Tumgik
#Krankheitseinsicht
agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1750 / Und bald durch die Altstadt von Jerusalem
Heute noch hier. Ein letzter Arbeitstag. In diesem Jahr.
Und bald durch die Altstadt von Akko. Wiederkehrende Gedankenspiralen mit Selbstvorwürfen und Rechtfertigung, mit Pathologisierung und Wertschätzung. Ob es denn dieses Land sein müsse, warum gerade? "Because nothing compares to Israel" wie ich doch erst vor einigen Tagen Abrahams Sohn schrieb. Das Extreme suchen oder das Gehaltvolle? Sich nicht anpassen können oder der inneren Stimme folgen? Über die eigenen Verhältnisse leben oder verhältnismäßig genügsam?
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Ich raste immer noch aus. Kann aber über mich selbst lachen zwischendurch. Dies ist die wahre Geschichte einer trockenen Alkoholikerin. Einer Alkoholikerin, die versucht, abstinent zu leben, um zu leben. Sie würde sterben sonst. Trinken ist der Tod. Alkohol trinken ist der Tod.
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Immer wieder dieser Impuls des Vorwurfs: Wie ich so unchristlich sein kann, nicht mit meiner Mutter Weihnachten zu feiern. All die Jahre. Aber all die Jahre waren wir verbundener an anderen Tagen im Jahr, an Werktagen, an Krankheitstagen, an Tagen der Nächstenliebe mitten im Juni, im August. Wir können das ohne Weihnachten, ohne Baumschmuck. Wir sitzen keine Zeit ab beim Festessen, müssen uns nicht sehen lassen oder uns eine Geste erweisen. Es ist das ganze Jahr Weihnachten oder eben gar nicht.
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Millie Turner January https://www.youtube.com/watch?v=l3pIWpdzs2A
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auf-duennem-eis · 4 years
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Therapeuten und Psychiatrien
Ich habe eine neue Therapeutin. Was mir sehr gut gefällt ist, dass sie permanent mit dem Kopf dabei ist, sich versucht in meine Welt, mein Empfinden, mein Erlebtes hineinzudenken; mich annimmt, die richtigen Fragen zu rechten Zeit stellt, nicht versucht, mich zu beeindrucken.
Letzteres habe ich leider schon mit einigen Therapeuten erlebt. Ich arbeite seit fast 15 Jahren hart an mir, habe in diesem Zeitraum schon viele Therapien und Therapeuten in unterschiedlichen Settings kennengelernt. Ich bin sehr offen, will an mir arbeiten und bin nicht auf den Kopf gefallen. Das führt dazu, dass ich für viele Therapeuten ein schwieriger Patient bin. Sie sind es offenbar nicht gewöhnt, dass ihnen dort jemand gegenüber sitzt, dem nicht erst Krankheitseinsicht und Handlungswille beigebracht werden muss. Ich bin deshalb auch immer verwirrt, wenn dann Fragen kommen, wie: „Ist es in Ordnung, wenn ich zu diesem Punkt noch ein paar Fragen stelle?“. Ich antworte dann immer: „Selbstverständlich, dafür bin ich hier!“. Am liebsten würde ich mir dabei motiviert die Hände reiben, aber das lasse ich wohl besser. Diese Einstellung setzt meine Therapeuten unter Druck, das merke ich.
Dass ich einen guten Therapeuten vor mir habe, bemerke ich weiterhin daran, dass seine Fragen Stück für Stück tiefer dringen. Dass ich da plötzlich einen Kloß im Bauch habe, dass ich spüre, dass diese unheimlich hohe und dicke Mauer um meine Emotionen Risse bekommt, ich meine Fassung bewahren muss. Denn auch, wenn ich wirklich offen bin und an mir arbeiten möchte: diesen letzten Schritt zu gehen, die Kontrolle abzugeben und diese Emotionen in mir herauszulassen, dafür fehlt mir zumindest im ambulanten Setting der Mut, die Zeit, die Kraft. Zu unbekannt, beängstigend, unvorhersehbar ist dieser dunkle Fleck in mir.
Bei einem (teil-)stationären Aufenthalt ist das etwas anderes. Dort häutet man sich mit jedem Tag ein kleines bisschen; wird die Mauer Tag für Tag dünner, bis man irgendwann ein klein wenig loslassen kann. Alle Menschen dort, ob Mitpatienten oder Therapeuten, sind verständnisvoll, machen Mut, fangen einen auf. Deshalb gehören für mich die Psychiatrien auch zu den menschlichsten und angenehmsten Orten der Welt. Ich wünschte, auch im täglichen Leben würde es diese Menschlichkeit, diesen warmen, verständnisvollen, helfenden Umfang miteinander geben!
