Tumgik
#abstinentverliebt
agatha-abstinent · 4 years
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Tag 2070 / Mit der Herde schwarzer Schafe konnte ich das nicht teilen
Denn es ist Pandemie und es gelten Gesetze zur Eindämmung dieser, welche ich planvoll morgen brechen möchte. Oder sollen mich die Gesetze auch schützen, die Eindämmung meines Alkoholismus aufrechtzuhalten? Der superheiße Typ mit zarter Seele, in dessen stylische Wohnung ich mich begeben möchte, um ihm die Brusthaare mit frisch lackierten Fingernägeln durchzuwuscheln, hat mir eben angeboten, doch schon heute vorbeizukommen. Er hätte auch Sekt oder Gin da. Welcher Mann trinkt Sekt? Warum brauchen wir Gin? "Alkohol ohne mich", hatte ich zuerst getippt, dann "Mich ohne Alkohol" abgeschickt. Keine Minute später bot er ohne Diskussion Wasser, Tee, Espresso an. Was darf ich als trockene Alkoholikerin? Was darf ich als Frau mit Bedürfnissen? Sex möchte ich so oder so nicht. Meine Periode dauert noch an. Darf ich die emotionale und körperliche Nähe zu jemandem suchen, der Sekt und Gin zu Hause hat? Ich konnte das wieder nicht teilen, aussprechen, laut darüber nachdenken im Telefonmeeting. Erst traute ich mich nicht und jemand anderes war schneller und dann, als ich sagte: "Agatha, Alkoholikerin", als ich die Stummschaltung aufgehoben hatte und mich bedanken wollte für die vorherige Aussage, für die Erinnerung, dass ich hier abgenommen bin, dass ich hier alles sagen darf, dass ich aus dem Rückzug ins Vertrauen gehen kann, da war wieder ein anderer schneller und er las was vor und dann war das Meeting vorbei. Ich muss gar nichts. Ich kann dem noch zehnmal ab- und wieder zusagen. Ich kann rein in die Wohnung und sofort wieder raus. Ich kann, wenn ich finde, er riecht nach Stoff beim Kuscheln, die Ferne suchen. Ich bin ganz frei. Der pathologisiert seit dem ersten Kontakt. Vorhin wurde er ziemlich übergriffig, seine Empfehlung, mir Hilfe zu suchen. Sollte ich sagen: Wenn dir Seelenheil so wichtig ist, warum hast du dann Sekt und Gin zu Hause? Warum schreibst du überhaupt noch mit mir? Nur wegen des großen Busens? Der ästhetischen Bildzusammenstellung?
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1624 / Eine Arbeit, die Selbstfürsorge und Trockenheit erlaubt
Möchte mit Leuten abhängen, die nichts trinken, die ähnlich unterwegs sind.
Es gibt Familien, die sind nicht so ehrlich wie ich, wie wir.
Die Verliebte spricht als sei sie druff - voll abstoßend.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1423 / Du hast gesagt
"wenn wir zusammen verreisen", du hast gesagt "unsere Kinder", du hast gesagt "Ich helfe dir beim Aufräumen", du hast gesagt, meine Wohnung erinnert dich an deine alte in Schöneberg, du hast gesagt, es riecht gut in meinem Bad, du hast das drei Mal gesagt, du hast gesagt "dass ich noch nicht in die Familie eingeführt bin", "noch nicht", hast du gesagt, du hast gesagt "wenn du mal umziehst" und ich dachte dabei, du meinst, wenn ich mit dir zusammenziehe.
