt mich, dass ich kein Licht am
Ende des Tunnels sehe, dass uns Hoffnung macht, den Untergang unseres Land zu verhindern.
Es ist mir unbegreiflich, dass so wenige Politiker die Courage haben, mit aller Kraft gegen Lauterbach, Baerbock, Habeck und letztendlich auch Scholz klare Kante zu zeigen und mit verschränkten Armen zusehen, wie unser Land wirtschaftlich und gesellschaftlich den Bach runtergeht.
Es ist mir unbegreiflich, dass die lächerliche Verortung in die rechtsextreme Ecke, im
Anbetracht der unübersehbaren Zustände in unserem Land, nicht endlich an Schrecken verliert.
Und ich wundere mich, dass viele Politiker kein Verantwortungsbewusstsein verspüren, diejenigen zu schützen, die ihre Diäten finanzieren.
Viel zu oft habe ich den Eindruck, mich im falschen Film zu befinden.
Für Realisten schwindet die Hoffnung auf Besserung von Tag zu Tag.
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unfug-bilder · 9 months
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Die bayerische Landbevölkerung hetzt, der Bayerische Rundfunk hält erstaunlicherweise dagegen. In diesem Fall möchte ich nicht von Rassismus sprechen, sondern muß das Wort Fremdenfeindlichkeit benutzen.
Denn jeder in die örtliche "Dorfgemeinschaft" Eindringende (m/w/d) würde dort Opfer der Gerüchteküche. Es ändern sich nur die Themen.
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shape · 6 months
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Die europäische Linke begeistert sich für ultrarechte, nach Vorherrschaft strebende Gruppen, die ihr auf ihrem eigenen Territorium Angst einjagen. Ihr manichäisches Bild vom Unterdrückten und Unterdrücker lässt sie nicht erkennen, dass es unter diesen Unterdrückten auch Unterdrücker gibt.
Die Gründe für die Liebe zu denjenigen, die ihre Verachtung für den Westen auf jede erdenkliche Weise unter Beweis gestellt haben – Bomben, Attentate, Gräueltaten –, lassen sich zusammenfassen in der Ablehnung des christlichen Machtverzichts, der Legende, dass ein Opfer ins Zentrum der Religion stellt, der Logik der anderen Wange und der Trennung zwischen Kaiser und Gott, die das Christentum kennzeichnet. Radikale Feministinnen, fanatische Anarchisten, die sich in keiner Weise mit dem iranischen Regime identifizieren können, arbeiten für dieses, weil sie in ihrer Verachtung für die christliche Moralordnung übereinstimmen.
Der Islam ist wohl die am wenigsten westliche der drei großen Religionen, aber auch die modernste. Er wird nicht als eine religiöse Möglichkeit geliebt, sondern als eine Überwindung des jüdisch-christlichen Bewusstseins, des Opfers und der Erlösung, der Vergebung der Sünden und des Kreuzes als Anfang und Ende von allem. Geliebt wird die Einfachheit in einer Reinheit, die verlorenging, bevor die »jüdischen Köpfe« kamen, um alles zu verkomplizieren.
Es ist also der »islamistische Kopf«, der die Komplikation vereinfacht, die die »jüdischen Köpfe« und die Christen hinterlassen haben; er ist es, der im Schicksal des palästinensischen Volks geliebt wird, um das wir alle zu Recht weinen, für das aber niemand etwas Konkretes tut, außer zu weinen. Tränen und Hilflosigkeit für die Palästinenser, die nicht in den Ghettos darauf warten, wie die Juden im Holocaust abgeschlachtet zu werden, sondern deren Widerstandsversuche, die von der ­Jugend des Westens gefördert und ermutigt werden, nur mit mehr Schmerz und Leid für sie selbst enden. Für die Anführer des Widerstands ist das ein furchtbar lohnender Schmerz, der mit Menschenleben bezahlt wird, die nicht Opfer, sondern Märtyrer eines immerwährenden und endlosen Kampfes sind, der das Herzstück des Islam darstellt. Eine Religion des Kampfs gegen eine Religion der Kapitulation, das Christentum, und eine der Geduld, das Judentum. [...]