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editionriedenburg · 2 years
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Sind Erwachsene psychisch erkrankt, dann leiden sie vorwiegend an Ängsten, Depressionen, Manien, Essstörungen, Suchterkrankungen, Schizophrenien oder Zwängen. Bei zunehmendem Problemdruck verdichten sich Suizidgedanken und Selbsttötungsversuche häufen sich. Für Partner und Angehörige stellt die Bewältigung des Alltags mit psychisch erkrankten Menschen eine enorme Belastung dar, wobei das Zusammenleben infolge ausbleibender Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft zusätzlich erschwert wird. Richtig kompliziert wird es, wenn psychisch erkrankte Erwachsene minderjährige Kinder haben. Denn die psychische Krankheit erzeugt Unklarheit, Ängste, Schuldgefühle und verändert die Eltern-Kind-Beziehung meist ungünstig, weil Kinder oftmals vernachlässigt werden. Das Sachbuch „Annikas andere Welt“ teilt sich in drei Abschnitte: Im ersten erhalten Kinder Informationen über die psychischen Krankheiten der Eltern, deren Anzeichen und Auswirkungen auf sie selbst, die Eltern-Kind-Beziehungen sowie das Familienleben. Auch werden Ideen vermittelt, wie Kinder Gleichaltrigen die Krankheit erklären und wie sie selbst damit besser klarkommen können. Zahlreiche Mit-Mach-Seiten laden zusätzlich zur Selbstreflexion, zum Entdecken eigener Fähigkeiten und Bewältigungsstrategien sowie zur Entwicklung eines differenzierten Familienbildes ein. Die Unterlagen im Buch eignen sich auch für die psychologische, psychotherapeutische, ärztliche und pädagogische Begleitung. Im zweiten Teil bekommen Eltern, Angehörige und psychosoziale HelferInnen Informationen zu kindlichem Erleben, Folgeproblemen, Risikofaktoren und Fremdunterbringung. Für PsychologInnen und PsychotherapeutInnen finden sich im dritten Abschnitt Anregungen für die Arbeit mit psychisch erkrankten Eltern und deren Kindern. SOWAS-Buch.de #psyche #psychiatrie #psychischkrank #psychischkrankeeltern #kinderbuch #bilderbuch #ratgeber #psychotherapie #therapie #psychiater #psychologie #psychologe #familientherapie #sowasbuch #sowasreihe #editionriedenburg https://www.instagram.com/p/Ce6aKcprMGj/?igshid=NGJjMDIxMWI=
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bordiblogsberg · 4 years
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Compliance
Einsicht, Anerkennung, Radikale Akzeptanz.
Inhalte der DBT, einer Therapieform für Borderliner. Auch nach einem ganzen Jahr im stationären Setting fehlt mir die Krankheitseinsicht.
Ich halte lieber diese gigantische Türe zu, hinter dem ein Monster mit aller Gewalt versucht hereinzukommen. Manchmal finde ich einen Schlüssel, doch der hält nicht lange und ich muss wieder kämpfen.
Was passiert wenn ich das Ungeheuer hineinbitte oder mich die Kraft verlässt? Es wird mich schnappen und auffressen. Ich werde sterben.
Ich soll bspw. die Depressionen zulassen, wird mir immer wieder empfohlen. Wenn ich das tue, erkläre ich mich dazu bereit, jeden Tag ein bisschen mehr zu verrecken. Klingt vielversprechend, auf die Idee muss man erstmal kommen. Am besten, ich lade das Monster zum Kaffee ein und schaue dabei zu, wie es meinen sicheren Ort zerstört.
Über Jahrzehnte habe ich gelernt, das Monster zu betäuben und es zumindest kurzzeitig auszuschalten. Pause. Ruhe. Kraft tanken.
Nun sind meine Verhaltensweisen und Bewältigungsstrategien falsch und dysfunktional. Langfristig selbstzerstörend.
Langfristig? Ich bin ehrlich überrascht, dass ich die Mitte 30 gepackt habe und froh, wenn ich weiß, was ich morgen anziehe.
Die Dissoziationen erlauben mir nur sehr selten bewusste Momente, die ich dann kaum ertrage. Ich habe Panik oder werde einfach ohnmächtig. Zu viel.