Hau ab aus meinem Kopf, aus meinem Bett, aus meinem Herz! Hau ab! Wie kann man so sein, so reden, sowas sagen und sich nicht um baldiges Wiedersehen bemühen? Du hast gesagt "Ich zeige dir Aachen", aber als ich kommen wollte, sollte ich nicht und als ich ein anderes Mal kommen wollte, da kündigtest du deinen Berlinbesuch an, dieses, oder nächstes Wochenende, aber du kamst nicht. Du hast gesagt "ich komme, ich komme, ich komme am Wochenende". Wie kann man so mit Menschen umgehen? Sowas ähnliches fragte ich dich sogar in diesem verheulten Telefongespräch. Du bist viel präsenter in diesem Bett, in diesem Zimmer, in meinen Träumen, seit du nicht mehr da bist, seit ich mich verabschiedet habe oder wir uns. Du hast gesagt "meine Süße", "meine Kleine", du hast gesagt, du weißt nicht, ob es für eine Beziehung reicht. Vielleicht seist du auch verliebt, aber wohl nicht so doll wie ich. Du hast gesagt, am Anfang sollte das nicht so sein, am Anfang sollte man gleich viel, gleich doll empfinden. Vielleicht kann nie einer so viel fühlen wie ich. Vielleicht doch. Ich weiß es nicht. Ich habe mich noch nicht wieder bei tinder angemeldet. Mich interessieren Männer noch nicht jetzt. Die eine, die vier oder sechs Wochen nach mir ihr geliebtes Haustier einschläfern lassen musste, hat jetzt ein neues. Und jetzt gucke ich wieder öfter nach Katzen. Aber die BKH für 50 Euro war schon weg. Und ich weiß auch immer noch nicht, ob ich den Geruch von Futter und Scheiße wieder vertrage. Ich möchte aber Kuscheln. Ich brauche das so sehr. Und ich dachte, das ginge mit dir. Das ganze Wochenende durchkuscheln. Ich möchte keine Katze so schnell, weil ich dann nicht spontan verreisen kann. Ich gucke fast täglich auch nach Flügen und Hotels. Ich will da unbedingt wieder hin. Du hast gesagt "Ich warte auf deinen Bericht", dass ich eine Präsentation meiner Bilder machen und sie dann vor dir halten soll. Du hast gesagt, du suchst eine ernsthafte Beziehung. Du hast gesagt, du hast einen Kinderwunsch. Ich wusste nicht, dass mich das alles so packt, berührt, umwälzt, erreicht. Ich wusste nicht, dass ich das alles so sehr will, dass ich viele meiner Grenzen und Prinzipen überschreite, übergehe.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1414 / Wenn du merkst, dass du die Taube in deiner Hand nicht versorgen kannst,
dann scheuch sie weg. Wenn sie sich an deinen Hemdkragen klammert, schrei sie an. Wenn du merkst, dass die Taube mit schönsten Flügelschwüngen zu dir geflogen kommt, doch wenn sie bei dir ist, dann lahmen und haken ihre Bewegungen, wirft ihr keine Kuchenkrumen hin, streichle ihr nicht über das glänzende Gefieder. Wenn du merkst, dass du der Taube in deiner Hand nicht geben kannst, was die Taube braucht, schick sie weiter, auch wenn sie sich an die Unterversorgung mit dir schon gewöhnt hat, sich danach sehnt. Beleidige die Taube für ihre Herkunft, für ihre Art. Erzähl ihr nicht immer wieder vom Tiefseetauchen - die Taube wird das nie können. Wenn du merkst, dass die Taube versucht, mit dir zu krähen, zu tirilieren, erinnere sie daran, dass sie eine Taube ist, sie kann gurren, nicht mehr weniger, nicht weniger mehr.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1409 / Links überholt von der Sucht
der Alkoholsucht. Mehr, immer mehr trinken. Jeden Tag. Meine Ziele zu erreichen, unmöglich. Die Sucht fuhr vor, lenkte, bestimmte. Mit Lichthupe und Vollgas ins Verderben.
Links überholt von der Anspruchssucht. Jetzt-aber-endlich-Mister-Right-gefunden-haben-müssen. Vom Anspruch, wie oft wir Kontakt haben müssen, wenn X und Y eintreten soll.
Links überholen. Den 20 Jahre Jüngeren, den Nicht-Alkoholiker, die anderen.
Mithalten wollen. Beim Joggen, beim Arbeiten, auch beim (Ver)lieben. Beim Leben. Normal sein wollen. Alle Empfehlungen befolgen, die für normale Verliebte in Internetforen gelten. Für Leute mit "normalen" Hirnen, normalen Lebensläufen, normalen Lebenskrisen.
Erinnert bzw. überlegt, ob ich das auch so empfunden habe, wartend auf den rund angeordneten Sitzgelegenheiten in der Empfangshalle, in der Stuhlreihe vorm Schwestern- und Arztzimmer bei Antritt der Alkoholentwöhnungstherapie in der Suchtklinik: Das zu deren Bedingungen jetzt so annehmen müssen. Es als "letzte" Chance begreifen. An die LTA so geklammert. Trockenbleiben die Bedingung dafür.
Er hat ein einfaches, spießiges, gewöhnliches, ruhiges Leben, sagt einer. Vielleicht, weil jeder nur so viel kriegt, wie er tragen kann, vielleicht ist es bei ihm nicht viel. Gedacht, dass ich schon viel trocken tragen konnte. Gefragt, ob ich diese Liebesunsicherheit doch tragen kann.