In der Tat ist die Forderung, Palästinenser nicht zu töten, weil sie Menschen sind, die Grundlage eines jeden minimalen humanitären Prinzips. Die Forderung, sie nicht zu misshandeln, weil sie »diese Menschen« sind, »diese Menschen, die nicht so sind wie ich«, stellt aus universalistischer Sicht einen inakzeptablen Unterschied dar, der aus christlicher Sicht jedoch lobenswert ist. Aber das christliche Mitgefühl entspringt dem Gedanken, dass der andere, ohne aufzuhören, ein anderer zu sein, letztlich ein Teil von einem selbst ist.
In dem natürlichen Mitgefühl für Kinder, alte Menschen oder Frauen, die in Gaza bombardiert, ausgehungert und getötet werden, sind die Spuren dieses Mitgefühls leicht zu erkennen, aber in der Bewunderung für politische Bewegungen, die Frauenrechte, Demokratie oder religiöse Toleranz verweigern, und in der Verachtung für diejenigen, die unter diesen Übeln leiden, steckt etwas mehr als umgekehrter Rassismus. Nicht in der Hautfarbe oder der Sprache suchen wir das, was uns als Menschen, als Sterbliche, als Schwache, als Würdige ähnlich macht, sondern das, was diese Ähnlichkeit leugnet. Man bewundert nicht denjenigen, der anders aussieht, aber im Grunde genommen gleich ist, sondern denjenigen, der anders aussieht und anders fühlt, denkt, handelt als wir.
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philosophenstreik · 11 months
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salomés zorn
roman von simone atangana bekono
erschienen 2023
im verlag c.h.beck
isbn: 978-3-406-80000-9
(von tobias bruns)
salomé landet in einer jugendstrafanstalt. in einem dorf in den niederlanden wird sie ohne ende gehänselt und übelst gemobbt. irgendwann schafft sie es nicht mehr, passiv diesem ganzen "scheiß" entgegenzutreten, flippt aus und endet eben hier, wo sie von einem im fernsehen aufgetretenem psychologen behandelt wird, der sich seine afrika-reisen auf die flagge schreibt, um seinen ihm wichtig zu betonenden nicht vorhandenen rassismus zu beweisen. sie vermisst ihre familie, vor allem ihren vater, der sie mehr als jeder andere geprägt hat. in der anstalt trifft sie auf die gleichen probleme wie draußen, ebenso auf verbündete, die sich mit der zeit ergeben und die wie eine neue familie werden - immer begleitet von gewaltausbrüchen in der anstalt, von denen auch sie teil ist...
ein roman, der begeistert. selten habe ich ein buch gelesen, das so intensiv die gesellschaft thematisiert, die einen systematischen, immanenten rassismus lebt und ihn so erfolgreich vor sich selbst verbirgt und sich die hände sauber glaubt. was bleibt einem menschen bei all der ohnmacht vor der herrschenden norm? es bleibt der zorn, die ohnmacht, die salomé in diese situation gebracht hat. es ist "als ob du ein loch in deinen feind schlagen willst" sagt salomés vater zu ihr, statt zum lehrer zu gehen und das rassistische mobbing "anzuzeigen". doch was sollte es bringen? eigene erfahrungen des vaters sagen doch, dass alles gegen einen arbeitet. und doch versinkt er in scham, als salomé sich schlußendlich verteidigt gegen ihre peiniger und natürlich sofort verurteilt wird. so institutionalisiert, wie rassismus ist, ist so häufig die täter-opfer-umkehr. ein trauerspiel, das dieser extrem intensive roman noch einmal ganz klar verdeutlicht! ein roman, der die äugen öffnet, aber man muß sehen wollen! wie so oft...
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