„Das ist real! Du bist unheilbar krank und das wird niemals aufhören!“
Die Worte dringen wie Fleischermesser in meine Seele und dann flackert es kurz bevor alles schwarz und dumpf wird.
Ich brauche Hilfe, aber diese führt durch die Hölle und ich weiß, dass ich es nicht schaffen kann.
Also, mit Milch oder Zucker?!
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heinzduthel · 6 years
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Störungen der Krankheitseinsicht von Siegfried Gauggel (Buch) NEU
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amesiac-blog · 7 years
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Ich habe viel nachgedacht, jetzt wo ich so alleine mit mir selbst bin. Und man stellte die Frage: willst du aktiv an deinem leben teil nehmen oder passiv. Aktiv oder passiv. In der Vergangenheit habe ich gelernt passiv heißt sterben, aktiv heißt leben. Auch wenn ich das ganze nicht immer sehe. Das mit den Gefühlen ist schwieriger als man denkt, ja es macht einen manchmal richtig fertig. Aber man erkennt. Erkennt was falsch läuft, erkennt wenn die Gedanken in die falsche Richtung gehen. Und dann steht man da, erkennt die Situation, denkt sich warum habe ich das noch nie so gesehen und muss handeln wenn man aktiv bleiben möchte. Ich kann euch gar nicht sagen wie mich die Worte "Krankheitseinsicht", " ABC der Gefühle", "aktiv" und "passiv" nerven. Fortsetzung folgt
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Krankheitseinsicht Englisch übersetzung - Englisch Bedeutung für Krankheitseinsicht
Was ist die englische Bedeutung von Krankheitseinsicht. Krankheitseinsicht auf Englisch übersetzen Krankheitseinsicht Englisch übersetzung
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agatha-abstinent · 4 years
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Tag 2122 / Bei der Zeile, vielleicht sagt der Arzt ihm, dass er Alkoholiker ist
S. 107 im Blauen Buch, an die Suchtberaterin gedacht. Sie sagte: "... diese Kriterien treffen zu bei Alkoholismus. Sie sind demnach Alkoholikerin." Sie hatte genau die richtige Sensibilität, wie sie das sagte. Sie gab mir eine Liste mit vier AA-Meetings, eine Empfehlung. Die Quantität an Meetings in Berlin ist auch erschlagend. 200 Meetings - in welches gehe ich denn? War gut, war hilfreich: nur vier. Glückliche Fügung, dass eins der Meetings keine 200 Meter von meinem Zuhause entfernt war. Mehrmals, mehrere Wochen vorbeigegangen, nicht reingetraut. Irgendwann doch.
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AVEC NFYT https://www.youtube.com/watch?v=CwkJgvx8pUA
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agatha-abstinent · 4 years
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Tag 1896 / Das ist ja n Eingriff in den Gehirnstoffwechsel!
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agatha-abstinent · 4 years
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Tag 1896 / Das ist ja n Eingriff in den Gehirnstoffwechsel!
Ja, das ist es! Und dann brauchen wir das wohl.
Ich schulde das meiner Seele, dass ich sie mit Gutem füttere. Sie braucht Kunst als Nahrung, Fotos, Kataloge, Flyer, Magazine. So wie Zähneputzen, Nägelschneiden.
Diese Schwere Das Behäbige Die Glieder Jede Bewegung Wie eine Wand, ein Widerstand, gegen den ich immer gehe, handle
Und im Januar: Wenn ich jetzt was einnehme, werde ich es nicht erfahren
Und im Februar: "Sicher, wieder was nehmen zu müssen"
Und im März, April: Corona
Und im Mai noch: Nein Hab doch das Wohnzimmer umgeräumt Aber es sind auch die Zwänge, die so viel Zeit nehmen, Kraft kosten In die Isolation gehen, mit Fremden chatten, statt in den Kontakt
Zweifel Ob es ein Nachempfinden des Zustands im Februar ist Februar, über den ich jetzt gerade blogge
Oder Bewusstwerdung Sobald ein, zwei bewölkte Tage Sobald ein, zwei Enttäuschungen über Männer, die nicht antworten Bricht wieder so eine Tonne dickflüssige Teermasse auf mich Überweisungen nicht rechtzeitig können Wohnzimmer umräumen, aber nicht weitermachen können
Geräuschempfindlich so, so, so sehr Die Nachbarn und die und die
Wenn die Apotheke es nicht da hat, soll es noch nicht sein Damit dieser Gedanke mich nicht ausbremst, mir gesagt: Die Entscheidung war gefallen, als ich das Rezept suchte, als ich googelte, ob es noch gilt
Und den letzten Zweifel nahm mir das Plakat der Robert-Enke-Stiftung „IST EINE KRANKHEIT“ ich hatte das vergessen Ich hatte es für eine Begleiterscheinung der Abstinenz gehalten Wenn ich nur stark genug bin, dann schaffe ich das Vom Antidepressivum entwöhnen, aber vom Nasenspray nicht IST EINE KRANKHEIT
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Bright Eyes Persona non grata https://www.youtube.com/watch?v=HKXdkHJteyI
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1741 / 3. Symphonie 1. Satz während 3. Taxifahrt zur 1. Adresse
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Johannes Brahms Sinfonie Nr. 3 NDR Sinfonieorchester https://www.youtube.com/watch?v=FVE0KiozZuI
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1736 / Seine Tochter hat gerade einen Entzug angetreten
"Das ist so ein wichtiger Schritt."