Heute Morgen in tumblr einen Screenshot eines verkleideten Pärchens gemacht. Ludwig würde nie mit mir verkleidet für ein künstlerisches Foto posieren, oder?
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Lorde 400 Lux https://www.youtube.com/watch?v=cWGQduke0tc
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1422 / Ist die dunkelste Zeit überstanden?
Nachts mehrmals aufgewacht. Vielleicht wegen des Kaffees zwischen 19 und 20 Uhr, vielleicht, weil ich noch viel zu verarbeiten habe. Er ist präsenter in meinem Bett, in meinen Träumen, seit wir den Kontakt beendet haben. Belehrend agiert er im Traum, energisch anweisend, besser wissend. Permanent austeilend gegen Frauen, Ossis, Arbeiter, Kollegen mit noch weniger Haaren. Ich konnte ihm seine Selbstunsicherheit nicht nehmen, aber er mir meine Sicherheit. Eine hochgefährliche Nähe zum Alkohol war da entstanden - geistig, emotional, körperlich. Es ist noch hell abends um 17 Uhr, es ist jetzt wieder länger hell, die dunkelste Zeit überstanden zum Teil.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1415 / Ich hatte ungeschützten Telefonsex mit einem alkoholisierten Mann!!!
ICH, die Absolut-Anti-Alk-Agatha! So haut mich Verknalltsein um! Gemocht werden wollen. Vielleicht auch die Geilheit.
Dabei hatte ich ja Sex schon mehrmals trocken. Mit Nüchternen. Mit Männern, die mir weniger wichtig waren als meine Prinzipien. "Prinzipien über Personen"! Alter, jetzt versteh ich eine neue Dimension dieser AA-Empfehlung, eine Dimension, die für mich außerhalb von AA gelten müsste! Gegen mein Prinzip "Nur mit Nüchternen reden", gegen mein Prinzip "Nur mit Abstinenten eine Liebesbeziehung eingehen" verstoßen! Da war Bier in meinem Bett, in meinem Ohr, in meinem Hirn! Er hatte "doch zwei Bier mehr" getrunken! Also mindestens drei! Und ich lege nicht auf - Ruf mich wieder an, wenn du nüchtern bist! ... Ich will dem sogar noch Aussagen entlocken, die ja auch kamen: "Ich hab dich lieb." "Ich komme auf jeden Fall am Wochenende, versprochen."
Absolut-Anti-Alk-Agatha in verliebtheitsbedingter Selbstauflösung!
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Premiere: Samstag vorm Meeting gehen, um zu gehen. Überhaupt in dieser Woche gut an die Israelbewegung angeknüpft. Bewegung, weggehen, ablaufen, raustreten, statt stillsitzen, stillstehen, verharren, erstarren. An den dicken Ludwig oft gedacht. Mehrmals doll geheult.
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Lian Ross Say you'll never https://www.youtube.com/watch?v=tm3kVNGa1R4
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agatha-abstinent · 4 years
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Tag 2071 / Als ich zu Hause war, fühlte ich mich wieder tougher
Ich hab sein Herzrasen gespürt, als ich ihn von hinten umarmte. Sein Griff war fest mit der Hand.
Ich weiß nicht, ob ich diese social gap aushalte, jemand, der täglich telefoniert, arbeitet.
Es geht ja darum, sich miteinander wohlzufühlen, gut zu tun.
Vielleicht ist er noch zu frisch getrennt, zu frisch verletzt.
Ich könnte sagen: Ich guck mir noch mal an, wie er in Zehlendorf wohnt. Es wirkt so seelenlos, obwohl da so viel Seele ist.
Mir wurde mehrfach schlecht, zittrig. Vorher und dabei.
Nicht gewollt zu werden, die Bestätigung nicht zu bekommen, die Angst, dass es gleich bricht alles.
Die Aura in meiner Wohnung gefällt mir besser. Ist wie ein Showroom bei ihm. Als ob da viele Partys stattfanden.
"Kannst du...?" Da sah er blass aus. Nichts reparieren, nicht singen, backen...
Ich denke, ich hab viel mehr mit weniger Geld, mit weniger Freunden. Der Wein im Flur, in der Küche. Das Gesicht, Trinken zur Zerstreuung.
Mich hätte interessiert: Wie küsst du, schmeckst du?
Ich bin so froh, dass ich die Katze habe und Mutter und Arbeit und meine AA und Blog und Wohnung und Therapie.
Keine Leichtigkeit da, keine Beschwingtheit. Viel Verhaltensanalyse und Interpretation. Chemie passt nicht so. Vielleicht noch mal spazieren, aber wenn es wieder so losgeht, nicht.
Negativer Nachhall. Diese eindringliche Stimme. Manipulierend Unwohl
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agatha-abstinent · 4 years
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Tag 1924 / #happysobermoment mit der Katze auf dem Sofa
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agatha-abstinent · 5 years
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Tag 1829 / Vorm Losfahren gedacht
Muss Liste machen Mich ausrichten Beim Anziehen Kopftuchthema Wie wenig tolerant er, verbohrt, konservativ
Im Meeting Aussage Bolle Denselben Fehler nicht zweimal machen Wieder Bolle! Wie damals Nach Meeting die drei Zettel vollgeschrieben Meine Telefonnotizen Ich muss mich ausrichten vorher Einnorden Stark sein
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1425 / Jemand hat “du” großgeschrieben in der Betreffzeile eines Newsletters.
Und das ist dann der Auslöser für den ersten Heulanfall. Und der dritte im Bad wird der heftigste, bevor ich losgehe zu der "Leistung zur Aktivierung"-Frau, die mich heute ziemlich nervt mit ihrem "Aha", "ja", "verstehe". Aber aktiviert, aus dem Haus zu gehen, hat mich der Termin. Er hat mich aktiviert, Infos rauszusuchen für die Vorstellungsgespräche, die ich am liebsten absagen würde. Denn, wer rosa Blümchensocken mit schwarz-grauer Tierfellimitatleggins kombiniert, der passt weder zu der einen, noch zu der anderen Stelle. Der passt nicht zu Männern, deren Horizont über das Flachdach eines Bungalow-Einfamilienhauses nicht hinausgeht. Das Haus seiner Schwägerin ist bei Google Street View. Das seiner Eltern nicht. Aber das andere, wo er sich viel aufhält, aufhielt, schon. Ich muss da jetzt nicht hinfahren. Eine Stunde. Wieder so eine Straße ohne Durchgangsverkehr. Pina ist fünf Jahre, schwarz-weiß und hat ein nicht optimal geführtes Impfbuch. Jim und John sind drei und ihr Besitzer hat zu wenig Zeit für sie. Ich würde mir lieber Zeit für eine oder zwei Katzen nehmen als für Arbeit. Und doch denkt ein Teil von mir: Es soll im ersten Quartal klappen. Reintegration in den Arbeitsmarkt. Und wenn ich einen Minijob anfange. Ich muss jetzt wieder mehr unter Menschen, brauche Bestätigung durch Produktivität. Bin ich müde, weil mir das Nikotin fehlt oder weil Heulen müde macht, weil Enttäuschung müde macht, Bewerben, Vorbereiten auf Gespräche auch? Ich bin nicht die einzige mit Pickeln im Gesicht. Nicht wohl in meiner Haut fühlen, in meinem Leben. Darf ich mir Wohlfühlen durch eine Katze "zurück"holen? Da steht gerade Ludwig an der Kasse des Cafés, kenne ich aus der stationären Entgiftung. Das war seine 11., 12. oder 13., der war schon trocken, aber gerade auf Schmerzmittelentzug wegen seiner Alkoholkonsum bedingten chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung. Jetzt sitzt er da mit seinem Heißgetränk, ganz nah. Vielleicht soll ich genau jetzt hier sein, damit ich den sehe. Damit ich mich erinnere, wo mir der Name Ludwig schon mal begegnet ist. Es gibt nicht nur diesen einen Ludwig, der nach acht Jahren, der erste Mann in meiner Wohnung war. Es wird noch weitere Ludwigs geben. Heißt der Abteilungsleiter vom Vorstellungsgespräch nicht auch so? "Florian, Philipp, Sebastian, Matthias - ich habe so viel durch!" Mitte Dezember, knapp zwei Wochen verliebt, aber mir den Namen nicht merken können. Ich hatte so viel durch. Und es war richtig, "aus dem Kontakt zu gehen". Es ist richtig, den Impulsen, verheult anzurufen, nicht nachzugeben. Notizbuch vergessen, Ladekabel vergessen. Doch ins Meeting fahren, obwohl ich nicht wollte. Zeit totschlagen hier im Café oder Zeit gewinnen? Trockene Lebenszeit im Café, im Meeting. Losgehen jetzt oder fahren? In die Spur kommen oder die Spur halten?