Ob meinem Vater das auch bewusst war oder meiner Mutter?
Erster Entzug, zweiter Entzug
"Warum trinkst du nicht mit?" "Weil ich keinen dritten Entzug möchte, keine zweite Entwöhnung." Soll ich das sagen, wenn sie nächste Woche mittags einen Sekt bestellen wollen für mich? "Ich möchte da nicht mehr hin, wo ich mal war. Deshalb trinke ich nicht." Jetzt nach dem AA-Meeting fühl ich mich ganz stark, das zu sagen. Jetzt find ich mich cool so, nicht im Defizit. Ich fühl mich im Haben, im Plus, auf der Gewinnerseite.
Inzwischen nehm ich mich als wieder schlanker oder auch als durchtrainierter wahr. Bringen selbst 20 Minuten Yoga in der Woche was? Die Heilerde? Einfach wegen der fruchtbaren Tage?
Tränen in der U-Bahn. Das Megalied des Straßenmusikanten an Tag 1398. Nur wegen ihr weiß ich, wie es heißt. Das hat eine Weihnachtskarte verdient.
Heute ist mein 9-Monate-Trockenheits-Chip (Tag 276) aus der Strickjackentasche in den Müll gefallen. Ich muss aufpassen.
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Lewis Capaldi Someone you loved https://www.youtube.com/watch?v=u1yVCeXYya4
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1573 / Der Hauptzweck bleibt
"... die miteinander ihre Erfahrungen, Kräfte und Hoffnungen teilen ..."
"Wir führen keine Mitglieder-Karteien oder -Akten. Niemand braucht seinen Namen, Beruf oder Wohnanschrift zu nennen. Wer sich vorstellen will, sagt seinen Vornamen. Niemand braucht ein Wort zu sprechen, wenn er nicht will. Jeder kann Fragen stellen; es wird ihm immer geantwortet werden.
" ... den Mut die Dinge zu ändern, wenn ich es kann und die Weisheit richtig zu entscheiden."
"Es ist keine Schande krank zu sein"
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agatha-abstinent · 8 years
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Tag 714 / Das ist hier kein Schleimtagebuch
Das ist ein Abstinenztagebuch.
Im aktiven Alkoholismus habe ich nicht Tagebuch geschrieben. Als ich akut quasi täglich getrunken habe, schaffte ich es noch nicht mal mehr, meinen Papierkalender zu führen. Der von 2014 hat leere Seiten bis etwa Mitte Mai. Vorgespräch stationäre DBT-Krankenhausbehandlung, Termine bei der Psychiaterin, Krisengespräche bei der Psychologin, Erstgespräch Suchtberatung... diese jetzt rückblickend wichtigen, ersten Schritte auf dem Weg in die Abstinenz stehen da nicht drin. Manche finde ich in meinem auch zu der Zeit nur noch selten genutzten Notizbuch. Ein Notizbuch, das vom Frühjahr 2012 bis Herbst 2014 reichte. Seit ich nicht mehr trinke, komme ich mit einem Notizbuch nur wenige Monate aus. Wo ich wann war in den schlimmen Trinkzeiten, verrät mir am ehesten noch meine Fotosammlung auf dem Computer. Und das lediglich, weil durch das Digitale ja auch Datum und Uhrzeit der Aufnahmen gespeichert sind. Ich habe kein Tagebuch über die Entstehung meiner Alkoholabhängigkeit, über die Transformation von F10.1 (schädlicher Gebrauch) zu F10.2 (Abhängigkeitssyndrom) geschrieben, weil ich ja gar nicht wusste, dass und wann das passierte. So wie man eben häufig gar nicht mitbekommt, wo man sich die Schleimproduktion auslösenden Bakterien oder Viren eingefangen hat. Ich ahnte sehr wohl, dass mein Alkoholkonsum ungesund ist, wie man auch ahnt, sich zu erkälten mit nassen Socken unterwegs, verschwitzt in Zugluft... Aber nicht alle Menschen bekommen einen grippalen Infekt, auch wenn die klassischen Anfälligkeitsfaktoren vorliegen. Und nicht alle Menschen, die regelmäßig-übermäßig Alkohol konsumieren, die ihn schädlich gebrauchen, werden abhängig.