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1418 / 50 Screenshots später
Vielleicht auch 80. Foren, Communities, Blogs, Artikel klassischer Medien online. Wäre dieser Mann der Richtige für mich, wären wir jetzt zusammen... gemeinsames Interesse am gleichen Beziehungsmodell als Basis... Vage plus Floskel ergibt Abfuhr... Eine Beziehung verdienen, in der mich der andere so mag wie ich ihn... Bei Verliebtheit sind die gleichen Hirnregionen aktiv wie bei Suchtkranken... Als Grenzliniepersönlichkeit brauche ich ein stabiles Umfeld, brauche ich vom Gegenüber commitment, Sicherheit... In die Idee des Verliebtseins verliebt sein...
Den Kontakt im Handytelefonbuch zum Selbstschutz umbenannt. "UnzuverlässigerGelegenheitstrinker" ist der neue Vorname.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1417 / Sackgasse, Privatweg, Flachdach
Mein Bezug zu seiner Heimat: Das Krankenhaus hier. Zweite Alkoholentgiftung. Einen Text dort geschrieben über die "letzte Chance". Noch nicht sagen können "Alkoholikerin" damals. Den Typ, der AA im Krankenhaus vorgestellt hat, furchtbar gefunden.
Bungalow, Flachdach, Sackgasse. Rechts, links direkt ein anderes Haus dran. Privatweg, kein Verkehr, keine Bewegung, geschützt, abgeschirmt. 13 km zum nächstgrößeren Ortsteil. Zu Fuß kein Supermarkt erreichbar. Dagegen ist meine Kleinstadtheimat erschlossener, lebendiger, besser infrastrukturell ausgestattet. Weiße Gardine, Holztierfigur im Fenster. Viele Ordner im Zimmer darüber, wo Licht brennt. Hässliche Uhr an der Wand. Autofarbe rostiger als in Erinnerung. Da kann ich nicht so schnell wieder hin. Höchstens mal im Sommer auf dem Rad, in enger Leggings, mit Cap und #sobercleanfree T-Shirt. Egal, wie du da aussiehst, die Leute gucken.
War gut für mich. Ihn besser kennengelernt dadurch. Besser verstehen können, warum es nicht passt. Meine Eltern dadurch besser kennengelernt. Dass sie mir ermöglicht haben, so groß und stark und offen und lebendig zu werden. Dass sie selbst offen, lebendig, tolerant, stark, wild waren und sind. Dass Vati seine Ordner nicht so unästhetisch stehen hatte. Dass er sehr laut Musik gehört hat, damit er die auch ganz tief spürt. Dass ich total nachvollziehen kann, wie sich jemand, der zwei Wochen in dieser abgeschiedenen, abgeschnittenen Sackgasse gastiert, zwei Wochen im Elternhaus und Anfang Dezember ja auch schon mal, krass, wie so jemand sich von jemand, der im Nahen Osten weilt, erlebt, auflädt, wie das nicht passen kann, wie man sich entfernt, entgegengesetzt entwickelt. Stolz auf einen Designerstuhl?!? - passt nicht.
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Was mir nichtsdestotrotz auch im Nachhinein Angst macht, mir extrem befremdlich, selbstentfremdlich vorkommt, ist der Moment, in dem mein Starksein, Größersein, Herabschauen kippte, der Kontrollverlust. Ich weiß, dass ich ihn auch im Hotel erst noch eher belächelt hab, dass ich seinen Pulli ungeil fand, ausgeleiert, ausgewaschen, dass ich im Restaurant noch seinen suboptimal verteilten Abdeckstift entlarvt hab, dass ich fast dachte, nagut, ihm einen Gefallen tun, dass er mal mit mir... und dann, wham, war ich die Bettelnde, die mit dem Kribbeln, mit dem Zittern, der Übelkeit.
Im Krankenhaus bei der Alkoholentgiftung mit dem AA-Typ, dem seine Einkäufe im Kofferraum vergammelten, nicht identifizieren können, aber selbst diese Woche trocken Teepackungen von 2011 wegschmeißen!
In dem Bus, den ich so sehr liebe, nach Hause. Der Zustand von letztem Mittwoch scheint Monate her. Meine Reise nach Jerusalem nur Tage. Die Stärke des Daseins auch hier spüren. Berlin Mein Berlin Leben Mein Leben
Das Meeting, in dem wir so viel gelacht haben wie (ich) lange nicht. Vielleicht nicht ganz so viel wie mit ihm an Tag 1370. Auch noch streicheln können heute, einen Hund. Momentan mehr auf einen Hund aus, ist aber jobabhängiger. Agatha, mach das nicht mit Vollzeit. Egal wo. Egal für welches Geld. Egal. Bei Vollzeit fährst du nicht mehr als doppelt so lange mit dem Bus durch Berlin. Dürfen Hunde in Busse? Jetzt wieder dieses: Bitte gar nicht so schnell arbeiten. Berlinliebe, Zeit draußen verbringen, spazieren gehen, wo ich mich heute über die Wildgänse so freute, über die Sonne, die die Straße mit Gold auslegte, spazieren gehen an den Feldern und Seen da und anderswo.
Andere Alkoholiker haben auch genau das, was ich durch hab. Denken: Der wurde mir von Gott geschickt. Der isses! Andere Nicht-Alkoholiker wahrscheinlich auch. Knutschen wollen jetzt. Vielleicht lag es am Küssen mit dem Verlieben. Ganz komischer Zustand. Denken, so und so sein, dies und das tun zu müssen, um ihn an mich zu binden. Erst wieder nach dem Vorstellungsgespräch die DatingApp reaktivieren. Tanzen gehen wollen jetzt, seit Tag 1412 stetiger Drang dazu. Alleine am besten. Abzappeln, ausrasten. Nicht trauen wegen dem Alk allüberall. Auch nicht wissen, wo meine Musik läuft.
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Sein Leben, seine Eltern, sein Aufwachsen nicht abwerten! Sein Weihnachten nicht! Nur eben sehr anders. Kann nicht passen. Jetzt besser verstehen können, warum er langsamer, behäbiger war, ist, in Restaurantrecherche am Anfang, im Beziehungsaufbau vorm Ende.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1416 / Die inneren Bilder neu sortieren
Ich wiederhole mich. Wiederholung hält mich trocken. Ich könnte mich auch an Zitaten aus Grey's Anatomy ausrichten. Die habe ich mir früher aufgeschrieben. Da liegen immer noch Zettel im Wohnzimmer rum. Das sind sicher nicht die schlechtesten Sprüche. Hab aber getrunken damals, konnte nicht wirken. Das, womit ich mich beschäftige, wächst im Hirn, wuchert da. Gucke ich mehrere Folgen Die Simpsons, sehe ich nur noch gelbe Personen. Bastele ich aus Israelfotos Urlaubskarten, sehe ich Israelbilder vorm inneren Auge.
Offenes Herz, geschlossenes Herz. Vielleicht war meins offen und seins geschlossen. Von der Angst ins Vertrauen gehen, angstfrei, in Demut und Dankbarkeit zum Vorstellungsgespräch? Stundenlang mit jemand telefoniert im Dezember und Januar. Die Gespräche hätte man kürzer halten können. Ski interessiert mich nicht. Sachargumentationen seines Arbeitsgebiets auch nicht. Körperliche Abwehr nicht so gespürt wie beim Maimann.
Was ihn verändert hat nach dem 23.? Hör auf, dich das zu fragen! Der Alkohol, Agatha! Der Alkohol hat sein Denken und Fühlen verändert. Dich nicht treffen können am 25., "weil wir was trinken, ... weil es spät wird..."
Viele Feiertage mit vielen Alkoholgelegenheiten. Beim Telefonat am 27. verändert! Am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag bestimmt auch getrunken. Sylvester getrunken... Und dann auch noch Dienstagabend vorm letzten, langen Telefonat!
Agatha! Mit DEM beeinflusst Alk dich, ohne dass du ihn konsumierst! Vergiss den! Vergiss überhaupt Männer, die trinken!
Ich bin nicht das Opfer. Der ist nicht der Eindringling. Ich habe eine eigene Verantwortung. Ich hätte ihm das ohne Kondom verweigern können.
Der Witz ist: Er spricht von Ordnung und Struktur und Ballast und Wegschmeißen und Platz zum Wegsortieren, von Es-für-sich-schön-Machen, von Energieverlust, davon, dass äußere Struktur und Halt gut tun. Und sechs Wochen später sprech ich von Ordnung und Struktur, von klaren Verhältnissen in Beziehungen, von Anstrengung und Energieverlust, von Verlässlichkeit im Kontakt.
Ich hatte mein unordentliches Leben einigermaßen gut im Griff. Ich bin trocken geblieben trotz aller Belastungen. Und dann...
Ich konnte Nähe zulassen. Und jetzt entgifte ich von ihm.
"Die Woche der zerdrückten Bananen. Der zerknüllten Taschentücher. Der zerplatzen Vorstellungen." Die Lorde-Woche. Dankbar, dass mich die Musik dieser Powerfrau erreicht, stärkt.