Ich habe kein Alkoholismustagebuch geschrieben, weil ich dazu gar nicht mehr in der Lage war und weil da meine Krankheitseinsicht noch nicht existierte. Ich habe mich sowohl in der ambulanten Alkoholentzugsbehandlung - zu der weder das Vorgespräch (Januar 2014), noch der Beginn (März 2014) in meinem Kalender steht - als auch in der stationären Entgiftung (August 2014) nicht als Alkoholikerin bezeichnet. "Ich habe Alkoholprobleme." war mir möglich, zu sagen. Mit den anderen Patienten konnte ich mich nicht richtig identifizieren. Mit der in beiden Kliniken vorgestellten Selbsthilfegruppe AA auch überhaupt nicht.
Ich habe kein Internettagebuch in meiner akuten F10.2-Phase geschrieben, weil Alkoholismus noch ekeliger und tabuer und gesellschaftsunkonformer als Schleim ist. Weil ich mich sehr geschämt habe und weil ich ja gar nicht wissen konnte, dass ich es zumindest 714 Tage am Stück trocken schaffen würde. Sucht ist sowas furchtbar Intangibles. Die Folgeschäden nicht. Die sind bei einigen so, bei anderen so sichtbar. Ich kann meine Alkoholsucht, die immer noch da ist, nicht vorzeigen wie den Rotz in meinem Taschentuch. Meine Augen sind nicht gerötet und geschwollen, sie tränen nicht bei Suchtdruck - außer ich bin gleichzeitig sehr traurig.
Das ist ein Abstinenztagebuch, ein Abstinenzblog. Und in diesem Blog postet eine Frau Blumen so wie Milliarden von Frauen und Millionen von Männern Blumen in Blogs, in Timelines, auf Websites posten. Weil Blumen schön sind. Weil sie die Sinne und die Seele erfreuen.
Doch wenn eine trockene Alkoholikerin Blumen postet, dann ist das etwas ganz Besonderes. Wenn ich das mache, ist das für mich etwas ganz Besonderes. Es ist mehr als freie Nase, freier Hals, Erkältung überstanden. Ich war so verdammt stumpf und leer und antialles in meiner täglichen Trinkzeit. Mir waren Blumen, mein Aussehen, das Festhalten meiner Gedanken, das Umsetzen meiner Vorhaben ziemlich bis scheißegal.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1320 / Eine nahestehende Fremde umarmt
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1247 / Der Sommer, in dem ich einen Entzug gemacht habe
Feststellungsbescheid Schwerbehinderung gesucht, Abschlussbericht stationärer Alkoholentzug gefunden. Nochmal gelesen.
"Die stationäre Aufnahme erfolgte aufgrund Ihrer Einweisung zur Alkoholentgiftung." "Eingeschränktes Krankheitsgefühl, starke Neigung zur Bagatellisierung der Suchtproblematik. Behandlungswunsch ist eingeschränkt." "Bei Frau Agatha liegt eine Alkoholabhängigkeit mit aktuell und zurückliegend unkritischer Einnahme vor." "Alkoholkrankheit seit 15 Jahren, bislang keine Entwöhnungstherapie" "Das Gefühl einer Abhängigkeit habe sie erst seit dem letzten Jahr." "Einen ambulanten Entzugsversuch im März 2014 habe sie nach vier Tagen bei fehlender Kraft abgebrochen" "Ende April hat sie sich bei einer Suchtberatungsstelle angebunden." "F10.2 Alkoholabhängigkeit" "K70.0" Alkoholische Fettleber, "ICD-K76.0" Fettleber [fettige Degeneration] "Grad I-II", "ICD-K60.0 akute Analfissur", "D12.6 Polypenknospen im Kolon" "Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe besteht bisher noch nicht."
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