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Lorde Green light https://www.youtube.com/watch?v=7PrN3WqcDMc
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1413 / Mir die Tränenkanäle aufschneiden
All die schweren Emotionen abfließen lassen. Aderlass. Was haben Sie zu Ihrer moralischen Verteidigung anzubringen, Herr Assessor juris?
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In der Summe sind mehr Tränen, Verzweiflung, Enttäuschung, Defizit als Haben. Selbst, wenn er übermorgen hier wär. Selbst, wenn es übermorgen schön wär. Ich heule zu oft. Ich vermisse zu oft. Ich könnte jetzt üben, mich zu regulieren, meine Erwartungen runter zu schrauben. Könnte lernen, jemanden zu nehmen, wie er ist, zufrieden zu sein mit dem, was er gibt. Ich könnte das, wenn nicht Trauerfälle waren, wenn nicht Vorstellungsgespräche sein werden. Wenn nicht Reintegration in den Arbeitsmarkt im 1. Quartal des Jahres gelungen sein soll - a) weil der Eingliederungszuschuss dann ausläuft b) weil meine Motivation jetzt so hoch ist, ich JETZT will!
Ruf bitte nicht nochmal an, Agatha. Lass gut sein. Lass los. Let go. Die schönsten, glücklichsten, zufriedensten, stärksten, tiefsten Momente in all den sechs Wochen hattest du, wenn du abgegrenzt warst, dich wieder aufgebaut hattest, dir wieder klar war, was für eine außergewöhnliche Person du bist.
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Als ich mit dem Snickers White ein Selfie machen wollte, rief er nochmal an. Weil ich ja gestern - Was gab es denn? Und ich war ganz ehrlich. Warum nicht Samstag hierher und ... Und er wich aus. Und ich war zittrig. Und er sagte: "Ganz ruhig." Und er war zu lieb. Und es täte ihm weh, wenn andere mich vögeln. Aber mich sehen, wann, warum willst du das nicht? - da kommt nichts Konkretes. Ich sei dabei, mich zu lösen und wenn er dann anruft, dann bin ich wieder hin und weg. Gesagt, ich sei zu schade zum Männer Drübersteigenlassen. Gesagt, ich bin zu schade für jemanden, den ich will und der mich nicht will, nur ein bisschen, nicht so oft, nicht so viel. Zu persönlich geworden mit ihm. Ich sei eine total tolle Frau, wer mich bekommt, könne sich glücklich schätzen. Also wird es nicht der Ludwig, fragte ich. Er weiß nicht, ob es für eine Beziehung reicht. Ich weiß es auch nicht. Wir können es nur rausfinden, wenn wir uns sehen. Ich weiß, sagte er. Aber er kommt einfach nicht. Oder ob ihm das zu eng sei, einen ganzen Tag mit mir? Ich soll nicht so viel Grübeln. Ich schreibe einfach, um festzuhalten, loszulassen, um mich zu beschäftigen. Ich hätte keine gute Bewerbung heute hinbekommen. Ich muss mich am Wochenende auf das Vorstellungsgespräch vorbereiten, einstimmen von ihm weg, bewegen zu mir hin. Er mag mich, findet mich toll. Aber nicht so sehr wie ich ihn. Wenn er in Berlin wär, wär das was Anderes. Er möchte gerne mit mir in Kontakt bleiben, wenn das irgendwie geht, für die Vorstellungsgespräche viel Glück, wenn ich Hilfe bräuchte beim Üben, soll ich mich melden. Er kann verstehen, wenn ich erstmal nicht telefonieren möchte. Dass er anrufen soll, wenn er mich doch unbedingt will, ihm gesagt. Gott sei Dank bin ich dann zur Gruppe! Gott sei Dank rief er kurz davor an!
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Die Woche der zerdrückten Bananen. Der zerknüllten Taschentücher. Der zerplatzen Vorstellungen.
Ich glaube, es geht um Verlust. Ich glaube, ich weine nicht so krass wegen Ludwig. Ich weine wegen Katzi.
Ich weine, weil man verliert, was man liebt, weil man es nicht in der Hand hat, weil man loslassen muss, was man am festesten hält, weil ich Halt brauche, weil ich eine Suchende bin, weil ich schreiend weine wie ein kleines Kind, weil mir irgendwas genommen wurde, meine Flasche, mein Schnuller, mein Kuschelkissen, weil ich nichts bin ohne das, weil der Verlust soooo schmerzt, dass ich im Meeting denke, ich muss mich längs aufschlitzen vom Brustbein zum Unterleib und alles rausbluten lassen auf den Fußboden. Ich will alles auskotzen, rausreißen, ich will aus dieser Wohnung raus. Ich will Geld verdienen und weniger für Miete, mehr für Reisen haben, immer wieder ins heilige Land, aufladen da. Ich will mein Katzichen zurück. Noch viel mehr als mein Vatichen und als diesen Karl, Thomas, Fridolin, Ludwig sowieso.
Vielleicht hab ich ihn benutzt als Empfänger meiner Affektion. Als Götzenbild, als Leuchtturm. Vielleicht ist der zehnmal emotional schlauer als ich denke und merkt, wie sehr er mich aus der Bahn wirft und wie schade das um mich ist. Vielleicht beeinflusst sein Übergewicht sein Denken und Fühlen so sehr, dass er sich jetzt nicht binden kann.
Bin ich zu stark, bist du zu schwach. Wobei Schwäche zugeben ja eine Stärke ist. Aber, ja, im Vergleich mich als stärker wahrnehmend, als selbstwirksamer, mit besserer Vorhabenumsetzungsrate.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1412 / Veränderte Streckenführung
13.47 Uhr "Ich hab dich lieb" hat er gesagt!!!! Heute Nacht am Telefon.
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17.47 Uhr Dritte, vierte Heulkrampfwelle. Kniend auf dem Schlafzimmerfußboden. Tränen tropfen auf die von der Wohnzimmertür abgenommenen Zettel. Rauchen wollen. Vielleicht ist es auch Suffdruck. Wissen: Ich muss ins Meeting. Taxi ist mir zu eng. U-Bahn zu tief. Ich fahr mit meinem Bus.
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Ich könnte noch fragen: Warum schläfst du nicht ...? Warum fährst du nicht ...? Warum schickst du mir dein Persofoto? Warum reden wir über Sex, über das, was wir mochten und tun möchten? Und dann kommst du nicht. Und ich brech zusammen. Und ich könnte jetzt sagen: Ok, dann übernächstes, dann in zehn, zwölf Tagen. Aber ich glaub nicht mehr dran. Ich brauch jetzt eine Entscheidung, ein Bekenntnis. Ich geh kaputt.
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Sechs Wochen genau ging das jetzt. Hin Her Hoffen Fürchten Träumen Platzen Warten Wagen Freuen Heulen
Wäre ich heute unter den Achseln, an den Beinen ordentlich rasiert, vielleicht hätte ich endlich die Swingerclub-Fantasie umgesetzt. Fickt mich - ist mir egal, wie ihr ausseht. Hauptsache, ER war nicht der letzte in mir.
Die Höhere Macht wollte, dass das alles so kommt. Dass ich mich mehr schäme, ein weiteres Mal die Verheulte im Meeting zu sein, schäme für das Naseputzgeräusch, als dass es mich drängt, zu sprechen, als dass ich es für notwendig halte, zu teilen.
Gerührt, Tränenausbruch, als ich aus dem Bus stieg. Weil ich hier sein kann. Weil ich diesen "Ort" habe. Weil die mich kennen. In den Berliner Meetings wird immer jemand sitzen, der mich kennt, jemand, der mitfühlt, an den ich mich wenden könnte im größten Notfall: Begleitest du mich bitte trocken zur Selbsteinweisung in die Notaufnahme?
Gerührt, Tränenausbruch beim Steigen in den Bus. Der Fahrer grüßt so freundlich tröstend. Ich bin hier willkommen.
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Immerhin hat er es endlich zugegeben, formuliert, wiederholt: Dass er dann wohl eher was Lockeres sucht, dass er den Wohnortwechsel erstmal über die Bühne bringen möchte, er sei da sehr umständlich. Schade. Ich hatte so große Hoffnungen. Ich dachte, wir ziehen direkt zusammen dann.
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Im Meeting hat mir das Thema Arbeit auch Übelkeit verursacht. Angst vorm Scheitern. Vorm Nicht-Dazugehören.
Übelkeit und Würgen in meinem Bad. Krauchen, Kauern, Krümmen auf dem Badezimmerfußboden.
Im Meeting Ekel vor meinem Bett wegen ihm. Suizidgedanke Mir die Kehle durchschneiden. DAS ALLES NICHT SPÜREN WOLLEN Nicht schon wieder leiden!
Ich habe ganz andere Schicksalsschläge hinter mir. Das ist er nicht wert, die vielen Tränen. Aber meine Hoffnungen, meine geplatzten Träume sind es wert. Ich sei ihm nicht egal. Mir ein Messer in die Hand stechen wollen.
Gestern so gut abgegrenzt. Dann wieder geöffnet. Auch sexuell. Und dann heute wieder so verletzt.
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